In der Vorbergzone der Vogesen finden sich noch ausge dehnte

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Fotoziel
In den Trockenrasen des südlichen Elsass
In der Vorbergzone der Vogesen finden sich noch ausge­
dehnte Trockenrasen, die denen des benachbarten Kai­
serstuhl in nichts nachstehen. Naturliebhaber aus
Frankreich, der Schweiz und Deutschland wissen um
die Einzigartigkeit dieses Gebietes, das durch seine Viel­
falt an mediterran geprägten Lebensräumen von un­
schätzbarem Wert ist. Seltene Pflanzen und Eidechsen
locken Naturfotografen in das Gebiet.
Die Steppe sche int sich bis zum
Horizont zu erstrecken. Gras in
gedämpftem Grün , die Luft vibriert
vom Gesang der Feldlerchen und
Grillen. Aus der lückigen Vegetation
leuchten Blumen in satten Farben.
Aber wir sind weder in Zentralasien,
noch in der Provence oder der Tos·
kana sondern am Bollenberg, in der
Vorbergzone der Vogesen am Rand
der südlichen Oberrheinebene. In
der Nachbarschaft der Stadt RouF­
fach und der Dörfer Westhalten
und Osenbach, etwa 25 km südlich
von Colmar, gibt es noch Reste ei­
ner Kulturlandschaft , die anderswo
schon längst der Flurbereinigung
zum Opfer gefallen ist: ein Mosaik
aus Trockenrasen, Weinbergen,
Flaumeichenwäldern, Gebüsch,
Lesesteinhaufen, Trockenmauern.
Hier leben viele Tiere und Pflanzen,
die vor etwa 8.000 Jahren aus dem
Mittelmeerraum an den Oberrhein
gewandert sind , so die meisten
Orchideen , die Smaragdeidechse
und die Gottesanbeterin. Auch au s
den Steppen des Ostens gelangten
Arten hierher. In diesem von
Trockenheit und Wärme geprägten
Schmelztiegel entstanden Lebens­
gemeinschaften , die durch ihre Zu­
sammensetzung einzigartig sind.
Sie konnten auf den kalkreichen
Hügeln im Südelsass in einem mil­
den und durch den Regenschatten
der Vogesen sonnigen und regen­
armen Klima bis heute überdauern
- wahrlich ein Stück Mittelmeer
am Oberrh ein. Wie der benach ­
barte Kaiser stuhl sind auch die
Elsässer Trockenhügel (Bollenberg,
Strangenberg, Lützelberg, Zinn­
köpfle und Bickenberg) längst eine
Attraktion für Naturliebhaber und
Wissenschaftler. Viele Naturfoto­
grafen kommen aufgrund des
Orchideenreichtums im Mai. Wer
Zeit mitbringt, kann neben Blu­
men auch Insekten, Spinnen oder
Eidechsen (Smaragd- und Mauer­
eidechse) ablichten. Auch für Land­
schafts fotografen bieten sich Mög­
lichkeiten , morgens gegen das
Licht, das über den Schwarzwald
und die Rheinebene auf die Hügel
fällt, abends nach Westen , wo der
Horizont mit dem Kamm der
Hochvogesen abschließt.
Blütentraum in Rosarot
Nachdem ich zwei Jahre lang mit
der 16 mm-Filmkamera die trocken­
warmen Lebensräume zwischen
Kaiserstuhl und Vogesen für mei­
nen Fernsehfilm "Mittelmeer am
Oberrhein" durchstreift hatte, kehr­
te ich Mitte Mai ins Elsass zurück
für eine fotografische Entdec­
kungsrei se zu einer außergewöhn­
lichen Pflanze, dem Diptam - ein­
Blütentraum in Rosarot.
Der Diptam ist durch seine knallige
Farbe und seine Größe - bis zu
1,20 m hoch - nicht zu übersehen
und ein echtes Highlight der mit­
teleuropäischen Flora. Er wächst
vor allem in den warmen Säumen
zwischen Trockenrasen und Flaum­
eichenwald. Die großen Bestände
am Strangenberg kann man vom
Pfad aus am Abend im Gegenlicht
fotografieren, ohne Schäden zu
verursachen. Meist hat man dabei
durch das Gebüsch dahinter ei­
nen grünen Hintergrund, an eini­
gen Stellen aber auch das herrliche
Graublau , das sich durch entfernte
bewaldete Hügel im Gegenlicht er­
gibt. Leider ist der Diptam nur für
eine Woche etwa Mitte Mai in
Hochblüte zu finden . Bei den in
den Trockenrasen zahlreich blühen­
den Orchideen hat man einen zeit­
lich größeren Spielraum. Beim Dip­
tam wollte ich eher weniger extre­
me Nahaufnahmen mit Telebrenn­
weiten versuchen, auch weil die
Einzelblüten im Gegenlicht durch
den Schattenwurf der Stängel und
Blütenstile chaotisch wirken. Ein
Telezoom und ein 5 mm-Zwischen­
ring sind dabei nützlich, da man
sich in der kostbaren Vegetation
Blühender Halbtrockenrasen
am Bickenberg.
iv /kon FE}. 3- 5'4.5/ 18.35 m M . Stativ,
S pi~elvoro us/o)u rlg,
68
K.ll llrFnw 7/200 3
Fujicil rofl1 t· PFü yia 100
Der Diptam (Dictamus albus) wächst in
großen Beständen am Strangenberg.
tvikorr FEl, 4.0/H0-100 mm ,bei 200 ;nm, Splegtl
voraus/ösung! Stativ. FujichrorYIt'1 Provra 100r
nicht frei bewegen kann. Der Dip­
tam gehört wie die Zitrone in die
Familie der Rautengewächse. Bei
Windstille ve rströmt er aus den
zahllosen kleinen Ölbehältern den
betörenden Duft nach Zimt und Zi­
trone. Doch Vorsicht! Das Öl wirkt
phototoxisch und in Verbindung
mit Sonnenlicht kommt es z u
Hau tverbren nungen.
Smaragdeidechsen
Die Smaragdeidechse ist eines der
bekanntesten Relikte der Wärmezeit
am Oberrhein . Perfekt wäre eine
Aufnahme von einem Paar, das in
Prachtfärbung auf einem frei ge­
stellten Stein nebeneinander liegt.
Eidech sen wirken , wenn man ihnen
in die glänzenden Augen schauen
kann, hellwach und schlau, und
so so llten sie auch fotografiert wer­
den: im Auflicht.
Während der Paar ungs zeit in den
ersten beiden Maiwochen sind die
Tiere deutlich weniger scheu als im
Sommer. Im Els ass hat man in
den letzten beiden Stunden vor
Sonnenuntergang reelle Fotoch an ­
cen. Dann ve rla ssen sie Gras und
Gebüsch und klettern auf beso nnte
Felsen und Lesesteinriegel .
Ich hatte ein Männchen im Su­
cher, das plötzlich den Platz verließ
- es musste ihn für das AI­
phamännchen räume n, das am
Ende der Pa aru ngszeit mit deutli­
chen Schrammen im Gesicht ziem­
lich ramponiert aussah. Das Weib­
chen hinge ge n hatte vom Paa­
rungsbi ss des Männchens Verlet­
zungen an den Hinterbeinen.
Männchen und Weibchen bleiben
ziemlich genau zwei Wochen im
Mai zusammen, so dass nur ein
kurzes Zeitfenster für die Aufnah­
men bleibt.
Während Smaragdeidechsen in den
El sässe r Trockenr asen allgegen­
wä rti g sind, ist die Begegnung mit
der kleinen Springspinne Philaeus
chrysops eher ein Glücksfall. Die
Männchen fallen durch ihren knall­
orange-schwarzen Hinter lei b auf.
Diese typische Mittelmeerart ist
nördlich der Alpen se lten, in
Deutschland vom Au ss terben be­
droht und eine vo n vielen Kostbar­
keiten , die sich in den im Sommer
50 karg wirkenden Trockenrasen
verbergen.
le tzten Mal Sonne und tolerieren
den Fotografen dann mit scheinbar
"v erschmitztem Grinsen".
Fotolicht
Bedrohte Trockenrasen
Die schönsten Zeiten für Fotogra­
fen sind auch am Oberrhein das
zeitige Frühjahr und der Herbst. Ab
Mitte März beginnt das Leben in
den Troc kenrasen mit der Blüte
der Küchenschellen und den aus
dem Winterschlaf erwachenden Ei­
dechsen. Ab Mitte Ma i wird das
Licht sehr sommerlich und hart, so
dass ans pruchsvolle Bild ermacher
bei sonnige m Wetter nur etwa zwei
Stlmden am Morgen und drei Stun­
den vor Sonnenuntergang mit pas­
sab len Lichtve rhältn iss en rechnen
können. Für viele Makroau fnah­
men ist der Morgen günstiger, weil
es dann ö fter windstil l ist. Das
Abendlicht wird oft durch Dunst ge­
sc hwäch t und ist dann nicht mehr
sanft sondern fah l. Außerdem ent­
wickeln sich im Sommer nachmit ­
tags häufig Gewitter.
Im Oktober gibt es wunderbare
Tage, dann leuchten die Trockenra­
sen in Ockergelb, durch se tzt vom
grellen Rot der Lau bfärbung von
Kirsche, Blutrotem Storchschna­
bel und Blutrotem Hartriegel. Das
ist auch eine gute Ze it, sich behut­
sa m den Maue reidechsen an­
zunähern : Die Tiere t anke n zum
G roße Teile der Els ässer Trocken­
rasen sind "Geschütztes Gebiet"
und dürfen daher nicht betreten
werden , was jed och häufig miss­
achtet wird.
Bevor der Men sch die Land sc haft
prägte, kon nten Trockenrasen nur
kleinflächig existieren: dort, wo es
für den Wald zu trocken war, also
an Felsköpfen und anderen extrem
fl achgrü ndigen Stellen. Erst durch
jahrhundertelange Auflichtung de s
Waldes durch Beweidu ng und
Mahd entstanden ausgedehnte
Wiesenflächen. Nach dem 2. Welt­
kri eg gingen Viehhaltung und Heu­
gewinnung stark zurück. Die Wan­
derschäferei auf den Trockenr asen wu rde in den 70e r Jahren vo m Na­
turschutz verbo ten. Deshalb ve r­
buschen die Wiesenflächen immer
mehr. An den trocken sten Stand­
orten geht die Sukzession lang­
sam vor sich , an ein igen Stellen ist
sie jedoch scho n sehr weit fo rtge­
schritten und Schlehen überwach­
sen die Orchideen. Aber auch die
Ausdehnung der Weinbauflächen
stellt eine akute Bedrohung für die
Trockenras en dar. So unschön die
Trampelpfade und das niederge­
drückte Gras in den Wiesen auch
sein mögen , die von Fotografen
und anderen Besuchern hinterlas­
sen we rden , die wirkliche Bedro­
hung für die Trockenra sen liegt an­
derswo.
Tobias Mennle
Smaragdeidechsenmännchen (Lacerta
viridis). Auf exponierten, sonnigen
Steinen tanken die Eidechsen Energie.
Mi ko fl FE;>, 4.0/80-200 mm, lx·Konverter, 5 mm..
Zwi~ärenring.
Stativ, S(Jltgdllor!WsJosung,
Fujich ro rYl t Pro'li(l JooF
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