Karriere mit Solarkraft

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4 — Südtiroler Wirtschaft
Südtiroler Wirtschaftszeitung — Nr. 35 | 11 — Freitag, 16. September 2011
Unternehmerporträt – Gert Gremes hat mit seiner Firma Tecno
Spot eine Umsatzsteigerung von 380 Prozent auf 148 Millionen erzielt
Karriere mit Solarkraft
Der Brunecker Gert Gremes war bereits als junger Mann unternehmenslustig, und er hat vor gut
20 Jahren auf ein damals noch unbekanntes Pferd gesetzt, nämlich die Fotovoltaik. 2010 ist ihm
mit der Tecno Spot GmbH der Sprung in die Top-50 der Südtiroler Unternehmen gelungen.
Bruneck – Gert Gremes liebt das Pustertal, seine Heimatstadt Bruneck und
deren Hausberg, den Kronplatz. Aber
zu Hause ist er nicht mehr so oft. Jeden Monat f liegt er in die USA, denn
in Los Angeles muss er seinem jüngsten Kind, der Tecno Spot Solar Inc., das
Laufen beibringen; er reist regelmäßig
nach China, wo sich eine geballte Macht
an Herstellern befindet und wo zuletzt
so viele Fotovoltaikanlagen wie sonst
nirgends auf der Welt ans Netz gegangen sind; und er ist in Italien unterwegs, wo seine Firma ein dichtes Händlernetz unterhält, besucht Lieferanten
in Deutschland oder schaut wieder einmal bei der zweiten Tochter vorbei, der
Ge-Tec GmbH in Lienz. Einsatz an vielen Fronten ist gefragt, denn seine Tecno Spot GmbH, die Handel mit Komponenten von Fotovoltaikanlagen beHandel mit
treibt, hat sich in
Komponenten
von PV-Anlagen den letzten Jahren
rasant entwickelt,
und im vergangenen Jahr ist ein gewaltiger Umsatzsprung von 39 auf 148 Millionen Euro gelungen. Damit hat sich
das Unternehmen auf Platz 23 der umsatzstärksten Unternehmen in Südtirol
katapultiert und Schlagzeilen gemacht,
zumal trotz der Geschäftsausweitung
ein Bilanzgewinn von über sechs Millionen Euro ausgewiesen wurde. Der
konsolidierte Umsatz der Gremes Distribution GmbH, über die Gremes 62
Prozent der Tecno Spot hält (den Rest
hält er persönlich) betrug gar 155 Millionen. Den Firmenchef hat das alles ein
wenig erschreckt, „denn es gibt leider
immer Neider, und was 2010 war, ist
ja nicht immer so gewesen.“
Dass es nicht immer so war, ist offensichtlich, denn die Geburt und die
ersten Jahre der Tecno Spot waren ganz
unspektakulär. Gert Gremes, Jahrgang
1964, wollte nach Abschluss der Pflichtschule nicht an eine Oberschule und
startete mit 14 seine beruf liche Laufbahn als Elektrolehrling bei der Firma Elektro Leitner in Bruneck. Nach
dem Militärdienst begann ein allmählicher beruf licher Aufstieg zum Leiter
des technischen Büros (Planung, Bauleitung) bei Leitner, und die Kenntnisse holte er sich, indem er in der Abendschule nachholte, was er zuerst verschmäht hatte: die Matura der Gewerbeoberschule, Fachrichtung Elektronik.
1987 kam Gremes erstmals in Kontakt mit einer damals noch jungen
Technik, der Fotovoltaik, sprich: der
Produktion von elektrischer Energie
mit Hilfe des Sonnenlichts. Er las in
einer Fachzeitung darüber und lernte dann einen Diplomphysiker aus
Deutschland kennen, der ihm weitere
Erläuterungen gab. Lesen bildet eben,
und kommunikative, für Neues aufgeschlossene Menschen bauen Kontakte
auf, die sie auch beruf lich gut nutzen
können. Parallel zu seiner Haupttätig-
Gerd Gremes
chen und begann neben seiner Arbeit
mit einer zweiten Tätigkeit. Am Ende
des Experiments stand, so Gremes, „ein
Deal mit Leitner, nämlich die Gründung eines gemeinsamen Unternehmens.“ Um Kosten zu sparen, wurde
auf eine bereits gegründete, aber nicht
aktiv gewordene Firma zurückgegriffen, die Tecno Spot GmbH, deren Gesellschaftszweck ursprünglich eigentlich die Lichtplanung gewesen war, wie
der Name verrät. Leitner und Gremes
hielten je 50 Prozent, und 1998 erfolgte
der Start, mit Gert Gremes als einzigem
Aktiven und Firmensitz im Betriebsgebäude seines Partners. „Ich war von Beginn an viel in Italien unterwegs, denn
während die Fotovoltaikbranche etwa
Die Tecno Spot GmbH hat sich in den letzten
Jahren rasant entwickelt, und im vergangenen Jahr ist ein gewaltiger Umsatzsprung
von 39 auf 148 Millionen Euro gelungen.
keit bei seinem Arbeitgeber betreute er
seinen Worten zufolge dort auch den
Aufbau einer Fotovoltaiksparte. Bei einer Veranstaltung in Deutschland lernte er dann den Leiter der Solarsparte von
Siemens kennen, und dieser sprach ihn
auf den Plan an, Siemens-Module in Italien zu verkaufen. Damals waren Fotovoltaikanlagen hauptsächlich für Insellösungen konzipiert, etwas für Schutzhütten ohne Stromversorgung. Gremes
hat unter anderem Anlagen für die Similaun- und die Rieserfernerhütte geplant und montiert.
Der junge Mann erkannte die Chance, sich im Handel selbstständig zu ma-
in Deutschland schon recht stark entwickelt war und es dort eine Reihe von
namhaften Herstellern gab, steckte sie
in Italien noch in den Kinderschuhen,
und ich gehörte zu einer Handvoll Fachleuten in diesem Sektor“, erinnert sich
Gremes. Das junge Unternehmen etablierte sich deshalb zu Beginn auf dem
italienischen Markt außerhalb Südtirols
und konnte dabei auf einem Vorsprung
an Know-how bauen, der mit dazu beigetragen hat, dass Tecno Spot sich den
Ruf erwarb, versiert und verlässlich zu
sein, zumal das Unternehmen Produkte des oberen Qualitätslevels vertreibt.
Ausdruck dieses Wissensvorsprungs ist
der Umstand, dass Gremes 1999 zu den
Gründungsmitgliedern des „Gruppo Imprese Fotovoltaiche Italiane“ (GIFI) innerhalb der ANIE („Federazione Nazionale Imprese Elettrotechniche ed Elettroniche“) gehörte, die der Confindustria angehört. Später, von 2006 bis 2010,
war Gremes sogar Präsident des Fotovoltaikverbandes und gehört heute noch
dem Vorstand an. In dieser Eigenschaft
hat er an der Ausarbeitung der verschiedenen Förderungsregeln („Conto Energia“ I bis IV) und von technischen Normen mitgewirkt.
Aber zurück zur Tecno Spot. Bis 2005
ging es auf einem wachsenden Markt
langsam, aber stetig nach oben. Dann
gab es aber Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Gesellschaftern, die schließlich zu einer Trennung
führten. Gremes übernahm die gesamten Anteile, wie er erzählt. Der Schnitt,
der gemacht wurde, scheint nicht traumatisch gewesen zu sein, trotzdem aber
die eine oder andere kleine Narbe hinterlassen zu haben.
Im Jahr 2006 zog Gremes mit seiner
Firma, die inzwischen zehn Mitarbeiter
beschäftigte, aus und ließ sich ganz in
der Nähe in angemieteten Räumen bei
der Firma Intercable nieder. Der stark
expandierende Markt trieb das Wachstum, und bis 2008 stieg der Umsatz auf
55 Millionen. „Ich habe von Beginn an
versucht, das Unternehmen industriell
zu organisieren – in Bezug auf die Abläufe, das Controlling oder auch die Zusammenarbeit mit den Banken, die von
großer Offenheit geprägt war, was es
besser erlaubt, auf jene Liquidität zurückgreifen zu können, die es braucht,
um zu wachsen.“ In diese Strategie gehört auch die Entscheidung, die Logistik nicht selbst im etwas abseits gelegenen Bruneck aufzubauen, sondern
aus Kostengründen auszulagern. „Wir
haben damit die Firma Brigl betraut,
und nach unvermeidlichen Anlaufschwierigkeiten läuft heute fast alles
reibungslos; unser Partner hat Lagerflächen, arbeitet mit unserer Software
und mit Mitarbeitern, die bei uns ausgebildet wurden, und die Abläufe sind
stark automatisiert.“
noch: Bis 2012 muss das Unternehmen
in Los Angeles schwarze Zahlen schreiben, sonst müssen wir überlegen, was
zu tun ist.“
Und wie geht es weiter? Das Jahr
2011 hat verhalten begonnen, zumal
die Förderungen für einige Zeit blockiert waren, große Unsicherheit erzeugt wurde und die Einspeisevergütungen dann gesenkt wurden. Aber es gibt
auch nach dem Ende des Booms noch
eine recht rege Nachfrage, auch wenn
der Preisdruck immer stärker wird und
die Margen leiden. „Es geht jetzt darum,
das Unternehmen zu konsolidieren, in
einer angepassten Dimension weiter zu
wachsen und vor allem wettbewerbsfähig zu bleiben, denn neue große Unternehmen versuchen, Marktanteile
zu gewinnen, und so manche Pioniere
mussten bereits das Handtuch werfen.
Anderseits ist es eine Tatsache, dass Fotovoltaik bei Neubauten zum Standard
geworden ist.“
Die Firma Tecno Spot ist heute ein
Unternehmen mit einer beachtlichen
Dimension. Ihr Chef ist Techniker und
hat vor allem technische Kenntnisse.
Hat er nie ein Defizit in betriebswirtschaftlichen Kenntnissen verspürt?
„Ich habe immer schon gut organisieren können, was ein großer Vorteil ist.
Aber natürlich wäre es oft vorteilhaft
gewesen, mehr über Betriebsführung
zu wissen. Allerdings bin ich überzeugt,
dass technische Kenntnisse in unserer
Branche wichtiger sind, und wo ich Defizite in einzelnen Managementaufgaben gesehen habe, konnte ich diese
durch den Einsatz von Beratern, in meinem Fall Matt & Partner, wettmachen.
Führungskompetenz kann man nicht
zukaufen, technische Kompetenz mit
Abstrichen, am leichtesten ist es, Hilfe
bei der Bewältigung einzelner Sachfragen in der Betriebsführung zu finden.“
Gert Gremes hat in den letzten gut
zehn Jahren sein Herzblut in die Tecno Spot investiert, das ist offensichtlich. Und das Privatleben, Familie, Freizeit? Gremes ist Realist. „Wer ein Unternehmen auf- und ausbaut, steckt
im bekannten Hamsterrad und kommt
da nicht so einfach
heraus. Man wird“,
Erfolg erzeugt
sagt er, „gewisserständig neue
maßen von Innen
Motivation
getrieben, und der
Erfolg gibt neue Motivation.“ Die Zeit,
die ihm neben der Arbeit bleibt, widmet er der Familie. Seine Frau Astrid
Pircher kümmert sich in der Firma seit
vier Jahren um die Bereiche Finanzen
und Personal, und jede freie Minute verbringt er mit ihr und den Söhnen Felix (13) und Lukas (10). „Früher
habe ich viel Sport betrieben, heute beschränkt sich der meist auf das Skifahren am Sonntag im Winter und auf gemeinsame Unternehmungen im Sommer. Aber einmal mit Freunden in einem Gastlokal herumzulungern, dafür
fehlt mir einfach die Zeit. Um ein bisschen mehr bei meiner Familie zu sein,
hat mich diese zuletzt auch ab und zu
während der Schulferien nach Los Angeles begleitet, wenn ich wieder einmal für eine Woche geschäftlich dorthin musste.“
Gert Gremes macht den Eindruck eines Menschen, der trotz seiner Erfolge
Ich bin ziemlich stur und will meinen
Kopf immer durchsetzen. Und ich bin
ungeduldig und hasse es, wenn etwas
nicht weitergeht in der Firma.
Das Jahr 2009 war geprägt von einem deutlichen Umsatzrückgang auf
39 Millionen, denn die Kreditklemme
in Italien ließ die Nachfrage sinken.
Der engmaschige Vertrieb im Inland
mit seit Langem forcierten Serviceleistungen und mit Standort auch in Bologna, wo Abnehmer fortgebildet werden,
hat sich in der Krise bewährt, und 2010
ging es, wie bereits erwähnt, rasant
bergauf. Mittlerweile beschäftigt das
Unternehmen 30 feste und zehn freie
Mitarbeiter. Der Verkauf in Österreich
und über Österreich nach Slowenien
und Tschechien mit der 2008 gegründeten kleinen österreichischen Tochterfirma läuft, und in den USA hat Tecno Spot 2009 Fuß gefasst. Dort kann
man aber nicht bloß verkaufen, sondern muss die Anlagen planen und installieren, sodass hohe Anfangsinvestitionen getätigt werden müssen, berichtet Gremes. „Die USA sind ein Markt
mit einem großen Potenzial, aber die
Strompreise dort sind niedrig und es
gibt keine Einspeisevergütungen. Den-
mit beiden Beinen auf der Erde steht.
Er wirkt zwar selbstbewusst, aber nicht
überheblich. In der Tecno Spot herrscht
offensichtlich ein kollegiales Verhältnis, wie es für Start-up-Unternehmen
typisch ist – mit f lachen Hierarchien
und einem lockeren Umgangston.
Weil aber bekanntlich Späne fallen, wo gehobelt wird, wollen wir zum
Schluss wissen, wo denn die Schwächen
des Gert Gremes liegen, denn Menschen mit Führungsqualitäten haben
in der Regel auch Ecken und Kanten:
Wer jedem Konflikt aus dem Weg geht,
kommt meist nicht weit. „ Ich bin“, gesteht Gremes, „ziemlich stur und will
meinen Kopf immer durchsetzen. Und
ich bin ungeduldig und hasse es, wenn
etwas nicht weitergeht, wenn nicht umgesetzt wird, was geplant ist.“
Den Eigensinn und die Ungeduld
teilt er wohl mit vielen Unternehmerkollegen.
Robert Weißensteiner
• [email protected]
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