Krieg gegen Bargeld

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Krieg gegen Bargeld
Wer will, kann den Euro als
politische
Machtergreifung
sehen, mit dem die Euro-Politik
sich Zugriff auf alles Geld der
Eurozone
verschafft
(Bild:
artbaggage, pixabay).
So ganz klappt das aber noch nicht, denn wenn Scheine und
Münzen erstmal ausgegeben wurden, sind sie dem Zugriff der
Zentralbank entzogen. Man kann dann keine negativen Zinsen
einführen, wie es die EZB für die Finanzindustrie schon tat,
um ihre Politik der Geldschwemme zu stützen. Passend dazu
müsste man vom Normalverbraucher verlangen, dass er für jeden
50er-Schein einen 49er-Schein eintauscht usw. Die EZB ist ja
für allerhand Kapriolen gut, aber das hat sie sich noch nicht
geleistet.
Schrumpfgeld
Im
wissenbloggt-Artikel
Gesell’sche
Geldspielereien
wird
dargelegt, dass solches "Schrumpfgeld" mit eingebautem
Negativzins nur funktionieren kann, wenn alle enteignet
werden. Sonst geht das Geld in andere Werte und wird in
Schmuck, Kunst und Immos investiert. Das eigentliche Ziel wird
verfehlt, das (Geld-)Horten zu verhindern, und das Gegenteil
wird erreicht.
Außer wenn das Bargeld ganz abgeschafft wird. Wenn alles Geld
nur noch als Bits und Bytes bei Banken und Zentralbanken
existiert, ist es dem Zugriff des Staats komplett ausgesetzt.
Dann kann abgewertet werden, und der Negativzins wäre
eingeführt. Natürlich würde dann auch die Flucht in die
Sachwerte einsetzen, und es käme zu einem Tauschhandel, wie er
in Griechenland bereits auflebt (siehe Zero Hedge).
Die Süddeutsche Zeitung schreibt übers Geld in Zahlungsmittel
– Nur Bares war Wahres (28.5.): Das Ende des Bargelds wird
gerade diskutiert. Sogar wohlmeinend. Dabei wird das Aus für
Schein und Münze die Volkswirtschaft völlig verändern. Und es
bedroht die Privatsphäre der Bürger.
Die Befürchtungen der SZ bei der Abschaffung vom Bargeld:
totale Überwachung, Aufgabe der Anonymität, kein Schutz mehr
vor Missbrauch und Übergriffen auf Konten, Kontrollverlust.
Die Aufbewahrung zuhause hat das Risiko des Wohnungseinbruchs,
aber lieber das als staatliche Übergriffe, sagen sich viele.
Bargeld
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung untersucht dasselbe Thema
in Bares ist Wahres – Warum hängen wir so am Bargeld? (31.5.):
Banken und Staaten würden das Bargeld am liebsten abschaffen.
Das empört die Deutschen. Aus gutem Grund, meint die FAZ.
Sinngemäß kann man die Sache so interpretieren: Alles Geld
gehört dann quasi dem Staat, und dann passiert das ewige
Wunder der Wertvernichtung: Ist das Geld erst mal in
Staatsknete verwandelt, dann ist es nur noch die Hälfte wert.
Bei Zero Hedge wird das noch schärfer abgehandelt in The War
On Cash: Why Now? (29.7.): An diversen Fronten rund um die
Welt wird demnach ein Krieg gegen das Bargeld eingeläutet (in
Dollars sind das 1,36 Billionen). Was bedeutet das?
Die Regierungen verfügen Kapitalkontrollen. Sie setzen dem
Gebrauch des Bargelds Schranken, sie limitieren die
Bargeldmenge, die man von Banken abheben kann, sie begrenzen
den Gebrauch von Bargeld bei teuren Einkäufen, und viele
Offizielle fordern gleich ganz die Abschaffung vom Bargeld.
Bail-in
Der Autor Tyler Durden hebt feinsinnige Unterschiede hervor:
Bargeld kann nicht durch einen Bail-in (i.e., officially
sanctioned theft) konfisziert werden, und es sind keine
negativen Zinsen oder sonstige Abgaben möglich. Und es ist
immer zur Hand, im Gegensatz zum Geld auf dem Konto, das bei
Bankproblemen gesperrt werden kann.
Wie manche von den Gurus (pundits) behaupten, hätte die
Bankenkrise von 2008 mit 6% Negativzins vermieden werden
können, denn dann hätten alle ihr Geld ausgegeben. Also weg
mit dem Bargeld?
Das Wort cash steht für Bargeld genauso wie für das Geld auf
dem Konto, deshalb muss das auf englisch unterschieden werden.
Beides ist der Inflation unterworfen, und stramm
kapitalistisch heißt es, die Inflation schadet den
Geldbesitzern und nutzt den Schuldnern. Aber das ist seit
Jahrzehnten so und erklärt nicht das gegenwärtige Interesse
der Regierungen an der Eliminierung des Bargelds. Warum tun
sie's dann genau jetzt?
Diebstahl
Weil Bargeld das Mittel ist, um Steuern und anderen Zugriffen
wie Negativzins zu
Staatsschulden muss
entgehen. In
die Inflation
Zeiten der hohen
zum Zinsendrücken
niedergehalten werden und erlaubt dem Staat keinen Zugriff via
Geldentwertung: In short, physical cash is extremely difficult
for governments to steal.
Der Autor begründet sein hartes Wirt vom Diebstahl mit dem
Unterschied zwischen den legalen Steuern, die man zum Erhalt
des Staates zahlen muss, und den Bail-ins, d.h. man nimmt das
Geld der Anleger für Bail-outs von Banken her (also
Bankensubventionierung auf Anlegerkosten). Die Banken seien ja
durch eigenes Verschulden insolvent geworden, nicht durch die
Schuld der Anleger. Deshalb seien Bail-ins Diebstahl, zwar vom
Staat legalisiert, aber trotzdem Diebstahl. (Anmerkung wb: von
der Eurozone, wo die Bail-ins seit Jahren als "Staatenrettung"
laufen, ist nicht die Rede.)
Dasselbe gelte für Negativzins. Auch wenn der legalisiert
würde, sei es Diebstahl: Die Banken zahlen ihren Besitzern
Profite und nehmen den Kunden dafür was weg. Und nun die
Verschwörungstheorie: Die Regierungen wollen mit ihrer AntiBargeld-Kampagne Bail-ins vorbereiten. Es soll negative Zinsen
geben und hohe Gebühren für Bargeld. Alle Schlupflöcher für
die Anleger sollen geschlossen werden, durch die sie dem
institutionalisierten Diebstahl entgehen könnten. Und weil
Bargeld der Fluchmechanismus ist, geht es gegen das Bargeld.
Bargeld sei nur dann ein Relikt vergangener Zeiten, wenn man
damit meint, dass der Normalverbraucher sein Geld vor
Umverteilungen und fremder Kontrolle schützen konnte. Diese
Kontrolle ziele immer mehr darauf, dass das Geld möglichst
schnell ausgegeben oder in den Finanzmarkt-Kasions verheizt
werden soll – warum?
Geldausgeben
Das geht gegen das Horten, das die Haushalte und Firmen
angeblich betreiben würden, statt das Geld auszugeben. Die
Lösung für die Rezession sei Geldausgeben, doch das sei ein
Fehlschluss. Der Autor zäht drei Fehler auf:
In Wirklichkeit haben die unteren 90% weniger Einkommen
als vor 15 Jahren. Also keine Rede von weniger ausgeben
wegen Horten, sondern wegen weniger Einkommen bei
höheren Lebenshaltungskosten. Nur die Reichen sehen
vielleicht weniger Möglichkeiten, ihr Geld arbeiten zu
lassen, und sitzen deshalb darauf. Nur sie haben mehr
auszugeben, plus die großen Konzerne. Die haben zwar die
"Glorie" der extremen Profitsteigerungen einkassiert,
aber die kleineren Unternehmen nicht. Die seien seit 6
Jahren in einer Rezession.
Geld horten ist außerdem die einzige sinnvolle Maßnahme
in einer Zeit der finanziellen Repression und
ökonomischen Unsicherheit. Der Wunsch der Zentralbanken,
man möge das Gesparte auf den Kopf hauen, ist gegen die
Interessen der Sparer.
Zudem sei der Kapitalismus angegriffen, wenn das
Gesparte angegriffen werde. Damit sei auch die
Möglichkeit des Aufstiegs angegriffen, denn nur wer
sparen kann, kann Wohlstand aufbauen. Wer bereits unter
den Besitzenden angekommen ist, wird bevorzugt. Er kann
zum Nullzins pumpen und in lukrativere Möglichkeiten
investieren. Den unteren 99,5% bleibt das verschlossen,
sie sollen in Zinsknechtschaft (serfdom) gehalten
werden. Ihr Geld sollen sie ausgeben oder durch Zinsen
und Abgaben abgenommen kriegen, damit sie keine
Investitionsmöglichkeiten ausnutzen können.
Der Artikel nennt das die Umkehrung vom Kapitalismus, und die
stehe uns in unserer kranken Ökonomie bevor: Immer mehr
Ungleichheit beim Einkommen, verringerte Möglichkeiten der
Unternehmensgründung,
steigende
Schuldenlasten
und
kurzzeitiger Aktionismus statt längerfristiger Planung, wie
sie für nachhaltige Produktivität und Wohlstand nötig wäre –
soweit der Artikel.
Bitcoins
Dagegen wurden mal die Bitcoins als Lösung ersonnen.
Theoretisch machen die einen unabhängig von Banken,
Notenbanken und Staaten, die gerade massiv an Vertrauen
einbüßen – die Bitcoins aber auch.
Bitcoin Is Evil (New York Times 28.12.14) – Der Ökonom Krugman
glaubt nicht an die Bitcoins: Geld soll nicht nur Tauschmittel
sein, sondern auch Wert haben. Beim Gold als Zahlungsmittel
ist beides gegeben, und beim Dollar auch, meint er, weil die
Fed theoretisch auch Dollars einstampft, wenn es zuviele gibt,
und so den Wert stabilisiert. Aber wo ist der Wert bei den
Bitcoins? Sie werden durch Computertechnologie nach oben
begrenzt auf 21 Millionen, so dass sie nicht beliebig
vermehrbar sind, aber nach unten? Da gibt es nix, was den Wert
erhält.
In dieselbe Richtung argumentiert die Frankfurter Allgemeine
Zeitung in Bitcoins Aufstieg und Fall einer seltsamen Währung
(15.3.): Dubiose Pleiten, geprellte Anleger und ein
mysteriöser Tod: Die Skandale um die Internetwährung Bitcoin
finden kein Ende. Die Bundesbank warnt.
850.000 Bitcoins im Wert von 473 Mio. Dollar seien abhanden
gekommen, und der Wert der Bitcoins erodiere. Die Bitcoin-Idee
entstamme der Finanzkrise, damit wollte die Internetgemeinde
ihr eigenes Geld etablieren.
Fazit: nötig wär's ja angesichts der neuen Bestrebungen, das
Geld komplett unter Staatskontrolle zu bekommen. Eine
internationale und unabhängige Währung wäre sehr
wünschenswert. Aber ob man den privaten Anbietern mehr trauen
kann als den Staaten?
Weitere Links:
Bericht aus der Zukunft: Bargeldlose Gesellschaft
Coin oder nicht coin
Ungerechtigkeit und Ungleichheit
Ungleich gleich unwirtschaftlich
Der Euro: größter Feind Europas
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