Pflegerische Aspekte der Ernährung Stationär/ambulant Renate Karlin, MAS Palliative Care Felix Schläfli, MAS, Kand. Onkologie Pflege Ernährung in Palliative Care Wofür essen und trinken wir? Um unseren Körper zu nähren Wachstum Versorgung des Körpers mit KH, EW, Fetten, Vitaminen und Spurenelemente Um unseren Geist zu nähren Hunger und Durst stillen Gesellschaft - Com Pane Ritual Goethe: …….mit den Sinnen Essen der Verstand leitet uns dabei uns zu ernähren! Essen bezieht sich auf die sinnlichen Aspekte wie Geschmack, Genuss und Lust. Ernährung ist eine Angelegenheit des Verstandes und bezieht sich auf den biologischen Bedarf. Wenn das Verlangen nach Essen nachlässt? Weitere wichtigen Fragen: Was will der Patient? In welcher Lebensphase befindet sich der Patient? Für wen ist es wichtig, dass der Patient isst? Aspekte für die Ernährung zu Hause Abklärungsgespräch 1. Diagnose – Nebendiagnosen – Ziele 2. Klinik – Symptome – Ursachen 3. Sich möglichst unabhängig ernähren – Einkauf – Mahlzeitendienste – Zubereitung, Hilfe beim Kochen – Nahrungszusätze – Drinks – PEG – parenterale Ernährung 4. Essen als Lebensgrundlage – als Kultur Ernährung in Palliative Care Essen umfasst immer auch an sozialen und kulturellen Gegebenheiten der Umwelt teilzunehmen. Essen schafft Nähe, Fürsorge, Geborgenheit und Zeit füreinander Essen kann eine „Botschaft ohne Sprache“ sein Kachexie am Lebensende Sicht der Betroffenen nach Reid et. al, (2009) •je weniger Gewicht, desto mehr Ängste; Konfliktpotential •sozialer Rückzug und „Unwahrheit“, als Strategie, dem Druck auszuweichen •Essen, den Angehörigen, dem Frieden zuliebe •Angst, einen Menschen „so“ zu verlieren. Vielleicht, weil man nicht versteht, was vor sich geht. •Der Akt der Ernährung als Ausdruck der Fürsorge u. Liebe •Projektionsfläche für gegenseitige Schuldgefühle Aufgabe der Pflege bei terminaler Kachexie nach Reid et. al, (2009); Fighting over Food • Palliation bei Kachexie ist auch eine pflegerische Domäne (Dewey & Dean, 2008) • Zusammenhang zwischen Festhalten am Essen und dem nicht wahrhaben wollen. • Zusammenhang erkennen, dass der veränderte Appetit physiologisch erklärbar ist und der Patient auf die erwartete Kachexie nur eine minimale Kontrolle hat • Unterschiede zwischen Verhungern und Kachexie erklären • Informationen und Betreuung, um zu verstehen dass Essen in dieser Situation mehr ein Mittel des sozialen Genusses ist • Fokus von der Ernährung wegnehmen und Spannung abbauen. • was genau können die Angehörigen tun, um den geliebten Menschen in seinem Krankheitsverlauf zu unterstützen? • Interaktionen vom Bedürfnis weg verändern, die Familienmitglieder zufriedenstellen zu müssen. • weniger Schuldgefühle oder weniger Stress kann die soziale Interaktion wieder verbessern • Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten mit möglichen Auswirkungen für Familienangehörige. Wenn das Verlangen nach Essen nachlässt? Welche Fragen müssen wir uns in der Pflege stellen? Ursachen und Risikoerfassung Mundschleimhautprobleme? Schmerzen? Dysphagie Passage-Störung im Magen-Darm-Trakt? Übelkeit / Erbrechen? Angst Depression Demenz? vergl. Pflegeleitlinie Ernährung in der letzten Lebensphase DGP 2004 Essen soll Freude bereiten und weder Angst noch Bedrängnis vermitteln: „Genuss statt muss“ Essensvorlieben berücksichtigen (Biographie) Angenehme ruhige Raumatmosphäre, evtl. Tischgemeinschaft ermöglichen Kleine Portionen anbieten, die farblich und geschmackliche Vielfalt bieten Zeit nehmen und Zeit lassen Wann immer möglich Selbständigkeit beim Essen lassen und geben Ernährung in Palliative Care Beispielsituation Fallbeschreibung Diagnose: 65 jährige Patientin, ovarialCa, Peritonealcarcinose, Ileus Symptome: Schmerzen, starke Übelkeit massives Erbrechen Konflikt: Patientin will Essen, möchte Therapien zur Lebensverlängerung Therapieziel: Ileusproblematik beseitigen, Ernährung evtl. parenteral? Wohlbefinden, Pat. möchte wieder nach Hause entlassen werden. Ernährung in Palliative Care Beispielsituation Nahrungsaufnahme für Frau……… Nach Absprache im IDR am 02.04.2014 •Frau M. bekommt ihr Essen in kleinen Portionen mindestens 5 x über den Tag verteilt. • Serviert werden alle Menues auf einem kleinen Tablett. •Die Grösse eines Tellers oder Schale ist maximal die eines Kuchentellers. •Die Menues sind klein und appetitlich angerichtet, z. B. Löffelportionen oder Portionen mit einem Eislöffel angerichtet. •Bevorzugt wird gekochtes Gemüse (wenig faserige Nahrung) und Pasta. • Als Getränke eignet sich Isostar und Fencheltee gut. • Die Menuewünsche werden mit der Küche abgesprochen, die Patientin und das Angebot der Menues werden eng von den Pflegenden begleitet. • Das Angebot des Menues, der Menge und der Darreichung sowie die Einhaltung der Absprache liegt mit in der Verantwortung der/des Pflegenden, der die Nahrung zur Patientin bringt. • Da auch eine gemeinsame Nahrungsaufnahme mit ihrem Ehemann für Frau M. wichtig ist wird L. mit dem Ehepaar eine Absprache treffen, welche dem Team mitgeteilt wird und ein einheitliches Vorgehen angestrebt werden kann. • Frau M. soll sich so wohl als möglich fühlen, das Erbrechen nach Nahrungsaufnahme kann nicht verhindert, wohl aber erleichtert werden. • Basel, den …………….. Ernährung in Palliative Care Entscheidungen erfordern ethische Sorgfalt Essen und Trinken haben eine physiologische, psychische, soziale und spirituelle Dimension. Unsere professionelle Verantwortung ist es auf einen Konsens unter allen Beteiligten hinzuwirken. Ernährung in Palliative Care „ Ich mag nicht mehr Essen!“ Nahrungsverweigerung am Lebensende unterstreicht die Autonomie des Patienten und sollte von Angehörigen und Versorgenden respektiert werden. In welcher Lebensphase befindet sich der Patient? Hat der Patient Hunger? Die meisten Schwerkranken und Sterbenden haben keinen Hunger und keinen Durst. Ernährung kann eine Belastung für den Körper sein! Ernährung in Palliative Care Handlungsführend ist das was der Patient der Patient will? Solange der Patient zu einer (noch so geringen) Willensäußerung fähig ist muss sein Wille erfragt und respektiert werden. d. h. eine Zwangsernährung ist nicht möglich. Anderseits wird dem Patienten Essen ermöglicht wann er es will und was er will, auch so lange er es will! Zusammenfassung Diskussion • zu Hause ist fast alles möglich, was im Spital auch möglich ist • Fokus Ernährung als Behandlungsziel - der Pat. erhält ev. nicht das was er braucht • Interdisziplinär und über die Schnittstellen hinweg, sollte das Ziel der Ernährung „diskutiert“ und kommuniziert werden. • Logistischer Aufwand zu Hause (1 m3 Material) • Selbstmanagement – Abhängigkeit zu Hause • Bei unserer gemeinsamen Erarbeitung kamen wir zu dem Ergebnis, dass es keinen nennenswerten Unterschied zwischen der stationären oder ambulanten Versorgung der Ernährung gibt. Zusammenfassung Diskussion • Die Individualität und Bedürfnisorientierung am Patienten und seinem Umfeld steht im Vordergrund . • Unter Berücksichtigung der Lebensgewohnheiten und der kulturellen Prägung muss das Wohlbefinden des Patienten angestrebt werden. • Eine gemeinsame Haltung und Entscheidungsfindung mit allen beteiligten des Therapeutischen Teams und der An- und Zugehörigen des Patienten führt zu einem entspannten Umgang mit dem Thema Essen und Trinken. Welche Erfahrungen machen Sie mit dem Thema Ernährung in der Palliative Care?