Trotz wichtiger Erfolge – Herausforderungen gibt - Börsen

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Sonnabend, 14. Juni 2008
Börsen-Zeitung Nr. 113
B1
Finanzplatz Frankfurt
Trotz wichtiger Erfolge – Herausforderungen gibt es weiterhin
Strukturelle Defizite beseitigen – IFD wird sich auch in Zukunft aktiv um Lösungen bemühen
deutlichen, hat die IFD den sogenannten „IFD-Stern“ entwickelt, in
dem der relative Status einer Vielzahl von Marktsegmenten in einem
Netzdiagramm verdichtet wird. Im
Rahmen dieser Analyse hat die IFD
dem Finanzstandort Deutschland
beispielsweise eine Spitzenposition
im Bereich der Marktinfrastruktur
testiert, allerdings auch offensichtliche Entwicklungsreserven vor allem
in Finanzierungs- und
Anlagemärkten jenseits
der klassischen Bankinstrumente aufgezeigt.
Von
Mit dem FinanzstandortJosef Ackermann
bericht, der sich als anerkannte
Standortbestimmung zum Finanzplatz Deutschland etabGründungsinitiator
liert hat, zieht die IFD
der Initiative Finanzstandort Deutschland einmal im Jahr eine
Zwischenbilanz und be(IFD) und Vorstandswertet die Fortschritte,
vorsitzender der
die der Finanzstandort
Deutsche Bank AG
im letzten Jahr gemacht
hat. Der Finanzstandüberwunden sind und die Finanz- ortbericht 2008 wird im Juli publimärkte sich wieder normalisiert ha- ziert.
Innerhalb der IFD arbeiten etwa
ben, meine ich, dass wir am Beginn
des Endes der Krise sind. Die Anzei- 250 Experten aus allen Mitgliedsinchen hierfür mehren sich. Dazu ha- stituten über Wettbewerbsgrenzen
ben auch die Maßnahmen der Auf- hinweg an pragmatischen und marktsichtsbehörden und der Zentralban- nahen Lösungen. Dabei liegt der
ken einerseits und die Finanzwirt- Schwerpunkt auf Maßnahmen, die
von den Mitgliedern eigenständig
schaft andererseits beigetragen.
umgesetzt werden können. Diese Arbeitsweise ist Grundlage dafür, dass
Krisenfester machen
die entwickelten Konzepte auch tatAuch wenn die Krise unsere Auf- sächlich eine Realisierung erfahren:
merksamkeit zurzeit sehr in An- Real Estate Investment Trusts
spruch nimmt, sind die anderen, (Reits), Entry Standard, Hessen
eher strukturellen Defizite, die der Fonds, Mezzanine-Finanzprodukte
deutsche Finanzstandort insbeson- für den Mittelstand und der Aufdere im europäischen Vergleich of- wärtstrend bei den Riesterprodukfenbart, zu beseitigen. Damit würde ten im Bereich der Altersvorsorge gedie hiesige Finanzwirtschaft und da- hen zu einem guten Teil auf die enormit auch die Volkswirtschaft deut- men Anstrengungen der IFD zurück.
lich gestärkt und für die Zukunft krisenfester gemacht.
Schwerpunktthemen
Foto: Deutsche Bank
Börsen-Zeitung, 14.6.2008
Der Finanzplatz Deutschland ist – wie
jeder Finanzstandort – einem permanenten Wandel unterworfen. Dies gilt
umso mehr für die Gegenwart. Ungeachtet der durch die Subprime-Krise
in den USA ausgelösten Turbulenzen
hat sich die deutsche Finanzwirtschaft insgesamt als robust erwiesen.
Auch wenn es noch einige Zeit
dauern wird, bis die Folgen der Krise
Im Mai 2003 gegründet
Die Initiative Finanzstandort
Deutschland (IFD) hat es sich zum
Ziel gesetzt, Ansätze und Lösungen
zur Stärkung des Finanzplatzes zu erarbeiten und diese umzusetzen. Das
übergreifende Ziel sind daraus resultierende spürbare Wachstumsimpulse für die Volkswirtschaft insgesamt, aber auch für den deutschen Finanzmarkt – nicht zuletzt, um diesen im harten internationalen Wettbewerb weiter voranzubringen.
Die IFD wurde im Mai 2003 als
die bislang größte und umfassendste
Initiative der deutschen Finanzwirtschaft gegründet. Ihre Mitglieder repräsentieren alle Bereiche der deutschen Finanzwirtschaft: die drei Säulen der deutschen Kreditwirtschaft
(private, genossenschaftliche und öffentlich-rechtliche Institute) und deren Verbände, Versicherungen, die
Deutsche Börse, die Deutsche Bundesbank und das Bundesministerium der Finanzen. Um Handlungsnotwendigkeiten, insbesondere im
internationalen Vergleich, zu ver-
Zu den Schwerpunktthemen, die
die IFD seit Gründung aktiv mitgestaltet sowie zukünftig begleiten
wird, zählen:
Kapitalgedeckte Altersvorsorge –
Bereits im zurückliegenden Jahr
hat die IFD vor dem Hintergrund
des mit zahlreichen Problemen behafteten umlagefinanzierten Rentensystems nachdrücklich auf das
Thema kapitalgedeckte Altersvorsorge sowie die Notwendigkeit
der Eigenvorsorge aufmerksam gemacht. Obwohl es mit der RiesterRente in Deutschland gelungen
ist, eine kapitalgedeckte zweite
Säule neben das staatliche Rentensystem zu stellen und sich die Riester-Rente zwischenzeitlich auch
durchaus dynamisch entwickelt
hat, wird dies auf Dauer allein
nicht ausreichen, die Lücke zum
letzten Nettogehalt zu schließen.
Wer sich langfristig etwa drei Viertel seines früheren Verdienstes als
Rente sichern will, muss zusätzlich zur staatlichen Rente und
Riester-Rente vorsorgen. Die IFD
Aus dem Inhalt
Trotz wichtiger Erfolge – Herausforderungen gibt es weiterhin
Von Dr. Josef Ackermann
B1
Wirtschaftliche Einheit stärkt
regionalen Sparkassenverbund
Von Dr. Günther Merl
B6
Der Finanzplatz Deutschland
kann mehr
Von Dr. Alexander Dibelius
Wir müssen Lokalpatrioten
sein
Von Hans-Joachim Tonnellier
B8
B2
Börse schöpft aus der Region Kraft
für den globalen Wettbewerb
Von Dr. Reto Francioni
B3
Ceiops legt das Fundament für eine
künftige Aufsichtskultur
Von Dr. Thomas Steffen
B9
Allfinanzkonzept
weiterentwickeln
Von Wolfgang Kirsch
B3
Politische Widersprüche bei
Abgeltungsteuer vermeiden
Von Prof. Dr. Rüdiger von Rosen B 10
B4
Frankfurt – Kulturmagnet
der Region
Von Prof. Dr. Felix Semmelroth B 10
Qualifizierter Nachwuchs ist für
Banken wichtiger denn je
Von Prof. Dr. Klaus-Peter Müller B 5
Gefragt ist eine Regulierung mit
Augenmaß
Von Dr. Hans Reckers
B 11
Frankfurt war schon immer
innovativ und kreativ
Von Roland Koch
Die Leistungsfähigkeit
der Banken steigern
Von Dietmar Schmid
B5
hat dazu beigetragen, dass die
Bürger die Notwendigkeit zur eigenverantwortlichen Vorsorge zunehmend erkannt haben. Nach
wie vor besteht jedoch auf diesem
Feld noch viel Handlungsbedarf.
Darum wird sich die IFD mit diesem Thema auch im Jahr 2008
wieder intensiv beschäftigen.
Finanzausbildung –
Akuten Handlungsbedarf konstatiert die IFD insbesondere auch
beim Verständnis und Wissen der
breiten Öffentlichkeit in Bezug auf
Finanz- und Kapitalmarktthemen.
Aufgrund der marktwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Relevanz des Themas engagiert sich
die IFD bereits seit langem mit unterschiedlichen Maßnahmen, um
den Defiziten in der Allgemeinbildung entgegenzuwirken und Forschung und Lehre im Finanzbereich kontinuierlich zu verbessern
und weiterzuentwickeln. Zur Verbesserung der Finanzkompetenz
hat die IFD drei Projekte in den
Mittelpunkt ihrer Arbeit gestellt:
Zum einen liegt der Fokus auf allgemeinbildenden Schulen, an denen die IFD bereits ein eigenständiges Internetportal rund um das
Thema „Geld im Schulunterricht“
betreibt (www.kursraumgeld.de).
Zum anderen unterstützt die IFD
die Umstellung auf Bachelor-/Master-Studiengänge an den deutschen Hochschulen; sie engagiert
sich bei der Ausbildung der Bachelor-Studenten und passt ihr Personalmanagement den veränderten
Studiengängen an. Schließlich widmet sich die IFD der Förderung der
Forschungsinfrastruktur am Finanzstandort Deutschland, beispielsweise durch die Bündelung
von Teilen ihrer Fördermittel so-
wie den Aufbau des „House of Finance“ der Goethe-Universität in
Frankfurt am Main.
Public Private Partnership
(PPP) –
Neben diesen sehr praxisorientierten Aktivitäten begleitet die IFD
vielfach auch langjährige strategische Projekte in ihrem Gestaltungsprozess. Ein Beispiel hierfür
ist das Thema Public Private Partnership, kurz PPP. Hierbei han-
delt es sich um Investitionsmaßnahmen, die gemeinsam durch
die öffentliche Hand und private
Investoren finanziert werden. Die
IFD erachtet PPPs als attraktiven
dritten Weg zwischen der traditionellen Beschaffung von Investitionsgütern durch die öffentliche
Hand einerseits und der Vollprivatisierung von öffentlichen Aufgaben andererseits. PPPs sind hierzulande noch wenig verbreitet, auch
wenn mit dem Projekt Herkules
(IT-Administration der Bundeswehr) und den Autobahn-Modellen erste Anzeichen des Erfolges
zu verzeichnen sind. Gleichwohl
bleibt – gemessen an anderen Ländern – auf diesem Gebiet noch ein
immenser Nachholbedarf für
Deutschland. Der Zeitraum zwischen Projektvorstellung und -vergabe ist zu lang. Bei Herkules dauerte es insgesamt sieben Jahre
(2000 – 2007) mit leider noch zu
wenigen Transaktionen trotz starken Interesses der Finanzbranche
und der Industrie. Gleichwohl
gibt es großes Potenzial, dem
PPP-Geschehen in Deutschland
eine stärkere Dynamik zu verleihen. Deshalb hat die IFD die
Grundpfeiler für die Gründung
der Partnerschaften Deutschland
Fortsetzung Seite B 2
B 2 Börsen-Zeitung Nr. 113
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Sonnabend, 14. Juni 2008
Der Finanzplatz Deutschland kann mehr
Wie aus internationaler Perspektive an Stärke gewonnen werden kann – Noch eine Reihe nicht ausgeschöpfter Potenziale
bedeutendsten inländischen Wirtschaftszweigen – noch vor dem Maschinenbau. Die für Deutschland
typische Drei-Säulen-Struktur aus
Genossenschaftsbanken, öffentlichrechtlichen Instituten und privaten
Banken jedoch hat bis dato verhindert, dass ein international schlagkräftiger Bankensektor
entstehen konnte. Aus
diesem Grund muss die
angestoßene NeuordVon
nung der fragmentierAlexander Dibelius
ten deutschen Bankenlandschaft konsequent
fortgesetzt werden. Zusammenschlüsse
von
Landesbanken und ihre
Öffnung für privates
Kapital wären hierfür
Managing Director
ein wichtiger Schritt.
Goldman Sachs
Deutschland braucht eiInvestment Banking
nen dynamischen Bankenbereich, der auch
sehen ihn Pessimisten in der Bedeu- auf lange Sicht eine aktive internatiotungslosigkeit versinken. Die Wahr- nale Rolle spielen kann.
Zweitens leidet Deutschland nach
heit liegt wie meist dazwischen: Im
globalen Konzert der Kapitalmärkte wie vor unter einer zu hohen Reguspielt Deutschland zwar nicht die lierungsdichte. Eine übereifrige Leerste Geige, bleibt jedoch ein wichti- gislative schafft nicht in erster Linie
ger Grundpfeiler. Doch woran liegt mehr Sicherheit, sondern sorgt daes, dass die Bundesrepublik – gemes- für, dass Anleger auf andere Finanzsen an Größe und Leistungsfähigkeit plätze mit weit weniger komplexen
Rahmenbedingungen
ihrer Volkswirtschaft – im Bereich Fi- rechtlichen
nanzmarkt bislang hinter ihren Mög- ausweichen.
Dritter Faktor ist die im weltweilichkeiten zurückgeblieben ist?
ten Vergleich schwach ausgeprägte
Kapitalmarktorientierung. Leider beVier Problemfelder
trifft dies nicht nur die meisten deutIm Kern sind es vier Faktoren, die schen Privatanleger, sondern ebenso
eine dynamischere Entwicklung des auch die Mehrzahl der Unternehhiesigen Finanzstandorts bremsen. men. Gerade der Mittelstand finanErstens ist die Fragmentierung des ziert sich anders als etwa im angeldeutschen Bankensystems zu nen- sächsischen Raum überwiegend
nen. Zwar zählt die Kreditwirtschaft über Bankdarlehen und nutzt den
mit einem Anteil von 3,5 % an der ge- Kapitalmarkt noch viel zu wenig als
samten Bruttowertschöpfung zu den Option zur Kapitalbeschaffung.
Börsen-Zeitung, 14.6.2008
Viel ist darüber diskutiert worden,
wo im internationalen Vergleich der
Finanzplatz Deutschland beziehungsweise sein wichtigster Knotenpunkt Frankfurt anzusiedeln sei.
Während ihn Optimisten beinahe
auf Augenhöhe mit London wähnen,
Der vierte Grund für das noch
nicht ausgereizte Potenzial Deutschlands schließlich liegt in der vergleichsweise geringen Akzeptanz
von Private Equity hierzulande. Dies
ist nicht zuletzt Resultat der eben erwähnten starken Fokussierung deutscher Unternehmen auf traditionelle
Finanzierungsquellen. Blickt man
über die Landesgrenzen hinweg,
zeigt sich ein anderes Bild: Summierte sich im vergangenen Jahr das
Volumen aller Private-Equity-Transaktionen etwa in Großbritannien auf
rund 133 Mrd. Euro, so waren es in
der
Bundesrepublik
lediglich
47 Mrd. Euro. In Deutschland wirkt
zudem noch das unselige Klischee
von der Heuschrecke nach, das sich
freilich langsam zugunsten einer positiven Einstellung gegenüber Private Equity wandelt.
Möglichkeiten nutzen
Lautet das Fazit dieser Bestandsaufnahme, dass man den Finanzplatz Deutschland im internationalen Vergleich nicht auf der Rechnung haben muss? Keineswegs. Die
strategisch günstige Lage im Zentrum Europas sowie das Fundament
einer der weltweit bedeutendsten
Volkswirtschaften machen ihn zu einem wichtigen Baustein im Gefüge
der globalen Kapitalmärkte. Aber:
Der Finanzplatz Deutschland kann
mehr. Er besitzt eine Reihe bislang
nicht ausgeschöpfter Potenziale,
die – wenn sie gezielt adressiert würden – zu einer deutlichen Verbesserung seiner internationalen Stellung
beitragen könnten. Das ist wichtig
insbesondere vor dem Hintergrund
des permanenten Wettbewerbs zwischen den Finanzplätzen weltweit.
Beispiel London: Hier sorgen mo-
mentan die Pläne der Regierung für
Diskussionen, den sogenannten
„Non-Dom“-Steuerstatus zu verändern, der ausländische Steuerzahler
begünstigt und damit nicht unwesentlich zur Attraktivität der City für
Fach- und Führungskräfte der Finanzbranche aus aller Welt beigetragen hat. Nicht wenige befürchten,
dass London dadurch in den Augen
von High Potentials an Anziehungskraft verlieren könnte. Das Beispiel
„Das alles zeigt,
dass ein Aufbruch
möglich ist.“
London zeigt zugleich, wie wichtig
es ist, die nationale Brille abzustreifen und verstärkt einen internationalen Blick zu entwickeln: Im gleichen
Maße, wie hier in den achtziger Jahren nationale Egoismen abgebaut
wurden, avancierte die City zum
Knotenpunkt internationaler Geldströme.
Umdenken notwendig
Für uns alle, die wir als Akteure
nicht unwesentlich für die Entwicklung des Finanzplatzes Deutschland
mitverantwortlich sind, heißt das:
Wir müssen mit dazu beitragen, dass
ein Umdenken stattfindet. Um den
heimischen Kapitalmarkt nachhaltig
nach vorn zu bringen, muss in
Deutschland eine insgesamt freundlichere Stimmung gegenüber dem Kapitalmarkt geschaffen werden. In Anbetracht der aktuellen Finanzkrise sicher keine einfache Aufgabe, aber
eine machbare. Vor allem gilt es mit
Hilfe besserer, das heißt vor allem
transparenter Kommunikation von
Kapitalmarktthemen über Funktion
und Bedeutung des Kapitalmarktes
aufzuklären; die Initiative Finanzstandort Deutschland ist ein erster
sinnvoller Schritt hierzu.
Wie Untersuchungen zeigen, besteht hier in der breiten Bevölkerung
noch Nachholbedarf – eine Wissenslücke, die gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung
privater Altersvorsorge geschlossen
werden muss. Ähnliches gilt im Übrigen für Unternehmen, denen wir
noch klarer verdeutlichen müssen,
welche Vorteile es mit sich bringt,
sich den Kapitalmarkt stärker als bisher für ihre Finanzierung zu erschließen. Mit attraktiven, innovativen
Produkten können wir als Anbieter
echte Alternativen zum herkömmlichen Kredit liefern und so das Handlungsspektrum von Unternehmen
deutlich erweitern.
Private Equity entdecken
Sicher ebenso wichtig ist es, dass
Unternehmen verstärkt Private
Equity für sich entdecken. Private
Equity kann jene Lücken füllen, die
der Bankensektor entweder nicht
ausfüllen will oder nicht ausfüllen
kann. Sei es durch die zusätzliche Aktivierung von Fremdkapital, die Verminderung der Finanzierungsbeschränkungen oder die Erhöhung
des Wettbewerbs um beste Finanzierungslösungen – Private Equity kann
wertvolle Impulse zur Verbesserung
der Position des Finanzplatzes
Deutschland liefern.
Was darüber hinaus oft übersehen
wird: Private Equity ist ein wert- und
arbeitsplatzschaffender Faktor. Unternehmen in Private-Equity-Hand
steigern Umsatz, Gewinn und damit
auch ihren Wert im Schnitt deutlich
stärker als der Wettbewerb. In den
Portfoliounternehmen von PrivateEquity-Gesellschaften arbeiten hierzulande fast 760 000 Arbeitnehmer
– das sind fast 2 % der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung. Dass es
in Deutschland noch Luft nach oben
gibt, verdeutlicht wiederum das Beispiel Großbritannien: Dort sind es
fast 20 %.
Private Equity kann jedoch nur
dann alle Möglichkeiten nutzen,
wenn der notwendige Handlungsspielraum nicht durch übermäßige
Regulierung eingeengt wird. Solide
gesetzliche
Rahmenbedingungen
sind richtig und wichtig, um privates
Eigenkapital anzuziehen. Der Gesetzgeber sollte hier jedoch stets Augenmaß walten lassen und verhindern,
dass sich Deutschland durch ein starres regulatorisches Korsett selbst seiner Chancen beraubt.
Das alles zeigt, dass ein Aufbruch
möglich ist. Wie sieht also die Zukunft für den Finanzplatz Deutschland und seinen zentralen Standort
Frankfurt aus? Sicher wird er auch
in den kommenden Jahren ein wichtiger Pfeiler der weltweiten Finanzwirtschaft bleiben. Gleichwohl dürfte es angesichts einer sich verschärfenden Konkurrenz etwa aus Asien
oder durch wohlhabende Staaten
der Golf-Region deutlich schwieriger werden, diese Position zu behaupten. Mehr denn je kommt es
deshalb darauf an, sich auf die individuellen Stärken zu besinnen und
diese konsequent weiterzuentwickeln. Gelingt es, die Akzeptanz des
Kapitalmarkts im Inland auf breiter
Basis zu erhöhen, würde dazu eine
gute Ausgangssituation geschaffen.
Mit seiner zentralen Lage in Kontinentaleuropa und im Herzen der Eurozone könnte sich Deutschland
langfristig als leistungsfähiger Spieler etablieren. Eine große Chance,
die es gerade jetzt, inmitten turbulenter Zeiten, entschlossen zu nutzen gilt.
Trotz wichtiger Erfolge . . .
Fortsetzung von Seite B 1
Gesellschaft (PDG) erarbeitet.
Die Aufgabe der PDG ist anspruchsvoll, aber realistisch: Sie
soll Bund, Länder und Gemeinden
als Initiatoren, Entwickler und
Auftraggeber eines PPP-Vorhabens kompetent beraten und unterstützen. Die PDG soll privatwirtschaftlich als Aktiengesellschaft organisiert sein und mit öffentlichen und privaten Eigentümern an den Start gehen. Die
Gründung der Gesellschaft wird
durch die Bundesregierung erfolgen; der Startschuss ist noch
im ersten Halbjahr 2008 geplant.
Von den guten Erfahrungen anderer Länder mit dem PPP-Konzept soll auch Deutschland profitieren.
Stärkung des deutschen
Zahlungsverkehrs –
Die Einführung des Einheitlichen
Euro-Zahlungsraums (Sepa) liegt
unmittelbar hinter uns. Damit ist
es Bürgern, Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen nun europaweit möglich, auf der Basis
einheitlicher Standards und Regeln Euro-Zahlungen abzuwickeln. Europaweit tätige Unternehmen können zudem ihre Konten sowie das gesamte Euro-CashManagement auf ein Land konzentrieren. Auf dem Weg zur Integration der Zahlungsverkehrslandschaft hat die IFD auf europäischer Ebene wichtige Impulse für
eine möglichst schnelle und reibungslose Verwirklichung von
Sepa gegeben. Die IFD-Mitglieder
haben hierbei eine Reihe von Lösungen entwickelt, die sowohl Firmen als auch die öffentliche Hand
unterstützen. Dadurch hat die
IFD einen wesentlichen Beitrag
dazu geleistet, dass grenzüberschreitende Transaktionen für
Verbraucher und Unternehmen
von den Finanzinstituten angeboten werden können. Damit Sepa
ein Erfolg auch für den Finanzstandort Deutschland wird, ist ein
frühes Umstellen der öffentlichen
Hand auf Sepa-kompatible Produkte unerlässlich.
Unternehmenssteuerreform –
Die Absenkung der nominalen
Steuersätze im Rahmen der Unternehmenssteuerreform leistet einen wertvollen und wichtigen Bei-
trag, um Deutschland als Wirtschafts- und Finanzstandort im internationalen Vergleich attraktiver zu machen. Das Signal an inund ausländische Unternehmen
ist positiv, und Deutschland wird
in diesem Zusammenhang wieder
wettbewerbsfähiger. Im Bereich
der Abgeltungsteuer haben sich
die Hoffnungen und Erwartungen
der IFD nicht gänzlich erfüllt,
aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung, mit dem Deutschland an die internationale Entwicklung anschließt und den Finanzplatz im globalen Wettbewerb um Kapital und Investitionen stärkt.
Mittelstand –
Beim Thema Mittelstand stellt
sich beispielsweise die Frage:
„Wie können kleinere Syndizierungen im Kundeninteresse effizienter und kostengünstiger im
Markt angeboten und abgewickelt werden?“ Die IFD arbeitet
daher intensiv an für den Mittelstand maßgeschneiderten Standards im Syndizierungsprozess.
Aber auch die Internationalisierung des Mittelstands und die Unterstützung der Unternehmen
durch die Banken stellen einen
Schwerpunkt unserer Arbeit dar.
Zur Realisierung praxisorientierter Lösungen hat es sich die IFD
zum Ziel gesetzt, einen Standard
zur Bewertung von Patenten als
Kreditsicherheiten zu entwickeln.
Mit diesen – hier nur kurz skizzierten – Maßnahmen sollen die Mittelstandsfinanzierung in Deutschland verbessert und die mittelständischen Unternehmen als tragende Säule der deutschen Volkswirtschaft auch im internationalen Wettbewerb gestärkt werden.
Die dargestellten Themenfelder
verdeutlichen, dass der Finanzstandort Deutschland trotz einiger wichtiger Erfolge und damit gewonnener
Stärke auch weiterhin vor großen
Herausforderungen steht, um deren
Lösung sich die IFD auch zukünftig
aktiv bemühen wird. Die IFD will
weiterhin langfristige Trends der
Märkte unterstützen und in konkrete Projekte und Instrumente umsetzen, um einen aktiven Beitrag zur
Verbesserung der Wachstums- und
Wettbewerbsfähigkeit der Kapital-,
Kredit- und Versicherungsmärkte in
Deutschland sowie im internationalen Vergleich zu erreichen.
Sonnabend, 14. Juni 2008
Sonderbeilage
Börsen-Zeitung Nr. 113
B3
Börse schöpft aus der Region Kraft für den globalen Wettbewerb
Weltweit um den Globus gespanntes Netzwerk ändert nichts an der lebensnotwendigen Verbundenheit mit dem Raum Frankfurt
hier vor Ort hat. Und das ist sicher alles andere als selbstverständlich.
Denn: Seit mehreren Jahren verzeichnet die Börsenbranche weltweit dramatische Veränderungen.
Die großen amerikanischen Handelsplätze New York Stock Exchange
(Nyse) und Nasdaq suchen ihre Zukunft in rechtlich hochkomplexen
Übernahmen der europäischen Börsenorganisationen Euronext und
OMX. Dubai und Qatar
Von
greifen nach der London
Reto Francioni
Stock Exchange (LSE),
um sich eine Vormachtstellung als Finanzzentrum in Nahost zu sichern. In den BRIC-Staaten Brasilien, Indien,
Russland und China erVorstandsvorsitzender wächst den westlichen
Börsen bedeutende Konder Deutsche Börse AG
kurrenz von morgen, deren Einfluss schon jetzt
schlagen, und dies ist sicher der Viel- global deutlich zu spüren ist. Bezahl von Stärken zu verdanken, die schleunigt werden diese Veränderungen zudem von technischen Fortdiese Region auszeichnen.
Sicher wurden einige Positionen schritten im elektronischen Handel
abgegeben, und natürlich haben sich und liberalisierten rechtlichen Rahdie globalen Mega-Standorte der Fi- menbedingungen, die nun schon seit
nanzindustrie wie London und New fast 20 Jahren anhalten.
In dieser Gemengelage, in der die
York dramatisch weiterentwickelt.
Für den Bereich der Börsen jedoch Karten zwischen den Finanzzentren
bleibt festzuhalten, dass der Börsen- und Leitbörsen der Welt neu gebetreiber mit der weltweit höchsten mischt werden, hat die Gruppe DeutMarktkapitalisierung seinen Sitz sche Börse als einzige globale BörBörsen-Zeitung, 14.6.2008
Nicht erst seit gestern wissen wir:
Auch unser Standort, Frankfurt und
sein unmittelbares Umfeld, steht in
einem Wettbewerb der Finanzindustrien, der an Härte kaum zu überbieten ist. Dabei bleibt zuallererst festzuhalten: Frankfurt hat sich in diesem Wettbewerb nicht schlecht ge-
senorganisation mit Sitz in Europa
ihre Positionen massiv ausgebaut
und sich als Handelsplatz von weltweitem Rang etabliert – und damit
auch den Finanzplatz Frankfurt im
globalen Wettbewerb gestärkt.
Wettbewerb bietet auch und besonders Chancen. Die Deutsche
Börse nutzt den neuen interkontinentalen Wettbewerb, um ihr erfolgreiches Geschäftsmodell von Europa
aus weiter zu internationalisieren,
und zwar insbesondere Richtung
Nordamerika, Mittel- und Osteuropa
und Asien. Diese Ausrichtung ist
nicht neu, gewinnt aber deutlich an
Konsequenz und Dynamik. In der
neuen Börsenwelt haben Kennzahlen wie die Marktkapitalisierung der
gelisteten Aktiengesellschaften an einem Handelsplatz als entscheidende
Maßeinheiten für Stabilität und Unabhängigkeit eines Handelsplatzes
ausgedient.
Ausdruck von Wertschätzung
An ihre Stelle sind die Effizienz virtueller Netzwerke, die Produktpalette, die daraus resultierende Vertriebskraft und die Beurteilung einer
Börsenorganisation an den Kapitalmärkten getreten. Diese spiegelt sich
nicht in der Marktkapitalisierung
der gelisteten Werte wider, sondern
im Börsenwert des Börsenbetreibers
selbst. In diesem Sinne zählt nicht
mehr die LSE zum herausragenden
Wettbewerber der Gruppe Deutsche
Börse, sondern die US-amerikanische Chicago Mercantile Exchange
(CME), die zusammen mit der Deutschen Börse die Rangliste der weltweit größten Börsen, gemessen an
der Marktkapitalisierung, seit fast einem Jahr anführt. Sicher ist eine solche Größenordnung Schwankungen
unterworfen, und kurzfristige Veränderungen sind jederzeit möglich.
Aber dennoch ist sie auch und vor
allem Ausdruck von Wertschätzung
und Vertrauen in den Börsenbetreiber.
Mit den technischen Errungenschaften wie elektronischer Handel,
automatische Abwicklung, Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren hat sich das Antlitz des traditionellen Finanzplatzes weiterentwickelt. Es ist falsch, den Finanzplatz
Frankfurt in den Stadtgrenzen zu sehen; vielmehr ist dieser Finanzplatz
den Weg der Globalisierung gegangen. Und das Finanzzentrum Frankfurt wächst fast täglich mit jeder Anbindung eines Kunden der Deutschen Börse an die stetig weiterentwickelten Handels- und Abwicklungsstränge in alle Welt. So ist der
heimische Finanzplatz nicht mehr
nur in Frankfurt, sondern mit jeder
Transaktion eines internationalen
Kunden auch in Chicago, New York,
London oder Singapur präsent. Und
Allfinanzkonzept weiterentwickeln
Der genossenschaftliche FinanzVerbund ist strategisch gut positioniert, um weiter zu wachsen
bzw. gewerblichen Immobilienfinanzierung, die Union Investment im Asset Management, die DZ Bank AG
mit der Marke Akzent Invest im Zertifikate-Segment, die R+V Versicherung, VR-Leasing, die TeamBank mit
easyCredit in der Konsumentenfinanzierung oder auch equens als europäischer Anbieter von Zahlungsverkehrsdienstleistungen. Sie alle gehören bundesweit jeweils zu den
drei führenden Unternehmen ihres
Bereiches.
Zusammen mit den weiteren Unternehmen der Gruppe und der
DZ Bank selbst stellen sie den Volksbanken und Raiffeisenbanken das Spektrum
an Retail- und Kapitalmarktprodukten sowie
Von
an kostengünstigen AbWolfgang Kirsch
wicklungsleistungen zur
Verfügung, das für eine
dauerhaft erfolgreiche
Allfinanzstrategie notwendig ist. Dabei setzt
die DZ Bank konsequent
das SubsidiaritätsprinVorstandsvorsitzender zip um und versteht sich
in diesem Zusammender DZ Bank AG
hang in erster Linie als
„Bank der Banken“.
Vor Ort wiederum basiert der Ergerichtig darin, ihren Kunden als Allfinanzdienstleister zur Verfügung zu folg des Geschäftsansatzes auf der
tiefen Verwurzelung und der sich dastehen.
Damit bestätigen sie indirekt die raus ergebenden Vertriebskraft der
Strategie, die der genossenschaftli- jeweiligen Volksbanken und Raiffeiche FinanzVerbund spätestens seit senbanken in ihren Regionen. Hier
der Einführung eigener Versiche- kommt ihnen ihre flächendeckende
rungsangebote vor annähernd 90 Präsenz ebenso zugute wie ihre tradiJahren konsequent verfolgt und tionelle Kundennähe, ihr Engagedurch die er zur größten konsolidier- ment zugunsten der Kunden und das
ten Bankengruppe Deutschlands mit sich daraus ergebende Vertrauensaktuell rund 30 Millionen Kunden verhältnis zu diesen.
Die Zusammenarbeit zwischen
aufgestiegen ist. Dementsprechend
ist auch das Spitzeninstitut dieses der DZ Bank Gruppe und den lokaVerbundes,
die
DZ Bank,
im len Instituten ist jedoch kein Selbst125. Jahr ihres Bestehens für eine er- läufer. Vielmehr bedingt die Tatsafolgreiche Zukunft am Markt gut auf- che, dass die Genossenschaftsbangestellt. Zusammen mit ihren Toch- ken selbständig am Markt agieren,
tergesellschaften wird sie den Fi- dass die DZ Bank Gruppe qualitativ
nanzplatz Frankfurt damit weiter hochwertige Produkte entwickelt,
prägen und von hier aus insbeson- die zunächst die Kundenbetreuer
dere auch die Aktivitäten der gesam- der Primärbanken überzeugen müssen, ehe sie von diesen den Endkunten Gruppe weiter verzahnen.
den angeboten werden. Diese Qualitätsstrategie des Verbunds impliZwei-Säulen-Strategie
ziert, dass die Produkte erstens gut
Dabei unterscheidet sich das Allfi- und zweitens zu wettbewerbsfähinanzkonzept des genossenschaftli- gen Preisen erhältlich sein müssen.
Als zusätzliches Qualitätssichechen FinanzVerbundes schon aufgrund seiner historisch gewachse- rungsinstrument dient eine enge Vernen Struktur wesentlich vom Ansatz zahnung aller Akteure des Finanzanderer Anbieter. Es baut auf zwei Verbunds durch ein subsidiäres Koordinationsmodell. Es stellt insbesonSäulen auf:
– der DZ Bank AG und ihren dere sicher, dass die Genossenschaftsbanken frühzeitig in ProduktTochtergesellschaften sowie
– den rund 1 000 Genossen- entwicklungsprozesse und strategischaftsbanken als wichtigsten Kun- sche Entscheidungen eingebunden
werden und die Gruppe damit ihre
den und Eigentümern der DZ Bank.
Unter dem Dach der DZ Bank Produkte und Prozesse an den BeGruppe sind Unternehmen mit sehr dürfnissen der Basis ausrichtet.
starken Marken vereint, die die einzelnen Produktsegmente abdecken
Marktlücken geschlossen
und sich gegenseitig ergänzen. Dazu
gehören zum Beispiel die BausparDass dies alles in die richtige Richkasse Schwäbisch Hall und die tung führt, belegen auch im WettbeDG Hyp im Bereich der privaten werbsvergleich sehr hohe KooperatiBörsen-Zeitung, 14.6.2008
Vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise setzen sich die Banken intensiver denn je mit ihren Geschäftsstrategien und ihrer Positionierung
am Markt auseinander – und damit
mit der Frage, wie sie ihre Zukunft
erfolgreich gestalten können. Als
Antwort darauf kristallisiert sich in
der Finanzbranche ein Paradigmenwechsel heraus, der weg von der
noch vor wenigen Jahren propagierten Spezialisierung und hin zu einer
Verbreiterung der Geschäftsgrundlage führt. Viele Verantwortliche sehen die Chancen für die Banken fol-
onsquoten, also die Verbundtreue,
und die Tatsache, dass durch die Zusammenarbeit der Verbundunternehmen über alle Bereiche hinweg immer wieder innovative Produkte
emittiert und Marktlücken gemeinsam konsequent geschlossen wurden. So hat sich zum Beispiel Akzent
Invest im vergangenen Jahr zum
Marktführer beim Absatz von Garantiezertifikaten entwickelt. Es ist im
Verbund gelungen, mit easyCredit
eine weithin bekannte Marke im Ratenkreditmarkt zu etablieren, mit
der die Volksbanken und Raiffeisenbanken ihre Stellung in diesem Segment verbessert haben. Gleichzeitig
setzt der Verbund über eigene easyCredit-Shops ein Ballungsraumkonzept um. Mit dem MeinZinsKonto
hat die DZ Bank ein innovatives Festgeldprodukt auf den Markt gebracht, durch das die Genossenschaftsbanken ihren Kunden eine
überdurchschnittlich hohe Verzinsung bieten können. Und die Union
Investment ist mit inzwischen
1,6 Millionen abgeschlossenen Riester-Fondssparplänen zur unangefochtenen Nummer 1 in diesem Segment aufgestiegen.
Verstärkte Zusammenarbeit
Gerade das Thema der demografischen Entwicklung in Deutschland,
das der Riester-Rente zugrunde
liegt, stellt dabei eine der wesentlichen Herausforderungen für die
künftige Allfinanzstrategie des genossenschaftlichen FinanzVerbunds
dar. Dieser hat darauf mit einer noch
engeren Kooperation zwischen den
Partnern, insbesondere auch innerhalb der DZ Bank Gruppe, reagiert.
Bereits gelebte Beispiele dafür sind
unter anderem die Zusammenarbeit
der Bausparkasse Schwäbisch Hall
mit Union Investment beim Vertrieb
der Riester-Fondssparpläne sowie
der VR-Vorsorgestatus. Letzterer ist
ein Gemeinschaftsprojekt von Union
Investment,
der
Bausparkasse
Schwäbisch Hall, der R+V Versicherung und der DZ Bank mit den genossenschaftlichen Rechenzentralen. Er
ermöglicht den Genossenschaftsbanken vor Ort, ihren Kunden alle Informationen über den Status ihrer Altersvorsorge inklusive einer Prognoserechnung übersichtlich in einem
Report zu bieten. Sie können ihre
Kunden dadurch gezielt auf mögliche Vorsorgelücken aufmerksam machen und ihnen darauf aufbauend
maßgeschneiderte Konzepte für eine
geeignete Altersvorsorge anbieten.
Auch in allen anderen wesentlichen Bereichen des Privat- und des
Firmenkundengeschäftes geht der
Verbund gezielt den Weg der noch
intensiveren Zusammenarbeit. So haben die Volksbanken und Raiffeisenbanken und die DZ Bank Gruppe in
diesem Zusammenhang in den vergangenen Jahren beispielsweise ihre
Private-Banking-Aktivitäten erfolgreich neu strukturiert, wettbewerbs-
fähig gemacht und ausgebaut. In diesem Bereich sieht der genossenschaftliche FinanzVerbund für sich
noch erhebliches Wachstumspotenzial – gerade auch wegen seiner starken Verankerung im deutschen MitFortsetzung Seite B 4
umgekehrt zieht mit jedem Aktienkauf eines Frankfurter Bankenhändlers über Computer an der LSE ein
Stück britische Finanzwelt in die hiesige Mainmetropole ein.
Der Wertpapierhändler ist immer
Teil des Finanzplatzes, an dem er
seine Order aufgibt. Denn er trägt
zum Umsatz und letztlich zum Erfolg der betreffenden Börse und des
Finanzplatzes bei. Heimat ist also
dort, wo das elektronische Handelssystem der Deutschen Börse andockt.
Pionierarbeit geleistet
Die Deutsche Börse kann sich zugutehalten, dass sie in den vergangenen Jahren für ihren Finanzplatz Pionierarbeit geleistet hat. Schneller als
ihre Konkurrenten hat sie den rechtlichen und technologischen Wandel
konsequent für sich zu nutzen verstanden. Es war die Deutsche Börse,
die ihren Kunden weltweit die gesamte Wertschöpfungskette über
den Handel bis zur Abwicklung, Verwahrung und Verwaltung für alle
Produkte auf einer wahrhaft integrierten Technologieplattform aus einer Hand anbot. Und mit der Übernahme der erfolgreichen US-Aktienoptionsbörse International Securities Exchange (ISE) ist die Deutsche
Börse die bislang weltweit einzige
nichtamerikanische Börse, die Fuß
auf dem größten und attraktivsten
Kapitalmarkt der Welt gefasst hat. In
jüngster Zeit kopieren weltweit Wettbewerber das integrierte Geschäftsmodell der Deutschen Börse – siehe
Nyse Euronext, siehe die Fusion zwischen LSE und Borsa Italiana, siehe
die sehr erfolgreiche brasilianische
Börse Bovespa.
Der hohe Internationalisierungsgrad der Gruppe Deutsche Börse
wird vor allem an den Tochterunternehmen sichtbar: Die Derivatebörse
Eurex ist ein deutsch-schweizerisches Gemeinschaftsunternehmen,
die Abwicklungs- und Verwahrungs-
gesellschaft Clearstream International mit einem Verwahrvolumen von
mehr als 10 Bill. Euro hat ihren Sitz
in Luxemburg, und die ISE wird operativ von New York aus gesteuert.
Insgesamt arbeiten weltweit rund
3 000 Mitarbeiter aus 65 Ländern bei
der Deutschen Börse.
An das vollelektronische Handelssystem Xetra sind heute weltweit
rund 250 Teilnehmer angebunden –
etwa 130 davon aus dem europäischen Ausland. 40 % des Orderbuchvolumens werden in Großbritannien
generiert. An der Eurex handeln
rund die Hälfte aller Händler von
London aus. Erst an zweiter Stelle
stehen Marktteilnehmer aus Deutsch-
„Wettbewerb bietet
auch und besonders
Chancen.“
land. Die Abwicklungs- und Verwahrungstochter Clearstream ist weltweit auf 45 Märkten präsent und hat
neue Niederlassungen in Singapur
und Tokio eröffnet, um das Standbein in der Wachstumsregion Fernost zu stärken.
Internationales Ansehen
Das weltweite Netzwerk, das die
Deutsche Börse um den Globus gespannt hat und weiter spannen
muss, ändert nichts an der lebensnotwendigen Verbundenheit mit der
Heimatregion Frankfurt. Einerseits
gibt die Deutsche Börse dem Raum
Frankfurt durch ihren Erfolg nachhaltig wirtschaftliche Stabilität und
sichere Arbeitsplätze sowie internationales Ansehen. Andererseits
schöpft die Deutsche Börse aus dieser Region Kraft, ohne die sie die Herausforderungen des globalen Wettbewerbs kaum bewältigen könnte.
B 4 Börsen-Zeitung Nr. 113
Sonderbeilage
Sonnabend, 14. Juni 2008
Frankfurt war schon immer innovativ und kreativ
Hessische Landesregierung will in Fragen der Entwicklung des Finanzstandortes offensiv und aktiv agieren, moderieren und vermitteln
rungen, und dies nicht erst in jüngster Zeit. Der Platz Frankfurt profitiert zwar von jeher in erheblichem
Maße von seinen einzigartigen
Standortvorzügen, die sich von seiner historischen Ausgangsposition
her vor allem an logistischen Kriterien festmachen: An einer „Furt“ als
günstiger
QuerungsVon
stelle des Mains gegrünRoland Koch
det, an historischen und
im Zeitverlauf immer
bedeutsamer werdenden Verkehrswegen gelegen, hatte er natürliche Startvorteile, die
sich heute in großen europäischen Wegkreuzen
Ministerpräsident des
manifestieren und im
Landes Hessen
internationalen Flughafen Frankfurt Rheinist Sitz von mehr als 300 Banken, da- Main mit seiner weltweit bedeutsarunter rund 200 ausländische Insti- men Hub-Funktion gipfeln.
tute. Rund 85 000 Menschen finden
hier Arbeit. Mit der Europäischen
Tolerant und einfallsreich
Zentralbank, der Bundesbank sowie
dem Sekretariat der Europäischen
Gleichzeitig war der Platz aber
Versicherungsaufsicht ist Frankfurt auch immer innovativ und kreativ:
der Schwerpunkt der deutschen und Bereits im Mittelalter war Frankfurt
europäischen Geldpolitik. Als Stand- Handelsdrehscheibe und einer der
ort der Deutschen Börse, der größ- bedeutendsten Messeplätze für die
ten Börsenorganisation der Welt, die gesamte damals bekannte Welt.
– breiter aufgestellt als alle Wettbe- Neue Entwicklungen gerade im mowerber – den Unternehmen und In- netären Sektor wurden hier nicht
vestoren den Weg zu den weltwei- nur aufgegriffen, sondern auch weiten Kapitalmärkten öffnet, spielt terentwickelt und sogar revolutioFrankfurt in der ersten Liga der glo- niert: So hat Frankfurt zum Beispiel
balen Finanzplätze. Frankfurt macht im Zahlungs- und Warenverkehr mit
Deutschland zum führenden Kapital- Instrumenten wie Wechsel, Kontomarkt im Euroraum, der auch inter- korrentzahlungen oder doppelter
national konkurrenzfähig ist und Buchführung seinerzeit von seinem
über modernste Wertpapier-Handels- Statut als Freie Reichsstadt profitechnologie verfügt.
tiert. Und manchen Wirren späterer
Globalisierung und Wettbewerb Jahrhunderte hat die Stadt ihre eistellen den Finanzstandort gleich- gene Offenheit, Toleranz und ihren
wohl vor immer neue Herausforde- Einfallsreichtum entgegengesetzt –
Börsen-Zeitung, 14.6.2008
Hessen beherbergt mit Frankfurt
Rhein-Main den führenden Finanzplatz Deutschlands und neben London und Paris einen der drei großen
Finanzstandorte Europas. Frankfurt
ganz entscheidende Voraussetzungen, gerade bei oft sensiblen Geldgeschäften.
Weitere Beispiele sind die Entwicklung der Börse hin zum Aktienhandel, die innovative Begleitung des
bargeldlosen Zahlungsverkehrs und
die reibungslose Bewältigung stark
wachsender öffentlicher Kreditaufnahme im 19. Jahrhundert. Frankfurt war immer integrativ und kreativ zugleich. Dadurch konnte sich
das Finanzwesen zu einer tragenden
wirtschaftlichen Säule entwickeln.
Wieder auf der Erfolgsspur
Nach dem Zweiten Weltkrieg
konnte Frankfurt unter dem Alliiertenstatut, mit der Gründung der
Bank Deutscher Länder, der Ansiedlung aller großen Banken – einschließlich der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur Abwicklung
des Marshall-Planes – auf die Erfolgsspur zurückfinden, nachdem die
Stadt einige Jahrzehnte lang ihre
Rolle als führender deutscher Finanzplatz an Berlin hatte abtreten müssen. Besonders begünstigt von der
Erfolgsgeschichte der D-Mark als stabiler und weltweit begehrter Reservewährung, liberalisiertem Handel,
fortschreitender Industrialisierung
und nie gekanntem Wachstum internationaler Handels- und Zahlungsströme errang der Finanzplatz zunehmende Bedeutung. Mittlerweile
beschäftigt der Finanzsektor wieder
14 % aller Arbeitnehmer.
Damit möchte ich allerdings keineswegs die führende Dimension
des Finanzplatzes London in Abrede
stellen, die sich jedoch historisch begründet und durch eine ganz anders
geartete Entwicklung begünstigt
worden ist. Auf dem Kontinent indes
haben wir die Herausforderungen
angenommen. Die geldpolitischen
Entscheidungen der Eurozone werden in Frankfurt getroffen, und so
hat die Stadt als der zentrale deutsche und kontinentaleuropäische Finanzplatz auch eine bundesweite
Vorreiterfunktion. Schon dies be-
„Auch im notwendigen und überfälligen Prozess der
Selbstorganisation
des Finanzplatzes
hat die Landesregierung die Initiative ergriffen. Nach einem
langen Überzeugungs- und Entwicklungsprozess ist es
schließlich gelungen, ein gemeinsames Dach für die Außendarstellung und
das Marketing des
Finanzplatzes Frankfurt zu schaffen.“
dingt eine aktive Begleitung und Förderung durch die Landespolitik. Insbesondere was die Durchsetzung besserer Rahmenbedingungen des deutschen und europäischen Kapitalmarktes und die Optimierung der
Standortfaktoren für Finanzdienstleistungen betrifft, hat Hessen daher
häufig die Führungsrolle in Deutsch-
land inne. Wie entscheidend gesetzgeberische und politische Einwirkung dafür sind, zeigt in beeindruckender Weise die Entwicklung des
deutschen Finanzplatzes seit 1948
mit drei zentralen Voraussetzungen:
Die Schaffung von Vertrauen vor
allem ausländischer Anleger in
die Stabilität der deutschen Wirtschaft und Währung und dessen
Bewahrung bis heute.
Eine konsequente und anhaltende
Deregulierungspolitik, vor allem
in den sechziger Jahren, mit den
Stichworten Öffnung des Handels
mit ausländischen Papieren, volle
Konvertibilität der D-Mark, Große
Börsenreform, Öffnung des Terminhandels und anderen Entscheidungen, die ganz entscheidend
zur Erfolgsstory des deutschen Finanzplatzes beigetragen haben.
Eine konsequente Förderung der
Entwicklung der Finanzmärkte,
namentlich mit vier Finanzmarktförderungsgesetzen.
Gelungene Aufholjagd
Erst diese Erfolge und politische
Entscheidungen für moderne Finanzmarktregeln haben die internationale Wettbewerbsfähigkeit entscheidend verbessert und ermöglichten
so die erfolgreiche Aufholjagd gegenüber London und Paris. Ein weiterer
Grund für die heutige Bedeutung
des Finanzplatzes Deutschland in
Europa und weltweit liegt sicher
auch darin, dass sich Frankfurt mit
dem Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) als Finanzzentrum emanzipiert hat. Und in der gegenwärtigen Krise an den Kreditmärkten und
ihrer Bewältigung hat die Öffentlichkeit zum ersten Mal die EZB als ebenbürtigen Partner der Notenbank der
Vereinigten Staaten von Amerika
zur Kenntnis genommen.
Sicher ist nicht jegliche erfreuliche Entwicklung nur politischem
Handeln zu verdanken. Aber Politik
kann auch dort, wo ihr originäre Zuständigkeiten fehlen, Überzeugungsarbeit leisten und initiieren. So sind
wir als Regierung angetreten, auch
in Fragen der Entwicklung des Finanzplatzes offensiv und aktiv zu
agieren, zu moderieren und zu vermitteln.
Unser
Regierungsprogramm hat diesem Bereich konsequenterweise und als deutliches Signal ein eigenes Kapitel gewidmet.
Umfangreiche Pläne
Eine Reihe unserer Initiativen im
Bundesrat hat dafür zunächst grundlegende Anstöße für ein verbessertes
Umfeld für Finanzdienstleister und
für eine Erweiterung der Produktpa-
lette bewirkt. Ohne solche Vorstöße
hätte es etwa die Zulassung von Real
Estate Investment Trusts (Reits) in
Deutschland so nicht gegeben. Mit
gleicher Energie werden wir für die
Entlastung der Kreditwirtschaft von
aufsichtsfremden Kosten oder für
weiterführende Entwicklungen im
Bereich der Zertifizierung eintreten
und die gesetzlichen Maßnahmen
zur Regulierung von Private-EquityGesellschaften begleiten. Wir werden uns weiterhin für eine Verstärkung der Präsenz der BaFin in Frankfurt einsetzen, wollen die Bundesbank im Bereich der Bankenaufsicht
stärken und den Verbleib des Ceiops-Komitees in Frankfurt sichern.
Mit dem nun gegründeten „House
of Finance“ wird in Frankfurt wie an
keiner anderen deutschsprachigen
Universität geld- und finanzbezogene Forschung konzentriert und gebündelt, soll eines der führenden europäischen Zentren, auf dem Gebiet
der Finanzwissenschaft ein internationaler Knotenpunkt finanzbezogener Spitzenforschung entstehen.
Unsere Finanzplatzinitiative erschöpft sich aber nicht in Aktivitäten
im föderalen Umfeld. Durch gesetzliche Maßnahmen auf Landesebene
haben wir etwa mit der Novellierung
des Hessischen Sparkassengesetzes
für die S-Finanzgruppe bessere
Voraussetzungen geschaffen, damit
sie auch in Zukunft als eine starke
Säule in der dreigliedrigen Bankenlandschaft bestehen kann. Mit
der Übernahme der Frankfurter
Sparkasse durch die Landesbank
Hessen-Thüringen ist ein wichtiger
Schritt getan, um die Wettbewerbsfähigkeit beider Institute und damit auch des Sparkassenverbundes
zu sichern.
Einheitliches Branding
Auch im notwendigen und überfälligen Prozess der Selbstorganisation
des Finanzplatzes hat die Landesregierung die Initiative ergriffen. Nach
einem langen Überzeugungs- und
Entwicklungsprozess ist es schließlich gelungen, ein gemeinsames
Dach für die Außendarstellung und
das Marketing des Finanzplatzes
Frankfurt zu schaffen. Unter einem
einheitlichen Branding wird erstmals eine koordinierte Bewerbung
des Finanzstandortes Frankfurt
Rhein-Main möglich und eine produkt- wie institutsunabhängige Marketingstrategie
institutionalisiert
und verfolgt. Wir sind überzeugt,
dass „Frankfurt Main Finance“ bald
ein bekanntes und erfolgreiches Markenzeichen dieser Community und
ihrer Institute sein und einen globalen Stellenwert erlangen wird.
Allfinanzkonzept
Fortsetzung von Seite B 3
telstand. Hier sind betriebliche und
private Finanzangelegenheiten eng
miteinander verbunden und müssen
daher auch mit ganzheitlichen
Betreuungskonzepten
begleitet
werden.
Ankerprodukt Firmenkredit
Klassisches Ankerprodukt im hart
umkämpften Mittelstandsgeschäft
wird auch in Zukunft der Firmenkredit bleiben. Gleichzeitig werden gerade auch in der Geschäftsbeziehung mit dem Mittelstand umfassende Lösungsansätze immer wichtiger. Diese betreffen altbekannte Themen wie die betriebliche Altersvorsorge und das Flottenleasing. Mehr
und mehr rücken im Mittelstandsgeschäft allerdings auch speziellere
Themen in den Vordergrund. Dazu
zählen zum Beispiel Beratungsleistungen zu allen – auch europaweit
angebotenen – Förderkreditmöglichkeiten, die Optimierung der Gewinn- und Verlustrechnung durch
ein aktives Zins- und Währungsmanagement, Rohstoffpreissicherungen oder auch die Stärkung und
Strukturierung der Passivseite durch
Private Equity und Mezzanine-Kapital selbst in kleinen Losgrößen.
Kurz: Gerade auch bei der Kundenbeziehung zum Mittelstand sind zunehmend maßgeschneiderte Produkte gefragt. Wie im PrivatkundenSegment ist damit auch hier die Kombination aus spezieller Produktkompetenz der DZ Bank Gruppe und der
Marktnähe der Genossenschaftsbanken ein entscheidender Wettbewerbsfaktor.
Dadurch und mit einer weiteren
Intensivierung der Zusammenarbeit
als Kern der Weiterentwicklung des
Allfinanzkonzeptes wird der genossenschaftliche FinanzVerbund in allen relevanten Produktbereichen
auch künftig die umfassenden Lösungen bieten können, die die Kunden
von ihren Volksbanken und Raiffeisenbanken erwarten. Die konsequente Umsetzung dieser Strategie
wird den Verbund darüber hinaus in
die Lage versetzen, die Marktdurchdringung weiter zu verbessern, die
bestehenden Geschäftsbeziehungen
zu vertiefen und neue Kunden zu gewinnen – und so trotz des zu erwartenden noch härter werdenden Wettbewerbs seine herausragende Position als Allfinanzanbieter im deutschen Markt zu behaupten.
Europäischer Ansatz
Aus dieser starken Stellung heraus ist auf mittlere Sicht auch eine
europaweite Ausdehnung der Allfinanzstrategie überlegenswert. So
könnte sich das, was heute im Transaction Banking bereits gelebt wird,
auch in anderen Geschäftsfeldern
als zukunftsträchtig erweisen. Ansatzpunkte mit Potenzial bestehen
beispielsweise im Leasing, beim Asset Management, im Zertifikate-Geschäft oder auch bei Konsumentenkrediten. Dabei könnte die DZ Bank
die gleiche Rolle wie auf dem deutschen Markt einnehmen und Verbundorganisationen attraktive Produkte zuliefern. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass diese nicht unmittelbar mit dem deutschen genossenschaftlichen FinanzVerbund konkurrieren.
Sonderbeilage
Sonnabend, 14. Juni 2008
Börsen-Zeitung Nr. 113
B5
Qualifizierter Nachwuchs ist für Banken wichtiger denn je
Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis ist in der „kleinsten Metropole der Welt“ bereits weit gediehen
tes Wissen über wirtschaftliche wie
finanzielle Zusammenhänge bildet
daher eine wichtige Voraussetzung
dafür, sein Leben selbstverantwortlich und erfüllt zu gestalten. Schon
Johann Wolfgang von
Goethe wusste: „Wer
sich aufs Geld versteht,
versteht sich auf die
Von
Zeit.“
Klaus-Peter Müller
Dieser Satz gilt erst
recht für diejenigen, die
sich tagtäglich von BeVorsitzender des
Stiftungsrats der Frank- rufs wegen mit Geld beschäftigen. In Frankfurt
furt School of Finance
mit seiner langen Tradi& Management
tion als Banken-, Börund Aufsichtsratssen- und Messestadt vervorsitzender der
steht man sich gewiss
Commerzbank AG
seit jeher auf Geldgeschäfte. Während ein
ren Alltag. Die Kenntnis vom Geld Banker aber zu Goethes Zeiten vor alund der Wirtschaft entscheidet aber lem mit dem Federkiel umgehen
Kopfrechnen
beherrschen
auch wesentlich über unseren heuti- und
gen Wohlstand wie über unseren musste, sind die heutigen Anfordekünftigen Lebensstandard. Fundier- rungen im Bankensektor ungleich
Börsen-Zeitung, 14.6.2008
Finanzielle Bildung geht alle an. Ob
Baufinanzierung oder Abgeltungsteuer – finanzielle Fragen prägen
auf ganz verschiedene Weise unse-
differenzierter. Die Tendenz zu Standardprodukten einerseits, zu maßgeschneiderten Finanzlösungen etwa
im Corporate Banking andererseits,
komplexe Modellberechnungen im
Risikomanagement sowie detaillierte Bilanzierungs- und Regulierungsvorschriften führen zu immer
neuen Aufgaben bei den Finanzdienstleistern. In den Banken arbeitet deshalb nicht mehr nur der traditionelle Bankkaufmann, sondern gefragt sind zunehmend Spezialisten
wie Informatiker und Wirtschaftswissenschaftler, ebenso wie Mathematiker und Physiker.
Qualifizierter Nachwuchs ist
heute für Banken wichtiger denn je.
Ein hohes Ausbildungsniveau bietet
zudem Gewähr, dass sowohl privaten Kunden als auch Firmenkunden
die bestmögliche Beratung geboten
wird. Eine adäquate finanzielle
(Aus-) Bildung kann aber nur gedeihen, wenn entsprechende professionelle Grundlagen und geeignete Ver-
mittlungskanäle – eine „Produktionsstätte“ finanziellen Wissens – vorhanden sind. Insbesondere wissenschaftliche Forschung und berufliche Bildungsmöglichkeiten stellen somit
wichtige Elemente eines Finanzplatzes dar. Frankfurt steht daher nicht
nur als Finanzstandort, sondern zugleich auch als „Produzent“ finanziellen Wissens in einem föderalen wie
globalen Wettbewerb.
Enorme Dynamik gezeigt
Gerade auf diesem Sektor hat
Frankfurt in den letzten Jahren
enorme Dynamik unter Beweis gestellt und wichtige Pluspunkte gesammelt. Die Mainmetropole verfügt über eine Reihe von Forschungs- und (Weiter-) Bildungsinstitutionen, die national und international hohe Anerkennung genießen.
In diesen Tagen schließen sich acht
Einrichtungen der Goethe-Universität unter dem Dach des „House of Fi-
Die Leistungsfähigkeit der Banken steigern
Finanzmarktgesetzgebung muss verschlankt werden – Allgemeinbildung zu Finanzfragen fördern
men werden. Nur Wachstum führt
zu mehr Beschäftigung. Wirtschaftliches Wachstum ist – zumal in einer
Gesellschaft, in der immer mehr alte
und immer weniger junge Menschen
leben – nur möglich, wenn das Gesundheits- und das Rentensystem
auf einem soliden Fundament stehen, der Arbeitsmarkt flexibel gestaltet ist, ein einfaches und transparentes Steuerrecht Wettbewerbsfähigkeit sichert
und einem modernen
Bildungssystem allerVon
größte Bedeutung beigeDietmar Schmid
messen wird. Der in den
vergangenen Jahren begonnene Reformprozess
darf nicht ins Stocken
geraten. Zwar ging die
Vorsitzender des
Aufschwungsphase der
Bankenverbandes
Hessen und Vorstands- letzten Jahre erfreulimitglied der BHF-Bank cherweise mit einem
starken BeschäftigungsAktiengesellschaft
zuwachs einher, doch
bei nahezu vier Milliofür das Land Hessen und insbeson- nen Arbeitslosen und angesichts der
dere für Frankfurt am Main. Frank- demografischen Herausforderungen
furt ist Deutschlands führender Fi- der Zukunft können wir uns einen
nanzplatz. Hunderte Kreditinstitute Stillstand nicht erlauben.
Eine im Auftrag des Bankenverhaben in der Stadt ihren Sitz oder
eine Niederlassung. Rund ein Viertel bandes im November 2007 durchgealler Bankgeschäfte in Deutschland führte repräsentative Erhebung hat
und rund die Hälfte des deutschen gezeigt, dass sich die Bevölkerung
Geld- und Kapitalverkehrs mit dem der Notwendigkeit weiterer ReforAusland werden in Frankfurt abgewi- men bewusst ist. Auf die Frage „Ist
ckelt. Das Bankgewerbe beschäftigt die wirtschaftliche Lage in Deutschin Frankfurt etwa 70 000 Menschen land so gut, dass wir in nächster Zeit
und ist somit einer der wichtigsten keine weiteren Reformen brauchen?“, antworteten 86 %: „Nein,
Arbeitgeber der Region.
Diese Fakten machen deutlich, wir brauchen weitere Reformen.“
dass es ein zentrales Anliegen der Po- Die Politik kann sich somit nicht auf
litik sein muss, den Banken ein Um- eine vermeintliche Reformmüdigfeld zu bieten, das es ihnen ermög- keit der Bevölkerung zurückziehen.
licht, sich im globalen Wettbewerb Sie ist vielmehr gefordert, Führung
zu behaupten. Wie alle anderen Un- zu übernehmen, Deutschland zuternehmen sind auch Banken auf kunftsfähige Strukturen zu geben
eine Politik angewiesen, die ihnen und unternehmerischer Initiative
mit einer konstruktiven Haltung be- den Weg zu bereiten.
gegnet und zudem stabile, verlässliche Bedingungen schafft. Nur wenn
Überregulierung hemmt
politische Entscheidungen einer klaren Linie folgen und hinsichtlich der
In diesem Zusammenhang steht
rechtlichen Rahmensetzungen Konti- auch der Ruf nach Bürokratieabbau
nuität gewährleistet ist, ist für Ban- und Deregulierung. Eine deutliche
ken ein sicheres Fundament für In- Überregulierung hemmt die Investitivestitionsentscheidungen gegeben.
ons- und Innovationsbereitschaft
des deutschen Bankwesens. BesteFragmentierung überwinden hende bürokratische Belastungen
müssen abgebaut und das Entstehen
Die Banken in Deutschland und so- neuer bürokratischer Hemmnisse
mit auch am Finanzstandort Frank- verhindert werden. Die Finanzmarktfurt stehen unter dem Druck eines gesetzgebung insgesamt muss verzunehmenden internationalen Wett- schlankt werden. Eines der zentrabewerbs, der durch die – für sich ge- len Problemfelder ist in diesem Zunommen sehr begrüßenswerte – sammenhang die Deregulierung der
europäische Finanzmarktintegration Fondsindustrie, der Luxemburg weweiter verschärft wird. Angesichts sentlich attraktivere Rahmenbedindessen ist es bedenklich, dass der gungen bei der Auflage und der VerBankenmarkt in Deutschland noch waltung von Fondsprodukten bietet.
Deutschland steht für erstklassige
immer stark fragmentiert ist. Dies ist
eine der wesentlichen Ursachen da- Produkte und hoch qualifizierte
für, dass deutsche Banken im inter- Dienstleistungen. Dies gilt auch für
nationalen Vergleich eine nur unter- den Finanzsektor. Diese Position
durchschnittliche Profitabilität auf- kann nur verteidigt werden, wenn unweisen, wie zum Beispiel auch die ser Land auch fachspezifisch über ein
Ratingagentur Moody’s im April fest- exzellentes Bildungssystem verfügt,
stellte. Die Politik sollte privaten das keinen internationalen Vergleich
Banken im gesamtwirtschaftlichen scheuen muss. Die Finanzwirtschaft
Interesse mehr Freiraum für die Zu- ist in Deutschland die Branche mit
sammenarbeit mit Genossenschafts- dem höchsten Anteil an Hochschulabinstituten und Sparkassen geben. solventen, doch im internationalen
Nur wenn Deutschland bei der Mo- Vergleich ist der Akademikeranteil
dernisierung von Marktstrukturen trotzdem gering. Es ist eine Gemeinvoranschreitet, wird es im internatio- schaftsaufgabe von Unternehmen
nalen Wettbewerb möglich sein, Grö- und Politik, das Ausbildungsniveau
ßenvorteile zu nutzen. Der reforma- weiter zu steigern, vielfältige Möglichtorische Mut anderer europäischer keiten zur Weiterbildung zu schaffen
Staaten sollte zum Vorbild genom- und auf einen effizienten Einsatz der
Börsen-Zeitung, 14.6.2008
Leistungsstarke, wettbewerbsfähige
Banken sind für eine moderne Volkswirtschaft von essenzieller Bedeutung. Für ihren Erfolg ist die deutsche Wirtschaft auf Banken angewiesen, die den Zugang zu allen erforderlichen
Finanzdienstleistungen
bieten. Noch größer ist der wirtschaftliche Stellenwert der Banken
Mittel zu achten. Am Finanzplatz
Frankfurt und in der Region ist bereits viel geschehen, um ein zukunftsorientiertes Bildungsumfeld zu schaffen. Das House of Finance an der Goethe-Universität Frankfurt ist in dieser
Hinsicht vorbildlich. Es vereint interdisziplinär acht akademische Forschungs- und Ausbildungseinheiten
und führt Forschung und Praxis zusammen.
Es ist zu wünschen, dass die Politik weiter mithilft, hoch qualifizierte
fachspezifische Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen in Frankfurt
am Main und in der Region zu etablieren und auszubauen. Das House
of Finance, die Frankfurt School of
Finance & Management, die European Business School (EBS) in
Oestrich-Winkel, die Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung (WHU) sowie die zahlreichen weiteren Universitäten und
Fachhochschulen im Umfeld bieten
hierfür eine sehr gute Basis.
Wirtschaft als Schulthema
Das Interesse an Wirtschafts- und
Finanzfragen sollte frühzeitig geweckt werden. Auch dies ist ein Ansatz zur Stärkung des Finanzplatzes.
Eine Umfrage des Bankenverbandes
unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat gezeigt, dass sich
diese erheblicher Wissensdefizite bei
Wirtschafts- und Finanzfragen bewusst sind und sich gleichzeitig mit
großer Mehrheit wünschen, in der
Schule mehr über wirtschaftliche Zusammenhänge zu erfahren. Acht von
zehn Befragten haben sich dafür ausgesprochen, ein eigenes Fach Wirtschaft einzuführen. Wir sehen dies
als Bestätigung der Auffassung des
Bankenverbandes, dass Wirtschaftsund Finanzbildung ein wichtiger
Teil der Allgemeinbildung ist. Die erweiterte Aufnahme dieser Themen
in das schulische Curriculum fördert
den mündigen Umgang mit Geldund Vermögensfragen, schafft frühzeitig Bewusstsein für langfristige
Aufgaben wie die Altersvorsorge
und hilft, Verständnis für die Arbeit
von Banken zu schaffen.
Auch die Chance, Jugendliche
frühzeitig für eine berufliche Aufgabe im Finanzsektor zu interessieren, sollte nicht vergeben werden,
denn für den Erfolg der Zukunft sind
Banken im internationalen Wettbewerb auf ein großes Potenzial motivierter, hoch qualifizierter Nachwuchskräfte angewiesen. Der Bankenverband Hessen e. V. engagiert
sich als berufsständische Organisation im schulischen Umfeld seit langem mit Seminaren zur Lehrerfortbildung und organisiert Begegnungen
zwischen Schulleitern und Bankern.
Er trägt so dazu bei, dass schon im
schulischen Rahmen Wissensgrundlagen gelegt werden können.
Frankfurt am Main verfügt über
eine im internationalen Vergleich in
vielerlei Hinsicht hervorragende Infrastruktur. Die optimale Verkehrsanbindung über Flughafen, Autobahnen und ICE-Trassen zählt zu den
Stärken des Standortes. Auch die
Qualität des kulturellen Angebots
und die der Freizeiteinrichtungen
sind wichtige Standortfaktoren.
Nicht zuletzt ist die Verfügbarkeit geeigneten Wohnraumes eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung des Finanzplatzes. Die Politik
hat hier die Aufgabe, in regionaler
Zusammenarbeit das in der Vergangenheit Erreichte auszubauen und in
den Anstrengungen zu weiteren Verbesserungen nicht nachzulassen.
Der Finanzsektor ist für die deutsche Wirtschaft und insbesondere
den Wirtschaftsstandort Frankfurt
von zentraler Bedeutung. Eine Politik, die es sich zur Aufgabe macht,
die Leistungsfähigkeit von Banken
zu erhalten und zu steigern, dient damit ganz wesentlich dem Wachstum
und der Beschäftigung. Ansatzpunkte bestehen in vielen Politikbereichen, von denen hier nur einige
angesprochen werden konnten. Nur
wenn weiterhin umfassende Anstrengungen unternommen werden,
die Leistungsfähigkeit des Finanzplatzes Frankfurt zu sichern und zu
steigern, kann es gelingen, seine herausgehobene Position im internationalen Wettbewerb zu behaupten.
nance“ zusammen, um die interdisziplinäre Forschung und Ausbildung
in den Bereichen Finanzen, Währung und Unternehmensrecht zu intensivieren. Das neue House of Finance, das als vorbildliches Projekt
einer Public Private Partnership zwischen Universität und zahlreichen
Banken wie auch Unternehmen gelten darf, führt eindrucksvoll die
Frankfurter Tradition der Stiftung in
zeitgemäßer Form weiter.
Seit über 50 Jahren hat zudem die
Frankfurt School of Finance & Management ihren Sitz in Frankfurt. Ursprünglich von privaten Banken als
Einrichtung zur Weiterbildung errichtet, bietet die Frankfurt School
heute ihr Angebot mittlerweile an
fast 90 Standorten in Deutschland
an und ist auch international mit diversen Beteiligungen engagiert – bis
nach Shanghai. Auf ihrem Programm steht ein Promotionsstudiengang genauso wie die berufsbegleitende Weiterbildung für Bankpraktiker. Die Frankfurt School leistet damit einen wichtigen Beitrag,
qualifizierten, motivierten und praxisorientierten Nachwuchs auszubilden.
Räumliche Nähe vorteilhaft
Vielfalt und Wettbewerb in der Finanzbildung sind somit in Frankfurt
keine Fremdworte. Dabei hat die
„kleinste Metropole der Welt“ einen
weiteren, erheblichen Standortvorteil: Die räumliche Nähe von Finanzdienstleistern zu Ausbildungs- und
Forschungsinstituten bietet eine ausgezeichnete Chance zum fruchtbaren Austausch zwischen Theorie und
Praxis, zwischen Wissenschaftlern,
Studenten und Bankern. Wohl nur
an wenigen Orten können junge
Bachelor- und Master-Studenten so
zielgerichtet sowohl ihren Hochschulabschluss erwerben als auch berufliche Erfahrung sammeln.
Bei der Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis ist Frankfurt also
schon sehr weit. So hat etwa der von
der Commerzbank gestiftete Lehrstuhl für Mittelstandsfinanzierung
bei der Frankfurt School of Finance
& Management das Ziel, Herausforderungen der Finanzierung von mit-
telständischen Unternehmen aus
Sicht der Kapitalgeber und -nehmer
zu erforschen.
„Mehrwert“ für Praktiker
Aber auch den Praktikern bringt
der direkte Austausch mit Wissenschaft und Forschung einen „Mehrwert“. Gerade mit der persönlichen
Erfahrung als Honorarprofessor
kann ich bestätigen, dass der Kontakt mit jungen Studenten und Wissenschaftlern auch einem „gestandenen“ Banker neue Einsichten und
Blickwinkel vermittelt.
Welche Erwartungen hat aber ein
Praktiker der Bankwirtschaft an Forschung und Wissenschaft? Um es auf
den Punkt zu bringen: möglichst
zeit- und anwendungsnahe Ergebnisse und eine verständliche Darstellung. So werden beispielsweise die
aktuellen Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten sicherlich in den Wissenschaften intensiv
erforscht und mit anderen Krisen verglichen werden. Welche Zusammenhänge bestehen etwa zwischen Regulierung, „Anreizsystemen“ und Stabilität der Finanzmärkte? Eine rasche
und klare Analyse könnte helfen, geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung des Vertrauens in die Finanzmärkte zu ergreifen. Und möglicherweise würde nebenbei sogar ein
neues Licht auf die Vorzüge des deutschen Universalbankensystems geworfen.
Verständlich vermitteln
Vielleicht könnten zudem wissenschaftliche Erkenntnisse künftig
mehr als bisher in einfacher, verständlicher Sprache vor allem der
außeruniversitären
Öffentlichkeit
vermittelt werden. Hierzu leistet bereits das Geldmuseum der Deutschen
Bundesbank,
das
die
Kulturgeschichte des Geldes und die
Bedeutung der Geldwertstabilität anschaulich präsentiert, einen wichtigen Beitrag.
Wie können wir aber noch mehr
Menschen erreichen? Denn es gilt,
die finanzielle Allgemeinbildung der
Bevölkerung zu verbessern. Was
Fortsetzung Seite B 8
B 6 Börsen-Zeitung Nr. 113
Sonderbeilage
Sonnabend, 14. Juni 2008
Wirtschaftliche Einheit stärkt regionalen Sparkassenverbund
Stärken können am Finanzplatz Frankfurt optimal ausgespielt werden – „Neues Verbundkonzept“ setzt Maßstäbe
Unternehmenssparten Großkunden
und Investment Banking, Privatkunden und Mittelstandsgeschäft sowie
öffentliches Förder- und Infrastrukturgeschäft hat sich erneut bewährt.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor des Geschäftsmodells ist die intensive Zusammenarbeit der Sparkassen in Hessen und
Thüringen und der Helaba im PrivatkundenVon
und
MittelstandsgeGünther Merl
schäft. Durch das „Neue
Verbundkonzept“ wurden 2003 die Rahmenbedingungen für diese Zusammenarbeit geschafVorstandsvorsitzender fen. Das Verbundkonzept basiert auf einer
der Landesbank
Satzung und damit auf
Hessen-Thüringen
einer
gesetzlichen
(Helaba)
Grundlage. Dadurch präsentieren sich die SparDie Helaba hat das Geschäftsjahr kassen in Hessen und Thüringen
2007 trotz Bewertungsbelastungen und die Helaba als leistungsstarke Fiaufgrund der turbulenten Marktver- nanzgruppe, die wie ein Akteur am
hältnisse mit einem Konzernjahreser- Markt auftritt.
Die Verbundpartner decken in
gebnis von 353 Mill. Euro nahezu
auf Vorjahresniveau abgeschlossen. Hessen und Thüringen einen HeimatNicht zuletzt profitierte der Konzern markt mit über 10 Millionen Einwohdavon, dass von den traditionell kon- nern ab. Die Region erreicht mit eiservativen Grundsätzen zur Liqui- ner Wirtschaftskraft (BIP) von ca.
ditätssteuerung, Risikotragfähigkeit 300 Mrd. Euro eine auch im europäiund praktiziertem Risikomanage- schen Kontext relevante Dimension
– vergleichbar mit mittleren Ländern
ment nicht abgewichen wurde.
Aufgrund des hohen Gewichtes der Europäischen Union wie Schwedes Kundengeschäftes, das sich dyna- den, Österreich, Polen und Griechenmisch entwickelt, hat das Institut we- land. In dieser Wachstumsregion ist
der in noch außerhalb der Bilanz zur die Sparkassen-Finanzgruppe HesErtragsverbesserung großvolumig sen-Thüringen Marktführer. GemeinKreditersatzgeschäfte getätigt. Da- sames Ziel ist es, die Marktführerdurch konnte die Helaba ihre Markt- schaft durch die konsequente Ausposition in den wesentlichen Kernge- schöpfung von Verbundvorteilen
schäftsfeldern weiter ausbauen. Zu- weiter auszubauen.
Kernelement des Verbundkonsammengefasst: Das Geschäftsmodell mit seinem Mix aus Wholesale- zepts ist das Geschäftsmodell der
und Retailgeschäft und seinen drei wirtschaftlichen Einheit zwischen
Börsen-Zeitung, 14.6.2008
Der Finanzplatz Frankfurt stand im
Jahr 2007 und im ersten Halbjahr
2008 unter dem Eindruck der Finanzmarktkrise. Die Folgen, insbesondere die Liquiditätsknappheit, betreffen alle Akteure am Finanzplatz.
der Helaba und den Sparkassen in
Hessen und Thüringen. Die vier Pfeiler der wirtschaftlichen Einheit sind
der gemeinsame Marktauftritt, ein
integriertes Risikomanagement, ein
regionaler Haftungsverbund und die
Verbundrechenschaftslegung. Der
abgestimmte arbeitsteilige Marktauftritt ist geprägt durch eine klare Regelung der Kundenzuständigkeit
und eine abgestimmte Produktpalette. Das gemeinsame Risikomanagement erfolgt auf Basis einer einheitlichen Risikostrategie und eines
gemeinsamen
Risikomonitorings
mit Frühwarnfunktion. Die Risikostrategie wird von allen Mitgliedsinstituten der Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen praktiziert. Abgerundet wird das Risikomanagementsystem durch einen gemeinsamen von Landesbank und
Sparkassen getragenen Haftungsfonds.
Dieser besteht zusätzlich und unabhängig neben den Sicherungseinrichtungen der deutschen Sparkassenorganisation auf Bundesebene.
Er entfaltet nicht nur instituts-, sondern auch gläubigerschützende Wirkungen; der Umfang des Fonds beträgt aktuell rund 620 Mill. Euro.
Positiver Ratingausblick
Den vierten Pfeiler bildet die Verbundrechenschaftslegung. Sie beinhaltet eine Bilanz, eine Gewinn- und
Verlustrechnung, einen Lagebericht
und einen Risikobericht. Auf Basis
dieser konsolidierten Zahlen hat die
Sparkassen-Finanzgruppe HessenThüringen positive Bonitätseinstufungen der Ratingagenturen Fitch
und Standard & Poor’s erhalten. Insbesondere das Fitch-Rating von
„A +“ ist ein echtes Verbund-Rating,
das im Rahmen der Kapitalmarktaktivitäten von jeder einzelnen Verbundsparkasse genutzt werden
kann. Standard & Poor’s hat noch im
April für die Helaba und die Sparkassen in Hessen und Thüringen ein
„A“/„A-1“-Rating bestätigt. Der Ratingausblick bleibt positiv.
Die Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen hat mit dem „Neuen
Verbundkonzept“ Maßstäbe für die
Zusammenarbeit von rechtlich und
wirtschaftlich selbständigen Unternehmen in Verbünden der Kreditwirtschaft in Deutschland gesetzt.
Der Helaba kommt bei dem weiteren
Ausbau des Verbundes unverändert
eine wichtige Funktion zu. Sie gewährleistet als Sparkassenverbundbank die Entwicklung und den Vertrieb wettbewerbsgerechter Produkte. Darüber hinaus intensiviert
sie die kooperative Marktbearbeitung mit den Sparkassen mit dem
Ziel, den Marktanteil der Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen im Firmen- und Privatkundengeschäft weiter auszubauen.
In den ersten Jahren wurde die
Produkt- und Dienstleistungspalette
innerhalb des Verbunds erheblich
ausgeweitet: Im Privatkundengeschäft hat sich die Helaba beispielsweise zu einem Komplettanbieter
entwickelt. Im aufstrebenden Zertifikatemarkt erhalten die Sparkassen
neben attraktiven Kundenprodukten
zusätzlich die Möglichkeit, diese Gelder in der eigenen Bilanz zu halten
und so Mittelabflüsse zu verhindern.
Als Dienstleister kann die Helaba
alle am Markt verfügbaren Zertifikatestrukturen maßgeschneidert auf
die Bedürfnisse einzelner sowie mehrerer Sparkassen anbieten. Mit diesen innovativen Konzepten hat sie
mittlerweile ein Alleinstellungsmerk-
mal in der Sparkassen-Finanzgruppe
erreicht.
Im Eigengeschäft bietet die Helaba neben den klassischen Produktfeldern den Sparkassen einen umfassenden Beratungsansatz im Bilanzstrukturmanagement und zur Risikosteuerung. Vor diesem Hintergrund hat die Helaba in den Jahren
2004 und 2005 die beiden regionalen Sparkassen-Kreditpools HessenThüringen I und II aufgelegt, an denen sich 22 Sparkassen mit einem
Gesamtvolumen von rund 100 Mill.
Euro beteiligt haben. Basierend auf
den regionalen Erfahrungen hat die
Helaba gemeinsam mit weiteren Landesbanken im letzten Jahr bereits
den vierten und mittlerweile bundesweiten Kreditpool – Sparkassen-Kreditbasket IV – mit einem Poolvolumen von 196,1 Mill. Euro initiiert.
An der Transaktion haben sich 47
Sparkassen aus dem gesamten Bundesgebiet beteiligt. Somit handelte
es sich um die bis dato größte Transaktion im Sparkassensektor.
Pläne für den Vertrieb
Der Schwerpunkt der Verbundzusammenarbeit im Firmenkundengeschäft liegt nach dem Ausbau der
Produktpalette zukünftig im gemeinsamen Vertrieb. Im Vordergrund
steht der Auf- und Ausbau einer gemeinsamen Marktbearbeitung mit
Blick auf die zentrale Kundengruppe
Mittelstand. Die Kundenzuständigkeit für das Mittelstandsgeschäft ist
im Rahmen des Verbundkonzepts
klar geregelt und liegt bei den Sparkassen. Sie verfügen über einen hohen Grad an Marktpräsenz und
Marktkenntnis, sind regional stark
verwurzelt und nah an den Bedürfnissen der kleinen und mittelgroßen
Unternehmen. Durch die Zusammenarbeit mit der Helaba profitieren die
Kunden der Sparkassen von einem
Leistungsspektrum, das dem einer
Großbank vergleichbar ist. Die Nähe
zu den Kunden und die regionale
Verbundenheit der Sparkasse kombiniert mit dem Produkt-Know-how
und der Internationalität der Helaba
bringt zwei Kompetenzen zueinander, die Unternehmenskunden honorieren.
In dieser Kundengruppe wollen
die Verbundpartner künftig bei der
gemeinsamen Marktbearbeitung ein
Marktsegment fokussieren. Besonders bei Firmenkunden mit einem
Umsatzvolumen von 20 bis 250 Mill.
Euro sehen die Verbundpartner
noch erhebliches Marktpotenzial.
Zurzeit wird gemeinsam im Verbund
ein Konzept für dieses Kundensegment entwickelt.
Die Potenziale in diesem Geschäftsfeld hat die Helaba früh erkannt. Bereits 2006 hat das Institut
gemeinsam mit der Frankfurter Sparkasse ein Betreuungskonzept für das
Geschäftsfeld Unternehmenskunden
mit dem Fokus auf große mittelständische Unternehmen eingeführt.
Dazu wurden drei Kundenteams gebildet, die jeweils für eine klar definierte Region zuständig sind. Die Betreuungsspanne wurde bewusst niedrig angesetzt, um den besonderen
Anforderungen der Unternehmen
nach persönlicher Betreuung und
dem Cross-Selling-Anspruch der
Bank Rechnung zu tragen. Der einzelne Zielkundenmanager ist produktübergreifend für die gesamte
Kundenbeziehung zuständig. Bei
komplexeren Fragen werden Produktspezialisten der Helaba und der
Sparkasse hinzugezogen. Zudem verfügt die Helaba mit der Abteilung Kapitalmarktmanagement Mittelstand
über ein Kompetenzcenter, das sich
auf die Entwicklung spezieller Produkte für mittelständische Unternehmen konzentriert.
Zahlen sprechen für sich
Der Erfolg des Verbunds lässt sich
nicht nur an dem stetigen Anstieg
des Jahresüberschusses ablesen. Die
gemeinsame Verbundrechenschaftslegung für das Jahr 2006 weist beim
Jahresüberschuss eine Erhöhung
von 23,9 % auf 435 Mill. Euro auf.
Die Verbundquote spricht eine
ebenso deutliche Sprache: Obwohl
es nach dem Statut des neuen Verbundkonzepts keinen Kontrahierungszwang gibt und sich die Helaba im Wettbewerb mit anderen Anbietern inner- und außerhalb der
Sparkassenorganisation bewegt, erreichte
die
Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen 2007 eine
Verbundquote von 76 %. Das bedeutet, dass die Sparkassen in mehr als
drei Viertel der Fälle, in denen sie
Leistungen der Helaba in Anspruch
nehmen konnten, dies auch getan ha-
ben. Das ist ein bemerkenswertes Resultat. Gemeinsames Ziel ist es, die
Verbundzusammenarbeit auf diesem hohen Niveau zu stabilisieren.
Die Verbundbank spielt eine wichtige Rolle im Geschäftsmodell der
Helaba, das Wholesale- und Retailgeschäft über die Zusammenarbeit im
Verbund und durch eigene Marktaktivitäten miteinander verzahnt. Dadurch verfügen die Sparkassen und
die Helaba über ein breites, diversifiziertes Geschäftsportfolio und ein
starkes Standbein im Primärgeschäft
ihrer Heimatregion. Das hat sich als
Vorteil in der aktuellen Finanzkrise
erwiesen. Denn hier zeigte sich, dass
Banken mit einem gemischten Geschäftsportfolio weniger anfällig für
Marktschwankungen sind.
Neben der Verbundbank zählen
zur Unternehmenssparte Privatkunden- und Mittelstandsgeschäft der
Helaba zusätzlich die Frankfurter
Sparkasse, die 1822 direkt und die
LBS. Im Konzern betreut die Helaba
mehr als 1,8 Millionen Privatkunden
und zählt damit zu den zehn führenden Retail-Banken in Deutschland.
Über die Sparkassen in Hessen und
Thüringen verfügt der Konzern über
ein indirektes Kundenvolumen von
über 5 Millionen. Für die Helaba ist
das Geschäftsmodell einer europäischen Regionalbank mit internationaler Reichweite ein Erfolgsmodell.
Dafür sprechen die kontinuierlich positiven Geschäftszahlen der Sparkassen-Finanzgruppe in Hessen-Thüringen insgesamt.
Das Geschäftsmodell ist nicht als
Blaupause für andere Landesbanken
entwickelt worden. Es ist vielmehr
die Antwort auf die Frage, wie Landesbanken und Sparkassen sowohl
in einem wettbewerbsintensiven
und wachstumsstarken Ballungsraum wie dem Rhein-Main-Gebiet
als auch in der Fläche erfolgreich zusammenarbeiten können. Der Finanzplatz Frankfurt und der Kernmarkt Hessen-Thüringen bieten eine
gute Basis, das Geschäftsmodell der
Helaba als europäische Regionalbank mit internationaler Reichweite
weiter auszubauen. Voraussetzung
für den dauerhaften Erfolg eines solchen Geschäftsmodells war und ist,
dass innerhalb der Sparkassenorganisation unvoreingenommen über
traditionelle Arbeitsteilungen nachgedacht werden kann.
Beachtliche Präsenz
Die Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen kann ihre Stärken am
Finanzplatz Frankfurt optimal ausspielen. Aufgrund der starken Präsenz durch die Verbundunternehmen
Helaba, Frankfurter Sparkasse und
die LBS ist sie ein bedeutender Partner sowohl für die Akteure am Finanzplatz als auch für die Kunden in der
Region. Das große Gewicht am Finanzplatz wird unterstützt durch die
intensive Zusammenarbeit mit den
zahlreichen Gemeinschaftsunternehmen der bundesweiten Sparkassen-Finanzgruppe. Denn in Deutschland
gibt es keinen anderen Platz, an dem
eine so große Dichte an bedeutenden
Unternehmen der Sparkassenorganisation anzutreffen ist wie am Finanzplatz Frankfurt. Zu diesen Unternehmen der S-Finanzgruppe zählt die DekaBank als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation für
das Investmentfondsgeschäft.
Ebenso am Finanzplatz Frankfurt
sitzen die Sparkasseninformatik, einer der größten IT-Dienstleister der
europäischen Finanzbranche, und
die Deutsche Leasing AG, ein international agierender Finanz- und Servicedienstleister. Die Sparkassenorganisation ist außerdem zu 50 % an
der Deutschen WertpapierService
Bank AG, einer führenden Transaktionsbank für Wertpapierabwicklung,
beteiligt. Vor den Toren Frankfurts,
in Wiesbaden, hat mit der Onlinehandelsplattform S-Broker eine weitere zentrale Einrichtung der Sparkassenorganisation ihren Sitz.
Damit trägt die Finanzgruppe wesentlich zur Rolle Frankfurts als zentralem Finanzplatz Deutschlands
von internationaler Bedeutung bei.
Die hohe Dichte an Finanzdienstleistungsunternehmen, die gute Infrastruktur und nicht zuletzt das attraktive wirtschaftliche Umfeld bieten
günstige Rahmenbedingungen für
die Geschäftstätigkeit. Gleichzeitig
spielt die S-Finanzgruppe eine wichtige Rolle als Arbeitgeber, Ausbilder
und nicht zuletzt auch Steuerzahler
in der Region. Durch gesellschaftliches Engagement tragen die Unternehmen des Verbundes dazu bei, die
Lebensqualität in der Region zu steigern und die Attraktivität des Finanzplatzes weiter zu stärken.
B 8 Börsen-Zeitung Nr. 113
Sonderbeilage
Sonnabend, 14. Juni 2008
Wir müssen Lokalpatrioten sein
Nur wer an sich selbst glaubt, wird auch andere von sich überzeugen – Akteure sollten sich stärker und selbstbewusster als Botschafter Frankfurts verstehen
Börsen-Zeitung, 14.6.2008
Die Frage nach der Standortbestimmung Frankfurts im globalen Konzert der Metropolregionen ist untrennbar mit der Geschichte Frankfurts verbunden. Bereits im Mittelalter machte Frankfurt als Krönungsort deutscher Kaiser und als bedeutender Handelsplatz von sich reden.
Durch den Status als „Freie Reichsstadt“ entwickelte sich hier vielleicht
früher als andernorts auch eine Art
Lokalpatriotismus. Die hohe Bedeutung und die wechselvolle Geschichte der Stadt haben es von daher schon immer mit sich gebracht,
sche Börse, die aus der Auseinandersetzung mit kritischen Aktionären bemerkenswert leistungsstark hervorgegangen ist. Ihr beschlossener Umzug nach Eschborn ist zwar von symbolischer Bedeutung, nicht aber von
faktischer, weil die Stadt im Sichtfeld der Skyline der Mainmetropole
unbestreitbar Teil der Region FrankfurtRheinMain ist.
City of the Euro
Des Weiteren zieht Frankfurt als
der Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) einen unbestreitbaren Nutzen, auch wenn
die EZB eine gewisse
Standortneutralität
wahrt. Dies geziemt der
Von
EZB, doch die FrankfurHans-Joachim
ter Bankenwelt zählte
Tonnellier
die Hüter des Euro
gerne ein wenig mehr
zu den Ihren. Wie zu
Präsident der Indusden Zeiten der Bundestrie- und Handelsbank ist das Codewort
kammer Frankfurt
„Frankfurt“ europa- und
am Main und Vorstandsvorsitzender der weltweit ein Synonym
für Stabilität. Mit jeder
Frankfurter Volksbank
Zeitungsmeldung,
jedem
Fernsehbericht
dass Frankfurt immer wieder seine über die Entscheidungen der ZentralRolle nach außen und innen neu fin- banker verbindet sich das Bild des
Frankfurter Finanzplatzes als Hort eiden musste.
Frankfurts Stärken aufzuzählen ner starken und stabilen europäiist eigentlich müßig, weil sie ohne- schen Währung: Die geldpolitische
hin faktisch unbestritten und theore- Weitsicht der Zentralbanker strahlt
tisch unbestreitbar sind. Aktuell defi- ihren Glanz immer auch auf die
niert sich Frankfurt über Begriffe Stadt des Sitzes der Zentralbank ab,
wie Verkehrsdrehscheibe Rhein- Frankfurt wird zur internationalen
Main, internationaler Unterneh- Chiffre für eine kraftvolle europäimensmix, Standort zahlreicher sche Währung. Zugleich erweist sich
Hochschulen und Qualität des Umfel- der Frankfurter Magistrat als aufdes. Zudem befindet sich der Finanz- merksamer und umsichtiger Gastgeplatz Frankfurt trotz Finanzkrise ber für die EZB.
So unbestritten also die Pfunde
heute grundsätzlich in einer guten
sind, mit denen Frankfurt nach wie
Verfassung.
Im Vergleich zu anderen deut- vor wuchern kann, umso aufmerksaschen Standorten hat Frankfurt in mer sollte man sich den kleineren
den vergangenen Jahren nichts von Schwächen widmen, um sie so bald
seiner herausragenden Position ein- wie möglich wieder in Stärken zu
gebüßt. Dies gilt auch für die Deut- verwandeln. Wichtig wäre es –
Frankfurts Ehrenbürger Friedrich
von Metzler wird ja nicht müde, es
zu betonen –, das Selbstbewusstsein
der Stadt dauerhaft zu stärken. Es ist
trotz der langen, aber eben auch
lange unterbrochenen Historie des
Finanzplatzes erst in den letzten
zwei oder drei Jahrzehnten wieder
aufgeblüht.
Ein wichtiges Augenmerk für die
internationale Innovationsfähigkeit
im Vergleich zu anderen weltweiten
Finanzplätzen sind die gesetzlichen
Rahmenbedingungen. Für den Finanzplatz Frankfurt gilt es zu konstatieren, dass der erhoffte Schub aus einer Reihe von Produkt- und Marktinnovationen bisher ausgeblieben ist.
Die Kapitalmarktgängigkeit von Immobilienportfolien ist zwar in aller
Munde, aber Real Estate Investment
Trusts (Reits) sind bis auf Ausnahmen nicht auf dem Kurszettel anzutreffen. Ähnliches ist über die Einführung der Hedgefonds am deutschen
Markt zu sagen. Wenig ist in diesem
Segment geschehen, obwohl oder
vielleicht gerade weil alle gesetzlichen Hürden am Ende sauber genommen wurden. Gerade das Beispiel der Hedgefonds zeigt, dass
Märkte sich oft schneller entwickeln,
als der Gesetzgeber mithalten kann.
Zum Dauerthema ist auch die Abwanderung der Zulassung von Investmentfonds nach Luxemburg
oder Dublin geworden. Der Strom
des Geschäfts ist kaum umzudrehen,
selbst wenn mittlerweile die materiellen Unterschiede zwischen den
Zulassungsverfahren für neue Fonds
weitgehend beseitigt sind.
Offen für Neuankömmlinge
Neben diesen messbaren Marktentwicklungen und geschäftlichen
Erfolgen von Unternehmen macht
auch eine soziale Dimension die Attraktivität eines Standorts aus. Was
eine Stadt im Inneren zusammenhält, ist zwar selten genau zu greifen. Wer aber an unterschiedlichen
Finanzplätzen Erfahrungen macht,
stellt die „weichen Faktoren“ als individuelle und wichtige Komponente
fest. Wie offen die Alteingesessenen
mit den Neuankömmlingen umgehen, welche Bedeutung steuerliche
Unterschiede haben, wie wichtig
eine passende Schule ist und welche
kulturellen Erfahrungen und Erlebnisse eine Region eröffnet – das sind
Aspekte, die für Karrieren wie für
Standorte wichtig sind. Frankfurt
dürfte dabei nicht schlecht abschneiden.
Wenn vielleicht auch die Netzwerke der Banker untereinander
hier nicht so ausgeprägt sind wie in
London oder Luxemburg, in Singapur oder in Hongkong, am kulturellen Angebot kann das nicht liegen,
denn damit kann Frankfurt sich international sehen lassen. Sozialer Zusammenhalt in Frankfurt wird dadurch erschwert, dass es in der City
selbst zu wenig gehobenen Wohnraum gibt und das Privatleben nach
Börsenschluss eher im Taunus stattfindet. Der soziokulturelle Leim, der
die Menschen an einem Platz zusammenhält, könnte am Main zusätzlich
sicherlich noch kräftigere Bindungskraft entfalten.
Westen als aus dem Osten kommen.
Russland, die Emirate, Singapur,
China – das sind die neuen Quellorte
des Kapitals, das in Europa nach Anlagemöglichkeiten sucht. Die bisher
dominante Rolle Amerikas, bereits
durch das Doppeldefizit in Mitleidenschaft gezogen, wird möglicherweise heute schon durch staatliche
und private Kapitalgeber aus Asien
und dem Mittleren Osten umrahmt.
In der Bankenkrise ist frisches Geld
in hohem Maß bereits aus diesen
Ländern geflossen, in Europas Industrie treten Unternehmer aus den genannten Ländern vermehrt als neue
Eigentümer an.
Daher nochmals: Ein Finanzplatz
in Europa und jedes der dort tätigen
Institute muss sich der Frage stellen,
in welcher Weise diese neuen Finanzströme hierhin oder über diesen
„Frankfurt hat als
Finanzplatz eine
reiche Tradition, in
der Verlässlichkeit
eine große Rolle
gespielt hat.“
Marktanteile gutmachen
Im Anschluss an das Kapitel offenkundiger Vor- und Nachteile Frankfurts öffnet sich der Blick für die künftigen Herausforderungen. Was muss
der Finanzplatz tun, um seine Position zu halten und auszubauen? Woher werden die Wachstumspotenziale kommen? Ist es denkbar, dass
Frankfurt aufgrund einer weiteren
Konzentration der Banken im Inlandsmarkt, aufgrund eines Konjunkturaufschwungs der inländischen Wirtschaft oder aufgrund von Sprüngen
in Produkten oder Technologie noch
einmal in eine neue Dimension
wächst? Dafür gibt es zumindest im
Moment keine Anzeichen. Aber selbst
wenn ein so beachtliches Wachstum
von innen heraus stattfände, wäre es
unrealistisch, sich mit Plätzen wie
London, New York, Hongkong oder
Singapur zu vergleichen.
Der Fokus für Frankfurt sollte zunächst klar auf dem Vergleich mit europäischen Wettbewerbern liegen.
Paris hat vor kurzem die Börsenbrücke in die USA geschlagen, Luxemburg bleibt auf dem Kontinent die
Fondshauptstadt, Wien hat im Osteuropageschäft die Nase vorne und andere wie Amsterdam mit starker Versicherungsbasis und Zürich als Private-Banking-Zentrum haben sich
Standortprofile geschaffen, die über
den jeweiligen nationalen Markt hinaus wirken. Für Frankfurt wäre es
wenig weitsichtig, angesichts einer
solchen Wettbewerbslage nur auf
die bestehenden eigenen Stärken
hinzuweisen. Vielmehr empfiehlt es
sich zu sondieren, wie sich die Finanzströme verändern werden und
wie Frankfurt dabei Marktanteile
gutmachen kann.
Neue Quellorte des Kapitals
Nicht vergessen darf man, dass
die dominanten Akteure am internationalen Kapitalmarkt und bei den
Banken nach vorherrschender Meinung in Zukunft weniger aus dem
Platz geleitet werden können. Für
Frankfurt eine geeignete Antwort zu
geben, sollte eine ernste Anstrengung von Praktikern und Wissenschaftlern wert sein.
Ein entschiedenes Marketing für
den Finanzplatz Frankfurt ist auf jeden Fall ratsam. In der Vergangenheit hat es an dieser Stelle zwar nicht
am guten Willen gefehlt, doch war so
manche Aktion durch zu viele gegenseitige Rücksichtnahmen behindert.
Mit der Initiative „Frankfurt Main Finance“, zu der die IHK Frankfurt ihren Beitrag leistet, haben namhafte
Akteure am Finanzplatz den richtigen Anstoß gegeben. Das internationale Marketing für Frankfurt muss
kraftvoll die Akteure an den etablierten und den neuen Kapitalzentren gewinnen. Für eine solche Kampagne
sollten sich das Land Hessen, aber
auch die Institute am Finanzplatz ideell und materiell engagieren.
Erfolge nachweisen
Wie könnte Frankfurt in einer solchen Kampagne punkten? Zunächst
muss Frankfurt sein Leistungsniveau
und seine Kompetenz anschaulich erläutern, muss als Finanzplatz der Erfolge erkennbar werden. Mögen die
Erfolge in der Dichte der Produktspezialisten, in der Verlässlichkeit des
deutschen Kapitalmarktrechts, in
der Aufsicht oder in der Innovationskraft für die Finanzierung komplexer Risiken liegen – entscheidend ist
der Nachweis von tatsächlichen Erfolgen der Marktteilnehmer.
Sodann sollte Frankfurt als Ort
der besonderen Verlässlichkeit präsentiert werden. Wer als internationaler Anleger sein Vermögen anlegt,
wird auf Verlässlichkeit des Anlageziels mindestens so viel Wert legen
wie auf Rendite, Innovation und
Kompetenz.
Welche Botschaft erzählt man sich
in Moskau und Peking, in Dubai und
Singapur über Frankfurt? Und wie
steht das, was man sich dort erzählt,
im Verhältnis zu dem, was man dort
von Paris und Dublin, von Mailand
und Wien hört? Die Botschaft der
Verlässlichkeit wäre eine, die auf jeden Fall relevant ist und sicher auch
eine starke Abgrenzung zu anderen
Finanzplätzen rechtfertigen könnte.
Frankfurt hat als Finanzplatz eine
reiche Tradition, in der Verlässlichkeit eine große Rolle gespielt hat.
Eine weitere Botschaft, die Frankfurt aussenden sollte, ist das Willkommensein. Frankfurt als Messestadt hat eine jahrhundertealte Tradition als internationale und nationale Begegnungsstätte. In der Stadt
der Paulskirche als Wiege der deutschen Demokratie haben freier Diskurs und vorbehaltloser Meinungsaustausch eine bis heute lebendige
Tradition. In kaum einer anderen
deutschen Metropole begegnet man
Fremden und Neubürgern, Ausländern und Zugereisten so vorurteilsfrei wie in Frankfurt: Weil fast keiner der Akteure – Ausnahmen bestätigen die Regel – aus Frankfurt
stammt, heißt man auch jeden anderen schnell willkommen. Diese
große Stärke der Frankfurter
Toleranz wäre eine der wichtigen
Botschaften, die man auch nach außen selbstbewusst kommunizieren
sollte.
Europäische Weitläufigkeit
Eine weitere Stärke ist der Überblick. Wer aus der Ferne kommend
einen Finanzplatz in Europa auswählt, sollte von dort aus in der Lage
sein, den größtmöglichen Überblick
über die wichtigen Teile und Themen Europas zu haben. Europäische
Weitläufigkeit ist ein Standortfaktor,
der für neues Kapital aus der Ferne
eine hohe Anziehung haben wird.
Frankfurt hat mit der EZB den Überblick über die europäische Geld- und
Zinspolitik bereits in der Stadt angesiedelt. Dieser Standortvorteil muss
mehr als bisher genutzt werden, indem Frankfurt stärker über Europa
Auskunft gibt.
Um in den neuen Kapitalströmen
eine führende Rolle einzunehmen,
muss Frankfurt mehr leisten als
„best execution“ und hohe Produktinnovation für den inländischen
Markt. Frankfurt muss ein Standort
sein, der aus den Hochhäusern und
aus den Handelsräumen, vom Opernplatz und von Sachsenhausen aus
den Kapitalgebern aus West und Ost
den besten Blick auf Europa bietet.
Die Voraussetzungen für ein weiteres Prosperieren des Finanzplatzes
sind gut. Frankfurt hat sogar ein besseres Entwicklungspotenzial als die
meisten vergleichbaren Finanzplätze. Stärker als bisher sollte das
allgemeine Image von Stadt und Finanzplatz von dem Umstand geprägt werden, dass diese Stadt der
Sitz der EZB und damit der Hort der
Währungsstabilität für ganz Europa
ist. Fast genauso wichtig scheint mir,
dass die Akteure am hiesigen Finanzplatz stärker und selbstbewusster
sich als Botschafter Frankfurts verstehen: Nur wer an sich selbst glaubt,
wird auch andere von sich überzeugen. Lokalpatriotismus gepaart mit
Internationalismus zählt zu den sympathischsten lässlichen Sünden.
Qualifizierter Nachwuchs wichtiger denn je
Fortsetzung von Seite B 5
nützen uns ausgeklügelte Finanzmarktgesetze und politische Initiativen zur Förderung der privaten Altersvorsorge, wenn Schüler und Verbraucher kaum die Chance haben, finanzielle Kenntnisse zu erwerben –
etwa darüber, was Inflation ist und
wie sich die Kaufkraftentwicklung in
der Zukunft, zum Beispiel auf die
Renten, auswirkt?
Deutliches Manko
Es ist ein großes Manko, dass ökonomische Bildung an den meisten
deutschen Schulen nur am Rande,
aber nicht systematisch als eigenes
Fach unterrichtet wird. Wirtschaftliches und finanzielles Basiswissen ist
aber unverzichtbar, wenn wir einerseits das Bild des mündigen und eigenverantwortlichen Bürgers ernst
nehmen und andererseits die
enorme Bedeutung von Wirtschaftsfragen für die heutige Gesellschaft
bedenken.
„Wirtschaft“ sollte daher bald ein
eigenständiges Schulfach werden.
Dabei geht es nicht darum, wirtschaftspolitische Meinungen in die
Klassen zu tragen, sondern es geht
um die sachliche Vermittlung von
Hintergründen und Zusammenhängen. Viele Projekte und Initiativen
zeigen, dass die meisten Lehrer das
Thema Wirtschaft in der Schule sehr
aufgeschlossen begleiten, und das,
obwohl sie in ihrem Studium kaum
eine Möglichkeit hatten, fundierte
ökonomische Bildung zu erwerben.
Mit einem Schulfach „Wirtschaft“
wäre nicht nur die nachhaltige Vermittlung ökonomischer Themen verbunden, sondern auch eine adäquate Lehrerausbildung. Aus dieser
Überlegung heraus und um die Diskussion über ein eigenständiges
Fach voranzutreiben, hat der Bankenverband vom Institut für Ökonomische Bildung in Oldenburg eine
Konzeption für die ökonomische Bildung ausarbeiten lassen. Diese umfasst erstmals alle Jahrgangsstufen
von der Grundschule bis zur Oberstufe sowie einen Entwurf für die
wissenschaftliche Qualifikation der
Lehrerinnen und Lehrer. Klar ist: Die
immer noch verbreitete Einstellung
„Über Geld spricht man nicht“ hilft
nicht weiter. Ein solides Know-how
in Wirtschafts- und Finanzfragen
nützt vielmehr allen Beteiligten. Finanzielle Allgemeinbildung bedeutet auch Standortpolitik, denn ein
leistungsfähiges und stabiles Geld-,
Währungs- und Finanzsystem ist
konstitutives Element und Lebensnerv jeder Volkswirtschaft.
Es geht uns alle an
Finanzielle Bildung und Allgemeinbildung gehen alle an – vom
Wissenschaftler und Lehrer über
den Banker bis hin zum Politiker
und Verbraucher. Die Förderung der
finanziellen Allgemeinbildung entwickelt sich nach meiner Vorstellung
als
eine
Wissenskette,
die
wissenschaftliche Forschung, Finanzdienstleister, Politik, Schulen und Erwachsenenbildung zusammenführt.
Frankfurt hat, mit der hier ansässigen Kompetenz und den vorhandenen Netzwerken, ausgezeichnete
Ressourcen, diesen Prozess voranzutreiben, ja vorbildhaft und aktiv zu
gestalten.
Sonderbeilage
Sonnabend, 14. Juni 2008
Börsen-Zeitung Nr. 113
B9
Ceiops legt das Fundament für eine künftige Aufsichtskultur
Von Frankfurt aus wird europäische Aufsichtspolitik für den Versicherungs- und Pensionsfondsbereich mit globaler Ausstrahlung betrieben
Horizont. Ihre Ertragslage hängt
maßgeblich auch von den Entwicklungen an den nationalen und internationalen Kapitalmärkten ab, denen seit etwa einem Jahr die Subprime-Krise in den USA schwer zu
schaffen macht. Im Zeitalter der Globalisierung und Verflechtung der Finanzmärkte bekommen wir die Verwerfungen in den USA ebenfalls auf
dieser Seite des Atlantiks zu spüren. Auch
wenn nach den gegenwärtig vorliegenden InVon
formationen alles dafür
Thomas Steffen
spricht, dass der europäische Versicherungs- und
Pensionsfondsbereich
wegen der im Vergleich
Ceiops-Vorsitzender
zu Banken vergleichsund Exekutivdirektor
weise geringen InvestiVersicherungsaufsicht
tionen in strukturierte
in der Bundesanstalt
Papiere und insbesonfür Finanzdienstleisdere mit US-Subprimetungsaufsicht (BaFin)
Risiken behafteten Anlagen nur in begrenztem
hat. Ceiops – der Ausschuss der Ausmaß betroffen ist, sind die ArbeiStufe 3 des Lamfalussy-Verfahrens ten in Ceiops weiter auf das Thema
für den Bereich des Versicherungs- Finanzstabilität konzentriert. Bei
wesens und der betrieblichen Alters- der heutigen Dynamik und Kompleversorgung geht auf einen Einset- xität der Märkte wäre ein Zurücklehzungsbeschluss der EU-Kommission nen wie ein Rudern gegen den
vom 5. November 2003 zurück – Strom. Ceiops will und muss seinen
konnte sich von Anfang an weder europäischen Beitrag zur Sicherung
Kindheit noch Kinderkrankheiten er- stabiler finanzieller Verhältnisse und
lauben. Dazu ließen und lassen die fi- zur Erhaltung des Verbrauchervernanzaufsichtspolitischen Entwicklun- trauens in unseren Versicherungsgen in den letzten Jahren keine Zeit. märkten leisten.
Das Ziel der Erreichung von mehr
Von seinem angestammten Sitz in
Frankfurt und damit aus dem Her- Konvergenz in der Aufsichtspraxis
zen eines eher als Bankenplatz be- auf europäischer Ebene in den komkannten Standortes hat Ceiops sich menden Jahren folgt dabei nicht nur
in der kurzen Zeit im Kreis der euro- der Einsicht der Ceiops-Mitglieder
päischen
und
internationalen selbst. 14 Jahre nach einer tiefgreiFinanzdienstleistungsaufseher etab- fenden EU-Deregulierung zur Vollenliert und sich einen sehr guten, ver- dung des Versicherungsbinnenmarktes ist Konvergenz auch eine klare
lässlichen Ruf erarbeitet.
politische Vorgabe aller EU-Finanzminister. Die EU ist Heimat von circa
Gespräche auf Augenhöhe
5 000 Versicherungsunternehmen
Sparten
und
Am Finanzplatz Frankfurt werden unterschiedlicher
eben nicht nur Banken- und Börsen- Rechtsformen, wobei international
geschäfte geschlossen – von hier aktive Versicherungs- und Rückversiwird europäische Aufsichtspolitik cherungsgruppen (sogenannte Glofür den Versicherungs- und Pensions- bal Player) ebenso dazugehören wie
fondsbereich mit globaler Ausstrah- kleinere, nur national oder nur in
lung betrieben. Ceiops unterhält re- speziellen Geschäftsfeldern aktive
gelmäßige und intensive Kontakte in Gesellschaften (sogenannte NischenForm von Aufsichtsdialogen mit den versicherer).
zuständigen Stellen in bedeutenden
Märkten wie USA und China sowie
Kein Platz für „Inseldenken“
zum globalen Standardsetzer für Versicherungsaufsicht, der InternatioDiese Einheit in Vielfalt, die zunal Association of Insurance Supervi- gleich die Stärke des europäischen
sors (IAIS) in Basel.
Versicherungsbinnenmarktes ausMit den Aufsichtskollegen des macht, der mit einem Anteil von ca.
größten Versicherungsmarktes der 35 % am Welt-Prämienaufkommen
Welt, den USA, finden regelmäßige auf Augenhöhe mit Nordamerika
und fruchtbare Gespräche auf Augen- (ca. 34 %) und Asien und Ozeanien
höhe statt. Die Aufsichtswelt hat er- (ca. 23 %) steht, gilt es im Zuge des
kannt, dass Europa und Ceiops mit erhöhten internationalen Konkurdem Projekt „Solvency II“, dem Paral- renz- und Margendruckes aufgrund
lelprojekt von Basel II im Bankenbe- der Globalisierung und der zunehreich, einen globalen Standard menden Verflechtung internationaschreiben, der die Grundlage für ler Finanz- und Kapitalmärkte zu
eine künftige gegenseitige Anerken- stärken. Effizienzsteigerungen in
nung der globalen Aufsichtsregime Aufsichtssystem und Aufsichtspraxis
bilden könnte. Von Frankfurt aus sind eine berechtigte Forderung der
tritt Ceiops neben einer hohen euro- Industrie. Wir spüren seit einigen
päischen Konvergenz aktiv für die- Jahren auf globaler Ebene nicht nur
ses Langfristziel einer zunehmend einen zunehmenden Wettbewerb
globalen Konvergenz der Aufsicht der jeweiligen Versicherungsindusein.
trien (der sogenannten Major Markets), sondern auch der Aufsichtssysteme selbst. Dies erleben die
Divergenz war vorgestern
Ceiops-Mitglieder regelmäßig minDas Wort „Konvergenz“ kommt destens alle vier Monate in den Disaus dem Lateinischen und bedeutet kussionen mit ihren Kollegen aus
Übereinstimmung von Meinungen, Fernost und Übersee, wenn sie an
Zielen und Vorgehensweisen. Das Sitzungen der IAIS, dem globalen
Gegenteil von Konvergenz ist Diver- Standardsetzer im Bereich Versichegenz. Eine konvergente Aufsichtspra- rungsaufsicht mit Sitz in Basel, teilxis für alle in der EU zugelassenen nehmen. In dieser Welt hat ein „InVersicherungsunternehmen und Pen- seldenken“ keinen Platz mehr.
sionsfonds ist eine wichtige Voraussetzung für einen stabilen und effiWas bisher erreicht wurde
zienten Versicherungs- und Altersversorgungsmarkt in der EuropäiDie Arbeit von Ceiops ist quantischen Union, der sich in zunehmen- tativ und qualitativ messbar. Quandem Maße den Herausforderungen titäten in Form von Tausenden Seieines globalen Wettbewerbs stellen ten inhaltlicher Ratschläge und Aufund sich in diesem behaupten muss. sichtsstandards sind dabei weniger
Divergenz in den Märkten und Auf- entscheidend als die Tatsache, dass
sichtsansätzen war vorgestern; Kon- Ceiops zunächst 17 und jetzt 27 unvergenz und damit eine gemeinsam abhängige europäische Aufsichtsbegeprägte Aufsichtskultur ist das Mor- hörden zu gemeinsamen Aufsichtsmgen und Übermorgen. Die Wirt- einungen und konsensualen Lösunschaft wie auch die Verbraucher wer- gen gebracht hat. Dies war und ist
den davon profitieren.
nicht selbstverständlich, denn Aufsichtsrecht als Sonderpolizeirecht
Wichtige, komplexe Aufgabe war und ist aus guten Gründen stark
national geprägt und national beeinCeiops als europäischer Ausschuss flusst. Deshalb gehen entscheidende
der EU-Aufsichtsbehörden für Versi- Impulse zur guten Zusammenarbeit
cherungen und Pensionsfonds ist an- immer von gemeinsamen Zielen und
getreten, als Motor für die europäi- Projekten aus. Die Arbeiten am Desche Aufsichtskonvergenz zugleich sign eines komplett neuen, stärker
die Finanzstabilität im Bereich Versi- risikobasierten Solvenzaufsichtssyscherungen und betriebliche Alters- tems, Solvency II, gehören dazu. Bevorsorge zu fördern. Diese Aufgabe reits jetzt und noch in der Konzeptiist wichtig und komplex, denn Versi- onsphase legt dieses Projekt die
cherungen und Pensionsfonds sind Grundlagen für eine weitgehend
institutionelle Investoren mit zuneh- konvergente Aufsichtspraxis, die
mend europäischem und globalem dann im Jahre 2012 auch formalBörsen-Zeitung, 14.6.2008
Die europäischen Versicherungsund Pensionsfondsaufseher, vereinigt im Ceiops e.V. (Committee of
European Insurance and Occupational Pensions Supervisors)mit Sitz in
Frankfurt am Main, bilden eine
kleine, aber dynamische Gruppe, die
2008 erst vier Jahre jung wird und
in dieser Zeit bereits viel erreicht
rechtlich implementiert werden soll.
Viel ist erreicht, viel ist aber noch
zu tun. Auf der Haben-Seite können
ein vertiefter Informationsaustausch
über die nationale Interpretation
und Umsetzung von EU-Richtlinien,
systematische Vergleichsstudien, Berichte und Analysen über Inkonsistenzen sowie über nicht vom EURecht geregelte Bereiche oder das
Abgeben von Empfehlungen an die
EU-Kommission verbucht werden.
Weitere Anstrengungen dienen dem
Ziel der Konvergenzsteigerung aufsichtlicher Prozesse beispielsweise
zur Harmonisierung des europaweiten Berichtswesens sowie des schnelleren Datenaustauschs. Rom wurde
nicht an einem Tag erbaut. Gleiches
gilt für Europa.
Solvency II
Solvency II nur kurz zu erwähnen,
wäre ein Kardinalfehler. Mit der Entscheidung für eine stärker am tatsächlichen wirtschaftlichen Risiko
der Marktteilnehmer orientierten
Aufsicht, die sich sehr plakativ hinter dem Begriff „Solvency II“ verbirgt, befinden sich alle EU-Versicherungsaufsichtsbehörden wie auch
die Versicherungswirtschaft selbst
seit geraumer Zeit inmitten einer
Phase des radikalen Umbaus und
Umdenkens. Solvency II zielt darauf
ab, ein risikobasiertes Aufsichtsregime im Bereich der Versicherungsaufsicht mit dem Ziel einzuführen,
den Fortbestand stabiler Verhältnisse sowie die Erzielung von mehr
Konvergenz in der Aufsichtspraxis aller an diesem Prozess beteiligten
Stellen sicherzustellen. Von dem
neuen, stärker nach ökonomischen
Werten ausgerichteten Aufsichtsinstrumentarium werden Erst- und
Rückversicherungen wie auch Versicherungsgruppen erfasst. Ziele sind
das Festlegen von risikobasierten Kapitalanforderungen sowie geeigneten Geschäftsführungspraktiken und
höherer Markttransparenz. Ihre Implementierung zusammen mit einer
angemessenen Geschäftsorganisation in den Unternehmen bildet das
Herzstück des neuen Systems.
Solvency II wird aber nur dann
wirklich funktionieren, wenn die
künftigen Rollen klar verteilt und
akzeptiert sind: Im Rahmen eines
stärker qualitativ ausgerichteten Aufsichtsansatzes tragen die Geschäftsleiter der Unternehmen die volle
Verantwortung für ein effektives
und effizientes Risikomanagement
„Ceiops will und
muss seinen europäischen Beitrag zur
Sicherung stabiler
finanzieller Verhältnisse und zur Erhaltung des Verbrauchervertrauens
in unseren Versicherungsmärkten
leisten.“
mit leistungsfähigem internem Kontrollsystem. Aufseher sind keine Ersatzmanager. Ihre Aufgabe ist die
Überprüfung und das Funktionieren
des Systems an sich. Aber es ist auch
klar, dass ein Mehr an Verantwortung für die Geschäftsleiter auch mit
einem höheren Anspruch an die Aufgabenerfüllung der zuständigen Aufsichtsbehörden einhergeht.
Die Arbeiten an Solvency II haben
nahezu zeitgleich mit der Gründung
von Ceiops im Jahre 2004 begonnen
und bestimmen seitdem das jährliche Arbeitsprogramm des Ausschusses. Daran dürfte sich aus heutiger
Sicht bis zur beabsichtigten Implementierung von Solvency II im Jahre
2012 nur wenig ändern. Gegenwärtig wird der Vorschlag der EU-Kommission für eine Rahmenrichtlinie,
für die Ceiops in den letzten Jahren
auf Anfrage der EU-Kommission
sehr intensiv Beratungshilfe geleistet hat, in den zuständigen Ausschüssen des Europäischen Parlaments
und des EU-Ministerrats in Brüssel
beraten.
Das Projekt ist richtigerweise auf
der politischen Ebene angekommen,
obgleich auch von Ceiops im weiteren Verlauf aktiver Input erwartet
wird. Denn für die Erzielung von Aufsichtskonvergenz – und daran wird
letztlich Ceiops gemessen werden –
reicht die Umsetzung der EU-Rahmenrichtlinie in die nationalen Ge-
setze nicht aus. Vielmehr muss
Ceiops auf der sogenannten Stufe 3
dieses europäischen Prozesses die
Gesetzgebung durch eigene aufsichtliche Standards, Leitlinien, Empfehlungen ergänzen und weiter verdichten, um eine EU-weite konvergente Aufsicht in der Praxis zu erreichen.
Einige wichtige Aspekte der Rahmenrichtlinie, insbesondere bei der
künftigen Aufsicht über Versicherungsgruppen, werden politisch
noch diskutiert. Der politische Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess wird in den kommenden Monaten konkrete Festlegungen bringen. Absehbar ist jedoch jetzt schon,
dass die Zusammenarbeit derjenigen Aufseher, die für die Einzelversicherungsunternehmen einer Versicherungsgruppe zuständig sind, stärker in Aufsichtskollegien, sogenannten „supervisory colleges“, organisiert werden wird. Wenn man bedenkt, dass international aktive
Gruppen vielen, auch systemischen,
Risiken ausgesetzt sind, gibt es zu
dieser Form der Zusammenarbeit
keine Alternative. Und die gegenwärtigen Finanzturbulenzen liefern
neue Argumente, auch wenn die Versicherungswelt weniger betroffen
ist. Die Organisation und Funktionsweise, die Verantwortlichkeiten
und Entscheidungsprozesse zwischen Gruppen- und Einzelaufsehern wie auch der Informationsaustausch innerhalb eines neuen Kollegiums werden auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt. Die Freiwilligkeit der Vergangenheit war gut –
noch besser aber ist, die Zusammenarbeit verbindlich zu regeln und wetterfest zu machen.
Lamfalussy-Review
Ein wichtiger Teil des Aufsichtserfolges beruht auf klarer politischer
Unterstützung. Wenn die Politik sich
in wichtigen Aufsichtszielen oder
Aufsichtsinstrumenten nicht einig
wäre, müsste auch Ceiops scheitern.
Die europäischen Finanzminister haben Anfang Dezember 2007 klare
Vorgaben gemacht: Ein ganzes Paket flankierender Maßnahmen zur
Förderung einer einheitlichen Aufsichtskultur, die Ceiops im Rahmen
des sogenannten Lamfalussy-Review
zur Erhöhung der Aufsichtskonvergenz eingeleitet hat. Hierzu zählen
„Von Frankfurt aus
gehen die richtigen
Impulse um die
Welt.“
die Einrichtung eines KonvergenzAusschusses, die Definition von Aufsichtskollegien für insgesamt 110
Versicherungsgruppen, ein fester
Fahrplan für ein gemeinsames aufsichtliches
Berichtswesen,
ein
intensiver, grenzüberschreitender
Personalaustausch zwischen den Ceiops-Mitgliedern, eine Überarbeitung
der Entscheidungs- und Abstimmungsprozesse
innerhalb
von
Ceiops sowie die Einführung von gegenseitigen Kontrollen der Aufsichtsbehörden wie auch Mediationsverfahren, die bei Meinungsverschiedenheiten der beteiligten Aufsichtsbehörden in Aufsichtsfragen zur Anwendung kommen sollen.
Diese Vorgaben der europäischen
Finanzminister treffen auch die
Schwesterausschüsse von Ceiops im
Bereich der europäischen Bankenaufsicht (CEBS mit Sitz in London) und
der europäischen Wertpapieraufsicht (CESR mit Sitz in Paris). Mit
CEBS und CESR unterhält Ceiops
eine sehr enge Abstimmung zur Erhöhung der sektorübergreifenden
Aufsichtskonvergenz. Dies geschieht
beispielsweise im Rahmen gemeinsamer Arbeitsprogramme und gemein-
samer Arbeitsgruppen. Die drei Ausschüsse bleiben dabei nicht bei sektoralen Fragen stehen. Sie haben eine
ganze Reihe von sektorübergreifenden Themen identifiziert, die in den
kommenden drei Jahren gemeinsam
behandelt werden sollen: Delegation von Aufsichtsaufgaben, aufsichtliche Behandlung von konkurrierenden Finanzprodukten wie beispielsweise fondsgebundene Lebensversicherungen und Investmentfonds,
gute Unternehmensführung, die Aufsicht über Finanzkonglomerate, die
Behandlung von Ratingagenturen
oder die Bewertung von illiquiden Finanzinstrumenten.
Zunehmend wichtiger wird daneben ein sektorübergreifendes Projekt zur Errichtung einer Ausbildungsplattform für sektorübergreifende Aufsichtsthemen, eine Art Ausbildungsforum für Aufseher. Denn
was für die berufstätige Bevölkerung
des 21. Jahrhunderts gilt, gilt für
Aufseher erst recht: Lebenslanges
Lernen ist Pflicht.
Partner leisten Aufbauhilfe
Ceiops hat das Fundament für
eine künftige Aufsichtskultur gelegt
und ist selbst wichtiger Teil dieser
künftigen
Aufsichtskultur.
Von
Frankfurt aus gehen die richtigen Impulse um die Welt. So wie die gute
Verkehrsinfrastruktur in und um
Frankfurt Ceiops bewegt, bewegt
Ceiops die Aufsichtsinfrastruktur in
Europa. Die Stadt Frankfurt wie das
Land Hessen haben in der Vergangenheit aktiv Aufbauhilfe für Ceiops
geleistet; sie sind beide weiterhin
wichtige Partner für Ceiops. Nur mit
solchen Partnern gemeinsam kann
Ceiops als Motor die erforderliche
hohe Drehzahl für Konvergenz in
der europäischen Versicherungsund Pensionsfondsaufsicht erreichen und damit maßgeblich weiter
zur Förderung der Stabilität der nationalen und internationalen Finanzmärkte beitragen.
B 10 Börsen-Zeitung Nr. 113
Sonderbeilage
Sonnabend, 14. Juni 2008
Politische Widersprüche bei Abgeltungsteuer vermeiden
Das von der Bundesregierung geschnürte Reformpaket lässt konstruktive Vorzüge kaum zum Tragen kommen – Reformen dringend notwendig
zinslichen Wertpapieren, Fondsanteilen oder derivativen Instrumenten –
kann die Mühe der Klassifizierung ersparen und die intellektuellen Kapazitäten, die bislang in die Gestaltung
steueroptimaler
Konstruktionen
oder die Erstellung und Bearbeitung
von Steuererklärungen investiert
wurden, für andere wichtige Aufgaben freimachen.
Ein möglicher Vereinfachungseffekt
ergibt
sich zudem aus der Steuertechnik. Die neue pauVon
schale Steuer hat – wie
Rüdiger von Rosen
schon ihr Name sagt –
abgeltende Wirkung. Da
sie unabhängig vom persönlichen Einkommensteuersatz ist, können
Geschäftsführendes
Vorstandsmitglied des die Banken die Steuer
Deutschen Aktieninsti- anonym an die Finanzämter abführen. Der Antuts e.V. in Frankfurt
leger muss sich also
am Main
nicht mehr um die komplizierte steuerliche Vergesetzt, die öffentliche Infrastruktur anlagung kümmern und bleibt auch
stimmt). Auch Unternehmen der Fi- als Steuerzahler gegenüber dem
nanzbranche suchen bei der Stand- Staat anonym. Anonymität und Einortwahl nach attraktiven steuerli- heitlichkeit der Besteuerung sind –
chen Bedingungen. Gleichzeitig sind wie internationale Vergleiche zeigen
die Finanzdienstleister darauf ange- – durchaus wichtige Standortfaktowiesen, dass Anleger ihre Dienstleis- ren. Deshalb hat sich auch das Deuttungen zu attraktiven Konditionen sche Aktieninstitut immer grundsätzin Anspruch nehmen können. Auch lich für das Konzept einer Abgeltunghierbei spielt der Faktor Steuern steuer eingesetzt.
Das von der Bundesregierung geeine Schlüsselrolle.
schnürte Reformpaket zur Abgeltungsteuer lässt die konstruktiven
Quantensprung vergleichbar
Vorzüge der Abgeltungsteuer jedoch
Die Einführung einer einheitli- kaum zum Tragen kommen und ist
chen Abgeltungsteuer von 25 % auf darüber hinaus mit massiven steuerDividenden, Zinsen und andere pri- lichen Mehrbelastungen insbesonvate Kapitalerträge zum 1. Januar dere der Aktienanlage verbunden.
Am Abgeltungsteuersatz allein
2009 in Deutschland ist von hoher
Bedeutung. Das neue steuerliche liegt das nicht, der für sich genomGrundkonzept setzt mit seiner Viel- men durchaus moderat erscheint.
zahl positiver und negativer Aspekte Wer beispielsweise auf Zinserträge
nicht nur für die deutschen Anleger derzeit den Spitzensteuersatz von
völlig neue Zeichen. Auch für den Fi- 42 % plus 3 % Reichensteuer zahlt,
nanzplatz insgesamt ist es einem kann sich nach Einführung der Abgeltungsteuer über eine deutliche
Quantensprung vergleichbar.
Zunächst zum Positiven: Das steuerliche Entlastung von 20 Progrößte Potenzial der Abgeltung- zentpunkten freuen.
Dass sich für die Besitzer von Aksteuer liegt in der möglichen Verwaltungsvereinfachung bei Anlegern, tien und Aktienfonds die steuerliche
Banken und Finanzämtern. Eine ein- Gesamtbelastung trotzdem drastisch
heitliche Besteuerung aller Kapitaler- erhöht, resultiert aus den zeitgleich
träge – gleich ob aus Aktien, festver- beschlossenen Veränderungen der
Börsen-Zeitung, 14.6.2008
Nicht ohne Grund wird den steuerlichen Rahmenbedingungen in internationalen Standortvergleichen ein
hohes Gewicht beigemessen. Die einfache Überlegung lautet: Je weniger
Steuern Unternehmen zahlen, desto
mehr Geld bleibt für Investitionen
übrig und desto attraktiver ist ein
Standort für die Ansiedlung (voraus-
steuerlichen Bemessungsgrundlage:
Künftig werden Kursgewinne, die
rund zwei Drittel der Aktienerträge
ausmachen und die bei einer Haltefrist von mehr als einem Jahr bislang
einkommensteuerfrei waren, unabhängig von der Haltedauer der Ak-
„Auch Unternehmen der Finanzbranche suchen bei der
Standortwahl nach
attraktiven steuerlichen Bedingungen.
Gleichzeitig sind die
Finanzdienstleister
darauf angewiesen,
dass Anleger ihre
Dienstleistungen zu
attraktiven Konditionen in Anspruch
nehmen können.
Auch hierbei spielt
der Faktor Steuern
eine Schlüsselrolle.“
tien oder Fondsanteile besteuert. Allein durch diese Maßnahme erhöht
sich die steuerliche Bemessungsgrundlage für Aktien um den Faktor
drei.
Gleichzeitig wird das Halbeinkünfteverfahren ersatzlos abgeschafft,
das bislang die Vorbelastung der Aktienerträge mit Körperschaftsteuer
kompensierte. Damit verdoppelt
sich die Belastung nochmals; im Endergebnis versechsfacht sich die steuerliche Bemessungsgrundlage für Aktienerträge. Um diese Mehrbelastung ausgleichen zu können, müsste
der Abgeltungsteuersatz deutlich
niedriger sein als die nun beschlossenen 25 %.
Negativ für Aktienanlage
Hinzu kommen viele kleinere, die
Abgeltungsteuer begleitende Ände-
rungen, die vor allem die Aktienanlage negativ betreffen werden. So
wird der viel zu niedrige SparerPauschbetrag in Höhe von 801 Euro
bereits bei geringen Kursgewinnen
sehr schnell aufgezehrt sein. Die Abschaffung der Anerkennung von tatsächlichen Werbungskosten bei der
Erzielung von Kapitalerträgen ist
steuersystematisch und verfassungsrechtlich
bedenklich.
Eingeschränkte Verlustverrechnungsmöglichkeiten für Aktien stellen die Direktanlage gegenüber der indirekten
Anlage schlechter.
Auch wenn Aktien und Aktienfonds nach der Abgeltungsteuer die
rentabelste Anlageform bleiben werden, verlieren sie – relativ gesehen –
deutlich an Attraktivität gegenüber
festverzinslichen Anlagen. Dies kann
und wird negative Folgen für den Finanzplatz haben. Denn funktionsfähige und wettbewerbsfähige Finanzplätze zeichnen sich auch dadurch
aus, dass die Menschen bereit sind,
unternehmerische Beteiligungen einzugehen, und dabei ein Gespür für
wirtschaftliche Zusammenhänge entwickeln. Für das übernommene Risiko erwarten sie aber völlig zu
Recht eine Risikoprämie. Eine Diskriminierung
der
Aktienanlage
schwächt nicht nur die Bereitschaft,
Risiken zu übernehmen, sondern begrenzt auch die Möglichkeit der Menschen, eigenverantwortlich Vermögen aufzubauen und für das Alter
vorzusorgen. Die Abgeltungsteuer in
ihrer beschlossenen Form steht damit auch im Widerspruch zu den politischen Anstrengungen an anderer
Stelle, eine private Vorsorgekultur
in Deutschland zu etablieren.
Die Schlechterstellung der Aktie
wird schließlich auch Auswirkungen
auf die Unternehmensfinanzierung
haben, wobei sich auch hier Widersprüche im Gesamtkonzept zeigen:
Während die Abgeltungsteuer tendenziell die Finanzierung über
Fremdkapital begünstigt, versucht
man durch die Zinsschranke der Unternehmenssteuerreform,
gerade
eine „übermäßige“ Kreditfinanzierung der Unternehmen zu verhindern.
Soll sich die auf den Internetseiten des Bundesfinanzministeriums
nachzulesende Hoffnung der Politik
tatsächlich erfüllen, mit der Einführung der Abgeltungsteuer die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit
des Finanzplatzes Deutschland zu
verbessern, muss die Abgeltungsteuer also dringend nachgebessert
werden.
Der Königsweg zur Reparatur der
Abgeltungsteuer wäre eine Absenkung der steuerlichen Gesamtbelastung aus Abgeltungsteuer, Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls
Kirchensteuer auf maximal 20 %.
Derzeit summiert sich diese Belastung auf rund 28 %. Man darf
durchaus daran erinnern, dass in
den ersten parteiübergreifenden
Konzepten noch von Steuersätzen in
der Nähe des Eingangssteuersatzes
die Rede war. Dies wäre nicht nur
„Auch wenn Aktien
und Aktienfonds
nach der Abgeltungsteuer die rentabelste Anlageform
bleiben werden, verlieren sie – relativ
gesehen – deutlich
an Attraktivität gegenüber festverzinslichen Anlagen.“
im Hinblick auf die Gesamtbelastung der Aktionäre sinnvoll, sondern
auch aus verwaltungstechnischer
Sicht, da die heute notwendige Veranlagungsoption dann entfallen
könnte.
Vorschläge des DAI
Das Deutsche Aktieninstitut (DAI)
hat zudem ein Sofort-Reparaturprogramm für die Abgeltungsteuer vorgeschlagen, um den zu befürchtenden schweren Schaden für die in
Deutschland ohnehin nicht sehr ausgeprägte Aktienakzeptanz abzumildern. Hierzu gehören:
die Wiedereinführung des Werbungskostenabzugs für Kapitalerträge,
die Schaffung einer Verrechnungsmöglichkeit von Verlusten aus Aktiengeschäften mit sonstigen Kapitalerträgen,
eine deutliche Erhöhung des Sparer-Pauschbetrages,
die Wiedereinführung der Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen bei längerer Haltedauer, etwa
nach einer Mindesthaltedauer von
zehn Jahren wie bei Immobilien.
Gute Vorbilder im Ausland
Gerade für die letzten beiden
Punkte gibt es im Ausland gute Vorbilder, auf die im Sinne eines wohl
verstandenen Steuerwettbewerbs zurückgegriffen werden könnte. Zwar
erhebt eine Reihe von Ländern eine
Art Abgeltungsteuer. Wertzuwächse
bleiben dann jedoch in der Regel außen vor, so zum Beispiel auch in
Österreich, das von vielen Politikern
als Vorbild für die deutsche Abgeltungsteuer angeführt wurde. Und
wo langfristige Erträge der Besteuerung unterworfen werden, ist in den
vergangenen Jahren zumindest ein
Trend zu niedrigeren Sätzen erkennbar, bzw. sind großzügige Freibetragsregelungen für das langfristige
Altersvorsorgesparen vorgesehen –
zum Beispiel in Frankreich 20 000
Euro pro Jahr.
Der Aufhänger für eine Reform
der Reform könnte in der aktuellen
politischen Diskussion um die Mitarbeiterbeteiligung liegen. Denn hier
versucht die Bundesregierung gegenwärtig genau das, was durch die
Kursgewinnbesteuerung von Aktien
erschwert würde: eine Beteiligung
breiter Bevölkerungskreise am Produktivkapital der Wirtschaft. Einem
beteiligungsinteressierten Mitarbeiter wird es andernfalls nur schwer
zu vermitteln sein, wenn er im Verkaufsfall von seinen aus Mitarbeiteraktien erzielten Kursgewinnen fast
ein Drittel abführen muss.
Die Attraktivität des Finanzplatzes ist davon abhängig, dass solche
politischen Widersprüche vermieden werden. Reformen sind dringend geboten.
Frankfurt – Kulturmagnet der Region
Die Kulturszene definiert, erweitert und formiert sich beständig neu – International ernst zu nehmende Größe „am Puls der Zeit“
sonders charakteristisch für das hiesige Kulturleben.
Das Frankfurter Museumsufer,
zwischen dem Eisernen Steg und der
Friedensbrücke nördlich und südlich
des Flusses gelegen, umfasst 13 Museen in unmittelbarer Nähe zum
Wasser und ebenso viele in der näheren Umgebung. Dieses architektonisch und räumlich einmalige Kulturensemble,
das
es
deutschlandweit kein
zweites Mal gibt, wurde
in den achtziger Jahren
Von
zur Kulturinitiative „MuFelix Semmelroth
seumsufer Frankfurt“ erklärt. Seither gilt es als
Aushängeschild für die
städtische
Museumslandschaft. Von den
rund zwei Millionen Museumsbesuchern
pro
Kulturdezernent der
Jahr stammen 60 % aus
Stadt Frankfurt am
dem Um- oder Ausland;
Main
lediglich 40 % haben ihren Wohnsitz in Franktivität und führt damit zu neuen Lö- furt. Gerade Großveranstaltungen
sungen; doch ohne den nötigen wirt- wie die jährliche „Nacht der Muschaftlichen Hintergrund wären seen“ locken die Besucherscharen
viele Projekte nur denk-, nicht um- an: In der ersten lauen Sommersetzbar.
nacht dieses Jahres flanierten gut
40000 Gäste von Ausstellung zu Ausstellung, von Museum zu Museum.
Umfeld lockt Unternehmen
Börsen-Zeitung, 14.6.2008
Bewusst querzudenken, neue Ideen
fernab des Offensichtlichen zu entwickeln, das ist in der Wirtschaft
ebenso unerlässlich wie in der Kultur. Beide Branchen weisen diverse
Schnittmengen auf. Sie ergänzen
sich – gerade in Frankfurt – ganz hervorragend. Kunst schärft die Sinne,
die Wahrnehmung, fördert die Krea-
Mit über 80 000 Arbeitsplätzen in
der Kultur- und Medienwirtschaft
sind diese Branchen ein fest etablierter Standortfaktor im Rhein-MainGebiet. Die zentrale Lage Frankfurts
und optimale Verkehrsanbindungen, insbesondere auch der Flughafen, ziehen zahlreiche nationale und
internationale Unternehmen in die
Gegend. In puncto Lebensqualität
profitieren sowohl die Mainmetropole als auch die Region vom breit
gefächerten Kulturangebot. Frankfurt gilt als „Kulturmagnet der Region“. So zumindest lautet das Ergebnis einer Studie, die im Auftrag der
Hessischen Landesregierung durchgeführt wurde: Von 33 Kulturinstituten mit überregionaler Bedeutung
befinden sich 24 in Frankfurt. Aufgrund ihrer außergewöhnlich hohen
Dichte ist die Museumslandschaft be-
„Dinner unter Dinos“
Die Frankfurter Ausstellungshäuser haben internationalen Rang: Im
Deutschen Filmmuseum läuft derzeit die bereits nach zwei Monaten
sehr
erfolgreiche
Ausstellung
„Anime – High Art Pop Culture“. Das
Städel Museum verzeichnete im vergangenen Frühjahr mit der Ausstellung „Cranach der Ältere“ einen
neuen
Besucherrekord.
Über
205 000 Besucher bestaunten 113
Werke des Renaissancemeisters. Mit
Initiativen wie der monatlichen Veranstaltungsreihe „Art after work –
Kunstgenuss zum Feierabend“ richtet sich das Städel Museum gezielt
an Frankfurter Geschäftsleute. Auch
als Veranstaltungsräume für Konferenzen oder Firmenfeiern sind die
oftmals architektonisch und atmo-
sphärisch einmaligen Museumsbauten sehr beliebt. So erstrahlen beim
„Dinner unter Dinos“ die Jahrmillionen alten Dinosaurierskelette des
Senckenberg Museums farbenprächtig in neuem Licht. Dieses Museum
blickt seit Ende des vergangenen Jahres auf einen neuen Höchststand der
Besucherzahlen: Über 338 000 Gäste
kamen 2007 in das Naturkundemuseum. Und der Aufwärtstrend hält
weiter an.
Projekte am Museumsufer
Die Frankfurter Museumsszene ist
in Bewegung: Derzeit stehen einige
Großprojekte am Museumsufer an.
Für 2013 ist die Eröffnung des Neubaus des Historischen Museums am
Römerberg geplant. Der Gebäudeentwurf des Architekturbüros Le-
„Für viele Besucher,
gerade aus Asien,
führt der erste Weg
bei einem Besuch in
Frankfurt zum Großen Hirschgraben.
Noch heute gilt das
dort beheimatete
Geburtshaus
Goethes als touristischer Anziehungspunkt ersten
Ranges.“
derer, Ragnarsdóttir, Oei aus Stuttgart schlägt eine gekonnte Brücke
zwischen zeitgenössischer Architektur und dem bereits bestehenden Altstadtensemble mit Dom und Römer.
Für diesen wichtigen Museumsneubau stellt die Stadt 29 Mill. Euro
bereit. Auch für die mehr als 67 000
Exponate des Museums der Weltkulturen soll so bald wie möglich ein angemessener Ort geschaffen werden.
Denn aus Platzmangel bleibt bisher
eine Vielzahl kulturhistorisch wertvoller Schätze – Bilder, Skulpturen,
Münzen, Möbel, Kunst- und Kultgegenstände aus aller Welt – in den Depots verborgen. Noch in diesem Jahr
bekommen Illustratoren und Karikaturisten einen eigenen Ausstellungsraum: Im Herbst eröffnet das Museum für Komische Kunst im Leinwandhaus. Unter den 5 000 dort ausgestellten Exponaten sind vor allem
die Werke von Zeichnern der Neuen
Frankfurter Schule vertreten: F. K.
Wächter, Robert Gernhardt, Hans
Traxler und Chlodwig Poth.
Privates und bürgerschaftliches Engagement sind nicht wegzudenken in
der Frankfurter Kultur, sie gehören
zur Tradition der Stadt. Zwar verfügt
Frankfurt mit 240 Mill. Euro über
den höchsten Kulturhaushalt aller
deutschen Kommunen, doch wären
zum Teil der Ankauf bedeutender
Kunstsammlungen und auch einige
kulturelle Großveranstaltungen ohne
die Unterstützung von Sponsoren weder für städtische noch für private
Museen umsetzbar. Jüngstes Beispiel
hierfür ist die Schenkung der Lichtinstallation „Light Lab“ von Olafur Eliasson von einer Bank an das Museum
für Moderne Kunst. Zu sehen ist das
Kunstwerk im Dach der Ausstellungshalle für zeitgenössische Kunst, dem
Portikus auf der Maininsel.
Wie Weimar Goethe-Stadt
Die lebendige Theaterszene gilt als
ein weiteres Aushängeschild für
Frankfurts kulturellen Reichtum. Vielfältig und bunt regen die Bühnen zu
oftmals kontrovers geführten Debatten an und sorgen für einen konstruktiven Austausch unter Kulturinteressierten. Frankfurt ist, ebenso wie Weimar, Goethe-Stadt. Dies spiegelt sich
auch ganzjährig auf den zahlreichen
Spielplänen wider. Für viele Besucher, gerade aus Asien, führt der
erste Weg bei einem Besuch in Frankfurt zum Großen Hirschgraben. Noch
heute gilt das dort beheimatete Geburtshaus Goethes als touristischer
Anziehungspunkt ersten Ranges.
Neben den städtischen Häusern,
der Frankfurter Oper, dem schauspielfrankfurt sowie dem Künstlerhaus Mousonturm verfügt die Mainmetropole über viele weitere Privattheater. Als Konzerthaus nimmt die
Alte Oper mit etwa 50 Veranstaltungen pro Jahr einen festen Platz im internationalen Musikleben ein. Die
rund 60 freien Theater begründen
sich teilweise auf den Nachklang der
Studentenbewegungen in den siebziger Jahren. Mit über einer Million
Theaterbesuchern jährlich weist
Frankfurt den größten Bühnenbetrieb Hessens auf.
zeptfestival Deutschlands kann LiteraTurm mit den großen deutschen Literaturfestivals wie der LitCologne
und dem Internationalen Literaturfestival Berlin konkurrieren. Jedem
Festival ist ein thematischer Schwer-
„Die lebendige Theaterszene gilt als ein
weiteres Aushängeschild für Frankfurts
kulturellen Reichtum.“
Weitere Superlative
Und die Kultur in Frankfurt bietet
weitere Superlative: Die Frankfurter
Buchmesse ist heute die größte Buchmesse der Welt. Historisch reicht
ihre Gründung zurück bis ins 15.
Jahrhundert, als Johannes Gutenberg in Mainz, nur wenige Kilometer
von Frankfurt entfernt, den Buchdruck erfand. Heute verzeichnet der
ebenfalls in der Mainmetropole ansässige Börsenverein des Deutschen
Buchhandels über 70 literarische
Verlage vor Ort: Darunter finden
sich renommierte Häuser wie S. Fischer, Suhrkamp/Insel und Eichborn, um nur einige wenige herauszugreifen. Frankfurt zählt neben
München und Berlin zu den wichtigsten Literaturstädten in Deutschland,
ist Heimatstadt für Autoren und bietet Stoff für zahlreiche Erzählungen
– nicht nur für kriminalistische. Elisabeth Borchers lebt hier, ebenso Wilhelm Genazino, Eva Demski, Peter
Kurzeck und Bodo Kirchhoff – eine
Handvoll Namen, die hier nur stellvertretend genannt werden können.
Literaturfestival LiteraTurm
2002 wurde ein weiterer wichtiger Mosaikstein in das Bild von
Frankfurt als Literaturstadt eingefügt: Seither findet alle zwei Jahre
das Literaturfestival LiteraTurm
statt, Ausrichter ist die Stadt Frankfurt am Main. Als einziges Kon-
punkt zugewiesen. LiteraTurm fächert ein Leitthema der zeitgenössischen Literatur kaleidoskopartig auf,
und oftmals gelingt es, durch die
Auswahl der Autoren und Texte
überraschende
Korrespondenzen
herzustellen und damit neue Debatten anzuregen.
Stand 2006 das Programm unter
dem Thema „Poesie des Wissens“ –
Wissenschaft und Literatur – so steht
in diesem Jahr bei „vergangen verdichtet“ die Frage nach der Darstellung des 20. Jahrhunderts im
deutschsprachigen Gegenwartsroman im Fokus. Eine weitere Besonderheit von LiteraTurm besteht darin, dass so gut wie alle Veranstaltungsorte in den für Frankfurt typischen Türmen und Hochhäusern –
viele davon Banken – liegen. LiteraTurm verkörpert als gutes Beispiel
die enge Zusammenarbeit von Kultur und Wirtschaft, die in Frankfurt
gelebt wird und damit neue Perspektiven eröffnet.
Der Kulturstandort Frankfurt ist lebendig, hier gibt es Raum, Neues auszuprobieren. Die Kulturszene ist beständig dabei, sich zu definieren, zu
erweitern und neu zu formieren.
Und genau das ist es, wodurch die
Stadt Frankfurt „am Puls der Zeit“
bleibt und sich als eine ernst zu nehmende Größe des internationalen
Kulturbetriebs behauptet.
Sonderbeilage
Sonnabend, 14. Juni 2008
Börsen-Zeitung Nr. 113
B 11
Gefragt ist eine Regulierung mit Augenmaß
Die Antworten der Regulierer auf die Finanzmarktturbulenzen haben auch Auswirkungen auf den Finanzplatz – Differenzierte Herangehensweise erforderlich
maß. Es reicht nicht aus, bei Marktversagen nur reflexartig ein Mehr an
(hoheitlicher) Regulierung zu fordern. Vielmehr ist eine differenzierte Herangehensweise erforderlich. Auch Staats- oder Regulierungsversagen kann nämlich dazu führen,
dass Märkte in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Diese Erkenntnis haben Regulierungsbehörden in
den letzten Jahren zunehmend verinnerlicht und Prinzipien entwickelt,
die in der EU unter dem Begriff „Better Regulation“ zusammengefasst
werden.
Nach diesen Prinzipien wird zunächst festgestellt, ob auf den betrachteten Märkten Probleme vorliegen, die durch regulatorische Eingriffe gelöst
werden können. Anschließend sind den miVon
kro- und makroökonomiHans Reckers
schen Kosten eines fortgesetzten Marktversagens die Kosten eines regulatorischen Eingriffs
gegenüberzustellen. Die
Erstellung einer solchen
Kostenbilanz ist äußerst
Vorstandsmitglied der
aufwendig.
Während
Deutschen Bundesdie direkten Kosten –
bank
zum Beispiel etwaiger
Melde- bzw. Offenledie andauernden Marktverwerfun- gungspflichten – für das einzelne Ingen gearbeitet. Die Notenbanken – stitut noch relativ einfach zu ermitund damit auch die Deutsche Bun- teln sind, gestalten sich weitergedesbank – sind dabei in besonderer hende gesamtwirtschaftliche Opportunitätskostenbetrachtungen außerWeise gefordert.
Regulierungsinitiativen sind je- ordentlich schwierig – so zum Beidoch nicht nur auf politischer bzw. spiel die Beantwortung der Frage,
(zwischen-)staatlicher Ebene zu be- ob die erhofften positiven Stabilitätsobachten. Die Marktteilnehmer wirkungen einer Regulierung deren
selbst haben zwischenzeitlich Hand- möglicherweise negativen Einfluss
lungsbedarf in eigener Sache er- auf Innovationsfähigkeit und Wettbekannt und diskutieren Maßnahmen werb überwiegen. Letztlich lassen
der Selbstregulierung, die nicht zu- sich regulatorische Eingriffe nur
letzt einem Tätigwerden des Gesetz- dann rechtfertigen, wenn die ex ante
gebers zuvorkommen sollen. Ord- vorgenommene Kosten-Nutzen-Ananungspolitisch ist einer solchen lyse ein positives Ergebnis zeitigt.
Selbstregulierung durch die Marktteilnehmer – bei gleicher Wirkung –
Prinzipien- bzw. regelbasiert
grundsätzlich Vorrang vor staatlichen Eingriffen zu geben.
Die gegenwärtigen Finanzmarktturbulenzen haben eine intensive
Diskussion über die Tiefe (mögWechselspiel zu beobachten
licher) regulatorischer Eingriffe ausIn der jüngeren Vergangenheit ist gelöst. Im Kern geht es dabei um die
immer häufiger ein Wechselspiel zwi- Frage, ob Regulierung eher „prinschen staatlichen Regulierungsbe- zipienbasiert“ oder „regelbasiert“ erhörden und Marktteilnehmern zu be- folgen sollte. Einige Marktbeobachobachten. In diesen Fällen formu- ter machen das regelbasierte, auf die
liert der hoheitliche Regulierer Stan- Einhaltung bestimmter Kennziffern
dards, die die Marktteilnehmer im ausgerichtete Regulierungs- und
Wege der Selbstregulierung umzu- Aufsichtsmodell für die in den letzsetzen haben; sollte die Selbstregu- ten Wochen und Monaten zu belierung hinter diesen Standards zu- obachtenden Schwierigkeiten manrückbleiben, drohen hoheitliche Re- cher Institute verantwortlich und
gulierungseingriffe. Der europäische fordern eine stärkere PrinzipienCode of Conduct im Bereich Clea- orientierung. Angesichts eines dynaring & Settlement ist ein Beispiel da- mischen Marktumfeldes kritisieren
für. Dieser Kodex ist eine Vereinba- sie die mangelnde Flexibilität und
rung der Marktakteure im Nachhan- den fehlenden Ermessensspielraum
delsbereich, die auf „konstruktiven der beaufsichtigten Institute bei der
Druck“ der Europäischen Kommis- Erfüllung der eher statischen aufsion zustande kam. Ähnliche Ent- sichtlichen Vorgaben. Diese Problewicklungen sehen wir gegenwärtig matik führe die Institute geradezu in
bei den Ratingagenturen. Hier ver- Versuchung, gezielt nach Schlupflöfolgt die EU-Kommission sehr auf- chern im engmaschigen Reguliemerksam, ob die von der Branche rungsnetzwerk zu suchen, um das eierarbeiteten Selbstregulierungsvor- gene Geschäftsmodell weiterzuentschläge eine nachhaltige Antwort wickeln.
Die Forderungen nach einer stärauf die strukturellen Mängel im Ratinggeschäft darstellen, und behält ker an Prinzipien ausgerichteten Regulierung sind nachvollziehbar. Dasich hoheitliche Eingriffe vor.
Die Frage nach dem richtigen Re- hinter verbirgt sich ein Regulierungsgulierer ist zweifellos eine wichtige. ansatz, der den beaufsichtigten InstiNoch wichtiger ist allerdings die tuten zwar vorgibt, welchen aufsichtFrage nach dem richtigen Maß der lichen Zielen sie zu entsprechen haRegulierung. Insbesondere Krisen- ben, nicht aber, auf welche Weise sie
phasen wie die, die wir gerade an dies im Detail tun. Die aufsichtlichen
den Finanzmärkten erleben, sind Prinzipien sind demzufolge eher quadazu angetan, regulatorische Reak- litativer als quantitativer Natur. Die
tionen hervorzurufen, die über das beaufsichtigten Institute verfügen
Ziel hinausschießen. Gefragt ist in damit über ein höheres Maß an Flexisolchen Situationen jedoch Augen- bilität bei der Erfüllung regulatoriBörsen-Zeitung, 14.6.2008
Die gegenwärtigen Finanzmarktturbulenzen haben nicht nur die Akteure an den Märkten in Aufruhr versetzt, sie haben auch die verschiedenen Regulierungsgremien weltweit
auf den Plan gerufen. Auf internationaler Ebene sind dies vor allem das
Forum für Finanzstabilität (FSF),
der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, die Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) sowie der Internationale Währungsfonds (IWF) und die
Gruppe der führenden Wirtschaftsnationen (G 7). In Europa wird auf
EU-Ebene ebenfalls an abgestimmten regulatorischen Reaktionen auf
Impressum
Börsen-Zeitung
Sonderbeilage
Finanzplatz Frankfurt
Am 14. Juni 2008
Chefredaktion: Claus Döring, Bernd Wittkowski (Stv.)
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scher Vorgaben.
Neben den bisher genannten Facetten hat Regulierung auch eine interne und externe Dimension. Am
Beispiel der europäischen Finanzmarktintegration lässt sich dies veranschaulichen. Europäische Finanzmarktregulierung hat das Ziel, den
gemeinsamen Finanzbinnenmarkt
durch grenzüberschreitend einheitliche Wettbewerbsbedingungen zu
vollenden. Das Ziel eines „regulatorischen level playing field“ ist zu begrüßen, da es Regulierungsarbitrage
verhindern hilft. Allerdings kann
eine ausschließlich auf einheitliche
Wettbewerbsbedingungen ausgerichtete, „zielfokussierte“ Regulierung
die dadurch bedingten Anpassungsprozesse am Markt leicht aus dem
Auge verlieren.
Je nach regulatorischem Ausgangsniveau oder Marktentwicklungsstand können diese Prozesse
aber für die Marktteilnehmer in den
einzelnen Mitgliedstaaten durchaus
unterschiedlich ausfallen und bewirken, dass beispielsweise einige Anbieter im Verlaufe dieser Anpassung
auf der Strecke bleiben. Verantwortungsbewusste Regulierung muss
also abwägen, ob die konsequente
Verfolgung des Regulierungszieles
die dynamischen Anpassungserscheinungen an den Märkten rechtfertigt
oder etwa ein schrittweises Vorgehen zweckmäßig ist.
Interne/externe Dimension
Europäische Regulierung hat jedoch nicht nur eine nach innen gerichtete Dimension, die den Wettbewerb unter den Mitgliedstaaten
nach gleichen Spielregeln regelt. Sie
hat auch eine externe Ausrichtung.
Die Europäische Union steht als Wirt-
schaftsraum im globalen Wettbewerb. Europäische Finanzmarktregulierung muss daher weltweiten „best
practices“ genügen, um international konkurrenzfähig zu sein. Die EU
hat dies erkannt und in ihrem Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 bis 2010 für
sich reklamiert, bei der Standardsetzung auf internationaler Ebene eine
führende Rolle zu spielen. Dieser ambitionierte
Regulierungsanspruch
der EU ist allerdings vor dem Hintergrund zu sehen, dass interne und externe Regulierungsperspektive nicht
selten in einem Spannungsfeld stehen. So ist es durchaus vorstellbar,
dass die Verfolgung bestimmter Anlegerschutzziele im Finanzbinnenmarkt die globale Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Marktes beeinträchtigt. Damit wird ersichtlich,
dass Regulierungsfragen auch Standortfragen sind.
Bedeutender Standortfaktor
Regulierung – und zwar sowohl
ihr Zustandekommen („Prozessebene“) als auch ihre inhaltliche Ausgestaltung („Substanzebene“) – ist
ein bedeutender Standortfaktor für
einen Finanzplatz, der erhebliche
Auswirkungen auf dessen internationale Wettbewerbsfähigkeit hat. Regulierung kann damit auch als wesentliches Element einer aktiven Finanzplatzförderung angesehen werden. Gerade für den global vernetzten Finanzstandort Deutschland mit
seinem Gravitationszentrum Frankfurt sind diese – recht naheliegenden – Erkenntnisse von entscheidender Bedeutung. Sie werden allerdings etwas komplexer, wenn man
sich – wie bereits angedeutet – vor
Augen hält, dass Finanzmarktregulie-
rung für Deutschland eben nicht nur
in Deutschland entsteht, sondern
vor allem auch in Brüssel.
Eins-zu-eins-Umsetzung
In den vergangenen Jahren wurde
auf europäischer Ebene eine Vielzahl verschiedener Richtlinien – wie
zum Beispiel die Mifid – verabschie-
„Europäische Regulierung hat auch
eine externe Ausrichtung. Die Europäische Union steht
als Wirtschaftsraum
im globalen Wettbewerb. Europäische Finanzmarktregulierung muss
daher weltweiten
,best practices‘ genügen, um international konkurrenzfähig
zu sein.“
det. Bei der Umsetzung dieser Richtlinien in nationales Recht kommt es
durchaus vor, dass die Mitgliedstaaten gewisse Spielräume nutzen können, um die Besonderheiten des jeweiligen Finanzplatzes zu berücksichtigen. Die Bundesregierung hat
sich in ihrem Koalitionsvertrag zu einer Eins-zu-eins-Umsetzung europäischer Finanzmarktrichtlinien bekannt. Sie hat sich damit gleichzeitig
gegen das in der Vergangenheit
häufig zu beobachtende sogenannte
„Goldplating“ gestellt, durch das
Mitgliedstaaten – im Rahmen des
gerade noch rechtlich Zulässigen –
nationale Sonderregelungen auf die
EU-Vorgaben draufsattelten, um
zum Beispiel die heimischen Institute vor EU-Konkurrenz zu schützen.
Die Bundesregierung hat mit diesem Bekenntnis einen wichtigen Beitrag zur Transparenz und Berechenbarkeit von Regulierung für die
Marktteilnehmer geleistet, da diese
nicht mit „nationalen Überraschungen“ bei der Umsetzung von EURichtlinien rechnen müssen. Diese
Verlässlichkeit dürfte sich mittel- bis
langfristig auch positiv auf potenzielle ausländische Marktakteure
auswirken, die in der deutschen Finanzmarktregulierung einen stabilen Rahmen für ihr künftiges Engagement sehen.
Der Verantwortung bewusst
Damit schließt sich gewissermaßen der Kreis: Finanzmarktregulierung mit Augenmaß leistet nicht nur
einen sinnvollen Beitrag zur Finanzstabilität, sie ist überdies auch ein
Standortfaktor, der die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Finanzplatzes maßgeblich beeinflusst.
Die deutschen Finanzmarktregulierer – allen voran das Bundesministerium der Finanzen, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie die Deutsche Bundesbank – sind sich ihrer aus dieser Erkenntnis erwachsenen Verantwortung bewusst und gestalten in diesem Sinne den Regulierungsrahmen
für die globalen und heimischen Finanzmärkte aktiv mit.
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