-1- Forschungsvorhaben "Baustoffkreislauf im Massivbau (BIM)" Teilvorhaben 2: "Erprobung und Optimierung" Teilprojekt B 05, B 06 und B 07: "Sprengtechnischer Abbruch" Ergebnisbericht für das Statusseminar am 28./29. September 1998 in Darmstadt Dr. H.-U. Freund, Dipl.-Ing. G. Duseberg, Dr. St. Schumann; Battelle Ingenieurtechnik GmbH Dipl.-Ing. H. Roller; Roller Sprengtechnik GmbH Dipl.-Kfm. W. Werner; Georg Werner GmbH ______________________________________________________________________ 1 Zusammenfassung Im Berichtszeitraum (2/98 bis 8/98) wurden folgende Schwerpunkte bearbeitet: a) b) Zusammenfassende Auswertung der Ergebnisse aus den Abbruchobjekten 1 und 2, bei denen mit einer Folge von Teilabbruchsprengungen vorgegangen wurde: Verteilung der Bruchstückgrößen, Einfluß der Sprengparameter Festigkeiten des angesprengten Betons, Bruchmechanismus Energieeintrag beim sprengtechnischen Abbruch Abbruchobjekt 3: Kipp-Kollapssprengung eines 7-stöckigen Doppelhauses Abbruchobjekt und sprengtechnisches Vorgehen Erste Ergebnisse Die Kooperation zwischen den 3 Teilprojekten bestand: bei Punkt a) in Zuarbeit von B 07 (Fa. Werner) zur Auswertung durch B 05 (Fa. Battelle) bei Punkt b) in der Bereitstellung des Abbruchprojektes 3 und Kooperation bei den begleitenden Untersuchungen, B 06 (Fa. Roller) Battelle Ingenieurtechnik GmbH -2- 2 Verteilung der Bruchstückgrößen Das gesprengte Material wurde in 3 Bruchstück-Größenbereiche eingeteilt: 1. den Anteil mit Korngrößen über 32 mm bzw. 64 mm, d.h. das Material, das zur Wiederverwendung nachzerkleinert werden muß, einschließlich großer und sehr großer Bruchstücke (ca. 500 mm bis 1.000 mm), 2. den Anteil mit Korngrößen zwischen 2 mm (1 mm) und 32 mm, d.h. das Material, das ohne Nachzerkleinerung nach Sortieren gem. DIN 1045 dem Baustoffkreislauf als Zuschlagstoff wieder zugeführt werden kann, 3. den Fein- bzw. Feinstanteil mit Korngrößen unter 2 mm (1 mm), aus dem ggf. nach Siebung der Sand-Anteil zur Wiederverwendung abgezweigt werden kann. Bei der Auswertung wurden aus Zweckmäßigkeitsgründen Größenklassenbereiche festgelegt, die die o.a. Bereiche überlappen. Die Stückigkeit hängt vorrangig von der spezifischen Beladung ab, siehe Bild 1. Die beim gewerblichen Bauwerksabbruch üblichen Ladedichten liegen im Bereich zwischen ca. 0,2 kg/m3 und 0,8 kg/m³. Bruchstückgrößenverteilung von Betonbruch beim Sprengen 100 Platten: 2m x 2m x 0,7m Platte 1v: 0,9 kg/m³ 10 [% ] Platte 1n: 0,9 kg/m³ Ma sse Platte 2: 0,9 kg/m³ Platte 3: 1,9 kg/m³ Platte 4: 3,1 kg/m³ W ürfel: 0,5 m Kantenlänge Würfel: 0,2 kg/m³ 1 Platten: 0,11 kg/m³ Platten: 2m x 2m x 0,5m Zuschlagkorn: 2 - 32 mm 0,1 0,1 1 10 100 1000 Bruchstückgröße [mm] Bild 1: Bruchstückgrößenverteilung von Betonbruch beim Zerlegen von Probekörpern mit Sprengstoffmengen von 0,11 – 3,1 kg/m³ Das sprengtechnische Vorgehen bei den beiden Abbruchobjekten 1 und 2 erfolgte nach dem Verfahren "Lockerungssprengungen". Dabei lag die mittlere spezifische Beladung im Bereich von 0,21 bis 0,33 kg/m3. Battelle Ingenieurtechnik GmbH -3- Die gemessenen Bruchstückgrößenverteilungen sind in Bild 2 und Bild 3 wiedergegeben. Bruchstückgrößenverteilung für Abbruchobjekt 1 100 Ma sse [% ] 10 Sprengung Nr. 1 (0,30 kg/m³) 1 Zuschlag: 2-32 mm (13 %) 0,1 0,1 1 10 100 1000 Bruchstückgröße [mm] Bild 2: Bruchstückgrößenverteilung von Betonbruch bei Abbruchobjekt 1, Hafenstraße-Unterführung Frankfurt/Main Bruchstückgrößenverteilung für Abbruchobjekt 2 100 [% ] 10 Ma sse Sprengung Nr.1 (0,24 kg/m³) Sprengung Nr.2 (0,21kg/m³) Sprengung Nr. 3 (0,33 kg/m³) Sprengung Nr. 3: Deckbeton 1 Zuschlag: 2-32 mm (1-2%) 0,1 0,1 1 10 100 1000 Brchstückgröße [mm] Bild 3: Bruchstückgrößenverteilung von Betonbruch bei Abbruchobjekt 2, Hochbunker Hamburg Battelle Ingenieurtechnik GmbH -4- Erkennbar ist eine wesentlich flachere Verteilung bei Abbruchobjekt 1 im Vergleich zu Abbruchobjekt 2. Dies hat folgende Gründe: - Das Abbruchgut ist bei 1 mit Feinanteil Bodenmaterial (Sand) verunreinigt, bei 2 liegt reiner Beton vor. - Die Verteilung der Sprengladungen im Bohrloch ist bei 1 in der Tiefe konzentriert (Position im Bohrlochtiefsten ggf. zusätzlich bei ca. halber Bohrlochtiefe), siehe Bild 4; bei 2 homogen über die Bohrlochtiefe verteilt, siehe Bild 5. Bohrloch-Beladung von Sprengfeld Nr. 23 20 19 18 17 16 15 14 Bohrloch Nr. 13 Luft 12 Lehm 11 Ammon-Gelit 2 10 Holz 9 Ammon-Gelit 2 8 7 6 5 4 3 2 1 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 Bohrlochtiefe [m] Bild 4: Sprengstoffbeladung bei Abbruchobjekt 1, Hafenstraße-Unterführung, Frankfurt/Main (Sprengfeld Nr. 23) Bohrloch-Beladung von Sprengfeld Nr.1 und 2 2_4 2_3 2_2 Bohrloch Nr. 2_1 Lehm 2 x Supercord 100 g/m + 12,5 g/m Sprengschnur 1_3 1_2 1_1 Lehm bzw. Splitt 0 0,5 100 g Gelamon 30U 1 1,5 2 2,5 Bohrlochtiefe [m] Bild 5: Sprengstoffbeladung bei Abbruchobjekt 2, Hochbunker Hamburg (Sprengfelder 1 und 2) Battelle Ingenieurtechnik GmbH 3 -5- Die Folge ist ein relativ höherer Anteil an sehr großen Bruchstücken bei 1 aus dem vorderen (oberflächennäheren) Wandbereich und kleinstückige Zerlegung im hinteren Wandbereich, in dem die Sprengladungen konzentriert sind. Bei 2 hingegen findet eine gleichmäßige Zerlegung über das Gesamtvolumen statt. Bei Abbruchobjekt 2 wurde der Deckbeton (bewehrte Betonwand) gesondert analysiert. Hier zeigt sich, daß die oberflächennahe Schicht (bis ca. 10 cm) kleinstückiger zerlegt wird, als die Wand als ganzes. Der Anteil im Korngrößenbereich des Zuschlags (ohne Nachzerkleinerung des Bruchgutes) liegt bei 13 % im Fall Abbruchobjekt 1 und bei nur 1-2 % im Fall Abbruchobjekt 2. Dieser Anteil könnte, wie Bild 1 zeigt, durch Steigerung der spezifischen Beladung wesentlich erhöht werden. Dies wird jedoch aus Gründen der ebenfalls erhöhten Umgebungsbelastung nicht praktiziert. 3 Festigkeiten des angesprengten Betons, Bruchmechanismus Der Ausgangsbeton besaß die bei den Abbruchobjekten gute Qualität (D = 54 bzw. 44 N/mm2, gemessen an Bohrkernen bzw. mit Prellhammer bei Abbruchobjekt 1 und D = 47 bzw. 44 N/mm2 bei Abbruchprojekt 2). Die Festigkeitsuntersuchungen an Bohrkernen wurden im Rahmen der Kooperation mit dem Teilvorhaben B 03 von der Universität Karlsruhe, Prof. Eibl, durchgeführt. Durch die Sprengung wird die Festigkeit des Verbunds (gemessen an Bruchstücken 300 mm) erheblich verringert, siehe Bild 6. Bei Sprengung eines Sprengfeldes, das durch die vorangehende Teilsprengung des Nachbarfeldes vorgeschädigt war, wurde keine weitere Festigkeitsverringerung beobachtet, siehe Bild 7. Die Belastungen, die zur Zerlegung des Betons bzw. zu Restschäden (Risse) führen, lassen sich in 3 Bereiche einteilen, siehe Bild 8: 1. der Bereich unmittelbar um das Bohrloch 2. 3. der Bereich im kompakten Volumen zwischen Bohrlöchern der Bereich zwischen Bohrloch und Oberfläche (oberflächennaher Bereich). In allen 3 Bereichen bestimmen ausgedehnte Spannungsfelder die Zerlegung: Im Nahbereich des Bohrlochs ist die hochtransiente Stoßwelle bestimmend, in den übrigen Bereichen das durch die sich überlagernden und an Oberflächen reflektierten Stoßwellen aufgebaute dynamische Spannungsfeld. Im Gegensatz zur Zerkleinerung bei Crusher oder Prallmühle durch punktförmig konzentrierte Belastung erfolgte die Sprengzerkleinerung durch Volumenkräfte (vor allem Zug-, Scherspannungen), siehe Bild 9. Dieser Bruchmechanismus sollte weniger Feingut erzeugen. Battelle Ingenieurtechnik GmbH -6- Beton-Prüfhammerergebnisse für Sprengfeld Nr. 23 60 59 57 54 56 54 52 50 äquivalente Würfelfestigkeit [N/mm²] 50 48 47 45 41 40 39 36 36 34 32 32 30 28 vor der Sprengung nach der Sprengung 26 21 20 21 19 17 15 10 0 1 2 Bild 6: 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 Probe Nr. 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 Ergebnisse der bei Sprengfeld Nr. 23 von Abbruchobjekt 1 (Hafenstraße Frankfurt/Main) durchgeführten Prellhammermessungen Beton-Prüfhammerergebnisse für Sprengfeld Nr. 3 60 51 äquivalente Würfelfestigkeit [N/mm²] 50 46 44 41 39 40 35 30 29 28 vor der Sprengung nach der Sprengung 24 20 19 20 10 0 1 Bild 7: 2 3 4 5 6 Probe Nr. 7 8 9 10 11 Ergebnisse der bei Sprengfeld Nr. 3 von Abbruchobjekt 2 (Hochbunker Hamburg) durchgeführten Prellhammermessungen Battelle Ingenieurtechnik GmbH -7- Bild 8: Bereiche unterschiedlicher Zerlegebelastung beim Bohrloch-Sprengen Bild 9: Vergleich der Zerkleinerungskräfte a) beim Brechen (Backenbrecher, Crusher) b) beim Impakt (Prallmühle) c) beim Sprengen (durch Stoßwellen induzierte Spannungsfelder) Dieser - hypothetische - Vorteil der Sprengzerlegung ist jedoch solange ohne praktische Bedeutung, solange die Sprengauslegung mit dem Ziel Lockerungssprengung zu grobstückiger Zerlegung führt und damit die erforderliche Nachzerkleinerung mit Crusher/ Prallmühle die Produkteigenschaften dominiert. 4 Energieeintrag beim sprengtechnischen Abbruch Die Zerlegung erfolgt einschließlich der Hilfstechniken mit folgenden Energiebeiträgen: Sprengenergie Schlagenergie (hydraulisches Werkzeug) Aufprallenergie (potentielle Energie des Bauwerks bei Kipp-, Kollapssprengung) Dabei wird die beim Bohren der Sprenglöcher eingetragene Energie vernachlässigt. Die Beiträge zur Zerlegung sind bei Teilabbruch (schrittweise Zerlegung) und Totalabbruch durch Kipp-/Kollapssprengung unterschiedlich. Für die Abbruchobjekte 1 und 2 (Teilabbruch) und Abbruchobjekt 3 (Totalabbruch) ergeben sich die in Bild 10 dargestellten Energie- und Massenbilanzen. Battelle Ingenieurtechnik GmbH -8- Energiebeiträge zur Betonzerlegung bei Abbruchobjekt 1 100% 90% 80% 70% 60% 50% Hydraulisches Werkzeug Sprengen 40% 30% 20% 10% 0% Baustoffmasse Gesamtenergie Energiebeiträge zur Betonzerlegung bei Abbruchobjekt 2 100% 90% Innenwände 80% 70% 60% 50% Hydraulisches Werkzeug Sprengen 40% Außenwände 30% 20% 10% 0% Baustoffmasse Gesamtenergie Energiebeiträge zur Betonzerlegung bei Abbruchobjekt 3 100% 90% 80% 70% 60% Zerlegung durch Aufprall 50% Vorschwächen mit Hydraulic Bagger 40% Sprengen 30% 20% 10% 0% Baustoffmasse Gesamtenergie Bild 10: Vergleich der Energiebeiträge (bezogen auf die Baumasse bzw. die insgesamt aufgewendete Energie) für die Folge von Teilabbruchsprengungen (oben), die Folge von Sprengungen und mechanischen Teilabbruch (Mitte) und die Zerlegung von Beton- und Ziegelmauerwerk durch eine Kipp-/KollapsSprengung (unten) Battelle Ingenieurtechnik GmbH -9- Gemeinsam ist allen drei - im Vorgehen sehr unterschiedlichen Abbruchobjekten - der geringe relative Bedarf an Sprengenergie im Vergleich zum Energiebedarf der in allen Fällen erforderlichen unterstützenden mechanischen Zerlegung. Dies beruht auf dem hohen Zerlegewirkungsgrad der Bohrloch-Sprengtechnik. Abbruchobjekt 3 zeigt ferner die vorteilhafte Nutzung der potentiellen Energie des Bauwerks beim energiesparenden Abbruch. 5 Fallbeispiel Kipp-/Kollapssprengung: Abbruchobjekt 3 Der Bauwerksabbruch mit einer einzigen Sprengung stellt - wann immer durchführbar - die günstigste Vorgehensweise dar. Dies gilt in Bezug auf technischen Gesamtaufwand (Geräteeinsatz, Energiebedarf, s. Bild 10) und Umweltbelastung. Die Sprengung eines 7-stöckigen Doppelhauses, siehe Bild 11, erfolgte durch Kipp-/ Kollapssprengung. Dabei wurde das Gebäude durch Sprengen eines keilförmigen Bereichs zum Kippen gebracht, das kippende Bauwerk kollabiert beim Aufsetzen und wird durch die Aufprallenergie zerlegt, siehe Bild 12. Wesentliche Kenndaten sind im folgenden angegeben: Art des Baumaterials: Beton (ca. 32 %) und Ziegelmauerwerk (ca. 68 %) Gesamtmasse: ca. 3.400 Mp Gesamtsprengstoffmenge: 48 kg, davon 8 kg zur Erzeugung von Wassernebel zur Staubrückhaltung Dauer der Sprengung: 0,5 s Dauer des Bauwerkskollapses: < 10 s Nebenwirkungen der Sprengung: Erschütterung der Nachbargebäude (innerstädtische Bebauung, U-Bahn-Stollen) dokumentiert durch Messungen der maximalen Schwinggeschwindigkeit mit zugehöriger Frequenz, Vergleich mit Richtwerten nach DIN 4150 Staubemission reduziert durch gleichzeitiges Sprengen von 8 x 1 m³ Wasser Messung der Immission im Nahbereich Bruchstückflug Rückhaltung durch Mattenabdeckung des Sprengbereichs unmittelbar am Bauwerk Haufwerk: Gemisch aus Ziegel- und Betonbruch mit vereinzelten Fremdstoffresten, mittlere Bruchstückgröße von den oberen Bauwerksetagen nach unten zunehmend (Zerkleinerung durch Fallenergie). Battelle Ingenieurtechnik GmbH - 10 - Bild 11: Blick auf das Fallbett für die Kipp-/Kollaps-Sprengung des 7-stöckigen Doppelhauses von Abbruchobjekt 3 Bild 12: Kippsprengung mit sprengtechnischer Staubreduktion (links) und Haufwerk im Fallbett direkt danach Die Auswertung ist derzeit im Gange. Battelle Ingenieurtechnik GmbH