Berichte aus den Arbeitskreisen AK Botanik Kaiserslautern) 19 blühende Pflanzen, • im Neuwoog-Moor bei Miesau-Buchholz (gesperrtes US-Depot) 16 blühende Pflanzen, • am Schöneichelsweiher bei Eppenbrunn (Landkreis Südwest-Pfalz) 312 blühende Pflanzen, • am Moorweiher bei Ludwigswinkel (Landkreis Südwest-Pfalz) 5 blühende Pflanzen, • im Erbsenthal-Moor bei Stürzelbronn (Lothringen) 185 blühende Pflanzen. Zur Problematik des Vorkommens der Orchideenart Dactylorhiza traunsteineri in der Pfalz und in Lothringen Die Orchideenart Dactylorhiza traunsteineri wurde um 1830 von dem Apotheker Joseph TRAUNSTEINER aus Kitzbühel (Tirol) in der Verladungszone des Schwarzsees bei Kitzbühel erstmalig gesammelt und 1837 als Orchis traunsteineri SAUTER beschrieben. Für unsere Region ist die Art seit SCHULTZ (1846; 443) bekannt, der sie als Orchis Traunsteineri SAUTER, Orchis angustifolia FRIES anführt. Als Fundgebiet gibt der die Rheinebene um Maxdorf an. Ob es sich bei den von ihm gesehenen getrockneten Exemplaren tatsächlich um diese Art gehandelt hat, muss zwangsläufig offen bleiben. SCHULTZ schreibt auf der gleichen Seite aber weiter; Orchis incarnata (L.), Orchis angustifolia Grab., Koch syn. ed. ...”Sümpfe und Sumpfwiesen besonders in den Torfgegenden und zwischen Sphagnum, auf der Vogesias von Kaiserslautern bis Saarbrücken auf der einen und bis Bitsch und Niederbrunn auf der anderen Seite stellenweise häufig.“ 1863 nennt SCHULTZ die Orchideen aus den torfigen Tälern des Buntsandsteingebietes (= Vogesias) erstmals O. traunsteineri. Spätere Autoren wie RUPPERT (1938) sind sich nicht schlüssig und führen O. incarnata, O. angustifolia und O. traunsteineri an. Ganz ähnlich verhält es sich mit den Beschreibungen französischer Autoren für das lothringische Gebiet der Nordvogesen (z.B. KIEFER, 1924 und ENGEL, 1959). Alle geben die Pflanzen als „kritisch“ an (zuletzt JACQUET, 1983; ENGEL, 1986, PARENT, 1996). Deutsche Botaniker (z.B. FUCHS, 1919) sehen das ganz ähnlich. Der Versuch, dieses Taxon D. pseudotraunsteineri zu nennen, fand keine Anerkennung. WOLFF (1998) unterzog sich der Mühe, die Pflanzen aller damals noch bekannten Wuchsplätze zu untersuchen. In der Westpfalz fand er die Pflanzen noch an zwei Orten, an drei weiteren Lokalitäten waren die Pflanzen nach 1972 verschollen. In der Südwestpfalz konnte er die Art an drei Orten nachweisen und im angrenzenden Lothringen an vier. WOLFF vermutete in den Pflanzen stabilisierte Hybridschwärme zwischen Dactylorhiza traunsteineri und Dactylorhiza sphagnicola, mit einem deutlichen Überge- Abb. 1: Einzelne Pflanze von Dactylorhiza vosagiaca, NSG Spiesswald bei Miesau (Westpfalz), 07.06.2007. wicht der erstgenannten Art. Er schlug eine Abtrennung auf subspezifischer Ebene mit den Namen ssp. vosagiaca in Anlehnung an die Vorkommen im Wasgau vor, es erfolgte jedoch keine gültige Beschreibung. Genau 10 Jahre später begannen wir mit Untersuchungen zu den fraglichen Populationen, dankenswerter Weise mit großer Unterstützung durch Peter WOLFF. Ende Mai 2008 fanden wir • im NSG Spiesswald bei Miesau (Landkreis Die weiteren noch von P. WOLFF genannten Vorkommen sind zwischenzeitlich erloschen. Im Folgejahr 2009 war die Anzahl blühender Pflanzen in allen genannten Vorkommen in etwa identisch. Zwischenzeitlich hatten wir Kontakt mit Dr. M. HEDREN von der Universität Lund (Schweden) aufgenommen. Dr. HEDREN ist führend in der Untersuchung und Feststellung der genetischen Ausstattung europäischer Orchideen. Er zeigte sich an einer Untersuchung unserer noch immer mit Zweifeln behafteten Pflanzen sehr interessiert. Auf sein Ersuchen entnahmen wir an jeweils pro Fundort aus den Blütenständen von fünf Pflanzen jeweils fünf Einzelblüten. Diese wurden getrennt in Silica-Gel fixiert, wasserfest beschriftet und nach Schweden geschickt. Ein Jahr lang hörten wir aus Schweden nichts. Zwischenzeitlich hatten C.A.J. KREUTZ und Peter WOLFF (2010) unsere in Rede stehenden Pflanzen nach dem Regelwerk der Botanik gültig als Dactylorhi- Abb. 2: Dactylorhiza vosagiaca am Schöneichelsweiher bei Eppenbrunn (SW-Pfalz), 05.06.2009. POLLICHIA-Kurier 28 (3) – 2012 - 10 - Berichte aus den Arbeitskreisen SAUTER, A.E. (1837): Schilderung der Vegetationsverhältnisse in der Gegend um den Bodensee und in einem Teil Vorarlbergs.Flora 20: 385 ff, Regensburg. WOLFF, P. (1998): Die hybridogenen Dactylorhiza-Formenschwärme in Mooren der Pfalz und der Nordvogesen.- Ber. Arbeitskrs. Heim. Orchid., 15: 63-78. Dagmar Herr-Heidtke & Ulrich H. J. Heidtke (Fotos: D. Herr-Heidtke) Nigritella hygrophila (Foelsche & Heidtke, 2011) ein neues alpines Kohlröschen (Orchidaceae), entdeckt von Pollichianern Abb. 3: Dactylorhiza vosagiaca im Erbsenthal bei Stützelbronn (Lothringen), 05.06.2009. za traunsteineri ssp. vosagiaca beschrieben. Kurze Zeit später trafen mehrere e-Mails aus Schweden ein. Darin stellte Dr. HEDREN das Ergebnis seiner genetischen Untersuchungen vor, das zusammengefasst wie folgt aussieht: Dactylorhiza traunsteineri und z.B. Dactylorhiza sphagnicola gehören zur Großgruppe von Dactylorhiza majalis. Beide Taxa könnten auch als Unterarten von D. majalis verstanden werden (was viele Botaniker bereits tun). Dann wäre D. traunsteineri eine Unterart von D. majalis (= D. majalis ssp. traunsteineri), folglich kann unser vosagiaca-Typus keine Subspezies von traunsteineri sein. Genetisch sind alle genannten Taxa sehr eng miteinander verwandt. Der genetische Unterschied zwischen D. sphagnicola und unserem vosagiaca-Typus ist am größten. Die genetische Differenz zwischen D. traunsteineri und dem vosagiaca-Typus ist sehr gering, aber mit D. majalis (ssp. majalis) ist der vosagiaca-Typus praktisch identisch. Damit wäre es botanisch richtig, unsere pfälzisch-lothringischen Orchideen Dactylorhiza majalis ssp. vosagiaca zu nennen. Da die morphologischen Unterschiede (Größe der Pflanzen, Breite der Blätter, Form und Farbe der Blüten) sowie die Standortbedingungen und der Zeitpunkt der Blüte beider Taxa sehr deutlich differieren, erscheint es gerechtfertigt, den pfälzisch-lothringischen Typus auf eine Stufe mit D. traunsteineri oder D. sphagnicola zu stellen. Und daraus folgert letztlich, dass Dactylorhiza vosagiaca als eine eigenständige Art verstanden werden sollte, die nach heutigem Stand der Kenntnis in Mooren der Pfalz und der angrenzenden Nordvogesen endemisch ist. Eine regelkonforme Neubeschreibung ist in Vorbereitung. Literatur ENGEL, R. (1959): Observations sur quelques orchidees critiques d`Alsace et des Vosges.Bull. Soc. Bot. France 106: 155-161, Paris. FUCHS, A. (1919): Orchis Traunsteineri SAUT. 1. Teil – 42. Ber. Naturwiss. Ver. f. Schwaben u. Neuburg; 5-174, Augsburg. JAQUET, P. (1983): Une repartition des orchidees indigenes de France.- L`Orchidophile, numero hors-serie, 1-64, Paris. KIEFER, J.J. (1924): Petite contribution a la faune et a la flore de Bitche.- Bull. Soc. Hist. Nat. Moselle, 30:7-9, Metz KREUTZ, C.A.J. & WOLFF, P. (2010): Dactylorhiza traunsteineri (SAUTER) SOO subsp. vosagiaca KREUTZ & WOLFF, In: Beitrag zur Kenntnis europäischer, mediterraner und vorderasiatischer Orchideen.- Ber. Arbeitskrs. Heim., Orchid., 27: 191- 198, Koblenz. PARENT, G.H. (1996): Materiaux pour un cataloguede la flore lorraine, 1.Les Orchidees, Bull. Soc. Hist. Nat. Moselle, 47 : 119211, Metz. RUPPERT, J. (1938): Die Orchideen des Saarlandes.- Mitt. POLLICHIA, N.F. VII: 169-230, Bad Dürkheim. SCHULTZ, F. (1846): Die Flora der Pfalz. – Speyer. SCHULTZ, F. W. (1863): Grundzüge der Phytostatik der Pfalz.-XX./XXI, Jb. POLLICHIA: 99319, Neustadt. POLLICHIA-Kurier 28 (3) – 2012 - 11 - Seit etlichen Jahren befassen wir uns mit der Paläontologie allgemein und den Fossilien der Pfalz im Speziellen. Wer sich auf dieses Fachgebiet einlässt, steht irgendwann vor der Frage: „Wie funktioniert eigentlich Evolution?“ Um dieser Frage anschaulich nachgehen zu können, machten wir uns vor gut 15 Jahren auf die Suche nach Organismen, die dem Betrachter das Fortschreiten der Evolution noch heute anschaulich vor Augen führen. So stießen wir fast zwangsläufig auf die wild wachsenden, heimischen Orchideen. Diese meist prachtvoll blühende, noch recht junge botanische Familie Orchidaceae vollzieht ein Fortschreiten ihrer Evolution offenbar in kurzen Zeiträumen und für den untersuchenden Betrachter anschaulich. Als unser Arbeits- und Untersuchungsgebiet ergaben sich naturgemäß die Pfalz und das badische und elsässische Oberrheintal. Hinzu kamen die hochalpinen Orchideen insbesondere der Ostalpen. Für viele botanisch Interessierte ist das Edelweiß das Nonplusultra der alpinen Floren. Unser Favorit ist hingegen die Orchideengattung Nigritella, mit deutschem Namen Kohlröschen, Kohlrösl, Kohlerl, Brändele oder Blutrösl genannt. Der Gattungsname Nigritella RICH. stellt ein Diminutiv (Verkleinerung) zu nigrita (=geschwärzt) dar und bringt die dunkelpurpurne Farbe des Schwarzen Kohlröschens (Nigritella rhellicani) zum Ausdruck. Erste Beschreibungen gehen bereits auf das frühe 19. Jahrhundert zurück. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde mit dem viel selteneren Roten Kohlröschen (Nigritella rubra) eine zweite Art beschrieben.