Krankenbericht über einen Patienten der Pferdeabteilung der Medizinischen und Gerichtlichen Veterinärklinik 1 . Die Untersuchung findet am 17.4.00 in der Zeit von 9.00 - 11.00 Uhr in der Pferdeabteilung statt. Anamnese Das Tier wird am 10.4.00 in der Klinik vorgestellt wegen Kopfschüttelns während der Arbeit, welches zum ersten Mal vor dreieinhalb Wochen beobachtet wurde. Anfangs zeigte das Pferd das Kopfschütteln nach ca. 50 Minuten Arbeit, mittlerweile schon früher. Dem Besitzer sind weiterhin das Herausstrecken der Zunge und Reiben der linken Gesichtshälfte aufgefallen. Das Tier ist nicht vorbehandelt. Es wird als Freizeitpferd in einer Box auf Stroh gehalten, außerdem besteht Weidemöglichkeit. Im Stall sind noch 20 weitere Pferde. Das Tier ist von Geburt an bei den jetzigen Besitzern. Die Fütterung erfolgt mit Pellets, Müsli und Heu, ein Futterwechsel hat nicht stattgefunden. Das Pferd wird regelmäßig gegen Tetanus geimpft, die letzte Wurmkur erfolgte im März. Besitzer des Pferdes ist XY aus Z. Der Aufnahmebefund ist folgender: Der Wallach verhält sich ruhig, und zittert. Die Körperhaltung ist physiologisch. Die allgemeine klinische Untersuchung ergibt keine besonderen Befunde. Bei der speziellen klinischen Untersuchung fallen lediglich deutlich depigmentierte Sekretrinnen und ein leicht verschärftes Lungengeräusch auf. Beim longieren zeigt sich, daß das Kopfschütteln vor allem senkrecht ist. Am 12.4. beginnt das Pferd nach ca. 20 Minuten mit mäßig ausgeprägtem Headshaken, am 13.4. hat sich das Symptom verbessert. Am 14.4. ist nach ca. 10 Minuten ein leichtes Nicken zu beobachten. Signalement Bei dem zu untersuchenden Tier handelt es sich um einen 8-jährigen Warmblut-Wallach namens „Aristo“. „Aristo“ ist ein Fuchs mit durchgehender Blesse, welche beidseits in die Nüstern zieht. Der Ballen der rechten Vordergliedmaße ist weiß, die Fessel der rechten Hintergliedmaße ist weiß. Auf dem linken Oberschenkel befindet sich ein Hessen-Brand. Allgemeine klinische Untersuchung „Aristo“ belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig. Er ist ruhig, aber aufmerksam. Ernährungssowie Pflegezustand sind als gut zu bezeichnen. Die Pulsfrequenz beträgt 34, während die Atemfrequenz bei 8 liegt. Die Körperinnentemperatur beträgt 37,2 °C, die Körperoberflächentemperatur nimmt zu den Akren hin ab. Der Hautturgor ist physiologisch erhalten. Konjunktival- und Maulschleimhäute sind rosa-rot, feucht, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen. Die kapilläre Rückfüllzeit liegt unter 2 Sekunden. Die Episcleralgefäße sind fein gezeichnet. Die Lnn. mandibulares sind nicht vergrößert und von prall-elastischer Konsistenz. Sie sind gut abgrenzbar, verschieblich und weder vermehrt warm noch schmerzhaft. Spezielle klinische Untersuchung Haare/Haut Am Hals sind mehrere 1-2 cm große haarlose Stellen zu sehen, in deren Umgebung die Haare leicht ausziehbar sind. Ansonsten ist das Haarkleid geschlossen, dicht und glänzend. Juckreiz und Parasiten sind nicht feststellbar. Der Hautturgor ist erhalten, die Haut weist keinerlei Veränderungen auf. Zirkulationsapparat Die kapilläre Rückfüllzeit liegt unter 2 Sekunden. Die Episcleralgefäße sind fein gezeichnet. Die Herzfrequenz liegt bei 34 Schlägen pro Minute. Der Herzschlag ist kräftig, regelmäßig, gut abgesetzt und es sind keine Nebengeräusche zu auskultieren. Die Pulsfrequenz stimmt mit der Herzfrequenz überein. Die Pulswelle ist kräftig, regelmäßig, gleichmäßig und symmetrisch. Die Arterien sind gut gefüllt, die Arterienwände gut gespannt. Die Jugularvenen sind nicht angestaut. Respirationsapparat Die Atemfrequenz liegt bei 8, der Atemtyp ist costoabdominal. Es besteht ein geringgradiger seröser Nasenausfluß aus beiden Nüstern. Die Ausatemluft kommt symmetrisch aus beiden Nüstern. Deutlich depigmentierte Sekretrinnen sind zu sehen. Bei der Auskultation der Lunge ist ein geringgradig verschärftes inspiratorisches Atemgeräusch zu hören. Der Brustkorb ist symmetrisch. Verdauungsapparat Der Appetit des Pferdes ist ungestört. Futter- und Wasseraufnahme sowie Kotabsatz sind physiologisch. Die Maulhöhle ist adspektorisch ohne besonderen Befund. Die Bauchdecke ist locker, der Bauchumfang nicht vermehrt. In allen vier Quadranten des Abdomens ist eine rege Peristaltik auszukultieren. Der Kot ist physiologisch. Harnapparat Wasseraufnahme sowie Harnabsatz sind physiologisch. Nervensystem und Sinnesorgane „Aristo“ zeigt ein normales Verhalten. Er ist aufmerksam und reagiert sowohl auf akustische als auch auf optische und olfaktorische Reize. Die Oberflächensensibilität ist physiologisch. Der Gang ist weder schwankend noch unsicher und die propriozeptiven Korrekturreaktionen erfolgen spontan, so daß auch die Tiefensensibilität als ungestört zu bezeichnen ist. Die zerebralen Reflexe (Pupillar-, Droh-, Lid- und Corneareflex) sind normoreflektorisch. Der Analreflex ist vorhanden. Die Untersuchung der Augen ist unauffällig, beide Pupillen sind gleich groß. Die Ohren sind adspektorisch ebenfalls ohne besonderen Befund. Bewegungsapparat Der Bewegungsapparat ist sowohl im Stand als auch in der Belastung unauffällig. Weiterführende Untersuchungen Longieren: „Aristo“ beginnt 35 Minuten nach dem Beginn des Longierens mit dem Headshaken. Die Kopfbewegungen erfolgen überwiegend vertikal, aber auch horizontal. Das Headshaken ist immer wieder von symptomfreien Phasen unterbrochen. Besonders ausgeprägt sind die Kopfbewegungen im Trab, kommen aber auch bei den anderen Gangarten vor. Es besteht kein Zusammenhang mit der Laufrichtung oder damit, ob „Aristo“ ausgebunden ist oder nicht. Labordiagnostische Untersuchungen: Alle Blutwerte sind im Normbereich. Physikalische Untersuchungen: Der Kopf ist röntgenologisch unauffällig. Die Endoskopie der Luftsäcke und des Nasenrachenraumes bleibt ohne besonderen Befund. Diagnose Die Diagnose bei „Aristo“ lautet symptomatisches Headshaken. Differentialdiagnose Idiopathisches Headshaken Epikrise Headshaken kann das Symptom einer Krankheit sein. Es äußert sich als plötzlich auftretendes Kopfschütteln bei der Arbeit und beginnt meist erst, wenn das Pferd warm gelaufen ist. Das Headshaken bleibt dann während der gesamten Belastungsdauer bestehen, wird aber zum Teil auch kurz unterbrochen. Das Kopfschütteln erfolgt eher vertikal und ist vor allem im Trab zu beobachten, seltener im Schritt und kaum im Galopp. Ist das Headshaken sehr stark ausgeprägt, kann es unter Umständen zu Koordinationsstörungen der Gliedmaßen kommen. Das Headshaken tritt vorwiegend im Sommer auf. Prädisponiert sind Pferde zwischen 5 bis 8 Jahren und Dressurpferde, die am Zügel gehen müssen. Die Diagnose erfolgt nach dem Ausschlußverfahren. Bei „Aristo“ kann die Ursache für das Headshaken eine allergisch bedingte Rhinitis (z.B. durch Pollen, Pflanzenstaub, Ledermehl, Ätherische Öle, ...) sein. Der seröse Nasenausfluß und die Besserung des Headshakens nach Applikation von Cortikosteroiden sprechen dafür. Mit Hilfe eines lokalanästhetischen oder steroidhaltigen intranasalen Sprays kann versucht werden, das Headshaken zu unterdrücken. Als weitere Ursache kommen Neuralgien des Nervus trigeminus oder des Nervus glossopharyngeus in Frage. Diese führen zu Nervenschmerzen, welche auf Reizung des sensiblen Anteils des Nerven zurückzuführen sind. Pathologisch-histologische Veränderungen liegen hierbei nicht vor. Solche Neuralgien können auch zu fazialem Pruritus führen, welcher ebenfalls dem Headshaken zugrunde liegen kann. Dies ist bei „Aristo“ in Betracht zu ziehen, da dem Besitzer laut Vorbericht das Reiben der linken Gesichtshälfte aufgefallen ist. Parästhesien sind Mißempfindungen, welche sich in Form von Taubheit, Kribbeln oder Schmerz äußern können, und so ebenfalls zum Headshaken führen können. Auch hierzu paßt das vorberichtliche Reiben der linken Gesichtshälfte. Um festzustellen, ob es sich tatsächlich um Neuralgien oder Parästhesien handelt, kann man eine Leitungsanästhesie des entsprechenden Nerven vornehmen. Weiterhin können verschiedene Erkrankungen des Auges für das Headshaken verantwortlich sein: Beim photischen Headshaken handelt es sich um eine neurologische „Überempfindlichkeitsreaktion“ auf Lichtreize. Betroffene Pferde zeigen typischerweise das saisonale und witterungsabhängige Headshaken. Die Symptome können durch Abdecken der Augen bzw. Anlegen einer „Sonnenbrille“ zum Verschwinden gebracht werden. Der Luxation bzw. Subluxation der Linse liegt eine Beschädigung des Corpus ciliare oder ihrer Fixpunkte zugrunde. Dies führt zu einer lateralen Verdrängung der Linse. Bei der Luxation ist die Linse vollständig von der Pupille disloziert, bei der Subluxation dagegen bleibt die Linse in der pupillären Apertur. Die Luxatio lentis tritt vor allem in Folge von Traumata auf, während die Subluxatio lentis vor allem auf Perforation von Tumorzellen welche von der Uvea anterior ausgehen, zurückzuführen ist. Die weltweit am häufigsten auftretende Augenkrankheit der Equiden ist die equine rezidivierende Uveitis (ERU, früher Mondblindheit oder periodische Augenentzündung). Sie liegt in der Regel unilateral vor, rezidiviert unregelmäßig und führt zum Verlust des Visus. Zu Beginn der Erkrankung liegt eine exsudativ-eitrige Uveitis anterior vor, im Verlauf weiterer Entzündungsschübe sind dann auch die Uvea posterior, die Netzhaut und der Fasziculus opticus betroffen. Nach periodisch-rezidivierendem Verlauf kommt es schließlich zur chronischnichteitrigen Panuveitis und Folgeveränderungen (stromale Keratitis, Synechierung, SekundärGlaukom, Luxatio lentis, Catarakta complicata, Ablatio retinae, chorioretinale gliöse Vernarbung und Glaskörpertrübung). Die ERU führt schließlich zu progressivem Visusverlust und organisationsbedingter Atrophie mit Schrumpfung. Hypothesen zur Entstehung der ERU gehen von einer verzögerten Hypersensitivitätsreaktion mit Persistenz immunologisch sensibilisierter Zellen aus. Die hierbei am häufigsten gefundenen Antigene sind Leptospiren und abgestorbene Mikrofilarien von Onchocerca cervicalis. Die Tränenkanäle werden mit Hilfe von Spülungen auf ihre Durchgängigkeit hin überprüft. Es können hier Obturationsstenosen infolge von Fremdkörpern oder Entzündungsprodukten sowie Kompressionsstenosen durch entzündliche oder tumoröse Gewebebildungen vorliegen. Außerdem können Ödeme der Corpora nigrans zum symptomatischen Headshaken führen. Da bei der Untersuchung der Augen von “Aristo“ keine besonderen Befunde erhoben werden konnten, und er auch kein saisonales, witterungs- und lichtverhältnisabhängiges Headshaken zeigt, sind Augenkrankheiten als Ursache auszuschließen. Weiterhin müssen Maulhöhle und Zähne gründlich untersucht werden, da auch hier Ursachen für das Headshaken vorliegen können: Durchbruch von Zähnen, Druck des Gebisses auf das Diastema, Wolfszähne, Ulzerationen, ... können zu Schmerzen in der Maulhöhle führen, worauf das betroffene Pferd dann möglicherweise mit Headshaken reagiert. Diagnostisch können die Wolfszähne extrahiert und die Backenzähne beraspelt werden. Bei der Alveolarperiostitis (Wurzelhautentzündung) handelt es sich um eine Periodontitis. In der Regel entstehen Periodontitiden durch bakterielle Infektionen, es kommen aber auch aseptische Entzündungen vor. Die Entzündung ist meist eitrig und kann sowohl akut als auch chronisch verlaufen. Periapikale Zahnwurzelabszesse, Mißbildungen, Chipfrakturen, Karies der Backenzähne und dentogene oder dermoide Zysten können ebenfalls zum Headshaken führen, sind aber auszuschließen, da bei der klinischen Untersuchung und dem Röntgen keine entsprechenden Befunde erhoben werden konnten. Da „Aristo“ bereits 8 Jahre alt ist, ist auch der Durchbruch von Zähnen ursächlich auszuschließen. Außerdem hat er keine Wolfszähne, welche zu schmerzbedingtem Headshaken führen könnten. Die Inspektion der Maulhöhle verläuft unauffällig, so daß Erkrankungen in diesem Bereich als Ursache nicht in Frage kommen. Erkrankungen der Ohren können ebenfalls zu symptomatischem Headshaken führen: Fremdkörper und Parasiten (Milben) im äußeren Gehörgang sind bei der Untersuchung von „Aristo“ nicht gefunden worden. Ein Othämatom (Bluterguß im lockeren Bindegewebe zwischen Knorpel und Corium) oder andere Verletzungen, welche auf ein Trauma zurückzuführen sind, können durch die Adspektion bei „Aristo“ ebenfalls ausgeschlossen werden. Ohrfisteln beruhen auf einer embryonalen Mißbildung und gehen von versprengten Zahnanlagen aus. Aus der Fistelöffnung, welche sich meist am inneren Rand der Ohrmuschel befindet, entleert sich ständig eine wäßrige bis schleimige Flüssigkeit. Solche Fisteln sind bei „Aristo“ nicht zu beobachten. Luftsackmykosen, wie sie durch Aspergillus-, Kryptokokkus- und Kokzidioides-Arten hervorgerufen werden sind durch die Endoskopie ausgeschlossen worden. Fibrome sind Geschwülste mesenchymalen Ursprungs. Sie wachsen langsam und bilden solitäre Knoten von rötlicher Farbe, die Behaarung über der Neubildung geht langsam verloren. Fibrosarkome sind eher flächenhaft ausgebreitet und haben eine verhornende, teils feuchte Oberfläche. Sie neigen zum Rezidiv, metastasieren aber selten. Solche Neoplasien am äußeren Gehörgang sind ebenso wie hyperplastische Dermatitiden der Ohrmuschel und Chondritiden des Ohrknorpels aufgrund der adspektorischen und palpatorischen Untersuchung auszuschließen. Zur Diagnose einer Trommelfellruptur müßte das Innenohr inspiziert werden. Haut und Schleimhäute sind eine weitere mögliche Lokalisation für Ursachen: Eine photodynamische Dermatitis kann primär durch photosensibilisierende Stoffe (Buchweizen, Johanniskraut, Leguminosen) oder sekundär (=hepatogen) durch Phylloerythrin verursacht werden. An der unpigmentierten Haut kommt es unter Lichteinwirkung zur Degeneration und Nekrose oder Entzündung. Bei „Aristo“ können bei der klinischen Untersuchung keine Veränderungen an der Haut gefunden werden, so daß sowohl die photodynamische Dermatitis als auch Hautallergien, Urticaria und andere Hauterkrankungen nicht als Ursache für das Headshaken in Frage kommen. Eine Überempfindlichkeit der Tasthaare kann überprüft werden, indem diese entfernt werden. Abgesehen von dem Nasenausfluß konnten bei der klinischen und endoskopischen Untersuchung des Respirationsapparates keine auffälligen Befunde (wie z.B. Fremdkörper, Pharyngitis, Dyspnoe) erhoben werden, so daß auch dieser nicht für das Headshaken verantwortlich gemacht werden kann. Außerdem kommen verschiedene Erkrankungen des Bewegungsapparates als Ursache für symptomatisches Headshaken in Frage: Myositis des Nackens, Ossifikation der Nackenmuskeln, Schmerz in den zervikalen bzw. thorakolumbalen Wirbeln, Verspannung des Ligamentum nuchae, Schleimbeutelentzündung am Genick und Exostose an der occipitalen Insertionsstelle des Lig. nuchae. Die Untersuchung des Bewegungsapparates ergibt keinen Hinweis auf eine Erkrankung. Differentialdiagnostisch ist das idiopathische Headshaken zu nennen. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte Stereotypie, also eine echte Verhaltensstörung, welche definiert ist als ein sich ohne erkennbare Funktion nahezu identisch wiederholendes Verhaltensmuster. Bei Stereotypien sind 2 qualitativ verschiedene Formen zu nennen: 1. Eigentliche Verhaltensstörungen, welche vom Normalverhalten des Pferdes abweichen. 2. Unerwünschte Verhaltensweisen, die wie das Headshaken einen normalen Bestandteil des pferdespezifischen Verhaltensrepertoires darstellen, aber die Nutzung des Tieres beeinträchtigen. Stereotype Verhaltensweisen sind zum größten Teil Reaktionen auf nicht pferdespezifische Haltungs- und Managementbedingungen.Auslösende Ereignisse können z.B. folgende sein: Soziale Isolation, Bewegungsmangel, abrupter Trainingsbeginn oder Überforderung, Änderungen der Haltungsbedingungen und das Absetzen von der Mutterstute. Solche Situationen stellen Belastungen für das Tier dar, welche unter Umständen zu Übersprungs- oder Leerlaufhandlungen führen, die sich als Stereotypien manifestieren. Verhaltensstörungen können direkt auf einschneidende Erlebnisse folgen oder aber vergangene Ereignisse reflektieren. Sie können auch durch unspezifische Faktoren ausgelöst werden, nachdem die eigentliche Ursache längst nicht mehr besteht. Prädisponierende Faktoren für Stereotypien sind mangelnder sozialer Kontakt, keine Möglichkeit zu Koppelgang, wenig Heu und andere Einstreu als Stroh. Rassedispositionen bestehen für italienische Vollblüter und Przewalski-Pferde. Pathophysiologisch ist die Entstehung stereotyper Verhaltensstörungen auf ein Ungleichgewicht zwischen streßinduzierter Opioidfreisetzung unter Belastungssituationen und einer zu geringen Gegenregulation durch serotonerge Mechanismen zu erklären. Langfristig führt dies zu einer kompensatorischen Veränderung der Rezeptorendichte im ZNS, so daß die unerwünschte Verhaltensweise andauert, auch wenn die eigentliche Ursache abgestellt ist. Hindert man Pferde daran, die stereotypen Verhaltensweisen auszuführen, so kommt es zum Anstieg von Streßparametern (z.B. Corticosteroide). Folglich gibt es Hypothesen, die besagen, daß Stereotypien dazu dienen, Streß zu reduzieren. Diese Differentialdiagnose ist bei „Aristo“ auszuschließen, da die Haltungsbedingungen gut sind und kein einschneidendes Erlebnis bekannt ist. Therapie „Aristo“ wird zunächst mit 0,04 mg/kg KM Dexamethason (Hexadreson ) intramusculär anbehandelt. Daraufhin ist eine deutliche Besserung zu beobachten, das Pferd zeigt nur noch ein leichtes Kopfnicken. Nach viertägiger Therapie wird das Glucocorticoid ausgeschlichen, woraufhin sich das Symptom wieder verstärkt zeigt, so daß die Dosis wieder heraufgesetzt wird. Bei dieser Therapie ist zu beachten, daß die Synthese und Freisetzung endogener Glucocorticoide einem negativen Feedback unterliegen. Glucocorticoide müssen folglich immer ausschleichend abgesetzt werden. Außerdem unterliegen sie einem circadianen Rhythmus: Da beim Pferd die Maximalwerte morgens auftreten, sollten auch exogene Glucocorticoide morgens appliziert werden. Bei der Behandlung allergischer Erkrankungen werden die antiexsudative Wirkung, Hemmung der Mediatorenfreisetzung (Histamin), Immunsuppression und Eosinopenie der Glucocorticoide ausgenutzt. Es handelt sich um eine symptomatische Therapie. Auch Neuralgien verbessern sich durch die Applikation von Glucocorticoiden. Dies beruht auf ihrer antiinflammatorischen Wirkung. Prognose Die Prognose bezüglich des Headshakens bei „Aristo“ ist schlecht. Da keine Ursache gefunden werden kann, ist eine causale Therapie nicht möglich. Das Headshaken selbst stellt für das Pferd kein großes Problem dar, wohl aber für den Reiter.