DER ENTWICKLER DES BIOGENERISCHEN VERFAHRENS PROFESSOR DR. ALBERT MEHL IM INTERVIEW Wie man mit wissenschaftlicher Grundlagenforschung die Zahnarztpraxis revolutioniert. Wie kam es zur Entwicklung der Biogenerik? Herr Professor Mehl, was ist unter biogenerischen Kauflächen zu verstehen? Sie können den obigen Satz problemlos lesen? Dann verstehen Sie bereits das Grundprinzip, das hinter der Biogenerik steckt. Denn genau wie dem menschlichen Gehirn nur einige wenige Bruchstücke reichen, um Buchstaben zu erkennen und einen Satz zu vervollständigen, so liest die CEREC Biogenerik bestehende Strukturen und rekonstruiert aus den Informationen automatisch die fehlenden Okklusionen. Das geschieht nach dem Vorbild der Natur und unter Berücksichtigung des patientenindividuellen Zahnmusters. Mit CEREC Biogenerik wird die natürliche Autorekonstruktion von Zähnen Wirklichkeit. Unter biogenerischen Kauflächen versteht man die erstmalige mathematische Beschreibung von natürlichen Okklusionsmorphologien. Sie basiert auf der Analyse von tausenden von intakten Zahnoberflächen und auf objektiven algorithmischen Gesetzmäßigkeiten. Damit wurde diese Beschreibung unabhängig von jeglichem spezifischen Expertenwissen gefunden und könnte so alle bisher geltenden Okklusionskonzepte umfassen. Der Hauptvorteil: Man kann alle in der Natur vorkommenden Kauflächen durch wenige Parameter oder Merkmale charakterisieren – eine effektive Datenreduktion. Vergleichbar ist das mit den Millionen von Farben, die durch die drei Grundfarben Rot, Grün und Blau beschrieben werden können. Warum sind individuelle Kauflächen so wichtig? Intakter Antagonist als Ausgangsbasis und Informationsquelle 1 Restauration: automatisch erstellter Erstvorschlag der Software auf Basis der Information des Antagonisten Die natürliche Originalkaufläche als Vergleich 2 3 Kauflächen unterscheiden sich durch unterschiedliche Merkmale wie Höckerpositionen und -formen, Fissurenverlauf, Randleistenausprägung, Längen- und Winkelverhältnisse. Diese Merkmale beeinflussen entscheidend die Funktion des Kauapparates. Deswegen war und ist es das oberste Ziel der Zahnmedizin, bei Rekonstruktionen natürliche und gut passende Kauflächen zu reproduzieren, die die Funktion wiederherstellen. Konventionelle Aufwachs- und Okklusionskonzepte lassen sich nicht in einen computergestützten Konstruktionsprozess übertragen. Dafür fehlen die nötigen metrischen Anhaltspunkte. Beauftragt man beispielsweise zehn Zahntechniker mit ein und derselben Kronenrestauration, bekommt man zehn verschiedene Okklusionsgestaltungen. Die sind bei entsprechender Erfahrung mit Sicherheit klinisch einwandfrei, ästhetisch und sehr funktionell. Aber mich als Wissenschaftler interessieren metrische und nachweisbare Ergebnisse, die man dann auch in einem CAD/CAM-Verfahren umsetzen kann. Außerdem hat die Natur einen individuellen Ausgangszahn geformt. Sollte es daher nicht der Anspruch sein, dass das Rekonstruktionsergebnis dem Ausgangszahn möglichst nahekommt? Was heißt das für die Praxis von CAD/CAMRestaurationen? Wichtig ist eine Restauration, die harmonisch in die jeweilige klinische Gesamtsituation passt. Diesem Anspruch kann man mit einer üblichen „Standardkaufläche“ nicht gerecht werden. Diese gibt nicht die natürliche Formenvielfalt wieder. Für ein halbwegs patientenindividuelles Ergebnis mussten die Anwender bislang viele Anpassungen selbst vornehmen. Entweder in der Software oder beim Einsetzen bzw. Einschleifen. bietet die Biogenerik einfach mehr Vorteile. Denn wie viele Zähne eine Datenbank auch umfasst, sie wird nie die Formenvielfalt der Natur widerspiegeln, und die Auswahl des richtigen Zahnes ist immer ein subjektiver Vorgang. Die Biogenerik dagegen orientiert sich an objektiv messbaren Kriterien und berücksichtigt gleichzeitig die metrischen Randbedingungen. Damit ist Biogenerik in der Lage, jede klinische Zahnsituation nachzubilden, und umfasst somit weit mehr als jede noch so große Zahndatenbank. Wie funktioniert das biogenerische Prinzip konkret? Ähnlich wie der Fingerabdruck hat auch das Gebiss jedes Menschen eine eigene Signatur. Der Biogenerik gelingt es, die Zusammenhänge von Morphologie und Okklusion zu entschlüsseln, um so Anhaltspunkte für die Rekonstruktion zu bekommen. Bei Inlays und Onlays etwa nutzt die biogenerische CEREC-Software dafür die okklusale Restzahnsubstanz des präparierten Zahnes. Bei Kronen nimmt man zusätzlich zur Präparation zum Beispiel noch einen weiteren intakten Zahn, vorzugsweise Antagonist, Nachbarzahn oder kontralateralen Zahn, auf ( 1 ). Aufgrund der intakten Morphologie kann nun die Biogenerik für den präparierten Zahn einen gut passenden Vorschlag errechnen ( 2 ). Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen zudem, dass man damit metrisch nahe an die vorher vorhandene Originalkaufläche ( 3 ) herankommt. Und dies individuell für jeden Patienten. Und was ist mit der bisherigen Zahndatenbanken-Praxis? Zahndatenbanken waren ein wichtiger Schritt in Richtung individueller Restaurationen. Aber aus wissenschaftlicher Sicht 01 | 02 VON DER GRUNDLAGENFORSCHUNG ZUM PATENTIERTEN VERFAHREN Biogenerik – eine wissenschaftliche Revolution. Alle bestehenden Okklusionskonzepte berücksichtigen. Beliebige Morphologien mathematisch beschreiben. Für jeden Patienten genau das eine Ergebnis finden, das exakt und unverwechselbar zu ihm passt. Die Professoren Mehl und Blanz, die Väter des biogenerischen Prinzips, hatten sich von Anfang an hohe Ziele gesteckt. Und dank intensiver Grundlagenforschung haben sie es geschafft: Die Formel für den genetischen Bauplan von Morphologie und Okklusion ist gefunden. Der genetische Bauplan und seine versteckten Informationen Damit Sie von einfachster Anwendung profitieren, stehen hinter der Entwicklung von CEREC Biogenerik die Vermessung, die Kombination und der Vergleich tausender intakter Zahnformen. Langjährige wissenschaftliche Untersuchungen zu Morphologie und Funktion lieferten die nötigen Messdaten. Die Auswertung erfolgte über hochkomplexe statistische Berechnungsprogramme. Dies alles ermöglichte den Forschern, eine ganze Reihe charakteristischer Formmerkmale und Abhängigkeiten zu identifizieren und in etlichen Simulationsreihen zu verifizieren. „Erste fundamentale Erkenntnis unserer wissenschaftlichen Forschungen war: Mit wenigen Parametern lässt sich die gesamte Bandbreite der natürlichen Zahnformund Okklusalmorphologien nachbilden. Zweite fundamentale Erkenntnis: Wir konnten nachweisen, dass verschiedene Zähne desselben Patienten durch den gleichen Parametersatz beschreibbar sind. Mit den Grundinformationen, die wir bei einem intakten Zahn gewonnen haben, sind wir in der Lage – durch Übertragung der patientenindividuellen Parameter – fehlende Bestandteile anderer Zähne zu rekonstruieren. Und bei Inlays brauchen wir nicht mal einen intakten Zahn, hier reichen schon die Informationen aus der Restzahnsubstanz.“ Prof. Dr. Albert Mehl über den Durchbruch in der Forschung Nach den Gesetzen der Natur statt Pi mal Daumen Was hat das kubische Verhältnis zwischen mesialem Ridgepunkt und mittlerem Höckerabhang mit patientenindividueller Okklusionsgestaltung zu tun? Ganz einfach: Es ist einer der objektiv messbaren Parameter, die am Ende die mathematische Beschreibbarkeit jeder beliebigen natürlich vorkommenden Zahnform ermöglichen. Die eigene individuelle Zahnmorphologie wird von der Morphologie der Nachbar- oder Gegenzähne abgeleitet und für die Rekonstruktion verwendet. Literatur- und Studiennachweise: 2005 MEHL, A., BLANZ, V., HICKEL, R.: Was ist der „Durchschnittszahn“? – Ein mathematischer Ansatz für die automatische Berechnung einer repräsentativen Kaufläche. Dtsch Zahnärztl Z 60, 335–341. 2005 MEHL, A., BLANZ, V.: A new approach for automatic reconstruction of occlusal surfaces with the biogeneric tooth model. In: International Journal of Computerized Dentistry 8, 13–25. 2005 MEHL, A., BLANZ, V., HICKEL, R.: Biogeneric tooth: a new mathematical representation for tooth morphology in lower first molars. In: European Journal of Oral Sciences 113, 333–340. 2005 MEHL, A., BLANZ, V., HICKEL, R.: A new mathematical process for the calculation of average forms of teeth. In: The Journal of Prosthetic Dentistry 95, 561–566. 2005 BLANZ, V., MEHL, A., VETTER, T., SEIDEL, H.-P.: A Statistical Method for Robust 3D Surface Reconstruction from Sparse Data. In: 2nd Int. Symp. on 3D Data Proc., Visualization, and Transmission, 3DPVT, 293–300. 2006 MEHL, A., BLANZ, V.: Biogeneric tooth reconstruction – A new fundamental method to describe and reconstruct the occlusal morphology of teeth. In: State of the Art of CAD/CAM Restorations – 20 Years of Cerec, 113–121. 2006 RICHTER, J., MEHL, A.: Evaluation for the Fully Automatic Inlay Reconstruction by Means of the Biogeneric Tooth Model. In: International Journal of Computerized Dentistry 9, 101–111. 2006 RICHTER, J.: Evaluation der vollautomatischen Inlayrekonstruktion mittels biogenerischem Zahnmodell. Med. Diss: München. 2007 LITZENBURGER, A.: Parametrisierung unbekannter Zahnoberflächen mittels des biogenerischen Zahnmodells. Med. Diss: München. 2009 AST, A.: Vollautomatische Antagonistenrekonstruktion bei ersten Molaren mittels biogenerischem Zahnmodell. Med. Diss: München. 2010 ENDER, A., MÖRMANN, W., MEHL, A.: Efficiency of a mathematical model in generating CAD/CAM-partial crowns with natural tooth morphology. In: Clinical Oral Investigations (DOI 10.1007/s00784-010-0384-z, published online 9 February). 03 | 04 SIRONA – WELTWEIT EINMALIGE SYSTEMKOMPETENZ FÜR DENTALE AUSRÜSTUNGSGÜTER Sirona entwickelt und produziert CAD/CAM Systeme für Praxis (CEREC) und Labor (inLab), Instrumente und Hygienesysteme, Behandlungseinheiten sowie bildgebende Systeme. Ziel von Sirona ist es dabei immer, Produkte zu liefern, die Ihnen ein Maximum an Wirtschaftlichkeit, Bedienfreundlichkeit und Innovation garantieren. Zum Nutzen Ihrer Praxis. Zum Wohle Ihrer Patienten. So können Sie mit jeder neuen Herausforderung, der Sie sich täglich stellen müssen, sicher sein: Es wird ein guter Tag. Mit Sirona. Sirona Dental Systems · Fabrikstraße 31 · 64625 Bensheim E-Mail: [email protected] · www.sirona.de T h e D e n t a l C o m p a n y Technische Änderungen und Irrtümer vorbehalten, Best.-Nr. 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