Hauptseminar -‐ Methoden der experimentellen Teilchenphysik Die

Werbung
Hauptseminar -­‐ Methoden der experimentellen Teilchenphysik Die Präzisionsmessung der Z0-­‐Masse am LEP von Christoph Eberhardt Historischer Überblick Erstmals 1968 entwickelten Sheldon Glashow, Abdus Salam und Steven Weinberg gemeinsam (Nobelpreis 1979) die Theorie zur Vereinheitlichung der elektromagnetischen und schwachen Wechselwirkung. Mit der elektroschwachen Wechselwirkung lassen sich die Phänomenologie verschiedener in der Physik auftretenden Erscheinungen in einer vereinheitlichten Art und Weise beschreiben. Unter anderem kann man zum Beispiel auch nur mit der elektroschwachen Theorie die Verhaltensweisen bei der Z0 Erzeugung beschreiben, später dazu mehr. 1973 folgte dann der erste indirekte Nachweis der elektroschwachen Wechselwirkung durch den Nachweis neutraler Ströme in einer Blasenkammer. 1983 wurde dann erstmals ein reelles Z0-­‐Bosons im SppS nachgewiesen. Die technische Realisierung zum Erreichen der richtigen experimentellen Parameter wäre ohne die wichtige Innovation der stochastischen Kühlung und deren praktischer Umsetzung durch Carlo Rubbia und Simon van der Meer nicht möglich gewesen (Nobelpreis 1984). 1989 startete in Genf am CERN der LEP seinen Betrieb und die vier Detektoren am LEP (ALEPH, DELPHI, L3 und OPAL) konnten den Messbetrieb aufnehmen. Der Ringtunnel, in dem heute noch der LHC betrieben wird, hat(-­‐te) einen Umfang von 27 km. Theoretische Grundlagen •
Standard-­‐Modell Das Standard-­‐Modell beinhaltet insgesamt 17 Elementarteilchen. Elementarteilchen stellen die kleinsten Bausteine der Physik dar und sind nach heutigem Stand der Physik nicht teilbar jedoch auch nicht alle stabil. Teilchen mit Spin ½ nennt man Fermionen, andere mit Spin 1 nennt man Bosonen. Die Elementarteilchen mit Spin ½ unterteilt man in Quarks und Leptonen, wobei sich aus den Quarks wiederum gebundene Zustände namens Hadronen bilden können. •
Neben dem experimentell noch nicht nachgewiesenen Higgs-­‐Boson, welches im Standard-­‐Modell für die Masse der Eichbosonen verantwortlich ist, sind die restlichen Bosonen die Austauschteilchen der elektromagnetischen, schwachen und der starken Wechselwirkung. Das besondere am Z-­‐Boson ist die Tatsache, dass es offenbar nicht nur schwach, sondern auch elektromagnetisch wechselwirkt. Der schwache Isospin Der schwache Isospinformalismus ordnet jedem Elementarteilchen einen schwachen Isospin zu. Man unterscheidet weiter über die z-­‐Komponente des schwachen Isospins. Der Formalismus ist eine ausgedachte, aber wohlgemerkt geschickte Definition, welche später zu einer eleganten Beschreibung der schwachen Wechselwirkung führt. •
•
Der Abbildung kann man neben dem jeweilgen schwachen Isospin T auch die elektrische Ladung zf entnehmen. Man gruppiert die Elementarteilchen über den schwachen Isospin, genauso wie z. B. beim starken Isospin, zu sogenannten Multipletts. Beim schwachen Isospin erhält man für die linkshändigen Fermionen Dubletts mit Isospin ½ und für die rechtshändigen Fermionen Singuletts mit Isospin 0, wobei man mit einem Isospin 0 eine schwache Wechselwirkung dieses Teilchens als ausgeschlossen ansieht. Mit der Händigkeit bzw. der sog. Chiralität drückt man die Veränderung einer Wellenfunktion unter Raumspiegelung aus. Erwähnenswert ist noch die Tatsache, dass Teilchen eines Dubletts unter Absorption bzw. Emission von W-­‐Bosonen ineinander übergehen können. Die elektroschwache Vereinheitlichung In der elektroschwachen Vereinheitlichung werden die beiden Eichtheorien der elektromagnetischen und schwachen Wechselwirkung zu einer für beide Wechselwirkungen zutreffenden Theorie vereinheitlicht. Zunächst betrachten wir das W-­‐Eichboson. Es hat einen schwachen Isospin von T = 1 und kann elektrisch positiv geladen W+ mit T3 = +1 und elektrisch negativ geladen W-­‐ mit T3 = -­‐1 sein. Um dieses Isospintriplett zu vervollständigen, benötigt man dann noch ein W0 mit schwachem Isospin T = 1 und T3 = 0. Nun stellt man aber fest, dass das experimentell gefundene Z0-­‐Boson, ein heißer Kandidat für das das Triplett vervollständigende W0-­‐Boson, nicht nur an die schwache sondern auch an die elektrische Ladung koppelt. Deshalb postuliert man ein weiteres Boson B0 , das mit T = T3 = 0 ein Singulett des schwachen Isospins darstellt. Weinberg-­‐Winkel Experimente wie der LEP gaben darüber Auskunft wie stark die jeweiligen Wechselwirkungen an das Z-­‐Boson koppeln. Man drückt dieses Verhältnis durch den Weinberg-­‐Winkel aus. Wenn man den B0-­‐Zustand und W0-­‐Zustand um den Weinbergwinkel dreht, erhält man dadurch die zwei bekannten Zustände des masselosen Photons und des massebehafteten, schweren Z0-­‐Bosons. Außerdem setzt der Weinberg-­‐Winkel die schwache Ladung g in Relation mit der elektrischen Ladung e. •
Higgs-­‐Mechanismus Im Rahmen der Eichtheorien kann man den Austauschteilchen der Wechselwirkungen genannt Eichbosonen keine Masse zuordnen. Hier kommt der Higgs-­‐Mechanismus ins Spiel. Der Higgs-­‐Mechanismus besagt, dass unter spontaner Brechung der Eichsymmetrie die Eichbosonen eine Masse erhalten. Man muss bei der Betrachtung des Higgs-­‐Mechanismus vielmehr an eine abstrakte Analogie denken als an ein realitätsnahes Modell. Im Folgenden einige Ansätze zum besseren Verständnis: Für die spontane Symmetriebrechung wird oft eine Analogie aus der Festkörperphysik herangezogen, nämlich die Änderung im Verhalten eines Ferromagneten bei der Curie-­‐Temperatur. Sobald der Festkörper die Curie-­‐
Temperatur unterschreitet, bildet sich spontan eine Vorzugsrichtung bezüglich der Magnetisierung, was die vorher vorhandene Drehsymmetrie bricht. Ebenso gut dient als abstrakteres Beispiel ein rotiertes Parabel-­‐Potential, dass durch spontane Symmetriebrechung in ein Mexikanerhut-­‐Potential übergeht, wodurch wiederum für einen definierten Zustand, der in seinen Grundzustand übergehen will, die Drehsymmetrie gebrochen wird. Als weitere Analogie um sich besser vorstellen zu können, wie ein Teilchen Masse durch das Higgs-­‐Feld erhält, empfehle ich die kurze Bilderserie, zu finden auf folgender Seite: http://www.drillingsraum.de/cern/cern_higgs.html •
Zerfallsbreiten Zur Bestimmung von Größen und Eigenschaften von Zuständen betrachtet man deren Resonanzkurven, die man aus den Messungen des Wirkungsquerschnittes über der Energie gewinnt. Aus einer typischen Resonanzkurve wie in der Abbildung kann man ablesen, welche Masse M der Zustand hat oder wie groß die Zerfallsbreite Γ ist. Aus der Zerfallsbreite wiederum kann man die durchschnittliche Lebensdauer ableiten, sowie eine Aussage über die Zerfallskanäle z. B. des Z-­‐Bosons treffen, denn jeder Zerfallskanal trägt als Zerfallsbreite additiv zur Gesamtbreite bei. Das Z0-­‐Boson •
Erzeugung und Zerfall Das Z-­‐Boson kann durch zwei Prozesse entstehen, entweder bei einer Streuung von einem geladenem Lepton an einem Neutrino oder durch Fermion Anti-­‐Fermion Annihilation. Dabei muss, um ein reelles Z-­‐Boson zu erzeugen, immer die zur Ruhemasse äquivalente Energie aufgebracht werden. Beim Zerfall des Z-­‐Bosons bemerkt man, dass es nicht analog zum Zerfallsverhalten des W-­‐Bosons ist. Beim Zerfall des W-­‐Bosons trägt jeder Zerfallskanal gleich zur Gesamtbreite des Resonanzkurve bei, wobei es zu Beachten gilt, dass bei Quark-­‐Antiquark-­‐Zerfällen die Farbladungen mit einem zusätzlichen Faktor 3 berücksichtigt werden müssen. Wobei
die Cabbibo-­‐rotierten Zustände und damit die Eigenzustände bezüglich der schwachen Wechselwirkung sind. Für z. B. jedes Leptonenpaar erwartet man einen Zerfallsanteil von jeweils 1/9, was sehr gut mit den experimentellen Werten übereinstimmt . Wenn man beim Z-­‐Boson nun mit der selben Logik herangeht und davon ausgeht, dass das Z-­‐Boson in der gleichen Weise koppelt wie das W-­‐Boson, sollten wir für die Zerfallskanäle gleich wahrscheinlich Zerfälle in Quark-­‐Anitquark-­‐ und Lepton-­‐
Antilepton-­‐Paare haben. (Quark-­‐Antiquark-­‐Paare wieder mit dem Faktor 3 aufgrund der Farbladungen.) Jedoch kann man eine Abweichung von diesem Verhalten feststellen. Diese Abweichung liegt begründet in der Tatsache, dass das Z-­‐Boson zusätzlich an die elektrische Ladung koppelt, wobei wieder der Weinbergwinkel ist. •
Das reelle Z0-­‐Boson Um ein reelles Z-­‐Boson zu erzeugen, muss eine Schwerpunktsenergie erreicht werden, welche mindestens der Ruhemasse des Z-­‐Bosons entspricht. In der Abbildung zerfällt das Z-­‐Boson am Anfang der weiß gestrichelten Linie. Massenbestimmung •
Energie, Luminosität Um den Wirkungsquerschnitt höchst genau bestimmen zu können, muss man gute Kenntnis über Energie und die Luminosität am Kollisionsort besitzen. Die Energie maß man durch das Verfahren der resonanten Spindepolarisation. Dabei macht man sich zu Nutze, dass durch die Synchrotronstrahlung die Elektronen nach und nach transversal polarisiert werden, wodurch man bei Messung des Grades der Polarisation durch Streuung mit Photonen aus einem zirkular polarisierten Laser genaue Schlüsse bezüglich der Teilchenenergie ziehen kann. Die Luminosität errechnete man mit Hilfe der gut verstandenen Bhabha-­‐Streuung , welche sich bei •
•
•
kleinen Winkeln, in diesem Fall von unter 1.5°, gut berechnen lässt. Um die Streuungen bei so geringen Winkeln messen zu können, brachte man nahe am Strahlrohr Kalorimeter an. Breit-­‐Wigner-­‐Fit Der Breit-­‐Wigner-­‐Fit dient bei der Z-­‐Resonanz als gute Näherung. Wie man im Nenner sehen kann verschwindet der linke Summand, wenn die Schwerpunktsenergie der Ruhemasse des Z-­‐Bosons entspricht. An diesem Punkt hat man den Peak der Resonanzkurve, welcher logischerweise genau bei der Masse des Z-­‐Bosons auftritt. Korrekturen Bei Auswertung der Messpunkte müssen vor Allem quantenelektrodynamische Strahlungskorrekturen erster Ordnung berücksichtigt werden. Es kann passieren, dass kurz vor der Kollision durch Bremsstrahlung ein Photon abgestrahlt wird, wodurch die Schwerpunktsenergie verringert wird. Ins Ergebnis mit einbezogen verschiebt sich die Resonanzkurve nach links und wird sogar schmaler, da die gemessene Schwerpunktsenergie oft höher als die tatsächliche Schwerpunktsenergie ist. Andere Einflüsse Zusätzlich wurden im Laufe des Experiments immer wieder neue unerwartete systematische Fehler aufgedeckt. So zum Beispiel spielte der passierende TGV eine Rolle, denn die Erdung des elektrisch betriebenen Hochgeschwindigkeits-­‐Zuges findet über die Schiene statt. Dieser abfließende Strom wiederum störte die Magnetfelder. Auch kam es zu Verformungen des Speicherrings durch die sich ändernde Konstellation von Erde und Mond, sowie dem durch die Jahreszeiten variierenden Wasserstand des Genfer Sees. Ergebnisse und Schlussfolgerungen •
•
•
Ergebnisse der Messung Im Folgenden die kombinierten Ergebnisse des LEP Experiments: Masse und Zerfallsbreite des Z-­‐Bosons und der quadratische Sinus des Weinbergwinkels. Neutrino Generationen Durch die genaue Messung der Resonanzkurve konnte eine sehr genaue Zerfallsbreite ermittelt werden. Die Zerfallsbreite lässt, wie bereits erläutert, Auskunft über das Zerfallsverhalten zu. Mit den hochpräzisen Messungen am LEP lässt sich heute mit sehr großer Sicherheit sagen, dass es nur 3 leichte Neutrinogenerationen geben kann, denn wäre diese Zahl von 3 verschieden, würde sich die Resonanzkurve, wie in der folgenden Abbildung dargestellt, verschieben. Higgs-­‐Boson Masse Durch Auswertung von Strahlungskorrekturen höherer Ordnung und unter Hinzunahme der genau gemessenen Massen vom top-­‐Quark und dem W-­‐Boson kann man Rückschlüsse auf die Masse des bisher experimentell noch nicht nachgewiesenen Higgs-­‐Bosons treffen. Die Masse kann so mit einer relativen Ungenauigkeit von 50% festgelegt werden und liegt mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% unter 285 GeV. Quellen Precision Electroweak Measurements on the Z Resonance http://arxiv.org/pdf/hep-­‐ex/0509008v3.pdf Teilchen und Kerne: Eine Einführung in die physikalischen Konzepte von Bogdan Povh,Klaus Rith,Christoph Scholz,Frank Zetsche Skript von Prof. Dr. Guido Drexlin (2010); Experimentelle Teilchenphysik http://jwenning.web.cern.ch/jwenning/documents/EnergyCal/orbit94.pdf http://www.thphys.uni-­‐heidelberg.de/~wolschin/higgs3.gif http://inkchromatography.files.wordpress.com/2011/12/standard-­‐model.gif http://www.interactions.org/imagebank/images/OT0082M.jpg http://www.symmetrymagazine.org/images/200908/logbook_image.jpg http://keyhole.web.cern.ch/keyhole/accelerators/LEP_aerial.jpg http://www.physik.uni-­‐mainz.de/lehramt/fortbildung/teilchen0297/hepbilder/first_z.gif http://www.atlas.uni-­‐wuppertal.de/~mame/privat/POV-­‐Ray/Sombrero.png http://www.madrimasd.org/cienciaysociedad/ateneo/dossier/particulas/cern/public_web_c
ern_ch/Public/accelerators/tgvplot.gif 
Herunterladen