Reparatur defekter Restaurationen

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430 • PRAXIS
PRAXISLETTER
Thema
Reparatur defekter
Restaurationen –
Stand 2007
Hintergrund
Der Wissensstand in der Zahnmedizin entwickelt sich
rapide weiter und es ist für den zahnärztlichen Praktiker oft schwer aus der großen Menge von Informationen praxisrelevantes Wissen zu extrahieren. Ein
Themengebiet, zu dem man sich noch gestern informiert hat, kann sich heute schon grundlegend gewandelt haben. Beispielhaft soll deshalb in diesem Praxisletter betrachtet werden, wie sich der Wissensstand in
einem Zeitraum von nur vier Jahren zu einem überschaubaren und nahezu alltäglichen Thema wie der
„Reparatur defekter Restaurationen“ entwickelt hat
(Praxisletter DZZ 07/2003).
Statement
Auch in den letzten vier Jahren wurden kontinuierlich weiter wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema „Reparatur“ publiziert. Bei der Gesamtbetrachtung zeichnen
sich jedoch einige bemerkenswerte Änderungen ab:
a) Eine Reparatur (teil-)defekter, aber funktionell intakter
Restaurationen oder wenigstens der Versuch, wird wegen der möglichen Folgen einer Neuanfertigung (Zahnhartsubstanzverlust, Pulpaschäden, Aufwand/Kosten)
grundsätzlich als sinnvoll betrachtet.
b) Die Mehrzahl der klinischen Untersuchungen
beschäftigt sich mit der Reparatur von Komposit- bzw.
Amalgamfüllungen und der längerfristigen Bewährung der reparierten Restaurationen. Die Reparatur
an Keramikrestaurationen wurde hingegen seltener
thematisiert.
c) Unverändert basieren alle Techniken zur In vivo-Reparatur auf der Adhäsivtechnik und der Verwendung von
Kompositen zur Reparatur.
Entwicklungen zur Frage des Verbundes von Reparaturmaterialien
Stand 2003 – Es gab bereits einige experimentelle Untersuchungen zur Vorbehandlung von Oberflächen an der Bruchstelle. Für Defekte an keramischen Restaurationen (Keramikinlays, Verblendungen) wurden Verfahren mit (mikro-)mechanischem Verbund (Abstrahlen, Aufrauen, Ätzung), mit
chemischem Verbund (Silanisierung) oder Kombinationen
empfohlen. Für die Reparatur von Kompositen (Füllungen,
Kompositinlays und -verblendungen) wurden überwiegend
mechanische Hilfsmittel (Diamant, Abstrahlen) und ggf. das
Auftragen von Bondingkunststoff bzw. eine Silanisierung
zur Vorbehandlung der Bruchfläche favorisiert.
Stand 2007 – Die bereits für keramische Restaurationen bekannten Verfahren wurden auch an Kompositen
untersucht. So erwiesen sich – trotz der unterschiedlichen Zusammensetzung und Materialeigenschaften von
Kompositen – sowohl die Anwendung von Adhäsiven als
auch Abstrahlen mit Aluminiumoxid- bzw. silanisierten
Partikeln als Vorbehandlung geeignet. Zur Anwendung
von Adhäsiven sind noch weitere Aspekte beachtenswert:
a) Adhäsive, die zur Konditionierung von Kompositfüllungen verwendet werden, sind für Ormocere oder Kompomere nicht unbedingt gleichermaßen geeignet. b) Es gibt
Hinweise darauf, dass mit sog. „Multi-Step“-Adhäsiven ein
besserer Verbund als mit selbstkonditionierenden Adhäsiven erreicht wird. c) Die zusätzliche Anwendung eines
niedrigviskösen Komposits könnte einer vorzeitigen
Ermüdung des Verbundes entgegenwirken. Hingegen verbessert eine Ätzung des Füllungsmaterials oder die Schaffung mechanisch-retentiver Unterschnitte den Verbund
(Randspaltbildung) des Reparaturkomposits nicht.
Zur Reparatur von Zirkonoxidkeramiken (z. B. Verschluss nach Trepanation einer Krone) gibt es nur sehr we-
Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift • 62 • 2007 • 7 • © Deutscher Ärzte-Verlag, Köln
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Praxisletter
nige Untersuchungen. Es wurde
dabei gezeigt, dass eine Reparatur durch Abstrahlen mit silanisierten Partikeln möglich ist,
jedoch die Frakturresistenz der
Zirkonoxidkeramik durch die
Trepanation
beeinträchtigt
bleibt. Hier werden sicher in absehbarer Zukunft noch weitere
Untersuchungen erfolgen und
die Grundlage für eine Beurteilung verbreitern.
Entwicklungen zur klinischen
Bewährung von Reparaturen
Stand 2003 – Insgesamt gab es nur wenige klinische Untersuchungen zu Reparaturen und vorwiegend solche zu
metallkeramischen Restaurationen. Hier wurden – vor
allem abhängig von der Kaubelastung des reparierten Bereichs – bei reparierten Kronen bzw. Verblendungen gute
Erfolge bis zu drei Jahren erzielt. Bei solchen Defekten (allerdings ohne Betrachtung der Zirkonoxidkeramiken)
wurden bereits damals kleinere Reparaturen an sonst intakten Restaurationen überwiegend positiv bewertet. Reparaturen an defekten Komposit- oder Amalgamrestaurationen wurden dagegen als temporäre Lösung betrachtet.
Stand 2007 – Hier sind ganz wesentliche Neuerungen
zu verzeichnen: Während zur Reparatur (metall-)keramischer Restaurationen nur vereinzelt klinische Untersuchungen durchgeführt wurden, existieren inzwischen eine ganze Reihe von klinischen Studien zur Bewährung einer Reparatur an Komposit- und auch an Amalgamfüllungen. So gibt es inzwischen 2-Jahres-Beobachtungen
zu reparierten Komposit- und auch zu Amalgamfüllungen. Bei Kompositrestaurationen konnte gezeigt werden,
dass der Ersatz – aber eben auch eine Reparatur (!) – an defekten Füllungsrändern über diesen Zeitraum erfolgreich
ist. Ähnliches stellten dieselben Autoren auch bei defekten
Amalgamfüllungen fest, bei denen ein Jahr nach Reparatur weitgehend stabile Randverhältnisse beobachten wurden. Eine weitere Untersuchung über fünf bis zehn Jahre
zeigt, dass die Überlebensrate von reparierten und ersetzten Amalgamfüllungen bis zu fünf Jahren identisch und
erst nach zehn Jahren eine höhere Misserfolgsquote bei
den reparierten Restaurationen zu beobachten ist.
Entwicklungen zum Lehrinhalt in
der studentischen Ausbildung
Stand 2003 – Schon zu dieser Zeit war die Vermittlung
von Kenntnissen zur Reparatur an vielen Universitäten
(Deutschland, Skandinavien, England, USA) Teil des Lehrkatalogs im Zahnmedizinstudium. Auch im Rahmen der
klinischen Kurse wurden teilweise bereits praktische Erfahrungen mit Reparaturen vermittelt. Die Einschätzung
hinsichtlich des Erfolges dieser Maßnahmen war jedoch
sehr unterschiedlich.
Stand 2007 – Es ist bemerkenswert, dass nach wie vor die
Indikation und Dauerhaftigkeit von Reparaturen sowohl an
verschiedenen Lehranstalten eines Landes (z.B. Skandinavien und auch Deutschland) als auch im Vergleich europäischer und amerikanischer Universitäten unterschiedlich
eingeschätzt wird. So zeigte eine Studie, dass an englischen
Universitäten (Manchester) defekte Amalgamfüllungen
eher beobachtet und an amerikanischen Universitäten (Florida) eher repariert bzw. korrigiert werden.
Empfehlung
Wie schon eingangs erwähnt, der Wissensstand in der
Zahnmedizin entwickelt sich rapide! Auch zur Frage der
Reparatur von Füllungen ist in einem Zeitraum von nur
vier Jahren eine neue Entwicklung deutlich geworden: Das
Wort „Reparatur“ ist nicht identisch mit minderwertiger
Zahnheilkunde. Die Reparatur einer funktionell-intakten
Restauration ist eine ernstzunehmende Therapiealternative, die bei geeigneter Indikation (z.B. Qualität der Restauration, Defektausdehnung und Kaubelastung) ganz im Sinne
einer modernen minimal-invasiven Zahnheilkunde sowohl
zahnerhaltend als auch pulpaprotektiv sein kann.
„Therapieoption“ bedeutet jedoch auch, dass nicht jeder Defekt an jeder Restauration bedenkenlos repariert
werden kann. Eine ordnungsgemäß durchgeführte Reparatur erfordert mindestens genauso viel – wenn nicht
mehr – Aufwand als für eine Neuanfertigung notwendig
wäre. Neben den im Praxisletter 2003 nachzulesenden
Empfehlungen ist ein hohes Maß an Aufklärung (Patient),
Kontrolle (enges Recall) und langfristiger Behandlungsplanung (Behandler) notwendig.
Auch wenn viele Kollegen während des Studiums das
Wort Reparatur nur im Zusammenhang mit frakturierten
Prothesen kennengelernt haben, kann eine solche Maßnahme eben auch im wahrsten Sinne des Wortes zahnerhaltend sein und dies in einer Zeit, in der Zähne immer
öfter einem neuen schönen Implantat weichen.
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Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift • 62 • 2007 • 7
H. Lang, Düsseldorf
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