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Krau6 - Meldau
Wetter - un Meereskunde
fur Seefahrer
Dritte Auflage
Softcover reprint of the hardcover 3rd edition 1952
ISBN 978-3-662-22620-9
ISBN 978-3-662-22619-3 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-662-22619-3
Vorwort zur dritten Auflage.
Die ersteAuflage dieses Buches erschien 1917 unter dem Titel: KRAUSS,
Grundziige der maritimen Meteorologie und Ozeanographie. 1m Jahre
1931 erschien die zweite Auflage unter Mitarbeit von Professor Dr. H.
MELDAU, Seefahrtschule Bremen. An Stene des 1937 verstorbenen
Professor MELDAU trat fiir diese Auflage Dr. WALTER STEIN, Seefahrtschule Bremen, als Mitarbeiter ein.
Auch die dritte Auflage dieses Buches will in erster Linie eine Hilfe
fiir den Unterricht in der Wetter- und Meereskunde an den Seefahrtschulen sein. Es kann aber auch dem Sportsegler und See fischer Verstandnis fiir die Vorgange in der Luft und im Wasser vermitteln.
Der fiir die Navigation verantwortliche Nautiker muB sich natiirlich
iiber den allgemeinen Rahmen dieses Ruches weit hinausgehende
spezielle Kenntnisse von den meteorologischen und hydrographischen
Verhiiltnissen seines Fahrtgebietes erwerben. Dafiir stehen ihm die
einschlagigen VerOffentlichungen des Meteorologischen Amtes und des
Deutschen Hydrographischen Institutes in Hamburg zur Verfiigung,
deren genaues Studium fiir ihn unerlaBlich ist.
Die Verfasset danken an dieser Stelle fiir die ihnen von allen Seiten
bereitwillig gegebenen Auskiinfte und Ratschlage, besonders den Herren
Dr. MEINCKE und Dr. RODEWALD vom Meteorologischen Amt und den
Herren Dr. DIETRICH: und Dr. Smrul\UCH:ER vom Deutschen Hydrographischen Institut in Hamburg.
Bad Schwartau und Bremen.
Juli 1952.
J. KrauS. W. Stein.
Inhaltsverzeichnis.
8eite
Einleitung . . . . . .
I. Die GrundgroBen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung .
1. Die Atmosphare S. 1. - 2. Die Zusammensetzung der Luft S. 2. 3. Der Luftdruck S. 2. - 4. Barometer S. 3. - 5. Zeitliche Schwankungen
des Luftdrucks S. 6. - 6. Isobaren und Gradient S. 7. - 7. Der Wind
S. 8. - 8. Darstellung des Windes in Karten S. 10. - 9. Hohenwindmessung S. 11. - 10. Wind und Seegang S. 12. -11. Die Lufttemperatur S.13. -12. Die Messung derWassertemperatur S.15. - 13. Der
Wasserdampf in der Luft S. 15. - 14. Die Messung der Luftfeuchte
S. 17. -15. Dunst, Nebel, Wolken und Niederschlag S. 18. -16. Dunst
S. 18. - 17 . Nebel S. 19. - 18. Wolken S. 21. - 19. Ursachen der Wolkenbildung S. 24. - 20. Ortliche und zeitliche Verteilung der Wolken
S. 25. - 21. Niederschlage S. 26. - 22. Elektrische Erscheinungen in
der Atmosphiire S. 27. - 23. Optische Erscheinungen in der Atmosphare S. 29.
1
1
II. Wetterdienst an Bord . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
24. Das meteorologische Tagebuch S. 30. - 25. Verschliisselung der
Beobachtung fiir die Funkwettermeldung (Seeobstelegramm) S. 33. 26. Eismeldungen S. 35. - 27. Sonstige Beobachtungen S. 36. - 28.
Ubungsaufgaben S. 36.
JII. Die Grundgesetze des Wettergeschehens. . . . . . . . . . . . . 38
29. Ausdehnung der Luft bei Erwarmung S. 38. - 30. Erwarmung der
Luft durch Druckerhohung S. 38. - 31. Erwarmung der Luft infolge
Sonnenstrahlung S. 39. - 32. Die Ausstrahlung der Erde S. 40. - 33.
Verschiedene Erwarmung von Land und See S. 41. - 34. Erwarmung
der Luft am erwarmten Untergrund S. 41. - 35. Taglicher Gang der
Lufttemperatur S. 42. - 36. JahrIicher Gang der Lufttemperatur
S. 43. - 37. Die Temperaturverteilung in der Horizontalen S. 43. 38. Die Temperaturverteilung in der Vertikalen S. 45. - 39. Inversionen S. 46. - 40. Verschiedenes Verhalten trockener und feuchter
Luft bei Vertikalbewegungen S. 47. - 41. Stabile und labile Luftschichtung S. 48. - 42. Thermische Hoch- und Tiefdruckgebiete S. 50. 43. Die Ablenkung der Winde infolge der Erddrehung S. 52. - 44. Barisches Windgesetz von Buys-BALLOT S. 54. - 45. Die Starke des
Windes S. 55. - 46. Beeinflussung des Windes durch die Kiistengestaltung S. 56. - 47. Stromungsfeld, Konvergenzen und Divergenzen S. 57.
IV. Die wichtigsten Winde und Windsysteme. . . . . . . . . . . . . 58
48. Planetarische Windsysteme S. 58. - 49. Die Mallungen S. 59. 50. Die RoBbreiten S. 61. - 51. Die Passate S. 61. - 52. Die Monsune
S. 64. - 53. Land- und Seewinde S. 67. - 54. Fallwinde S. 67. 55. Gewitter S. 70. - 56. Beispiele von GewitterbOen S. 71.
Inhal tsverzeichnis.
v
Seite
72
V. Die Stiirme der gemiiBigten Zonen . . . . . . . . . . . . . .
57. Die Westwindgiirtel S. 72. - 58. Luftmassen S. 72. - 59. Der Auf·
gleitvorgang. Warmfront S. 73. - 60. Der Einbruchsvorgang. Kaltfront S. 75. - 61. Die Polarfront S. 76. - 62. Das Zyklonenmodell von
BJERKNES S. 77. - 63. Schilderung des Wetters in einer Zyklone
S. 78. - 64. Die Entwicklung der ZyklC'ne S. 79. - 65. Die Okklusion S. 81. - 66. ZugstraBen der Zyklonen S. 81. - 67. Die Geschwindigkeit der Zyklonen S. 83. - 68. Zyklonenfamilien S. 84. - 69. Randzyklonen, Zyklonenregeneration, gegenlaufige Zyklonen S. 85. - 70.
Troglagen, Flautefronten S. 86. - 71. Das Wetter in den nordlichen
Fischereigebieten, die Arktikfront S. 87. - 72. Einige besondere
Stiirme S. 8? - 73. Wandernde nnd ortsfeste Hochdruckgebiete S. 89.
VI. Luftwirbel mit vertikaler Achse. Ttomben und tropische Orkane. 90
74. Wind- und Wasserhosen S. 90. -75. Die tropischen Orkane S. 91.76. Die Entstehungsgebiete der tropischen Orkane S. 92. - 77. Die
Hauptorkanzeiten S. 93. - 78. Der Aufbau des Orkankorpers S. 94. 79. Die Orkanbahnen S. 95. - 80. Die Quadranten des Sturmfeldes
S. 97. - 81. Anzeichen fiir das Herannahen eines Orkanes S. 98. 82. Die Bestimmung der Lage des Orkanzentrums S. 101. - 83. Peilung
der Mitte S. 102. - 84. Schiitzung der Entfernung S. 102. - 85. Bestimmung der Bahnrichtung S. 103.
vn. Das Meer und die Meeresstriimungen
. . . . . . . . . . . . . . 104
86. Meereskundliche Forschung in" Deutschland S. 104. - 87. Die
Meeresraume S. 104. - 88. Die Te"mperatur des Meerwassers S. 106. 89. Der Salzgehalt des Meerwassers S. 107. - 90. Die Dichte des Meerwassers S. 108. - 91. Durchsichtigkeit und Farbe des Meerwassers
S. 108. - 92. Das Eis des Meeres S. 109. - 93. Windsee, Diinung,
Brandnng S. 111. - 94. Oberflachenstromungen des Meeres S. 115. 95. Die Ursachen der Meeresstromungen S. 115. - 96. Die Bestimmung
der Richtung nnd Starke von Stromungen S. 117. - 97. Die Darstellung der Oberflachenstromungen in Karten S. 118. - 98. Anftriebwasser S. 120. - 99. Die groBen Stromringe S. 120.
Die wichtigsten Meeresstromnngen in den einzelnen
Ozeanen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
100. Oberflachenstromungen im Atlantischen Ozean S. 121. - 101. Siidatlantischer Ozean S. 124. - 102. Oberflachenstromungen im Stillen
Ozean S. 124. - 103. Oberflachenstromnngen im Indischen Ozean
S. 125. - 104. Gezeitenstrome S. 126. - 105. Seiches S. 127. - 106.
Vertikale Zirkulation, Tiefenstrome S.127.
VIne Wetterberatung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
107. Der internationale Wetterdienst S. 128. - 108. Die Entwicklung
der synoptischen Methode S. 129. - 109. Die Deutsche Seewarte
S. 129. -110. Wetterschiffe S. 130. - 111. Station Eismitte S. 130. 112. Bordwetterwarte "Meerkatze" S. 130. - 113. Der Deutsche Seewetterdienst S. 131. - 114. Wind- und Sturmwarnungsdienst S. 132. 115. Windanzeiger S. 134. - 116. Wetterkartenanalyse iiber Funk
S. 134. - 117. Eisdienst S. 135. - 118. Auslandische Wetterberichte
S. 137. - 119. Hafendienste S. 137. - 120. Monatskarten nnd andere
Kartenwerke S. 137. - 121. Literaturangaben S. 138.
VI
Inhaltsverzeichnis.
Selte
IX. Das Zeiebnen von Wetterkarlen an Bord
. 139
122. Das Eintragen der Wettermeldungen S. 139. - 123. Winke fiir
das Auszeichnen der Wetterkarte. Die Fronten S.142. - 124. Das
Zeichnen der Isobaren S. 142. - 125. Beispiele S. 143.
X. Eigene Wettervorbersage an Bord . . . . . . . .
. . . . . 145
126. Wettervorhersage nach der Wetterkarte S. 145. - 127. Wettervorhersage ohne Wetterkarte S. 147. - 128. Moglichkeiten langfristiger Wettervorhersage S. 149. -129. Hohenwetterkarten S. 151. 130. Beispiele von Wetterlagen iiber dem Nordatlantik und dem europiiischen Raum S. 151.
XI. Meteorologisebe Navigation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
131. Grundsiitzliches zur meteorologischen Navigation S. 153. 132. Beispiele meteorologischer Navigation S. 155. - 133. Das Manovrieren in tropischen Orkanen S. 158. - 134. "Obungsaufgaben S. 161.
- 135. Eis-Navigation S. 163.
Anbang
Beaufortskala. Windgeschwindigkeit und Seegang .
166
Saebverzeiehnis
168
Tasebe am Schlu.B des Buches
W olkentafeln und
Karte der Meeresstriimungen
Einleitung.
Wetter- und Meereskunde haben fur den Seefahrer auch im Zeitalter
des Dampf- und Motorschiffes ihre groBe Bedeutung behalten. Um eine
moglichst schnelle und sichere Reise zu machen, muB der Schiffsfiihrer
die Wind-, Wetter- und Stromungsverhaltnisse, die ihn auf seiner Reise
erwarten, kennen, muB Sturmen aus dem Wege gehen oder ihr Gebiet
wenigstens so giinstig wie moglich durchqueren, kurz, er muB meteorologisch navigieren!
Die Erkenntnisse der modernen Wetter- und Meereskunde, die ihm
dies ermoglichen, konnten nur durch die Mitarbeit der Seefahrer als
Beobachter gewonnen werden. Jeder Seefahrer wird auch in Zukunft
sich in die Reihen der freiwilligen Mitarbeiter an diesem Werk einordnen
mussen. In diesem Buch wird er daher zunachst lernen, wie er die GrundgroBen des Wetters beobachten und messen kann und wie er sie im meteorologischen Tagebuch niederlegt oder inWettertelegrammen weitergibt.
Dann werden die wichtigsten Wettergesetze dargestellt, die Rauptwindsysteme und Meeresstromungen beschrieben. Nach einer Darstellung
aller Wetterberatungsmoglichkeiten und der Technik des Zeichnens und
Auswertens von Wetterkarten an Bord wird dann die meteorologische
Navigation behandelt.
I. Die Grundgro.Ben des Wettergeschehens und ihre
Beobachtung.
1. Die Atmosphare. Wetter ist der Zustand der Lufthiille unserer Erde
in einem bestimmten Augenblick: Lufttemperatur, Luftdruck, Wind,
Feuchte, Niederschlag, Wolken, Blitz und Donner usw. als Ganzes gesehen. Die Wetterkunde (Meteorologie) hat die Aufgabe, den Zusammenhang dieser Erscheinungen in der Lufthulle zu erklaren. Die Untersuchung der Vorgange im Meer und der Krafte, die diese Vorgange bewirken, ist Aufgabe der Meereskunde (Ozeanographie). Beide sind nicht
zu trennen, da Lufthulle und Meer in enger Wechselwirkung zusammen
das Wetter gestalten.
Unsere Erdkugel ist umgeben von einer Lufthiille, der Atmosphiire.
Die Rohe der Atmosphare konnen wir nicht genau angeben, da sie
sich allmahlich, ohne scharfe Grenze, gegen den Weltraum verliert. Der
Mensch ist erst 23,5 km im Ballon hochgestiegen (ANDERSON u. STEVENS,
KrauQ-Meldau, Wetter- und Meereskunde. 3. AufI.
1
2
1. Die GrundgroBen des Wettergeschehens nnd ihre Beobachtnng.
"Explorer",1935). Unbemannte Registrierballons erreichten 38 km, moderne Raketen mit eingebauten MeBgeraten etwa 130 km Hohe. Polarlicht, Sternschnuppen, elektrisch reflektierende Schichten (Ionosphare)
liegen aber bestimmt in Hohen von mehreren hundert Kilometern.
AIle Wettervorgange spielen sich in den untersten zehn Kilometern
der Lufthiille abo Wir nennen diese Schicht die Troposphiire. Nur in
dieser verhaltnismaBig diinnen Schicht ist die Temperatur der Luft von
den Warmeverhii.ltnissen der Erdoberflache abhangig, nur in ihr sorgen
auf- und absteigende Luftstromungen fiir eine vertikale Durchmischung,
entsteht unser Wetter.
Die Troposphare reicht durchschnittlich in den mittleren Breiten
10-11 km, an den Polen 8-10 km und in den Tropen 17 km hoch.
Dariiber liegt die Stratosphiire. Die Dbergangsschicht zwischen Troposphare und Stratosphare heiBt Tropopause.
Da die Dichte der Luft mit der Hohe rasch abnimmt, enthalt die
fiir das Wetter maBgebende Troposphare trotz ihrer geringen Hobe doch
etwa drei Viertel der gesamten Luftmasse.
2. Die Zusammensetzung der Luft. In der Troposphare ist die Luft
der Hauptsache nach ein Gemisch von 3/4 Raumteilen Stickstoff (78 %),
1/4Raumteil Sauerstoff (21 %) und geringen Beimischungen von Kohlendioxyd (0,03 %), Wasserstoff und sogenannten Edelgasen (Neon, Argon,
Helium). AuBerdem enthalt sie Wasserdampf, dessen Menge zwischen
3 % iiber den Ozeanen am Aquator und 0,1-0,2 % bei den tiefsten Kaltegraden der Polargegenden schwankt. Trotz seines geringen Anteils an
der Zusammensetzung der Lufthiille ist der Wasserdampf von auBerordentlicher Bedeutung bei der Mehrzahl der Wettererscheinungen.
Die Luft enthalt ferner mehr oder weniger Staubteilchen, Spuren von
Sauren, Salzkristalle, die als Kondensationskerne und Triibungsursache
eine wichtige Rolle spielen.
3. Der Luftdruck. Die Luft iibt einen Druck auf ihre Unterlage aus.
Der an irgendeiner Stelle der Lufthiille herrschende Druck ist eine Folge
der iiber dieser Stelle lagernden Luftsaule. Der Luftdruck ist daher am
Erdboden am groBten und nimmt mit der Hohe abo Er ist an der Erdoberflache ortlich und zeitlich vers.chieden. Diese Verschiedenheiten
sind entscheidend fUr die Stromungen und Wettererscheinungen im
Luftmeer.
Der Luftdruck wird oft noch in "Millimetern Quecksilbersaule" gemessen. Dieses MaB riihrt her vom Quecksilber-Barometer, bei welchem
die Luft einer Quecksilbersaule von bestimmter Hohe das Gleichgewicht
halt, die dann in Millimetern ausgemessen wird.
Heute wird der Luftdruck in der Druck-Einheit des physikalischen
MaBsystems, in Bar, bzw. Millibar angegeben.
3
4. Barometer.
1 Bar ist der Druck, den 1 Megadyn (= 1000000 Dyn) auf die Fliiche
eines Quadratzentimeters ausubt.
Das Bar wird in 1000 Millibar (mb) unterteilt.
Der Luftdruck in der Hohe des Meeresspiegels ist im Mittel groBer
als 1000 mb, er betragt 1013 mb.
1000 mb entsprechen einer Quecksilbersaule von 750 mm.
Daraus ergibt sich die einfache Umrechnungsformel
1 mb =
3/4mm
1 mm = '13mb.
Wenn das Barometer noch keine Millibarteilung tragt, verwandeltman zweckmaBig mit Umrechnungstafeln, wie sie im Nautischen Funkdienst oder in den Nautischen Tafeln gegeben sind.
Der Luftdruck nimmt mit zunehmender Hohe ti.ber dem Meeresspiegel ab, und zwar nahe der Erdoberflache fur je 8 m urn 1 mb. In
6 km Hohe ist er bereits auf die HaUte, in 15 km auf ein Zehntel des
Bodenwertes abgesunken. Je groBer die Hohe ist, desto langsamer
nimmt der Druck ab, da die Dichte der Luft mit der Hohe kleiner wird.
4. Barometer. Zur Messung des Luftdrucks dient das Barometer.
Heute werden die Schiffe meist mit Aneroidbarometern (Trocken- oder
Dosenbarometer) ausgerustet. Diese
1000
enthalten eine aus dunnem, elastischen Beryllium ode." Stahlblechhergestellte, luftleer gemachte Metalldose, deren Mittelpunkt durch
ein stark vergroBerndes Hebelwerk ~
mit einem Zeiger in Verbindung
steht. Steigt der Luftdruck, so preBt
er die Barometerdose ("Vidiedose",
s. Abb. 1) ein wenig zusammen und
dreht dadurch den Zeiger im Uhrzeigersinne. Fallt der Luftdruck, so
hebt sich die federnde Metallflache
und bewegt dadurch den Zeiger im
Gegenuhrzeigersinne. Da eine BeAbb.1. Aneroidbarometer.
wegung der Dose von wenigen Zehntel mm mehrere hundert Mal vergroBert wird, muB die Dbertragung sehr sorgfaltig gearbeitet sein und
das Instrument laufend uberwacht werden (s. S. 137). Temperaturfehler
werden kompensiert durch Verwendung eines kleinen Bimetallstreifens
in der Dbertragung. Die modernen lnstrumente haben keinen nennenswerten Temperaturfehler.
1*
4
1. Die GrundgroBen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung.
Aneroidbarometer miissen durch Vergleich mit einem Normal-Quecksilber-Barometer geeicht werden. An der Riickseite befindet sich gewohnlich eine Stellschraube, mit der man den Stand berichtigen kann. Diese Schraube solI an Bord nicht betatigt werden, sondern nur durch die Oberwachungsstellen
(Hafendienst [119]).
Vor der Ablesung sollte man wegen des Reibungsfehlers leicht gegen das Glas klopfen. An der Bewegung,
welche der Zeiger dabei ausfiihrt, erkennt man die Tendenz des Luftdrucks, zu steigen oder zu fallen.
Den wahren Wert des Luftdrucks bestimmt man mit
Quecksil ber-N ormal-Barometern. Mi t Quecksilber gefiill te
Barometer wurden friiher auch an Bord der Wetterbeobachtungsschiffe in der Form der Schi//s-Barometer (Marine-Barometer) benutzt. Die Marine-Barometer sind GefaB-Barometer, bei denen die Rohre in der Mitte stark verengt ist, damit das Quecksilber bei den Bewegungen des
Schiffes nicht "pumpt", d. h. sich auf- und niederbewegt
und so das genaue Ablesen unmoglich macht.
Diese notwendige Dampfung hat den Nachteil, daB
dies Barometer schnellen Luftdruckanderungen nur langsam folgt, schnell voriibergehende Schwankungen also
oft gar nicht anzeigt.
Versteht man unter Fallzeit die Zeit in Minuten, in welcher
die Quecksilberkuppe von einer 33 mb (25 mm) iiber dem
gerade herrschenden Barometerstand befindlichen Rohe urn
27 mb (20 mm) fallt, so muE diese Fallzeit bei einem guten
Schiffsbarometer 3-5 Minut,en betragen.
Jedes Quecksilberbarometer enthalt eine Lu/t/alle,
die verhindern soIl, daB Luftteilchen, die sich bei langerem
c
b
I
fa/sci!
Abb. 2.
Marine-Barometer.
Abb. 3, Luftfalle.
riCl1tig
folseh
Abb.4. Ablesung des Marine-Barometers.
Richtige und falsche Einstellung.
Gebrauch zwischen Quecksilber und Glas vorwartsschieben konnten, in
den luftleeren Raum iiber dem Quecksilber gelangen.
Das Schiffsbarometer wird kardanisch aufgehangt, und ein oder zwei
Spiralen hemmen seine Bewegurigen. Pumpt das Barometer trotzdem,
4. Barometer.
5
ist Geduld beim Ablesen notig. Es darf nur abgelesen werden, wenn
das Barometer senkrecht hangt. Bei starkem Dberholen des Schiffes
und gleich darauf darf nicht abgelesen werden. Evtl. muB man mehrere
Ablesungen des niedrigsten und hochsten Standes mitteln.
Die genaue Ablesung erfolgt mit Nonius auf Zehntel Millibar. Beim
Ablesen ist darauf zu achten, daB die Mitte der Kuppe gerade die untere
Kante des Schiebers zu beriihren scheint, wie Abb. 4 zeigt.
Dabei ist eine "Parallaxe" zu vermeiden, indem man Vorder- und
Hinterkante des Ableseschiebers in Deckung bringt und erst dann auf
die Kuppe einstellt.
Vorher wird das Thermometer abgelesen, das in der Mitte des Barometers angebracht ist, (s. Beschickungen, S. 6).
Die etwaigen Fehler des Instrumentes werden durch Vergleich mit
Normalinstrumenten festgestellt. Barometer, die fUr den Wetterbeobachtungs- und Klimadienst an Bord gegeben werden, priift die
Instrumentenabteilung des Meteorologischen Amtes Hamburg. Ein
Priifschein, der an Bord sein muB, gibt an, welche Instrumentenverbesserung an den abgelesenen Werten anzubringen ist. Der Priifschein muB
jedes J ahr erneuert werden.
Die Gilte des Schiffsbarometers zeigt der Gang, der algebraische Unterschied
zwischen dem griiBten und kleinsten Instrumentenfehler. Er darf nicht griiBer als
1,2 mb (1,0 mm) sein. Beispiel: Der Fehlerbei 945 mbsei 0,0, beil055 mb + 0,2 mb.
Dann ist der Gang: (+0,2) - (0,0) = +0,2 mb.
AIle Barometer sind an Stellen anzubringen, an denen sie moglichst
geringen Temperaturschwankungen ausgesetzt sind.
Die Trockenbarometer zeigen die Schwankungen des Luftdrucks
schneller an, sind handiger, bequemer abzulesen und nehmen keinen
wichtigen Platz. wcg.
Abb. 5. Barograpb.
Der Barograph oder Luftdruckschreiber enthalt statt einer Aneroiddose mehrere iibereinander. Durch einen Schreibhebel werden die Luftdruckanderungen auf einem Papierstreifen aufgeschrieben, der an einer
sich drehenden Trommel einmal in der W oche an der Feder vorbeigezogen wird. Der Barograph ist ein wertvoller Helfer der Schiffsleitung,
6
1. Die GrundgroBen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung.
da die geschriebene Kurve eindringlich das Steigen und Fallen des Luftdrucks zeigt und so Schliisse auf das kommende Wetter zulaBt. Eine
ruhige, glatte Kurve laBt gutes, eine unruhige, zackige Kurve schlechtes
Wetter erwarten.
Urn ftir die Herstellung von Wetterkarten im Meteorologischen Amt vergleichbare Luftdruckangaben zu bekommen, mtissen die abgelesenen Quecksilber-Barometerstande beschickt werden. Als Einheitsbeobachtung gilt eine Beobachtung bei
0° C am Meeresspiegel (Augeshohe 0) auf 45° Breite.
An der Ablesung eines Quecksilberbarometers sind folgende Beschickungen
.anzubringen:
1. Beschickung auf 0° 0 (Temperaturbeschickung). Da sich Quecksilber bei
steigender Temperatur ausdehnt, nimmt dieselbe Quecksilbermenge bei hoherer
Temperatur eine groBere Hohe im Glasrohr ein. Ftir Temperaturen tiber 0° ist
daher diese Beschickung negativ, ftir solche unter 0° positiv. MaBgebend ist die
Temperatur am Barometer, die von der AuBentemperatur wesentlich abweichen
kann.
2. Beschickung auf den Meeresspiegel (Hohenbeschickung). Da der Luftdruck
mit der Hohe abnimmt, ist diese Beschickung stets zu addieren. Sie hangt etwas
von der AuBentemperatur abo
3. Beschickung auf 45° Breite (Schwerebeschickung). Da die Schwerkraft an
den Polen der Erde groBer ist als am Aquator, wtirde einQuecksilberbarometer bei
gleichem Luftdruck am Pol einen niedrigeren Stand haben als am Aquator. Wenn
man auf den Wert der Schwerkraft auf 45° Breite beschickt, ist die Beschickung
ftir hohere Breiten positiv, fUr niedrigere negativ.
Die Beschickungen werden Tafeln entnommen, die den Beobachtungsanweisungen beigegeben sind.
Beispiel fUr die Beschickung der Ablesung eines Quecksilberbarometers:
Ablesung 752,3 mm. Therm. am Bar.: +20°, Hohe des GefaBes tiber dem
Meeresspiegel: 18 m, Temperatur der AuBenluft: +8°, Geographische Breite: 57°,
Instrumentenfehler nach Prtifschein: 1,1 mm.
752,3 mm
Ablesung . . . . . . . . . . .
Instrumentenfehler. . . . . . . .
+1,1 mm
Zu beschickender Barometerstand .
753,4 mm
-2,4 }
Temperaturbeschickung .
Hohenbeschickung . . . . .
1,7
+0,1 mm
Schwerebeschickung . . . . +0,8
Beschickter Barometerstand~~~--------~~-. . . . . 753,5 mm
Ftir das Seeobstelegramm in mb umgewandelt = 1004,6 mb
+
+
Bei Aneroidbarometern werden keine Beschickungen angebracht, der
abgelesene Wert wird in das Journal eingetragen.
5. Zeitliche Schwankungen des Luftdrucks. Der Luftdruck an einem
bestimmten Ort der Erde schwankt. Diese zeitlichen Schwankungen sind
zum Teil periodisch wiederkehrend. Man beobachtet auf der ganzen
Erde mit Ausnahme der Polargebiete eine Schwan kung des Luftdrucks
mit halbtagiger Periode, und zwar mit Wellen bergen etwa um 10 Uhr
vor- und nachmittags und WellentiHern um 4 Uhr vor- und nachmittags.
Diese Schwankung ist in den Tropen am groBten, sie betragt dort im
6. Isobaren und Gradient.
7
Mittel 3-4 mb. Die Abb. 6 zeigen, daB sie in allen Ozeanen mit groBer
RegelmaBigkeit auftritt. In unseren Breiten ist diese Sehwankung kleiner
als 1 mb und wird von viel groBeren regelmaBig wiederkehrendenSehwankungen liberlagert, unter denen sie
versehwindet. In den Tropen dagegen ist jeder Abweiehung von
der tagliehen Periode Aufmerksamkeit zu sehenken, sie bedeutet die
Gefahr atmosphariseher Storungen.
Diese tagliehen Luftdrueksehwankungen nehmen mit zunehmender Rohe abo Die Ursaehe
dieser Vorgange ist nieht eindeutig
geklart.
Die jahrlichen Sehwankungen
des Luftdrueks liber einem Gebiet
hangen eng mit dem Gang der Er, I1ftn. 'I
8
I1ftg. 16
zo NUn.
warmung im Laufe des J ahres und Abb. 6. Mittlere tAgliche Luftdruckschwankung in den Tropen.
mit der Verteilung von Land und
a) AqUatorialer Atlantischer Ozean.
Aquatorialer
Indischer Ozean.
b)
Wasser zusammen. 1m Sommer
c) AqUatorialer Pazifischer Ozean.
hat der Luftdruek liber Landgebieten, im Innern der Kontinente, ein Minimum, liber dem Meer ein Maximum. 1m Winter ist es umgekehrt. Diese Luftdrueksehwankungen
beherrsehen die ganzen Witterungsverhaltnisse auf der Erde.
6. Isobaren und Gradient. Die Luftdruekverteilung an der Erdoberflaehe erkennt man am besten, wenn man aIle Orte gleiehen Luftdrueks in einer Karte dureh
Linien verbindet. Diese
Linien gleiehen Luftdrueks
heiBen 180baren (Luftdruekgleiehen). In den Wetterkarten werden die..Isobaren
in der Regel von 5 zu 5 mb
gezeiehnet. In Abb. 7 sind
-1171,5"
die wiehtigsten Grundfor- 1015 1010 - _ _ _ _ _ _ _
-'0'17
men dargestellt, die auftre1005
117175
ten konnen. Gebiete, von
Abb.7. Isobarenformen.
denen aus der Luftdruek
naeh allen Seiten abnimmt, heiBen Hochdruckgebiete (kurz Roeh), Gebiete, von denen aus der Luftdruek naeh allen Seiten zunimmt, Tiefdruckgebiete (kurz Tief).
Roeh- und Tiefdruekgebiete sind von gesehlossenen, elliptiseh geformten Isobaren umgeben. Ein Roeh kann einen Riicken, evtl. nur
Ti~K1AJ<Uj
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1. Die Grundgr6J3en des Wettergeschehens und ihre Beobachtung.
einen Keil hoheren Luftdrucks zwischen zwei Tiefdruckgebiete vorstrecken, ein Tief kann eine Furche oder Rinne, evtl. nur cine Zunge
tiefen Luftdrucks zwischen zwei Hochdruckgebiete einschieben. Ein
Sattel ist vorhanden, wo nach zwei entgegengesetzten Richtungen hin
der Druck ansteigt, wahrend er in den senkrecht dazu gelegenen Richtungen fallt.
Gradient oder Luftdruckgefalle heiBt der Luftdruckunterschied in
mb auf einer Strecke von 60 sm (111 km) senkrecht zu den Isobaren.
In Wetterkarten mit Isobaren erkennt man anschaulich die GroBe
des Druckgefalles in den verschiedenen Gegenden des "Druckfeldes".
W 0 die Isobaren dicht gedrangt aufeinander folgen, ist der Gradient
groB, je weiter sie auseinander liegen, urn so geringer ist das Luftdruckgefalle.
Praktisch laBt sich nur die GroBe des mittleren Gradienten bestimmen.
Man miBt den Abstand zweier aufeinander folgender Isobaren entlang
derjenigen Geraden, die am besten den senkrechten Abstand darstellt.
Betragt der Abstand der 1000-mb-Isobare von der 995-mb-Isobare z. B.
100 sm, dann ist der Gradient an dieser Stelle
5
X
60
100 = 3,Ombj60sm.
7. Der Wind. Luftdruckunterschiede zwischen verschiedenen Orten
der Erde fuhren zum Ausgleich, die Luft setzt sich vom hoheren zum
tieferen Druck in Bewegung, es entsteht ein Wind.
Urn diesen Wind zu beschreiben, muB man seine Starke und Richtung angeben.
Als Richtung gibt man die rechtweisende Richtung an, aus der der
Wind kommt, und zwar heute im Wetterdienst in Dekagraden, von 10
zu 10 Grad, fruher und in der seemannischen Praxis auch heute noch
in Strichen.
Die Starke des Windes, die Geschwindigkeit der Luftteilchen, kann
in Meter pro Sekunde, Kilometer pro Stunde oder in Knoten angegeben
werden. Der Wetterdienst benutzt die Angabe in Knoten. Praktisch
wird der Wind an Bord nach BEAUFORT-Stufen angegeben.
Die Schwierigkeit der Windbestimmung an Bord besteht darin, daB
Beobachter und MeBgerat nicht arts/est sind. Man hat an Bord eines
fahrenden Schiffes zu unterscheiden zwischen dem ge/iihlten oder scheinbaren Wind, den allein man messen oder registrieren kann, und dem
wahren Wind, d. h. dem Wind, wie er auf stilliegendem Schiff beobachtet
werden wurde.
Der gefuhlte Wind ist die Resultante aus dem wahren Wind und
dem Fahrtwind, der von vorne mit einer der Fahrt des Schiffes ent-
7. Der Wind.
sprechenden Geschwindigkeit kommt. Der gefiihlte Wind ist daher
immer vorderlicher als der wahre: der Wind 8chralt, wenn das Schiff
Fahrt aufnimmt.
Abb.8 stellt das Winddreieck dar. Winkel ex ist die Seitenpeilung des gefuhlten, f3 die des wahren Windes. Man findet f3 am einfachsten, indem man vom Punkte
G der Abbildung 8 die Fahrt des Schiffes nach achtern antragt. Man erhalt dann den
Punkt D, und damit den wahren Wind nach Seitenpeilung und Starke. Bringt
man an die Seitenpeilung des wahren Windes den rechtweisenden Kurs an, bei
Wind von Steuerbord rechts herum, bei Wind von
~ C
Backbord links herum, erhalt man die rechtweisende
Windrichtung.
Rechnerisch kann die Aufgabe gelost werden, indem 8 / 1 . - / / / / man die entgegengesetzte Fahrt an den gefuhlten Wind
ankoppelt (Gradtafel!).
Die Starke des gefiihlten Windes miSt man
an einer Stelle, die einen durch Decksaufbauten, Aufwind von der Schiffsseite oder vom
Frontschott des Briickenaufbaus maglichst
wenig gestarten Windzustrom aufweist, mit ei- A
nem Anemometer (Windmesser). Am gebrauchlichsten sind die Schalenkreuz-Anemometer.
Abb. 8. Winddreieck.
Fernanzeigende Windmesser konnen in freier Lage am Mast angebracht werden.
Die Anzeige erfolgt dann uber ein Kabel auf der Brucke oder im Kartenhans, indem ein vom Schalenkreuz bewegter kleiner Dynamo eine mit steigender Windgeschwindigkeit wachsende Spannung liefert. Diese Instrumente zeigen sogar die
Boenspitzen an, konnen aber ihre Werte nicht aufschreiben. Will man fur dienachtragliche meteorologische Auswertung die Windgeschwindigkeit aufschreiben,
verwendet man Kontakt-Anemometer, die nach einer z. B. einem "Windweg" von
500 m entsprechenden Umdrehungszahl den Stromkreis eines Akkus schlie.6en,
wodurch auf der Schreibtrommel eine Marke entsteht. Je naher die Marken aufeinander folgen, urn so starker ist der Wind. Diese Anemometer sollen frei vom
Einflu.6 der Aufbauten angebracht sein, doch nicht unbedingt auf der Mastspitze,
da mit zunehmender Hohe die Windgeschwindigkeit zu groB angezeigt wird, einmal wegen der normalen Zunahme der Windgeschwindigkeit mit der Hohe (s. 56),
aber auch durch den falschenden Einflu.6 der mit der Hohe zunehmenden Schiffsschwankungen.
Hand-Windmesser konnen einfach einen umlaufenden Zeiger betreiben, wobei
mit einer Stoppuhr die Windversetzung fur eine bestimmte Zeit (z. B. fur eine
Minute) gemessen und mit Tabellen in m/s umgewandelt wird. Oder es wird der
von der Geschwindigkeit des Schalenkreuzes abhangige Ausschlag eines Fliehkraftpendels auf einer Windskala angezeigt.
Auch die Windrichtung kann fernangezeigt und aufgezeichnet werden.
1m Bordbetrieb sind Anemometer meistens nicht vorhanden, die
Windstarke muS also ge8chatzt werden.
Auf einem Dampfer kann man die Richtung des gefiihlten Windes
feststellen, indem man die Rauchfahne in der Nahe des Schiffes be-
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1. Die GrundgriiBen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung.
obachtet, wobei man sich zur Vermeidung perspektivischer Tauschungen in der Nahe des Schornsteins aufstellt.
In der Bordpraxis wird nicht der gefiihlte, sondern der wahre Wind
beobachtet, indem man die Auswirkungen dieses Windes auf die Meeresoberflache beobachtet, die Windseen, kurz die "Seen" iiber den PeilkompaB anpeilt und die Starke des aufgeworfenen Seegangs beurteilt.
Schwierigkeiten ergeben sich hierbei nur bei durcheinanderlaufender
hoher S~e in der Nahe von Sturmzentren, Oberlagerung von Seegang
und kurzer Diinung, und bei Winddrehung, der die See nicht sofort
folgt.
Die Starke des Windes beurtetlt man nach einer Skala, die Kapitan
PETERSEN aufstellte, die zur Beurteilung optische und akustische Merkmale (Seegangsgerausche) angibt (s. Anhang, S. 166). Die Seegangsgerausche werden auf der Briicke eines fahrenden Dampfers kaum wahrgenommen. Daher bringt der Schliissel 1949 nur noch die sichtbaren
Merkmale der PETERSEN-Skala. Das Heulen und Pfeifen des Windes
um Masten, Aufbauten oder Wanten kann aber dem geiibten Beobachter
einen weiteren Anhalt geben.
Die Tabelle im Anhang enthalt ferner die Knotenzahlen, welche den
einzelnen BEAUFORT-Stufen der Windstarke zuzuordnen sind (auf Grund
von vielen Messungen verschiedener Expeditionen, Feuerschiffe und
wissenschaftlichen Beo bach tungen).
Die BEAUFORT-Skala, die unter 12 (voller Orkan) aIle Winde iiber
57 kn erfaBte, ist im neuen Wetterschliissel bis 17, d. h. bis 109 kn erweitert. Aber auch dieser Wert wird in tropischen Orkanen noch erheblich iiberschritten. Am 2. 9. 1937 sind in Hongkong 145 kn, in Guam
bei einem anderen Orkan 154 kn beobachtet worden.
Ein Schatzen von mehr als 12 Windstarkestufen ist nicht moglich.
Die Knoten-Skala gestattet, auch Zwischenwerte zwischen den
BEAUFORT-Stufen anzugeben.
Da der Wind nie gleichmaBig weht, meldet man im Wetterdienst
den Mittelwert, urn den der Wind in den letzten Minuten pendelte.
Der Zug der Wolken darf zur Beurteilung des Bodenwindes nicht benutzt werden.
Der Seemann nennt auf Nordbreite das Drehen des Windes mit dem Uhrzeiger
(z. B. von SO iiber S nach NW), vor allem wenn es sprunghaft erfolgt, AU88chiefJen
und das Drehen gegen den Uhrzeiger (z. B. von W iiber S nach 0) krimpen. Auf
Siidbreite ist ein Krimper ein Wind, der mit dem Uhrzeiger dreht.
8. Darstellung des Windes in Karten. In Karten wird der Wind
durch Windpleile dargestellt, die mit dem Winde fliegen. Starke und
Bestandigkeit des Windes kann durch die Lange und Dicke der Pfeile
9. Hohenwindmessung.
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ausgedriickt werden. In den Wetterkarten (s. S. 139) wird die Windstarke durch ganze und halbe Federchen dargestellt, die aufNordbreite
an die linke Seite des Windpfeiles gesetzt
werden.
45°N
Will man die Windverhaltnisse eines Gebietes im Verlauf eines langeren Zeitraumes
darstellen, wie etwa in den Monatskarten, verwendet man Windrosen, bei denen die Lange
der Pfeile nach einem beigegebenen MaBstab
die prozentuale Haufigkeit der betr. Windrichtung und die Anzahl der Federn die mittlere -+------t-4iJON
Windstark.e nach Beaufort ausdriickt. Die Zahl
45°W
im Stationskreis gibt die Anzahl der Wind- Abb.9. Windrose aus der
Monatskarte fiir Januar,
stillen.
Nordatlantlscher Ozean.
In weitergehenden Darstellungen findet man
eine Unterteilung des Windstarkenpfeils nach dem Anteil der Windstarken nach folgendem Muster:
.' ken
tar ~ t
.Ar
ds
der vv,n Beau/or
"*
unte~~~/U~
~
/1oBstob fur HOlJfigkeitsonteii
t
o
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10
I
I
20 ;]()
I
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'10 50"10
Abb.l0.
Dieser Pfeil bedeutet, daB 46% aUer Windbeobachtungen dieses Gebietes
DNO-Wind waren, davon hatten 17% die Starke 1-3 Beaufort, 12% die Starke
4-5 Beaufort, 10% die Starke 6-7 Beaufort, 7% die Starke 8 Beaufort.
9. Hohenwindmessung. Da die Kenntnis der Vorgange in den hoheren
Schichten der Troposphare fiir-die Beurteilung des Wetters von groBter
Bedeutung ist, werden bei zahlreichen Wetterwarten auf der ganzen
Erde, auch auf den standigen Wetterschiffen und auf manchen Handelsschiffen Pilotballon-Aufstiege durchgefiihrt. Auch die auf Wetterwarten
und Wetterschiffen regelmaBig aufgelassenen Radiosonden [14] erlahben
zumeist eine Feststellung des Hohenwindes.
Es wird die Abtrift eines Pilotballons in den verschiedenen Hohen
verfolgt. Diese mit Wasserstoff gefiillten kleinen Gummiballone haben
eine konstante Steiggeschwindigkeit, die von dem Gewicht und dem Auftrieb des gefiillten Ballons abhangt. Zahlt man die Minuten vom Augenblick des Loslassens an, so kennt man fiir das Ende jeder Minute die
Rohe
in der sich der BaIlon befindet. Gleichzeitig wird mit einem
Theodoliten die Peilung und cler Hohenwinkel des Ballons festgestellt.
n,
12
I. Die GrundgroBen des Wettergeschehens und ihre Beobachtung.
Aus Rohenwinkel lX und Rohe h findet man die horizon tale Entfernung
e des Ballons fiir das Ende jeder Minute:
e
=
h cotg lX.
Tragt man diese in der Richtung der gleichzeitigen Peilung von
einem Punkte aus auf, entsteht die Rorizontalprojektion der Ballonbahn, aus der man die horizontale Geschwindigkeit des Ballons fiir jede
Minute ablesen kann, d. h. fUr die Rohe, in der sich wahrend dieser Minute der BaIlon befand.
Auch auf Handelsschiffen wurden vor dem zweiten Weltkrieg regelmii.Big
Hohenwindbeobachtungen durchgefiihrt. Die Durchfiihrung und Auswertung ist
schwieriger als an Land, weil sich der Beobachtungsort von MeBzeit zu MeBzeit
verschiebt und bei arbeitendem Schiff die Horizontalebene des Theodoliten
schwankt. Der BaIlon kann bis iiber 20 km Hohe verfolgt werden, ehe er platzt
und damit unsichtbar wird.
Die Entfernung des Ballons kann auch durch besondere FunkmeBAnlagen (Radar) bestimmt werden. Dem BaIlon wird dann ein leichter,
elektrische Wellen gut reflektierender Rahmen angehangt.
10. Wind und Seegang. Auch der vom Winde aufgeworfene Seegang
wird in das meteorologische Tagebuch eingetragen. Es ist dabei zwischen
der vom herrschenden Wind unmittelbar aufgeworfenen Windsee und
der Dunung zu unterscheiden, die entweder die Nachwirkung eines friiheren Windes ist (Wind hat gedreht oder flaute ab) oder aus einem entfernteren ausgedehnten Sturmgebiet heranrollt. Wahrend die Windsee
unter der direkten Einwirkung des Windes verhiiltnismaBig steile Wellen
mit mehr oder weniger scharfen, haufig iiberbrechenden Kammen aufweist, besteht die Diinung aus Wellen mit rundlichem Profil und geringer
Steilheit, deren Lange zuweilen sehr erheblich sein kann.
Die Windsee auf offener See steht in engem Zusammenhang mit dem
herrschenden Winde [7]. Ihre Starke wird an Bord durch die Seegangs-Skala von 0-9 erfaBt, wie sie in der Tafel im Anhang den entsprechenden Windstarken zugeordnet ist. Die Richtung, aus der die
See kommt, wird am Peilkow-paB ermittelt. Man beachte, daB die
Windsee erst einige Zeit nach dem Einsetzen des Windes ihre volle
Starke erreicht.
Die Diinung wird nach ihrer Richtung (PeilkompaB) und nach Rohe
und Lange beschrieben, die geschatzt werden miissen.
Oft laufen mehrere, einander durchkreuzende Diinungen.
Da die Unterscheidung von Windsee und Diinung, vor allem wenn
Wind und Diinung aus derselben Richtung kommen, schwierig ist, wird
seit dem 1. 1. 1949 im internationalen Wettermeldedienst diese Unterscheidung nicht mehr verlangt.
11. Die Lufttemperatur.
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An Stelle der Meldung von Windsee und Diinung wird Angabe der
Wellenrichtung, Wellenhohe und Wellenperiode gefordert.
Die WellenhOhe, d. h. der senkrechte Abstand des Wellenkammes yom
Wellen tal, wird geschatzt. Man benutzt dazu HilfsmaBstabe wie z. B.
die Plattenhohe der SchiffsauBenhaut. Bei groBen Wellen wahlt man seinen
Standort am besten so hoch, daB mali Wellenkamm und Kimm in Deckung
sieht, wenn das Schiff im Wellen tal und auf ebenem Kielliegt. Die Blickrich tung ist dann ungefahr waagerecht, und die Hohe des Beobachters
iiber der Wasserlinie, die Augeshohe, die er in diesem Augenblick hat,
ist gleich der Wellenhohe. Auf schlingerndem Schiff werden die Wellenhohen haufig iiberschatzt, weil es schwierig ist, in waagerechter Richtung zu blicken.
Unter Wellenperiode versteht man die Zeit, die fiir einen festen
Beobachtungsort zwischen dem Eintreffen zweier aufeinander folgender
Wellenkamme verflieBt. Man miBt mit der Stoppuhr die Zeit, in der
ein oder mehrere Wellenkamme an einer festen Marke (Boje, auffalliger
Schaumfleck) vorbeilaufen. Man beobachte n~r markante Wellen, die
in Luv, weit vor dem Schiff liegen (Feldstecher benutzen). Man gewohne sich vorher an den "Takt" der Wellen.
11. Die Lulttemperatur. Fiir das Wettergeschehen in der Lufthiille
ist der Warmezutand der Luft, die Temperatur, von entscheidender Bedeutung.
Zur Messung derTemperatur dienen Thermometer, in der Regel Quecksilberthermometer, seltener Weingeistthermometer. Zur Bestimmung
der hochsten und tiefsten Werte, welche die Lufttemperatur z. B. wahrend eines Tages angenommen hat, dienen Extrem-Thermometer verschiedener Bauart, die jedoch im Borddienst nicht verwandt werden.
Ais Skala verwenden wir die Gradeinteilung nach CELSIUS (0° = Gefrierpunkt, 100 0 = Siedepunkt des Wassers bei normalem Luftdruck).
In England und Amerika wird daneben nach FAHRENHEIT abgelesen.
Die Ablesung erfolgt auf Zehntel Grad.
Die Messung der wahren Lufttemperatur an Bord ist schwierig. Wenn
ein Thermometer die wahre 'J.lemperatur der "frischen" AuBenluft an.zeigen solI, muB es gegen die direkte Sonnenstrahlung geschiitzt werden, aber auch gegen Strahlen, die yom Schiffskorper reflektiert werden
und gegen die Eigenstrahlung benachbarter erhitzter Eisenmassen. Es
muB mit moglichst viel frischer Luft in Beriihrung gebracht werden,
d. h. im Luftzug aufgehangt sein. Das Instrument darf auch nicht durch
Spritzwasser, Regen oder sonst irgendwie feucht werden, weil ihm dann
durch die Verdunstung Warme entzogen wird.
Nach eingehenden Untersuchungen ergibt die Aufhangung des Thermometers in einer Bordhiitte, einem kleinen Holzkasten mit Jalousie-
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