2.2.4 Rehabilitation und Krebs

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Bedarfsorientierte Rehabilitation von Tumorpatienten nach Primärtherapie – was ist ambulant
möglich, was ist stationär nötig?
H.H. Bartsch, Klinik für Onkologische Rehabilitation und
Nachsorge der Klinik für Tumorbiologie an der AlbertLudwigs-Universität Freiburg i.Br.
Medizinische Rehabilitationsmaßnahmen für onkologische Patienten
werden in Deutschland zum überwiegenden Teil als stationäre Verfahren
durchgeführt. Dies ist auf die seit Ende der 50iger Jahre entwickelten stationären Versorgungsstrukturen zurückzuführen. Bereits in dem Ergebnisbericht der VDR-Expertise «Krebsrehabilitation in der Bundesrepublik Deutschland» wurde 1995 festgestellt, dass sich die ambulante
Betreuung von Tumorpatienten auf die sog. standardisierte Nachsorge
oder gezielte therapeutische Interventionen (z.B. Chemotherapie etc.)
konzentriert. Eigentliche ambulante Rehabilitationsstrategien waren nirgendwo zu erkennen. Durch die Diskussion zur Flexibilisierung medizinischer Rehabilitationsleistungen für Tumorpatienten wurden zunächst
Modellprojekte ambulanter Rehabilitationsverfahren initiiert, im weiteren Verlauf entsprechend qualifizierte onkologische Rehakliniken zur
teilstationären bzw. ambulanten Rehabilitation ermächtigt. Nach den bisherigen Erfahrungen werden die ambulanten Angebote jedoch nur von
einem geringen Prozentsatz der Patienten in Anspruch genommen. Die
Ursachen hierfür sind auf verschiedenen Ebenen zu suchen. Je nach Ausmaß der Folgestörungen auf die primäre Tumortherapie benötigt ein Teil
der Patienten noch intensive ärztliche und/oder pflegerische Weiterbetreuung. Weiterhin möchten Patienten direkt nach Entlassung aus der
Akutklinik nicht die zusätzlichen Belastungen durch tägliche Fahrt zur
Rehaeinrichtung sowie Teilversorgung des Haushaltes auf sich nehmen.
Einen wesentlichen Aspekt dürfte aber auch das Informationsdefizit über
die Möglichkeit teilstationärer/ambulanter Angebote und die Unsicherheit der Zuordnung zu dem einen oder anderen Verfahren auf Seiten der
Primärbehandler darstellen. In dem Beitrag wird auf typische Situationen
von Tumorpatienten nach Primärtherapie eingegangen und versucht, eine
bedarfsorientierte Leitlinie für die Empfehlung zu den verschiedenen
medizinischen und psychosozialen Rehabilitationsmaßnahmen zu geben.
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Strategien und Erfahrungen in der Rehabilitation
von Patienten nach hämatologischer Stammzelltransplantation
A. Mumm, Klinik für Onkologische Rehabilitation und
Nachsorge der Klinik für Tumorbiologie an der AlbertLudwigs-Universität Freiburg i.Br.
Seit 1993 wurden an der Klinik für Onkologische Rehabilitation und
Nachsorge der Klinik für Tumorbiologie über 600 Patienten nach hämatologischer Stammzelltransplantation (HSCT) nachbetreut; ca. 50%
davon nach allogener Transplantation. Das Spektrum der Grunderkrankung entspricht der in der Literatur zu findenden Verteilung großer Transplantationszentren, bzw. veröffentlichter Registerdaten.
Die Mehrzahl der Patienten befindet sich in der Intermediärphase, d.h.
vor Tag +100 nach HSCT. Beschrieben wird der Ablauf des primären
Assessments in den Bereichen Medizin, Ernährung, Krankengymnastik /
Sporttherapie, Psychologie / Neuropsychologie und Krankenpflege.
Neben verbreiteten Angeboten der onkologischen Rehabilitation wurden
für diese Patientengruppen spezialisierte Therapieangebote etabliert.
Dabei handelt es sich um unterschiedliche Formen eines kognitiv-neuropsychologischen Trainings, um ein spezielles, gerätegestütztes Ange-
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bot zum «Muskelaufbautraining» im Rahmen der Sporttherapie und um
eine Gesprächsgruppe zum Bereich Ernährung sowie um eine themenzentrierte Gesprächsgruppe mit den Schwerpunkten Langzeitfolgen nach
HSCT, Verhaltensempfehlungen im häuslichen und außerhäuslichen
Bereich sowie zu psychosozialen Problemen und zu sozialrechtlichen
Fragen.
Wie andere intensiv-medizinisch behandelte Patienten leiden HSCT-Patienten häufig an charakteristischen somato-psychischen Folgestörungen.
Hierzu gehören Angststörungen, reaktive Verstimmungszustände, Fatigue, Rückzugstendenzen und eine zögerliche Zukunftsorientierung.
Dargestellt werden Maßnahmen zur Sicherung in der Struktur und Prozessqualität.
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Psychosoziale Strategien in der Rehabilitation
onkologischer Patienten
J. Weis, Psychosoziale Abteilung der Klinik für Tumorbiologie
an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br.
Eine Krebserkrankung und deren Behandlung ist für viele Patienten
durch eine Vielzahl psychosozialer Probleme bestimmt, die sich im
Bereich psychischer Befindlichkeit, sozialer Einbettung, beruflicher Eingliederung sowie funktioneller Einschränkungen zeigen können. Viele
Probleme treten erst nach Abschluss der Primärbehandlung auf und sind
Ausdruck des Prozesses der versuchten Adaptation an die veränderte
Lebenssituation. Eine wesentliche Aufgabe der Rehabilitation ist es,
neben der medizinischen Behandlung auch psychosoziale Hilfestellungen anzubieten, um die Patienten in der Bewältigung der krankheits- oder
behandlungsbedingten Probleme zu unterstützen. Zentrale Zielsetzungen
dieser psychosozialen Maßnahmen liegen neben der Verbesserung der
Lebensqualität und des individuellen Wohlbefindens allgemein in der
Vermittlung von Selbstkontrolltechniken sowie Selbsthilfemöglichkeiten,
in der Verbesserung von Funktions- und Fähigkeitsstörungen (bspw. neuropsychologische Leistungseinschränkung) sowie in einer auf die Probleme von Krebspatienten ausgerichteten Gesundheitsförderung. Obwohl
die psychosoziale Betreuung und Behandlung gerade in der Rehabilitation immer als eine interdisziplinäre Aufgabe des gesamten Rehabilitationsteams zu verstehen ist, sind fachspezifische Kompetenzen gerade im
Bereich der Psychoonkologie gefordert. In den letzten Jahrzehnten ist
eine Reihe von spezifischen psychoonkologischen Behandlungsmaßnahmen entwickelt worden, die auch Eingang in die Rehabilitationsprogramme gefunden haben. Der Beitrag gibt einen Überblick über die wichtigsten psychosozialen Behandlungsstrategien in der Rehabilitation, wobei
die wesentlichen Elemente der psychosozialen Behandlungsansätze und
der Gesundheitsförderung erläutert und neuere Forschungsergebnisse zur
Evaluation dieser Interventionen vorgestellt werden. Es wird ausgeführt,
dass in der Interventionsforschung als einem wichtigen Teil der Rehabilitationswissenschaft zentrale Forschungsfragen im Bereich der Indikationsstellung, einer bedarfsgerechten Zuweisung, der Bedeutung von Patientenmotivation, der Prozessevaluation sowie der Effektivitätsbeurteilung liegen. Abschließend werden die wichtigsten Forschungsdesiderata
erörtert und zukünftige Forschungsaufgaben der psychosozialen Rehabilitation skizziert.
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Prognoseadaptierte Nachsorge in der ambulanten
Praxis – Wunsch und Realität?
T. Reiber, Onkologische Schwerpunktpraxis, Freiburg i.Br.
Ziele der Onkologischen Nachsorge sind
1. Aufdeckung der Tumorprogredienz mit der Frage der Weiterbehandlungsmöglichkeiten,
2. Evaluation der Primärtherapie zur Qualitätssicherung,
3. Medizinische Betreuung zur Rehabilitation und Erhaltung der Autonomie der Patienten.
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2.2.4 Rehabilitation und KrebsNachsorge
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Stellenwert der MR-Diagnostik in der ambulanten
Nachsorge bei Patientinnen mit Mammakarzinom
M. Bauer, Niedergelassener Frauenarzt und Radiologe,
Freiburg i.Br.
Im Rahmen der Nachsorge nach Mammakarzinom hat die lokale Überwachung zentrale Bedeutung. Brusterhaltende Behandlungsverfahren
stellen dabei hohe Anforderungen an die komplementäre Mammadiagnostik, da operative Narben und strahlenbedingte Veränderungen die
frühe Rezidiventdeckung erschweren.
Die dynamische Kernspintomographie unter Verwendung des paramagnetischen Kontrastmittels Gd-DTPA hat das diagnostische Spektrum
erweitert. Aufgrund schneller FLASH-3D-Sequenzen und der Darstellung der Kontrastmitteldynamik im Zeitverlauf von ca. 6 Minuten kann
heute eine gute Abgrenzung zwischen operativ bedingter Narbe und neu
aufgetretenem invasivem bzw. In-situ-Karzinom erreicht werden. Heute
stellt die Kernspintomographie nach BET bei der schwer beurteilbaren
Mamma und zur Differenzierung von Narbe vs. Rezidiv das Verfahren
der Wahl dar und kann bereits 6 Monate nach der Operation aussagekräftig eingesetzt werden.
Bei radikal operierten Frauen mit Wiederaufbau mittels Implantat umfasst die dynamische Kernspintomographie einschließlich spezieller
Silicon-Sequenzen die Diagnostik von Rezidiv, Narbe, Implantatdefekten, Siliconleckagen und ist der konventionellen Diagnostik in Ihrer
Aussagekraft überlegen.
Die dynamische Kernspintomographie ist heute bei der Diagnostik nach
einer Operation der Mamma unverzichtbar geworden. Sie ist das Verfahren der Wahl bei der Rezidivdiagnostik und der Beurteilung von Implantaten.
2.2.5 Pädiatrische Onkologie
2.2.5 | 1
Retinoblastom. Ein Fallbeispiel
T. Rogge, C. Niemeyer, Abt. Allg. Kinderheilkunde mit Poliklinik, Universitäts-Kinderklinik Freiburg i.Br.
Im Rahmen der Sitzung über genetische Prädisposition für Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter stellen wir die Krankengeschichte
eines Neugeborenen mit der Diagnose eines hereditären Retinoblastoms
des rechten Auges vor. Der Vater des Jungen verlor wegen beidseitiger
Retinoblastome durch Enukleationen im Alter von einem Jahr sein
Augenlicht. Wegen dieser Anamnese wurde das Kind direkt postnatal
untersucht. Der Befund im rechten Auge zeigte einen parapapillären bis
in die Papille reichenden Tumor. Es wurde die Diagnose eines hereditären
Retinoblastoms des rechten Auges gestellt. Unter der Vorstellung von
zusätzlichen Mikroläsionen wurde eine Woche nach Diagnosestellung
mit der Durchführung einer Chemotherapie begonnen (Cyclophosphamid, Vincristin, Carboplatin). An diese Therapie schloss sich eine Laserkoagulation des Tumors an. Die Chemotherapie wurde mit fünf weiteren
Blöcken über einen Zeitraum von sechs Monaten fortgesetzt. Wegen neu
aufgetretener Läsionen beidseits musste wiederholt eine Lokaltherapie
mit Laserkoagulationen fortgeführt werden. Ein Jahr nach Beendigung
der Chemotherapie und sechs Monate nach der letzten Lasertherapie gibt
es keinen Hinweis für Tumorrezidive. Wegen der initialen Tumorlage
zeigt das rechte Auge einen Ausfall des unteren Drittels des Gesichtsfeldes. Das linke Auge ist vollständig sehfähig. Der Junge zeigt eine altersgerechte Entwicklung. Die Kontrolluntersuchungen der Augen werden
zur Zeit in vierwöchigen Abständen fortgesetzt.
2.2.5 | 2
Genetik des Retinoblastoms: Die Wiege der
2-Hit-Theorie
G. Scherer, Institut für Humangenetik und Anthropologie,
Universitätsklinikum Freiburg i.Br.
Das Retinoblastom, ein von undifferenzierten Retinazellen ausgehender
Tumor des Säuglings- und frühen Kindesalters und der häufigste Tumor
des Auges in dieser Altersgruppe, existiert in zwei Formen. Beim sporadischen Retinoblastom ist nur ein Familienmitglied betroffen, der Tumor
ist meist unilateral und tritt etwas später auf. Beim familiären, autosomaldominant vererbten Retinoblastom sind mehrere Familienmitglieder in
aufeinanderfolgenden Generationen betroffen, die meist multiplen Tumoren sind gewöhnlich bilateral und treten früher auf. Zur Erklärung der
unterschiedlichen Zahl an Tumoren beim sporadischen versus familiären
Retinoblastom formulierte Alfred Knudson bereits 1971 seine berühmte
«2-Hit-Hypothese». Sie besagt, dass beim familiären (hereditären) Retinoblastom durch eine frühere Keimbahnmutation ein Allel eines autosomalen Tumorsuppressorgens bereits inaktiviert vorliegt (first hit), und
dass das Auftreten der Tumoren dann aus der Inaktivierung des zweiten
Allels durch eine weitere, somatische Mutation in Retinazellen resultiert
(second hit). Beim sporadischen (meist nicht-hereditären) Retinoblastom
müssen nach diesem Modell beide Allele in einer einzelnen Retinazelle
durch somatische Mutation inaktiviert werden, ohne vorausgehende
Keimbahnmutation. Aus diesem Modell ergibt sich das scheinbare Paradox, dass die Vererbung der Prädisposition zum Retinoblastom dominant
ist während der eigentliche Mechanismus der Tumorentwicklung auf zellulärer Ebene rezessiv ist. Die Entstehung von Knudsons «2-Hit-Hypothese», deren Schlussfolgerungen durch die nachfolgende Forschung am
Retinoblastom glänzend bestätigt wurden und sie in den Status einer allgemein akzeptierten «2-Hit-Theorie» der Tumorgenese des Retinoblastoms erheben, wird nachgezeichnet.
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Zu 1: Eine Verbesserung der bildgebenden und serologischen Diagnostik
ermöglicht eine frühere Rezidiverkennung. Dies hilft den Patienten, wenn
sich eine erneute Kurationschance ergibt.
Rezidive akuter Leukämien, hoch maligner Lymphome, bei Morbus
Hodgkin oder Keimzelltumoren sind so zu betrachten, außerdem führt
die Resektion von Solitärmetastasen bei Melanomen, Kolonkarzinomen
oder Weichteilsarkomen manchmal zu Langzeitremissionen. Für die
Mehrzahl der Patienten ergibt sich aus der Früherkennung des Rezidivs
lediglich eine Verlängerung der «lead time»: dies bedeutet keine Verlängerung der Überlebenszeit, lediglich Verlängerung des Wissens um eine
inkurable Situation.
Zu 2: Eine umfassende Dokumentation des Patientenschicksals nach der
primären onkologischen Therapie ist für den Erstbehandler unabdingbar.
Sinnvoll wäre die Einführung klinischer Krebsregister als Verbesserung
der bislang nur regional eingesetzten epidemiologischen Register (Todesursachenstatistik).
Zu 3: Wunsch und Realität der onkologischen Nachsorge unterscheiden
sich für den behandelnden Arzt in der Praxis insofern, als den Patienten
mit der nüchternen Durchführung der Diagnostik gemäß den Leitlinien
der Deutschen Krebsgesellschaft (sofern vorhanden) nicht Genüge getan
ist. Die Diagnose Krebs bedeutet für die meisten Betroffenen eine erhebliche Verunsicherung in ihrer Selbstsicherheit und hinterlässt Angst. Dies
spiegelt sich auch in dem zwiespältigen Verhältnis der Betroffenen
gegenüber den Nachsorgeterminen: einerseits baut sich vor jedem Termin
eine erhebliche Spannung vor dem neuen Ergebnis auf, andererseits
besteht der Wunsch nach Gewissheit. Dieses Spannungsfeld kann der
nachsorgende Arzt/Ärztin durch Zuhören und individuelle Beratung/
Information zu lösen helfen.
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