KöLNER REVISION Genussrecht[1] Vorbemerkung Genussrechte

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KöLNER REVISION
Genussrecht1
Vorbemerkung
Genussrechte
gewähren
Vermögensrechte,
die
typischerweise
Gesell-
schaftern zustehen, insbesondere eine Beteiligung am Gewinn/Verlust des Unternehmens und/oder am Liquidationserlös, daneben Informationsrechte, jedoch keine Stimmrechte und keine Rechte an den Anteilen des Unternehmens.
Sie sind meistens in einer Urkunde verbrieft (Genussschein), z. T. börsengelistet, und können von jeder Rechtsform, AG, GmbH, KG, und auch von VVaG
oder öffentlich-rechtlichen Unternehmen ausgegeben werden.2
Die Emission von Genussrechten dient in erster Linie als Finanzierungsinstrument in Form einer Einlage in bar. Es ist aber auch möglich, im Rahmen sonstiger Leistungen diese durch ein Genussrecht abzugelten, wie bspw. die Vergütung an Gründer, Angestellte, Geschäftsführer und Aufsichtsratsmitglieder oder
als Gegenleistung für die Überlassung von Patenten, Lizenzen, Know-How,
Goodwill, etc.
Genussrecht als eigenständiges Recht?
Da aus der Literatur nicht eindeutig hervorgeht, ob das Genussrecht ein selbstständiges Recht darstellen kann, ist auch eine Konstruktion mit der Vergabe
des Genussrechtes in der Hinsicht denkbar, dass der Gewährung von derartigen Vermögensrechten keine Gegenleistungen entgegenstehen müssen
(bspw. bei einer Schenkung). Hierauf soll im Folgenden allerdings nicht weiter
eingegangen werden.
1 Die Ausführungen zu diesem Thema sind im Wesentlichen in Anlehnung an Mezzanine
Finanzierungsinstrumente, Häger / Elkemann-Reusch, Erich Schmidt Verlag, Auflage 2004
2 Vgl. HGB-Jahresabschluss Erstellung und Prüfung, Stollfuß, Rd. 321, Thoms-Meyer
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Gesellschaftsrechtliche Grundlagen
Beim Genussrechtsvertrag muss die jeweilige Gesellschaftsform berücksichtigt
und auf diesen Kontext abgestimmt werden. Der Genussrechtsvertrag ist kein
Gesellschaftsvertrag, da es kein mitgliedschaftliches Beteiligungsrecht gibt.
Bei der AG hat die Hauptversammlung bei der Emission von Genussrechten
Zustimmungskompetenzen nach § 221 AktG.
Bei der GmbH wird empfohlen, dass eine satzungsmäßige Regelung besteht,
ob durch Gesellschafterbeschluss die Emission des Genussrechts genehmigt
wird. Eine dementsprechende gesetzliche Regelung gibt es nämlich nicht. Daher sollte eine Notwendigkeit dieser Bestimmung von der Bedeutung des Geschäfts abhängig gemacht werden. Es kann auf die allgemeinen Regeln zur
Einschränkung der Geschäftsführungsbefügnis in der GmbH abgestellt werden.
Bei der Kommanditgesellschaft sollten auch in der Satzung entsprechende
Regelungen zur Emission vorgenommen werden, da die Vertretungsmacht der
Gesellschafter hinsichtlich der Ausgabe von Genussrechten in § 116 HGB und
in der Literatur nicht eindeutig festgelegt und beurteilt ist. Allerdings ist schon
beim Vertrag i. S. d. § 230 HGB (Stille Gesellschaft) strittig, ob dieser nicht
schon zum Grundlagengeschäft gehört, das die Vertretungsmacht der Organe
überschreitet.3
Generell ist die Ausgestaltung des Genussrechtsvertrages sehr frei. Hier gibt es
verschiedene Regelungskomplexe und Grenzen:
3
Vgl. Handelsgesetzbuch Kommentar, Koller / Roth / Morck, § 116 Rz. 2 Koller, § 230 Rz. 12 Koller,
Verlag Beck, Aufl. 3, München 2002
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Laufzeit
(> 5 Jahre, wenn Ausweis als handelsbilanzielles Eigenkapital
gegeben sein soll, < 30 Jahre, wenn Ausweis als steuerbilanzielles Fremdkapital)
Tilgung
(Üblicherweise liegt eine Tilgung am Ende der Laufzeit, allerdings
können
vertraglich
auch
Sondertilgungsrechte
eingeräumt
werden)
Schuldrechtlicher Rahmen
(Im vertraglichen/schuldrechtlichen Rahmen des Genussrechtes
ist typischerweise auf die Langfristigkeit der Laufzeit abgestellt.
Aufgrund dieser festen Laufzeitregelung kommt die Einräumung
einer vorherigen ordentlichen Kündigung nicht in Betracht.
Allerdings bleibt auch für diesen Vertragstyp das außerordentliche
Kündigungsrecht nach § 314 BGB unabdingbar.)
Kapitalaufbringung und –erhaltung
(Das
Genussrechtskapital
unterliegt
nicht
der
Stammkapi-
talbindung nach § 30 GmbHG. Allerdings kann vertraglich etwas
Abweichendes geregelt werden)
Eigenkapitalersatz
(Die Grundsätze des Eigenkapitalersatzes sind explizit in den
§§ 32a, 32b GmbHG geregelt. Da beim Genussrecht diese
Rechtsfolgen meist durch eine Nachrangabrede ohnehin eintreten, hätten diese Regelungen keine weiteren Auswirkungen und
gelten nur, wenn der Genussrechtsinhaber auch gleichzeitig
Gesellschafter ist)
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Beteiligung am Gewinn
(Bestimmung
folgender
Gewinnorientierung,
Größen:
Bestimmung
Gewinnabhängigkeit
der
Bezugsmasse
oder
=
Be-
messungsgrundlage und des Bezugsberechnungsschlüssels)
Beteiligung am Verlust
(Muss explizit vereinbart werden und rechentechnisch definiert
werden)
Informations-, und Kontrollrechte
(bspw. Recht auf passive Teilnahme an der Gesellschafter- bzw.
Hauptversammlung mit beratender Stimme, Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunftsanspruch, beschränket auf die vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen Genussberechtigten und
der Gesellschaft)
Auf der einen Seite ist das Genussrecht rein schuldrechtlicher Natur, auf der
anderen Seite allerdings auch mit Vermögensrechten ausgestattet, so dass hier
eine Stellung zwischen Fremdkapital und Eigenkapital erlangt wird. Das
Genussrecht gehört damit zu den Mischformen der Finanzierungsinstrumente,
den so genannten hybriden Finanzierungsformen bzw. Mezzaninen Finanzierungen. Weitere Formen dieser Finanzierungsinstrumente und deren Unterscheidung zum Genussrecht werden im Folgenden beschrieben:
-Vorzugsaktien
Vorzugsaktien haben einen bestimmten Vorteil ggü. der Stammaktie vor allem
bei der Gewinnverteilung. Es wird in der Regel kein Stimmrecht gewährt.
Stimmrecht und die Unsicherheit des Anlegerschutzes sind beim Genussrecht
von der Vorzugsaktie im Wesentlichen zu unterscheiden. Stimmrecht insofern,
dass das Stimmrecht der Vorzugsaktie wieder aufleben kann. Dies hat Bestand
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bis Rückstände nachgezahlt sind, wenn der Vorzugsbetrag in einem Jahr nicht
oder nicht vollständig gezahlt und der Rückstand im nächsten Jahr nicht neben
dem vollen Vorzug dieses Jahres nachgezahlt wird (§ 140 Abs. 1 AktG). Ebenfalls wenn der Vorzug aufgehoben ist, gewähren die Aktien das Stimmrecht
(§ 141 Abs. 4 AktG).4 Es sind bei der AG nur solche Genussscheingestaltungen
zulässig, die nicht durch aktiengleiche Genussrechte versuchen, die Vorschriften der stimmrechtslosen Aktien zu umgehen und somit den Anlegerschutz gefährden würden. Bedingung hierfür ist, dass der Genussrechtsinhaber ggü. der
Vorzugsaktie besser gestellt sein muss. Dies
wird erreicht durch die Einräu-
mung einer Mittelstellung zwischen Aktionär und Gläubiger. Bspw.: Feste
Mindestausschüttung oder eine Rückzahlbarkeit des Genussscheinkapitals.
-Stille Gesellschaft
Personenverbindung, in deren Rahmen sich der stille Gesellschafter am
Handelsgewerbe oder an einem Teil des Handelsgewerbes eines Kaufmanns
mit einer Einlage beteiligt. Der stille Gesellschafter tritt nach außen nicht in Erscheinung, es handelt sich um eine reine Innengesellschaft.
Ein großer Unterschied zum Genussrecht ist, dass die stille Gesellschaft nicht
die Möglichkeit hat, verbrieft und an der Börse gehandelt zu werden. In der
Regel ist die stille Gesellschaft nicht rechtsgeschäftlich übertragbar und hat
dementsprechend nicht die vergleichbare Verkehrsfähigkeit. Auch ist die stille
Gesellschaft eine echte Gesellschaft im Gegensatz zum Genussrecht. Es besteht die Verpflichtung zur gegenseitigen Förderung eines gemeinsamen
Zwecks (§ 705 BGB). Des Weiteren besteht bei der typischen stillen Gesellschaft keine Beteiligung am Liquidationserlös.
-Partiarischen Darlehen
4 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Kommentierung Aktiengesetz zu § 152 Tz. 7
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Langfristiger Kredit bzw. Darlehen, für das kein fester Zins, sondern eine Gewinnbeteiligung oder vom Gewinn abgeleitete variable Verzinsung vereinbart
worden ist.
Das Genussrecht kann im Gegensatz zum Darlehen weitere Vermögensrechte
beinhalten wie Bezugsrechte, Anspruch auf Liquidationserlös, Wandlungsrechte und die Nutzung von gesellschaftseigenen Einrichtungen. Der größte Unterschied dürfte wohl im Vorliegen einer Verlustbeteiligung und/oder der Beteiligung am Liquidationserlös bestehen.
Bilanzierung
Entweder wird das Genussrecht als Fremdkapital passiviert oder unmittelbar in
das Eigenkapital eingestellt. Kumulative Voraussetzungen für den Ausweis als
Eigenkapital nach Auffassung des HFA des IDW:5
-
Wenn eine Rangrücktrittsvereinbarung über das überlassene Kapital vereinbart würde (d.h. ein Rückzahlungsanspruch des Genussrechtsinhabers kann im Insolvenz- oder Liquidationsfall erst nach Befriedigung
aller anderen Gläubiger geltend gemacht werden)
-
das Kapital längerfristig überlassen wird (in diesem Zeitraum wird
die
Rückzahlung für beide Seiten ausgeschlossen)
-
erfolgsabhängige Vergütung (d.h. sie muss unter der Bedingung
stehen, dass sie nur aus Eigenkapitalbestandteilen geleistet werden
darf, die nicht besonders gegen Ausschüttungen geschützt sind)
-
Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe der Einlage
Das gegen Genussrechte überlassene Kapital ist unter entsprechender Bezeichnung als „Genussrechtskapital“ gesondert im Eigenkapital oder ggf.
gesondert unter den Verbindlichkeiten auszuweisen. 6 Bei fehlen einer Voraussetzung muss das Genussrecht als Fremdkapital passiviert werden. Ein Ausweis in einem Sonderposten zwischen Eigenkapital und Fremdkapital ist nicht
5 Vgl. HFA 1/1994, Abschn. 2.1.1.
6 Vgl. HFA 1/1994, Abschn. 2.1.3.
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zulässig. Zu einer Umqualifizierung von EK in FK kommt es, wenn innerhalb
des dem Stichtag folgenden Geschäftsjahres die Rückzahlung möglich ist. 7
Liegt für das Genussrecht ein Forderungsverzicht nach § 397 BGB vor, bleibt
es trotzdem EK.8 Eine erfolgswirksame Erfassung des Genussrechtskapitals erfolgt nur, wenn bei Ausgabe des Genussrechts kein fester Rückzahlungsanspruch besteht.9 Im Anhang sind die Genussrechte zu erläutern, insbesondere
ist der frühestmögliche Kündigungs- und Auszahlungstermin anzugeben.10 AG
und KGaA müssen zusätzlich Angaben nach
§ 160 Abs. 1 Nr. 6 AktG
machen.11
Steuerliche Konsequenzen
Aus der Sichtweise des Kapitalgebers:
Bei der Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an wiederum einer anderen Kapitalgesellschaft sind die Erträge aus diesen Beteiligungen für den Anleger nach
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 8 b Abs. 1 KStG grundsätzlich steuerfreie Erträge. Lediglich 5% des Bruttoertrags sind pauschal nicht abziehbare Betriebsausgaben. Dies führt bei einer derzeitigen Steuerbelastung von rd. 40 % zu
einem effektiven Steuersatz auf die Erträge von 2 %. Kumulative Voraussetzungen für die Gewährung dieser Steuerfreiheit sind:
Die Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft. Es
muss keine Beteiligung am Verlust gegeben sein um die Voraussetzungen zu
erfüllen. Eine Beteiligung am Liquidationserlös liegt stets dann vor, wenn das
Genussrechtskapital zuzüglich der anteiligen stillen Reserven zurückzuzahlen
ist.12 Dies kann in den Genussrechtsbedingungen schriftlich festgehalten
werden. Die Gewinnbeteiligung kann als Bemessungsgrundlage das handelsbi-
7
8
9
10
11
12
Vgl. HFA 1/1994, WPg, 419 ff. Tz 2.1.1.c.
Vgl. Beckscher Bilanzkommentar, Hoyos/M.Ring, § 247 Tz 228, Auflg. 6
Vgl. HFA 1 /1994, WPg 419 ff. Tz 2.1.2.
Vgl. HFA 1/1994, Abschn. 2.1.3.
Vgl. HGB-Jahresabschluss Erstellung und Prüfung, Stollfuß, Rd. 323, Thomas-Meyer
Vgl. BFH, Urteil v. 14.06.2005, VIII R 73/03
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lanzielle Ergebnis, die tatsächliche Ausschüttung an die Gesellschafter oder
eine andere aus dem Jahresabschluss abgeleitete Kennziffer sein. Als Gewinnbeteiligung wird nur die Beteiligung an einem positiven Ergebnis
verstanden. Die Gewinnbeteiligung setzt voraus, dass die Vergütung mittelbar
oder unmittelbar von der Höhe des zugrunde gelegten Gewinns abhängt.
Möglich ist eine feste als auch eine variable Gewinnbeteiligung.
Aus Sicht des Kapitalnehmers:
Für die Steuerbilanz ist die Handelsbilanz maßgeblich. Ausnahme besteht bei
Genussrechten an Kapitalgesellschaften, wenn hier eine Beteiligung am Liquidationserlös und eine Gewinnbeteiligung besteht, wird diese Vergütung steuerlich nicht als Betriebsausgabe anerkannt sondern als Ausschüttung gewertet.
Somit wird das Genussrecht dann in der Steuerbilanz zu Eigenkapital, obwohl
es handelsrechtlich Fremdkapital darstellt. Handelsbilanziell und steuerbilanziell
kann der Ausweis des Genussrechtskapitals somit auseinander liegen. Auch
ein Ausweis als Eigenkapital in der Handelsbilanz und gleichzeitiger Ausweis
als Fremdkapital in der Steuerbilanz ist möglich, indem die Voraussetzungen
für die handelsbilanzielle Ausweismöglichkeit gewahrt wird gleichzeitig aber
keine Beteiligung am Liquidationserlös gegeben ist. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass bei der Vereinbarung einer Mindestverzinsung des Genussrechts, diese erheblich geringer sein muss, als die zum Zeitpunkt der Emission
auf vergleichbare Anleihen zu zahlenden Zinsen, da bei einer hohen Mindestverzinsung die steuerliche Eigenkapitaleigenschaft aberkannt werden könnte.
Sollte eine dieser Voraussetzungen nicht gegeben sein wird steuerlich das
Genussrecht als Fremdkapital behandelt und somit, die hierfür zu zahlenden
Zinsen beim Emittenten als Betriebsausgabe abziehbar werden. 13
Köln, 23. August 2006
Dr. Michael Stöffler
Nadine Utke
13 Vgl. BFH, BStBl II, 1987, 644
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