Kinder aus Familien mit Fluchterfahrung und der Bildungs

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Kinder aus Familien mit Fluchterfahrung und
der Bildungs- und Erziehungsplan Hessen
Chancen und Herausforderungen für die Kindertagespflege
Themen
1. Kindertagespflege und der BEP
2. Kinder aus Familien mit
Fluchterfahrungen
3. Herausforderungen
4. Chancen
11.10.2016
Familien mit Fluchterfahrung in der Kindertagespflege _ Regionaltagung Hessen _ Kobelt Neuhaus
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In Hessen: Bildungsplan der 2. Generation*
*
Aussage von Prof. Dr. mult.W.Fthenakis
11.10.2016
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Kindertagespflege als Bildungsort
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4
BEP als Antwort auf zunehmende Vielfalt
und Veränderung
•
Veränderte Herausforderungen an das
Bildungssystem
•
Berücksichtigung von kultureller Diversität und
sozialer Komplexität
•
Globalisierung als Herausforderung für
Kommunikation
•
Inklusion als Voraussetzung für gesellschaftliche
Kohäsion
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Neues Verständnis von Bildung im BEP
Bildung als sozialer Prozess
Das Kind ist von Anfang an in soziale Beziehungen eingebettet.
Es gestaltet seine Entwicklung aktiv mit, aber nicht allein !
Das Beziehungsnetz gestaltet sich im reellen wie im virtuellen Raum
Qualität entsteht nicht (nur) durch beste Rahmenbedingungen,
sondern vor allem durch die Beziehungsgestaltungskompetenz von
Eltern und Kindertagespflegepersonen
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Ziele des BEP: Stärkung kindlicher Kompetenzen
unbesehen die Ausgangslage
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Kompetenzorientierung von Anfang an
Verantwortungsvoll und
werteorientiert
handelnde Kinder
Religiosität und
Werteorientierung,
Gesellschaft, Wirtschaft und
Kultur, Demokratie
und Politik, Umwelt
Starke Kinder
Emotionalität, soziale
Beziehungen, Gesundheit,
Bewegung Lebenspraxis
Kommunikationsfreudige und
medienkompetente
Kinder
Sprache, Literacy
und Medien
Lernende,
forschende und
entdeckungsfreudige Kinder
z.B. Mathematik,
Naturwissenschaften, Technik
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Kreative, fantasievolle
und künstlerische Kinder
Bildnerische Darstellung,
Musik, Eindruck und
Ausdruck
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Folie von
Prof.Dr.mult.Fthenakis
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Recht auf Kindertagespflege
Kinder aus Familien mit Fluchthintergrund haben einen Rechtsanspruch auf
Erziehung, Bildung und Betreuung nach § 22 SGB VIII und Förderung nach §
24 SGB VIII, sobald sie analog § 6 SGB VIII ihren gewöhnlichen Aufenthalt in
Deutschland haben.
D.h.: vom Zeitpunkt der Aufnahme in einer Folgeunterkunft haben Kinder ab
dem ersten Geburtstag bis zur Einschulung einen Rechtsanspruch auf einen
Betreuungsplatz in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege.
Für Kinder unter einem Jahr besteht eine – nicht einklagbare – objektivrechtliche Verpflichtung zur Förderung in Kindertageseinrichtungen oder
Kindertagespflege, wenn eines oder mehrere der gesetzlich festgelegten
Bedarfskriterien erfüllt sind (§ 24 Abs. 1 SGB VIII). Der Umfang richtet sich
dann nach dem entsprechenden individuellen Bedarf (§ 24 Abs. 1 S. 3 SGB
VIII).
Deutsches Jugendinstitut e.V. (2016): Rechtsexpertise: Flüchtlingskinder und ihre Förderung in Tageseinrichtungen und
Kindertagespflege. München
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Chancen für Kinder aus Familien mit
Fluchterfahrung in der Kindertagespflege
O
Individuelle Betreuung im familiären Rahmen
O
Feste Bezugspersonen
O
Kennenlernen anderer Familienkulturen und der gesellschaftlichen
Bedingungen durch Kontakt zwischen TPP/Kind/Eltern
O
Sprachliche Weiterentwicklungschancen des Kindes
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Kinder zwischen Autonomie und Bindung
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Der BEP legt Schwerpunkte auf Autonomie und
Demokratie
Fähigkeit und Bereitschaft
zur Demokratischen
Teilhabe
Einhalten von Gesprächs- und
Abstimmungsregeln
Einbringen und Überdenken
des eigenen Standpunkts
Kompetenzen
zum Handeln im
sozialen Kontext
Soziale Kompetenzen
Empathie
Kommunikationsfähigkeit
Teamfähigkeit
Konfliktmanagement
Zuhören und Aushandeln
Fähigkeit und Bereitschaft zur
Verantwortungsübernahme
Verantwortung für das eigene
Handeln
Verantwortung anderen Menschen
gegenüber
Verantwortung für Umwelt und
Natur
Entwicklung von Werten und
Orientierungskompetenz
Gefühl der Zugehörigkeit und Konstruktion
des Verständnisses von Realitäten
Sensibilität für und Achtung vor Anderssein
Solidarität
Sozial und ökologisch verantwortlicher
Umgang mit der eigenen Handlungsfreiheit
Auseinandersetzung mit Religionen
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Kulturelle Modelle - Bildungs- und Erziehungsziele
Pole-Positions kultureller Modelle:
• Modell der psychologischen Autonomie: Kind als Akteur seiner
Entwicklung
• Modell der hierarchischen Verbundenheit: hierarchisches
Generationenverhältnis; zentrale Werte sind z.B. die soziale
Verantwortung, Gehorsam gegenüber den Eltern, Respekt vor Älteren.
Dazwischen gibt es viele kulturabhängige Varianten, individuell abhängig
von der Herkunft, vom Niveau formaler Bildung und der sozioökonomischen Situation, aber auch von Alter und Familienkonstellation.
Nicht die Herkunft macht den Unterschied, sondern die
Familienkultur!!!! Die Vielfalt an Familientraditionen und –einflüssen
führt dazu, dass es in jedem Land und in jeder Ethnie viele Kulturen gibt.
Keller, Heidi (2011): Kinderalltag. Kulturen der Kindheit und ihre Bedeutung für Bindung, Bildung und Erziehung. Berlin: Springer
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Perspektivenwechsel
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Kindertagespflege wird zum Willkommensort
wenn ….
- eine kultursensitive Haltung selbstverständlich ist: Vorurteilsbewusstheit
und Anti-Diskriminierung
- Vielfalt erwartet wird und nicht mit „Einfalt“ beantwortet wird:
Erziehungsvorstellungen, Entwicklungsziele, Rolle der Eltern und der
Fachkräfte, Verständigung, psychische Belastungen …..
- Vorerfahrungen mit Familien mit Migrationsgeschichte nicht vergessen
gehen
- nicht nur die Bildung im Vordergrund steht, sondern auch Verständnis
da ist für das ganzheitliche Sicherungsbedürfnis
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Gewohnheiten und Erfahrungen erkennen
Litauen
Namibia
China
Deutschland
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Fremdheit überwinden
Aus Kobald/Blackwood (2016): Zuhause kann überall sein. Knesebeck
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Alle Menschen der
Welt stammen
von den ersten
Menschen ab.
Wir haben alle
dieselben
Vorfahren. Unsere
Ur-ur-ur-ur- und
nochmal 90.000
Ur-Ur-Großeltern
haben vor 7 Mio.
Jahren in Afrika
gelebt.
Tuckermann/Schulz (2015): Alle da.
Klett-Kinderbuch
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An Gewohnheiten und Erfahrungen anknüpfen
http://jamesmollison.com/books/where-children-sleep/
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Bildung ist Aneignung von Welt(en)
•
kulturelle Welt („kulturelle Erbe“, Sprache, Wissen, Kenntnisse und
Techniken, auch Philosophien, Religion und Überlieferungen)
•
materiell-dingliche Welt(die äußere Welt der Natur und der von
Menschenhand geschaffenen Dinge, des gesellschaftlich Produzierten)
•
soziale Welt (soziale Ordnung der Gesellschaft, Regeln des
kommunikativen Umgangs, die politischen Gestaltung des Gemeinwesens)
•
subjektive Welt(die eigene Person, die „Innenwelt“ und die eigenen
„Körperwelten“)
Aneignung erfolgt über dialogische Teilhabe – Kinder, die hier
ankommen, sehen sich einer fremden Welt gegenüber
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Bildung als Ko-Konstruktion
Ko-Konstruktion als pädagogischer
Ansatz heißt, dass
Lernen durch Zusammenarbeit
stattfindet, also von
Fachkräften und Kindern
gemeinsam ko-konstruiert wird.
Der Schlüssel dieses Ansatzes ist
die soziale Interaktion.
Wassilios E. Fthenakis (*1937)
(Fthenakis, didacta – Kinderzeit 3/2009)
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Ko-Konstruktive Aushandlungsprozesse heute
•
Eine gewandelte „Philosophie“ im Umgang mit und bei der Bewertung von
Diversität
•
Vom individuellen zum kooperativen Lernen
•
Ideen aller Kinder ernst nehmen und wertschätzen
•
Theorien der Kinder als Entwicklung verstehen und nachfragen
•
Fehler als wichtigen Teil des Lernprozesses verstehen
Wertschätzung von Vielfalt an Stelle von Toleranz !
(tolerare = ertragen, aushalten, dulden) Apell zur Toleranz richtet sich an die
Mehrheitsgesellschaft.
Ko-Konstruktion bedeutet auch Vorurteilsbewusstheit: gleichberechtigte
Begegnung, in der sich alle Beteiligten verändern wollen und gemeinsam
versuchen, eine neue Qualität des Zusammenlebens zu entwickeln.
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Fremdheit als emotionale Erfahrung
ko-konstruktiv abbauen
Fragen:
- Was war der Fluchtgrund? Wie
extrem sind die traumatischen
Erlebnisse?
Antworten
• Offenheit, Zugewandtheit, Geduld
und ggf. Unterstützung durch
Fachpersonen holen
- Wie schnell ging die Entscheidung
zur Flucht? Konnte von geliebten
Menschen Abschied genommen
werden?
•
Bindungen aufbauen, verlässliche
Nähe und angemessene Distanz,
Begrüßung und Verabschiedung
als Schlüsselkompetenz
- Sind die Kinder mit ihren Eltern
geflohen? Als Familie oder mit
einem traumatisierten Elternteil?
Wie stark und schützend wirken
die Eltern auf ein Kind?
•
Eltern und Verwandte mit im
Blick, Familiengeschichte
verstanden? Eltern stärken und
begleiten – Trennungs- und
Bindungsängste wahrnehmen
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Menschen auf der Flucht
Niemand flieht freiwillig.
Menschen auf der Flucht sind
die unausweichliche
Begleiterscheinung von
Krieg, Terror, Klimawandel,
Ausbeutung oder
Vertreibung.
•
Zur Zeit sind davon
weltweit etwa 60 Mill.
Menschen betroffen.
•
50 Prozent aller Menschen
auf der Flucht sind jünger
als 18 Jahre.
•
Im Jahr 2016 wird mit ca. 80.000 Kindern von 0-6 Jahren gerechnet, die
neu nach Deutschland kommen werden.
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Spezifische Aspekte von Ko-Konstruktionen
Ko-Konstruktion bedeutet: jede/r hat die „gleichen“ Chancen der verbalen oder
nonverbalen Teilhabe im Lernprozess
Chancengerechtigkeit
im Kontext Kindertagesbetreuung entwickeln meint die Berücksichtigung
von
1. kulturellen Aspekten
2. geschlechtsspezifischen Aspekten
3. persönlichen Aspekten, zum Beispiel besonderen Bedürfnisse (Trauma,
Behinderung, Alter, Sprache …)
sowohl bei den Eltern als auch bei den Kindern
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Auseinandersetzung mit elterlichen
Überzeugungssystemen
Bezogen auf
• Bedürfnisse von Kindern
•
Erwartungen, wann ein Kind welche Entwicklungsschritte erreicht haben
sollte
•
Überzeugungen zur Beeinflussbarkeit von Kindern
•
Erziehungs- bzw. Sozialisationsziele
•
Überzeugungen zur Wirkung unterschiedlicher Erziehungsstile und
spezifischer Erziehungspraktiken
(Kalicki 2003; Sigel & McGillicuddy-De Lisi 2002; Goodnow 2002; Super & Harkness 1997; Friedelmeier 1995)
11.10.2016
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Besondere Herausforderung: Kultur
Die Kultur ist die Brille, durch die wir die Welt sehen.
Wir brauchen:
• reflektiertes Wissen um die eigenen,
persönlichen Vorstellungen und
Haltungen
•
einen kultursensitiven Ansatz und
interkulturelle Kompetenz
•
Kenntnis über elterliche
Ethnotheorien und ihr Bild vom
(Klein)Kind im Kulturvergleich
•
Umgang mit als (kulturell) different
wahrgenommenen elterlichen
Erziehungsvorstellungen und praktiken
Tuckermann/Schulz (2015): Alle da! Klett-Kinderbuch
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Die Vision heißt Inklusion
Inklusion geht aus von der
Gesellschaft vieler
Verschiedener, die in allen
Bereichen des Lebens
selbstverständlich
teilnehmen und deren
Bedürfnisse ebenso
selbstverständlich
berücksichtigt werden.
Inklusion bedeutet
Mitbestimmung und
Mitgestaltung für alle
Menschen ohne Ausnahme
11.10.2016
Das deutsche
Gesellschaftssystem
ist bisher von Praxis
und der Theorie der
Selektion bzw.
Integration geprägt.
Selektionskriterien
sind z.B. Alter,
Kompetenzen,
Intelligenz,
Herkunft und
Zugehörigkeit
(z.B. für Finanzen,
Zuschüsse …)
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Wir nehmen unsere Erwartungen unter die Lupe
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Interkulturelle Kompetenzen
• Empathie (Einfühlungsvermögen)
• Selbstreflexivität
• Fähigkeit zum Perspektivwechsel
• Fähigkeit zum Aushalten von Unsicherheiten, Unterschiedlichkeiten und
Uneindeutigkeiten
• Konfliktfähigkeit
• Personenzentriertes Verhalten in Gesprächen
• Aktives Zuhören
• Stetige Anpassung des eigenen Handlungsrahmens
Yoksulabakan, Gülcan / Haddou, Nele: Grundlagen interkultureller Arbeit in Kitas. In: Heidi Keller (Hrsg.): Interkulturelle
Praxis in der Kita. Freiburg: Herder 2012, S. 65-78
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Empathie und Spiegelung
•
Die Fähigkeit sich in das Kind und seine
Eltern hinein zu versetzen und die Welt
mit ihren Augen zu sehen:
o
o
o
o
•
Spiegelneuronen: Emotionen des Gegenüber
empfangen
Gefühle
Denkstrukturen
Überzeugungssysteme
Anpassungsstrategien
Die Empathie- und
Nachahmungskompetenz der Kinder
nutzen und einsetzen
Empathie üben heißt nicht, dass man mit
allem, was das Gegenüber tut,
einverstanden ist. Es heißt, die Sichtweise
ausprobieren, sich hineinfühlen und für sich
eine Entscheidung zu treffen, die
kommuniziert werden kann.
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Zuhören und Verstehen
Erziehungsvorstellungen der Familien sind unterschiedlich!
Zuhören und nach Wünschen der Familien mit Fluchterfahrung
fragen, statt vorschnell „wissen“, was Kinder aus Familien mit
Fluchterfahrung brauchen!
Eine wertschätzende Haltung akzeptiert kulturelle Unterschiede und begegnet
ihnen mit Neugierde, Sensibilität und Offenheit.
Voraussetzung: Persönliche und professionelle Auseinandersetzung mit dem
identitätsstiftenden „Eigenen“ und dem tendenziell auch immer
identitätsbedrohenden „Fremden“ und „Anderen“.
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Interkulturelle Verständigung
Aufgabe: Ein Sprachmittlernetz entwickeln
Achtung: Selbst Menschen aus dem gleichen Herkunftsland verstehen sich oft
nicht.
Verständigung mit Händen und Füßen, unterstützt von Bildertafeln oder aus
dem Internet gezogenen Wörterbüchern, Sprachführern und
Übersetzungsdiensten ist auf Dauer zu ungenau.
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Der inklusive Dialog
Selbstverständlich
begegnen wir uns auf
Augenhöhe!
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Hindernisse
Die gedankenlose Gleichsetzung von routinemäßigen Arbeiten mit
„Verantwortung“
Das Ungleichgewicht von Erwartungen und Fähigkeiten
Tunnelblick: Wir sehen nur das, was nicht klappt.
Die Erschütterung über Themen wie Flucht und Vertreibung führt meist zu
einer Zentrierung auf defizitäre / schreckliche Aspekte. Eltern und Kinder
müssen aber in ihrem (neuen) Leben zurecht kommen. Wir unterstützen sie,
indem wir den Rückblick nicht verweigern, aber nach vorne blicken.
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Akzeptanz und Respekt
Wir akzeptieren und respektieren die Besonderheiten von Eltern und
Kindern
 aktives Interesse an ihren Aktivitäten;
 Sie darin unterstützen, eigene Stärken (und
Schwächen) zu erkennen (vor dem
Hintergrund des neuen Lebensumfelds!);
 Zukunftsglauben vermitteln
 Sie nicht vor Anforderungssituationen
bewahren, aber abschätzen, was wir ihnen
zumuten können.
Bilder aus: Boujon, Claude (2000): La chaise bleue. Ecole des Loisirs
Escarbille, le long loup maigre, et Chaboudo, le toutou à courtes pattes
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Wirksames Kommunizieren
 Wir hören aktiv zu
 Wir spiegeln: „Ich habe dich gehört!“
 Wir haben einen fairen Ton
 Wir äußern uns nicht als Besserwisser
 Wir akzeptieren das Temperament des
Kindes
 Wie zeigen unsere eigenen Grenzen auf
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Wir stärken Kompetenzinseln
Wir identifizieren die
„Kompetenzinseln“ der Kinder und
Eltern
Wir zeigen unsere Freude an ihrem
Erfolg
Wir betonen das, was sie von sich aus
dazu beigetragen haben
Wir lassen ihnen Zeit zur Entwicklung
ihrer Stärken
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Eltern mit Fluchterfahrung haben neue
Herausforderungen zu bewältigen
Tradierte Rollenerwartungen an Vater und Mutter funktionieren nicht
mehr:
Aufgabe der Väter war vielfach die existenzielle Absicherung der Familien –
die der Mütter die gesunde Entwicklung und Ernährung des Kindes. Die
Verwandtschaft und das Dorf waren für die moralische Entwicklung zuständig.
Nach der Flucht sind diese Rollen oft verändert. (Frauen finden leichter
Arbeit als Männer, erleben eine neue Wertigkeit …..)
Traditionen werden aber beibehalten, weil sie Rückhalt geben und vertraut
sind. Beispiele:
„Essen hält Leib und Seele zusammen“ und „Wer weiß, ob es morgen noch
etwas zu essen gibt?“
„Männer sind die Oberhäupter der Familien“ und „Respekt vor den Älteren hat
Vorrang“
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Hinter die Fassade schauen
Kindlicher (und
elterlicher)
Eigensinn ist nicht
nur ein StörElement, sondern
auch ein
Schutzfaktor!
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Resilienz aktivieren
Schutzfaktoren sind:
•
Frühe und enge Bindung an mind. einen
stabilen Menschen, der sensibel auf die
Bedürfnisse des Kindes eingeht (Eltern,
Großeltern, Tagesmutter usw.)
•
Religiöse Grundüberzeugungen,
•
Vorbilder zum Umgang mit Fehlern oder zum
Umgang mit Neuem
Grenzen des Resilienzkonzeptes
Stärken und Stabilität können in unterschiedlichen Kulturen unterschiedlich
aussehen!
Wir sind nicht der Maßstab aller Dinge!
Ein an Stärken orientierter Ansatz darf nicht verwechselt werden mit einem
ausschließlich an (demokratischen) Lösungen orientiertem Denken.
Manchmal gibt es keine Lösung, die uns gefällt.
Wir lernen angesichts von Fremdem, mit unbeantworteten Fragen zu leben
und die Unsicherheiten auszuhalten.
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es gibt noch viel zu tun –
Danke für Ihre Aufmerksamkeit
Daniela Kobelt Neuhaus
Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie
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