Epistemische Logik – Eine modelltheoretische

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Epistemische Logik – Eine
modelltheoretische Semantik
Dr. Uwe Scheffler
[Technische Universität Dresden]
Oktober 2010
Eine Sprache
Seien
i, j, in , . . . Zeichen für Individuenvariablen und -konstanten
f , fnm , . . . Zeichen für (m-stellige) Prädikate
φ, ψ, φn , . . . Zeichen für Formeln
Atomare Formeln: Alle f n (i1 , . . . , in ) sind (atomare)
Formeln.
Einstellige Operatoren und Quantoren: Wenn φ Formel ist
und i Individuenvariable, sind ∼φ, ∀iφ und ∃iφ
Formeln.
Zweistellige Operatoren: Wenn φ, ψ Formeln sind, sind
(φ ∧ ψ), (φ ∨ ψ), (φ ⊃ ψ) und (φ ≡ ψ) Formeln.
Dr. Uwe Scheffler
2
Eine Interpretation
an
Pn1
'$
r r r r r r r r r r r r r r
r r r r r r r r r r r r r r
r rr r r r r r r r r r r r
r r r r r r&%
r r r'$
r r r r r
r r r r r r r r r r r r r r D
'$
r r r r r r r r r r r r r r
r r r r r rr r r r r r r r
'$
r r r r r r r r r&%
r r r r r
r r r r r r r &%
r r r r r r r
r r r r r r r r r r r r r r
&%
i ∈ IK =⇒ I(i) ∈ D
I(f 1 ) ⊂ D
Dr. Uwe Scheffler
3
Eine Interpretation 2
'$
r r r r r r r r r r r r r r
r r r r r r r r r r r r r r
r rr r r r r r r r r r r r
han , am i
r r r r r r&%
r r r'$
r r r r r
r r r r r r r r r r r r r r D × D = D2
'$
r r r r r r r r r r r r r r
r r r r r r r r r r r r r r
Pn2
'$
r r r r r r r r r&%
r r r r r
r r r r r r r &%
r r r r r r r
r r r r r r r r r r r r r r
&%
i, j ∈ IK =⇒ I(hi, ji) ∈ D × D = D2
I(f 2 ) ⊂ D × D = D2
..
.
I(f n ) ⊂ D × . . . × D = Dn
Dr. Uwe Scheffler
4
Variablenbelegungen
Variablen
x1
x2
..
.
xn
xn+1
..
.
v
A3
A5
v∗
A1
A1
v∗∗
A1
A5
vx2
A3
A4
vxn
A3
A5
...
A5
C4
A1
A1
A1
...
H6
H6
v-Wert
A5
C4
v-Wert
A3
C4
...
A1
...
v-Wert
v-Wert
vi -Belegung in einem Modell heißt eine Belegung, die sich
von der Belegung v höchstens im Wert für die Variable i
unterscheidet.
[vi (j) = v(j) für alle verschiedenen Variablen i und j.]
Dr. Uwe Scheffler
5
Ein Modell für ein Modell
D – die Felder des
Schachbretts
A7 – ein Element von D
{A1, . . . , H1} – eine
Menge von Elementen
von D
8
7
6
5
4
3
2
1
A B CD E F GH
{hA1, A1i, . . . , hA1, H1i} – eine Menge von Paaren von
Elementen von D
I – belegt Individuenkonstanten mit Schachfeldern,
Eigenschaften wie „schwarz“ oder „liegt über“ mit
Mengen von Feldern oder Mengen von Paaren von
Feldern . . .
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6
Eine Interpretation auf dem Schachbrett
Sei D – das Schachbrett und für I gelte unter anderem:
I(a1 ) = A1
..
.
I(a9 ) = A2
..
.
I(a64 ) = H8
I(P1 ) = {A1, . . . , H1}
I(P2 ) = {B1, D1, . . . , A2, C2, . . . , E8, G8}
I(Q 2 ) = {hXn, Ymi : X , Y ∈ {A, . . . , H} und n = m}
I
von links nach rechts zeilenweise nach oben durchzählen
I
„in der Grundlinie des weißen Spielers sein“
I
„ein schwarzes Feld sein“
I
„in der gleichen Zeile wie . . . sein“
Dr. Uwe Scheffler
7
Die Wahrheit in diesem Modell
P1 (a8 )
(P2 (a1 ) ∧ P2 (a64 ))
(P2 (a1 ) ∨ P2 (a64 ))
∀x∀y(Q 2 (x, y) ≡ Q 2 (y, x))
8
7
6
5
4
3
2
1
A B CD E F GH
w in hD, Ii; f in hD, Ii; f in hD, Ii; w in hD, Ii
Dr. Uwe Scheffler
8
Eine andere Interpretation auf dem Schachbrett
Sei D – das Schachbrett und für I∗ gelte unter anderem:
I∗ (a1 ) = H8
..
.
I∗ (a9 ) = H7
..
.
I∗ (a64 ) = A1
I∗ (P1 ) = {A1, . . . , H1}
I∗ (P2 ) = {A1, C1, . . . , B2, D2, . . . , F8, H8}
I∗ (Q 2 ) = {hXn, Ymi : X , Y ∈ {A, . . . , H} und n = m}
I
von rechts nach links zeilenweise nach unten durchzählen
I
„in der Grundlinie des weißen Spielers sein“
I
„ein weißes Feld sein“
I
„in der gleichen Zeile wie . . . sein“
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9
Die Wahrheit in jenem Modell
P1 (a8 )
(P2 (a1 ) ∧ P2 (a64 ))
(P2 (a1 ) ∨ P2 (a64 ))
∀x∀y(Q 2 (x, y) ≡ Q 2 (y, x))
8
7
6
5
4
3
2
1
A B CD E F GH
f in hD, I∗ i; w in hD, I∗ i; w in hD, I∗ i; w in hD, I∗ i
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10
Die Wahrheit einer Aussagefunktion im Modell
unter einer Belegung
Sei M = hD, Ii wie im Beispiel oben, und v eine Belegung,
für die unter anderem gilt:
8
i
v
7
x1 C4
6
5
x2 C4
4
..
..
.
.
3
2
xn v(xn )
1
..
..
.
.
A B CD E F GH
Q 2 (x1 , a26 )
M, v |= Q 2 (x1 , a26 )
∀xQ 2 (x, x1 )
M, v 6|= ∀xQ 2 (x, x1 )
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11
Modelle für die Prädikatenlogik
Sei D eine nichtleere Menge, I(i) ∈ D , I(f n ) ⊂ Dn und
v(i) ∈ D.
Wir definieren M, v |= φ:
φ ist wahr (erfüllt) in einem Modell unter einer Belegung
Schema:
M, v |= φ genau dann, wenn
[eine Wahrheitsbedingung in Abhängigkeit von der Form
von φ]
M, v 6|= φ heißt: es ist nicht so, daß M, v |= φ
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12
Wahrheitsbedingungen (Tarski)
) genau dann, wenn hI∗ (i1 ), . . . , I∗ (in )i ∈ I(f n ),
M, v |= f n (i1 , . . . , in
I(ij )
falls ij eine Individuenkonstante ist
I∗ (ij ) =
v(ij )
falls ij eine Individuenvariable ist.
M, v |= ∼φ
genau dann, wenn M, v 6|= φ.
M, v |= φ ∧ ψ
genau dann, wenn M, v |= φ und M, v |= ψ.
M, v |= φ ∨ ψ
genau dann, wenn M, v |= φ oder M, v |= ψ.
M, v |= φ ⊃ ψ
genau dann, wenn M, v 6|= φ oder M, v |= ψ.
M, v |= φ ≡ ψ
genau dann, wenn M, v |= φ und M, v |= ψ;
oder aber
M, v 6|= φ und M, v 6|= ψ.
M, v |= ∀iφ
genau dann, wenn M, vi |= φ für alle vi .
M, v |= ∃iφ
genau dann, wenn M, vi |= φ für irgendein vi .
Dr. Uwe Scheffler
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Wahrheit
erfüllbar im Modell ist eine Formel genau dann, wenn es
eine Belegung gibt, unter der sie im Modell
erfüllt (wahr) ist
wahr im Modell ist eine Formel genau dann, wenn sie
unter jeder Belegung im Modell erfüllt (wahr)
ist
erfüllbar ist eine Formel genau dann, wenn es eine
Belegung und ein Modell so gibt, daß sie im
Modell unter der Belegung erfüllt ist
allgemeingültig (logisch wahr, tautologisch) ist eine
Formel, wenn sie wahr in jedem Modell unter
jeder Belegung ist
unerfüllbar (logisch falsch, kontradiktorisch) ist eine
Formel,
die unter keiner Belegung in keinem Modell
erfüllt ist
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Ein Beispiel für eine logisch wahre Formel
Angenommen, es gäbe ein Modell M und eine Belegung
v, die
∃x∀yP(x, y) ⊃ ∀y∃xP(x, y)
widerlegen:
1. M, v 6|= ∃x∀yP(x, y) ⊃ ∀y∃xP(x, y)
2. M, v |= ∃x∀yP(x, y), und
(1)
3. M, v 6|= ∀y∃xP(x, y)
(1)
4. es gibt ein vx : M, vx |= ∀yP(x, y)
(2)
5. es gibt ein vx so daß für alle vxy : M, vxy |= P(x, y)
(4)
6. es gibt ein vx so daß für alle vxy : hvxy (x), vxy (y)i ∈ I(P)
7. es gibt ein vy : M, vy 6|= ∃xP(x, y)
(3)
8. es gibt ein vy so daß für alle vyx : M, vyx 6|= P(x, y)
(7)
9. es gibt ein vy so daß für alle vyx : hvyx (x), vyx (y)i 6∈ I(P)
Dr. Uwe Scheffler
15
Wo ist der Widerspruch?
6. es gibt ein vx so daß für alle vxy : hvxy (x), vxy (y)i ∈ I(P)
9. es gibt ein vy so daß für alle vyx : hvyx (x), vyx (y)i 6∈ I(P)
Beachte:
vxy (x) = vx (x) und vyx (y) = vy (y)
6. es gibt ein vx so daß für alle vxy : hvx (x), vxy (y)i ∈ I(P)
9. es gibt ein vy so daß für alle vyx : hvyx (x), vy (y)i 6∈ I(P)
6. es gibt einen Wert für vx (x) – nennen wir ihn d1 – so
daß für vxy (y) jeder Wert eingesetzt werden kann,
damit gilt: hd1 , vxy (y)i ∈ I(P)
9. es gibt einen Wert für vy (y) – nennen wir ihn d2 – so
daß für vyx (x) jeder Wert eingesetzt werden kann,
damit gilt: hvyx (x), d2 i 6∈ I(P)
Setze ein::
Dr. Uwe Scheffler
hd1 , d2 i ∈ I(P) (6.) und hd1 , d2 i 6∈ I(P) (9.)
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Ein Beispiel für eine nicht logisch wahre Formel
Angenommen, es gäbe ein Modell M und eine Belegung
v, die
∀x∃yP(x, y) ⊃ ∃y∀xP(x, y)
widerlegen:
1. M, v 6|= ∀x∃yP(x, y) ⊃ ∃y∀xP(x, y)
2. M, v |= ∀x∃yP(x, y), und
(1)
3. M, v 6|= ∃y∀xP(x, y)
(1)
4. für alle vx gilt, daß M, vx |= ∃yP(x, y)
(2)
5. für alle vx gibt es ein vxy , so daß M, vxy |= P(x, y
(4)
6. für alle vx gibt es ein vxy , so daß hvxy (x), vxy (y)i ∈ I(P)
7. für alle vy gilt, daß M, vy 6|= ∀xP(x, y)
(3)
8. für alle vy gibt es ein vyx , so daß M, vyx 6|= P(x, y)
(7)
9. für alle vy gibt es ein vyx . so daß hvyx (x), vyx (y)i 6∈ I(P)
Dr. Uwe Scheffler
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So findet man ein Kontermodell
6. für alle vx gibt es ein vxy , so daß hvxy (x), vxy (y)i ∈ I(P)
9. für alle vy gibt es ein vyx . so daß hvyx (x), vyx (y)i 6∈ I(P)
D = {d1 , d2 }
I(P) = {hd1 , d2 i, hd2 , d1 i} und
v(x) = d1
v(y) = d2 .
v
x
y
v1x
v2x
d1 d1 d2
d2 d2 d2
Dr. Uwe Scheffler
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21
22
v11
xy vxy vxy vxy
v1y
d1
d1
d1 d1
d1 d2
d1
d2
d2
d1
d2
d2
v2y
12
21
22
v11
yx vyx vyx vyx
d1
d1
d2
d1
d1
d2
d2
d2
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