Hinweis: Dieses Protokoll stammt von der Seite www.chids.de (Chemie in der Schule). Dort können unterschiedliche Materialien für den Schulunterricht herunter geladen werden, unter anderem hunderte von Experimentalvorträgen so wie der vorliegende: http://online-media.uni-marburg.de/chemie/chids/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html Übungen im Experimentalvortrag SoSe 2002 Organische Chemie Thema: „Hildegard von Bingen – Die Heilkraft der Natur“ Verfasser: Jan Kirchhein 1 Gliederung 1. Einleitung S. 3 1.1 Fachdidaktische Überlegungen S. 3 1.2 Das Leben der Hildegard von Bingen S. 4 2. Von den Pflanzen 2.1 2.2 2.3 S. 5 Vom Ingwer und vom Galgand S. 5 Versuch 1: Extrakte mit Wein S. 6 Versuch 2: Trocknen der pflanzlichen Rhizome S. 8 Versuch 3: Extraktion der „scharfen Inhaltsstoffe“ S. 10 Versuch 4: Säulenchromatographische Trennung S. 13 Versuch 5: Antifungizide Wirkung S. 18 Vom Beifuss S. 21 Versuch 6: Beifuss-Extrakte mit Wein und Speiseöl S. 22 Von der Schafgarbe S. 23 Versuch 7: Herstellung einer Salbe S. 24 3. Von den Fischen: Vom Wal Versuch 8: Vitamin-Chamäleon in Lebertran S. 26 S. 27 4. Schlussfolgerungen S. 29 5. Literatur S. 29 2 1. Einleitung Mit der Wahl des Themas „Hildegard von Bingen – Die Heilkraft der Natur“ soll zum einen die historische Dimension der Naturheilkunde und der damit verbundenen chemischen Verfahren zur Extraktion von einzelnen Wirkstoffen aus Pflanzen beleuchtet werden. Zum anderen sollen aktuelle Fragestellungen zur Extraktion und Aufreinigung von sekundären Pflanzeninhaltsstoffen und zu deren Wirkung auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen thematisiert werden. Weiterhin stellt das vorliegende Thema eine Verbindung zwischen den Wissenschaften Chemie und Biologie dar, da ausgehend von pflanzlichen Wirkstoffen die jeweilige Pflanze als lebender Organismus mit einer Vielzahl physiologischer Prozesse thematisiert werden kann. Auch die ökologischen Ansprüche von Pflanzen bezüglich Nährstoffen, Wasser und Sonnenlicht können aus chemischer und biologischer Sicht beleuchtet werden. Im Folgenden werden sechs Versuche zur Extraktion, Auftrennung und zur medizinischen Wirkung von Inhaltsstoffen aus den Pflanzen Ingwer, Galgand, Schafgarbe, Beifuß und aus dem tierischen Produkt Lebertran aus historischer und aktueller Perspektive beschrieben. 1.1 Fachdidaktische Überlegungen Die historische Komponente des Themas „Hildegard von Bingen – Die Heilkraft der Natur“ eignet sich für einen Einstieg in die Chemie als Unterrichtsfach. Anhand des Forscherdrangs der Heiligen Hildegard lassen sich frühe Bestrebungen, die Natur als eine Quelle der Humanmedizin zu nutzen, verdeutlichen und durch die recht einfachen und ungefährlichen Extraktionsmethoden der pflanzliche Wirkstoffe erhalten die Schülerinnen und Schüler erste Einblicke in chemische Arbeitstechniken. Durch die Wahl von Pflanzen des Wegrandes (Beifuß und Schafgarbe), denen viele Kinder auf Spaziergängen oder beim Spiel in der Natur bereits begegnet sein dürften, wird ein Bezug zu ihrem Alltag hergestellt. Auch die körperlichen Beschwerden, welche die hergestellten Extrakte zu lindern versprechen (Verletzungen der Haut, Magenbeschwerden), sind alltägliche Probleme der Kinder. 3 Verglichen mit den verbindlichen Unterrichtsinhalten des Rahmenplanes Chemie an Gymnasien, können durch das vorliegende Thema folgende Aspekte angesprochen werden: Aggregatzustände, Stoffgemische, Lösemittel, Trennverfahren im Labor (Jahrgangsstufe 8) und Lösemittel (im Besonderen: Alkanole und fette Öle als Lösemittel), Wasser, Fett und Öl bei der Körperpflege (Jahrgangsstufe 9 II). Neben dem Unterricht in der Sekundarstufe I eignet sich das Thema „Hildegard von Bingen – Die Heilkraft der Natur“ auch für einen projektorientierten Unterricht in der Sekundarstufe II, zum Beispiel in einem Wahlpflichtfach Biochemie. 1.2 Das Leben der Hildegard von Bingen 1098 Hildegard wird als zehntes Kind einer Adelsfamilie in Bermersheim, wenige Kilometer nördlich von Alzey, in Rheinhessen geboren. 1106 Als Kind wird sie einer Äbtissin zur Erziehung übergeben und hat erste Visionen. 1136 Hildegard wird Äbtissin und übernimmt die Leitung einer Gemeinschaft frommer Frauen auf dem Disibodenberg. 1141 Beginn der Niederschrift ihres ersten großen Visionsbuches Scivias („Wisse die Wege“), das sie sechs Jahre zuvor auf göttlichen Befehl begonnen hatte. 1147 Gründung des Klosters Rupertsberg bei Bingen. 1151 Beginn der Abfassung der Werke Physica und Causae et curae.1160 Hildegard ist viel auf Reisen, um öffentlich zu predigen. 1179 Hildegard stirbt im Kloster Rupertsberg. Während ihres 81jährigen Lebend hatte Hildegard Kontakt zu zahlreichen angesehenen Persönlichkeiten dieser Zeit, wie z.B. zu Papst und Kaiser. Die Korrespondenzen mit hohen Würdenträgern haben dazu beigetragen, dass Hildegard damals eine herausragende Stellung erlangt hatte, die sich von anderen Nonnen und Äbtissinnen unterschied. Bei ihren Schriften über die Heilkraft der Natur handelt es sich nicht primär um naturkundliche Beschreibungen und Betrachtungen, da ihnen fast nichts über Form und Farbe, Vorkommen, Standort usw. der natürlichen Objekte zu entnehmen ist. Angegeben ist einzig die medizinische Brauchbarkeit sowie die Eignung oder Nichteignung der Pflanzen und Tiere für das körperliche Wohlbefinden des Menschen. Die Schriften basieren auf Beobachtungen, Erfahrungen der Volksmedizin, auf antiken Überlieferungen 4 und nicht zuletzt auf Visionen. Letztlich haben alle Rezepte zur medizinischen Anwendung der natürlichen Objekte das Ziel, zu einer geordneten und maßvollen Lebensweise, zu der nach Hildegard neben einer gesunden Ernährung auch ein gesunder Glauben gehört, beizutragen. Allerdings sind die in Hildegards Werken beschriebenen Krankheiten nicht mit heutigen Krankheiten vergleichbar, da sie auf christlich-religiösen und naturalistischen Vorstellungen der damaligen Zeit beruhen. 2. Von den Pflanzen In diesem Kapitel werden die vier Pflanzen Ingwer, Galgand, Beifuß und Schafgarbe der Reihe nach besprochen. Jedes der drei Unterkapitel beginnt mit einem Zitat aus Hildegards „Physica – Heilkraft der Natur“, woran sich eine kurze Beschreibung der jeweiligen Pflanze anschließt, bevor auf die chemischen Versuche zur Extraktion der pflanzlichen Inhaltsstoffe näher eingegangen wird. 2.1 Vom Ingwer und vom Galgand „Der Ingwer ist sehr warm und ausgedehnt. ... Ebenso pulverisiere ein Mensch, der im Magen unter irgendwelchem Schmerz leidet, Ingwer und zweimal soviel Galgant und halb soviel Zitwer. Und nach dem Essen schütte er dieses Pulver in Wein und so trinke er es, auch abends, wenn er schlafen geht. Und so mache er es oft, und im Magen wird es ihm besser gehen. ...“ (Hildegardis 1997, Kap. 1-15, S. 52-53). „Der Galgant ist ganz warm und hat keine Kälte in sich und ist heilkräftig. Ein Mensch, der ein hitziges Fieber hat, pulverisiere Galgant und trinke dieses Pulver in Quellwasser, und er wird das hitzige Fieber löschen. Und wer im Rücken oder in der Seite wegen üblen Säften Schmerzen hat, der siede Galgant in Wein und trinke ihn oft warm, und der Schmerz wird aufhören. Und wer Herzweh hat und wer im Herz schwach ist, der esse bald genügend Galgant, und es wird ihm besser gehen.“ (Hildegardis 1997, Kap. 1-13, S. 5051). 5 Die beiden Pflanzen Ingwer (Zingiber officinale) und Galgand (Alpinia officinarum) gehören zur Familie der Ingwergewächse, haben eine ähnliche Wuchsform und bilden ein knolliges Rhizom aus, welches zu medizinischen Zwecken genutzt wird. Beide Pflanzen sind ursprünglich in Südasien beheimatet, wachsen aufrecht, bilden 50 bis 120 cm hohe Stengel und bunte Blüten (Abb. 1). Die Rhizome von Ingwer und Galgand werden im asiatischen Raum als Gewürz und Heilmittel genutzt. Vor allem die Ingwerwurzel wurde bereits vor 4000 Jahren von indischen Gelehrten als Universalmedizin bezeichnet und ist auch heute noch ein wichtiger und häufiger Bestandteil von pflanzlichen Heilmitteln. Aktuell finden Wirkstoffe das Ingwer-Rhizoms Verwendung bei körperlichen Beschwerden wie z.B. Seekrankheit, Verstopfung Fieber und Infektionen. (a) (b) Abb.1: Zeichnungen der Pflanzen (a) Ingwer und (b) Galgand. Von beiden Pflanzen wird das knollige Rhizom zu medizinischen Zwecken verwendet. In der „Hildegard-Medizin“ wird beiden Pflanzen eine heilende Wirkung zugesprochen. Der Ingwer-Extrakt mit Wein soll bei Magenbeschwerden und der alkoholische GalgandExtrakt bei Schmerzen in Rücken oder inneren Organen helfen (Hildegardis 1997). Im ersten Versuch dieses Vortrages soll die historische Extraktionsmethode mit Wein nachvollzogen werden. Versuch 1: Ingwer- und Galgand-Extrakt mit Wein („Hildegard Methode“) (Durchführung während des Vortrages) Material: 1 Teelöffel (TL) Ingwer-Pulver und 2 TL Galgand-Pulver, 250 ml Weißwein. 6 Geräte: Magnetrührer, Rührfisch, 500 ml Becherglas, Trichter, Faltenfilter, Teelöffel, 250 ml Aufbewahrungsgefäß, Stativmaterial. Durchführung: In das 500 ml Becherglas werden 250 ml Weißwein gegeben und auf dem Magnetrührer mit Heizplatte leicht erwärmt. Unter ständigem Rühren werden 1 TL Ingwer-Pulver und 2 TL Galgand-Pulver in den Wein gegeben. Das Gemisch wird bei gleichbleibender leichter Erwärmung 5 Minuten lang gerührt. Danach wird das Pulver abfiltriert und der Weinextrakt in einem entsprechend großen transparenten Aufbewahrungsgefäß aufgefangen. Man vergleiche die Farbe und den Geruch des Weißweins vor und nach der Extraktion der pflanzlichen Inhaltsstoffe. Beobachtung: Während das Pulver der beiden Rhizome in den Wein gegeben wird, lässt sich eine leicht gelblich-braune Verfärbung des Lösungsmittels beobachten und der charakteristische intensive Geruch der Pflanzenteile wahrnehmen. Nach Beendigung des Versuches wird der Wein mit den Extrakten aus dem Ingwer- und dem Galgand-Rhizom mit unbehandeltem Weißwein verglichen (es empfiehlt sich, einen möglichst hellen Weißwein zu verwenden, damit die spätere Verfärbung deutlich zu erkennen ist!). Der Wein hat sich durch die Extraktion der pflanzlichen Inhaltsstoffe dunkelgelb gefärbt und hat einen intensiv süßlich-scharfen Geruch angenommen. Eine Geschmacksprobe bietet sich - bei ausschließlicher Verwendung von Glasgeräten aus dem Haushalt – an, da die aromatischen Substanzen der beiden Rhizome auf diese Weise am intensivsten wahrgenommen werden können. Auswertung: Da es sich bei Wein nicht um ein reines Lösungsmittel, sondern vielmehr um ein Gemisch aus Wasser und Alkohol in einem ungefähren Verhältnis von 9:1 handelt, sind die pflanzlichen Inhaltsstoffe aus den beiden pulverisierten Rhizomen von Ingwer und Galgand sowohl in Wasser als auch in Ethanol gelöst worden. Dabei liegt Ethanol in wässriger Lösung vor (unbegrenzt löslich). Sowohl zwischen den Wassermolekülen ihrerseits als auch zwischen Wasser- und Ethanol-Molekülen haben sich WasserstoffBrücken ausgebildet. H H H C C H H O H O H H H O H Abb. 2: Wasserstoff-Brücken zwischen Wasser-Molekülen und Ethanol-Molekülen bei der Lösung von Ethanol in Wasser. 7 Die gelösten Stoffe aus den pflanzlichen Geweben wurden von dem Lösungsmittelgemisch solvatisiert und haben ihrerseits Wasserstoffbrücken mit den Lösungsmittelmolekülen ausgebildet. (Zur genaueren Charakterisierung der pflanzlichen Inhaltsstoffe siehe Versuche 3, 4 und 5). Um die Inhaltsstoffe der Rhizome von Ingwer und Galgand neben der in Versuch 1 praktizierten „Haushaltsmethode“ auch mittels einer exakteren Labormethode extrahieren, quantifizieren und charakterisieren zu können, wird nun pflanzliches Frischmaterial verwendet. Zuerst wird der Trocknungsvorgang der Rhizome dokumentiert, woran sich eine Beschreibung der Extraktion der pflanzlichen Inhaltsstoffe mit Ethanol anschließt. In der wissenschaftlichen Literatur findet sich eine Anleitung zum Trocknen der Rhizome im Sonnenlicht (Balladin et al. 1996). Das „Sonnentrocknen“ von pflanzlichem Material eignet sich zum einen für die landwirtschaftliche und zum anderen für die großindustrielle Produktion, da die Energiekosten auf diese Weise möglichst gering gehalten werden können. Da sich diese Methode allerdings nur schwer reproduzieren lässt, wurden die Rhizome von mir 48 Stunden lang in einem Trockenschrank bei 37 C getrocknet. Versuch 2: Trocknen der pflanzlichen Rhizome im Labormaßstab (Durchführung in der Vorbereitungsphase, Demonstration während des Vortrages) Material: jeweils 100 g der frischen pflanzlichen Rhizome. Geräte: Messer, 2 Porzellanschalen, 2 braune Glasflaschen. Durchführung: Die Rhizome von Ingwer und Galgand werden in möglichst dünne Scheiben geschnitten. Jeweils 100 g dieser dünnen Scheiben werden in eine Porzellanschale gegeben und für 48 Stunden bei 37 C in einen Trockenschrank gestellt. Nach der zweitägigen Trocknungsphase wird das Pflanzenmaterial erneut gewogen, um den ursprünglichen Wassergehalt zu bestimmen. Danach werden die getrockneten Scheiben der Rhizome jeweils in eine braune verschließbare Glasflasche gegeben (Schutz vor Sonnenlicht). Beobachtung: Das Aussehen der dünnen Scheiben der Rhizome hat sich durch den Trocknungsvorgang stark verändert (fast kugelförmig) und ihr Gewicht hat stark abgenommen (Tab.1). 8 Tab. 1: Gewicht des frischen Pflanzenmaterials vor und nach der Trocknung für 48 h bei 37 C im Trockenschrank und prozentualer Anteil des Trockengewichtes in Relation zu dem Ausgangsgewicht. Pflanze Gewicht vorher Gewicht nachher % Trockengewicht Ingwer 100 g 11.6 g 11.6 % Galgand 99 g 10.6 g 10.7 % Auswertung: Durch die Trocknung der in Scheiben geschnittenen Pflanzenteile evaporiert das Wasser aus dem Gewebe, so dass nur feste Bestandteile sowie Öle und Harze übrig bleiben. Durch die Evaporation des Wassers aus dem Gewebe werden sowohl die Vakuolen als auch das Speichergewebe der Rhizome zerstört (Abb. 3). In diesem Zustand lassen sich die Inhaltsstoffe wesentlich leichter extrahieren. Die abschließende Wägung der getrockneten Pflanzenteile führt zu dem Ergebnis, dass die frischen Rhizome zu etwa 90 Gewichtsprozent aus Wasser und nur zu etwa 10 Gewichtsprozent aus Trockensubstanz bestehen (siehe Tab. 1). In der Literatur wird angegeben, dass der Wassergehalt der Pflanzen von etwa 80% im frischen Zustand auf circa 10% im getrockneten Zustand abgenommen hat (Balladin et al. 1996). (a) (b) Abb. 3: Ansicht des Ingwer-Rhizoms in 50-facher Vergrößerung. (a) im frischen Zustand, (b) im getrockneten Zustand. Die Zerstörung der Gewebestrukturen ist deutlich zu erkennen (entnommen aus Balladin et al. 1999). Das getrocknete Pflanzenmaterial enthält nach dem Trocknungsvorgang nur noch einen sehr geringen Wasseranteil und die Gewebestrukturen wurden zerstört. Daher eignet sich dieses Material gut für eine Extraktion der löslichen Inhaltsstoffe im Labormaßstab. Der Literatur ist zu entnehmen, dass die beiden „scharfen“ Komponenten des Ingwer Rhizoms (Gingerol und Shoagol) am besten mit reinem Ethanol oder Aceton extrahiert werden können (Balladin et al. 1997). Um diesen Vorgang im Labormaßstab nachzuvollziehen, wurde das getrocknete Pflanzenmaterial mit einem Mörser zerkleinert und in Ethanol 9 gegeben (aus Gründen der Übersichtlichkeit und fehlender Literatur beschränken sich die weiteren Versuche einzig auf das Ingwer-Rhizom. Galgand bietet sich allerdings aufgrund seines charakteristischen süßlich-scharfen Geruchs sehr gut zu Demonstrationszwecken an). Versuch 3: Extraktion der „scharfen“ Inhaltsstoffe aus dem Ingwer-Rhizom (Durchführung in der Vorbereitungsphase, Demonstration während des Vortrages) Material: 11.6 g getrocknetes Ingwer-Rhizom, 100 ml Ethanol (R 11; S 7-16). Geräte: Mörser mit Pistill, Braune Glasflasche mit Verschluss, Trichter, Filter, 250 ml Rundkolben mit Schliff, Rotationsverdampfer, Q-Tips zur Demonstration des Geruches des Rückstandes. Durchführung: Die 11.6 g Pflanzenmaterial werden in einem Mörser zerkleinert und in einer braunen Glasflasche in 100 ml Ethanol gegeben. Diese Mischung wird für 120 h bei Raumtemperatur verschlossen stehen gelassen und zweimal täglich kräftig geschüttelt. Nach diesen fünf Tagen wird das Gemisch abfiltriert und die Flüssigkeit in einem 250 ml Rundkolben mit Schliff aufgefangen. Am Rotationsverdampfer wird das Lösungsmittel Ethanol bei 175 mbar und 40 C abgezogen. Der Rückstand wird unter Ausschluss von Sonnenlicht in dem verschlossenen Rundkolben aufbewahrt. Beobachtung: Das Lösungsmittel Ethanol nimmt während des Extraktionsvorgangs eine bräunlich-gelbe Farbe und einen starken süßlich-scharfen Geruch an. Nachdem das Lösungsmittel mit dem Rotationsverdampfer abgezogen wurde, bleibt ein dunkelbrauner, sehr stark riechender, harziger Rückstand übrig. Auswertung: Mit dem polaren Lösungsmittel Ethanol lassen sich ebenfalls polare Substanzen extrahieren. Die gelösten Substanzen werden von dem Lösungsmittel solvatisiert und gehen mit den Lösungsmittelmolekülen Wasserstoffbrückenbindungen ein. Nachdem das Lösungsmittel Ethanol bei Unterdruck und 40 C (Siedepunkt von Ethanol bei RT: 78.5 C) im Rotationsverdampfer entfernt wurde, blieb eine harzige, sehr viskose Flüssigkeit übrig. Die vermuteten Hauptkomponenten des Harzes sind Gingerol und Shoagol (Abb. 4; Balladin et al. 1997, Hiserodt et al. 1998). Durch Dehydratation bei hohen Temperaturen geht Gingerol in Shogaol über, so dass bei allen Arbeitsschritten darauf geachtet werden musste, dass bei möglichst milden Temperaturen gearbeitet wird. 10 Gingerol und Shogaol verleihen dem Ingwer-Rhizom seinen charakteristischen süßlichscharfen Geruch und Geschmack. , Dehydratation Abb. 4: Gingerol und Shogaol. Überführung von Gingerol durch Dehydratation in Shogaol. Neben der Verursachung des charakteristischen Geschmacks und Geruchs des Ingwer Rhizoms werden den beiden Komponenten Gingerol und Shogaol aber auch zahlreiche gesundheitsfördernde bzw. heilende Wirkungen zugeschrieben. Zum Beispiel ist Ingwer der Hauptbestandteil des Medikamentes „Zintona“, welches bei Reisekrankheit, Schwindel oder Übelkeit verabreicht wird (Pharmainformation 4(2), 1989). Weiterhin stimulieren Gingerol und Shogaol den Magen-Darm-Trakt und beugen Blähungen vor (Balladin et al. 1997). Sie unterdrücken das Wachstum von Bakterien, weshalb diese Substanzen Zahnpasta und Mundwässern beigemischt sind (Balladin et al. 1997) und sie besitzen antioxidative Wirkung, was sie zu „Fängern“ von schädlichen Radikalen im menschlichen Körper macht (Aruoma et al. 1997). Nachdem die Inhaltsstoffe Gingerol und Shogaol mit dem geeigneten Lösungsmittel Ethanol aus dem getrockneten und zerkleinerten Ingwer-Rhizom extrahiert wurden, muss dieses Gemisch in seine Hauptbestandteile zerlegt werden, damit die einzelnen Komponenten in weiteren Schritten exakt bestimmt werden können. Zur Auftrennung des Gemisches eignet sich die Säulenchromatographie besonders gut, da diese Methode im Labor und während des Vortrages leicht nachvollzogen werden kann und dafür nur handelübliche Chemikalien benötigt werden. In der Literatur wird neben der Säulenchromatographie die Methode der HPLC beschrieben (Balladin et al. 1997, Hiserodt et al. 1998). Das Prinzip der Säulenchromatographie besteht darin, dass eine mobile Phase (Stoffgemisch plus Elutionsmittel) an einer stationären Phase (Silicagel) vorbeigeführt 11 wird, wobei ein laufender Stoffaustausch stattfindet. Dabei wandern die Komponenten des zu trennenden Stoffgemisches mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, da sie unterschiedlich stark mit der Oberfläche der stationären Phase wechselwirken (Adsorption). Durch die Wahl verschiedener Elutionsmittel (polar/unpolar), in denen sich die Komponenten des Stoffgemisches unterschiedlich gut lösen, werden die Komponenten nacheinander von der stationären Phase gewaschen und in verschiedenen Fraktionen aufgefangen. Als stationäre Phase werden Feststoffe mit möglichst großer innerer Oberfläche verwendet. In dem vorliegenden Fall wurde Kieselgel [(SiO2)n] mit einer Maschengröße von 70-230 m verwendet. Die Aktivität des Adsorbens Kieselgel wird durch seinen Wassergehalt bestimmt, da die Si-OH-Gruppen des (SiO2)n entweder frei oder über Wasserstoffbrücken verbunden sind und so unterschiedlich stark mit der mobilen Phase und dem darin enthaltenen Stoffgemisch wechselwirken können. Als mobile Phase wurden verschiedene Elutionsmittel verwendet. Das unpolare Lösungsmittelgemisch aus 70 Vol% Diethylether (CH3CH2OCH2CH3 ; R 12-19-22-66-67; S 9-16-29-33) und 30 Vol% Petrolether (R 11-52/53-65; S 9-16-23.2-24-33-62) wurde zuerst eingesetzt. Dann folgte das etwas polarere Elutionsmittel Aceton (2-Propanon, CH3COCH3 ; R 11-36-66-67; S 9-16-26). Als polarstes Elutionsmittel wurde Ethanol verwendet. Die folgende Abbildung zeigt den schematischen Aufbau einer Säulenchromatographie. Elutionsmittel Zu trennendes Stoffgemisch Aufgetrennte Fraktionen Stationäre Phase Abb. 5: Schematische Darstellung der säulenchromatographischen Trennung eines Stoffgemisches. 12 Versuch 4: Säulenchromatographische Trennung des extrahierten Stoffgemisches (Durchführung der Trennung während des Vortrages (Abzug!), Demonstration der lösungsmittelfreien Rückstände, zusätzliche Dünnschichtchromatographie) Material: Pflanzlicher Extrakt, Kieselgel, Ethanol, Aceton, Diethylether, Petrolether (Rund S-Sätze siehe oben). Geräte: Glassäule mit Hahn, Tropftrichter , Trichter, mehrere Glasstopfen, 4 250ml Erlenmeyerkolben, 3 250ml Rundkolben, Rotationsverdampfer, Stativmaterial, Q-Tips, 3 Präparate-Gläschen, Pasteurpipetten, [DC-Kammer, DC-Alufolie (5x7.5cm)]. Durchführung: Zur Vorbereitung der Säulenchromatographie wird das trockene Kieselgel mit einigen wenigen Tropfen Wasser angefeuchtet, durchmischt und mit einem Pulvertrichter in die Glassäule eingefüllt. Damit kein Kieselgel in den Hahn der Säule gelangen kann, wird vor dem Befüllen ein wenig Glaswolle über dem Hahn angebracht. Die Säule wird an einem Stativ befestigt und mit einem Gemisch aus Diethylether (DEE) und Petrolether (PE), dem unpolarsten Elutionsmittel, im Volumenverhältnis 70:30 aufgefüllt (Abzug!). Dann werden mit der Pasteurpipette vorsichtig 10 Tropfen (ca. 0.5 bis 1g) des pflanzlichen Extraktes in das überstehende Elutiosmittel gegeben. Der Tropftrichter, in dem sich ebenfalls ein Gemisch aus DEE und PEE im Volumenverhältnis 70:30 befindet, wird auf die Säule gesteckt und dessen Hahn langsam geöffnet. Gleichzeitig (!!) öffnet man den Hahn am unteren Ende der Säule und fängt das austretende Elutionsmittel mit einem Erlenmeyerkolben auf. Nach einigen Minuten ist zu erkennen, dass das Stoffgemische in seine einzelnen Komponenten aufgetrennt wird. Man lässt so lange das Ethergemisch auf die Säule tropfen, bis die erste Fraktion des aufgetrennten Stoffgemisches vollständig von der Säule gewaschen und in einem Erlenmeyerkolben aufgefangen ist. Zur Elution der zweiten Fraktion gibt man Aceton über den Tropftrichter auf die Säule und fängt das austretende Lösungsmittel mit dem darin gelösten Stoff ebenfalls mit einem Erlenmeyerkolben auf. Mit der dritten Fraktion verfährt man unter Verwendung von Ethanol als Elutionsmittel entsprechend. (Gesamtdauer ca. 2 Stunden). Nach Beendigung der säulenchromatographischen Trennung wird die Säule mit Wasser gewaschen und das Kieselgel getrocknet. Die drei erhaltenen Fraktionen werden in jeweils einen Rundkolben überführt. Diese Rundkolben werden nacheinander an einem Rotationsverdampfer angebracht und die 13 verschiedenen Lösungsmittel abgezogen und entsorgt. Übrig bleiben drei verschiedene ölige Flüssigkeiten, die während des Vortragen visuell demonstriert werden können. Zur Demonstration des Geruches der drei verschiedenen Fraktionen bietet es sich an, mit einem Q-Tip jeweils eine kleine Probe zu nehmen und diese in PräparateGläschen durch die Reihen zu geben. Zusätzlich zur säulenchromatographischen Trennung wird eine dünnschichtchromatographische Trennung zu Demonstrationszwecken aufgebaut. Hierbei wird eine DCAlufolie (5x7.5cm) verwendet. Etwa 1cm vom unteren Rand der Folie entfernt wird eine kleine Probe des pflanzlichen Extraktes aufgebracht. Als Fließmittel dient das Gemisch aus Diethylether und Petrolether im Volumenverhältnis 70:30. (Dauer ca. 15 Minuten). Während des Experimentalvortrages können lediglich die beiden chromatographischen Trennungen durchgeführt werden, die Säulenchromatographie aus zeitlichen Gründen allerdings nur andeutungsweise. Die Entfernung der Lösungsmittel aus den einzelnen Fraktionen muss während der Vorbereitungsphase stattfinden, so dass das fertige Ergebnis während des Vortrages präsentiert werden kann. Beobachtung: Nach Zugabe des Ethergemisches auf die Säule, ist nach etwa 5 bis 10 Minuten eine vollständige Trennung der Fraktionen zu beobachten. Fraktion 1 (unterste Fr.) hat eine gelbliche Färbung, die Fraktionen 2 und 3 (mittlere und oberste Fr.) sind braun. Jede Fraktion lässt sich mit einem anderen Elutionsmittel von der Säule waschen (Fraktion 1 mit dem Ethergemisch, Fraktion 2 mit Aceton und Fraktion 3 mit Ethanol). Nachdem die Lösungsmittel abgezogen wurden, erhält man drei ölig-harzige, hochviskose Flüssigkeiten mit unterschiedlicher Färbung (s.o.) und unterschiedlichem Geruch (siehe Abb. 6). Fraktion1 Fraktion 2 Fraktion 3 Abb. 6: Farbe der drei Fraktionen nach der säulenchromatographischen Trennung des pflanzlichen Extraktes des Ingwer-Rhizoms und nach Entfernung der Lösungsmittel. 14 Die Auftrennung des pflanzlichen Extraktes in drei unterschiedlich polare, verschiedenfarbige Fraktionen lässt sich auch bei der Dünnschichtchromatographie beobachten. Auswertung: Der Extrakt aus dem Ingwer-Rhizom besteht aus verschieden polaren Komponenten, was an der unterschiedlich starken Adsorption an der stationären Phase, bzw. an der unterschiedlichen Löslichkeit in dem jeweiligen Elutionsmittel zu erkennen ist. Fraktion 1 (in Ethergemisch) enthält überwiegend unpolare Stoffe, Fraktion 2 (in Aceton) enthält etwas polarere Stoffe und Fraktion 3 (in Ethanol) enthält polare Verbindungen. Aufgrund der polaren Hydroxy- und Mothoxy- und CarbonylSubstituenten an den beiden vermuteten Hauptkomponenten Gingerol und Shogaol (siehe Abb. 4), müssten diese Verbindungen eigentlich in der dritten Fraktion enthalten sein, möglich wäre allerdings auch Fraktion 2, da neben diesen polaren Gruppen auch längere unpolare Alkylreste in den beiden Molekülen enthalten sind. Wie lassen sich nun die Verbindungen in den verschiedenen Fraktionen identifizieren? Eine gängige Methode zur Identifizierung von organischen Molekülen ist die NMRSpektroskopie. Die NMR-Spektroskopie (nuclear magnetic resonance = Kernresonanz) beruht auf dem Phänomen, dass Atomkerne mit einer ungeraden Anzahl an Protonen einen Kernspin besitzen, sich also wie kleine Stabmagneten verhalten. Der Atomkern von 1 H, das Proton, ist positiv geladen und seine Rotation verursacht ein magnetisches Moment . Setzt man das Proton einem äußeren Magnetfeld aus, kann es sich entweder parallel (energiearm) oder antiparallel (energiereich) zu diesem Magnetfeld anordnen (Abb. 7 a). a b Abb. 7: (a) Parallele bzw. antiparallele Anordnung des 1H-Atoms in einem äußeren Magnetfeld; (b) Übergang von einem energiearmen in einen energiereichen Zustand. 15 Der Übergang von einem energieärmeren Zustand () in einen energiereicheren Zustand () erfordert die Zufuhr eines entsprechenden Energiequants (Abb. 7 b). Dieser Übergang lässt sich unter Zuhilfenahme einer Strahlung mit geeigneter Frequenz als sogenannte Resonanz (Energieabsorption) spektroskopisch messen. Als Ergebnis erhält man verschiedene Absorptionslinien die durch die unterschiedliche chemische Umgebung der Wasserstoffatome zustande kommen. In dem vorliegenden Fall wurden 1H-Spektren bei 200 MHz der Proben in CDCl3 (Deuteriochloroform) aufgenommen. Allerdings waren die Spektren unzureichend und nicht zu interpretieren. Der Grund hierfür ist wahrscheinlich das nicht vollkommen abgetrennte Lösungsmittel aus der Säulenchromatographie oder die unvollkommene Trennung des Stoffgemisches. In Abb. 8 sind das nicht interpretierbare aufgenommene Spektrum einer Probe der dritten Fraktion sowie das simulierte Spektrum von Gingerol zu sehen. 0.88 (t, 3H, n-Pen), 1.0-1.8 (m, 8H, n-Pen), 2.4-2.6, 2.6-3.2 (m, 2H+5H, CH2), 3.83 (s, 3H, OMe), 3.7-4.2 (m, 2H, CHOH,OH), 6.4-7.0 (m, 3H, Ar) Abb. 8: (a) aufgenommenes 1H-NMR-Spektrum von Fraktion 3 und (b) simuliertes Spektrum von Gingerol.Im Folgenden sind die Verschiebungen δ der verschiedenen 16 Protonen des Gingerol-Moleküls in ppm angegeben (s = Singulett, t = Triplett, m = Multiplett; Tsuge et al. 1987): Die Präsentation der 1H-Spektren sollte eigentlich ein „Highlight“ des Vortrages und der gelungene Abschluss des Kapitels über Ingwer und die Extraktion seiner Inhaltsstoffe darstellen. Leider wurden die Spektren diesem Anspruch nicht gerecht, sodass entweder von der NMR-Spektroskopie in diesem Zusammenhang abzuraten ist oder der Extrakt mittels HPLC oder anderer genauerer Methoden wirklich in seine Einzelkomponenten zerlegt werden müsste, um saubere und eindeutige Spektren zu erhalten. Doch nun zurück zu Hildegard von Bingen und zu einfacheren Methoden: Wie lässt sich die gesundheitsfördernde Wirkung von Ingwer mit einem relativ einfachen Versuch demonstrieren? Als Beispiel der Heilkraft des Ingwer-Extraktes soll dessen antifungizide Wirkung gezeigt werden. Hierzu werden zwei Petrischalen mit einem Agar-AgarNährmedium befüllt und mit Sporen eines Camenbert-Pilzes angeimpft. Die aufgetropfte Probe des Ingwer-Extraktes verhindert das Wachstum des Pilzes. Versuch 5: Antifungizide Wirkung des Ingwer-Extraktes (Ansetzen des Versuches ca. 1 Woche vor dem Vortrag, Demonstration während des Experimentalvortrages; äquivalent wird mit dem Galgand-Extrakt verfahren) Material: Ingwer-Extrakt, Galgand-Extrakt, Camenbert-Käse, Agar-Agar-Nährmedium. Geräte: 2 Petrischalen aus Plastik, 2 Pasteurpipetten, Bunsenbrenner, Kühlschrank, Overhead-Projektor. Durchführung: Die beiden Petrischalen werden bis zu einer Höhe von etwa 0.5cm mit dem warmen Agar-Agar-Nährmedium gefüllt. Nach dem Abkühlen werden die Schalen mit einem Pilz angeimpft. Es empfiehlt sich, einen möglichst unbedenklichen, ungiftigen Pilz, wie z.B. den Schimmelpilz eines Camenbert-Käses zu verwenden. Zur möglichst keimfreien Durchführung der Arbeitsschritte werden die Pasteurpipetten mit Isopropanol desinfiziert oder mit dem Bunsenbrenner abgeflammt. Weiterhin wird der entzündete Bunsenbrenner etwa 10cm von den anzuimpfenden Petrischalen entfernt aufgestellt, sodass eventuell verunreinigte Luft mit dem Wärmestrom nach oben getrieben wird. Das 17 Animpfen lässt sich nach der „Hausfrauen-Methode“ durchführen, indem der Käse einfach mit einer seiner weißen Flächen auf die beiden Nährlösungen gedrückt wird. Der Kontakt zwischen Käse und Nährlösung sollte nicht länger als 10 Sekunden dauern, da die Petrischalen andernfalls zu lange geöffnet wären, sodass weitere Erreger aus der Luft darauf fallen könnten (die Petrischalen werden nach jedem Arbeitsschritt verschlossen!!). Danach werden die aufgebrachten Sporen mit einer rechtwinklig umgebogenen Pasteurpipette über die gesamte Fläche der Petrischale ausplattiert. Eine angeimpfte Schale wird verschlossen und als Kontrolle verwendet. Die zweite Petrischale wird nun in der Mitte mit einem Tropfen des Ingwer-Extraktes betropft und ebenfalls verschlossen. Beide Schalen werden für zwei bis drei Tage unter den Abzug gestellt. Nach dieser Zeit wir geprüft, ob die Pilzhyphen ausreichend gewachsen sind. Ist die gesamte Fläche der Kontroll-Petrischale mir einem Belag aus Pilzhyphen bedeckt, werden beide Schalen zur Verlangsamung des Pilzwachstums in den Kühlschrank gestellt. Zur Demonstration des Ergebnisses während des Vortrages werden beide Schalen auf den Overhead-Projektor gestellt. Beobachtung: Etwa zwei bis drei Tage nach dem Animpfen der Platten ist zu beobachten, dass sich der Pilz bereits über einen Großteil der vorhandenen Fläche ausgebreitet hat. Bei der Platte mit dem aufgetropften Ingwer-Extrakt hat sich ein sogenannter Hof um die Auftropfstelle gebildet. Dies bedeutet, dass in der Mitte der Platte (exakt um die Auftropfstelle herum) kein Pilzwachstum stattgefunden hat, sodass hier die „nackte“ Nährlösung zu sehen ist. Bei der Kontrolle ist kein pilzfreier Hof zu beobachten (Abb. 9). Von Pilzhyphen bewachsener Bereich. Hof um die Auftropfstelle. Frei von Pilzhyphen. Abb. 9: Antifungizide Wirkung des Ingwer-Extraktes. Heller Bereich = Pilzhyphen, dunkler Bereich = Hof, frei von Pilzhyphen, „nackte“ Agar-Agar-Nährmedium. Auswertung: Dieser Versuch bestätigt die Annahme, dass die pflanzlichen Wirkstoffe des Ingwer-Rhizoms eine antibakterielle bzw. antifungizide Wirkung besitzen. Die Bildung eines pilzfreien Hofes um die Auftropfstelle des Extraktes zeigt, dass das Pilzwachstum an dieser Stelle gehemmt oder sogar vollkommen unterbunden ist. Was genau die biochemische Ursache für diese Hemmung des Pilzwachstums ist, ist nicht genau bekannt, oder zumindest nicht exakt in der Literatur beschrieben. In einer Veröffentlichung aus 18 dem Jahr 1998 wird die Wirkung von verschiedenen Gingerolen auf das Wachstum des in der Umwelt weit verbreiteten Bakteriums Mycobacterium avium getestet (Hiserodt et al. 1998). Die Autoren Isolierten 3 Gingerole, die sich lediglich in der Größe ihres AlkylSubstituenten unterscheiden, aus dem frischen Ingwer-Rhizom und testeten deren antibakterielle Wirkung. Das Wachstum der Bakterien wurde am deutlichsten durch die Komponente 10-Gingerol (mit dem längsten Alkylrest) gehemmt, was die Autoren zu der Annahme veranlasste, dass die antibakterielle Wirkung in Zusammenhang mit der Lipophilie der Komponenten steht. Außerdem sei das 10-Gingerol ein wichtiger Ausgangsstoff für einige wesentlich aktivere homologe oder analoge Verbindungen (Hiserodt et al. 1998). Neben der hier demonstrierten antifungiziden und antibakteriellen Wirkung der Inhaltsstoffe des Ingwer-Rhizoms sind in der Literatur viele weitere gesundheitsfördernde Wirkungen beschrieben worden (siehe oben). Eine noch nicht erwähnte Wirkung besteht darin, dass die wirksamen Komponenten des Ingwer-Rhizoms (Gingerole) die Synthese von Prostaglandinen (Gewebehormone, Abb. 10) hemmen, die für die Entstehung von Fieber, Schmerzen und Entzündungen verantwortlich sind. Abb. 10: Prostansäure, Ausgangsstoff für die Synthese von Prostaglandinen, eine Klasse von Gewebehormonen. Neben den Gingerolen und Shogaolen sind in dem ätherischen Öl bzw. Harz des IngwerRhizoms noch zahlreiche weitere Wirkstoffe enthalten: (-)-Zingiberen C15H24, Zingiberol (Geruchsträger), (+)-Borneol, Cineol, Humulen u.a. Das gelbe ölige Scharfstoffgemisch enthält Gingerole und Shogaole (Kp. 227-229 C) sowie die Komponente Zingeron [4-(4Hydroxy-3-methoxyphenyl)-2-butanon] C11H14O (Roth et al. 1994). 19 An dieser Stelle wird noch ein kurzer Abschnitt über die Synthese von Gingerolen eingeschoben, um zu zeigen, dass hierbei zwei entscheidende natürliche Synthesewege beschritten werden (zur künstlichen Synthese vgl. Banno und Mukaiyama 1976). Gingerol setzt sich aus einem Derivat der Zimtsäure und einem Fettsäurerest zusammen (Abb. 11). Abb. 11: Gingerol-Molekül. Die beiden Hauptkomponenten sind farbig markiert. Blau: Derivat der Zimtsäure, das über den Shikimat-Weg (Cinnamat-Weg) synthetisiert wird, rot = Fettsäure-Rest, wird über den Acetat-Weg synthetisiert. Blauer Molekülteil: Die Cinnamate sind Salze der Zimtsäure. Zimtsäure zählt zu den Phenolpropanoiden, welche sich von der Aminosäure Phenylalanin ableiten. Phenylalanin wird über den Shikimat-Weg (Cinnamat-Weg) synthetisiert. Roter Molekülteil: Fettsäuren werden aus dem Ausgangsprodukt Acetyl-Coenzym A synthetisiert. Acetyl-CoA wiederum entsteht auf biochemischem Wege aus dem Ausgangsstoff Acetat (Salz der Essigsäure; Acetat-Weg). Im Folgenden wird nun der Shikimat-Weg eingehender betrachtet, da er zu den wichtigsten Synthesewegen in der Natur zählt. In einem ersten Schritt wird aus Phosphoenolpyruvat und Erythrose-4-Phosphat in einer enzymatisch katalysierten zyklischen Additionsreaktion Shikimat gebildet, welches dann zu der Aminosäure Phenylalanin umgesetzt wird. Phenylalanin geht in einer Eliminierungsreaktion in transZimtsäure über, welche wiederum enzymatisch durch Hydroxylierung und OMethylierung (SN2-Reaktionen) in Ferulasäure überführt wird (Abb. 12). Abb. 12: Entstehung von Phenylpropanoiden über den PhenylalaninAmmoniakLyase, PAL Shikimat-Weg. Hydroxylasen O-Methyl-Transferasen 20 Nach diesem kurzen Ausflug in die Biosynthese von Gingerolen, nun wieder zurück zu Hildegard von Bingen und der Heilkraft der Natur. Hiermit wird auch das Kapitel 2.1 „Vom Ingwer und vom Galgand“ verlassen und wir gelangen zu zwei weiteren Pflanzen, denen Hildegard ebenfalls eine heilende Wirkung zusprach. 2.2 Vom Beifuss Beifuss (Artemisia vulgaris) ist ein ausdauernder, bis zu 150cm hoher Kosmopolit, der auf Ödland, an Wegen, Ufern und Gebüschen vorkommt. Beifuss blüht von Juni bis September, hat einen rötlichen Stengel sowie oberseitig grüne und unterseitig filzig-weiß behaarte Blätter (Abb. 13). Er ist die wichtigste magische Heilpflanze in Europa und Asien und wurde in chinesischen Kräuterbüchern bereits um 3000 v.Chr. erwähnt. Die Inhaltsstoffe der Blüten sollen Menstruationsbeschwerden lindern und beruhigend auf das Zentrale Nervensystem und bei Schlafstörungen wirken. Auch soll Beifuss die Produktion von Magensaft und Gallenflüssigkeit anregen und so zur besseren Verdauung von fetten Speisen beitragen (Grappendorf 2000, www.satureja.de). Abb. 13: Blütenstand sowie einzelne Blätter und Blütenrispen von Artemisia vulgaris. Das ätherische Öl des Beifuss enthält bis zu 70% den Bitterstoff Thujon, ein starkes Nervengift. Thujon zählt zu der Gruppe der Monoterpene (2 Isopreneinheiten, C10Baustein) und ist eine farblose Flüssigkeit. Die letale Dosis bei der Maus (LD50) beträgt 87.5 mg/kg (-Thujon; Roth et al. 1994). 21 Hildegard von Bingen sprach dem Beifuss folgende Wirkungen zu:„Der Beifuss ist sehr warm, und sein Saft ist sehr nützlich, und wenn er gekocht wird und in Mus gegessen wird, heilt er kranke Eingeweide, und er wärmt den kranken Magen. Aber wenn jemand isst und trinkt und davon Schmerzen leidet, dann koche er mit Fleisch ... oder in einer anderen Würze und Gemisch den Beifuß und esse ihn, und diese Fäulnis, die (der Kranke) sich durch frühere Speisen und Getränke zugezogen hat, nimmt er weg und vertreibt sie.“ (Hildegardis 1997, Kap. 1-107, S. 124). Zur Demonstration einiger weiterer Naturheilkunde-Methoden wird im Folgenden die Extraktion der pflanzlichen Inhaltsstoffe aus Beifuss mit Speiseöl und mit Wein beschrieben. Versuch 6: Beifuss-Extrakte mit Speiseöl und Wein (Ansetzen in der Vorbereitungszeit, Filtration und Demonstration während des Vortrages) Material: 2 x 15g frische Beifuss-Blüten, 250ml Speiseöl, 250ml heller Weißwein. Geräte: 4 250ml Schraubdeckelgläser, 2 kleine Küchensiebe, 2 Glastrichter, Stativmaterial. Durchführung: Jeweils 15g frische Beifuss-Blüten werden in einem Schraubdeckelglas mit 250ml Speiseöl bzw. 250ml hellem Weißwein übergossen. Die beiden Ansätze werden verschlossen, für 14 Tage an einen sonnigen Platz gestellt und mehrmals täglich kräftig geschüttelt. Während des Vortrages werden die beiden Mischungen jeweils durch ein kleines Küchensieb auf einem Glastrichter abfiltriert und das Speiseöl bzw. der Weißwein in einem weiteren Schraubdeckelglas aufgefangen und demonstriert. Beobachtung: Sowohl das Speiseöl als auch der Weißwein haben eine etwas dunklere Färbung angenommen und riechen (bzw. schmecken) stark nach Beifuss. Auswertung: Mit dem Speiseöl sind die fettlöslichen unpolaren Komponenten der Beifuss-Blüten extrahiert worden. Im Weißwein-Extrakt sind hauptsächlich wasserlösliche bzw. in Ethanol lösliche polare Komponenten enthalten. Thujon, Bitterstoff und natürliches Pestizid, müsste, zumindest zu einem geringen 22 Bestandteil, in dem Weißwein-Extrakt enthalten sein (unlöslich in Wasser). Abb. 14: Die aus zwei Isopreneinheiten bestehenden Monoterpene - und -Thujon. 2.3 Von der Schafgarbe Die Schafgarbe (Achillea millefolium) ist eine ausdauernde, bis zu 60cm hohe Pflanze, die auf Fettwiesen, an Wegrändern, Schutthalden und Rainen vorkommt und von Juni bis Oktober blüht (Abb. 15). Das ätherische Öl der Blüten enthalt bis zu 25% Chamazulen, dem entzündungshemmende Eigenschaften zugesprochen werden. In dem Kraut von Achillea sind Flavonglycoside, der Bitterstoff Achillin, Salicylsäure sowie Cumarin enthalten. Extrakte aus Blüten und Kraut wirken entzündungshemmend, krampflösend, verdauungsfördernd und gallenanregend (Grappendorf 2000, www.omikron-online.de). Abb. 15: Schafgarbe (Achillea millefolium). Gesamthabitus, Blütenstand (Doldenrispe) und Einzelblüten. Hildegard von Bingen schriebt der Schafgarbe die folgenden heilenden Wirkungen zu:„Die Schafgarbe ist etwas warm und trocken, und sie hat gesonderte und feine Kräfte für Wunden. Denn wenn ein Mensch durch einen Schlag verletzt wird, wäscht man nachher die Wunde mit Wein, und es soll in Wasser mäßig gekochte Schafgarbe, nachdem das Wasser mäßig ausgepreßt wurde, so warm über jenes Tuch leicht gebunden werden, das auf der Wunde liegt. Und so nimmt sie der Wunde die Fäulnis und die Schwären, das heißt das Geschwür, und sie heilt die Wunde.“ (Hildegardis 1997, Kap. 1-113, S. 131-132) 23 Als weitere naturheilkundliche Methode wird im Folgenden die Herstellung einer Schafgarbe-Salbe beschrieben. Versuch 7: Herstellung einer Schafgarbe-Salbe (Durchführung größtenteils während des Vortrages) Material: 2 Esslöffel Schafgarbe-Blüten, 200ml Speiseöl, 30g gereinigtes Bienenwachs. Geräte: Bunsenbrenner, Dreifuss mit Drahtnetz, Porzellanschale, Esslöffel, 500ml Becherglas bzw. Marmeladenglas, kleines Küchensieb, Eisbad, Rührstab. Durchführung: 2 Esslöffel frische Schafgarben-Blüten werden in 200ml Speiseöl gegeben und vorsichtig bis zum Sieden erhitzt (nicht frittieren!), abkühlen und über nacht bedeckt stehen gelassen. Am nächsten morgen wird abfiltriert und das klare Speiseöl nochmals bis zum Sieden erhitzt. Das warme Öl wird in ein Becherglas (bzw. Marmeladenglas) überführt. Dann werden 30g gereinigtes Bienenwachs (in kleinen Plättchen) in das warme Öl gegeben und unter ständigem Rühren geschmolzen. Das Becher- oder Marmeladenglas wird in ein Eisbad gestellt und die sich darin befindliche Mischung unter ständigem Rühren abgekühlt (Vorsicht: Marmeladenglas kann wegen des Temperaturunterschiedes springen!). Am Ende erhält man eine hoch viskose Salbe. Das Glas mit der abgekühlten Salbe wird mit der Aufforderung zu einem Geruchstest und einem „Einreibetest“ der Salbe auf der Haut herumgegeben. Beobachtung: Nach dem Sieden des Öls mit den Schafgarbe-Blüten hat das Speiseöl eine dunklere Farbe und einen intensiven Geruch angenommen. Gibt man die BienenwachsPlättchen in das warme klare Speiseöl, lösen sie sich unter Rühren und Erhitzen auf und die Mischung wird milchig und undurchsichtig, der intensive Geruch bleibt aber derselbe. Während des Abkühlens im Eisbad bildet sich nach kurzer Zeit ein fester „Kern“ im Glas (meistens direkt an der Glaswand). Nach etwa 10 Minuten bei ständigem Rühren ist die Mischung zu einen homogenen Masse abgekühlt. Auswertung: Durch die heiße Extraktion der Inhaltsstoffe aus den Schafgarbe-Blüten in Speiseöl haben sich die fettlöslichen Komponenten in dem Öl gelöst. Als Hauptbestandteil sollte Chamazulen in dem Öl enthalten sein (Abb. 16). 24 Abb. 16: Durch das Erhitzen von Proazulen entsteht Chamazulen, ein Sesquiterpen (rechte Abb.; C15-Grundgerüst). Chamazulen gehört zu der Gruppe der Sesquiterpene (in diesem besonderen Fall der Cyclopentacycloheptane), denen allen ein C15-Grundgerüst aus drei Isopreneinheiten gemeinsam ist. Reines Chamazulen ist eine blau-violette ölige Flüssigkeit, die auch in den Kamillen-Blüten enthalten ist und entzündungshemmenden Eigenschaften hat. Das gereinigten Bienenwachs, das dem Öl wegen der Aushärtung und dem späteren honigartigen Charakter zugegeben wird, besteht hauptsächlich aus Estern der Palmitinsäure (H3C-(CH2)14-COOH) mit Melissylalkohol (H3C-(CH2)28-CH2OH), also aus gesättigten Fettsäureestern mit bis zu 36 C-Atomen. Da Hildegard von Bingen sich in ihrem Werk „Physica – Heilkraft der Natur“ nicht allein auf die Beschreibung von Pflanzen beschränkt, sondern auch Elemente, Steine, Metalle und Tiere mit in ihre heilkundlichen Abhandlungen einbezieht, soll zum Schluss des Vortragen noch exemplarisch auf die „Fische“, und auf den Wal im besonderen eingegangen werden. 3. Von den Fischen: Vom Wal „Der Wal hat in sich feurige Wärme und wässrige Luft, und er hat die Natur der Fische und auch eine gewisse Verwandtschaft mit der Natur der Tiere, nämlich des Bären und des Löwen. Und gemäß der Natur der Fische hält er sich in Gewässern auf, und gemäß der Natur der Tiere nimmt er an Größe zu. ... Und wenn jemand von seiner Leber ißt, dann reinigt er seinen Magen innerlich, und es nimmt allen inneren Unrat weg wie der beste Trank. ...“ (Hildegardis 1997, Kap. 5-1, S. 343-346) Hildegard lobt die gesundheitsfördernde Wirkung der Leber des Wals. Daher wird in dem letzten Versuch der Nachweis von Vitamin A und Vitamin D in frischem Lebertran H3C H CH3 CH3 H CH3 H3C H CH3 O O H3C CH3 CH3 CH3 CH3 CH2 HO 25 erbracht. Lebertran wird zwar heute nicht mehr aus der Leber von Walen sondern aus der frischen Leber von Dorschen (Gadus spec.) gewonnen, wird aber an dieser Stelle trotzdem in Zusammenhang mit dem Wal gebracht, da er früher wirklich aus Wallebern hergestellt wurde. Lebertran erhält man durch Unterkühlung von fetten Ölen aus der Leber, wodurch leicht erstarrende Fettanteile abgetrennt werden können. Lebertran setzt sich zu etwa 85% aus Glyceriden ungesättigter Fettsäuren und zu 12 bis 14% aus Glyceriden gesättigter Fettsäuren zusammen. Weiterhin erhält er geringe Mengen an Vit A und Vit D (Abb. 17). Abb. 17: (a) Vitamin A-acetat (Retinolacetat; C22H32O); (b) Vitamin D2 (Calciferol; C28H44O) in kristalliner Form. Heute wird Lebertran nur noch selten verabreicht, so zum Beispiel als Kräftigungsmittel bei chronischen Erkrankungen und bei deren Genesung sowie als Rachitis-Prophylaxe (verzögerte Verkalkung der Knorpelgrundsubstanz). Versuch 8: Vitamin Chamäleon in Lebertran (Durchführung während des Vortrages) Material: frischer Lebertran (ausgewählte Apotheken), Retinylpalmitat- und Cholecalciferol-Tabletten (Vit A- bzw. Vit D-Präparate; ebenfalls in Apotheken erhältlich), Trichlormethan (CHCl3; Abzug!), trockenes Antimon(III)-chlorid (SbCl3). Geräte: 4 große Reagenzgläser, Pasteur-Pipetten, Reagenzglasständer. Durchführung: 5 Tropfen des frischen Lebertrans werden mit 5ml Chloroform verdünnt. Dann gibt man unter Schwenken 2ml „Carr-Price-Reagenz“ hinzu. Dieses wird durch Auflösen von 2g trockenem Antimon(III)-chlorid in 10ml Chloroform hergestellt. Analog werden jeweils 2 Tabletten des Vit A- und Vit D-Prärarates in 5ml Chloroform gegeben und dann 2ml „Carr-Price-Reagenz“ zugetropft. Es ist auf vollkommen wasserfreie Reagenzien zu achten, da sich sonst der schwerlösliche Niederschlag aus basischen Chloriden („Antimon-Butter“) entsteht (Reinigung mit verdünnter Salzsäure (1:2)). Beobachtung: Bei Zugabe des „Carr-Price-Reagenzes“ zu Lebertran bzw. Retinylpalmitat (Vit A-Präparat) in Chloroform tritt eine sofortige tiefe Blaufärbung ein. Die Lösung mit Cholecalciferol (Vit D-Präparat) färbt sich schlagartig orange. Die beiden mit „Carr-Price-Reagenz“ versetzten Vitaminpräparate behalten ihre Farbe. Bei dem Lebertran beginnt die Blaufärbung (Nachweis von Vit A) nach einigen Minuten 26 zu schwinden. Der Ansatz färbt sich (idealerweise) allmählich über Purpur zu Weinrot bis schließlich zu Orange-rot (vgl. Chamäleon). Auswertung: Die Blaufärbung der Lebertran- und der Retinylpalmitat-Lösung bei Zugabe des „Carr-Price-Reagenz´“ kommt dadurch zustande, dass sich ein Farbstoff-Kation bildet. Dabei greift das als Lewissäure wirkende SbCl3 den Ether-Sauerstoff in dem Vit AMolekül an und erzeugt dort eine positive Ladung, es kommt zu einer Elektronenverschiebung über das gesamte Molekül hinweg und ein Proton aus dem Cyclohexenrest des Vit A-Moleküls sowie (SbCl3OR)- gehen ab. Durch erneute Protonenanlagerung entsteht ein mesomeriestabilisiertes Allylkation, der eigentliche Farbgeber der Lösung (Abb. 18). Abb. 18: Farbreaktion von Vit A mit SbCl3 (SbCl3 als „Carr-Price-Reagenz“). In dem Maße, wie die Blaufärbung schwindet, tritt die Farbreaktion des „Carr-PriceReagenz´“ mit Vit D, welches aus mehreren Komponenten D1,2,3,... besteht, hervor. Dieser 27 Farbstoff ist Orange-rot. Analog bildet sich ein Orange-roter Farbstoff aus dem „CarrPrice-Reagenz“ und dem Vit D-Präparat Cholecalciferol. 4. Schlussfolgerungen •Hildegard hat bereits vor über 800 Jahren Sachverhalte erahnt, die erst heute wissenschaftlich geklärt wurden oder noch zu klären sind. •Sie war eine der bedeutendsten Personen ihrer Zeit. •Naturheilkunde ist eine nicht zu vernachlässigende Alternative zur anerkannten Schulmedizin. •Ingwer und Galgant sind nicht nur würzig, sondern gesund. •Viele „Unkräuter“ sind bewährte Heilkräuter. •Das Verhältnis Mensch-Natur muss wieder intensiviert werden. •Das Thema „Hildegard und Kräuterheilkunde“ eignet sich gut für den Schulunterricht auf phänomenologischer Ebene (einfache Methoden). 5. Literatur Aruoma, O. I., Spencer, J. P. E., Warren, D. Jenner, P., Butler, J., Halliwell, B. 1997. Characterization of food antioxidants, illustrated using commercial garlic and ginger preparations. Food Chemistry 60 (2), pp. 149-156. Balladin, D. A., Chang-Yen, I., McGaw, D. R., Headly, O. 1996. Solar drying of West Indian ginger (Zingiber officinale ROSCOE) rhizome using a wire basket dryer. Renewable Energy 7 (4), pp. 409-418. 28 Balladin, D. A., Chang-Yen, I., McGaw, D. R., Headly, O. 1997. Extraction and evaluation of the main pungent principles of solar dried West Indian ginger (Zingiber officinale ROSCOE) rhizome. Renewable Energy 12 (2), pp. 125-130. Balladin, D. A., Chang-Yen, I., McGaw, D. R., Headly, O, Duncan, E. J. 1999. Comparison of (I) fresh, (II) solar dried and (III) solar dried/steam destilled ginger (Zingiber officinale ROSCOE) rhizome tissue prior to the extraction of its pungent principles. Renewable Energy 17, pp. 207-211. Banno, K., Mukaiyama T., 1976. A new synthesis of the pungent principles of ginger – zingerone, gingerol, shogaol – Bulletin of the Chemical Society of Japan 49 (5), pp. 1453-1454. Grappendorf, D. 2000. Wildkräuter-Apotheke. Unterrichtsmaterialien. Druck in Eigenregie ? Hildegardis Bingensis 1997. Heilkraft der Natur – “Physica”: Das Buch der inneren Wesen der verschiedenen Naturen der Geschöpfe. 2. Auflage. Augsburg: Pattloch. Hiserodt, R. D., Franzblau, S. G., Rosen, R.T. 1998. Isolation of 6-, 8- and 10-Gingerol from ginger rhizome by HPLC and preliminary evaluation of ihnibition of Mycobakterium avium and Mycobacterium tuberculosis. Journal of Agricultural Food Chemistry 46, pp. 2504-2508. Naturheilmittel: Zintona. Pharmainformation 4 (2). 1989. (www.uibk.ac.at). Nachtrag: Zintona. Pharmainformation 8 (2) 1993. (www.uibk.ac.at). Riedel, E. 1999. Anorganische Chemie. 4. Auflage. Berlin; New York: de Gruyter. Roth, L., Daunderer, M., Kormann, K. 1994. Giftpflanzen – Pflanzengifte. 4. Auflage. Landsberg/Lech: ecomed. Tsuge, O., Kanemasa, S., Nakagawa, N., Suga, H. 1987. Horner-Emmons Olefination of 4-Hydroxy-2-oxoalkylphosphonates and related compounds: applications of the synthesis of ()-Gingerol, ()-Yashabushiketol and ()-Dihydroyashabushiketol. Bulletin of the Chemical Society of Japan 60, pp. 4091-4098. Vollhardt, K. P. C., Schore, N. E. 2000. Organische Chemie. 3. Auflage. Weinheim: Wiley-VCH Verlag GmbH. www.satureja.de. www.omikron-online.de. www.uni-mainz.de/~horst/hildegard/medizin/medizin.html. 29 http://dfa.leb.chemie.tu-muenchen.de/~wolfy/Seminar/Chromatographie/Teil1.html. www.fbv.fh-frankfurt.de/mhwww/CHP/CP2V2.htm. 30