6 AUS DER KRANKENVERSORGUNG | AUSGABE 19 · MÄRZ 2014 Krankheiten von A bis Z: Demenz basalen (grundlegenden) Alltagsaktivitäten mehr durchführen. Die Patienten werden oft bettlägerig und benötigen eine Rundumbetreuung. Krankheitsbild Demenz ist der Oberbegriff für verschiedene Krankheiten, in deren Verlauf die Betroffenen einen Zustand andauernder und häufig auch fortschreitender geistiger Leistungsschwäche erleben, die den Alltag und die selbstständige Lebensführung deutlich beeinträchtigt. Alzheimer ist mit rund 70 Prozent die häufigste Form der Demenz. Hier spielt der demographische Wandel eine große Rolle, denn das Alter ist der größte Risikofaktor für die Entwicklung der Alzheimer-Erkrankung. Entstehung und Verlauf Zum Verständnis einer Demenzentwicklung müssen zwei wesentliche Aspekte in Betracht gezogen werden: Einerseits das Ausmaß und Verteilungsmuster der Pathologie im Gehirn (wie Proteinablagerungen oder Durchblutungsstörungen), andererseits besondere Widerstandsfaktoren (Bildung, körperliche Aktivität, Genetik) oder Vulnerabilitätsfaktoren (hohes Alter, zusätzliche Gehirnerkrankungen, Genetik), die das Auftreten der Krankheitssymptome verhindern oder befördern können. Das Auftreten einer Demenz lässt sich – wie Studien zeigen konnten – durch eine aktive, gesunde Lebensweise um sieben bis zehn Jahre hinauszögern. Nach dem Schweregrad unterscheidet man drei Demenzstadien. Die erste Phase ist die leichte Demenz. Hier stellen sich erste Gedächtnisstörungen und Einbußen der geistigen Leistungsfähigkeit ein. Diese werden oft als der normale geistige Nachlass im Alter bewertet und können von den Betroffenen kompensiert und vertuscht werden. In der zweiten Phase – der mittelschweren Demenz – verlieren die Erkrankten das zeitliche und räumliche Orientierungsgefühl sowie die Fähigkeit zur Alltagsstrukturierung. Es treten weitere nicht-kognitive Symptome hinzu, wie zum Beispiel Reizbarkeit bis hin zur Aggressivität oder Wach-Schlaf-Rhythmusstörungen. Eine Unterstützung bei der Alltagsbewältigung wird notwendig. In der Phase der schweren Demenz ziehen sich die Betroffenen mehr und mehr in ihre eigene Welt zurück. Sie können keine Therapie und Ansprechpartner Stellt sich bei Angehörigen oder Betroffenen ein erster Verdacht ein, empfiehlt es sich frühzeitig den Hausarzt oder direkt unsere Gedächtnisambulanz aufzusuchen. Diese existiert seit 2001 und wird von Univ.-Prof. Dr. Andreas Fellgiebel geleitet. In der Gedächtnisambulanz wird mit Hilfe von neuropsychologischen Tests zunächst geprüft, ob eine das Alters- und Bildungsmaß überschreitende Verminderung der geistigen Leistungsfähigkeit vorliegt. Ist dies der Fall, erfolgt eine Zusatzdiagnostik (Bildgebung des Gehirns und Laboruntersuchung), mit der häufige medizinische Ursachen wie Schilddrüsenunterfunktion oder Vitaminmangel ausgeschlossen werden. Dies ist deswegen so wichtig, da diese sogenannten „symptomatischen“ Demenzformen durch medizinische Behandlung der Ursachen wieder geheilt werden können. Wird die Diagnose einer Alzheimer-Demenz gestellt, wird eine Therapie zur Stabilisierung des Zustandes erarbeitet. Medikamente können – insofern der Patient sie verträgt – das Fortschreiten der Symptome verzögern und damit vorerst die Lebensqualität erhalten oder sogar ein wenig verbessern. Studien haben gezeigt, dass ein spezielles Training der Merkfähigkeit die Patienten in Stress versetzt und frustriert. Im Rahmen einer Psychotherapie gilt es daher, bestehende Stärken zu erhalten und auszubauen. Auch findet die Biografiearbeit Anwendung, welche als ideale Verknüpfung von Selbsterhaltung, Gedächtnisaktivierung und emotional positiver Aktivität gilt. Ein Fokus liegt darüber hinaus auf der Angehörigenarbeit, da sich gezeigt hat, dass sich mit Hilfe von Schulung und individualisierter Beratung die bei Angehörigen häufige Depressionsentwicklung reduzieren lässt, was wiederum einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden der Demenzpatienten hat. [Carina Heinrichs, Univ.-Prof. Dr. Andreas Fellgiebel] Anmeldung Gedächtnisambulanz Mit Überweisung vom Hausarzt: Tel. 7340, Gebäude 920 AUSGABE 19 · MÄRZ 2014 | AUS DER KRANKENVERSORGUNG 7 Demenz mal anders Demenz – ein Tabuthema über das man nicht gerne spricht und das zumeist mit negativen Gefühlen in Verbindung gebracht wird. Die Wanderausstellung „Demenz ist anders“ möchte einen etwas anderen Blick auf das Thema Demenz werfen und ist seit Jahren ein kultureller Baustein der Demenzkampagne Rheinland-Pfalz der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in RheinlandPfalz e. V. (LZG). Eva Quack, Evelyn Möhlenkamp und Univ.-Prof. Dr. Andreas Fellgiebel sind von dem Konzept der Veranstaltung überzeugt. Ziel ist es, gemeinsam mit regionalen Partnern durch die Ausstellung dazu beizutragen, Vorurteile abzubauen und mehr Verständnis im Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen zu erreichen. Dank des Einsatzes der Servicestelle Demenz reiste die beliebte Ausstellung zum ersten Mal an die Universitätsmedizin. Für insgesamt vier Wochen wurde die Ausstellung – bestehend aus zwanzig Fotografien – im Foyer des Gebäudes 102 präsentiert und somit zahlreichen interessierten Mitarbeitern, Patienten und Besuchern zugänglich gemacht. Mit einer Vernissage wurde gleichzeitig die neue Servicestelle Demenz der Universitätsmedizin eröffnet, welche bundesweit die erste Einrichtung ihrer Art ist. Die Ausstellung wurde von Evelyn Möhlenkamp, ehemaliger Pflegevorstand, eröffnet. Jupp Arldt, Geschäftsführer der LZG, führte in die Ausstellung ein. „Die Bilder möchten uns die Angst vor dem Umgang mit der Demenz und auch die Angst vor dem Alter nehmen“, betonte er. Die Porträts des Hamburger Fotografen Michael Hagedorn spiegeln die einzigartigen Persönlichkeiten der Betroffenen wider, sie strahlen Zufriedenheit und Selbstverständlichkeit aus und machen erlebbar, wie sie die Welt sehen. So zeigt ein Bild einen alten Mann, der an einem blühenden Fliederstrauch riecht, weil Sinneserlebnisse für ihn immer wichtiger werden. Die beeindruckenden Fotografien Weitere Infos zu dem Modellprojekt erhalten sie über: Eva Quack, Leiterin der Servicestelle Demenz, Tel. 7440, E-Mail: [email protected] Univ.-Prof. Dr. med. Andreas Fellgiebel, Leitender Oberarzt Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Tel. 7363, E-Mail: [email protected] berührten die Besucher sichtlich. Über die begleitenden Informationsstände von regionalen Anbietern, die sich seit vielen Jahren aktiv für die Verbesserung der Lebensbedingungen für Menschen mit Demenz und deren Angehörigen in Mainz einsetzen, konnten sich die Besucher gezielt informieren. Im Anschluss folgten Fachvorträge rund um das Thema Demenz und das Modellprojekt „Servicestelle Demenz“, welches von Univ.-Prof. Dr. Andreas Fellgiebel, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, geleitet wird. Eingebettet wurde die Veranstaltung in ein vielseitiges Rahmenprogramm, das durch Schüler der Gesundheits- und Krankenpflege und ihren Dozenten Thomas Nowak und Thorsten Engels realisiert wurde. Die Schüler wurden gezielt in die Ausrichtung einer solchen Veranstaltung zum Thema Demenz eingebunden und ergänzten die Vorträge mit bewegenden MitmachAktionen. Durch das Angebot einer „Alterssimulation“ konnten sich die Besucher in die Lage eines alterseingeschränkten Menschen versetzen lassen. Durch einen ergreifenden Abschluss mit musikalischer Begleitung stellten die Schüler das Erleben von Demenz in den Mittelpunkt und regten bei den Besuchern einen Perspektivwechsel an. Schüler der Gesundheits- und Krankenpflege ergänzten die Veranstaltung mit Aktionen. Die Veranstaltung leistete einen wichtigen Beitrag dazu, dass Mitarbeiter und Besucher Vorurteile gegenüber der Krankheit abbauen und eine neue Kultur eines hoch professionellen und empathischen Umgangs in der pflegerischen und medizinischen Versorgung kognitiv beeinträchtigter Patienten entwickeln konnten. [Eva Quack]