PK 050813 Text A Kerst

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Es gilt das gesprochene Wort
Medienkonferenz vom 5. August 2013
Lohnrunde 2014
Generelle Lohnerhöhungen für alle!
Die Schweizer Wirtschaft zeigt sich robust und die Aussichten sind für 2014 noch
besser als für dieses Jahr. Dies ist vor allem dem unermüdlichen Einsatz der
Arbeitnehmenden zu verdanken. Darum fordert Syna, dass nach Jahren mit einer oft
enttäuschenden Lohnentwicklung unterhalb der Teppichetage, die Löhne substanziell
angehoben werden. Besonderen Handlungsbedarf sieht Syna bei den Tiefstlöhnen
und der Lohngleichheit. Über alle Branchen hinweg fordert Syna eine
durchschnittliche Reallohnerhöhung von 2 Prozent.
Arno Kerst, Vizepräsident Syna
Die schwarzmalerischen Wirtschaftsprognosen haben Tradition, und wenn der Lohnherbst
naht, färben die Arbeitgeber ihren Blick in die Zukunft noch dunkler. Tatsache ist aber, dass
die zurückhaltenden Wirtschaftsprognosen des Staatssekretariates für Wirtschaft Seco in der
Realität immer klar positiver ausfallen.1 Und ebenso Fakt ist, dass die Lohnentwicklung nicht
mit der positiven Wirtschaftsentwicklung Schritt hält.2 Wenn das Seco für 2014 ein
Wachstum von 2,1% voraussagt, zeigt dies auf, dass Spielraum für deutliche
Lohnanpassungen besteht.
Die Schweizer Wirtschaft beweist eindrücklich, dass sie trotz widrigen Umständen
(Frankenstärke, Konjunkturschwächen in wichtigen Absatzmärkten) und in der globalisierten
Wirtschaft kraftvoll bestehen kann. Innovation, sehr hohe Leistungsbereitschaft und
Qualitätsbewusstsein der Arbeitnehmenden in der Schweiz haben wesentlich zu dieser
ermutigenden Situation beigetragen. Dies muss fair entlöhnt und deutlich belohnt werden!
Durchschnittlich 2% mehr Lohn!
Die Teuerungsentwicklung bleibt stabil und wird sich 2013 und 2014 um den Nullpunkt
bewegen.3 Diese entspannte Situation gibt denn auch Luft für reale Lohnanpassungen, die
sich die Arbeitnehmenden dank ihrem unermüdlichen und grossen Einsatz mehr als verdient
1
Vergleich Prognose und tatsächliche Zahlen jeweils für das Bruttoinlandprodukt (BIP):
Für das Jahr 2008 Seco-Prognonose vom Juni 07: + 1.9%, tatsächliche Zahlen Bundesamt f. Statitistik (BFS): +
5%
Für 2009 Seco-Prognose Juni 08: -2.7% (Juni 08: + 1.3%), tatsächliche BFS-Zahlen: -2.4% (Finanzkrise!)
Für 2010 Seco-Prognose Juni 09: -0.4%, tatsächliche BFS-Zahlen: +3.3%
Für 2011 Seco-Prognose Juni 10: +1.6%, tatsächliche BFS-Zahlen: +2.2%
Für 2012 Seco-Prognose Juni 11: +1.5%, tatsächliche BFS-Zahlen: noch nicht bekannt
2 siehe Grafik und Tabelle im Anhang
3 Seco-Prognose Teuerung: 2013: -0.1%, 2014: +0.2%
haben. Die Allbranchengewerkschaft Syna wird auch dieses Jahr mit nach Branchen und
Betrieben differenzierten Forderungen in die Verhandlungen einsteigen.
Über alle Branchen hinweg fordert Syna durchschnittlich
eine generelle Reallohnerhöhung von 2 Prozent.
Je nach vergangener Lohnentwicklung – die in der Industrie und weiten Teilen des
Gewerbes in den letzten Jahren enttäuschend war – und wirtschaftlicher Situation werden
wir diese Forderung betriebs- und branchenspezifisch nach oben anpassen. Für
Lohnabschlüsse unter 2% sind die Arbeitgeber in der Bringschuld entsprechend gesicherte
wirtschaftliche Fakten auf den Tisch zu legen, damit wir zu allfälligen Kompromissen bereit
sein können. Jammern und Schwarzmalen auf Vorrat gelten nicht!
Tatbeweis bei den Mindestlöhnen
Mit der Mindestlohn-Inititiative und der 1:12-Initiative stehen zwei lohnpolitisch wichtige
Themen auf der politischen Agenda. Syna bevorzugt die Lohnfindung unter den
Sozialpartnern in den Branchen. Dass Gewerkschaften jetzt aber auch den gesetzlichen
Weg in der Lohnpolitik suchen, haben die Arbeitgeber sich selber zuzuschreiben. Viel zu
viele
Arbeitnehmende
profitieren
nicht
von
einem
Lohnschutz
durch
gesamtarbeitsvertragliche Mindestlöhne. Zudem verlief die Entwicklung der Mindestlöhne in
den GAVs branchenübergreifend sehr zögerlich: Die Mindestlöhne stiegen zwischen 2010
und 2013 ungenügend um durchschnittlich 0,75 Prozent. Zwischen 2006 und 2009 waren es
noch jährlich 2.25 Prozent! 4
Am anderen Ende der Lohnskala geht jedoch die Post ab: 2002 waren die Löhne der
Konzernleitungen in den von Travail.Suisse untersuchten Firmen durchschnittlich 18-mal
höher als der Tiefstlohn im Unternehmen. Bis 2012 spreizte sich die Schere auf ein
Verhältnis von 1:39! Die Gier der Manager und Managerinnen muss darum gebremst
werden, und es ist eine Korrektur über eine Anhebung der Tiefstlöhne notwendig.
Darum fordert Syna eine deutliche Erhöhung der GAV-Mindestlöhne. Denn sie ist ein sehr
effektives Mittel für die Verbesserung der Löhne von Schlechtverdienenden:
Syna fordert die Anhebung der Tiefst- und Mindestlöhne
um mindestens 100 Franken.
Lohngleichheit jetzt!
Mit dem freiwilligen Lohngleichheitsdialog haben die Sozialpartner 2009 der
Lohndiskriminierung den Kampf angesagt. Mindestens 100 Firmen sollen bis im Frühling
2014 am Lohngleichheitsdialog teilnehmen, so das vom Bundesrat im letzten Dezember
verkündete Ziel. 36 Unternehmungen5 haben bis heute die Lohngerechtigkeit von Frau und
Mann in ihren Betrieben untersucht oder sind noch daran. Dieser Lohnherbst bietet somit die
4
Bundesamt für Statistik, Gesamtarbeitsvertragliche Lohnabschlüsse:
Mindestlöhne 2006: 1.1%, 2007: 2,9%, 2008: 1,8%, 2009: 3,2%, 2010: 0,7%, 2011: 0,3%, 2012: 1,4% und 2013:
0,6%
5 Bis 2012 waren es erst 25 Firmen
2
letzte Chance als Arbeitgeber zu beweisen, dass sie fähig und willens sind, Frauen
gleichwertige Löhne wie ihren männlichen Kollegen zu zahlen.
Darum fordert Syna in allen Lohnverhandlungen spezielle Lohnmassnahmen
für Frauen und / oder die Beteiligung am Lohngleichheitsdialog
Wer das überdeutliche Zeichen der Zeit – gleiche Löhne für Frauen und Männer – nicht
erkennt, darf sich nicht wundern, wenn der Druck auf verschärfte gesetzliche Bestimmungen
steigen wird.
Spielraum der Branchen nutzen
Syna als konstruktive Sozialpartnerin ist bereit, die branchenspezifischen Begebenheiten bei
den Lohnverhandlungen zu würdigen. Das Gleiche erwarten wir aber auch von der
Arbeitgeberseite bezüglich der Situation ihrer Arbeitnehmenden!
 Aufgrund der oft herausforderungsreichen Rahmenbedingungen für die (Export-)
Industrie verlief die Lohnentwicklung in den letzten Jahren unterdurchschnittlich. Dieser
Nachholbedarf muss darum mit möglichst generellen Lohnerhöhungen ausgeglichen
werden.
 Anders als in anderen Sektoren haben die meisten Branchen des Bauhaupt- und
Baunebengewerbes in den letzten Jahren keine Krisen erlebt. Die Lohnentwicklung aber
boomte nicht in gleichem Masse wie die Bautätigkeit. Synas Lohnforderungen in den
einzelnen Branchen werden sich an den Effektiv- und Mindestlohnanpassungen der
letzten Jahre orientieren. Stufenweise Anpassungen, wie im Dach und Wand-Gewerbe
oder Metallgewerbe, können auch Lösungsansätze sein.
 In den von Syna vertretenen Branchen des Dienstleistungssektors fordert Syna die
Anhebung
der
Mindestlöhne
und
auch
die
generelle
Verteilung
der
Effektivlohnerhöhungen. Individuelle Lohnverteilungen wie im Gesundheitswesen oder bei
Fenaco für dieses Jahr entbehren oft gerechten Kriterien und öffnen einer willkürlichen
Aufteilung Tür und Tor.
Flexibel … bis zum Bruch
Mit grosser Sorge beobachtet Syna den Flexibilisierungswahn, dem ihre über 60'000
Mitglieder in der Arbeitswelt ausgesetzt sind. Flexible Arbeitseinsätze verteilt auf überlange
Arbeitstage, Arbeit auf Abruf, Vertrauensarbeitszeit, Multitasking bei gleichzeitigem Arbeitsund Termindruck, individuelle Lohnerhöhungen, willkürliche Bonipolitik, Erreichbarkeit rund
um die Uhr, … sind die Alarmzeichen dafür. Zudem wird die totale Identifikation mit dem
Unternehmen erwartet, welche als Dank dafür einen Schleudersitz anstatt einen sicheren
Arbeitsplatz bietet.
Syna wehrt sich entschieden gegen dieses menschenunwürdige Verhalten. Der Lohnherbst
bietet die Chance, mit fairen und generellen Lohnerhöhungen ein sozialpartnerschaftliches
Zeichen zu setzen!
Weitere Auskünfte:
Arno Kerst, Vizepräsident Syna, 044 279 71 40, 079 598 67 70, [email protected]
3
4
BIP-Prognosen und -Realität, Lohnentwicklung
7
6
5
4
3
2
1
0
-1
-2
-3
-4
2007
2008
2009
2010
2011
2012
Seco-Prognosen BIP
1.7
1.9
-2.7
-0.4
1.6
1.5
Tatsächliches BIP-Wachstum
6.4
5
-2.4
3.3
2.2
Entwicklung Lohnindex (real)
0.9
-0.4
2.6
0.1
0.7
1.5
Entwicklung Lohnindex (nominal)
1.6
2
2.1
0.8
1
0.8
Teuerung
0.7
2.4
-0.5
0.7
0.3
-0.7
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