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Wiener Medizinische Wochenschrift
Wien Med Wochenschr (2006) 156/21–22: 587–595
DOI 10.1007/s10354-006-0276-7
Printed in Austria
Psoriasis Arthritis
Edmund Cauza und Attila Dunky
5. Medizinische Abteilung mit Rheumatologie, Stoffwechselerkrankungen und Rehabilitation, Wilhelminenspital der Stadt Wien,
Österreich
Eingegangen am 12. Oktober 2005, angenommen nach Revision am 14. Februar 2006
© Springer-Verlag 2006
Psoriatic arthritis
Summary. This article presents an overview of psoriatic arthritis, including the origin, genetic influence and
immunologic factors involved in its evolution. The clinical
features of psoriatic arthritis are also reviewed in this article, and a discussion of the diagnosis and treatment is
included. We have highlighted the current psoriasis treatments, new biological therapies, and their use in practice.
This paper reviews the efficacy of these agents, and the
importance of their early appliance. The available published data on the efficacy of antimalarials, sulfasalazine,
methotrexate, azathioprine and ciclosporin are described,
as well as new data on leflunomide and other novel
agents.
Key words: Psoriasis arthritis, therapy, pathogenesis,
clinical features.
Zusammenfassung. Dieser Artikel gibt einen Überblick über Psoriasis Arthritis, in dem die Ätiologie, der
genetische Einfluss aber auch die immunologisch beeinflussenden Faktoren dieser Erkrankung beschrieben werden. Sowohl klinische Parameter als auch diagnostische
Maßnahmen werden in diesem Artikel zusammengefasst.
Es werden aktuelle Therapien diskutiert, ebenso werden
neue biologische Therapien und ihr Einsatz in der täglichen Routine beschrieben. Zusätzlich wird die unterschiedliche Effektivität der verschiedenen krankheitsmodifizierenden antirheumatischen Therapien und die Wichtigkeit eines raschen Einsatzes überprüft. Die publizierten
Ergebnisse über den Einsatz und die Wirksamkeit von
Antimalariamittel, Sulfosalazin, Methotrexat, Azathioprin,
und Cyclosporin ebenso wie Leflunomid und anderen
neuen Wirkstoffen werden beschrieben.
Korrespondenzadresse: OA Dr. Edmund Cauza, 5. Medizinische Abteilung mit Rheumatologie, Stoffwechselerkrankungen
und Rehabilitation, Wilhelminenspital der Stadt Wien, Montleartstraße 37, 1160 Wien, Österreich.
Fax: ++43-1-491502509
E-Mail: [email protected]
Schlüsselwörter: Psoriasis Arthritis, Therapie,
Pathogenese, Klinik.
Einleitung
Die Psoriasis Arthritis oder Psoriasis-Arthropathie (Psoriasis = Schuppenflechte; Arthropathie von griech.
arthron = Gelenk und -pathie = Erkrankung) ist eine
chronische Erkrankung, welche bei 6–39 % der Psoriasis
vulgaris Patienten auftritt [1, 2]. Die neueren Studien
beschreiben jedoch eine Prävalenz, die am oberen Ende
dieses Bereiches liegen dürfte [3]. Etwa zwei Prozent der
Bevölkerung in Europa leiden an einer Psoriasis vulgaris. Die Hautveränderungen können den Gelenksmanifestationen meist (bei ca. 70 %) bis zehn Jahre vorausgehen,
können aber auch gleichzeitig (15 %) oder später auftreten (10 %). Das Verhältnis Männer : Frauen beträgt in
etwa 1:1,3, sodass es im Allgemeinen keinen geschlechtsspezifischen Unterschied der Erkrankung gibt.
Pathogenese
Die Psoriasis-Arthritis ist eine Autoimmunerkrankung,
deren Ursachen noch unbekannt sind. Wahrscheinlich
entsteht sie – wie andere Rheumaerkrankungen auch –
durch genetische Veranlagung.
Die Psoriasis Arthritis geht im Vergleich zur rheumatoiden Arthritis oft mit weniger Gewebsschwellung und
sehr häufig ohne einen Gelenkerguß einher, zusätzlich
werden weniger Makrophagen und eine größere Anzahl
an Blutgefäßen in der Synovialmembran gefunden [4, 5].
Weiters ist für die Psoriasis Arthritis charakteristisch,
dass 91–94 % der Patienten seronegativ sind [6]. Bis vor
kurzer Zeit wurde die Psoriasis Arthritis noch als milde
Erkrankung eingestuft. Dies hat sich in letzter Zeit deutlich geändert und man nimmt an, dass das Ausmaß der
Gelenkschädigungen, und damit die Abnahme der
Lebensqualität mit der der Rheumatoiden Arthritis vergleichbar sind [6, 7].
Eine erbliche Veranlagung gilt als sehr wahrscheinlich, aber es ist bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eindeutig klar, welche Rolle genetische Marker bei der Entwicklung der Psoriasis Arthritis haben [8]. Das Risiko an
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Cauza und Dunky, Psoriasis Arthritis
einer Psoriasis Arthritis zu erkranken ist bei Nachkommen der 1. Generation auf jeden Fall deutlich erhöht [9,
10]. Es gibt mehrere Berichte, bei denen der Nachweis
typischer Gewebsantigene des HLA-Systems Aufschluss
über die Erkrankung geben können. Für diese Annahme
sprechen immungenetische Studien, die Assoziationen
der Psoriasis-Arthritis mit MHC Klasse I Genen zeigen
(HLA-B13, HLA-B16, HLA-B17, HLA-B38, HLA-B39,
HLA-DR4, HLA-DR7 und CW6) [11].
Weiters zeigt das MHC Klasse I verwandte Gen
(MHC class I-related chain; MIC) MICA eine Assoziation mit der Psoriasis [12]. Die Expression der Gene MICA
und MICB, unter anderem im gastrointestinalen Epithelium, wird durch Zellstress induziert. Ihre Moleküle werden durch Rezeptoren auf natürlichen Killerzellen (NKZellen) erkannt [13, 14].Vor allem MICA-A9 dürfte eine
strenge Assoziation mit der Psoriasis Arthritis haben [15].
Eine spezifischere Bedeutung für die Assoziation mit
der Gelenkserkrankung kommt dem HLA-B27 im Hinblick auf die Wirbelsäulenbeteiligung und dem HLA-B39
für polyarthritische Manifestationen zu, Patienten mit
HLA-DR7 zeigen häufig einen peripheren Gelenksbefall
und sind mit einer schwereren Verlaufsform assoziiert
[11, 16, 17]. Bei HLA-DR4 positiven Befunden kommen
häufig Erosionen zur Ansicht. Eine mögliche Bedeutung
eines exogenen infektiösen Agens bzw. eines endogenen
Antigens scheint für die Pathogenese der Psoriasis Arthritis noch sehr umstritten zu sein. Die Tatsache, dass in
Synovialflüssigkeiten von Psoriasis Arthritis Patienten
eine oligoklonale Vermehrung CD8+ zytotoxischer TZellen gefunden wird [18, 19], könnte als Hinweis für
eine virale Pathogenese gedeutet werden. Eine mögliche
pathogenetische Bedeutung einer zytotoxischen Autoimmunreaktion gegen ein spezifisches, möglicherweise
sowohl in der Haut als auch im Gelenk exprimiertes Antigen ist mit einer lokalen Expansion CD8+ T-Zellen
jedoch auch gut verträglich. Ebenso kann auch der Nachweis klonaler Verwandtschaften zwischen T-Zellrezeptoren in Lymphozyteninfiltraten der Haut- bzw. der Synovialmembran gedeutet werden [20]. Neben genetischen
Ursachen scheinen auch mikrobielle Faktoren (wie z. B.
Infektionen durch β-hämolysierende Streptokokken) eine
zentrale Rolle zu spielen [21, 22]. In einigen Studien
konnte ein erhöhter Antikörper-Titer gegen Streptokokken-Antigene gefunden werden [23, 24]. Größtenteils
wurde ein PCR- positiver Befund auf Streptococcus pyogenes und Streptococcus agalactiae im Blut von 9/19
Patienten mit Psoriasis Arthritis verglichen mit 0/17
Patienten mit Rheumatoider Arthritis gefunden [25].
Der pathogenetische Prozess der Psoriasis Arthritis
im Synovialgewebe dürfte durch eine erhöhte Konzentration von T-Zellen und Makrophagen verursacht werden,
die eine Vielzahl an Zytokinen, inklusive den Tumor
Nekrose Faktor-a (TNFα) freisetzt [26]. In mehreren Studien wurden erhöhte Spiegel von proinflammatorischen
Faktoren (IL-1, IL-6, IL-8, IL-10, IL-15 und TNFα)
sowohl in der Synovialflüssigkeit als auch in der Synovialmembran der befallenen Gelenke gefunden [27–32].
Dabei spielt der TNF eine Schlüsselrolle. Dieser verursacht die Synthese von anderen Entzündungsmediatoren
(IL-1, IL-6, IL-8, TGFa), eine Stimulierung von PGE2,
eine Leukotrien-B4-Synthese, eine Aktivierung von Leu-
kozyten und deren Assistenz in Extravasation durch
Upregulation der Adhäsionsmoleküle (E-Selektin), sowie
die Stimulierung von Kollagenase und Metalloproteinasen. Dadurch kommt es zur Aktivierung von Fibroblasten und Neutrophilen, dann zur Apoptose und schlussendlich zur Produktion von Akut-Phase-Proteinen. Diese
Vorgänge führen zur Gelenksentzündung und langsamen
Gelenksdestruktion [33–36].
Klassifikation und Diagnose
A. Klassifikation und klinische Veränderungen
Eindeutige und international anerkannte Diagnosekriterien für die Psoriasis-Arthritis gibt es derzeit noch nicht.
Die von den englischen Autoren Moll und Wright vorgeschlagenen Kriterien unterscheiden 5 Erscheinungsformen [37]. Der klinische Verlauf ist sehr variabel, so dass
auch Mischformen zwischen peripherer Gelenks- und
Wirbelsäulenbeteiligung vorkommen
• distale Fingergelenksarthritis (Abb. 1)
• Arthritis mutilans (Abb. 2) mit Sakroiliitis
• symmetrische Polyarthritis (Abb. 3,4)
• asymmetrische Oligoarthritis und (Abb. 5)
• ankylosierende Spondylitis mit/ohne peripherer
Arthritis.
Der schubweise Verlauf zeigt auch immer wieder
Phasen relativer Beschwerdefreiheit. Der Großteil der
Betroffenen einer Psoriasis Arthritis leidet an einer asymmetrischen, schmerzhaften Schwellung von ein bis vier
Abb. 1. distale Fingergelenksarthritis
Abb. 2. Arthritis mutilans
Cauza und Dunky, Psoriasis Arthritis
Abb. 3. symmetrische Polyarthritis
Abb. 6. Daktylitis der Großzehe („Wurstzehe“)
Abb. 4. symmetrische Polyarthritis
Abb. 7. Enthesitis Achillessehne
Abb. 5. asymmetrische Oligoarthritis mit Daktylitis („Wurstfinger“)
Gelenken (Oligoarthritis). Bevorzugt erkranken einzelne
Finger- oder Zehengelenke. Eine typische Manifestation
dieser Verlaufsform ist die Daktylitis (Abb. 5) d. h. eine
Schwellung nicht nur einzelner Gelenke, sondern eines
ganzen Fingers („Wurstfinger“) oder einer ganzen Zehe
(„Wurstzehe“) (Abb. 6). Hierbei ist neben dem Endgelenk auch Mittel und Grundgelenk eines Strahls betroffen, sowie gleichzeitig eine Tenosynovialitis der Flexorensehnenscheiden.
Seltener wird eine Form beobachtet, bei der die
Gelenke symmetrisch betroffen sind (symmetrische pso-
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riatische Polyarthritis). Das klinische Bild kann oft kaum
von einer rheumatoiden Arthritis unterschieden werden.
In bis zu einem Drittel aller Fälle sind auch die
Gelenke der Wirbelsäule oder die Kreuzbein-Darmbeingelenke betroffen (axialer Typ). Diese Form tritt bei Männern etwas häufiger als bei Frauen auf. Oft wird diese
Form der psoriatischen Gelenksentzündung mit einer
Spondylitis ankylosans verwechselt.
Selten kommt es zu einem schweren Verlauf mit
einer starken Schädigung der Gelenke, die infolge zu
einer Zerstörung der betroffenen Gelenke führt (Arthritis
mutilans). Hier kann es zu einer Verkürzung und einem
„Einschrumpfen“ der Finger kommen („Teleskop-Finger“). Schwere Verkrüppelung und Behinderung sind die
Folge.
Die Erkrankung ist allerdings nicht nur auf Knochen,
Gelenke und Wirbelsäule beschränkt, sondern kann auch
die Weichteile befallen, z. B. die Sehnen und Sehnenansätze (Enthesitis), Bursitis, oder Bandveränderungen. Die
Manifestation an Sehnenansätzen, Bandansätzen und
Kapselansätzen ist typisch für die Psoriasis Arthritis und
wird als Enthesiopathie bezeichnet (von gr. Enthesis =
Ansatzpunkt) (Abb. 7). Neben den typischen Veränderungen am Bewegungsapparat können auch extraartikuläre
Manifestationen bestehen [38].
Es werden verschiedene Psoriasisformen (Psoriasis
vulgaris, Psoriasis inversa, Psoriasis palmaris pustulosa
590
Cauza und Dunky, Psoriasis Arthritis
Proliferative Veränderungen an den Basen der Endphalangen, der Nagelplatte und den Metacarpalköpfchen
(sogenannte Protuberanzen, Wollkragen)
Diaphysäre Periostossifikationen an den Phalangen
Fehlende gelenksnahe Osteoporose
(Sub)Luxationen, groteske Mutilationen
Entzündliche Enthesopathien mit kapsulärer Fibroostitis
(z. B. Trochanter, Patella, Calcaneus)
Achsenskelett
Abb. 8. psoriatische Nagelveränderungen
Sakroiliitis (häufiger auch einseitig)
Spondylitis: im Gegensatz zur klassischen ankylosierenden Spondylitis überwiegen segmentale und asymmetrische Veränderungen,
selteneres Auftreten marginaler Syndesmophyten
Paravertebrale Ossifikationen
Hyperostosen an der Vorderseite der Wirbelkörper (insbesondere bei schwerem HWS-Befall).
Therapeutische Möglichkeiten
Die medikamentösen Behandlungsstrategien der Psoriasis Arthritis orientieren sich grundsätzlich an den bei der
rheumatoiden Arthritis bzw. der Spondylitis ankylosans
etablierten. Neben nicht steroidaler Antirheumatika
und/oder Kortikosteroiden ist eine systemische Therapie
mit sog. „disease modifying antirheumatic drugs
(DMARD’s)“ zur Standardtherapie geworden. Systemisch verabreichte Glukokortikoide können zwar die
Hautsymptomatik bessern, jedoch um den Preis einer
nach Dosisreduktion bzw. Absetzen heftigen ReexazerbaAbb. 9. psoriatische Nagelveränderungen
oder palmoplantaris unterschieden, wobei besonders auf
eine „verstecke Psoriasis“ mit nur geringem Hautbefall
(Nabel, Rima ani, retroauriculär) zwecks Diagnosestellung zu achten ist. Neben Nagelveränderungen (Abb. 8,9)
(so genannte Ölnägel) die im Sinne einer Verhornungsstörung zu interpretieren sind oder Tüpfelnägel (grübchenförmige Einsenkung der Nägel) oder Onycholysen,
können Augenveränderungen aber auch viszerale Manifestationen (selten Amyloidosen oder Myositis) auftreten.
B. Radiologische Veränderungen
Das Besondere an der Psoriasis-Arthritis ist auch die
ungewöhnliche Kombination verschiedener Gelenks- und
Knochenveränderungen: Gelenkhautentzündung, die Produktion knochenabbauender Zellen und Knochenneubildung können gleichzeitig auftreten. Es kommt somit zu
einem Nebeneinander von reparativen und destruktiven
Veränderungen im Bereich der Gelenke. Der Knochen
kann sich bei der Psoriasis Arthritis so weit auflösen, dass
Gelenke so aussehen, als ob ein Bleistift in einer Schale
stehen würde (Pencil-in-cup) (Abb. 10,11) [37, 38]. Typische Lokalisationen, bzw. Veränderungen können in der
Röntgendiagnostik erfasst werden:
Periphere Gelenke
Asymmetrische Veränderungen
Osteolysen mit Pencil-in-cup-Phänomen (Abb. 10, 11),
abgelutschte Phalangenenden, Ankylosen
Abb. 10. Pencil-in-cup-Phänomen
Cauza und Dunky, Psoriasis Arthritis
591
die Wirkung auf die Psoriasis vulgaris nicht so ausgeprägt wie unter Cyclosporin. Sulfasalazin wirkt bei der
Psoriasis-Arthritis offensichtlich recht schnell. In der Studie [44] wird über einen Wirkungseintritt bereits nach 4
Wochen berichtet. Trotz Verbesserung des funktionellen
Index ist jedoch, wie auch bei allen anderen klassischen
Basistherapeutika, bei Patienten mit seroneg. Spondylarthropathie mit keiner positiven Beeinflussung der strukturellen Veränderungen im WS-Bereich zu rechnen.
Cyclosporin
Abb. 11. Nebeneinander von osteoproliferativen und destruktiven Veränderungen
tion, so dass eine kritische Indikationsstellung erfolgen
sollte. Bei rasch progredienten Verläufen stellen sie
jedoch als ultima Ratio und in der Überbrückung der
Latenzphase bis zum Wirkungseintritt einer in Schubphasen neu initiierten DMARD-Behandlung eine wertvolle
Säule der Therapie dar.
Cyclosporin (Sandimmun®) ist das erste wirkungsspezifische Immuntherapeutikum, das nicht über Zellteilungsmechanismen wirkt und seinen Effekt über die Hemmung
der IL-2-Synthese ausübt. Cyclosporin kann bei therapierefraktären Formen einer Psoriasis Arthritis erwogen
werden. Es führt in initialen Dosierungen zwischen
2,5–5 mg/kg/Tag zu einer raschen Besserung der Hautsymptomatik und einer Attenuierung des Gelenksbefalls
[45]. Cyclosporin ist effektiver als Sulfasalazin, führt
allerdings zu toxischen Nebenwirkungen, die dessen
Anwendung limitieren (Niereninsuffizienz) [43].
Azathioprin
A. Disease modifying antirheumatic drugs
(DMARD)
Für Azathioprin (Imurek®) sind ebenfalls Wirksamkeiten
in der Therapie der Arthritis psoriatica beschrieben,
jedoch ist die publizierte Datenlage dazu relativ spärlich.
A: Die angewendeten DMARD’s in der Behandlung der
Psoriasis Arthritis sind neben Methotrexat, Sulfasalazin,
Cyclosporin, Azathioprin und Leflunomid.
Resochin
Methotrexat
Am häufigsten wird Methotrextat (Methotrexat®, Ebetrexat®) in einer Dosierung von 5–25 mg als Einmaldosis
pro Woche eingesetzt. Der Wirkeintritt ist meist nach vier
bis zwölf Wochen erreicht. Zusätzlich zur Methotrextat
(MTX) Therapie empfiehlt sich eine begleitende Folsäuresubstitution. MTX wurde bereits 1960 in der Behandlung der Psoriasis erfolgreich eingesetzt, einige wenige
kontrollierte Studien konnten die Effektivität dieser Therapie auch bei Psoriasis Arthritis belegen. Die Wirksamkeit von MTX ist jedoch bei Psoriasis Arthritis im Gegensatz zur Rheumatoiden Arthritis studienmäßig nur sehr
schwach dokumentiert. Einige Plazebo-kontrollierte Studien bewiesen eine Verbesserung der Krankheitsaktivität
bei Hochdosis MTX-Therapien [39, 40] ganz im Gegensatz zum Niedrig-Dosis-Regime [41].
Sulfasalazin
Die ersten Studien zum Einsatz von Sulfasalazin (Salazopyrin®) zur Behandlung der Psoriasisarthritis datieren
auf die späten 80er Jahre [42]. Mittlerweile liegen eine
Anzahl von randomisierten, kontrollierten klinischen Studien vor, die ebenso wie bei der chronischen Polyarthritis eine gute Wirksamkeit und gleichzeitig gute Verträglichkeit von Sulfasalazin auch für die Psoriasisarthritis
belegen. Laut einer Vergleichsstudie [43] mit Cyclosporin und Plazebo verbesserte sich unter Sulfasalazin nicht
nur der Spondylitis functional index (Index für die Funktionskapazität im Hinblick auf die Wirbelsäule), sondern
auch die Blutsenkung. Allerdings war erwartungsgemäß
Antimalariamittel sollten nur äußerst zurückhaltend eingesetzt werden, da Induktionen von Hautexazerbationen
auch in Form akuter Erythrodermien bis hin zur Dermatitis exfoliativa beschrieben wurden.
Leflunomide
Eines der neueren Basistherapeutika ist Leflunomid
(Arava®). Der aktive Metabolit A771726 von Leflunomid
hemmt das Enzym Dihydroorotatdehydrogenase
(DHODH) und zeigt eine antiproliferative Wirkung.
Begonnen wird die Behandlung mit 100 mg einmal täglich über 3 Tage, danach beträgt die Erhaltungsdosis 10
bis 20 mg einmal täglich. Die therapeutische Wirkung ist
nach 4–6 Wochen zu erwarten. Aufgrund der hepatotoxischen und hämatotoxischen Nebenwirkung sind engmaschige klinische und laborchemische Kontrollen nötig.
Die Effektivität von Leflunomide in der Therapie der
Psoriasis Arthritis wurde bereits in einigen Studien mit
kleiner Fallzahl bestätigt [46, 47].
Grundlage für die Zulassung dieser Substanz war
eine Studie mit 190 Patienten, die an einer aktiven
Gelenksentzündung im Rahmen ihrer Psoriasis litten. Die
Haut der Studienteilnehmer war ebenfalls erheblich
betroffen (mindestens 3 % der Oberfläche). Die eine
Hälfte der Patienten wurde mit Leflunomid behandelt, die
andere Hälfte erhielt ein Plazebo. Nach 24 Behandlungswochen waren in der Leflunomid-Gruppe sowohl die
Haut als auch die Gelenke deutlich besser, als in der Plazebo-Gruppe. 59 % der mit Arava behandelten Patienten
zeigte nach Abschluss der 24-wöchigen Therapiephase
ein Ansprechen im PsARC, dagegen nur 29,7 % in der
Plazebo-Gruppe (p < 0.0001). Bei 36 % der Patienten
592
Cauza und Dunky, Psoriasis Arthritis
kam es unter Leflunomid zu einer ACR-20-Response
gegenüber 20 % unter Plazebo (p < 0.02). Die Hautmanifestationen verbesserten sich im Median unter Arava um
24 %, hingegen war der Befund nach 24 Wochen unter
Plazebo unverändert (p < 0.003) [48].
B. Neue biologische Therapieformen
(sog. Biologicals)
Eine neue Ära in der Therapie der Psoriasis Arthritis hat
mit der Entwicklung von TNF blockierenden Substanzen
begonnen. Diese Medikamentenklasse der Biologicals
unterscheidet sich vollkommen von allen bislang in der
Rheumatologie zum Einsatz kommenden Therapieformen.
Infliximab
Remicade® ist ein chimerischer monoklonaler IgG1 Antikörper, der spezifisch und irreversibel sowohl das gelöste als auch das membrangebundene TNF-α bindet, welches eine entscheidende Rolle bei rheumatoider Arthritis,
Morbus Crohn, Spondylitis ankylosans, Psoriasis vulgaris und Psoriasis Arthritis spielt.
Die Therapie mit Infliximab in Kombination mit
Methotrexat zeigte in einigen Studien eine signifikante
Verbesserung der Gelenkschmerzen, Schwellung und
Morgensteifigkeit [49–51].Außerdem führte Infliximabtherapie zu einer signifikanten Reduktion der psoriatischen Plaques, gemessen durch den PASI Score (Psoriasis area and severity index) [51–53].
Es kam sowohl zum Abfall der Entzündungsparameter [53], als auch zur Abnahme der intraartikulären Entzündungsaktivität gemessen durch MRT-Aufnahmen [54].
Die entscheidende Studie für die Zulassung war die
Studie namens IMPACT. In der IMPACT-Studie (Infliximab in Patients with Active Psoriatic Arthritis) [55], einer
plazebokontrollierten Multicenterstudie, erhielten 102
Patienten mit aktiver Psoriasis Arthritis randomisiert entweder eine Infliximab-Infusion von 5 mg/kg Körpergewicht oder Plazebo – zum Studienbeginn sowie nach 2,
6 und 14 Wochen. Nach 16 Wochen erreichten 65 Prozent der Patienten unter TNF-α-Blockade eine Besserung
gemäß den ACR-20-Kriterien. Dies bedeutet eine 20-prozentige Abnahme klinischer Symptome, nur 8 Prozent in
der Plazebogruppe erfüllten diesen primären Studienendpunkt. Bei etwa der Hälfte der mit Infliximab behandelten Patienten verbesserte sich die Gelenksymptomatik um
50 Prozent, bei knapp einem Drittel um 70 Prozent. Unter
Plazebo erreichte kein Patient die ACR-50- oder ACR70-Zielmarke.
78 Studienteilnehmer litten überdies an Psoriasis der
Haut. Die Infliximab-Therapie verbesserte den Hautbefund um durchschnittlich 81 Prozent, während er sich
unter Plazebo weiter verschlechterte.
Nach Beendigung der plazebokontrollierten Phase
wurden die Patienten 2 Jahre offen weiter behandelt,
wobei sie alle acht Wochen eine Infusion erhielten. Bis
zur 50. Woche traten keine opportunistischen Infektionen
oder Tuberkulosefälle auf.
Diese offene, zweijährige Verlängerung mit Gabe
von Infliximab bei Psoriasis Arthritis (IMPACT) ergab,
dass beinahe 62 % der mit Infliximab (REMICADE®)
behandelten Patienten (n = 78) eine anhaltende, mindestens 20 %ige Verbesserung der Arthritis-Symptome zeigten. Auch im 2. Studienjahr wurde bei den Patienten unter
Infliximab-Therapie eine anhaltende Verbesserung der
Psoriasis-Symptomatik festgestellt.
Nach 98-wöchiger Behandlungsdauer erzielten 64 %
der Patienten (n = 25) mit einem Ausgangswert von mindestens 2,5 im PASI eine signifikante und anhaltende
Verbesserung der Hauterscheinungen um 75 % (PASI-75)
[54]. 200 Patienten nahmen an der Studie IMPACT II teil.
Sie hatten seit mindestens sechs Monaten eine Psoriasis
Arthritis und sprachen ungenügend auf NSAR oder
Basistherapeutika an.
In dieser Studie sorgte Infliximab in einem Beobachtungszeitraum von 24 Wochen bei fast einem Drittel der
Patienten für eine 70prozentige Verbesserung von Arthritis-Symptomen (gemäß den ACR 70-Kriterien des American College of Rheumatology), verglichen mit nur 2
Prozent der Plazebo-Patienten [56].
Die Halbwertszeit des Medikamentes beträgt etwa
7–10 Tage. Die Verabreichung erfolgt intravenös über
eine Dauer von ca. 2 Stunden in einer Dosierung von
5 mg/kg Körpergewicht. Die Behandlung wird nach 2
und 6 Wochen und danach alle 6–8 Wochen durchgeführt.
Je nach klinischem Befund und Beschwerdebild kann das
Zeitintervall verkürzt oder die Dosierung auf 5–10 mg/kg
Körpergewicht gesteigert werden.
Bei einer Monotherapie wurde nach einigen Infusionen eine Antikörperbildung gegen den murinen Eiweißanteil beobachtet, die zu einem Wirkungsverlust führen
kann. Eine gleichzeitige Gabe von Methotrexat ist daher
günstig.
Etanercept
Etanercept (Enbrel®) ist ein löslicher TNF Rezeptor, der
kompetitiv TNF bindet. Etanercept in Kombination mit
Methotrexat führt ebenso zu einer klinisch signifikanten
Verbesserung der Gelenkschmerzen, Schwellungen und
Morgensteifigkeit wie auch zu einer signifikanten Reduktion der serologischen Entzündungsparameter.
In einer Plazebo-kontrollierten, randomisierten Studie von Mease zeigten 73 % Patienten nach einer 3monatigen Therapie eine Verbesserung der ACR 20 Kriterien, verglichen mit nur 13 % in der Plazebo behandelten Gruppe. Die mittlere Verbesserung des PASI-Scores
war 46 % in der Etanercept versus 9 % in der Plazebo
Gruppe. Im einem weiteren Gelenkscore, den Psoriasis
Arthritis Response Criteria (PsARC) wurde in > 80 % in
der Behandlungsgruppe und 22 % der Plazebogruppe
nach 12 Wochen erreicht. Eine Verbesserung der Psoriasis Aktivität Pasi 75 wurde in 23 % der Etanerceptgruppe gemessen, in der Plazebogruppe konnte kein Patient
diese Verbesserung erreichen [57].
Eine rezente Studie zeigte eine signifikante Verbesserung der Entzündungsaktivität bei therapieresistenten
Formen der Psoriasis Arthritis, wenn die bereits bestehende Therapieform (Methotrexat, Acitretin, UVB, PUVA)
mit Etanercept kombiniert wurde [58].
Etanercept wird als subkutane Injektion 25 mg
2×/Wo verabreicht.
Cauza und Dunky, Psoriasis Arthritis
C. Adalimumab
Adalimumab (Humira ) ist der erste vollständig humane
monoklonale Antikörper gegen TNF-α, der zur Behandlung der Psoriasis Arthritis in Österreich zugelassen ist.
Humira wird vom Patienten alle zwei Wochen mit einer
fertig vorgefüllten Spritze selbst unter die Haut gespritzt.
ADEPT (Adalimumab Effectiveness in Psoriastic Arthritis Trial) die Zulassungsstudie wurde placebokontrolliert,
doppelblind durchgeführt und die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Humira® bei 313 Erwachsenen mit mäßiger bis schwerer, aktiver Psoriasis Arthritis untersucht.
Alle Studienteilnehmer erhielten für sechs Monate jede
zweite Woche eine subkutane Injektion mit Adalimumabin der bei rheumatoider Arthritis üblichen Dosierung von
40 mg. Die Hälfte der Patienten bekamen zusätzlich
Methotrexat. Nach 12 Wochen verringerten sich die
Gelenkbeschwerden in 58 Prozent der Patienten
(ACR20); mit Placebo war dies nur bei 14 Prozent der
Patienten der Fall. Nach 24 Wochen erfüllte fast ein Viertel die ACR 70-Kriterien. 69 der Patienten in der Studie
hatten eine Psoriasis, die mehr als drei Prozent der Körperoberfläche befallen hatte. 42 Prozent von ihnen wiesen nach 24 Wochen eine Verbesserung der Psoriasis vulgaris um 90 Prozent auf [59].
®
Nebenwirkung und Risken der TNF-Therapien
TNF-α-Blocker sind bei Patienten mit Tuberkulose oder
anderen schweren Infektionen kontraindiziert. Eine
Tuberkulose muss vor der Therapie ausgeschlossen werden. Dabei handelt es sich in der Regel um eine Reaktivierung einer bereits vorhandenen, latenten Tuberkulose.
Deshalb muss vor Beginn der TNF-α-Blocker Therapie
ein Haut-Test auf Tuberkulose durchgeführt werden.
Sollten schwere Infektionen oder eine Sepsis auftreten
muss die Therapie abgesetzt werden. Ein regelmäßiges
Therapie- und Sicherheits-Monitoring sollte durch einen
Facharzt für Rheumatologie, der eine entsprechende
Erfahrung bei der Behandlung der Psoriasis Arthritis und
bei der Anwendung von biologischen Medikamenten
besitzt, durchgeführt werden.
Weiters sollen TNF-α-Blocker bei Patienten mit
einer Herzinsuffizienz NYHA Grad III/IV nicht angewendet werden. Eine bestehende Herzinsuffizienz NYHA
Grad I/II kann sich unter Therapie verschlechtern. Ebenso wurden unter TNF-α-Blocker Therapien Anämie, Panzytopenien, demyelinisierende Erkrankungen und ein
Transaminasenanstieg beschrieben. Ein Auftreten von
Malignomen (meist lympho-proliferative Erkrankungen,
davon vor allem Non-Hodgkin-Lymphome) wird diskutiert. Unter Etanercept und Adalimumab kann es an der
Einstichstelle zu Injektionsreaktionen kommen, die aber
in der Praxis nur kurz und ohne Folgen sind.
Weitere Kontraindikation ist eine manifeste Tumorerkrankung, eine relative Kontraindikation stellt eine
positive Tumoranamnese dar.
Onercept
Onercept ist ein rekombinanter, nicht modifizierter, voll
humanisierter, löslicher TNF-Rezeptor des Typs I (p55),
dessen Wirkungsweise auf einer Blockade von TNF
beruht. In einer Phase II Doppelblindstudie (multizen-
593
trisch, plazebo-kontrolliert) zur Behandlung der Psoriasis
Arthritis wurde Onercept zwölf Wochen lang in Dosierungen von 50 mg bzw. 100 mg dreimal wöchentlich bei
126 Patienten subkutan verabreicht. Der ACR-20-Endpunkt wurde von 67 % der Patienten unter Onercept
erreicht, gegenüber 31 % der Patienten unter Plazebo
(p = 0,001). In beiden Gruppen wurden ähnliche Nebenwirkungen verzeichnet. In den Onercept-Gruppen traten
vermehrt Irritationen an der Einstichstelle auf [60].
Neue Therapieansätze
A. Anakinra
Der Interleukin 1 Rezeptorantagonist Anakinra (Kineret®)
ist im Moment für die Therapie der Psoariasis Arthritis
nicht zugelassen.
B. Efalizumab
Efalizumab (Raptiva®) ist ein T-Zellmodulator und
hemmt die Aktivierung der T-Zellen, die für die Entzündungsreaktion eine wichtige Rolle spielen und möglicherweise für die Entstehung der Psoriasis mitverantwortlich
sind.
Eine 12 Wochen dauernde Phase II Studie an 107
Patienten mit Psoriasis Arthritis zeigte keine statistisch
signifikanten Unterschiede zwischen der Behandlungsund der Plazebogruppe [61].
C. Alefacept
Alefacept (Amevive®) verhindert wie Efalizumab die TZellaktivierung durch die Blockierung der Interaktion mit
der T-Zelle mit der antigenpräsentierenden Zelle. Das
Fusionsprotein aus IgG1 führt zur NK-zellvermittelten
Apoptose von CD45RO+ Memoryzellen [62, 63]. Somit
wird nicht nur eine Verringerung der T Zellaktivierung,
sondern auch eine Toleranz-induktion diskutiert. Bei der
Psoriasis vulgaris konnte in Doppelblindstudien wie für
Efalizumab eine Effektivität nachgewiesen werden [64].
D. Abatacept
Abatacept, ist ein rekombinantes Molekül, das mit der
Aktivierung von T-Zellen interferiert und so die destruktive Immunreaktion in den Gelenken bremsen soll. In
einer Phase-III-Studie erhielten 652 Patienten mit aktiver
RA zusätzlich zu MTX 10 mg/kg Abatacept oder Plazebo. Die radiologischen Zeichen einer Rheumatoiden
Arthritis entwickelten sich unter Abatacept langsamer als
unter Plazebo. Studien für Psoriasis Arthritis werden
erwartet [65].
IL 15
Anti-IL15 ist ein vollständig humaner Antikörper der in
einem frühem Stadium einer Ablaufkette erscheint, die
letztlich zur Entzündungskrankheit führt. IL-15 induziert
sowohl die Produktion des TNF-α, der sich als entscheidender Faktor bei Entzündungsreaktionen erwiesen hat,
als auch die Aktivierung von entzündungsfördernden TZellen.
In einer kleinen Phase II Studie konnten bereits erste
positive Ergebnisse gezeigt werden [66].
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