Dienstag, 8. März 2016 Interview ● „Mars kann uns vom Ursprung des Lebens erzählen“ DLR-Planetengeologe Ralf Jaumann über die Herausforderungen der europäisch-russischen ExoMars-Missionen RAVENSBURG - Es ist eines der inte- ressantesten und schwierigsten Projekte der Raumfahrtgeschichte: Mit dem Start der Sonde Trace Gas Orbiter am 14. März auf dem russischen Weltraumbahnhof Baikonur beginnt eine Doppelmission zum Mars, die die Antwort auf die Frage nach möglichem Leben auf dem Roten Planeten liefern könnte. Alexei Makartsev sprach über die insgesamt 1,2 Milliarden Euro teuren Programme ExoMars-2016 und -2018 mit dem renommierten Planetengeologen Dr. Ralf Jaumann (Foto: DLR) vom Berliner Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. ne Aussage über das Klima zu machen. Das haben Europa und die USA mit ihren Raumschiffen vor. Wie soll es 2018 weitergehen? In zwei Jahren soll ein Rover auf dem Mars landen, der Löcher bohren kann. Das ist wichtig, weil die Oberfläche des Planeten dem Leben keine guten Chancen bietet – denn der Mars hat kein Magnetfeld und nur eine dünne Atmosphäre, die Strahlung ist deshalb relativ hoch. Wenn man also dort Leben in Bakterienform sucht, dann unter der Oberfläche. Schon ein paar Zentimeter reichen, um die tödliche Strahlung abzuschirmen. Der Rover wird Proben aus den Löchern holen und sie auf organische Bestandteile hin analysieren. Was ist das Ziel der ersten ExoMars-Mission, die in Kürze startet? Wir wollen zunächst mit einer Sonde namens Trace Gas Orbiter (TGO) nach Methan, CO2 und Ozon in der Mars-Atmosphäre suchen. Der Orbiter hat dazu Spektrometer an Bord, die präzise Gase messen können. Methan entsteht durch vulkanische Aktivität oder im Stoffwechselprozess von Organismen. Auch Ozon wäre ein Indikator für mögliches Leben. Der TGO hat eine hochauflösende Kamera mit dabei, mit deren Hilfe wir die Ursprungsorte von solchen Gasmolekülen finden können, also vielleicht heiße Quellen auf der Marsoberfläche, die Material nach draußen transportieren. Der Orbiter hat zudem den Demonstrator Schiaparelli an Bord, der das Landen auf dem Mars für die Folgemission im Jahr 2018 ausprobieren soll. Es ist sicher aber nicht so einfach, zellulares Leben nachzuweisen ... Genau, im Berliner Robert-Koch-Institut machen die Forscher das in Labors, die über drei Stockwerke reichen und die mit extrem sensiblen Mikroskopen und Spurengasanalysatoren ausgestattet sind. Das alles kann man nicht auf den Mars bringen. Weil wir nicht 100 Tonnen Ausrüstung auf einen anderen Planeten transportieren können, müssen wir die Bodenproben hierherholen. Das macht aber nur Sinn mit Proben, von denen man weiß, dass dort wenigstens komplexe organische Verbindungen enthalten sind. Deswegen fahren gerade US-Rover auf dem Mars herum, die geeignete Stellen für solche Probeaufnahmen und für Bohrungen finden sollen. Esa und Nasa wollen die Proben entnehmen, sie einpacken und erst einmal stehen lassen. Mit einer weiteren Mission wollen wir sie dann im Jahr 2025 zur Erde zurückbringen. Was wissen wir heute über das Klima auf dem Roten Planeten? Der Mars braucht doppelt so viel Zeit für seine Sonnenumlaufbahn wie die Erde. Er hat eine geneigte Achse, es gibt deswegen dort Jahreszeiten wie auf der Erde, bloß der Sommer und Winter dauern jeweils ein halbes Jahr lang. Die irdische Atmosphäre wird im Frühjahr durcheinandergewirbelt, weil die Temperaturen sich ändern. Das ist auch auf dem Mars so, man muss das aber über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr beobachten können, um ei- Sind die neuen Mars-Missionen technisch ein Sprung nach vorne? Das kann man so sagen. Dieser Sprung hat bereits mit dem US-Rover „Curiosity“ begonnen. Die Nasa hat ein Objekt mit dem Gewicht von einer Tonne auf dem Mars gelandet. Das geht nicht mit Airbags oder einem gebremsten Fall, dafür wurde ein Landefahrzeug erfunden, das über der Oberfläche schwebend die Last absetzen kann. Verglichen mit amerikanischen Rovern wird das kleinere Esa-Fahrzeug den Vorteil haben, dass es bohren kann. Das ist Am 19. Oktober 2016 soll die Esa-Sonde TGO in die Marsumlaufbahn einschwenken. die Voraussetzung dafür, dass man geeignete Proben zurück bringt. Auf dem Mars könnte allerdings einiges schief gehen… Ja, der Planet ist verdammt weit weg. Entweder ist Ihr Raumschiff gut genug, um mit Fehlern umgehen zu können. Oder aber Sie werden scheitern, weil der Mars gnadenlos ist und Sie nicht eingreifen können. Das größte Problem ist die Kommunikation. 20 Minuten braucht das Radiosignal hin und genauso lang zurück. Die Automaten da oben müssen vieles selbst tun, auch die Landung muss funktionieren, ohne dass man eingreifen kann. Der Rover muss nach der Landung entscheiden: Bin ich unten? Dann fahre ich meine Systeme hoch, suche mit meiner Antenne Kontakt, stelle den Kontakt mit der Erde her. Das erfordert viel Autonomie. Dafür haben auf der Erde viele kluge Köpfe lange nachgedacht, alle Möglichkeiten in Betracht gezogen und den Bordcomputer so mit Daten gefüttert, dass er auch mit Unerwartetem fertig wird. Wird es von den ExoMars-Missionen aufregende Bilder geben? Ja, der Trace Gas Orbiter hat eine Stereokamera, die Details mit einer Auflösung von etwa einem Meter fotografieren kann. Es wird also von der Oberfläche ähnlich fantastische Bilder geben, die uns heute „Curiosity“ liefert. Diese Aufnahmen vermitteln den Eindruck, als ob man selber auf dem Mars stehen würde. Wird es andere Mars-Missionen in den nächsten Jahren geben? Die USA planen 2020, einen neuen Rover zu schicken, der organisches Material in Proben analysieren wird. Und die Amerikaner arbeiten gerade daran, wie die Proben zurückgeholt werden können. Der Probenbehälter ist nur etwa so groß wie eine Mikrowelle. Seine Funksignale sind ziem- FOTO: ESA/ATG MEDIALAB lich ungenau. Ihn in den Mars-Orbit zu schicken, wo ein Raumschiff die Proben autonom einfangen muss, ist nicht einfach und verdoppelt die Kosten einer Mission. Um dieses Problem zu lösen, schwitzen die Ingenieure heute. Was wäre für Sie der größte Erfolg des ExoMars-Programms? Wenn man organische Bestandteile finden könnte, die aufgrund von Lebensprozessen entstanden sind, wäre das eine Sensation. Wir haben hoch entwickeltes Leben auf der Erde – aber wir wissen noch wenig über seine Ursprünge. Die Erde ist ein dynamischer Körper. Die Kruste wird ununterbrochen ins Erdinnere transportiert und aufgeschmolzen. Heraus kommt frisches Gestein, und alle Spuren von Bakterien sind ausgelöscht. Wenn wir also wissen wollen, wie sich das Leben entwickelt hat, bleibt nur der Mars, dort könnte noch etwas konserviert sein. Der Fluch des russischen Mars-Programms RAVENSBURG (alm) - Die Pioniere der Raumfahrt leiden seit Jahrzehnten unter dem „Mars-Fluch“: Anders als beim relativ erfolgreichen Mondprogramm sind bislang fast alle sowjetischen und russischen Missionen zum Roten Planeten gescheitert. In den ersten zehn Jahren nach dem Start des Mars-Programms 1960 hatten sämtliche Trägerraketen mit den Mars-Sonden versagt oder die Verbindung zu den Apparaten brach unterwegs ab. Die Sonde „Mars-2“ erreichte 1971 den Planeten, doch das Landemodul zerschellte an dessen Oberfläche. Kaum erfolgreicher war 1972 die Nachfolgemission „Mars-3“: Zwar konnte sie sicher landen, doch bereits nach 14 Sekunden brach der Kontakt zur Sonde ab. Bis 1977 verfehlten vier weitere Sonden wegen technischer Pannen das Ziel. Ende der 1980er-Jahre machte Moskau einen neuen Anlauf, diesmal flogen zwei Sonden zum Mars-Mond Phobos – beide gingen verloren. Zuletzt scheiterte eine Phobos-Sonde 2011. Westliche Experten machen für diese Rückschläge die relativ niedrigen Sicherheitsstandards und die mangelnde Finanzierung der russischen Raumfahrt verantwortlich. Sie scheinen aber keine Bedenken zu haben, dass eine „Proton M“-Rakete am 14. März Europas Mars-Sonde Trace Gas Orbiter ins All befördern soll. „In der letzten Zeit ist die Zusammenarbeit zwischen der Esa und Roskosmos gut gelaufen“, sagt der DLR-Planetengeologe Rolf Jaumann. Missionszeitplan 14. März: Start der Mission ExoMars auf dem russischen Weltraumbahnhof Baikonur 16. Oktober: Trennung der Sonde Trace Gas Orbiter (TGO) und des Landemoduls Schiaparelli im Anflug auf den Mars 19. Oktober: TGO schwenkt in den Mars-Orbit ein. 19. Oktober: Schiaparelli tritt mit 21 000 Stundenkilometern in die Mars-Atmosphäre ein und landet im Meridiani Planum. Dezember 2017: TGO beginnt Messungen in der Marsumlaufbahn (400 Kilometer Höhe) 2018: ExoMars-Rover wird auf der Oberfläche abgesetzt, der TGO übernimmt im Orbit die Kommunikation. Dezember 2022: Ende der TGO-Mission (alm) Der Sternenhimmel im März Mit der Uhrenumstellung beginnt die Sommerzeit wieder – Jupiteropposition lässt den Planeten die ganze Nacht über sichtbar werden Erläutert, wie immer an dieser Stelle, von der Volkssternwarte Laupheim ● Die Sonne Der Frühlingsbeginn fällt in diesem Jahr auf den 20. März um 5.30 Uhr. Unser Heimatstern hat dann den Frühlingspunkt am Sternhimmel erreicht und kreuzt dort den Himmelsäquator von Süden nach Norden. An diesem Datum sind Tag und Nacht gleich lang (Tagundnachtgleiche). In der Nacht zum Sonntag, 27., werden die Uhren um eine Stunde vorgestellt: Die Sommerzeit beginnt wieder. Die Sonnenauf- und -untergangszeiten, angegeben – wie alle anderen Zeiten in diesem Artikel – in mitteleuropäischer Zeit (MEZ): 1. März 7.03 Uhr, 18.03 Uhr; 10. März 6.44 Uhr, 18.17 Uhr; 20. März 6.22 Uhr, 18.33 Uhr; 31. März 5.58 Uhr, 18.51 Uhr. Der Mond Am 2. März steht der Erdbegleiter als abnehmender Halbmond (Phase des letzten Viertels) im Sternbild „Schlangenträger“. Die Mondsichel verschwindet schließlich in der Neumondnacht des 9. vom Firmament. Sie kehrt in den darauffolgenden Tagen wieder am Abend an den Westhorizont zurück. Dabei weist die Rundung der Sichel stets in Richtung Sonne. Zum 15. hat sich die Sichel in den zunehmenden Halbmond (Phase des ersten Viertels) gewandelt und ist im „Stier“ eingetroffen. Mit größter Helligkeit strahlt der Erdtrabant am 23. als Vollmond in der „Jungfrau“. Danach schwindet seine Helligkeit wieder. Am 31. erreicht der abnehmende Halbmond (Phase des ● letzten Viertels) den „Schützen“. Übrigens: Durch den frühen ersten Frühlingsvollmond fällt der Ostersonntag bereits auf den 27. März. ● Die Planeten Merkur, der sonnennächste Planet, wandert hinter die Sonne. Er bleibt im März unsichtbar. Venus, unser Planetennachbar im inneren Sonnensystem, leuchtet bis zum letzten Monatsdrittel als „Morgenstern“. Sie geht am 1. März gegen 6.17 Uhr auf, am 31. bereits gegen 5.37 Uhr. Allerdings verfrühen sich die Sonnenaufgänge, sodass die Venus ab dem letzten Monatsdrittel bereits in der Morgendämmerung im Glanz der Sonne verschwindet. Mars, unser Planetennachbar im äußeren Sonnensystem, zeigt sich ab der zweiten Nachthälfte am Firmament. Am Monatsersten schiebt er sich gegen 0.57 Uhr über den Der Sternhimmel am 1. gegen 23 Uhr, am 15. gegen 22 Uhr und am 31. gegen 21 Uhr (MEZ). Die Kartenmitte zeigt den Himmel im Zenit. Der Kartenrand entspricht dem Horizont. Norden ist oben, Westen rechts, Süden unten und Osten links. Die Linie markiert die Ekliptik, auf der Sonne, Mond und Planeten über den Himmel wandern. FOTO: STERNWARTE LAUPHEIM Horizont, am Monatsletzten bereits um 23.46 Uhr. Am 13. wechselt der Rote Planet von der „Waage“ in den „Skorpion“. In seiner Leuchtkraft wird er von Mond, Jupiter, Venus und Sirius, dem hellsten Stern übertroffen. Jupiter, der größte Planet des Sonnensystems mit elffachem Erddurchmesser, zieht durch den „Löwen“. In der Nacht des 8. März erreicht er seine Oppositionsstellung und bietet damit die beste Beobachtungsmöglichkeit des Jahres. Bei einer Jupiteropposition sind Sonne, Erde und Jupiter entlang einer geraden Linie aufgereiht. Diese Stellung ist für die Jupiterbeobachtung optimal, da zum einen der Planet die ganze Nacht über zu sehen ist – er geht bei Sonnenuntergang auf und bei Sonnenaufgang unter – zum anderen ist auch seine Entfernung zur Erde am geringsten und dadurch sein scheinbarer Durchmesser am Himmel und seine Helligkeit am größten. ● Die Fixsterne Auch unter den Sternbildern hält der Frühling seinen Einzug und lässt die Wintersternbilder rund um den prächtigen „Orion“ allmählich im Westen versinken. Ein typisches und leicht erkennbares Frühlingssternbild ist der „Löwe“. Schon vor 4000 Jahren sahen die uralten Kulturvölker im Zweistromland im heutigen Irak und Iran in dieser Sterngruppe die sichelförmige Mähne und den trapezartigen Rumpf des Königs der Tiere. Der auffällig helle Stern in der Brust des Raubtiers heißt Regulus. Nikolaus Kopernikus gab ihm diesen Namen, der „kleiner König“ bedeutet. Regulus liegt fast exakt auf der Ekliptik, jener Bahn, auf der sich alle Planeten am Himmel entlangbewegen. Umso kniffliger zu finden, aber lohnend für Sternfreunde, ist das Sternbild „Krebs“. In dessen aus vier schwachen Sternen gebildeten Mitte kann man mit einem Fernglas spielend – in dunklen Beobachtungsgegenden sogar mit bloßem Auge – den offenen Sternhaufen M44 „Praesepe“ (Krippe) erkennen, eine Ansammlung von 350 Sternen in etwa 580 Lichtjahren Entfernung. Verlängert man den Schwanz des „Großen Bären“, trifft man auf den orangefarbenen Arktur. Nach Sirius und Canopus belegt er Platz drei in der Rangliste der hellsten Sterne am Nachthimmel. Er ist Hauptstern des Sternbilds „Bärenhüter“ oder „Bootes“. In der Sage wacht der Bärenhüter darüber, dass der Große und Kleine Bär nicht von ihrem Weg um den Himmelsnordpol abkommen. Überhaupt, die Sternkarte: Warum die Himmelsrichtungen Ost und West scheinbar vertauscht sind, ist rasch erklärt. Um mit ihr den Sternhimmel zu beobachten, wird sie mit dem Bild nach unten über den Kopf gehalten und den Himmelsrichtungen entsprechend ausgerichtet. Der Zenit, der Himmelspunkt direkt über dem Kopf, entspricht dem Schnittpunkt der gedachten Nord-Süd- mit der Ost-West-Linie. Nähere Informationen unter der Rufnummer 07392/91059 und im Internet unter www.planetariumlaupheim.de © 2016 Schwäbisch Media Digital GmbH & Co. KG STERNHIMMEL Schwäbische Zeitung