Sonderbeilage Sonnabend, 14. Juni 2008 Börsen-Zeitung Nr. 113 B1 Finanzplatz Frankfurt Trotz wichtiger Erfolge – Herausforderungen gibt es weiterhin Strukturelle Defizite beseitigen – IFD wird sich auch in Zukunft aktiv um Lösungen bemühen deutlichen, hat die IFD den sogenannten „IFD-Stern“ entwickelt, in dem der relative Status einer Vielzahl von Marktsegmenten in einem Netzdiagramm verdichtet wird. Im Rahmen dieser Analyse hat die IFD dem Finanzstandort Deutschland beispielsweise eine Spitzenposition im Bereich der Marktinfrastruktur testiert, allerdings auch offensichtliche Entwicklungsreserven vor allem in Finanzierungs- und Anlagemärkten jenseits der klassischen Bankinstrumente aufgezeigt. Von Mit dem FinanzstandortJosef Ackermann bericht, der sich als anerkannte Standortbestimmung zum Finanzplatz Deutschland etabGründungsinitiator liert hat, zieht die IFD der Initiative Finanzstandort Deutschland einmal im Jahr eine Zwischenbilanz und be(IFD) und Vorstandswertet die Fortschritte, vorsitzender der die der Finanzstandort Deutsche Bank AG im letzten Jahr gemacht hat. Der Finanzstandüberwunden sind und die Finanz- ortbericht 2008 wird im Juli publimärkte sich wieder normalisiert ha- ziert. Innerhalb der IFD arbeiten etwa ben, meine ich, dass wir am Beginn des Endes der Krise sind. Die Anzei- 250 Experten aus allen Mitgliedsinchen hierfür mehren sich. Dazu ha- stituten über Wettbewerbsgrenzen ben auch die Maßnahmen der Auf- hinweg an pragmatischen und marktsichtsbehörden und der Zentralban- nahen Lösungen. Dabei liegt der ken einerseits und die Finanzwirt- Schwerpunkt auf Maßnahmen, die von den Mitgliedern eigenständig schaft andererseits beigetragen. umgesetzt werden können. Diese Arbeitsweise ist Grundlage dafür, dass Krisenfester machen die entwickelten Konzepte auch tatAuch wenn die Krise unsere Auf- sächlich eine Realisierung erfahren: merksamkeit zurzeit sehr in An- Real Estate Investment Trusts spruch nimmt, sind die anderen, (Reits), Entry Standard, Hessen eher strukturellen Defizite, die der Fonds, Mezzanine-Finanzprodukte deutsche Finanzstandort insbeson- für den Mittelstand und der Aufdere im europäischen Vergleich of- wärtstrend bei den Riesterprodukfenbart, zu beseitigen. Damit würde ten im Bereich der Altersvorsorge gedie hiesige Finanzwirtschaft und da- hen zu einem guten Teil auf die enormit auch die Volkswirtschaft deut- men Anstrengungen der IFD zurück. lich gestärkt und für die Zukunft krisenfester gemacht. Schwerpunktthemen Foto: Deutsche Bank Börsen-Zeitung, 14.6.2008 Der Finanzplatz Deutschland ist – wie jeder Finanzstandort – einem permanenten Wandel unterworfen. Dies gilt umso mehr für die Gegenwart. Ungeachtet der durch die Subprime-Krise in den USA ausgelösten Turbulenzen hat sich die deutsche Finanzwirtschaft insgesamt als robust erwiesen. Auch wenn es noch einige Zeit dauern wird, bis die Folgen der Krise Im Mai 2003 gegründet Die Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD) hat es sich zum Ziel gesetzt, Ansätze und Lösungen zur Stärkung des Finanzplatzes zu erarbeiten und diese umzusetzen. Das übergreifende Ziel sind daraus resultierende spürbare Wachstumsimpulse für die Volkswirtschaft insgesamt, aber auch für den deutschen Finanzmarkt – nicht zuletzt, um diesen im harten internationalen Wettbewerb weiter voranzubringen. Die IFD wurde im Mai 2003 als die bislang größte und umfassendste Initiative der deutschen Finanzwirtschaft gegründet. Ihre Mitglieder repräsentieren alle Bereiche der deutschen Finanzwirtschaft: die drei Säulen der deutschen Kreditwirtschaft (private, genossenschaftliche und öffentlich-rechtliche Institute) und deren Verbände, Versicherungen, die Deutsche Börse, die Deutsche Bundesbank und das Bundesministerium der Finanzen. Um Handlungsnotwendigkeiten, insbesondere im internationalen Vergleich, zu ver- Zu den Schwerpunktthemen, die die IFD seit Gründung aktiv mitgestaltet sowie zukünftig begleiten wird, zählen: Kapitalgedeckte Altersvorsorge – Bereits im zurückliegenden Jahr hat die IFD vor dem Hintergrund des mit zahlreichen Problemen behafteten umlagefinanzierten Rentensystems nachdrücklich auf das Thema kapitalgedeckte Altersvorsorge sowie die Notwendigkeit der Eigenvorsorge aufmerksam gemacht. Obwohl es mit der RiesterRente in Deutschland gelungen ist, eine kapitalgedeckte zweite Säule neben das staatliche Rentensystem zu stellen und sich die Riester-Rente zwischenzeitlich auch durchaus dynamisch entwickelt hat, wird dies auf Dauer allein nicht ausreichen, die Lücke zum letzten Nettogehalt zu schließen. Wer sich langfristig etwa drei Viertel seines früheren Verdienstes als Rente sichern will, muss zusätzlich zur staatlichen Rente und Riester-Rente vorsorgen. Die IFD Aus dem Inhalt Trotz wichtiger Erfolge – Herausforderungen gibt es weiterhin Von Dr. Josef Ackermann B1 Wirtschaftliche Einheit stärkt regionalen Sparkassenverbund Von Dr. Günther Merl B6 Der Finanzplatz Deutschland kann mehr Von Dr. Alexander Dibelius Wir müssen Lokalpatrioten sein Von Hans-Joachim Tonnellier B8 B2 Börse schöpft aus der Region Kraft für den globalen Wettbewerb Von Dr. Reto Francioni B3 Ceiops legt das Fundament für eine künftige Aufsichtskultur Von Dr. Thomas Steffen B9 Allfinanzkonzept weiterentwickeln Von Wolfgang Kirsch B3 Politische Widersprüche bei Abgeltungsteuer vermeiden Von Prof. Dr. Rüdiger von Rosen B 10 B4 Frankfurt – Kulturmagnet der Region Von Prof. Dr. Felix Semmelroth B 10 Qualifizierter Nachwuchs ist für Banken wichtiger denn je Von Prof. Dr. Klaus-Peter Müller B 5 Gefragt ist eine Regulierung mit Augenmaß Von Dr. Hans Reckers B 11 Frankfurt war schon immer innovativ und kreativ Von Roland Koch Die Leistungsfähigkeit der Banken steigern Von Dietmar Schmid B5 hat dazu beigetragen, dass die Bürger die Notwendigkeit zur eigenverantwortlichen Vorsorge zunehmend erkannt haben. Nach wie vor besteht jedoch auf diesem Feld noch viel Handlungsbedarf. Darum wird sich die IFD mit diesem Thema auch im Jahr 2008 wieder intensiv beschäftigen. Finanzausbildung – Akuten Handlungsbedarf konstatiert die IFD insbesondere auch beim Verständnis und Wissen der breiten Öffentlichkeit in Bezug auf Finanz- und Kapitalmarktthemen. Aufgrund der marktwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Relevanz des Themas engagiert sich die IFD bereits seit langem mit unterschiedlichen Maßnahmen, um den Defiziten in der Allgemeinbildung entgegenzuwirken und Forschung und Lehre im Finanzbereich kontinuierlich zu verbessern und weiterzuentwickeln. Zur Verbesserung der Finanzkompetenz hat die IFD drei Projekte in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gestellt: Zum einen liegt der Fokus auf allgemeinbildenden Schulen, an denen die IFD bereits ein eigenständiges Internetportal rund um das Thema „Geld im Schulunterricht“ betreibt (www.kursraumgeld.de). Zum anderen unterstützt die IFD die Umstellung auf Bachelor-/Master-Studiengänge an den deutschen Hochschulen; sie engagiert sich bei der Ausbildung der Bachelor-Studenten und passt ihr Personalmanagement den veränderten Studiengängen an. Schließlich widmet sich die IFD der Förderung der Forschungsinfrastruktur am Finanzstandort Deutschland, beispielsweise durch die Bündelung von Teilen ihrer Fördermittel so- wie den Aufbau des „House of Finance“ der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Public Private Partnership (PPP) – Neben diesen sehr praxisorientierten Aktivitäten begleitet die IFD vielfach auch langjährige strategische Projekte in ihrem Gestaltungsprozess. Ein Beispiel hierfür ist das Thema Public Private Partnership, kurz PPP. Hierbei han- delt es sich um Investitionsmaßnahmen, die gemeinsam durch die öffentliche Hand und private Investoren finanziert werden. Die IFD erachtet PPPs als attraktiven dritten Weg zwischen der traditionellen Beschaffung von Investitionsgütern durch die öffentliche Hand einerseits und der Vollprivatisierung von öffentlichen Aufgaben andererseits. PPPs sind hierzulande noch wenig verbreitet, auch wenn mit dem Projekt Herkules (IT-Administration der Bundeswehr) und den Autobahn-Modellen erste Anzeichen des Erfolges zu verzeichnen sind. Gleichwohl bleibt – gemessen an anderen Ländern – auf diesem Gebiet noch ein immenser Nachholbedarf für Deutschland. Der Zeitraum zwischen Projektvorstellung und -vergabe ist zu lang. Bei Herkules dauerte es insgesamt sieben Jahre (2000 – 2007) mit leider noch zu wenigen Transaktionen trotz starken Interesses der Finanzbranche und der Industrie. Gleichwohl gibt es großes Potenzial, dem PPP-Geschehen in Deutschland eine stärkere Dynamik zu verleihen. Deshalb hat die IFD die Grundpfeiler für die Gründung der Partnerschaften Deutschland Fortsetzung Seite B 2 B 2 Börsen-Zeitung Nr. 113 Sonderbeilage Sonnabend, 14. Juni 2008 Der Finanzplatz Deutschland kann mehr Wie aus internationaler Perspektive an Stärke gewonnen werden kann – Noch eine Reihe nicht ausgeschöpfter Potenziale bedeutendsten inländischen Wirtschaftszweigen – noch vor dem Maschinenbau. Die für Deutschland typische Drei-Säulen-Struktur aus Genossenschaftsbanken, öffentlichrechtlichen Instituten und privaten Banken jedoch hat bis dato verhindert, dass ein international schlagkräftiger Bankensektor entstehen konnte. Aus diesem Grund muss die angestoßene NeuordVon nung der fragmentierAlexander Dibelius ten deutschen Bankenlandschaft konsequent fortgesetzt werden. Zusammenschlüsse von Landesbanken und ihre Öffnung für privates Kapital wären hierfür Managing Director ein wichtiger Schritt. Goldman Sachs Deutschland braucht eiInvestment Banking nen dynamischen Bankenbereich, der auch sehen ihn Pessimisten in der Bedeu- auf lange Sicht eine aktive internatiotungslosigkeit versinken. Die Wahr- nale Rolle spielen kann. Zweitens leidet Deutschland nach heit liegt wie meist dazwischen: Im globalen Konzert der Kapitalmärkte wie vor unter einer zu hohen Reguspielt Deutschland zwar nicht die lierungsdichte. Eine übereifrige Leerste Geige, bleibt jedoch ein wichti- gislative schafft nicht in erster Linie ger Grundpfeiler. Doch woran liegt mehr Sicherheit, sondern sorgt daes, dass die Bundesrepublik – gemes- für, dass Anleger auf andere Finanzsen an Größe und Leistungsfähigkeit plätze mit weit weniger komplexen Rahmenbedingungen ihrer Volkswirtschaft – im Bereich Fi- rechtlichen nanzmarkt bislang hinter ihren Mög- ausweichen. Dritter Faktor ist die im weltweilichkeiten zurückgeblieben ist? ten Vergleich schwach ausgeprägte Kapitalmarktorientierung. Leider beVier Problemfelder trifft dies nicht nur die meisten deutIm Kern sind es vier Faktoren, die schen Privatanleger, sondern ebenso eine dynamischere Entwicklung des auch die Mehrzahl der Unternehhiesigen Finanzstandorts bremsen. men. Gerade der Mittelstand finanErstens ist die Fragmentierung des ziert sich anders als etwa im angeldeutschen Bankensystems zu nen- sächsischen Raum überwiegend nen. Zwar zählt die Kreditwirtschaft über Bankdarlehen und nutzt den mit einem Anteil von 3,5 % an der ge- Kapitalmarkt noch viel zu wenig als samten Bruttowertschöpfung zu den Option zur Kapitalbeschaffung. Börsen-Zeitung, 14.6.2008 Viel ist darüber diskutiert worden, wo im internationalen Vergleich der Finanzplatz Deutschland beziehungsweise sein wichtigster Knotenpunkt Frankfurt anzusiedeln sei. Während ihn Optimisten beinahe auf Augenhöhe mit London wähnen, Der vierte Grund für das noch nicht ausgereizte Potenzial Deutschlands schließlich liegt in der vergleichsweise geringen Akzeptanz von Private Equity hierzulande. Dies ist nicht zuletzt Resultat der eben erwähnten starken Fokussierung deutscher Unternehmen auf traditionelle Finanzierungsquellen. Blickt man über die Landesgrenzen hinweg, zeigt sich ein anderes Bild: Summierte sich im vergangenen Jahr das Volumen aller Private-Equity-Transaktionen etwa in Großbritannien auf rund 133 Mrd. Euro, so waren es in der Bundesrepublik lediglich 47 Mrd. Euro. In Deutschland wirkt zudem noch das unselige Klischee von der Heuschrecke nach, das sich freilich langsam zugunsten einer positiven Einstellung gegenüber Private Equity wandelt. Möglichkeiten nutzen Lautet das Fazit dieser Bestandsaufnahme, dass man den Finanzplatz Deutschland im internationalen Vergleich nicht auf der Rechnung haben muss? Keineswegs. Die strategisch günstige Lage im Zentrum Europas sowie das Fundament einer der weltweit bedeutendsten Volkswirtschaften machen ihn zu einem wichtigen Baustein im Gefüge der globalen Kapitalmärkte. Aber: Der Finanzplatz Deutschland kann mehr. Er besitzt eine Reihe bislang nicht ausgeschöpfter Potenziale, die – wenn sie gezielt adressiert würden – zu einer deutlichen Verbesserung seiner internationalen Stellung beitragen könnten. Das ist wichtig insbesondere vor dem Hintergrund des permanenten Wettbewerbs zwischen den Finanzplätzen weltweit. Beispiel London: Hier sorgen mo- mentan die Pläne der Regierung für Diskussionen, den sogenannten „Non-Dom“-Steuerstatus zu verändern, der ausländische Steuerzahler begünstigt und damit nicht unwesentlich zur Attraktivität der City für Fach- und Führungskräfte der Finanzbranche aus aller Welt beigetragen hat. Nicht wenige befürchten, dass London dadurch in den Augen von High Potentials an Anziehungskraft verlieren könnte. Das Beispiel „Das alles zeigt, dass ein Aufbruch möglich ist.“ London zeigt zugleich, wie wichtig es ist, die nationale Brille abzustreifen und verstärkt einen internationalen Blick zu entwickeln: Im gleichen Maße, wie hier in den achtziger Jahren nationale Egoismen abgebaut wurden, avancierte die City zum Knotenpunkt internationaler Geldströme. Umdenken notwendig Für uns alle, die wir als Akteure nicht unwesentlich für die Entwicklung des Finanzplatzes Deutschland mitverantwortlich sind, heißt das: Wir müssen mit dazu beitragen, dass ein Umdenken stattfindet. Um den heimischen Kapitalmarkt nachhaltig nach vorn zu bringen, muss in Deutschland eine insgesamt freundlichere Stimmung gegenüber dem Kapitalmarkt geschaffen werden. In Anbetracht der aktuellen Finanzkrise sicher keine einfache Aufgabe, aber eine machbare. Vor allem gilt es mit Hilfe besserer, das heißt vor allem transparenter Kommunikation von Kapitalmarktthemen über Funktion und Bedeutung des Kapitalmarktes aufzuklären; die Initiative Finanzstandort Deutschland ist ein erster sinnvoller Schritt hierzu. Wie Untersuchungen zeigen, besteht hier in der breiten Bevölkerung noch Nachholbedarf – eine Wissenslücke, die gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung privater Altersvorsorge geschlossen werden muss. Ähnliches gilt im Übrigen für Unternehmen, denen wir noch klarer verdeutlichen müssen, welche Vorteile es mit sich bringt, sich den Kapitalmarkt stärker als bisher für ihre Finanzierung zu erschließen. Mit attraktiven, innovativen Produkten können wir als Anbieter echte Alternativen zum herkömmlichen Kredit liefern und so das Handlungsspektrum von Unternehmen deutlich erweitern. Private Equity entdecken Sicher ebenso wichtig ist es, dass Unternehmen verstärkt Private Equity für sich entdecken. Private Equity kann jene Lücken füllen, die der Bankensektor entweder nicht ausfüllen will oder nicht ausfüllen kann. Sei es durch die zusätzliche Aktivierung von Fremdkapital, die Verminderung der Finanzierungsbeschränkungen oder die Erhöhung des Wettbewerbs um beste Finanzierungslösungen – Private Equity kann wertvolle Impulse zur Verbesserung der Position des Finanzplatzes Deutschland liefern. Was darüber hinaus oft übersehen wird: Private Equity ist ein wert- und arbeitsplatzschaffender Faktor. Unternehmen in Private-Equity-Hand steigern Umsatz, Gewinn und damit auch ihren Wert im Schnitt deutlich stärker als der Wettbewerb. In den Portfoliounternehmen von PrivateEquity-Gesellschaften arbeiten hierzulande fast 760 000 Arbeitnehmer – das sind fast 2 % der gesamten erwerbstätigen Bevölkerung. Dass es in Deutschland noch Luft nach oben gibt, verdeutlicht wiederum das Beispiel Großbritannien: Dort sind es fast 20 %. Private Equity kann jedoch nur dann alle Möglichkeiten nutzen, wenn der notwendige Handlungsspielraum nicht durch übermäßige Regulierung eingeengt wird. Solide gesetzliche Rahmenbedingungen sind richtig und wichtig, um privates Eigenkapital anzuziehen. Der Gesetzgeber sollte hier jedoch stets Augenmaß walten lassen und verhindern, dass sich Deutschland durch ein starres regulatorisches Korsett selbst seiner Chancen beraubt. Das alles zeigt, dass ein Aufbruch möglich ist. Wie sieht also die Zukunft für den Finanzplatz Deutschland und seinen zentralen Standort Frankfurt aus? Sicher wird er auch in den kommenden Jahren ein wichtiger Pfeiler der weltweiten Finanzwirtschaft bleiben. Gleichwohl dürfte es angesichts einer sich verschärfenden Konkurrenz etwa aus Asien oder durch wohlhabende Staaten der Golf-Region deutlich schwieriger werden, diese Position zu behaupten. Mehr denn je kommt es deshalb darauf an, sich auf die individuellen Stärken zu besinnen und diese konsequent weiterzuentwickeln. Gelingt es, die Akzeptanz des Kapitalmarkts im Inland auf breiter Basis zu erhöhen, würde dazu eine gute Ausgangssituation geschaffen. Mit seiner zentralen Lage in Kontinentaleuropa und im Herzen der Eurozone könnte sich Deutschland langfristig als leistungsfähiger Spieler etablieren. Eine große Chance, die es gerade jetzt, inmitten turbulenter Zeiten, entschlossen zu nutzen gilt. Trotz wichtiger Erfolge . . . Fortsetzung von Seite B 1 Gesellschaft (PDG) erarbeitet. Die Aufgabe der PDG ist anspruchsvoll, aber realistisch: Sie soll Bund, Länder und Gemeinden als Initiatoren, Entwickler und Auftraggeber eines PPP-Vorhabens kompetent beraten und unterstützen. Die PDG soll privatwirtschaftlich als Aktiengesellschaft organisiert sein und mit öffentlichen und privaten Eigentümern an den Start gehen. Die Gründung der Gesellschaft wird durch die Bundesregierung erfolgen; der Startschuss ist noch im ersten Halbjahr 2008 geplant. Von den guten Erfahrungen anderer Länder mit dem PPP-Konzept soll auch Deutschland profitieren. Stärkung des deutschen Zahlungsverkehrs – Die Einführung des Einheitlichen Euro-Zahlungsraums (Sepa) liegt unmittelbar hinter uns. Damit ist es Bürgern, Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen nun europaweit möglich, auf der Basis einheitlicher Standards und Regeln Euro-Zahlungen abzuwickeln. Europaweit tätige Unternehmen können zudem ihre Konten sowie das gesamte Euro-CashManagement auf ein Land konzentrieren. Auf dem Weg zur Integration der Zahlungsverkehrslandschaft hat die IFD auf europäischer Ebene wichtige Impulse für eine möglichst schnelle und reibungslose Verwirklichung von Sepa gegeben. Die IFD-Mitglieder haben hierbei eine Reihe von Lösungen entwickelt, die sowohl Firmen als auch die öffentliche Hand unterstützen. Dadurch hat die IFD einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass grenzüberschreitende Transaktionen für Verbraucher und Unternehmen von den Finanzinstituten angeboten werden können. Damit Sepa ein Erfolg auch für den Finanzstandort Deutschland wird, ist ein frühes Umstellen der öffentlichen Hand auf Sepa-kompatible Produkte unerlässlich. Unternehmenssteuerreform – Die Absenkung der nominalen Steuersätze im Rahmen der Unternehmenssteuerreform leistet einen wertvollen und wichtigen Bei- trag, um Deutschland als Wirtschafts- und Finanzstandort im internationalen Vergleich attraktiver zu machen. Das Signal an inund ausländische Unternehmen ist positiv, und Deutschland wird in diesem Zusammenhang wieder wettbewerbsfähiger. Im Bereich der Abgeltungsteuer haben sich die Hoffnungen und Erwartungen der IFD nicht gänzlich erfüllt, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung, mit dem Deutschland an die internationale Entwicklung anschließt und den Finanzplatz im globalen Wettbewerb um Kapital und Investitionen stärkt. Mittelstand – Beim Thema Mittelstand stellt sich beispielsweise die Frage: „Wie können kleinere Syndizierungen im Kundeninteresse effizienter und kostengünstiger im Markt angeboten und abgewickelt werden?“ Die IFD arbeitet daher intensiv an für den Mittelstand maßgeschneiderten Standards im Syndizierungsprozess. Aber auch die Internationalisierung des Mittelstands und die Unterstützung der Unternehmen durch die Banken stellen einen Schwerpunkt unserer Arbeit dar. Zur Realisierung praxisorientierter Lösungen hat es sich die IFD zum Ziel gesetzt, einen Standard zur Bewertung von Patenten als Kreditsicherheiten zu entwickeln. Mit diesen – hier nur kurz skizzierten – Maßnahmen sollen die Mittelstandsfinanzierung in Deutschland verbessert und die mittelständischen Unternehmen als tragende Säule der deutschen Volkswirtschaft auch im internationalen Wettbewerb gestärkt werden. Die dargestellten Themenfelder verdeutlichen, dass der Finanzstandort Deutschland trotz einiger wichtiger Erfolge und damit gewonnener Stärke auch weiterhin vor großen Herausforderungen steht, um deren Lösung sich die IFD auch zukünftig aktiv bemühen wird. Die IFD will weiterhin langfristige Trends der Märkte unterstützen und in konkrete Projekte und Instrumente umsetzen, um einen aktiven Beitrag zur Verbesserung der Wachstums- und Wettbewerbsfähigkeit der Kapital-, Kredit- und Versicherungsmärkte in Deutschland sowie im internationalen Vergleich zu erreichen. Sonnabend, 14. Juni 2008 Sonderbeilage Börsen-Zeitung Nr. 113 B3 Börse schöpft aus der Region Kraft für den globalen Wettbewerb Weltweit um den Globus gespanntes Netzwerk ändert nichts an der lebensnotwendigen Verbundenheit mit dem Raum Frankfurt hier vor Ort hat. Und das ist sicher alles andere als selbstverständlich. Denn: Seit mehreren Jahren verzeichnet die Börsenbranche weltweit dramatische Veränderungen. Die großen amerikanischen Handelsplätze New York Stock Exchange (Nyse) und Nasdaq suchen ihre Zukunft in rechtlich hochkomplexen Übernahmen der europäischen Börsenorganisationen Euronext und OMX. Dubai und Qatar Von greifen nach der London Reto Francioni Stock Exchange (LSE), um sich eine Vormachtstellung als Finanzzentrum in Nahost zu sichern. In den BRIC-Staaten Brasilien, Indien, Russland und China erVorstandsvorsitzender wächst den westlichen Börsen bedeutende Konder Deutsche Börse AG kurrenz von morgen, deren Einfluss schon jetzt schlagen, und dies ist sicher der Viel- global deutlich zu spüren ist. Bezahl von Stärken zu verdanken, die schleunigt werden diese Veränderungen zudem von technischen Fortdiese Region auszeichnen. Sicher wurden einige Positionen schritten im elektronischen Handel abgegeben, und natürlich haben sich und liberalisierten rechtlichen Rahdie globalen Mega-Standorte der Fi- menbedingungen, die nun schon seit nanzindustrie wie London und New fast 20 Jahren anhalten. In dieser Gemengelage, in der die York dramatisch weiterentwickelt. Für den Bereich der Börsen jedoch Karten zwischen den Finanzzentren bleibt festzuhalten, dass der Börsen- und Leitbörsen der Welt neu gebetreiber mit der weltweit höchsten mischt werden, hat die Gruppe DeutMarktkapitalisierung seinen Sitz sche Börse als einzige globale BörBörsen-Zeitung, 14.6.2008 Nicht erst seit gestern wissen wir: Auch unser Standort, Frankfurt und sein unmittelbares Umfeld, steht in einem Wettbewerb der Finanzindustrien, der an Härte kaum zu überbieten ist. Dabei bleibt zuallererst festzuhalten: Frankfurt hat sich in diesem Wettbewerb nicht schlecht ge- senorganisation mit Sitz in Europa ihre Positionen massiv ausgebaut und sich als Handelsplatz von weltweitem Rang etabliert – und damit auch den Finanzplatz Frankfurt im globalen Wettbewerb gestärkt. Wettbewerb bietet auch und besonders Chancen. Die Deutsche Börse nutzt den neuen interkontinentalen Wettbewerb, um ihr erfolgreiches Geschäftsmodell von Europa aus weiter zu internationalisieren, und zwar insbesondere Richtung Nordamerika, Mittel- und Osteuropa und Asien. Diese Ausrichtung ist nicht neu, gewinnt aber deutlich an Konsequenz und Dynamik. In der neuen Börsenwelt haben Kennzahlen wie die Marktkapitalisierung der gelisteten Aktiengesellschaften an einem Handelsplatz als entscheidende Maßeinheiten für Stabilität und Unabhängigkeit eines Handelsplatzes ausgedient. Ausdruck von Wertschätzung An ihre Stelle sind die Effizienz virtueller Netzwerke, die Produktpalette, die daraus resultierende Vertriebskraft und die Beurteilung einer Börsenorganisation an den Kapitalmärkten getreten. Diese spiegelt sich nicht in der Marktkapitalisierung der gelisteten Werte wider, sondern im Börsenwert des Börsenbetreibers selbst. In diesem Sinne zählt nicht mehr die LSE zum herausragenden Wettbewerber der Gruppe Deutsche Börse, sondern die US-amerikanische Chicago Mercantile Exchange (CME), die zusammen mit der Deutschen Börse die Rangliste der weltweit größten Börsen, gemessen an der Marktkapitalisierung, seit fast einem Jahr anführt. Sicher ist eine solche Größenordnung Schwankungen unterworfen, und kurzfristige Veränderungen sind jederzeit möglich. Aber dennoch ist sie auch und vor allem Ausdruck von Wertschätzung und Vertrauen in den Börsenbetreiber. Mit den technischen Errungenschaften wie elektronischer Handel, automatische Abwicklung, Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren hat sich das Antlitz des traditionellen Finanzplatzes weiterentwickelt. Es ist falsch, den Finanzplatz Frankfurt in den Stadtgrenzen zu sehen; vielmehr ist dieser Finanzplatz den Weg der Globalisierung gegangen. Und das Finanzzentrum Frankfurt wächst fast täglich mit jeder Anbindung eines Kunden der Deutschen Börse an die stetig weiterentwickelten Handels- und Abwicklungsstränge in alle Welt. So ist der heimische Finanzplatz nicht mehr nur in Frankfurt, sondern mit jeder Transaktion eines internationalen Kunden auch in Chicago, New York, London oder Singapur präsent. Und Allfinanzkonzept weiterentwickeln Der genossenschaftliche FinanzVerbund ist strategisch gut positioniert, um weiter zu wachsen bzw. gewerblichen Immobilienfinanzierung, die Union Investment im Asset Management, die DZ Bank AG mit der Marke Akzent Invest im Zertifikate-Segment, die R+V Versicherung, VR-Leasing, die TeamBank mit easyCredit in der Konsumentenfinanzierung oder auch equens als europäischer Anbieter von Zahlungsverkehrsdienstleistungen. Sie alle gehören bundesweit jeweils zu den drei führenden Unternehmen ihres Bereiches. Zusammen mit den weiteren Unternehmen der Gruppe und der DZ Bank selbst stellen sie den Volksbanken und Raiffeisenbanken das Spektrum an Retail- und Kapitalmarktprodukten sowie Von an kostengünstigen AbWolfgang Kirsch wicklungsleistungen zur Verfügung, das für eine dauerhaft erfolgreiche Allfinanzstrategie notwendig ist. Dabei setzt die DZ Bank konsequent das SubsidiaritätsprinVorstandsvorsitzender zip um und versteht sich in diesem Zusammender DZ Bank AG hang in erster Linie als „Bank der Banken“. Vor Ort wiederum basiert der Ergerichtig darin, ihren Kunden als Allfinanzdienstleister zur Verfügung zu folg des Geschäftsansatzes auf der tiefen Verwurzelung und der sich dastehen. Damit bestätigen sie indirekt die raus ergebenden Vertriebskraft der Strategie, die der genossenschaftli- jeweiligen Volksbanken und Raiffeiche FinanzVerbund spätestens seit senbanken in ihren Regionen. Hier der Einführung eigener Versiche- kommt ihnen ihre flächendeckende rungsangebote vor annähernd 90 Präsenz ebenso zugute wie ihre tradiJahren konsequent verfolgt und tionelle Kundennähe, ihr Engagedurch die er zur größten konsolidier- ment zugunsten der Kunden und das ten Bankengruppe Deutschlands mit sich daraus ergebende Vertrauensaktuell rund 30 Millionen Kunden verhältnis zu diesen. Die Zusammenarbeit zwischen aufgestiegen ist. Dementsprechend ist auch das Spitzeninstitut dieses der DZ Bank Gruppe und den lokaVerbundes, die DZ Bank, im len Instituten ist jedoch kein Selbst125. Jahr ihres Bestehens für eine er- läufer. Vielmehr bedingt die Tatsafolgreiche Zukunft am Markt gut auf- che, dass die Genossenschaftsbangestellt. Zusammen mit ihren Toch- ken selbständig am Markt agieren, tergesellschaften wird sie den Fi- dass die DZ Bank Gruppe qualitativ nanzplatz Frankfurt damit weiter hochwertige Produkte entwickelt, prägen und von hier aus insbeson- die zunächst die Kundenbetreuer dere auch die Aktivitäten der gesam- der Primärbanken überzeugen müssen, ehe sie von diesen den Endkunten Gruppe weiter verzahnen. den angeboten werden. Diese Qualitätsstrategie des Verbunds impliZwei-Säulen-Strategie ziert, dass die Produkte erstens gut Dabei unterscheidet sich das Allfi- und zweitens zu wettbewerbsfähinanzkonzept des genossenschaftli- gen Preisen erhältlich sein müssen. Als zusätzliches Qualitätssichechen FinanzVerbundes schon aufgrund seiner historisch gewachse- rungsinstrument dient eine enge Vernen Struktur wesentlich vom Ansatz zahnung aller Akteure des Finanzanderer Anbieter. Es baut auf zwei Verbunds durch ein subsidiäres Koordinationsmodell. Es stellt insbesonSäulen auf: – der DZ Bank AG und ihren dere sicher, dass die Genossenschaftsbanken frühzeitig in ProduktTochtergesellschaften sowie – den rund 1 000 Genossen- entwicklungsprozesse und strategischaftsbanken als wichtigsten Kun- sche Entscheidungen eingebunden werden und die Gruppe damit ihre den und Eigentümern der DZ Bank. Unter dem Dach der DZ Bank Produkte und Prozesse an den BeGruppe sind Unternehmen mit sehr dürfnissen der Basis ausrichtet. starken Marken vereint, die die einzelnen Produktsegmente abdecken Marktlücken geschlossen und sich gegenseitig ergänzen. Dazu gehören zum Beispiel die BausparDass dies alles in die richtige Richkasse Schwäbisch Hall und die tung führt, belegen auch im WettbeDG Hyp im Bereich der privaten werbsvergleich sehr hohe KooperatiBörsen-Zeitung, 14.6.2008 Vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise setzen sich die Banken intensiver denn je mit ihren Geschäftsstrategien und ihrer Positionierung am Markt auseinander – und damit mit der Frage, wie sie ihre Zukunft erfolgreich gestalten können. Als Antwort darauf kristallisiert sich in der Finanzbranche ein Paradigmenwechsel heraus, der weg von der noch vor wenigen Jahren propagierten Spezialisierung und hin zu einer Verbreiterung der Geschäftsgrundlage führt. Viele Verantwortliche sehen die Chancen für die Banken fol- onsquoten, also die Verbundtreue, und die Tatsache, dass durch die Zusammenarbeit der Verbundunternehmen über alle Bereiche hinweg immer wieder innovative Produkte emittiert und Marktlücken gemeinsam konsequent geschlossen wurden. So hat sich zum Beispiel Akzent Invest im vergangenen Jahr zum Marktführer beim Absatz von Garantiezertifikaten entwickelt. Es ist im Verbund gelungen, mit easyCredit eine weithin bekannte Marke im Ratenkreditmarkt zu etablieren, mit der die Volksbanken und Raiffeisenbanken ihre Stellung in diesem Segment verbessert haben. Gleichzeitig setzt der Verbund über eigene easyCredit-Shops ein Ballungsraumkonzept um. Mit dem MeinZinsKonto hat die DZ Bank ein innovatives Festgeldprodukt auf den Markt gebracht, durch das die Genossenschaftsbanken ihren Kunden eine überdurchschnittlich hohe Verzinsung bieten können. Und die Union Investment ist mit inzwischen 1,6 Millionen abgeschlossenen Riester-Fondssparplänen zur unangefochtenen Nummer 1 in diesem Segment aufgestiegen. Verstärkte Zusammenarbeit Gerade das Thema der demografischen Entwicklung in Deutschland, das der Riester-Rente zugrunde liegt, stellt dabei eine der wesentlichen Herausforderungen für die künftige Allfinanzstrategie des genossenschaftlichen FinanzVerbunds dar. Dieser hat darauf mit einer noch engeren Kooperation zwischen den Partnern, insbesondere auch innerhalb der DZ Bank Gruppe, reagiert. Bereits gelebte Beispiele dafür sind unter anderem die Zusammenarbeit der Bausparkasse Schwäbisch Hall mit Union Investment beim Vertrieb der Riester-Fondssparpläne sowie der VR-Vorsorgestatus. Letzterer ist ein Gemeinschaftsprojekt von Union Investment, der Bausparkasse Schwäbisch Hall, der R+V Versicherung und der DZ Bank mit den genossenschaftlichen Rechenzentralen. Er ermöglicht den Genossenschaftsbanken vor Ort, ihren Kunden alle Informationen über den Status ihrer Altersvorsorge inklusive einer Prognoserechnung übersichtlich in einem Report zu bieten. Sie können ihre Kunden dadurch gezielt auf mögliche Vorsorgelücken aufmerksam machen und ihnen darauf aufbauend maßgeschneiderte Konzepte für eine geeignete Altersvorsorge anbieten. Auch in allen anderen wesentlichen Bereichen des Privat- und des Firmenkundengeschäftes geht der Verbund gezielt den Weg der noch intensiveren Zusammenarbeit. So haben die Volksbanken und Raiffeisenbanken und die DZ Bank Gruppe in diesem Zusammenhang in den vergangenen Jahren beispielsweise ihre Private-Banking-Aktivitäten erfolgreich neu strukturiert, wettbewerbs- fähig gemacht und ausgebaut. In diesem Bereich sieht der genossenschaftliche FinanzVerbund für sich noch erhebliches Wachstumspotenzial – gerade auch wegen seiner starken Verankerung im deutschen MitFortsetzung Seite B 4 umgekehrt zieht mit jedem Aktienkauf eines Frankfurter Bankenhändlers über Computer an der LSE ein Stück britische Finanzwelt in die hiesige Mainmetropole ein. Der Wertpapierhändler ist immer Teil des Finanzplatzes, an dem er seine Order aufgibt. Denn er trägt zum Umsatz und letztlich zum Erfolg der betreffenden Börse und des Finanzplatzes bei. Heimat ist also dort, wo das elektronische Handelssystem der Deutschen Börse andockt. Pionierarbeit geleistet Die Deutsche Börse kann sich zugutehalten, dass sie in den vergangenen Jahren für ihren Finanzplatz Pionierarbeit geleistet hat. Schneller als ihre Konkurrenten hat sie den rechtlichen und technologischen Wandel konsequent für sich zu nutzen verstanden. Es war die Deutsche Börse, die ihren Kunden weltweit die gesamte Wertschöpfungskette über den Handel bis zur Abwicklung, Verwahrung und Verwaltung für alle Produkte auf einer wahrhaft integrierten Technologieplattform aus einer Hand anbot. Und mit der Übernahme der erfolgreichen US-Aktienoptionsbörse International Securities Exchange (ISE) ist die Deutsche Börse die bislang weltweit einzige nichtamerikanische Börse, die Fuß auf dem größten und attraktivsten Kapitalmarkt der Welt gefasst hat. In jüngster Zeit kopieren weltweit Wettbewerber das integrierte Geschäftsmodell der Deutschen Börse – siehe Nyse Euronext, siehe die Fusion zwischen LSE und Borsa Italiana, siehe die sehr erfolgreiche brasilianische Börse Bovespa. Der hohe Internationalisierungsgrad der Gruppe Deutsche Börse wird vor allem an den Tochterunternehmen sichtbar: Die Derivatebörse Eurex ist ein deutsch-schweizerisches Gemeinschaftsunternehmen, die Abwicklungs- und Verwahrungs- gesellschaft Clearstream International mit einem Verwahrvolumen von mehr als 10 Bill. Euro hat ihren Sitz in Luxemburg, und die ISE wird operativ von New York aus gesteuert. Insgesamt arbeiten weltweit rund 3 000 Mitarbeiter aus 65 Ländern bei der Deutschen Börse. An das vollelektronische Handelssystem Xetra sind heute weltweit rund 250 Teilnehmer angebunden – etwa 130 davon aus dem europäischen Ausland. 40 % des Orderbuchvolumens werden in Großbritannien generiert. An der Eurex handeln rund die Hälfte aller Händler von London aus. Erst an zweiter Stelle stehen Marktteilnehmer aus Deutsch- „Wettbewerb bietet auch und besonders Chancen.“ land. Die Abwicklungs- und Verwahrungstochter Clearstream ist weltweit auf 45 Märkten präsent und hat neue Niederlassungen in Singapur und Tokio eröffnet, um das Standbein in der Wachstumsregion Fernost zu stärken. Internationales Ansehen Das weltweite Netzwerk, das die Deutsche Börse um den Globus gespannt hat und weiter spannen muss, ändert nichts an der lebensnotwendigen Verbundenheit mit der Heimatregion Frankfurt. Einerseits gibt die Deutsche Börse dem Raum Frankfurt durch ihren Erfolg nachhaltig wirtschaftliche Stabilität und sichere Arbeitsplätze sowie internationales Ansehen. Andererseits schöpft die Deutsche Börse aus dieser Region Kraft, ohne die sie die Herausforderungen des globalen Wettbewerbs kaum bewältigen könnte. B 4 Börsen-Zeitung Nr. 113 Sonderbeilage Sonnabend, 14. Juni 2008 Frankfurt war schon immer innovativ und kreativ Hessische Landesregierung will in Fragen der Entwicklung des Finanzstandortes offensiv und aktiv agieren, moderieren und vermitteln rungen, und dies nicht erst in jüngster Zeit. Der Platz Frankfurt profitiert zwar von jeher in erheblichem Maße von seinen einzigartigen Standortvorzügen, die sich von seiner historischen Ausgangsposition her vor allem an logistischen Kriterien festmachen: An einer „Furt“ als günstiger QuerungsVon stelle des Mains gegrünRoland Koch det, an historischen und im Zeitverlauf immer bedeutsamer werdenden Verkehrswegen gelegen, hatte er natürliche Startvorteile, die sich heute in großen europäischen Wegkreuzen Ministerpräsident des manifestieren und im Landes Hessen internationalen Flughafen Frankfurt Rheinist Sitz von mehr als 300 Banken, da- Main mit seiner weltweit bedeutsarunter rund 200 ausländische Insti- men Hub-Funktion gipfeln. tute. Rund 85 000 Menschen finden hier Arbeit. Mit der Europäischen Tolerant und einfallsreich Zentralbank, der Bundesbank sowie dem Sekretariat der Europäischen Gleichzeitig war der Platz aber Versicherungsaufsicht ist Frankfurt auch immer innovativ und kreativ: der Schwerpunkt der deutschen und Bereits im Mittelalter war Frankfurt europäischen Geldpolitik. Als Stand- Handelsdrehscheibe und einer der ort der Deutschen Börse, der größ- bedeutendsten Messeplätze für die ten Börsenorganisation der Welt, die gesamte damals bekannte Welt. – breiter aufgestellt als alle Wettbe- Neue Entwicklungen gerade im mowerber – den Unternehmen und In- netären Sektor wurden hier nicht vestoren den Weg zu den weltwei- nur aufgegriffen, sondern auch weiten Kapitalmärkten öffnet, spielt terentwickelt und sogar revolutioFrankfurt in der ersten Liga der glo- niert: So hat Frankfurt zum Beispiel balen Finanzplätze. Frankfurt macht im Zahlungs- und Warenverkehr mit Deutschland zum führenden Kapital- Instrumenten wie Wechsel, Kontomarkt im Euroraum, der auch inter- korrentzahlungen oder doppelter national konkurrenzfähig ist und Buchführung seinerzeit von seinem über modernste Wertpapier-Handels- Statut als Freie Reichsstadt profitechnologie verfügt. tiert. Und manchen Wirren späterer Globalisierung und Wettbewerb Jahrhunderte hat die Stadt ihre eistellen den Finanzstandort gleich- gene Offenheit, Toleranz und ihren wohl vor immer neue Herausforde- Einfallsreichtum entgegengesetzt – Börsen-Zeitung, 14.6.2008 Hessen beherbergt mit Frankfurt Rhein-Main den führenden Finanzplatz Deutschlands und neben London und Paris einen der drei großen Finanzstandorte Europas. Frankfurt ganz entscheidende Voraussetzungen, gerade bei oft sensiblen Geldgeschäften. Weitere Beispiele sind die Entwicklung der Börse hin zum Aktienhandel, die innovative Begleitung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und die reibungslose Bewältigung stark wachsender öffentlicher Kreditaufnahme im 19. Jahrhundert. Frankfurt war immer integrativ und kreativ zugleich. Dadurch konnte sich das Finanzwesen zu einer tragenden wirtschaftlichen Säule entwickeln. Wieder auf der Erfolgsspur Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte Frankfurt unter dem Alliiertenstatut, mit der Gründung der Bank Deutscher Länder, der Ansiedlung aller großen Banken – einschließlich der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur Abwicklung des Marshall-Planes – auf die Erfolgsspur zurückfinden, nachdem die Stadt einige Jahrzehnte lang ihre Rolle als führender deutscher Finanzplatz an Berlin hatte abtreten müssen. Besonders begünstigt von der Erfolgsgeschichte der D-Mark als stabiler und weltweit begehrter Reservewährung, liberalisiertem Handel, fortschreitender Industrialisierung und nie gekanntem Wachstum internationaler Handels- und Zahlungsströme errang der Finanzplatz zunehmende Bedeutung. Mittlerweile beschäftigt der Finanzsektor wieder 14 % aller Arbeitnehmer. Damit möchte ich allerdings keineswegs die führende Dimension des Finanzplatzes London in Abrede stellen, die sich jedoch historisch begründet und durch eine ganz anders geartete Entwicklung begünstigt worden ist. Auf dem Kontinent indes haben wir die Herausforderungen angenommen. Die geldpolitischen Entscheidungen der Eurozone werden in Frankfurt getroffen, und so hat die Stadt als der zentrale deutsche und kontinentaleuropäische Finanzplatz auch eine bundesweite Vorreiterfunktion. Schon dies be- „Auch im notwendigen und überfälligen Prozess der Selbstorganisation des Finanzplatzes hat die Landesregierung die Initiative ergriffen. Nach einem langen Überzeugungs- und Entwicklungsprozess ist es schließlich gelungen, ein gemeinsames Dach für die Außendarstellung und das Marketing des Finanzplatzes Frankfurt zu schaffen.“ dingt eine aktive Begleitung und Förderung durch die Landespolitik. Insbesondere was die Durchsetzung besserer Rahmenbedingungen des deutschen und europäischen Kapitalmarktes und die Optimierung der Standortfaktoren für Finanzdienstleistungen betrifft, hat Hessen daher häufig die Führungsrolle in Deutsch- land inne. Wie entscheidend gesetzgeberische und politische Einwirkung dafür sind, zeigt in beeindruckender Weise die Entwicklung des deutschen Finanzplatzes seit 1948 mit drei zentralen Voraussetzungen: Die Schaffung von Vertrauen vor allem ausländischer Anleger in die Stabilität der deutschen Wirtschaft und Währung und dessen Bewahrung bis heute. Eine konsequente und anhaltende Deregulierungspolitik, vor allem in den sechziger Jahren, mit den Stichworten Öffnung des Handels mit ausländischen Papieren, volle Konvertibilität der D-Mark, Große Börsenreform, Öffnung des Terminhandels und anderen Entscheidungen, die ganz entscheidend zur Erfolgsstory des deutschen Finanzplatzes beigetragen haben. Eine konsequente Förderung der Entwicklung der Finanzmärkte, namentlich mit vier Finanzmarktförderungsgesetzen. Gelungene Aufholjagd Erst diese Erfolge und politische Entscheidungen für moderne Finanzmarktregeln haben die internationale Wettbewerbsfähigkeit entscheidend verbessert und ermöglichten so die erfolgreiche Aufholjagd gegenüber London und Paris. Ein weiterer Grund für die heutige Bedeutung des Finanzplatzes Deutschland in Europa und weltweit liegt sicher auch darin, dass sich Frankfurt mit dem Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) als Finanzzentrum emanzipiert hat. Und in der gegenwärtigen Krise an den Kreditmärkten und ihrer Bewältigung hat die Öffentlichkeit zum ersten Mal die EZB als ebenbürtigen Partner der Notenbank der Vereinigten Staaten von Amerika zur Kenntnis genommen. Sicher ist nicht jegliche erfreuliche Entwicklung nur politischem Handeln zu verdanken. Aber Politik kann auch dort, wo ihr originäre Zuständigkeiten fehlen, Überzeugungsarbeit leisten und initiieren. So sind wir als Regierung angetreten, auch in Fragen der Entwicklung des Finanzplatzes offensiv und aktiv zu agieren, zu moderieren und zu vermitteln. Unser Regierungsprogramm hat diesem Bereich konsequenterweise und als deutliches Signal ein eigenes Kapitel gewidmet. Umfangreiche Pläne Eine Reihe unserer Initiativen im Bundesrat hat dafür zunächst grundlegende Anstöße für ein verbessertes Umfeld für Finanzdienstleister und für eine Erweiterung der Produktpa- lette bewirkt. Ohne solche Vorstöße hätte es etwa die Zulassung von Real Estate Investment Trusts (Reits) in Deutschland so nicht gegeben. Mit gleicher Energie werden wir für die Entlastung der Kreditwirtschaft von aufsichtsfremden Kosten oder für weiterführende Entwicklungen im Bereich der Zertifizierung eintreten und die gesetzlichen Maßnahmen zur Regulierung von Private-EquityGesellschaften begleiten. Wir werden uns weiterhin für eine Verstärkung der Präsenz der BaFin in Frankfurt einsetzen, wollen die Bundesbank im Bereich der Bankenaufsicht stärken und den Verbleib des Ceiops-Komitees in Frankfurt sichern. Mit dem nun gegründeten „House of Finance“ wird in Frankfurt wie an keiner anderen deutschsprachigen Universität geld- und finanzbezogene Forschung konzentriert und gebündelt, soll eines der führenden europäischen Zentren, auf dem Gebiet der Finanzwissenschaft ein internationaler Knotenpunkt finanzbezogener Spitzenforschung entstehen. Unsere Finanzplatzinitiative erschöpft sich aber nicht in Aktivitäten im föderalen Umfeld. Durch gesetzliche Maßnahmen auf Landesebene haben wir etwa mit der Novellierung des Hessischen Sparkassengesetzes für die S-Finanzgruppe bessere Voraussetzungen geschaffen, damit sie auch in Zukunft als eine starke Säule in der dreigliedrigen Bankenlandschaft bestehen kann. Mit der Übernahme der Frankfurter Sparkasse durch die Landesbank Hessen-Thüringen ist ein wichtiger Schritt getan, um die Wettbewerbsfähigkeit beider Institute und damit auch des Sparkassenverbundes zu sichern. Einheitliches Branding Auch im notwendigen und überfälligen Prozess der Selbstorganisation des Finanzplatzes hat die Landesregierung die Initiative ergriffen. Nach einem langen Überzeugungs- und Entwicklungsprozess ist es schließlich gelungen, ein gemeinsames Dach für die Außendarstellung und das Marketing des Finanzplatzes Frankfurt zu schaffen. Unter einem einheitlichen Branding wird erstmals eine koordinierte Bewerbung des Finanzstandortes Frankfurt Rhein-Main möglich und eine produkt- wie institutsunabhängige Marketingstrategie institutionalisiert und verfolgt. Wir sind überzeugt, dass „Frankfurt Main Finance“ bald ein bekanntes und erfolgreiches Markenzeichen dieser Community und ihrer Institute sein und einen globalen Stellenwert erlangen wird. Allfinanzkonzept Fortsetzung von Seite B 3 telstand. Hier sind betriebliche und private Finanzangelegenheiten eng miteinander verbunden und müssen daher auch mit ganzheitlichen Betreuungskonzepten begleitet werden. Ankerprodukt Firmenkredit Klassisches Ankerprodukt im hart umkämpften Mittelstandsgeschäft wird auch in Zukunft der Firmenkredit bleiben. Gleichzeitig werden gerade auch in der Geschäftsbeziehung mit dem Mittelstand umfassende Lösungsansätze immer wichtiger. Diese betreffen altbekannte Themen wie die betriebliche Altersvorsorge und das Flottenleasing. Mehr und mehr rücken im Mittelstandsgeschäft allerdings auch speziellere Themen in den Vordergrund. Dazu zählen zum Beispiel Beratungsleistungen zu allen – auch europaweit angebotenen – Förderkreditmöglichkeiten, die Optimierung der Gewinn- und Verlustrechnung durch ein aktives Zins- und Währungsmanagement, Rohstoffpreissicherungen oder auch die Stärkung und Strukturierung der Passivseite durch Private Equity und Mezzanine-Kapital selbst in kleinen Losgrößen. Kurz: Gerade auch bei der Kundenbeziehung zum Mittelstand sind zunehmend maßgeschneiderte Produkte gefragt. Wie im PrivatkundenSegment ist damit auch hier die Kombination aus spezieller Produktkompetenz der DZ Bank Gruppe und der Marktnähe der Genossenschaftsbanken ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Dadurch und mit einer weiteren Intensivierung der Zusammenarbeit als Kern der Weiterentwicklung des Allfinanzkonzeptes wird der genossenschaftliche FinanzVerbund in allen relevanten Produktbereichen auch künftig die umfassenden Lösungen bieten können, die die Kunden von ihren Volksbanken und Raiffeisenbanken erwarten. Die konsequente Umsetzung dieser Strategie wird den Verbund darüber hinaus in die Lage versetzen, die Marktdurchdringung weiter zu verbessern, die bestehenden Geschäftsbeziehungen zu vertiefen und neue Kunden zu gewinnen – und so trotz des zu erwartenden noch härter werdenden Wettbewerbs seine herausragende Position als Allfinanzanbieter im deutschen Markt zu behaupten. Europäischer Ansatz Aus dieser starken Stellung heraus ist auf mittlere Sicht auch eine europaweite Ausdehnung der Allfinanzstrategie überlegenswert. So könnte sich das, was heute im Transaction Banking bereits gelebt wird, auch in anderen Geschäftsfeldern als zukunftsträchtig erweisen. Ansatzpunkte mit Potenzial bestehen beispielsweise im Leasing, beim Asset Management, im Zertifikate-Geschäft oder auch bei Konsumentenkrediten. Dabei könnte die DZ Bank die gleiche Rolle wie auf dem deutschen Markt einnehmen und Verbundorganisationen attraktive Produkte zuliefern. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass diese nicht unmittelbar mit dem deutschen genossenschaftlichen FinanzVerbund konkurrieren. Sonderbeilage Sonnabend, 14. Juni 2008 Börsen-Zeitung Nr. 113 B5 Qualifizierter Nachwuchs ist für Banken wichtiger denn je Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis ist in der „kleinsten Metropole der Welt“ bereits weit gediehen tes Wissen über wirtschaftliche wie finanzielle Zusammenhänge bildet daher eine wichtige Voraussetzung dafür, sein Leben selbstverantwortlich und erfüllt zu gestalten. Schon Johann Wolfgang von Goethe wusste: „Wer sich aufs Geld versteht, versteht sich auf die Von Zeit.“ Klaus-Peter Müller Dieser Satz gilt erst recht für diejenigen, die sich tagtäglich von BeVorsitzender des Stiftungsrats der Frank- rufs wegen mit Geld beschäftigen. In Frankfurt furt School of Finance mit seiner langen Tradi& Management tion als Banken-, Börund Aufsichtsratssen- und Messestadt vervorsitzender der steht man sich gewiss Commerzbank AG seit jeher auf Geldgeschäfte. Während ein ren Alltag. Die Kenntnis vom Geld Banker aber zu Goethes Zeiten vor alund der Wirtschaft entscheidet aber lem mit dem Federkiel umgehen Kopfrechnen beherrschen auch wesentlich über unseren heuti- und gen Wohlstand wie über unseren musste, sind die heutigen Anfordekünftigen Lebensstandard. Fundier- rungen im Bankensektor ungleich Börsen-Zeitung, 14.6.2008 Finanzielle Bildung geht alle an. Ob Baufinanzierung oder Abgeltungsteuer – finanzielle Fragen prägen auf ganz verschiedene Weise unse- differenzierter. Die Tendenz zu Standardprodukten einerseits, zu maßgeschneiderten Finanzlösungen etwa im Corporate Banking andererseits, komplexe Modellberechnungen im Risikomanagement sowie detaillierte Bilanzierungs- und Regulierungsvorschriften führen zu immer neuen Aufgaben bei den Finanzdienstleistern. In den Banken arbeitet deshalb nicht mehr nur der traditionelle Bankkaufmann, sondern gefragt sind zunehmend Spezialisten wie Informatiker und Wirtschaftswissenschaftler, ebenso wie Mathematiker und Physiker. Qualifizierter Nachwuchs ist heute für Banken wichtiger denn je. Ein hohes Ausbildungsniveau bietet zudem Gewähr, dass sowohl privaten Kunden als auch Firmenkunden die bestmögliche Beratung geboten wird. Eine adäquate finanzielle (Aus-) Bildung kann aber nur gedeihen, wenn entsprechende professionelle Grundlagen und geeignete Ver- mittlungskanäle – eine „Produktionsstätte“ finanziellen Wissens – vorhanden sind. Insbesondere wissenschaftliche Forschung und berufliche Bildungsmöglichkeiten stellen somit wichtige Elemente eines Finanzplatzes dar. Frankfurt steht daher nicht nur als Finanzstandort, sondern zugleich auch als „Produzent“ finanziellen Wissens in einem föderalen wie globalen Wettbewerb. Enorme Dynamik gezeigt Gerade auf diesem Sektor hat Frankfurt in den letzten Jahren enorme Dynamik unter Beweis gestellt und wichtige Pluspunkte gesammelt. Die Mainmetropole verfügt über eine Reihe von Forschungs- und (Weiter-) Bildungsinstitutionen, die national und international hohe Anerkennung genießen. In diesen Tagen schließen sich acht Einrichtungen der Goethe-Universität unter dem Dach des „House of Fi- Die Leistungsfähigkeit der Banken steigern Finanzmarktgesetzgebung muss verschlankt werden – Allgemeinbildung zu Finanzfragen fördern men werden. Nur Wachstum führt zu mehr Beschäftigung. Wirtschaftliches Wachstum ist – zumal in einer Gesellschaft, in der immer mehr alte und immer weniger junge Menschen leben – nur möglich, wenn das Gesundheits- und das Rentensystem auf einem soliden Fundament stehen, der Arbeitsmarkt flexibel gestaltet ist, ein einfaches und transparentes Steuerrecht Wettbewerbsfähigkeit sichert und einem modernen Bildungssystem allerVon größte Bedeutung beigeDietmar Schmid messen wird. Der in den vergangenen Jahren begonnene Reformprozess darf nicht ins Stocken geraten. Zwar ging die Vorsitzender des Aufschwungsphase der Bankenverbandes Hessen und Vorstands- letzten Jahre erfreulimitglied der BHF-Bank cherweise mit einem starken BeschäftigungsAktiengesellschaft zuwachs einher, doch bei nahezu vier Milliofür das Land Hessen und insbeson- nen Arbeitslosen und angesichts der dere für Frankfurt am Main. Frank- demografischen Herausforderungen furt ist Deutschlands führender Fi- der Zukunft können wir uns einen nanzplatz. Hunderte Kreditinstitute Stillstand nicht erlauben. Eine im Auftrag des Bankenverhaben in der Stadt ihren Sitz oder eine Niederlassung. Rund ein Viertel bandes im November 2007 durchgealler Bankgeschäfte in Deutschland führte repräsentative Erhebung hat und rund die Hälfte des deutschen gezeigt, dass sich die Bevölkerung Geld- und Kapitalverkehrs mit dem der Notwendigkeit weiterer ReforAusland werden in Frankfurt abgewi- men bewusst ist. Auf die Frage „Ist ckelt. Das Bankgewerbe beschäftigt die wirtschaftliche Lage in Deutschin Frankfurt etwa 70 000 Menschen land so gut, dass wir in nächster Zeit und ist somit einer der wichtigsten keine weiteren Reformen brauchen?“, antworteten 86 %: „Nein, Arbeitgeber der Region. Diese Fakten machen deutlich, wir brauchen weitere Reformen.“ dass es ein zentrales Anliegen der Po- Die Politik kann sich somit nicht auf litik sein muss, den Banken ein Um- eine vermeintliche Reformmüdigfeld zu bieten, das es ihnen ermög- keit der Bevölkerung zurückziehen. licht, sich im globalen Wettbewerb Sie ist vielmehr gefordert, Führung zu behaupten. Wie alle anderen Un- zu übernehmen, Deutschland zuternehmen sind auch Banken auf kunftsfähige Strukturen zu geben eine Politik angewiesen, die ihnen und unternehmerischer Initiative mit einer konstruktiven Haltung be- den Weg zu bereiten. gegnet und zudem stabile, verlässliche Bedingungen schafft. Nur wenn Überregulierung hemmt politische Entscheidungen einer klaren Linie folgen und hinsichtlich der In diesem Zusammenhang steht rechtlichen Rahmensetzungen Konti- auch der Ruf nach Bürokratieabbau nuität gewährleistet ist, ist für Ban- und Deregulierung. Eine deutliche ken ein sicheres Fundament für In- Überregulierung hemmt die Investitivestitionsentscheidungen gegeben. ons- und Innovationsbereitschaft des deutschen Bankwesens. BesteFragmentierung überwinden hende bürokratische Belastungen müssen abgebaut und das Entstehen Die Banken in Deutschland und so- neuer bürokratischer Hemmnisse mit auch am Finanzstandort Frank- verhindert werden. Die Finanzmarktfurt stehen unter dem Druck eines gesetzgebung insgesamt muss verzunehmenden internationalen Wett- schlankt werden. Eines der zentrabewerbs, der durch die – für sich ge- len Problemfelder ist in diesem Zunommen sehr begrüßenswerte – sammenhang die Deregulierung der europäische Finanzmarktintegration Fondsindustrie, der Luxemburg weweiter verschärft wird. Angesichts sentlich attraktivere Rahmenbedindessen ist es bedenklich, dass der gungen bei der Auflage und der VerBankenmarkt in Deutschland noch waltung von Fondsprodukten bietet. Deutschland steht für erstklassige immer stark fragmentiert ist. Dies ist eine der wesentlichen Ursachen da- Produkte und hoch qualifizierte für, dass deutsche Banken im inter- Dienstleistungen. Dies gilt auch für nationalen Vergleich eine nur unter- den Finanzsektor. Diese Position durchschnittliche Profitabilität auf- kann nur verteidigt werden, wenn unweisen, wie zum Beispiel auch die ser Land auch fachspezifisch über ein Ratingagentur Moody’s im April fest- exzellentes Bildungssystem verfügt, stellte. Die Politik sollte privaten das keinen internationalen Vergleich Banken im gesamtwirtschaftlichen scheuen muss. Die Finanzwirtschaft Interesse mehr Freiraum für die Zu- ist in Deutschland die Branche mit sammenarbeit mit Genossenschafts- dem höchsten Anteil an Hochschulabinstituten und Sparkassen geben. solventen, doch im internationalen Nur wenn Deutschland bei der Mo- Vergleich ist der Akademikeranteil dernisierung von Marktstrukturen trotzdem gering. Es ist eine Gemeinvoranschreitet, wird es im internatio- schaftsaufgabe von Unternehmen nalen Wettbewerb möglich sein, Grö- und Politik, das Ausbildungsniveau ßenvorteile zu nutzen. Der reforma- weiter zu steigern, vielfältige Möglichtorische Mut anderer europäischer keiten zur Weiterbildung zu schaffen Staaten sollte zum Vorbild genom- und auf einen effizienten Einsatz der Börsen-Zeitung, 14.6.2008 Leistungsstarke, wettbewerbsfähige Banken sind für eine moderne Volkswirtschaft von essenzieller Bedeutung. Für ihren Erfolg ist die deutsche Wirtschaft auf Banken angewiesen, die den Zugang zu allen erforderlichen Finanzdienstleistungen bieten. Noch größer ist der wirtschaftliche Stellenwert der Banken Mittel zu achten. Am Finanzplatz Frankfurt und in der Region ist bereits viel geschehen, um ein zukunftsorientiertes Bildungsumfeld zu schaffen. Das House of Finance an der Goethe-Universität Frankfurt ist in dieser Hinsicht vorbildlich. Es vereint interdisziplinär acht akademische Forschungs- und Ausbildungseinheiten und führt Forschung und Praxis zusammen. Es ist zu wünschen, dass die Politik weiter mithilft, hoch qualifizierte fachspezifische Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen in Frankfurt am Main und in der Region zu etablieren und auszubauen. Das House of Finance, die Frankfurt School of Finance & Management, die European Business School (EBS) in Oestrich-Winkel, die Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung (WHU) sowie die zahlreichen weiteren Universitäten und Fachhochschulen im Umfeld bieten hierfür eine sehr gute Basis. Wirtschaft als Schulthema Das Interesse an Wirtschafts- und Finanzfragen sollte frühzeitig geweckt werden. Auch dies ist ein Ansatz zur Stärkung des Finanzplatzes. Eine Umfrage des Bankenverbandes unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat gezeigt, dass sich diese erheblicher Wissensdefizite bei Wirtschafts- und Finanzfragen bewusst sind und sich gleichzeitig mit großer Mehrheit wünschen, in der Schule mehr über wirtschaftliche Zusammenhänge zu erfahren. Acht von zehn Befragten haben sich dafür ausgesprochen, ein eigenes Fach Wirtschaft einzuführen. Wir sehen dies als Bestätigung der Auffassung des Bankenverbandes, dass Wirtschaftsund Finanzbildung ein wichtiger Teil der Allgemeinbildung ist. Die erweiterte Aufnahme dieser Themen in das schulische Curriculum fördert den mündigen Umgang mit Geldund Vermögensfragen, schafft frühzeitig Bewusstsein für langfristige Aufgaben wie die Altersvorsorge und hilft, Verständnis für die Arbeit von Banken zu schaffen. Auch die Chance, Jugendliche frühzeitig für eine berufliche Aufgabe im Finanzsektor zu interessieren, sollte nicht vergeben werden, denn für den Erfolg der Zukunft sind Banken im internationalen Wettbewerb auf ein großes Potenzial motivierter, hoch qualifizierter Nachwuchskräfte angewiesen. Der Bankenverband Hessen e. V. engagiert sich als berufsständische Organisation im schulischen Umfeld seit langem mit Seminaren zur Lehrerfortbildung und organisiert Begegnungen zwischen Schulleitern und Bankern. Er trägt so dazu bei, dass schon im schulischen Rahmen Wissensgrundlagen gelegt werden können. Frankfurt am Main verfügt über eine im internationalen Vergleich in vielerlei Hinsicht hervorragende Infrastruktur. Die optimale Verkehrsanbindung über Flughafen, Autobahnen und ICE-Trassen zählt zu den Stärken des Standortes. Auch die Qualität des kulturellen Angebots und die der Freizeiteinrichtungen sind wichtige Standortfaktoren. Nicht zuletzt ist die Verfügbarkeit geeigneten Wohnraumes eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung des Finanzplatzes. Die Politik hat hier die Aufgabe, in regionaler Zusammenarbeit das in der Vergangenheit Erreichte auszubauen und in den Anstrengungen zu weiteren Verbesserungen nicht nachzulassen. Der Finanzsektor ist für die deutsche Wirtschaft und insbesondere den Wirtschaftsstandort Frankfurt von zentraler Bedeutung. Eine Politik, die es sich zur Aufgabe macht, die Leistungsfähigkeit von Banken zu erhalten und zu steigern, dient damit ganz wesentlich dem Wachstum und der Beschäftigung. Ansatzpunkte bestehen in vielen Politikbereichen, von denen hier nur einige angesprochen werden konnten. Nur wenn weiterhin umfassende Anstrengungen unternommen werden, die Leistungsfähigkeit des Finanzplatzes Frankfurt zu sichern und zu steigern, kann es gelingen, seine herausgehobene Position im internationalen Wettbewerb zu behaupten. nance“ zusammen, um die interdisziplinäre Forschung und Ausbildung in den Bereichen Finanzen, Währung und Unternehmensrecht zu intensivieren. Das neue House of Finance, das als vorbildliches Projekt einer Public Private Partnership zwischen Universität und zahlreichen Banken wie auch Unternehmen gelten darf, führt eindrucksvoll die Frankfurter Tradition der Stiftung in zeitgemäßer Form weiter. Seit über 50 Jahren hat zudem die Frankfurt School of Finance & Management ihren Sitz in Frankfurt. Ursprünglich von privaten Banken als Einrichtung zur Weiterbildung errichtet, bietet die Frankfurt School heute ihr Angebot mittlerweile an fast 90 Standorten in Deutschland an und ist auch international mit diversen Beteiligungen engagiert – bis nach Shanghai. Auf ihrem Programm steht ein Promotionsstudiengang genauso wie die berufsbegleitende Weiterbildung für Bankpraktiker. Die Frankfurt School leistet damit einen wichtigen Beitrag, qualifizierten, motivierten und praxisorientierten Nachwuchs auszubilden. Räumliche Nähe vorteilhaft Vielfalt und Wettbewerb in der Finanzbildung sind somit in Frankfurt keine Fremdworte. Dabei hat die „kleinste Metropole der Welt“ einen weiteren, erheblichen Standortvorteil: Die räumliche Nähe von Finanzdienstleistern zu Ausbildungs- und Forschungsinstituten bietet eine ausgezeichnete Chance zum fruchtbaren Austausch zwischen Theorie und Praxis, zwischen Wissenschaftlern, Studenten und Bankern. Wohl nur an wenigen Orten können junge Bachelor- und Master-Studenten so zielgerichtet sowohl ihren Hochschulabschluss erwerben als auch berufliche Erfahrung sammeln. Bei der Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis ist Frankfurt also schon sehr weit. So hat etwa der von der Commerzbank gestiftete Lehrstuhl für Mittelstandsfinanzierung bei der Frankfurt School of Finance & Management das Ziel, Herausforderungen der Finanzierung von mit- telständischen Unternehmen aus Sicht der Kapitalgeber und -nehmer zu erforschen. „Mehrwert“ für Praktiker Aber auch den Praktikern bringt der direkte Austausch mit Wissenschaft und Forschung einen „Mehrwert“. Gerade mit der persönlichen Erfahrung als Honorarprofessor kann ich bestätigen, dass der Kontakt mit jungen Studenten und Wissenschaftlern auch einem „gestandenen“ Banker neue Einsichten und Blickwinkel vermittelt. Welche Erwartungen hat aber ein Praktiker der Bankwirtschaft an Forschung und Wissenschaft? Um es auf den Punkt zu bringen: möglichst zeit- und anwendungsnahe Ergebnisse und eine verständliche Darstellung. So werden beispielsweise die aktuellen Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten sicherlich in den Wissenschaften intensiv erforscht und mit anderen Krisen verglichen werden. Welche Zusammenhänge bestehen etwa zwischen Regulierung, „Anreizsystemen“ und Stabilität der Finanzmärkte? Eine rasche und klare Analyse könnte helfen, geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung des Vertrauens in die Finanzmärkte zu ergreifen. Und möglicherweise würde nebenbei sogar ein neues Licht auf die Vorzüge des deutschen Universalbankensystems geworfen. Verständlich vermitteln Vielleicht könnten zudem wissenschaftliche Erkenntnisse künftig mehr als bisher in einfacher, verständlicher Sprache vor allem der außeruniversitären Öffentlichkeit vermittelt werden. Hierzu leistet bereits das Geldmuseum der Deutschen Bundesbank, das die Kulturgeschichte des Geldes und die Bedeutung der Geldwertstabilität anschaulich präsentiert, einen wichtigen Beitrag. Wie können wir aber noch mehr Menschen erreichen? Denn es gilt, die finanzielle Allgemeinbildung der Bevölkerung zu verbessern. Was Fortsetzung Seite B 8 B 6 Börsen-Zeitung Nr. 113 Sonderbeilage Sonnabend, 14. Juni 2008 Wirtschaftliche Einheit stärkt regionalen Sparkassenverbund Stärken können am Finanzplatz Frankfurt optimal ausgespielt werden – „Neues Verbundkonzept“ setzt Maßstäbe Unternehmenssparten Großkunden und Investment Banking, Privatkunden und Mittelstandsgeschäft sowie öffentliches Förder- und Infrastrukturgeschäft hat sich erneut bewährt. Ein wichtiger Erfolgsfaktor des Geschäftsmodells ist die intensive Zusammenarbeit der Sparkassen in Hessen und Thüringen und der Helaba im PrivatkundenVon und MittelstandsgeGünther Merl schäft. Durch das „Neue Verbundkonzept“ wurden 2003 die Rahmenbedingungen für diese Zusammenarbeit geschafVorstandsvorsitzender fen. Das Verbundkonzept basiert auf einer der Landesbank Satzung und damit auf Hessen-Thüringen einer gesetzlichen (Helaba) Grundlage. Dadurch präsentieren sich die SparDie Helaba hat das Geschäftsjahr kassen in Hessen und Thüringen 2007 trotz Bewertungsbelastungen und die Helaba als leistungsstarke Fiaufgrund der turbulenten Marktver- nanzgruppe, die wie ein Akteur am hältnisse mit einem Konzernjahreser- Markt auftritt. Die Verbundpartner decken in gebnis von 353 Mill. Euro nahezu auf Vorjahresniveau abgeschlossen. Hessen und Thüringen einen HeimatNicht zuletzt profitierte der Konzern markt mit über 10 Millionen Einwohdavon, dass von den traditionell kon- nern ab. Die Region erreicht mit eiservativen Grundsätzen zur Liqui- ner Wirtschaftskraft (BIP) von ca. ditätssteuerung, Risikotragfähigkeit 300 Mrd. Euro eine auch im europäiund praktiziertem Risikomanage- schen Kontext relevante Dimension – vergleichbar mit mittleren Ländern ment nicht abgewichen wurde. Aufgrund des hohen Gewichtes der Europäischen Union wie Schwedes Kundengeschäftes, das sich dyna- den, Österreich, Polen und Griechenmisch entwickelt, hat das Institut we- land. In dieser Wachstumsregion ist der in noch außerhalb der Bilanz zur die Sparkassen-Finanzgruppe HesErtragsverbesserung großvolumig sen-Thüringen Marktführer. GemeinKreditersatzgeschäfte getätigt. Da- sames Ziel ist es, die Marktführerdurch konnte die Helaba ihre Markt- schaft durch die konsequente Ausposition in den wesentlichen Kernge- schöpfung von Verbundvorteilen schäftsfeldern weiter ausbauen. Zu- weiter auszubauen. Kernelement des Verbundkonsammengefasst: Das Geschäftsmodell mit seinem Mix aus Wholesale- zepts ist das Geschäftsmodell der und Retailgeschäft und seinen drei wirtschaftlichen Einheit zwischen Börsen-Zeitung, 14.6.2008 Der Finanzplatz Frankfurt stand im Jahr 2007 und im ersten Halbjahr 2008 unter dem Eindruck der Finanzmarktkrise. Die Folgen, insbesondere die Liquiditätsknappheit, betreffen alle Akteure am Finanzplatz. der Helaba und den Sparkassen in Hessen und Thüringen. Die vier Pfeiler der wirtschaftlichen Einheit sind der gemeinsame Marktauftritt, ein integriertes Risikomanagement, ein regionaler Haftungsverbund und die Verbundrechenschaftslegung. Der abgestimmte arbeitsteilige Marktauftritt ist geprägt durch eine klare Regelung der Kundenzuständigkeit und eine abgestimmte Produktpalette. Das gemeinsame Risikomanagement erfolgt auf Basis einer einheitlichen Risikostrategie und eines gemeinsamen Risikomonitorings mit Frühwarnfunktion. Die Risikostrategie wird von allen Mitgliedsinstituten der Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen praktiziert. Abgerundet wird das Risikomanagementsystem durch einen gemeinsamen von Landesbank und Sparkassen getragenen Haftungsfonds. Dieser besteht zusätzlich und unabhängig neben den Sicherungseinrichtungen der deutschen Sparkassenorganisation auf Bundesebene. Er entfaltet nicht nur instituts-, sondern auch gläubigerschützende Wirkungen; der Umfang des Fonds beträgt aktuell rund 620 Mill. Euro. Positiver Ratingausblick Den vierten Pfeiler bildet die Verbundrechenschaftslegung. Sie beinhaltet eine Bilanz, eine Gewinn- und Verlustrechnung, einen Lagebericht und einen Risikobericht. Auf Basis dieser konsolidierten Zahlen hat die Sparkassen-Finanzgruppe HessenThüringen positive Bonitätseinstufungen der Ratingagenturen Fitch und Standard & Poor’s erhalten. Insbesondere das Fitch-Rating von „A +“ ist ein echtes Verbund-Rating, das im Rahmen der Kapitalmarktaktivitäten von jeder einzelnen Verbundsparkasse genutzt werden kann. Standard & Poor’s hat noch im April für die Helaba und die Sparkassen in Hessen und Thüringen ein „A“/„A-1“-Rating bestätigt. Der Ratingausblick bleibt positiv. Die Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen hat mit dem „Neuen Verbundkonzept“ Maßstäbe für die Zusammenarbeit von rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmen in Verbünden der Kreditwirtschaft in Deutschland gesetzt. Der Helaba kommt bei dem weiteren Ausbau des Verbundes unverändert eine wichtige Funktion zu. Sie gewährleistet als Sparkassenverbundbank die Entwicklung und den Vertrieb wettbewerbsgerechter Produkte. Darüber hinaus intensiviert sie die kooperative Marktbearbeitung mit den Sparkassen mit dem Ziel, den Marktanteil der Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen im Firmen- und Privatkundengeschäft weiter auszubauen. In den ersten Jahren wurde die Produkt- und Dienstleistungspalette innerhalb des Verbunds erheblich ausgeweitet: Im Privatkundengeschäft hat sich die Helaba beispielsweise zu einem Komplettanbieter entwickelt. Im aufstrebenden Zertifikatemarkt erhalten die Sparkassen neben attraktiven Kundenprodukten zusätzlich die Möglichkeit, diese Gelder in der eigenen Bilanz zu halten und so Mittelabflüsse zu verhindern. Als Dienstleister kann die Helaba alle am Markt verfügbaren Zertifikatestrukturen maßgeschneidert auf die Bedürfnisse einzelner sowie mehrerer Sparkassen anbieten. Mit diesen innovativen Konzepten hat sie mittlerweile ein Alleinstellungsmerk- mal in der Sparkassen-Finanzgruppe erreicht. Im Eigengeschäft bietet die Helaba neben den klassischen Produktfeldern den Sparkassen einen umfassenden Beratungsansatz im Bilanzstrukturmanagement und zur Risikosteuerung. Vor diesem Hintergrund hat die Helaba in den Jahren 2004 und 2005 die beiden regionalen Sparkassen-Kreditpools HessenThüringen I und II aufgelegt, an denen sich 22 Sparkassen mit einem Gesamtvolumen von rund 100 Mill. Euro beteiligt haben. Basierend auf den regionalen Erfahrungen hat die Helaba gemeinsam mit weiteren Landesbanken im letzten Jahr bereits den vierten und mittlerweile bundesweiten Kreditpool – Sparkassen-Kreditbasket IV – mit einem Poolvolumen von 196,1 Mill. Euro initiiert. An der Transaktion haben sich 47 Sparkassen aus dem gesamten Bundesgebiet beteiligt. Somit handelte es sich um die bis dato größte Transaktion im Sparkassensektor. Pläne für den Vertrieb Der Schwerpunkt der Verbundzusammenarbeit im Firmenkundengeschäft liegt nach dem Ausbau der Produktpalette zukünftig im gemeinsamen Vertrieb. Im Vordergrund steht der Auf- und Ausbau einer gemeinsamen Marktbearbeitung mit Blick auf die zentrale Kundengruppe Mittelstand. Die Kundenzuständigkeit für das Mittelstandsgeschäft ist im Rahmen des Verbundkonzepts klar geregelt und liegt bei den Sparkassen. Sie verfügen über einen hohen Grad an Marktpräsenz und Marktkenntnis, sind regional stark verwurzelt und nah an den Bedürfnissen der kleinen und mittelgroßen Unternehmen. Durch die Zusammenarbeit mit der Helaba profitieren die Kunden der Sparkassen von einem Leistungsspektrum, das dem einer Großbank vergleichbar ist. Die Nähe zu den Kunden und die regionale Verbundenheit der Sparkasse kombiniert mit dem Produkt-Know-how und der Internationalität der Helaba bringt zwei Kompetenzen zueinander, die Unternehmenskunden honorieren. In dieser Kundengruppe wollen die Verbundpartner künftig bei der gemeinsamen Marktbearbeitung ein Marktsegment fokussieren. Besonders bei Firmenkunden mit einem Umsatzvolumen von 20 bis 250 Mill. Euro sehen die Verbundpartner noch erhebliches Marktpotenzial. Zurzeit wird gemeinsam im Verbund ein Konzept für dieses Kundensegment entwickelt. Die Potenziale in diesem Geschäftsfeld hat die Helaba früh erkannt. Bereits 2006 hat das Institut gemeinsam mit der Frankfurter Sparkasse ein Betreuungskonzept für das Geschäftsfeld Unternehmenskunden mit dem Fokus auf große mittelständische Unternehmen eingeführt. Dazu wurden drei Kundenteams gebildet, die jeweils für eine klar definierte Region zuständig sind. Die Betreuungsspanne wurde bewusst niedrig angesetzt, um den besonderen Anforderungen der Unternehmen nach persönlicher Betreuung und dem Cross-Selling-Anspruch der Bank Rechnung zu tragen. Der einzelne Zielkundenmanager ist produktübergreifend für die gesamte Kundenbeziehung zuständig. Bei komplexeren Fragen werden Produktspezialisten der Helaba und der Sparkasse hinzugezogen. Zudem verfügt die Helaba mit der Abteilung Kapitalmarktmanagement Mittelstand über ein Kompetenzcenter, das sich auf die Entwicklung spezieller Produkte für mittelständische Unternehmen konzentriert. Zahlen sprechen für sich Der Erfolg des Verbunds lässt sich nicht nur an dem stetigen Anstieg des Jahresüberschusses ablesen. Die gemeinsame Verbundrechenschaftslegung für das Jahr 2006 weist beim Jahresüberschuss eine Erhöhung von 23,9 % auf 435 Mill. Euro auf. Die Verbundquote spricht eine ebenso deutliche Sprache: Obwohl es nach dem Statut des neuen Verbundkonzepts keinen Kontrahierungszwang gibt und sich die Helaba im Wettbewerb mit anderen Anbietern inner- und außerhalb der Sparkassenorganisation bewegt, erreichte die Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen 2007 eine Verbundquote von 76 %. Das bedeutet, dass die Sparkassen in mehr als drei Viertel der Fälle, in denen sie Leistungen der Helaba in Anspruch nehmen konnten, dies auch getan ha- ben. Das ist ein bemerkenswertes Resultat. Gemeinsames Ziel ist es, die Verbundzusammenarbeit auf diesem hohen Niveau zu stabilisieren. Die Verbundbank spielt eine wichtige Rolle im Geschäftsmodell der Helaba, das Wholesale- und Retailgeschäft über die Zusammenarbeit im Verbund und durch eigene Marktaktivitäten miteinander verzahnt. Dadurch verfügen die Sparkassen und die Helaba über ein breites, diversifiziertes Geschäftsportfolio und ein starkes Standbein im Primärgeschäft ihrer Heimatregion. Das hat sich als Vorteil in der aktuellen Finanzkrise erwiesen. Denn hier zeigte sich, dass Banken mit einem gemischten Geschäftsportfolio weniger anfällig für Marktschwankungen sind. Neben der Verbundbank zählen zur Unternehmenssparte Privatkunden- und Mittelstandsgeschäft der Helaba zusätzlich die Frankfurter Sparkasse, die 1822 direkt und die LBS. Im Konzern betreut die Helaba mehr als 1,8 Millionen Privatkunden und zählt damit zu den zehn führenden Retail-Banken in Deutschland. Über die Sparkassen in Hessen und Thüringen verfügt der Konzern über ein indirektes Kundenvolumen von über 5 Millionen. Für die Helaba ist das Geschäftsmodell einer europäischen Regionalbank mit internationaler Reichweite ein Erfolgsmodell. Dafür sprechen die kontinuierlich positiven Geschäftszahlen der Sparkassen-Finanzgruppe in Hessen-Thüringen insgesamt. Das Geschäftsmodell ist nicht als Blaupause für andere Landesbanken entwickelt worden. Es ist vielmehr die Antwort auf die Frage, wie Landesbanken und Sparkassen sowohl in einem wettbewerbsintensiven und wachstumsstarken Ballungsraum wie dem Rhein-Main-Gebiet als auch in der Fläche erfolgreich zusammenarbeiten können. Der Finanzplatz Frankfurt und der Kernmarkt Hessen-Thüringen bieten eine gute Basis, das Geschäftsmodell der Helaba als europäische Regionalbank mit internationaler Reichweite weiter auszubauen. Voraussetzung für den dauerhaften Erfolg eines solchen Geschäftsmodells war und ist, dass innerhalb der Sparkassenorganisation unvoreingenommen über traditionelle Arbeitsteilungen nachgedacht werden kann. Beachtliche Präsenz Die Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen kann ihre Stärken am Finanzplatz Frankfurt optimal ausspielen. Aufgrund der starken Präsenz durch die Verbundunternehmen Helaba, Frankfurter Sparkasse und die LBS ist sie ein bedeutender Partner sowohl für die Akteure am Finanzplatz als auch für die Kunden in der Region. Das große Gewicht am Finanzplatz wird unterstützt durch die intensive Zusammenarbeit mit den zahlreichen Gemeinschaftsunternehmen der bundesweiten Sparkassen-Finanzgruppe. Denn in Deutschland gibt es keinen anderen Platz, an dem eine so große Dichte an bedeutenden Unternehmen der Sparkassenorganisation anzutreffen ist wie am Finanzplatz Frankfurt. Zu diesen Unternehmen der S-Finanzgruppe zählt die DekaBank als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation für das Investmentfondsgeschäft. Ebenso am Finanzplatz Frankfurt sitzen die Sparkasseninformatik, einer der größten IT-Dienstleister der europäischen Finanzbranche, und die Deutsche Leasing AG, ein international agierender Finanz- und Servicedienstleister. Die Sparkassenorganisation ist außerdem zu 50 % an der Deutschen WertpapierService Bank AG, einer führenden Transaktionsbank für Wertpapierabwicklung, beteiligt. Vor den Toren Frankfurts, in Wiesbaden, hat mit der Onlinehandelsplattform S-Broker eine weitere zentrale Einrichtung der Sparkassenorganisation ihren Sitz. Damit trägt die Finanzgruppe wesentlich zur Rolle Frankfurts als zentralem Finanzplatz Deutschlands von internationaler Bedeutung bei. Die hohe Dichte an Finanzdienstleistungsunternehmen, die gute Infrastruktur und nicht zuletzt das attraktive wirtschaftliche Umfeld bieten günstige Rahmenbedingungen für die Geschäftstätigkeit. Gleichzeitig spielt die S-Finanzgruppe eine wichtige Rolle als Arbeitgeber, Ausbilder und nicht zuletzt auch Steuerzahler in der Region. Durch gesellschaftliches Engagement tragen die Unternehmen des Verbundes dazu bei, die Lebensqualität in der Region zu steigern und die Attraktivität des Finanzplatzes weiter zu stärken. B 8 Börsen-Zeitung Nr. 113 Sonderbeilage Sonnabend, 14. Juni 2008 Wir müssen Lokalpatrioten sein Nur wer an sich selbst glaubt, wird auch andere von sich überzeugen – Akteure sollten sich stärker und selbstbewusster als Botschafter Frankfurts verstehen Börsen-Zeitung, 14.6.2008 Die Frage nach der Standortbestimmung Frankfurts im globalen Konzert der Metropolregionen ist untrennbar mit der Geschichte Frankfurts verbunden. Bereits im Mittelalter machte Frankfurt als Krönungsort deutscher Kaiser und als bedeutender Handelsplatz von sich reden. Durch den Status als „Freie Reichsstadt“ entwickelte sich hier vielleicht früher als andernorts auch eine Art Lokalpatriotismus. Die hohe Bedeutung und die wechselvolle Geschichte der Stadt haben es von daher schon immer mit sich gebracht, sche Börse, die aus der Auseinandersetzung mit kritischen Aktionären bemerkenswert leistungsstark hervorgegangen ist. Ihr beschlossener Umzug nach Eschborn ist zwar von symbolischer Bedeutung, nicht aber von faktischer, weil die Stadt im Sichtfeld der Skyline der Mainmetropole unbestreitbar Teil der Region FrankfurtRheinMain ist. City of the Euro Des Weiteren zieht Frankfurt als der Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) einen unbestreitbaren Nutzen, auch wenn die EZB eine gewisse Standortneutralität wahrt. Dies geziemt der Von EZB, doch die FrankfurHans-Joachim ter Bankenwelt zählte Tonnellier die Hüter des Euro gerne ein wenig mehr zu den Ihren. Wie zu Präsident der Indusden Zeiten der Bundestrie- und Handelsbank ist das Codewort kammer Frankfurt „Frankfurt“ europa- und am Main und Vorstandsvorsitzender der weltweit ein Synonym für Stabilität. Mit jeder Frankfurter Volksbank Zeitungsmeldung, jedem Fernsehbericht dass Frankfurt immer wieder seine über die Entscheidungen der ZentralRolle nach außen und innen neu fin- banker verbindet sich das Bild des Frankfurter Finanzplatzes als Hort eiden musste. Frankfurts Stärken aufzuzählen ner starken und stabilen europäiist eigentlich müßig, weil sie ohne- schen Währung: Die geldpolitische hin faktisch unbestritten und theore- Weitsicht der Zentralbanker strahlt tisch unbestreitbar sind. Aktuell defi- ihren Glanz immer auch auf die niert sich Frankfurt über Begriffe Stadt des Sitzes der Zentralbank ab, wie Verkehrsdrehscheibe Rhein- Frankfurt wird zur internationalen Main, internationaler Unterneh- Chiffre für eine kraftvolle europäimensmix, Standort zahlreicher sche Währung. Zugleich erweist sich Hochschulen und Qualität des Umfel- der Frankfurter Magistrat als aufdes. Zudem befindet sich der Finanz- merksamer und umsichtiger Gastgeplatz Frankfurt trotz Finanzkrise ber für die EZB. So unbestritten also die Pfunde heute grundsätzlich in einer guten sind, mit denen Frankfurt nach wie Verfassung. Im Vergleich zu anderen deut- vor wuchern kann, umso aufmerksaschen Standorten hat Frankfurt in mer sollte man sich den kleineren den vergangenen Jahren nichts von Schwächen widmen, um sie so bald seiner herausragenden Position ein- wie möglich wieder in Stärken zu gebüßt. Dies gilt auch für die Deut- verwandeln. Wichtig wäre es – Frankfurts Ehrenbürger Friedrich von Metzler wird ja nicht müde, es zu betonen –, das Selbstbewusstsein der Stadt dauerhaft zu stärken. Es ist trotz der langen, aber eben auch lange unterbrochenen Historie des Finanzplatzes erst in den letzten zwei oder drei Jahrzehnten wieder aufgeblüht. Ein wichtiges Augenmerk für die internationale Innovationsfähigkeit im Vergleich zu anderen weltweiten Finanzplätzen sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Für den Finanzplatz Frankfurt gilt es zu konstatieren, dass der erhoffte Schub aus einer Reihe von Produkt- und Marktinnovationen bisher ausgeblieben ist. Die Kapitalmarktgängigkeit von Immobilienportfolien ist zwar in aller Munde, aber Real Estate Investment Trusts (Reits) sind bis auf Ausnahmen nicht auf dem Kurszettel anzutreffen. Ähnliches ist über die Einführung der Hedgefonds am deutschen Markt zu sagen. Wenig ist in diesem Segment geschehen, obwohl oder vielleicht gerade weil alle gesetzlichen Hürden am Ende sauber genommen wurden. Gerade das Beispiel der Hedgefonds zeigt, dass Märkte sich oft schneller entwickeln, als der Gesetzgeber mithalten kann. Zum Dauerthema ist auch die Abwanderung der Zulassung von Investmentfonds nach Luxemburg oder Dublin geworden. Der Strom des Geschäfts ist kaum umzudrehen, selbst wenn mittlerweile die materiellen Unterschiede zwischen den Zulassungsverfahren für neue Fonds weitgehend beseitigt sind. Offen für Neuankömmlinge Neben diesen messbaren Marktentwicklungen und geschäftlichen Erfolgen von Unternehmen macht auch eine soziale Dimension die Attraktivität eines Standorts aus. Was eine Stadt im Inneren zusammenhält, ist zwar selten genau zu greifen. Wer aber an unterschiedlichen Finanzplätzen Erfahrungen macht, stellt die „weichen Faktoren“ als individuelle und wichtige Komponente fest. Wie offen die Alteingesessenen mit den Neuankömmlingen umgehen, welche Bedeutung steuerliche Unterschiede haben, wie wichtig eine passende Schule ist und welche kulturellen Erfahrungen und Erlebnisse eine Region eröffnet – das sind Aspekte, die für Karrieren wie für Standorte wichtig sind. Frankfurt dürfte dabei nicht schlecht abschneiden. Wenn vielleicht auch die Netzwerke der Banker untereinander hier nicht so ausgeprägt sind wie in London oder Luxemburg, in Singapur oder in Hongkong, am kulturellen Angebot kann das nicht liegen, denn damit kann Frankfurt sich international sehen lassen. Sozialer Zusammenhalt in Frankfurt wird dadurch erschwert, dass es in der City selbst zu wenig gehobenen Wohnraum gibt und das Privatleben nach Börsenschluss eher im Taunus stattfindet. Der soziokulturelle Leim, der die Menschen an einem Platz zusammenhält, könnte am Main zusätzlich sicherlich noch kräftigere Bindungskraft entfalten. Westen als aus dem Osten kommen. Russland, die Emirate, Singapur, China – das sind die neuen Quellorte des Kapitals, das in Europa nach Anlagemöglichkeiten sucht. Die bisher dominante Rolle Amerikas, bereits durch das Doppeldefizit in Mitleidenschaft gezogen, wird möglicherweise heute schon durch staatliche und private Kapitalgeber aus Asien und dem Mittleren Osten umrahmt. In der Bankenkrise ist frisches Geld in hohem Maß bereits aus diesen Ländern geflossen, in Europas Industrie treten Unternehmer aus den genannten Ländern vermehrt als neue Eigentümer an. Daher nochmals: Ein Finanzplatz in Europa und jedes der dort tätigen Institute muss sich der Frage stellen, in welcher Weise diese neuen Finanzströme hierhin oder über diesen „Frankfurt hat als Finanzplatz eine reiche Tradition, in der Verlässlichkeit eine große Rolle gespielt hat.“ Marktanteile gutmachen Im Anschluss an das Kapitel offenkundiger Vor- und Nachteile Frankfurts öffnet sich der Blick für die künftigen Herausforderungen. Was muss der Finanzplatz tun, um seine Position zu halten und auszubauen? Woher werden die Wachstumspotenziale kommen? Ist es denkbar, dass Frankfurt aufgrund einer weiteren Konzentration der Banken im Inlandsmarkt, aufgrund eines Konjunkturaufschwungs der inländischen Wirtschaft oder aufgrund von Sprüngen in Produkten oder Technologie noch einmal in eine neue Dimension wächst? Dafür gibt es zumindest im Moment keine Anzeichen. Aber selbst wenn ein so beachtliches Wachstum von innen heraus stattfände, wäre es unrealistisch, sich mit Plätzen wie London, New York, Hongkong oder Singapur zu vergleichen. Der Fokus für Frankfurt sollte zunächst klar auf dem Vergleich mit europäischen Wettbewerbern liegen. Paris hat vor kurzem die Börsenbrücke in die USA geschlagen, Luxemburg bleibt auf dem Kontinent die Fondshauptstadt, Wien hat im Osteuropageschäft die Nase vorne und andere wie Amsterdam mit starker Versicherungsbasis und Zürich als Private-Banking-Zentrum haben sich Standortprofile geschaffen, die über den jeweiligen nationalen Markt hinaus wirken. Für Frankfurt wäre es wenig weitsichtig, angesichts einer solchen Wettbewerbslage nur auf die bestehenden eigenen Stärken hinzuweisen. Vielmehr empfiehlt es sich zu sondieren, wie sich die Finanzströme verändern werden und wie Frankfurt dabei Marktanteile gutmachen kann. Neue Quellorte des Kapitals Nicht vergessen darf man, dass die dominanten Akteure am internationalen Kapitalmarkt und bei den Banken nach vorherrschender Meinung in Zukunft weniger aus dem Platz geleitet werden können. Für Frankfurt eine geeignete Antwort zu geben, sollte eine ernste Anstrengung von Praktikern und Wissenschaftlern wert sein. Ein entschiedenes Marketing für den Finanzplatz Frankfurt ist auf jeden Fall ratsam. In der Vergangenheit hat es an dieser Stelle zwar nicht am guten Willen gefehlt, doch war so manche Aktion durch zu viele gegenseitige Rücksichtnahmen behindert. Mit der Initiative „Frankfurt Main Finance“, zu der die IHK Frankfurt ihren Beitrag leistet, haben namhafte Akteure am Finanzplatz den richtigen Anstoß gegeben. Das internationale Marketing für Frankfurt muss kraftvoll die Akteure an den etablierten und den neuen Kapitalzentren gewinnen. Für eine solche Kampagne sollten sich das Land Hessen, aber auch die Institute am Finanzplatz ideell und materiell engagieren. Erfolge nachweisen Wie könnte Frankfurt in einer solchen Kampagne punkten? Zunächst muss Frankfurt sein Leistungsniveau und seine Kompetenz anschaulich erläutern, muss als Finanzplatz der Erfolge erkennbar werden. Mögen die Erfolge in der Dichte der Produktspezialisten, in der Verlässlichkeit des deutschen Kapitalmarktrechts, in der Aufsicht oder in der Innovationskraft für die Finanzierung komplexer Risiken liegen – entscheidend ist der Nachweis von tatsächlichen Erfolgen der Marktteilnehmer. Sodann sollte Frankfurt als Ort der besonderen Verlässlichkeit präsentiert werden. Wer als internationaler Anleger sein Vermögen anlegt, wird auf Verlässlichkeit des Anlageziels mindestens so viel Wert legen wie auf Rendite, Innovation und Kompetenz. Welche Botschaft erzählt man sich in Moskau und Peking, in Dubai und Singapur über Frankfurt? Und wie steht das, was man sich dort erzählt, im Verhältnis zu dem, was man dort von Paris und Dublin, von Mailand und Wien hört? Die Botschaft der Verlässlichkeit wäre eine, die auf jeden Fall relevant ist und sicher auch eine starke Abgrenzung zu anderen Finanzplätzen rechtfertigen könnte. Frankfurt hat als Finanzplatz eine reiche Tradition, in der Verlässlichkeit eine große Rolle gespielt hat. Eine weitere Botschaft, die Frankfurt aussenden sollte, ist das Willkommensein. Frankfurt als Messestadt hat eine jahrhundertealte Tradition als internationale und nationale Begegnungsstätte. In der Stadt der Paulskirche als Wiege der deutschen Demokratie haben freier Diskurs und vorbehaltloser Meinungsaustausch eine bis heute lebendige Tradition. In kaum einer anderen deutschen Metropole begegnet man Fremden und Neubürgern, Ausländern und Zugereisten so vorurteilsfrei wie in Frankfurt: Weil fast keiner der Akteure – Ausnahmen bestätigen die Regel – aus Frankfurt stammt, heißt man auch jeden anderen schnell willkommen. Diese große Stärke der Frankfurter Toleranz wäre eine der wichtigen Botschaften, die man auch nach außen selbstbewusst kommunizieren sollte. Europäische Weitläufigkeit Eine weitere Stärke ist der Überblick. Wer aus der Ferne kommend einen Finanzplatz in Europa auswählt, sollte von dort aus in der Lage sein, den größtmöglichen Überblick über die wichtigen Teile und Themen Europas zu haben. Europäische Weitläufigkeit ist ein Standortfaktor, der für neues Kapital aus der Ferne eine hohe Anziehung haben wird. Frankfurt hat mit der EZB den Überblick über die europäische Geld- und Zinspolitik bereits in der Stadt angesiedelt. Dieser Standortvorteil muss mehr als bisher genutzt werden, indem Frankfurt stärker über Europa Auskunft gibt. Um in den neuen Kapitalströmen eine führende Rolle einzunehmen, muss Frankfurt mehr leisten als „best execution“ und hohe Produktinnovation für den inländischen Markt. Frankfurt muss ein Standort sein, der aus den Hochhäusern und aus den Handelsräumen, vom Opernplatz und von Sachsenhausen aus den Kapitalgebern aus West und Ost den besten Blick auf Europa bietet. Die Voraussetzungen für ein weiteres Prosperieren des Finanzplatzes sind gut. Frankfurt hat sogar ein besseres Entwicklungspotenzial als die meisten vergleichbaren Finanzplätze. Stärker als bisher sollte das allgemeine Image von Stadt und Finanzplatz von dem Umstand geprägt werden, dass diese Stadt der Sitz der EZB und damit der Hort der Währungsstabilität für ganz Europa ist. Fast genauso wichtig scheint mir, dass die Akteure am hiesigen Finanzplatz stärker und selbstbewusster sich als Botschafter Frankfurts verstehen: Nur wer an sich selbst glaubt, wird auch andere von sich überzeugen. Lokalpatriotismus gepaart mit Internationalismus zählt zu den sympathischsten lässlichen Sünden. Qualifizierter Nachwuchs wichtiger denn je Fortsetzung von Seite B 5 nützen uns ausgeklügelte Finanzmarktgesetze und politische Initiativen zur Förderung der privaten Altersvorsorge, wenn Schüler und Verbraucher kaum die Chance haben, finanzielle Kenntnisse zu erwerben – etwa darüber, was Inflation ist und wie sich die Kaufkraftentwicklung in der Zukunft, zum Beispiel auf die Renten, auswirkt? Deutliches Manko Es ist ein großes Manko, dass ökonomische Bildung an den meisten deutschen Schulen nur am Rande, aber nicht systematisch als eigenes Fach unterrichtet wird. Wirtschaftliches und finanzielles Basiswissen ist aber unverzichtbar, wenn wir einerseits das Bild des mündigen und eigenverantwortlichen Bürgers ernst nehmen und andererseits die enorme Bedeutung von Wirtschaftsfragen für die heutige Gesellschaft bedenken. „Wirtschaft“ sollte daher bald ein eigenständiges Schulfach werden. Dabei geht es nicht darum, wirtschaftspolitische Meinungen in die Klassen zu tragen, sondern es geht um die sachliche Vermittlung von Hintergründen und Zusammenhängen. Viele Projekte und Initiativen zeigen, dass die meisten Lehrer das Thema Wirtschaft in der Schule sehr aufgeschlossen begleiten, und das, obwohl sie in ihrem Studium kaum eine Möglichkeit hatten, fundierte ökonomische Bildung zu erwerben. Mit einem Schulfach „Wirtschaft“ wäre nicht nur die nachhaltige Vermittlung ökonomischer Themen verbunden, sondern auch eine adäquate Lehrerausbildung. Aus dieser Überlegung heraus und um die Diskussion über ein eigenständiges Fach voranzutreiben, hat der Bankenverband vom Institut für Ökonomische Bildung in Oldenburg eine Konzeption für die ökonomische Bildung ausarbeiten lassen. Diese umfasst erstmals alle Jahrgangsstufen von der Grundschule bis zur Oberstufe sowie einen Entwurf für die wissenschaftliche Qualifikation der Lehrerinnen und Lehrer. Klar ist: Die immer noch verbreitete Einstellung „Über Geld spricht man nicht“ hilft nicht weiter. Ein solides Know-how in Wirtschafts- und Finanzfragen nützt vielmehr allen Beteiligten. Finanzielle Allgemeinbildung bedeutet auch Standortpolitik, denn ein leistungsfähiges und stabiles Geld-, Währungs- und Finanzsystem ist konstitutives Element und Lebensnerv jeder Volkswirtschaft. Es geht uns alle an Finanzielle Bildung und Allgemeinbildung gehen alle an – vom Wissenschaftler und Lehrer über den Banker bis hin zum Politiker und Verbraucher. Die Förderung der finanziellen Allgemeinbildung entwickelt sich nach meiner Vorstellung als eine Wissenskette, die wissenschaftliche Forschung, Finanzdienstleister, Politik, Schulen und Erwachsenenbildung zusammenführt. Frankfurt hat, mit der hier ansässigen Kompetenz und den vorhandenen Netzwerken, ausgezeichnete Ressourcen, diesen Prozess voranzutreiben, ja vorbildhaft und aktiv zu gestalten. Sonderbeilage Sonnabend, 14. Juni 2008 Börsen-Zeitung Nr. 113 B9 Ceiops legt das Fundament für eine künftige Aufsichtskultur Von Frankfurt aus wird europäische Aufsichtspolitik für den Versicherungs- und Pensionsfondsbereich mit globaler Ausstrahlung betrieben Horizont. Ihre Ertragslage hängt maßgeblich auch von den Entwicklungen an den nationalen und internationalen Kapitalmärkten ab, denen seit etwa einem Jahr die Subprime-Krise in den USA schwer zu schaffen macht. Im Zeitalter der Globalisierung und Verflechtung der Finanzmärkte bekommen wir die Verwerfungen in den USA ebenfalls auf dieser Seite des Atlantiks zu spüren. Auch wenn nach den gegenwärtig vorliegenden InVon formationen alles dafür Thomas Steffen spricht, dass der europäische Versicherungs- und Pensionsfondsbereich wegen der im Vergleich Ceiops-Vorsitzender zu Banken vergleichsund Exekutivdirektor weise geringen InvestiVersicherungsaufsicht tionen in strukturierte in der Bundesanstalt Papiere und insbesonfür Finanzdienstleisdere mit US-Subprimetungsaufsicht (BaFin) Risiken behafteten Anlagen nur in begrenztem hat. Ceiops – der Ausschuss der Ausmaß betroffen ist, sind die ArbeiStufe 3 des Lamfalussy-Verfahrens ten in Ceiops weiter auf das Thema für den Bereich des Versicherungs- Finanzstabilität konzentriert. Bei wesens und der betrieblichen Alters- der heutigen Dynamik und Kompleversorgung geht auf einen Einset- xität der Märkte wäre ein Zurücklehzungsbeschluss der EU-Kommission nen wie ein Rudern gegen den vom 5. November 2003 zurück – Strom. Ceiops will und muss seinen konnte sich von Anfang an weder europäischen Beitrag zur Sicherung Kindheit noch Kinderkrankheiten er- stabiler finanzieller Verhältnisse und lauben. Dazu ließen und lassen die fi- zur Erhaltung des Verbrauchervernanzaufsichtspolitischen Entwicklun- trauens in unseren Versicherungsgen in den letzten Jahren keine Zeit. märkten leisten. Das Ziel der Erreichung von mehr Von seinem angestammten Sitz in Frankfurt und damit aus dem Her- Konvergenz in der Aufsichtspraxis zen eines eher als Bankenplatz be- auf europäischer Ebene in den komkannten Standortes hat Ceiops sich menden Jahren folgt dabei nicht nur in der kurzen Zeit im Kreis der euro- der Einsicht der Ceiops-Mitglieder päischen und internationalen selbst. 14 Jahre nach einer tiefgreiFinanzdienstleistungsaufseher etab- fenden EU-Deregulierung zur Vollenliert und sich einen sehr guten, ver- dung des Versicherungsbinnenmarktes ist Konvergenz auch eine klare lässlichen Ruf erarbeitet. politische Vorgabe aller EU-Finanzminister. Die EU ist Heimat von circa Gespräche auf Augenhöhe 5 000 Versicherungsunternehmen Sparten und Am Finanzplatz Frankfurt werden unterschiedlicher eben nicht nur Banken- und Börsen- Rechtsformen, wobei international geschäfte geschlossen – von hier aktive Versicherungs- und Rückversiwird europäische Aufsichtspolitik cherungsgruppen (sogenannte Glofür den Versicherungs- und Pensions- bal Player) ebenso dazugehören wie fondsbereich mit globaler Ausstrah- kleinere, nur national oder nur in lung betrieben. Ceiops unterhält re- speziellen Geschäftsfeldern aktive gelmäßige und intensive Kontakte in Gesellschaften (sogenannte NischenForm von Aufsichtsdialogen mit den versicherer). zuständigen Stellen in bedeutenden Märkten wie USA und China sowie Kein Platz für „Inseldenken“ zum globalen Standardsetzer für Versicherungsaufsicht, der InternatioDiese Einheit in Vielfalt, die zunal Association of Insurance Supervi- gleich die Stärke des europäischen sors (IAIS) in Basel. Versicherungsbinnenmarktes ausMit den Aufsichtskollegen des macht, der mit einem Anteil von ca. größten Versicherungsmarktes der 35 % am Welt-Prämienaufkommen Welt, den USA, finden regelmäßige auf Augenhöhe mit Nordamerika und fruchtbare Gespräche auf Augen- (ca. 34 %) und Asien und Ozeanien höhe statt. Die Aufsichtswelt hat er- (ca. 23 %) steht, gilt es im Zuge des kannt, dass Europa und Ceiops mit erhöhten internationalen Konkurdem Projekt „Solvency II“, dem Paral- renz- und Margendruckes aufgrund lelprojekt von Basel II im Bankenbe- der Globalisierung und der zunehreich, einen globalen Standard menden Verflechtung internationaschreiben, der die Grundlage für ler Finanz- und Kapitalmärkte zu eine künftige gegenseitige Anerken- stärken. Effizienzsteigerungen in nung der globalen Aufsichtsregime Aufsichtssystem und Aufsichtspraxis bilden könnte. Von Frankfurt aus sind eine berechtigte Forderung der tritt Ceiops neben einer hohen euro- Industrie. Wir spüren seit einigen päischen Konvergenz aktiv für die- Jahren auf globaler Ebene nicht nur ses Langfristziel einer zunehmend einen zunehmenden Wettbewerb globalen Konvergenz der Aufsicht der jeweiligen Versicherungsindusein. trien (der sogenannten Major Markets), sondern auch der Aufsichtssysteme selbst. Dies erleben die Divergenz war vorgestern Ceiops-Mitglieder regelmäßig minDas Wort „Konvergenz“ kommt destens alle vier Monate in den Disaus dem Lateinischen und bedeutet kussionen mit ihren Kollegen aus Übereinstimmung von Meinungen, Fernost und Übersee, wenn sie an Zielen und Vorgehensweisen. Das Sitzungen der IAIS, dem globalen Gegenteil von Konvergenz ist Diver- Standardsetzer im Bereich Versichegenz. Eine konvergente Aufsichtspra- rungsaufsicht mit Sitz in Basel, teilxis für alle in der EU zugelassenen nehmen. In dieser Welt hat ein „InVersicherungsunternehmen und Pen- seldenken“ keinen Platz mehr. sionsfonds ist eine wichtige Voraussetzung für einen stabilen und effiWas bisher erreicht wurde zienten Versicherungs- und Altersversorgungsmarkt in der EuropäiDie Arbeit von Ceiops ist quantischen Union, der sich in zunehmen- tativ und qualitativ messbar. Quandem Maße den Herausforderungen titäten in Form von Tausenden Seieines globalen Wettbewerbs stellen ten inhaltlicher Ratschläge und Aufund sich in diesem behaupten muss. sichtsstandards sind dabei weniger Divergenz in den Märkten und Auf- entscheidend als die Tatsache, dass sichtsansätzen war vorgestern; Kon- Ceiops zunächst 17 und jetzt 27 unvergenz und damit eine gemeinsam abhängige europäische Aufsichtsbegeprägte Aufsichtskultur ist das Mor- hörden zu gemeinsamen Aufsichtsmgen und Übermorgen. Die Wirt- einungen und konsensualen Lösunschaft wie auch die Verbraucher wer- gen gebracht hat. Dies war und ist den davon profitieren. nicht selbstverständlich, denn Aufsichtsrecht als Sonderpolizeirecht Wichtige, komplexe Aufgabe war und ist aus guten Gründen stark national geprägt und national beeinCeiops als europäischer Ausschuss flusst. Deshalb gehen entscheidende der EU-Aufsichtsbehörden für Versi- Impulse zur guten Zusammenarbeit cherungen und Pensionsfonds ist an- immer von gemeinsamen Zielen und getreten, als Motor für die europäi- Projekten aus. Die Arbeiten am Desche Aufsichtskonvergenz zugleich sign eines komplett neuen, stärker die Finanzstabilität im Bereich Versi- risikobasierten Solvenzaufsichtssyscherungen und betriebliche Alters- tems, Solvency II, gehören dazu. Bevorsorge zu fördern. Diese Aufgabe reits jetzt und noch in der Konzeptiist wichtig und komplex, denn Versi- onsphase legt dieses Projekt die cherungen und Pensionsfonds sind Grundlagen für eine weitgehend institutionelle Investoren mit zuneh- konvergente Aufsichtspraxis, die mend europäischem und globalem dann im Jahre 2012 auch formalBörsen-Zeitung, 14.6.2008 Die europäischen Versicherungsund Pensionsfondsaufseher, vereinigt im Ceiops e.V. (Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors)mit Sitz in Frankfurt am Main, bilden eine kleine, aber dynamische Gruppe, die 2008 erst vier Jahre jung wird und in dieser Zeit bereits viel erreicht rechtlich implementiert werden soll. Viel ist erreicht, viel ist aber noch zu tun. Auf der Haben-Seite können ein vertiefter Informationsaustausch über die nationale Interpretation und Umsetzung von EU-Richtlinien, systematische Vergleichsstudien, Berichte und Analysen über Inkonsistenzen sowie über nicht vom EURecht geregelte Bereiche oder das Abgeben von Empfehlungen an die EU-Kommission verbucht werden. Weitere Anstrengungen dienen dem Ziel der Konvergenzsteigerung aufsichtlicher Prozesse beispielsweise zur Harmonisierung des europaweiten Berichtswesens sowie des schnelleren Datenaustauschs. Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Gleiches gilt für Europa. Solvency II Solvency II nur kurz zu erwähnen, wäre ein Kardinalfehler. Mit der Entscheidung für eine stärker am tatsächlichen wirtschaftlichen Risiko der Marktteilnehmer orientierten Aufsicht, die sich sehr plakativ hinter dem Begriff „Solvency II“ verbirgt, befinden sich alle EU-Versicherungsaufsichtsbehörden wie auch die Versicherungswirtschaft selbst seit geraumer Zeit inmitten einer Phase des radikalen Umbaus und Umdenkens. Solvency II zielt darauf ab, ein risikobasiertes Aufsichtsregime im Bereich der Versicherungsaufsicht mit dem Ziel einzuführen, den Fortbestand stabiler Verhältnisse sowie die Erzielung von mehr Konvergenz in der Aufsichtspraxis aller an diesem Prozess beteiligten Stellen sicherzustellen. Von dem neuen, stärker nach ökonomischen Werten ausgerichteten Aufsichtsinstrumentarium werden Erst- und Rückversicherungen wie auch Versicherungsgruppen erfasst. Ziele sind das Festlegen von risikobasierten Kapitalanforderungen sowie geeigneten Geschäftsführungspraktiken und höherer Markttransparenz. Ihre Implementierung zusammen mit einer angemessenen Geschäftsorganisation in den Unternehmen bildet das Herzstück des neuen Systems. Solvency II wird aber nur dann wirklich funktionieren, wenn die künftigen Rollen klar verteilt und akzeptiert sind: Im Rahmen eines stärker qualitativ ausgerichteten Aufsichtsansatzes tragen die Geschäftsleiter der Unternehmen die volle Verantwortung für ein effektives und effizientes Risikomanagement „Ceiops will und muss seinen europäischen Beitrag zur Sicherung stabiler finanzieller Verhältnisse und zur Erhaltung des Verbrauchervertrauens in unseren Versicherungsmärkten leisten.“ mit leistungsfähigem internem Kontrollsystem. Aufseher sind keine Ersatzmanager. Ihre Aufgabe ist die Überprüfung und das Funktionieren des Systems an sich. Aber es ist auch klar, dass ein Mehr an Verantwortung für die Geschäftsleiter auch mit einem höheren Anspruch an die Aufgabenerfüllung der zuständigen Aufsichtsbehörden einhergeht. Die Arbeiten an Solvency II haben nahezu zeitgleich mit der Gründung von Ceiops im Jahre 2004 begonnen und bestimmen seitdem das jährliche Arbeitsprogramm des Ausschusses. Daran dürfte sich aus heutiger Sicht bis zur beabsichtigten Implementierung von Solvency II im Jahre 2012 nur wenig ändern. Gegenwärtig wird der Vorschlag der EU-Kommission für eine Rahmenrichtlinie, für die Ceiops in den letzten Jahren auf Anfrage der EU-Kommission sehr intensiv Beratungshilfe geleistet hat, in den zuständigen Ausschüssen des Europäischen Parlaments und des EU-Ministerrats in Brüssel beraten. Das Projekt ist richtigerweise auf der politischen Ebene angekommen, obgleich auch von Ceiops im weiteren Verlauf aktiver Input erwartet wird. Denn für die Erzielung von Aufsichtskonvergenz – und daran wird letztlich Ceiops gemessen werden – reicht die Umsetzung der EU-Rahmenrichtlinie in die nationalen Ge- setze nicht aus. Vielmehr muss Ceiops auf der sogenannten Stufe 3 dieses europäischen Prozesses die Gesetzgebung durch eigene aufsichtliche Standards, Leitlinien, Empfehlungen ergänzen und weiter verdichten, um eine EU-weite konvergente Aufsicht in der Praxis zu erreichen. Einige wichtige Aspekte der Rahmenrichtlinie, insbesondere bei der künftigen Aufsicht über Versicherungsgruppen, werden politisch noch diskutiert. Der politische Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess wird in den kommenden Monaten konkrete Festlegungen bringen. Absehbar ist jedoch jetzt schon, dass die Zusammenarbeit derjenigen Aufseher, die für die Einzelversicherungsunternehmen einer Versicherungsgruppe zuständig sind, stärker in Aufsichtskollegien, sogenannten „supervisory colleges“, organisiert werden wird. Wenn man bedenkt, dass international aktive Gruppen vielen, auch systemischen, Risiken ausgesetzt sind, gibt es zu dieser Form der Zusammenarbeit keine Alternative. Und die gegenwärtigen Finanzturbulenzen liefern neue Argumente, auch wenn die Versicherungswelt weniger betroffen ist. Die Organisation und Funktionsweise, die Verantwortlichkeiten und Entscheidungsprozesse zwischen Gruppen- und Einzelaufsehern wie auch der Informationsaustausch innerhalb eines neuen Kollegiums werden auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt. Die Freiwilligkeit der Vergangenheit war gut – noch besser aber ist, die Zusammenarbeit verbindlich zu regeln und wetterfest zu machen. Lamfalussy-Review Ein wichtiger Teil des Aufsichtserfolges beruht auf klarer politischer Unterstützung. Wenn die Politik sich in wichtigen Aufsichtszielen oder Aufsichtsinstrumenten nicht einig wäre, müsste auch Ceiops scheitern. Die europäischen Finanzminister haben Anfang Dezember 2007 klare Vorgaben gemacht: Ein ganzes Paket flankierender Maßnahmen zur Förderung einer einheitlichen Aufsichtskultur, die Ceiops im Rahmen des sogenannten Lamfalussy-Review zur Erhöhung der Aufsichtskonvergenz eingeleitet hat. Hierzu zählen „Von Frankfurt aus gehen die richtigen Impulse um die Welt.“ die Einrichtung eines KonvergenzAusschusses, die Definition von Aufsichtskollegien für insgesamt 110 Versicherungsgruppen, ein fester Fahrplan für ein gemeinsames aufsichtliches Berichtswesen, ein intensiver, grenzüberschreitender Personalaustausch zwischen den Ceiops-Mitgliedern, eine Überarbeitung der Entscheidungs- und Abstimmungsprozesse innerhalb von Ceiops sowie die Einführung von gegenseitigen Kontrollen der Aufsichtsbehörden wie auch Mediationsverfahren, die bei Meinungsverschiedenheiten der beteiligten Aufsichtsbehörden in Aufsichtsfragen zur Anwendung kommen sollen. Diese Vorgaben der europäischen Finanzminister treffen auch die Schwesterausschüsse von Ceiops im Bereich der europäischen Bankenaufsicht (CEBS mit Sitz in London) und der europäischen Wertpapieraufsicht (CESR mit Sitz in Paris). Mit CEBS und CESR unterhält Ceiops eine sehr enge Abstimmung zur Erhöhung der sektorübergreifenden Aufsichtskonvergenz. Dies geschieht beispielsweise im Rahmen gemeinsamer Arbeitsprogramme und gemein- samer Arbeitsgruppen. Die drei Ausschüsse bleiben dabei nicht bei sektoralen Fragen stehen. Sie haben eine ganze Reihe von sektorübergreifenden Themen identifiziert, die in den kommenden drei Jahren gemeinsam behandelt werden sollen: Delegation von Aufsichtsaufgaben, aufsichtliche Behandlung von konkurrierenden Finanzprodukten wie beispielsweise fondsgebundene Lebensversicherungen und Investmentfonds, gute Unternehmensführung, die Aufsicht über Finanzkonglomerate, die Behandlung von Ratingagenturen oder die Bewertung von illiquiden Finanzinstrumenten. Zunehmend wichtiger wird daneben ein sektorübergreifendes Projekt zur Errichtung einer Ausbildungsplattform für sektorübergreifende Aufsichtsthemen, eine Art Ausbildungsforum für Aufseher. Denn was für die berufstätige Bevölkerung des 21. Jahrhunderts gilt, gilt für Aufseher erst recht: Lebenslanges Lernen ist Pflicht. Partner leisten Aufbauhilfe Ceiops hat das Fundament für eine künftige Aufsichtskultur gelegt und ist selbst wichtiger Teil dieser künftigen Aufsichtskultur. Von Frankfurt aus gehen die richtigen Impulse um die Welt. So wie die gute Verkehrsinfrastruktur in und um Frankfurt Ceiops bewegt, bewegt Ceiops die Aufsichtsinfrastruktur in Europa. Die Stadt Frankfurt wie das Land Hessen haben in der Vergangenheit aktiv Aufbauhilfe für Ceiops geleistet; sie sind beide weiterhin wichtige Partner für Ceiops. Nur mit solchen Partnern gemeinsam kann Ceiops als Motor die erforderliche hohe Drehzahl für Konvergenz in der europäischen Versicherungsund Pensionsfondsaufsicht erreichen und damit maßgeblich weiter zur Förderung der Stabilität der nationalen und internationalen Finanzmärkte beitragen. B 10 Börsen-Zeitung Nr. 113 Sonderbeilage Sonnabend, 14. Juni 2008 Politische Widersprüche bei Abgeltungsteuer vermeiden Das von der Bundesregierung geschnürte Reformpaket lässt konstruktive Vorzüge kaum zum Tragen kommen – Reformen dringend notwendig zinslichen Wertpapieren, Fondsanteilen oder derivativen Instrumenten – kann die Mühe der Klassifizierung ersparen und die intellektuellen Kapazitäten, die bislang in die Gestaltung steueroptimaler Konstruktionen oder die Erstellung und Bearbeitung von Steuererklärungen investiert wurden, für andere wichtige Aufgaben freimachen. Ein möglicher Vereinfachungseffekt ergibt sich zudem aus der Steuertechnik. Die neue pauVon schale Steuer hat – wie Rüdiger von Rosen schon ihr Name sagt – abgeltende Wirkung. Da sie unabhängig vom persönlichen Einkommensteuersatz ist, können Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des die Banken die Steuer Deutschen Aktieninsti- anonym an die Finanzämter abführen. Der Antuts e.V. in Frankfurt leger muss sich also am Main nicht mehr um die komplizierte steuerliche Vergesetzt, die öffentliche Infrastruktur anlagung kümmern und bleibt auch stimmt). Auch Unternehmen der Fi- als Steuerzahler gegenüber dem nanzbranche suchen bei der Stand- Staat anonym. Anonymität und Einortwahl nach attraktiven steuerli- heitlichkeit der Besteuerung sind – chen Bedingungen. Gleichzeitig sind wie internationale Vergleiche zeigen die Finanzdienstleister darauf ange- – durchaus wichtige Standortfaktowiesen, dass Anleger ihre Dienstleis- ren. Deshalb hat sich auch das Deuttungen zu attraktiven Konditionen sche Aktieninstitut immer grundsätzin Anspruch nehmen können. Auch lich für das Konzept einer Abgeltunghierbei spielt der Faktor Steuern steuer eingesetzt. Das von der Bundesregierung geeine Schlüsselrolle. schnürte Reformpaket zur Abgeltungsteuer lässt die konstruktiven Quantensprung vergleichbar Vorzüge der Abgeltungsteuer jedoch Die Einführung einer einheitli- kaum zum Tragen kommen und ist chen Abgeltungsteuer von 25 % auf darüber hinaus mit massiven steuerDividenden, Zinsen und andere pri- lichen Mehrbelastungen insbesonvate Kapitalerträge zum 1. Januar dere der Aktienanlage verbunden. Am Abgeltungsteuersatz allein 2009 in Deutschland ist von hoher Bedeutung. Das neue steuerliche liegt das nicht, der für sich genomGrundkonzept setzt mit seiner Viel- men durchaus moderat erscheint. zahl positiver und negativer Aspekte Wer beispielsweise auf Zinserträge nicht nur für die deutschen Anleger derzeit den Spitzensteuersatz von völlig neue Zeichen. Auch für den Fi- 42 % plus 3 % Reichensteuer zahlt, nanzplatz insgesamt ist es einem kann sich nach Einführung der Abgeltungsteuer über eine deutliche Quantensprung vergleichbar. Zunächst zum Positiven: Das steuerliche Entlastung von 20 Progrößte Potenzial der Abgeltung- zentpunkten freuen. Dass sich für die Besitzer von Aksteuer liegt in der möglichen Verwaltungsvereinfachung bei Anlegern, tien und Aktienfonds die steuerliche Banken und Finanzämtern. Eine ein- Gesamtbelastung trotzdem drastisch heitliche Besteuerung aller Kapitaler- erhöht, resultiert aus den zeitgleich träge – gleich ob aus Aktien, festver- beschlossenen Veränderungen der Börsen-Zeitung, 14.6.2008 Nicht ohne Grund wird den steuerlichen Rahmenbedingungen in internationalen Standortvergleichen ein hohes Gewicht beigemessen. Die einfache Überlegung lautet: Je weniger Steuern Unternehmen zahlen, desto mehr Geld bleibt für Investitionen übrig und desto attraktiver ist ein Standort für die Ansiedlung (voraus- steuerlichen Bemessungsgrundlage: Künftig werden Kursgewinne, die rund zwei Drittel der Aktienerträge ausmachen und die bei einer Haltefrist von mehr als einem Jahr bislang einkommensteuerfrei waren, unabhängig von der Haltedauer der Ak- „Auch Unternehmen der Finanzbranche suchen bei der Standortwahl nach attraktiven steuerlichen Bedingungen. Gleichzeitig sind die Finanzdienstleister darauf angewiesen, dass Anleger ihre Dienstleistungen zu attraktiven Konditionen in Anspruch nehmen können. Auch hierbei spielt der Faktor Steuern eine Schlüsselrolle.“ tien oder Fondsanteile besteuert. Allein durch diese Maßnahme erhöht sich die steuerliche Bemessungsgrundlage für Aktien um den Faktor drei. Gleichzeitig wird das Halbeinkünfteverfahren ersatzlos abgeschafft, das bislang die Vorbelastung der Aktienerträge mit Körperschaftsteuer kompensierte. Damit verdoppelt sich die Belastung nochmals; im Endergebnis versechsfacht sich die steuerliche Bemessungsgrundlage für Aktienerträge. Um diese Mehrbelastung ausgleichen zu können, müsste der Abgeltungsteuersatz deutlich niedriger sein als die nun beschlossenen 25 %. Negativ für Aktienanlage Hinzu kommen viele kleinere, die Abgeltungsteuer begleitende Ände- rungen, die vor allem die Aktienanlage negativ betreffen werden. So wird der viel zu niedrige SparerPauschbetrag in Höhe von 801 Euro bereits bei geringen Kursgewinnen sehr schnell aufgezehrt sein. Die Abschaffung der Anerkennung von tatsächlichen Werbungskosten bei der Erzielung von Kapitalerträgen ist steuersystematisch und verfassungsrechtlich bedenklich. Eingeschränkte Verlustverrechnungsmöglichkeiten für Aktien stellen die Direktanlage gegenüber der indirekten Anlage schlechter. Auch wenn Aktien und Aktienfonds nach der Abgeltungsteuer die rentabelste Anlageform bleiben werden, verlieren sie – relativ gesehen – deutlich an Attraktivität gegenüber festverzinslichen Anlagen. Dies kann und wird negative Folgen für den Finanzplatz haben. Denn funktionsfähige und wettbewerbsfähige Finanzplätze zeichnen sich auch dadurch aus, dass die Menschen bereit sind, unternehmerische Beteiligungen einzugehen, und dabei ein Gespür für wirtschaftliche Zusammenhänge entwickeln. Für das übernommene Risiko erwarten sie aber völlig zu Recht eine Risikoprämie. Eine Diskriminierung der Aktienanlage schwächt nicht nur die Bereitschaft, Risiken zu übernehmen, sondern begrenzt auch die Möglichkeit der Menschen, eigenverantwortlich Vermögen aufzubauen und für das Alter vorzusorgen. Die Abgeltungsteuer in ihrer beschlossenen Form steht damit auch im Widerspruch zu den politischen Anstrengungen an anderer Stelle, eine private Vorsorgekultur in Deutschland zu etablieren. Die Schlechterstellung der Aktie wird schließlich auch Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzierung haben, wobei sich auch hier Widersprüche im Gesamtkonzept zeigen: Während die Abgeltungsteuer tendenziell die Finanzierung über Fremdkapital begünstigt, versucht man durch die Zinsschranke der Unternehmenssteuerreform, gerade eine „übermäßige“ Kreditfinanzierung der Unternehmen zu verhindern. Soll sich die auf den Internetseiten des Bundesfinanzministeriums nachzulesende Hoffnung der Politik tatsächlich erfüllen, mit der Einführung der Abgeltungsteuer die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland zu verbessern, muss die Abgeltungsteuer also dringend nachgebessert werden. Der Königsweg zur Reparatur der Abgeltungsteuer wäre eine Absenkung der steuerlichen Gesamtbelastung aus Abgeltungsteuer, Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer auf maximal 20 %. Derzeit summiert sich diese Belastung auf rund 28 %. Man darf durchaus daran erinnern, dass in den ersten parteiübergreifenden Konzepten noch von Steuersätzen in der Nähe des Eingangssteuersatzes die Rede war. Dies wäre nicht nur „Auch wenn Aktien und Aktienfonds nach der Abgeltungsteuer die rentabelste Anlageform bleiben werden, verlieren sie – relativ gesehen – deutlich an Attraktivität gegenüber festverzinslichen Anlagen.“ im Hinblick auf die Gesamtbelastung der Aktionäre sinnvoll, sondern auch aus verwaltungstechnischer Sicht, da die heute notwendige Veranlagungsoption dann entfallen könnte. Vorschläge des DAI Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) hat zudem ein Sofort-Reparaturprogramm für die Abgeltungsteuer vorgeschlagen, um den zu befürchtenden schweren Schaden für die in Deutschland ohnehin nicht sehr ausgeprägte Aktienakzeptanz abzumildern. Hierzu gehören: die Wiedereinführung des Werbungskostenabzugs für Kapitalerträge, die Schaffung einer Verrechnungsmöglichkeit von Verlusten aus Aktiengeschäften mit sonstigen Kapitalerträgen, eine deutliche Erhöhung des Sparer-Pauschbetrages, die Wiedereinführung der Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen bei längerer Haltedauer, etwa nach einer Mindesthaltedauer von zehn Jahren wie bei Immobilien. Gute Vorbilder im Ausland Gerade für die letzten beiden Punkte gibt es im Ausland gute Vorbilder, auf die im Sinne eines wohl verstandenen Steuerwettbewerbs zurückgegriffen werden könnte. Zwar erhebt eine Reihe von Ländern eine Art Abgeltungsteuer. Wertzuwächse bleiben dann jedoch in der Regel außen vor, so zum Beispiel auch in Österreich, das von vielen Politikern als Vorbild für die deutsche Abgeltungsteuer angeführt wurde. Und wo langfristige Erträge der Besteuerung unterworfen werden, ist in den vergangenen Jahren zumindest ein Trend zu niedrigeren Sätzen erkennbar, bzw. sind großzügige Freibetragsregelungen für das langfristige Altersvorsorgesparen vorgesehen – zum Beispiel in Frankreich 20 000 Euro pro Jahr. Der Aufhänger für eine Reform der Reform könnte in der aktuellen politischen Diskussion um die Mitarbeiterbeteiligung liegen. Denn hier versucht die Bundesregierung gegenwärtig genau das, was durch die Kursgewinnbesteuerung von Aktien erschwert würde: eine Beteiligung breiter Bevölkerungskreise am Produktivkapital der Wirtschaft. Einem beteiligungsinteressierten Mitarbeiter wird es andernfalls nur schwer zu vermitteln sein, wenn er im Verkaufsfall von seinen aus Mitarbeiteraktien erzielten Kursgewinnen fast ein Drittel abführen muss. Die Attraktivität des Finanzplatzes ist davon abhängig, dass solche politischen Widersprüche vermieden werden. Reformen sind dringend geboten. Frankfurt – Kulturmagnet der Region Die Kulturszene definiert, erweitert und formiert sich beständig neu – International ernst zu nehmende Größe „am Puls der Zeit“ sonders charakteristisch für das hiesige Kulturleben. Das Frankfurter Museumsufer, zwischen dem Eisernen Steg und der Friedensbrücke nördlich und südlich des Flusses gelegen, umfasst 13 Museen in unmittelbarer Nähe zum Wasser und ebenso viele in der näheren Umgebung. Dieses architektonisch und räumlich einmalige Kulturensemble, das es deutschlandweit kein zweites Mal gibt, wurde in den achtziger Jahren Von zur Kulturinitiative „MuFelix Semmelroth seumsufer Frankfurt“ erklärt. Seither gilt es als Aushängeschild für die städtische Museumslandschaft. Von den rund zwei Millionen Museumsbesuchern pro Kulturdezernent der Jahr stammen 60 % aus Stadt Frankfurt am dem Um- oder Ausland; Main lediglich 40 % haben ihren Wohnsitz in Franktivität und führt damit zu neuen Lö- furt. Gerade Großveranstaltungen sungen; doch ohne den nötigen wirt- wie die jährliche „Nacht der Muschaftlichen Hintergrund wären seen“ locken die Besucherscharen viele Projekte nur denk-, nicht um- an: In der ersten lauen Sommersetzbar. nacht dieses Jahres flanierten gut 40000 Gäste von Ausstellung zu Ausstellung, von Museum zu Museum. Umfeld lockt Unternehmen Börsen-Zeitung, 14.6.2008 Bewusst querzudenken, neue Ideen fernab des Offensichtlichen zu entwickeln, das ist in der Wirtschaft ebenso unerlässlich wie in der Kultur. Beide Branchen weisen diverse Schnittmengen auf. Sie ergänzen sich – gerade in Frankfurt – ganz hervorragend. Kunst schärft die Sinne, die Wahrnehmung, fördert die Krea- Mit über 80 000 Arbeitsplätzen in der Kultur- und Medienwirtschaft sind diese Branchen ein fest etablierter Standortfaktor im Rhein-MainGebiet. Die zentrale Lage Frankfurts und optimale Verkehrsanbindungen, insbesondere auch der Flughafen, ziehen zahlreiche nationale und internationale Unternehmen in die Gegend. In puncto Lebensqualität profitieren sowohl die Mainmetropole als auch die Region vom breit gefächerten Kulturangebot. Frankfurt gilt als „Kulturmagnet der Region“. So zumindest lautet das Ergebnis einer Studie, die im Auftrag der Hessischen Landesregierung durchgeführt wurde: Von 33 Kulturinstituten mit überregionaler Bedeutung befinden sich 24 in Frankfurt. Aufgrund ihrer außergewöhnlich hohen Dichte ist die Museumslandschaft be- „Dinner unter Dinos“ Die Frankfurter Ausstellungshäuser haben internationalen Rang: Im Deutschen Filmmuseum läuft derzeit die bereits nach zwei Monaten sehr erfolgreiche Ausstellung „Anime – High Art Pop Culture“. Das Städel Museum verzeichnete im vergangenen Frühjahr mit der Ausstellung „Cranach der Ältere“ einen neuen Besucherrekord. Über 205 000 Besucher bestaunten 113 Werke des Renaissancemeisters. Mit Initiativen wie der monatlichen Veranstaltungsreihe „Art after work – Kunstgenuss zum Feierabend“ richtet sich das Städel Museum gezielt an Frankfurter Geschäftsleute. Auch als Veranstaltungsräume für Konferenzen oder Firmenfeiern sind die oftmals architektonisch und atmo- sphärisch einmaligen Museumsbauten sehr beliebt. So erstrahlen beim „Dinner unter Dinos“ die Jahrmillionen alten Dinosaurierskelette des Senckenberg Museums farbenprächtig in neuem Licht. Dieses Museum blickt seit Ende des vergangenen Jahres auf einen neuen Höchststand der Besucherzahlen: Über 338 000 Gäste kamen 2007 in das Naturkundemuseum. Und der Aufwärtstrend hält weiter an. Projekte am Museumsufer Die Frankfurter Museumsszene ist in Bewegung: Derzeit stehen einige Großprojekte am Museumsufer an. Für 2013 ist die Eröffnung des Neubaus des Historischen Museums am Römerberg geplant. Der Gebäudeentwurf des Architekturbüros Le- „Für viele Besucher, gerade aus Asien, führt der erste Weg bei einem Besuch in Frankfurt zum Großen Hirschgraben. Noch heute gilt das dort beheimatete Geburtshaus Goethes als touristischer Anziehungspunkt ersten Ranges.“ derer, Ragnarsdóttir, Oei aus Stuttgart schlägt eine gekonnte Brücke zwischen zeitgenössischer Architektur und dem bereits bestehenden Altstadtensemble mit Dom und Römer. Für diesen wichtigen Museumsneubau stellt die Stadt 29 Mill. Euro bereit. Auch für die mehr als 67 000 Exponate des Museums der Weltkulturen soll so bald wie möglich ein angemessener Ort geschaffen werden. Denn aus Platzmangel bleibt bisher eine Vielzahl kulturhistorisch wertvoller Schätze – Bilder, Skulpturen, Münzen, Möbel, Kunst- und Kultgegenstände aus aller Welt – in den Depots verborgen. Noch in diesem Jahr bekommen Illustratoren und Karikaturisten einen eigenen Ausstellungsraum: Im Herbst eröffnet das Museum für Komische Kunst im Leinwandhaus. Unter den 5 000 dort ausgestellten Exponaten sind vor allem die Werke von Zeichnern der Neuen Frankfurter Schule vertreten: F. K. Wächter, Robert Gernhardt, Hans Traxler und Chlodwig Poth. Privates und bürgerschaftliches Engagement sind nicht wegzudenken in der Frankfurter Kultur, sie gehören zur Tradition der Stadt. Zwar verfügt Frankfurt mit 240 Mill. Euro über den höchsten Kulturhaushalt aller deutschen Kommunen, doch wären zum Teil der Ankauf bedeutender Kunstsammlungen und auch einige kulturelle Großveranstaltungen ohne die Unterstützung von Sponsoren weder für städtische noch für private Museen umsetzbar. Jüngstes Beispiel hierfür ist die Schenkung der Lichtinstallation „Light Lab“ von Olafur Eliasson von einer Bank an das Museum für Moderne Kunst. Zu sehen ist das Kunstwerk im Dach der Ausstellungshalle für zeitgenössische Kunst, dem Portikus auf der Maininsel. Wie Weimar Goethe-Stadt Die lebendige Theaterszene gilt als ein weiteres Aushängeschild für Frankfurts kulturellen Reichtum. Vielfältig und bunt regen die Bühnen zu oftmals kontrovers geführten Debatten an und sorgen für einen konstruktiven Austausch unter Kulturinteressierten. Frankfurt ist, ebenso wie Weimar, Goethe-Stadt. Dies spiegelt sich auch ganzjährig auf den zahlreichen Spielplänen wider. Für viele Besucher, gerade aus Asien, führt der erste Weg bei einem Besuch in Frankfurt zum Großen Hirschgraben. Noch heute gilt das dort beheimatete Geburtshaus Goethes als touristischer Anziehungspunkt ersten Ranges. Neben den städtischen Häusern, der Frankfurter Oper, dem schauspielfrankfurt sowie dem Künstlerhaus Mousonturm verfügt die Mainmetropole über viele weitere Privattheater. Als Konzerthaus nimmt die Alte Oper mit etwa 50 Veranstaltungen pro Jahr einen festen Platz im internationalen Musikleben ein. Die rund 60 freien Theater begründen sich teilweise auf den Nachklang der Studentenbewegungen in den siebziger Jahren. Mit über einer Million Theaterbesuchern jährlich weist Frankfurt den größten Bühnenbetrieb Hessens auf. zeptfestival Deutschlands kann LiteraTurm mit den großen deutschen Literaturfestivals wie der LitCologne und dem Internationalen Literaturfestival Berlin konkurrieren. Jedem Festival ist ein thematischer Schwer- „Die lebendige Theaterszene gilt als ein weiteres Aushängeschild für Frankfurts kulturellen Reichtum.“ Weitere Superlative Und die Kultur in Frankfurt bietet weitere Superlative: Die Frankfurter Buchmesse ist heute die größte Buchmesse der Welt. Historisch reicht ihre Gründung zurück bis ins 15. Jahrhundert, als Johannes Gutenberg in Mainz, nur wenige Kilometer von Frankfurt entfernt, den Buchdruck erfand. Heute verzeichnet der ebenfalls in der Mainmetropole ansässige Börsenverein des Deutschen Buchhandels über 70 literarische Verlage vor Ort: Darunter finden sich renommierte Häuser wie S. Fischer, Suhrkamp/Insel und Eichborn, um nur einige wenige herauszugreifen. Frankfurt zählt neben München und Berlin zu den wichtigsten Literaturstädten in Deutschland, ist Heimatstadt für Autoren und bietet Stoff für zahlreiche Erzählungen – nicht nur für kriminalistische. Elisabeth Borchers lebt hier, ebenso Wilhelm Genazino, Eva Demski, Peter Kurzeck und Bodo Kirchhoff – eine Handvoll Namen, die hier nur stellvertretend genannt werden können. Literaturfestival LiteraTurm 2002 wurde ein weiterer wichtiger Mosaikstein in das Bild von Frankfurt als Literaturstadt eingefügt: Seither findet alle zwei Jahre das Literaturfestival LiteraTurm statt, Ausrichter ist die Stadt Frankfurt am Main. Als einziges Kon- punkt zugewiesen. LiteraTurm fächert ein Leitthema der zeitgenössischen Literatur kaleidoskopartig auf, und oftmals gelingt es, durch die Auswahl der Autoren und Texte überraschende Korrespondenzen herzustellen und damit neue Debatten anzuregen. Stand 2006 das Programm unter dem Thema „Poesie des Wissens“ – Wissenschaft und Literatur – so steht in diesem Jahr bei „vergangen verdichtet“ die Frage nach der Darstellung des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Gegenwartsroman im Fokus. Eine weitere Besonderheit von LiteraTurm besteht darin, dass so gut wie alle Veranstaltungsorte in den für Frankfurt typischen Türmen und Hochhäusern – viele davon Banken – liegen. LiteraTurm verkörpert als gutes Beispiel die enge Zusammenarbeit von Kultur und Wirtschaft, die in Frankfurt gelebt wird und damit neue Perspektiven eröffnet. Der Kulturstandort Frankfurt ist lebendig, hier gibt es Raum, Neues auszuprobieren. Die Kulturszene ist beständig dabei, sich zu definieren, zu erweitern und neu zu formieren. Und genau das ist es, wodurch die Stadt Frankfurt „am Puls der Zeit“ bleibt und sich als eine ernst zu nehmende Größe des internationalen Kulturbetriebs behauptet. Sonderbeilage Sonnabend, 14. Juni 2008 Börsen-Zeitung Nr. 113 B 11 Gefragt ist eine Regulierung mit Augenmaß Die Antworten der Regulierer auf die Finanzmarktturbulenzen haben auch Auswirkungen auf den Finanzplatz – Differenzierte Herangehensweise erforderlich maß. Es reicht nicht aus, bei Marktversagen nur reflexartig ein Mehr an (hoheitlicher) Regulierung zu fordern. Vielmehr ist eine differenzierte Herangehensweise erforderlich. Auch Staats- oder Regulierungsversagen kann nämlich dazu führen, dass Märkte in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Diese Erkenntnis haben Regulierungsbehörden in den letzten Jahren zunehmend verinnerlicht und Prinzipien entwickelt, die in der EU unter dem Begriff „Better Regulation“ zusammengefasst werden. Nach diesen Prinzipien wird zunächst festgestellt, ob auf den betrachteten Märkten Probleme vorliegen, die durch regulatorische Eingriffe gelöst werden können. Anschließend sind den miVon kro- und makroökonomiHans Reckers schen Kosten eines fortgesetzten Marktversagens die Kosten eines regulatorischen Eingriffs gegenüberzustellen. Die Erstellung einer solchen Kostenbilanz ist äußerst Vorstandsmitglied der aufwendig. Während Deutschen Bundesdie direkten Kosten – bank zum Beispiel etwaiger Melde- bzw. Offenledie andauernden Marktverwerfun- gungspflichten – für das einzelne Ingen gearbeitet. Die Notenbanken – stitut noch relativ einfach zu ermitund damit auch die Deutsche Bun- teln sind, gestalten sich weitergedesbank – sind dabei in besonderer hende gesamtwirtschaftliche Opportunitätskostenbetrachtungen außerWeise gefordert. Regulierungsinitiativen sind je- ordentlich schwierig – so zum Beidoch nicht nur auf politischer bzw. spiel die Beantwortung der Frage, (zwischen-)staatlicher Ebene zu be- ob die erhofften positiven Stabilitätsobachten. Die Marktteilnehmer wirkungen einer Regulierung deren selbst haben zwischenzeitlich Hand- möglicherweise negativen Einfluss lungsbedarf in eigener Sache er- auf Innovationsfähigkeit und Wettbekannt und diskutieren Maßnahmen werb überwiegen. Letztlich lassen der Selbstregulierung, die nicht zu- sich regulatorische Eingriffe nur letzt einem Tätigwerden des Gesetz- dann rechtfertigen, wenn die ex ante gebers zuvorkommen sollen. Ord- vorgenommene Kosten-Nutzen-Ananungspolitisch ist einer solchen lyse ein positives Ergebnis zeitigt. Selbstregulierung durch die Marktteilnehmer – bei gleicher Wirkung – Prinzipien- bzw. regelbasiert grundsätzlich Vorrang vor staatlichen Eingriffen zu geben. Die gegenwärtigen Finanzmarktturbulenzen haben eine intensive Diskussion über die Tiefe (mögWechselspiel zu beobachten licher) regulatorischer Eingriffe ausIn der jüngeren Vergangenheit ist gelöst. Im Kern geht es dabei um die immer häufiger ein Wechselspiel zwi- Frage, ob Regulierung eher „prinschen staatlichen Regulierungsbe- zipienbasiert“ oder „regelbasiert“ erhörden und Marktteilnehmern zu be- folgen sollte. Einige Marktbeobachobachten. In diesen Fällen formu- ter machen das regelbasierte, auf die liert der hoheitliche Regulierer Stan- Einhaltung bestimmter Kennziffern dards, die die Marktteilnehmer im ausgerichtete Regulierungs- und Wege der Selbstregulierung umzu- Aufsichtsmodell für die in den letzsetzen haben; sollte die Selbstregu- ten Wochen und Monaten zu belierung hinter diesen Standards zu- obachtenden Schwierigkeiten manrückbleiben, drohen hoheitliche Re- cher Institute verantwortlich und gulierungseingriffe. Der europäische fordern eine stärkere PrinzipienCode of Conduct im Bereich Clea- orientierung. Angesichts eines dynaring & Settlement ist ein Beispiel da- mischen Marktumfeldes kritisieren für. Dieser Kodex ist eine Vereinba- sie die mangelnde Flexibilität und rung der Marktakteure im Nachhan- den fehlenden Ermessensspielraum delsbereich, die auf „konstruktiven der beaufsichtigten Institute bei der Druck“ der Europäischen Kommis- Erfüllung der eher statischen aufsion zustande kam. Ähnliche Ent- sichtlichen Vorgaben. Diese Problewicklungen sehen wir gegenwärtig matik führe die Institute geradezu in bei den Ratingagenturen. Hier ver- Versuchung, gezielt nach Schlupflöfolgt die EU-Kommission sehr auf- chern im engmaschigen Reguliemerksam, ob die von der Branche rungsnetzwerk zu suchen, um das eierarbeiteten Selbstregulierungsvor- gene Geschäftsmodell weiterzuentschläge eine nachhaltige Antwort wickeln. Die Forderungen nach einer stärauf die strukturellen Mängel im Ratinggeschäft darstellen, und behält ker an Prinzipien ausgerichteten Regulierung sind nachvollziehbar. Dasich hoheitliche Eingriffe vor. Die Frage nach dem richtigen Re- hinter verbirgt sich ein Regulierungsgulierer ist zweifellos eine wichtige. ansatz, der den beaufsichtigten InstiNoch wichtiger ist allerdings die tuten zwar vorgibt, welchen aufsichtFrage nach dem richtigen Maß der lichen Zielen sie zu entsprechen haRegulierung. Insbesondere Krisen- ben, nicht aber, auf welche Weise sie phasen wie die, die wir gerade an dies im Detail tun. Die aufsichtlichen den Finanzmärkten erleben, sind Prinzipien sind demzufolge eher quadazu angetan, regulatorische Reak- litativer als quantitativer Natur. Die tionen hervorzurufen, die über das beaufsichtigten Institute verfügen Ziel hinausschießen. Gefragt ist in damit über ein höheres Maß an Flexisolchen Situationen jedoch Augen- bilität bei der Erfüllung regulatoriBörsen-Zeitung, 14.6.2008 Die gegenwärtigen Finanzmarktturbulenzen haben nicht nur die Akteure an den Märkten in Aufruhr versetzt, sie haben auch die verschiedenen Regulierungsgremien weltweit auf den Plan gerufen. Auf internationaler Ebene sind dies vor allem das Forum für Finanzstabilität (FSF), der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, die Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) sowie der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Gruppe der führenden Wirtschaftsnationen (G 7). In Europa wird auf EU-Ebene ebenfalls an abgestimmten regulatorischen Reaktionen auf Impressum Börsen-Zeitung Sonderbeilage Finanzplatz Frankfurt Am 14. Juni 2008 Chefredaktion: Claus Döring, Bernd Wittkowski (Stv.) Redaktion: Claudia Weippert-Stemmer Anzeigen: Otto Wirsching Technik: Tom Maier Typografische Umsetzung: Josef Welsch Verlag der Börsen-Zeitung in der Herausgebergemeinschaft WERTPAPIERMITTEILUNGEN Keppler, Lehmann GmbH & Co. KG, Düsseldorfer Straße 16, 60329 Frankfurt am Main, Tel.: 069/2732-0, (Anzeigen) Tel.: 069/2732-115, Fax: 069/233702, (Vertrieb) 069/234173. Geschäftsführer: Ernst Padberg Druck: SOCIETÄTSDRUCK; Kurhessenstraße 4–6, 64546 Mörfelden-Walldorf scher Vorgaben. Neben den bisher genannten Facetten hat Regulierung auch eine interne und externe Dimension. Am Beispiel der europäischen Finanzmarktintegration lässt sich dies veranschaulichen. Europäische Finanzmarktregulierung hat das Ziel, den gemeinsamen Finanzbinnenmarkt durch grenzüberschreitend einheitliche Wettbewerbsbedingungen zu vollenden. Das Ziel eines „regulatorischen level playing field“ ist zu begrüßen, da es Regulierungsarbitrage verhindern hilft. Allerdings kann eine ausschließlich auf einheitliche Wettbewerbsbedingungen ausgerichtete, „zielfokussierte“ Regulierung die dadurch bedingten Anpassungsprozesse am Markt leicht aus dem Auge verlieren. Je nach regulatorischem Ausgangsniveau oder Marktentwicklungsstand können diese Prozesse aber für die Marktteilnehmer in den einzelnen Mitgliedstaaten durchaus unterschiedlich ausfallen und bewirken, dass beispielsweise einige Anbieter im Verlaufe dieser Anpassung auf der Strecke bleiben. Verantwortungsbewusste Regulierung muss also abwägen, ob die konsequente Verfolgung des Regulierungszieles die dynamischen Anpassungserscheinungen an den Märkten rechtfertigt oder etwa ein schrittweises Vorgehen zweckmäßig ist. Interne/externe Dimension Europäische Regulierung hat jedoch nicht nur eine nach innen gerichtete Dimension, die den Wettbewerb unter den Mitgliedstaaten nach gleichen Spielregeln regelt. Sie hat auch eine externe Ausrichtung. Die Europäische Union steht als Wirt- schaftsraum im globalen Wettbewerb. Europäische Finanzmarktregulierung muss daher weltweiten „best practices“ genügen, um international konkurrenzfähig zu sein. Die EU hat dies erkannt und in ihrem Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005 bis 2010 für sich reklamiert, bei der Standardsetzung auf internationaler Ebene eine führende Rolle zu spielen. Dieser ambitionierte Regulierungsanspruch der EU ist allerdings vor dem Hintergrund zu sehen, dass interne und externe Regulierungsperspektive nicht selten in einem Spannungsfeld stehen. So ist es durchaus vorstellbar, dass die Verfolgung bestimmter Anlegerschutzziele im Finanzbinnenmarkt die globale Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Marktes beeinträchtigt. Damit wird ersichtlich, dass Regulierungsfragen auch Standortfragen sind. Bedeutender Standortfaktor Regulierung – und zwar sowohl ihr Zustandekommen („Prozessebene“) als auch ihre inhaltliche Ausgestaltung („Substanzebene“) – ist ein bedeutender Standortfaktor für einen Finanzplatz, der erhebliche Auswirkungen auf dessen internationale Wettbewerbsfähigkeit hat. Regulierung kann damit auch als wesentliches Element einer aktiven Finanzplatzförderung angesehen werden. Gerade für den global vernetzten Finanzstandort Deutschland mit seinem Gravitationszentrum Frankfurt sind diese – recht naheliegenden – Erkenntnisse von entscheidender Bedeutung. Sie werden allerdings etwas komplexer, wenn man sich – wie bereits angedeutet – vor Augen hält, dass Finanzmarktregulie- rung für Deutschland eben nicht nur in Deutschland entsteht, sondern vor allem auch in Brüssel. Eins-zu-eins-Umsetzung In den vergangenen Jahren wurde auf europäischer Ebene eine Vielzahl verschiedener Richtlinien – wie zum Beispiel die Mifid – verabschie- „Europäische Regulierung hat auch eine externe Ausrichtung. Die Europäische Union steht als Wirtschaftsraum im globalen Wettbewerb. Europäische Finanzmarktregulierung muss daher weltweiten ,best practices‘ genügen, um international konkurrenzfähig zu sein.“ det. Bei der Umsetzung dieser Richtlinien in nationales Recht kommt es durchaus vor, dass die Mitgliedstaaten gewisse Spielräume nutzen können, um die Besonderheiten des jeweiligen Finanzplatzes zu berücksichtigen. Die Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag zu einer Eins-zu-eins-Umsetzung europäischer Finanzmarktrichtlinien bekannt. Sie hat sich damit gleichzeitig gegen das in der Vergangenheit häufig zu beobachtende sogenannte „Goldplating“ gestellt, durch das Mitgliedstaaten – im Rahmen des gerade noch rechtlich Zulässigen – nationale Sonderregelungen auf die EU-Vorgaben draufsattelten, um zum Beispiel die heimischen Institute vor EU-Konkurrenz zu schützen. Die Bundesregierung hat mit diesem Bekenntnis einen wichtigen Beitrag zur Transparenz und Berechenbarkeit von Regulierung für die Marktteilnehmer geleistet, da diese nicht mit „nationalen Überraschungen“ bei der Umsetzung von EURichtlinien rechnen müssen. Diese Verlässlichkeit dürfte sich mittel- bis langfristig auch positiv auf potenzielle ausländische Marktakteure auswirken, die in der deutschen Finanzmarktregulierung einen stabilen Rahmen für ihr künftiges Engagement sehen. Der Verantwortung bewusst Damit schließt sich gewissermaßen der Kreis: Finanzmarktregulierung mit Augenmaß leistet nicht nur einen sinnvollen Beitrag zur Finanzstabilität, sie ist überdies auch ein Standortfaktor, der die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Finanzplatzes maßgeblich beeinflusst. Die deutschen Finanzmarktregulierer – allen voran das Bundesministerium der Finanzen, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie die Deutsche Bundesbank – sind sich ihrer aus dieser Erkenntnis erwachsenen Verantwortung bewusst und gestalten in diesem Sinne den Regulierungsrahmen für die globalen und heimischen Finanzmärkte aktiv mit. Unser Service für Reisende Bed, Breakfast& Börsen-Zeitung Eine Auswahl von Partner-Hotels, die Ihnen morgens kostenlos die Börsen-Zeitung als Lektüre bieten. 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