Elektrotechnik für Ingenieure 1 Gleichstromtechnik und Elektromagnetisches Feld. Ein Lehr- und Arbeitsbuch für das Grundstudium Bearbeitet von Wilfried Weißgerber 10. Auflage 2015. Buch. XIV, 439 S. Kartoniert ISBN 978 3 658 09097 5 Format (B x L): 16,9 x 24,2 cm Gewicht: 715 g Weitere Fachgebiete > Technik > Energietechnik, Elektrotechnik > Elektrotechnik Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte. 27 2 Gleichstromtechnik 2.1 Der unverzweigte Stromkreis 2.1.1 Der Grundstromkreis Ein unverzweigter Stromkreis ist die geschlossene Hintereinanderschaltung verschiedener Schaltelemente: Spannungsquellen, Widerstände in Form von elektrischen Verbrauchern, Leitungen usw. Die praktisch vorkommenden Stromkreise bestehen aus räumlich angeordneten und mehr oder weniger kontinuierlich verteilten Widerständen. Diese werden in Schaltbildern konzentriert angenommen, d. h., die Verbindungen zwischen den Spannungsquellen und Widerständen sind widerstandsfrei. Die in den Spannungsquellen kontinuierlich verteilten Widerstandsanteile werden ebenfalls konzentriert gedacht und zum Innenwiderstand der Spannungsquelle zusammengefasst. Die Spannungsquelle wird ebenfalls idealisiert, d. h. widerstandslos, angenommen. Die Ersatzschaltung einer Spannungsquelle besteht also aus der Reihenschaltung der Quellspannung Uq und dem Innenwiderstand Ri. Wird die Spannung auf Grund einer Energieumwandlung in einer Spannungsquelle durch die Bezeichnung EMK E von den Spannungen U in stromdurchflossenen Widerständen unterschieden, dann besteht die Ersatzschaltung aus der Reihenschaltung EMK E und dem Innenwiderstand Ri. Jeder unverzweigte Stromkreis lässt sich zum bereits erwähnten Grundstromkreis zusammenfassen. Er besteht aus dem aktiven Zweipol der Spannungsquelle (Uq und Ri bzw. E und Ri) und dem passiven Zweipol des Verbrauchers (Ra). Dadurch lassen sich komplizierte Netzwerke einfach behandeln (siehe Abschnitt 2.3.3: Zweipoltheorie). Im Allgemeinen besteht die Aufgabe darin, bei bekannten Spannungsquellen und Widerständen die Ströme zu berechnen. Wie schon erwähnt, werden für Spannungsquellen heute nur noch Quellspannungen verwendet. Um Rechenbeispiele älterer Literatur [5], [9], [10], [11], [12], [13], [14], [15] verstehen zu können – wo mit der EMK E gerechnet wird –, werden im Folgenden der Grundstromkreis, die Reihenschaltung von Spannungsquellen, die Maschenregel, die Ersatzspannungsquelle, die Ersatzstromquelle und die Netzberechnungsverfahren sowohl mit der Quellspannung Uq als auch mit der EMK E behandelt. Die unterschiedlichen Energieansätze (Abschnitt 1.6) sind Ausgangspunkt der beiden Betrachtungsweisen: © Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 W. Weißgerber, Elektrotechnik für Ingenieure 1, DOI 10.1007/978-3-658-09098-2_2 28 2 Gleichstromtechnik Nach den Energieansätzen des Abschnitts 1.6 ergibt sich für den Grundstromkreis: Bild 2.1 Grundstromkreis mit Quellspannung Uq Bild 2.2 Grundstromkreis mit EMK E Die Summe der drei vorzeichenbehafteten Energien ist Null: Die erzeugte Energie ist gleich der beiden abgegebenen Energien: 3 ¦ 1 Wi 0 (2.1) i 1 i 1 W1 + W2 + W3 = 0 – Q U q + Q U + Q Ui = 0 ¦ 2 Werz i ¦W abg i (2.2) i 1 Werz1 = Wabg1 + Wabg2 (2.3) Q E = Q U + Q Ui (2.4) (2.5) E = U + Ui (2.6) – U q + U + Ui = 0 U q = U + Ui Beim Aufstellen der Spannungsgleichung wird der unverzweigte Stromkreis nur einmal umfahren, und zwar in Richtung des Stroms I: Wird für die Spannungsquelle die EMK E verwendet, dann muss der unverzweigte Stromkreis zweimal in gleicher Richtung umlaufen werden: die Quellspannung Uq liegt entgegengesetzt zur Umlaufrichtung, wird also negativ berücksichtigt, beim ersten Umlauf wird die EMK E, die Spannungen U und Ui liegen in Umlaufrichtung, gehen also positiv ein. Sowohl E als auch Ui und U liegen im Umlauf des Stroms I, gehen also positiv in die Spannungsgleichung ein. beim zweiten Umlauf werden die Spannungen Ui und U erfasst. 2.1 Der unverzweigte Stromkreis 29 Beim normalen Betriebsfall wird die Spannungsquelle mit einem beliebigen Widerstand Ra mit 0 < Ra < f belastet, wodurch sich ein Strom I einstellt: Uq = I Ra + I Ri (2.7) Uq Ra Ri (2.8) E = I (Ra + Ri) Uq = I (Ra + Ri) I E = I Ra + I Ri (2.9) I E Ra Ri (2.10) Drei charakteristische Betriebszustände werden im Grundstromkreis unterschieden: Kurzschluss: Ra = 0 Bei einer Klemmenspannung U = 0 fließt ein Kurzschlussstrom Ik Uq Ri (2.11) Ik E Ri (2.12) Leerlauf: Ra = f Bei verschwindendem Strom I = 0 ist die Klemmenspannung gleich der Leerlaufspannung U l = Uq (2.13) Ul = E (2.14) Anpassung: Ra = Ri Ist der Außenwiderstand gleich dem Innenwiderstand, dann ist der Strom gleich der Hälfte des Kurzschlussstroms und die Klemmenspannung gleich der Hälfte der Leerlaufspannung I I Uq 2 Ri 1 Ik 2 U = Uq – U i mit Ui = U weil I Ri = I Ra U = Uq – U 2U = Uq 1 Ul U 2 (2.15) (2.17) I E 2 Ri I 1 Ik 2 U = E – Ui mit Ui = U weil I Ri = I Ra U=E–U 2U = E 1 Ul U 2 Auf den Anpassungsfall wird im Abschnitt 2.4.5 genauer eingegangen. (2.16) (2.18) 30 2 Gleichstromtechnik Kennlinien des Grundstromkreises: Kennlinie des aktiven Zweipols U + U i = Uq U + I Ri = Uq U I Ri 1 Uq Uq U I Uq Uq / R i I U 1 Ul I k U + Ui = E U + I Ri = E U I Ri 1 E E U I E E / Ri 1 (2.19) I U U l Ik 1 1 (2.20) Das ist die Gleichung einer Achsen-Abschnittsgeraden mit den Achsen-Abschnitten Kurzschlussstrom Ik und Leerlaufspannung Ul: Bild 2.3 Kennlinie des aktiven Zweipols des Grundstromkreises Kennlinie des passiven Zweipols Im Abschnitt 1.5 wurde die Kennlinie des ohmschen Widerstandes behandelt: U = Ra I I (2.21) 1 U Ra (2.22) Bild 2.4 Kennlinie des passiven Zweipols des Grundstromkreises 2.1 Der unverzweigte Stromkreis 31 Überlagerung der Kennlinien des aktiven und passiven Zweipols Werden aktiver und passiver Zweipol zusammengeschaltet, dann stellt sich nur ein Strom I und nur eine Klemmenspannung U ein. Diese Größen ergeben sich durch Überlagerung der Kennlinien des aktiven und passiven Zweipols, indem im Schnittpunkt (genannt Arbeitspunkt) die Größen abgelesen werden. Bild 2.5 Überlagerung der Kennlinien des aktiven und passiven Zweipols des Grundstromkreises Aus den überlagerten Kennlinien lassen sich die Spannungen am Außenwiderstand und Innenwiderstand abgreifen. Praktische Anwendung: Um den Gleichstrom-Arbeitspunkt bei Transistoren und Röhren zu erhalten, werden die nichtlinearen Kennlinien als Kennlinien des passiven Zweipols mit der Kennlinie des aktiven Zweipols – gebildet aus der Versorgungsspannung (entspricht der Leerlaufspannung Ul) und dem Arbeitswiderstand (entspricht dem Innenwiderstand Ri) – überlagert. 2.1.2 Zählpfeilsysteme Für Netzberechnungen ist es notwendig, einheitliche Richtungen für Ströme und Spannungen durch Zählpfeile festzulegen, damit eindeutige Ergebnisse erzielt werden. Sie stimmen mit den im Abschnitt 1.3 bereits vereinbarten Richtungsdefinitionen überein. Spannungszählpfeile: Spannungen zeigen von der positiven zur negativen Klemme, EMK E von der negativen zur positiven Klemme. Das Symbol der Spannungsquelle mit Querstrichen wird in der älteren Literatur verwendet. Bild 2.6 Festlegung der Spannungszählpfeile 32 2 Gleichstromtechnik Stromzählpfeile: Vereinbarungsgemäß wird der Stromzählpfeil in Richtung des positiv definierten Stroms (Bewegungsrichtung der positiven Ladungsträger) im Schaltbild eingetragen. Bild 2.7 Festlegung des Stromzählpfeils Bei einer Netzberechnung werden die Zählpfeile grundsätzlich zu Beginn der Berechnung in das Schaltbild eingezeichnet. Sind die Richtungen von Strömen und Spannungen in Schaltelementen nicht voraussehbar, werden Richtungen angenommen. Das Rechenergebnis zeigt, ob die Annahme richtig war. Richtig vorausgesagte Größen ergeben positive, falsch angenommene Größen negative Zahlen. Im Verbraucherzählpfeilsystem (VZS-System) werden die im Verbraucher (Widerstand) definierten Strom- und Spannungsrichtungen zugrunde gelegt: Zur Ermittlung der Spannungsgleichung in einem unverzweigten Stromkreis wird der Umlauf in Richtung des Stromzählpfeils festgelegt. Dann gehen die Spannungen an Widerständen positiv in die Spannungsgleichung ein, weil Strom und Spannung in gleicher Richtung liegen. Die Spannungen an Spannungsquellen werden negativ berücksichtigt, weil Strom und Spannung entgegengesetzt gerichtet sind. Beispiel: Grundstromkreis – Uq + U + Ui = 0 Die in einem ohmschen Widerstand in Wärme umgesetzte Leistung ist dann positiv und die durch die Spannungsquelle zugeführte Leistung negativ: (2.23) – Uq I + I2 (Ra + Ri) = 0. Für verzweigte Stromkreise wird obige Regel entsprechend für Maschen angewendet (siehe Abschnitt 2.2). Grundsätzlich wird bei allen Netzberechnungen im Verbraucherzählpfeilsystem gerechnet. Um Verwechslungen im Vorzeichen zu vermeiden, wird auf das Erzeugerzählpfeilsystem, das die Spannungs- und Stromrichtungen der Spannungsquelle zugrundelegt, nicht eingegangen. 2.1 Der unverzweigte Stromkreis 33 2.1.3 Die Reihenschaltung von Widerständen In einem unverzweigten Stromkreis mit einer Spannungsquelle und n in Reihe, d. h. hintereinander, geschalteten äußeren Widerständen Rv mit v = 1, 2, ... , n ist an jeder Stelle des Kreises die Menge der pro Zeit fließenden Ladungen – die Stromstärke I – gleich. An den verschieden großen Widerständen Rv müssen die Spannungsabfälle Uv jeweils entsprechend groß sein, um den gleichen Strom I zu gewährleisten: ohmscher Widerstand R1 R2 Rn Spannungsabfall U1 = I R1 U2 = I R2 Un = I Rn Bild 2.8 Ersatzschaltung eines Stromkreises mit n in Reihe geschalteten ohmschen Widerständen Die Klemmenspannung U ist gleich der Summe aller Spannungsabfälle Uv an den Widerständen Rv: U = U1 + U2 + ... + Un (2.24) U = I R1 + I R2 + ... + I Rn (2.25) U = I (R1 + R2 + ... + Rn) (2.26) oder in Kurzform n U = ¦ Uv v 1 n I ¦ Rv . (2.27) v 1 Die n in Reihe geschalteten Widerstände lassen sich zu einem Ersatzwiderstand, dem Gesamtwiderstand Ra, zusammenfassen: Mit U = I (R1 + R2 + ... + Rn) = I Ra (2.28) ergibt sich für den Gesamtwiderstand der Reihenschaltung n Ra ¦ Rv , (2.29) v 1 n in Reihe geschaltete Widerstände können zu einem Gesamtwiderstand zusammengefasst werden, dessen Widerstandswert gleich der Summe der Einzelwiderstandswerte ist. 34 2 Gleichstromtechnik Die n Widerstände lassen sich jeweils durch n Leitwerte angeben, so dass sich mit Rv = 1 Gv mit v = 1, 2, ... , n (2.30) für den Gesamtleitwert Ga der Reihenschaltung mit Ra = 1/Ga schreiben lässt: 1 Ga 1 1 1 ! G1 G 2 Gn (2.31) oder in Kurzform 1 = Ga n ¦ G1v . (2.32) v 1 2.1.4 Anwendungen der Reihenschaltung von Widerständen Ein unbelasteter Spannungsteiler besteht aus zwei in Reihe geschalteten Widerständen R1 und R2, die entweder räumlich getrennt sind oder aus einem Gesamtwiderstand mit einem Abgriff bestehen. Die Ausführung eines unbelasteten Spannungsteilers mit einem veränderlichem Abgriff, Schleifer genannt, heißt Potentiometer. Die Teilwiderstände werden damit variabel. Bild 2.9 Ausführungen unbelasteter Spannungsteiler Wird an den Spannungsteiler eine Spannung U angelegt, dann sind die beiden Widerstände vom gleichen Strom durchflossen, wenn durch den Abgriff kein Strom fließt. Der Spannungsteiler ist dann unbelastet, der belastete Spannungsteiler wird im Abschnitt 2.2.8 behandelt. Die anliegende Spannung U wird entsprechend der Größe der Widerstände aufgeteilt: U = U1 + U2 = I R1 + I R2 = I R. (2.33) Mit den Proportionen U1 U2 I R1 I R2 und U1 U I R1 I R1 R 2 und U1 U R1 R1 R 2 I R1 IR ergibt sich die Spannungsteilerregel: U1 U2 R1 R2 (2.34) R1 ; R (2.35) die Spannungen über zwei vom gleichen Strom durchflossenen Widerstände verhalten sich wie die zugehörigen Widerstandswerte. 2.1 Der unverzweigte Stromkreis 35 Eine Anwendung der Spannungsteilerregel ist die Messbereichserweiterung eines Spannungsmessers zum Messen höherer Spannungen, für die der Spannungsmesser nicht ausreicht. Die zu messende Spannung U wird durch die Reihenschaltung eines Vorwiderstandes Rv und des Widerstandes R0 des Messinstrumentes geteilt. Dadurch braucht das Messinstrument nur die Teilspannung U0 anzuzeigen. Bild 2.10 Messbereichserweiterung eines Spannungsmessers Wird der Messbereich um das p-fache erweitert, d. h., kann die zu messende Spannung U das p-fache der am Messinstrument anliegenden Spannung U0 betragen, dann ergibt sich aus p U U0 R0 Rv R0 1 Rv R0 (2.36) die Größe des notwendigen Vorwiderstandes: Rv = (p – 1) R0. (2.37) 2.1.5 Die Reihenschaltung von Spannungsquellen Werden n Spannungsquellen in Reihe geschaltet, dann lassen sich die Spannungen Uqv bzw. Ev und die Innenwiderstände Riv der n Spannungsquellen zu einer Ersatzspannungsquelle mit der Ersatz-Quellspannung Uq ers bzw. Ersatz-EMK Eers mit einem Ersatz-Innenwiderstand Ri ers mit v = 1, 2, ... , n zusammenfassen. Die Ersatzgrößen werden nach dem Verbraucherzählpfeilsystem (Abschnitt 2.1.2) ermittelt: Die Ersatz-Quellspannung Uq ers bzw. die Ersatz-EMK Eers berücksichtigt alle Uqv bzw. Ev, die in gleicher Richtung wirken, positiv und die entgegengesetzt wirken, negativ. Der Ersatz-Innenwiderstand Ri ers ist gleich der Summe aller Innenwiderstände Riv. 36 2 Gleichstromtechnik Beispiel: n = 4 Behandlung mit Quellspannungen: Bild 2.11 Ersatzschaltung der Reihenschaltung von Spannungsquellen, behandelt mit Quellspannungen I Ri4 – Uq4 + I Ri3 + Uq3 + I Ri2 – Uq2 + I Ri1 – Uq1 + U = 0 I Ri ers – Uq ers + U = 0 d. h. Uq ers = Uq1 + Uq2 – Uq3 + Uq4 = Ri1 + Ri2 + Ri3 + Ri4 und Ri ers oder Behandlung mit EMK: Bild 2.12 Ersatzschaltung der Reihenschaltung von Spannungsquellen, behandelt mit EMK E1 + E2 – E3 + E4 = I ( Ri1 + Ri2 + Ri3 + Ri4) + U =I Ri ers +U Eers d. h. Eers= E1 + E2 – E3 + E4 und Ri ers= Ri1 + Ri2 + Ri3 + Ri4 2.2 Der verzweigte Stromkreis 37 2.2 Der verzweigte Stromkreis 2.2.1 Die Maschenregel (Der 2. Kirchhoffsche Satz) Ein Netzwerk (kurz: Netz) ist ein verzweigter Stromkreis, der Energiequellen (Spannungsquellen und Stromquellen), Verbraucher (Widerstände) und die sie verbindenden widerstandslosen Leitungen enthält. Sind Ströme und Spannungen zeitlich konstant, dann handelt es sich um Gleichstromnetze. Unter einem Zweig des Netzes versteht man einen solchen Abschnitt, der nur aus in Reihe geschalteten Spannungsquellen und Widerständen oder nur aus Spannungsquellen oder nur aus Widerständen besteht und nur zwei Klemmen zum Anschluss an andere Abschnitte des Netzes besitzt. Eine Stromquelle (Abschnitt 2.2.5) rechnet nicht als Zweig, wenn sie zwischen zwei Knotenpunkten liegt. Ein Knotenpunkt des Netzes ist ein Punkt des Netzes, in dem nicht weniger als drei Ströme zufließen oder wegfließen und zwar Ströme durch Widerstände und Quellströme. In Netzen ohne Stromquellen sind in Knotenpunkten nicht weniger als drei Zweige verbunden. Wird von einem Knotenpunkt eines Netzes ausgegangen und wird der Leiter bis zum Ausgangspunkt verfolgt, ohne die Strecke zweimal zu durchlaufen, dann wird dieser geschlossene Weg eine Masche genannt. Beispiel: Bild 2.13 Netzwerk zur Erläuterung der Begriffe Zweige, Knotenpunkte und Maschen 38 2 Gleichstromtechnik Zur Ermittlung der Spannungsgleichungen in einem verzweigten Stromkreis werden beliebige Maschenumläufe gewählt, für die die Maschenregel gilt: Beim Umlauf einer Masche ist die Summe aller vorzeichenbehafteten Spannungen (Quellspannungen und Spannungen an Widerständen) in einer Masche gleich Null: l ¦ Ui 0 (2.38) i 1 Wird mit Quellspannungen gerechnet, dann wird jede Masche nur einmal durchlaufen. Beim Umlauf einer Masche ist die Summe der vorzeichenbehafteten EMK E gleich der Summe der vorzeichenbehafteten Spannungsabfälle an den Widerständen: n m i 1 i 1 ¦ Ei ¦ Ui (2.39) Wird mit EMK E gerechnet, muss jede Masche zweimal durchlaufen werden, einmal für die EMK und einmal für die Spannungsabfälle. Vorzeichenbehaftet bedeutet, dass alle in der gewählten Umlaufrichtung liegenden Spannungen und EMK positiv und dass alle entgegengesetzt gerichteten Spannungen und EMK negativ in der Maschengleichung berücksichtigt werden. Beispiel: Bild 2.14 Beispiel eines verzweigten Stromkreises zur Erläuterung der Maschenregel Masche I: Uq1 + U2 – U3 + U1 = 0 Masche II: – U3 – Uq2 + U4 – U5 = 0 Masche III: – Uq3 – U5 – U2 + U6 = 0 usw. Masche I: – E1 = U1 + U2 – U3 Masche II: E2 = – U3 + U4 – U5 Masche III: E3 = – U2 – U5 + U6 usw. Das Netzwerk enthält insgesamt sieben Maschen, für die die Spannungsgleichungen aufgestellt werden können. 2.2 Der verzweigte Stromkreis 39 2.2.2 Die Knotenpunktregel (Der 1. Kirchhoffsche Satz) In einem unverzweigten Stromkreis ist die Stromstärke I an allen Stellen gleich. Verzweigte Stromkreise enthalten Verzweigungen, in denen sich der Strom jeweils aufteilt. Ein Netzwerk ist im Allgemeinen ein verzweigter Stromkreis mit Knotenpunkten und Zweigen. Treffen sich mehrere stromdurchflossene Leiter in einem Knotenpunkt, so gilt die Knotenpunktregel: Die Summe aller vorzeichenbehafteten Ströme eines Knotenpunktes ist Null; vorzeichenbehaftet bedeutet, dass die zum Knotenpunkt hinfließenden Ströme positiv und die von ihm wegfließenden Ströme negativ gezählt werden oder umgekehrt: Die Summe der zum Knotenpunkt hinfließenden Ströme ist gleich der Summe der vom Knotenpunkt wegfließenden Ströme: l ¦ Ii 0 (2.40) i 1 Beispiel: – I1 + I2 + I3 – I4 = 0 oder I1 – I2 – I3 + I4 = 0 oder I 2 + I3 = I 1 + I 4 n m i 1 i 1 ¦ Ii ¦ Ii x n (2.41) x p Bild 2.15 Beispiel eines Knotenpunktes zur Erläuterung der Knotenpunktregel 2.2.3 Die Parallelschaltung von Widerständen In einem verzweigten Stromkreis mit einer Spannungsquelle und n parallelgeschalteten äußeren Widerständen Rv mit v = 1, 2, 3, ... , n liegt an allen n Widerständen die Klemmenspannung U an. Bild 2.16 Ersatzschaltung eines Stromkreises mit n parallel geschalteten ohmschen Widerständen 40 2 Gleichstromtechnik In den verschieden großen Widerständen RQ treibt der gleiche Spannungsabfall U verschieden große Ströme IQ durch die Widerstände RQ: ohmscher Widerstand ohmscher Leitwert R1 G1 I1 R2 G2 I2 . . . . . . Strom U U G1 R1 U R2 U G2 . . . U U Gn Rn Nach der Knotenpunktregel ist der Gesamtstrom I gleich der Summe aller Teilströme IQ: Gn Rn In I = I1 + I2 + I3 + ... + In (2.42) U U U U ! R1 R 2 R 3 Rn I= (2.43) I = U G1 + U G2 + U G3 + ... + U Gn (2.44) § 1 1 1 1 · ¸ ! I = U ¨¨ R n ¸¹ © R1 R 2 R 3 (2.45) I = U (G1 + G2 + G3 + ... + Gn) (2.46) oder oder in Kurzform n I = ¦ IQ Q 1 n 1 R Q 1 Q U ¦ n U ¦ GQ . (2.47) Q 1 In einer Parallelschaltung von n Leitwerten können Einzelleitwerte GQ zu einem Gesamtleitwert Ga zusammengefasst werden: Ga = G1 + G2 + G3 + ...+ Gn (2.48) oder in Kurzform n Ga = ¦ G Q . (2.49) Q 1 Die n Leitwerte lassen sich jeweils durch n Widerstände ersetzen, so dass sich mit Gv = 1 mit Q = 1, 2, 3, ... , n RQ (2.50) für den Gesamtwiderstand Ra der Parallelschaltung mit Ga = 1/Ra ergibt: 1 Ra 1 1 1 1 ! R1 R 2 R 3 Rn n 1 ¦ RQ . Q 1 (2.51) 2.2 Der verzweigte Stromkreis 41 2.2.4 Anwendungen der Parallelschaltung von Widerständen Ein Stromteiler besteht aus zwei parallel geschalteten Widerständen R1 und R2, an denen die gleiche Spannung anliegt. Nach der Knotenpunktregel teilt sich der Strom I in die Teilströme I1 und I2 auf: I = I 1 + I2 . (2.52) Bild 2.17 Stromteiler Mit U = I1 R1 = I1 G1 U = I2 R2 = und I2 G2 (2.53) ergibt sich I= § 1 1 · ¸ U ¨¨ ¸ R R 2¹ © 1 U U R1 R 2 (2.54) I = U G1 + U G2 = U (G1 + G2). (2.55) Mit den Proportionen I1 I2 U R1 U R2 U G1 U G2 (2.56) und I2 I U R2 § · U ¨ 1 1 ¸ © R1 R 2 ¹ 1 R 2 R1 R2 R1 R 2 R1 R1 R 2 (2.57) bzw. I2 I U G2 U G1 G 2 lautet die Stromteilerregel: I1 I2 G1 G2 R2 R1 I2 I G2 G1 G 2 (2.58) und R1 . R1 R 2 (2.59) In parallelen Zweigen mit ohmschen Widerständen sind die Teilströme proportional den Zweigleitwerten und umgekehrt proportional den entsprechenden Zweigwiderständen. 42 2 Gleichstromtechnik Für zwei parallel geschaltete Widerstände gilt die Regel: Der Teilstrom verhält sich zum Gesamtstrom wie der Widerstand, der nicht vom Teilstrom durchflossen ist, zum Ringwiderstand der Parallelschaltung. Der Ringwiderstand bedeutet der Widerstand der Reihenschaltung der beiden Widerstände, nicht der Gesamtwiderstand der Parallelschaltung: I1 I R2 R1 R 2 (2.60) I2 I R1 . R1 R 2 (2.61) und Daraus lassen sich die Teilströme als Teil des Gesamtstroms berechnen: I1 R2 I R1 R 2 (2.62) I2 R1 I. R1 R 2 (2.63) und Der Gesamtwiderstand der Parallelschaltung kann aus der Formel für den Ersatzwiderstand von n parallelgeschalteten Widerständen mit n = 2 hergeleitet werden: Mit Gl. (2.52) 1 Ra n 1 ¦R Q 1 Q ergibt sich 1 Ra 1 1 R1 R 2 R 2 R1 R1 R 2 (2.64) und Ra = R1 R 2 . R1 R 2 (2.65) Bild 2.18 Ersatzwiderstand von zwei parallelgeschalteten Widerständen 2.2 Der verzweigte Stromkreis 43 Eine Messbereichserweiterung eines Strommessers ist notwendig, wenn ein Strom gemessen werden soll, der größer ist, als das Strom-Messwerk zulässt. Zum Messinstrument mit dem Widerstand R0 wird dann ein Widerstand Rp parallel geschaltet, der entsprechend der Stromteilerregel einen Großteil des zu messenden Stroms I aufnimmt: R0 Rp I I0 Rp (2.66) . Bild 2.19 Messbereichserweiterung eines Strommessers Der Messbereich des Strommessers soll um das p-fache vergrößert werden, d. h. I = p I0. Damit lässt sich mit p= I I0 R0 Rp Rp R0 1 Rp (2.67) die Größe des parallelgeschalteten Widerstandes errechnen: R0 . (2.68) p 1 Beide Widerstände durch Leitwerte ersetzt, ergibt die analoge Formel für den Vorwiderstand der Messbereichserweiterung eines Spannungsmessers (Gl. (2.37)): Rp = Gp = (p – 1) G0. (2.69) Anmerkung: Dualität in der Gleichstromtechnik Bei den bisherigen Betrachtungen über die Gleichstromtechnik drängt sich eine Gesetzmäßigkeit auf, die die Reihen- und Parallelschaltung, Spannungen und Ströme, Widerstände und Leitwerte betrifft: Bei einer Reihenschaltung von Widerständen ist der Strom gleich und die Spannung wird entsprechend der Widerstände geteilt, die Widerstände werden zum Gesamtwiderstand zusammengefasst. Bei einer Parallelschaltung von Leitwerten ist die Spannung gleich und der Strom wird entsprechend der Leitwerte geteilt, die Leitwerte werden zum Gesamtleitwert zusammengefasst. Auch bei der Messbereichserweiterung setzt sich diese so genannte Dualität zwischen Größen und Schaltungen fort, wie aus den analogen Formeln für die zuzuschaltenden Widerstände zu ersehen ist: Spannungsmessung Reihenschaltung von Messinstrument und Reihenwiderstand Rv Rv = (p – 1) R0 Gv = G0/(p – 1). Strommessung Parallelschaltung von Messinstrument und Parallelwiderstand Rp Gp = (p – 1) G0 Rp = R0/(p – 1). Diese Dualität setzt sich in vielen Gesetzmäßigkeiten fort, so dass Zusammenhänge anschaulicher sind und Formeln besser behalten werden können. An entsprechender Stelle wird jeweils auf die Dualität hingewiesen. 44 2 Gleichstromtechnik 2.2.5 Ersatzspannungsquelle und Ersatzstromquelle Eine elektrische Energiequelle lässt sich entweder durch eine Spannungsquelle oder durch eine Stromquelle im elektrischen Netzwerk angeben. Wie im Abschnitt 1.3 behandelt, kann die Spannungsquelle anschaulich physikalisch erklärt werden. Die Stromquelle hingegen physikalisch zu erklären, dürfte nicht ohne weiteres möglich sein; sie ergibt sich aus dem mathematischen Modell, das aus der Spannungsgleichung für den Grundstromkreis mit Spannungsquelle (Gl. (2.5) bis (2.8)) hergeleitet werden kann: Im Ersatzschaltbild für eine belastete Energiequelle wird die Spannungsquelle durch die Reihenschaltung der Quellspannung Uq bzw. der EMK E und dem Innenwiderstand Ri angegeben; der belastende Verbraucher wird durch den äußeren Widerstand Ra erfasst. Bild 2.20 Ersatzschaltbilder für die belastete Spannungsquelle Die Spannungsgleichung Uq = U + I Ri bzw. (2.70) E = U + I Ri (2.71) wird nur durch Ri dividiert, wodurch sich die Gleichung einer Stromverzweigung ergibt: Uq Ri U I Ri (2.72) bzw. E Ri U I Ri (2.73) Diese Gleichung bedeutet schaltungstechnisch die Parallelschaltung einer idealen Stromquelle mit dem Innenwiderstand Ri und dem Außenwiderstand Ra: Bild 2.21 Belastete Stromquelle 2.2 Der verzweigte Stromkreis 45 Denn der Quellstrom Iq = Uq/Ri bzw. Iq = E/Ri der Stromquelle verzweigt sich nach obiger Stromgleichung in den Strom durch den Innenwiderstand Ii = U/Ri und in den Belastungsstrom I durch den Außenwiderstand Ra: Iq Uq mit Iq (2.74) bzw. mit Iq Ri und Ii I Ii E Ri U Ri (2.75) Jede Ersatzspannungsquelle wird also mit der Gleichung Iq Uq Ri in eine äquivalente Ersatzstromquelle überführt: bzw. Iq E Ri (2.76) Bild 2.22 Spannungsquelle in Stromquelle Umgekehrt kann jede Ersatzstromquelle mit der Gleichung Uq Iq R i bzw. E Iq R i (2.77) durch eine äquivalente Ersatzspannungsquelle ersetzt werden: Bild 2.23 Stromquelle in Spannungsquelle Während die Quellspannung Uq keinen Widerstand enthält (Kurzschluss), wie die durchgezogene Linie im Kreis verdeutlicht, bedeutet der Quellstrom Iq jeweils eine Einströmung in die beiden Knotenpunkte (siehe Bild 2.64, S. 80) mit einem unendlich großen Widerstand (Unterbrechung), wie die quergezogene Linie im Kreis angibt. Bis Ende des Abschnitts 2.2 wird nur noch mit der Quellspannung Uq gerechnet. 46 2 Gleichstromtechnik Die Ersatzspannungsquelle als Reihenschaltung ist damit der Ersatzstromquelle als Parallelschaltung gleichwertig, zumal sich an den Klemmen zwischen aktiven und passiven Zweipol in beiden Grundstromkreisen die gleiche Klemmenspannung U und der gleiche Klemmenstrom I bei Belastung mit dem Widerstand Ra einstellen: normaler Belastungsfall für Grundstromkreis mit Ersatzspannungsquelle (Bild 2.20): I Uq U (2.78) Ri Ra Ra Uq Ri Ra (2.79) (Spannungsteiler) für Grundstromkreis mit Ersatzstromquelle (Bild 2.21): I Ri Iq Ri Ra (2.80) U Ri Ra Iq Ri Ra (2.81) (Stromteiler) Die drei charakteristischen Betriebszustände der beiden Grundstromkreise zeichnen sich durch folgende Spannungen und Ströme aus: für Ersatzspannungsquelle Kurzschluss mit Ra = 0: Leerlauf mit Ra = f: I = Ik = I=0 U = U l = Uq I U=0 I = I k = Iq weil Ii = 0 I=0 U = Ul = Iq Ri Ri weil Ui = 0 U Anpassung mit Ra = Ri: Uq U=0 für Ersatzstromquelle weil Ii = Iq U l Uq 2 2 I k Iq 2 2 Jedes Gleichstrom-Netzwerk kann mit entsprechendem Aufwand in einen GleichstromGrundstromkreis überführt werden. Dabei wird das Netzwerk so in einen aktiven und einen passiven Zweipol geteilt, dass sämtliche Spannungs- und Stromquellen im aktiven Zweipol enthalten sind und der Rest des Netzwerks mit nur ohmschen Widerständen dem passiven Zweipol zugeordnet ist. 2.2 Der verzweigte Stromkreis 47 Die Spannungsquellen-Ersatzschaltung enthält die drei Schaltelemente Uq ers, Ri ers und Ra ers, die für ein Gleichstromnetz folgendermaßen ermittelt werden: U q ers : Die Ersatz-Quellspannung ist gleich der Leerlaufspannung Uq ers = Ul, (2.82) d. h., für den aktiven Zweipol des Gleichstromnetzes wird bei offenen Klemmen, also bei Leerlauf, die Klemmenspannung rechnerisch oder messtechnisch ermittelt. Sollten Spannungsquellen oder Stromquellen in Reihe oder parallel geschaltet sein, dann werden diese zusammengefasst und bei der Berechnung von Ul berücksichtigt. Bild 2.24 Ermittlung der Ersatz-Quellspannung R i ers : Der Ersatz-Innenwiderstand ist gleich dem ohmschen Widerstand des aktiven Zweipols hinsichtlich der offenen Zweipolklemmen, wenn alle Spannungsquellen des Gleichstromnetzes als kurzgeschlossen und alle Stromquellen als unterbrochen angenommen werden. Innenwiderstände bleiben berücksichtigt in der Schaltung des Netzes. Anschließend müssen Brückenschaltungen durch Dreieck-Stern-Umwandlungen oder Stern-Dreieck-Umwandlungen (Abschnitt 2.2.10) in zusammenfassbare Reihen- und Parallelschaltungen überführt werden und mit den übrigen ohmschen Widerständen zusammengefasst werden. Bild 2.25 Ermittlung des Ersatz-Innenwiderstandes 48 R a ers : 2 Gleichstromtechnik Der Ersatz-Außenwiderstand ist gleich dem ohmschen Widerstand des passiven Zweipols hinsichtlich der offenen Zweipolklemmen. Dabei müssen Brückenschaltungen durch Dreieck-Stern-Umwandlungen oder Stern-Dreieck-Umwandlungen (Abschnitt 2.2.10) in zusammenfassbare Reihen- und Parallelschaltungen überführt werden und mit den übrigen ohmschen Widerständen zusammengefasst werden. Bild 2.26 Ermittlung des Ersatz-Außenwiderstandes Die Stromquellen-Ersatzschaltung enthält die drei Schaltelemente Iq ers, Ri ers, und Ra ers. Die Ermittlung von Ri ers und Ra ers ist bei der Spannungsquellen-Ersatzschaltung beschrieben. Iq ers : Der Ersatz -Quellstrom ist gleich dem Kurzschlussstrom Iq ers = Ik, (2.83) d. h., für den aktiven Zweipol des Gleichstromnetzes wird bei kurzgeschlossenen Klemmen, also bei Kurzschluss, der Klemmenstrom rechnerisch oder messtechnisch ermittelt. In Reihe oder parallel geschaltete Spannungs- oder Stromquellen werden zusammengefasst und bei der Ermittlung des Kurzschlussstroms berücksichtigt. Bild 2.27 Ermittlung des Ersatz-Quellstroms R i ers : siehe oben R a ers : siehe oben 2.2 Der verzweigte Stromkreis 49 Nachdem die Schaltelemente des jeweiligen Grundstromkreises ermittelt sind, werden die Ströme und Spannungen nach den bereits angegebenen Formeln Gl. (2.78) bis (2.81) berechnet: für die Spannungsquellen-Ersatzschaltung: I U q ers R i ers R a ers (2.84) U (2.86) U R a ers R i ers R a ers U q ers (2.85) I q ers (2.87) für die Stromquellen-Ersatzschaltung: I R i ers R i ers R a ers I q ers R i ers R a ers R i ers R a ers Beispiel 1: Das dargestellte Gleichstromnetz soll in die Spannungsquellen-Ersatzschaltung und in die Stromquellen-Ersatzschaltung überführt werden. Die Auftrennung in aktiven und passiven Zweipol ist vorgegeben und im Schaltbild eingezeichnet: Bild 2.28 Beispiel für die Überführung eines Gleichstromnetzes in Ersatzschaltungen in Form von Grundstromkreisen Spannungsquellen-Ersatzschaltung U q ers : Nach der Spannungsteilerregel (Gl. (2.35)) ergibt sich für die Leerlaufspannung: Uq ers Bild 2.29 Ermittlung der Ersatz-Quellspannung eines Beispiels Ul R2 Uq . R1 R2 50 2 Gleichstromtechnik R i ers : Die Quellspannung Uq wird kurzgeschlossen angenommen, so dass sich der Widerstand des aktiven Zweipols berechnen lässt: Ri ers = R3 + (R1 || R2) ( || bedeutet „parallel“ geschaltet) Ri ers = R 3 R1 R 2 R1 R 2 R 3 (R1 R 2 ) R1R 2 R1 R 2 R a ers : Der Widerstand des passiven Zweipols besteht aus Reihen- und Parallelschaltungen von Widerständen: Ra ers = [(R4 + R5) || R6] + [R7 || R8] Ra ers = R 7R 8 (R 4 R 5 )R 6 R4 R5 R6 R7 R8 Stromquellen-Ersatzschaltung I q ers : Bild 2.30 Ermittlung des Ersatz-Quellstroms für ein Beispiel Nach der Stromteilerregel (Gl. (2.59)) ergibt sich für den Kurzschlussstrom bezogen auf den Gesamtstrom: Ik R2 , I R2 R3 der Gesamtstrom ist Uq Uq , I= R1 (R 2 || R 3 ) R R 2 R 3 1 R 2 R3 und die Formel für den Ersatz-Quellstrom entsteht durch Multiplikation beider Gleichungen I q ers Ik Uq R 2 R1 (R 2 R 3 ) R 2 R 3 Ri ers und Ra ers wurden bereits für die Spannungsquellen-Ersatzschaltung ermittelt. Die Ergebnisse lassen sich mit der Formel Uq ers = Iq ers Ri ers kontrollieren. 2.2 Der verzweigte Stromkreis 51 Beispiel 2: In der skizzierten Schaltung ist die Spannung U vom Widerstand R abhängig. 1. Zunächst soll die Schaltung in die beiden Grundstromkreise überführt werden, indem nur der variable Widerstand R dem passiven Zweipol zugeordnet werden soll. 2. Mit Hilfe der beiden Ersatzschaltungen soll anschließend die Funktion U = f (R) entwickelt werden. 3. Die Funktion U = f (R) ist dann mit folgenden Zahlenwerten zu berechnen und darzustellen: Ri = 1:, Rp = 5: Uq = 10V, R = 0:, 0,5:, 1:, 2:, 3:, 4: und 5:. 4. Die Funktion mit den Zahlenwerten ist dann durch Kennlinienüberlagerung zu kontrollieren. Bild 2.31 Schaltbild zum Beispiel 2 Lösung: Zu 1. Uq ers = Ul = Ri ers = Zu 2. Rp Ri R p Uq Iq ers = Ik = RiR p R a ers R i ers R a ers U q ers Stromquellen-Ersatzschaltung: mit Gl. (2.87) U R i ers R a ers R R iR p Ri Rp U R Rp Ri Rp R Rp R i R p R (R i R p ) Uq U Ri Rp R iR p Ri Rp Uq U I q ers R i ers R a ers R iR p U Ri Ra ers = R Ri R p Spannungsquellen-Ersatzschaltung: mit Gl. (2.85) U Uq R R Uq Ri R Rp R i R p R (R i R p ) Uq 52 2 Gleichstromtechnik Zu 3. R in : U in V 0 0 0,5 3,1 1 4,5 2 5,9 3 6,5 4 6,9 5 7,1 Bild 2.32 Darstellung von U = f (R) des Beispiels 2 Zu 4. Die Kennlinie des aktiven Zweipols ist eine Achsen-Abschnittsgerade mit den Abschnitten Rp 5 U 10 V 8,3 V Ul = Uq ers = Ri Rp q 6 Ik = Iq ers = Uq Ri 10V 1: 10 A . Die Kennlinie des passiven Zweipols ist eine Nullpunktsgerade (siehe Bilder 1.15 und 1.16). Wegen der unterschiedlichen Widerstandswerte von R entsteht also eine Schar von Nullpunktsgeraden mit unterschiedlichem Anstieg. Die Überlagerung der Kennlinien bestätigt die Funktion U = f (R): Bild 2.33 Kennlinienüberlagerung des Beispiels 2 2.2 Der verzweigte Stromkreis 53 Beispiel 3: Durch zwei voneinander getrennte Messungen soll in der skizzierten Schaltung zum einen die Spannung am Widerstand R2 mit einem Spannungsmesser gemessen werden und zum anderen der Strom durch den Widerstand R2 mit einem Strommesser gemessen werden. Die Schaltung soll als aktiver Zweipol und die Messgerätewiderstände RV und RA als passive Zweipole aufgefasst werden. Für die Spannungsmessung soll ein aktiver Zweipol mit Ersatzspannungsquelle, für die Strommessung ein aktiver Zweipol mit Ersatzstromquelle verwendet werden. 1. Zunächst sind die beiden Zweipol-Ersatzschaltungen anzugeben. 2. Dann sind mit Hilfe der Ersatzschaltungen die Formeln für die relativen Fehler 'U Ul Ul U Ul 'I Ik Ik I Ik in Abhängigkeit von den gegebenen Widerständen zu entwickeln. Die Leerlaufspannung Ul ist die Spannung am Widerstand R2 ohne Spannungsmesser, also ohne Widerstand RV. Die Spannung U ist die Spannung am Widerstand R2 mit Spannungsmesser, also die Klemmenspannung zwischen dem aktiven und dem passiven Zweipol. Der Kurzschlussstrom Ik ist der Strom durch den Widerstand R2 ohne Strommesser, also ohne Widerstand RA. Der Strom I ist der Strom durch den Widerstand R2 mit Strommesser, also der Klemmenstrom zwischen dem aktiven und dem passiven Zweipol. 3. Wie groß muss der Widerstand RV des Spannungsmessers mindestens sein, wenn der relative Fehler 4 % betragen soll? 4. Wie groß ist der relative Fehler der Strommessung, wenn der Widerstand des Strommessers 100: beträgt? Bild 2.34 Schaltbild zum Beispiel 3 Lösung: Zu 1. Spannungsmessung Bild 2.35 Zweipol-Ersatzschaltungen zum Beispiel 3 Strommessung 54 2 Gleichstromtechnik Zu 2. 'U Ul mit Ul U Ul U Ul 1 RV R iU R V 'U Ul 1 'U Ul R iU R iU R V RV R iU R V R iU R V R V R iU R V mit RiU = [( Ri1 || R1 ) + Ri2 ] || R2 = 99,9: Zu 3. RiU + RV = Ik I Ik 'I Ik U Ul R iU 'U/U l I Ik R iI R iI R A mit I Ik 'I Ik 1 'I Ik RA R iI R A R iI R iI R A R iI R A R iI R iI R A mit RiI = ( Ri1 || R1 ) + Ri2 + R2 = 100,1k: Zu 4. § 1 · RV = R iU ¨ 1¸ ©'U/U l ¹ § · RV = 99,9: ¨ 1 1¸ © 0,04 1 ¹ 'I Ik 100: 100k: 100: 100: 'I Ik 998 106 | 1103 'I | 0,1% Ik RV = 2398: 2.2.6 Die Parallelschaltung von Spannungsquellen Werden n Spannungsquellen parallel geschaltet, dann lassen sich die Quellspannungen UqQ mit den Innenwiderständen RiQ über entsprechende Stromquellen IqQ zu einer Ersatzstromquelle Iq ers und dann zu einer Ersatzspannungsquelle Uq ers mit dem Ersatz-Innenwiderstand Ri ers zusammenfassen. Zunächst werden die Spannungsquellen in äquivalente Stromquellen mit IqQ = U qQ R iQ mit Q = 1, 2, 3, ... ,n (2.88) überführt. Bild 2.36 Überführung von n parallel geschalteten Spannungsquellen in n äquivalente Stromquellen 2.2 Der verzweigte Stromkreis 55 Bild 2.37 Überführung von n parallel geschalteten Stromquellen in eine Ersatz-Stromquelle und eine Ersatz-Spannungsquelle Dann lassen sich die Stromquellen mit den Quellströmen IqQ nach der Knotenpunktregel zu einer Stromquelle mit dem Ersatz-Quellstrom Iq ers zusammenfassen: Iq ers U qQ n n Q 1 Q 1 ¦ I qQ ¦ R . (2.89) iQ Die parallel geschalteten Innenwiderstände RiQ werden ebenfalls zusammengefasst zu einem Ersatz-Innenwiderstand Ri ers: 1 R i ers n 1 ¦ R iQ . (2.90) Q 1 Anschließend lässt sich die Ersatz-Stromquelle in eine äquivalente Spannungsquelle Uq ers mit dem in Reihe geschalteten Innenwiderstand Ri ers überführen: U q ers 1 1 Iq ers R i ers Iq ers (2.91) R i ers U qQ n U q ers R i ers ¦R Q 1 n iQ 1 ¦R Q 1 iQ 1 n 1 R iQ 1 ¦ Q U q1 U q2 U q3 ! U qn R i1 R i2 R i3 R in 1 1 1 1 ! R i1 R i2 R i3 R in 1 1 1 1 1 ! R i1 R i2 R i3 R in (2.92) (2.93) 56 2 Gleichstromtechnik Sind die parallel geschalteten Spannungsquellen mit einem äußeren Widerstand Ra belastet, dann lässt sich der Belastungsstrom mit Hilfe der Formel für den Grundstromkreis (Gl. (2.78)) berechnen: n I U q ers I Q 1 R i ers R a n U q1 iQ R i1 n iQ (2.94) § · ¨ ¸ n ¸ 1 ¨ 1 Ra ¸ ¦ R ¨ n ¸ Q 1 iQ ¨ 1 ¨¦ ¸ ¨ ¸ © Q 1 R iQ ¹ U qQ ¦R Q 1 U qQ ¦R 1 1 Ra ¦ R Q 1 iQ U q2 R i2 U q3 R i3 ! U qn R in § 1 1 1 · 1 Ra ¨ ! ¸ R in ¹ © R i1 R i2 (2.95) Beispiel: Zwei parallel geschaltete Spannungsquellen sind mit einem Widerstand R belastet, dessen Strom mit einem Strommesser ermittelt werden soll. Der Instrumentenwiderstand sei RA. 1. Die Schaltung wird zunächst in einen Grundstromkreis mit Ersatzstromquelle mit Iq ers und Ri ers überführt. 2. Anschließend werden die Ströme bei Belastung ohne Messinstrument und bei Belastung mit Messinstrument berechnet. Damit lässt sich der Fehler der Strommessung bezogen auf den wahren Stromwert angeben. Bild 2.38 Beispiel für die Parallelschaltung von Spannungsquellen 2.2 Der verzweigte Stromkreis 57 Lösung: Zu 1. Die Spannungsquellen werden in äquivalente Stromquellen überführt und zu einer Stromquelle zusammengefasst: Bild 2.39 Beispiel einer Überführung von parallel geschalteten Spannungsquellen in eine Ersatzstromquelle I q ers I q1 I q2 R i ers R i1 R i2 R i1 R i2 Zu 2. U q1 R i1 U q2 R i2 5 :4 : 9: 200 V 160 V 5: 4: 80 A 2,22 : Mit Hilfe des Grundstromkreises mit Ersatzstromquelle können nun die gesuchten Ströme errechnet werden: mit Gl. (2.86) R i ers I I R i ers R a ers q ers ergibt sich ohne Messinstrument: Ra ers = R 2,22 : I 80 A 7,993 A 2,22 : 20 : (wahrer Wert) mit Messinstrument: Ra ers = R + Ra 2,22 : I 80 A 7,649 A . 2,22 : 20 : 1: Durch das Messinstrument gibt es eine Verfälschung des Stromwertes von 4,3 %: 7,993A ˆ 100 % 7,649A ˆ 95,70 %, d. h., der vom Strommesser angezeigte Wert weicht 4,3 % vom wahren Wert ab. Ergänzend soll noch die Ersatzspannungsquelle errechnet werden, um die Gleichungen (2.91) bis (2.95) erläutern zu können: U q1 U q2 200 V 160 V R i1 R i2 80 A 4: 5: 177,78 V . U q ers 1 1 1 1 1 2,22 : R i1 R i2 5: 4 : 58 2 Gleichstromtechnik 2.2.7 Messung von Widerständen Ein ohmscher Widerstand ist definiert durch den Quotienten aus Spannungsabfall UR am ohmschen Widerstand und der Stromstärke I des durch den Widerstand fließenden Stroms: R UR . I (2.96) Deshalb lässt sich durch Messungen der Spannung U und des Stroms I ein ohmscher Widerstand ermitteln. Prinzipiell werden zwei Messschaltungen für die Messung von großen und kleinen Widerständen unterschieden, weil sich entweder bei der Spannungsmessung oder bei der Strommessung Fehler durch die Messinstrumentenwiderstände ergeben. Stromrichtige Messschaltung zur Messung von großen Widerständen: Bei der Messung von großen Widerständen wird der durch den Widerstand R fließende Strom I ohne Verfälschung gemessen, weil der Strom durch den Widerstand auch durch das Amperemeter fließt und angezeigt wird. Die gemessene Spannung U ist um den Spannungsabfall UA am Amperemeter größer als die Spannung UR, die den Widerstand bestimmt. Der gemessene Widerstand RM ergibt sich also aus RM U I UR UA I RM = R + 'R mit UR UA I I 'R = UA I (2.97) (2.98) RA. Bild 2.40 Stromrichtige Widerstandsmessung Bei der Messung von großen Widerständen R ist der Widerstand des Amperemeters so klein, dass die Spannungsmessung wenig verfälscht wird; die Spannung am Amperemeter ist vernachlässigbar klein im Vergleich zur Spannung am ohmschen Widerstand: UA << UR. Für die Ermittlung kleiner Widerstände (z. B. in der Größenordnung der Amperemeterwiderstände) ist die Schaltung nur dann geeignet, wenn der Amperemeterwiderstand RA bekannt ist und entsprechend berücksichtigt wird. 2.2 Der verzweigte Stromkreis 59 Spannungsrichtige Messschaltung zur Messung von kleinen Widerständen: Der Spannungsabfall UR am ohmschen Widerstand R wird direkt und damit unverfälscht gemessen, weil Widerstand und Voltmeter parallel geschaltet sind. Durch das Amperemeter fließt der um IV vermehrte Strom IA. Der gemessene Widerstand RM ergibt sich aus RM UR IA UR I IV (2.99) Bild 2.41 Spannungsrichtige Widerstandsmessung oder in Leitwerten ausgedrückt I IV UR GM IA UR GM G 'G I I V UR UR mit 'G (2.100) IV UR GV 1 . RV (2.101) Nach der Stromteilerregel (Gl. (2.58)) ist IV I R , RV (2.102) d. h., der Widerstand des Voltmeters muss im Vergleich zum kleinen ohmschen Widerstand R sehr hochohmig sein, damit der gemessene Strom IA nur durch einen geringen Strom IV verfälscht wird: I >> IV. Bei der Messung von großen Widerständen wäre der gemessene Strom für den gesuchten Widerstand nicht zu verwenden, weil der Strom IV gegenüber dem Strom I nicht mehr vernachlässigbar ist. Die Größen ohmscher Widerstände genau zu messen, ermöglicht die Gleichstrombrücke nach Wheatstone, die nur aus ohmschen Widerständen und einem empfindlichen Strommesser besteht. Bei drei bekannten Widerständen lässt sich ein unbekannter Widerstand ermitteln. R1, R2, R3 und R4 sind die ohmschen Widerstände, I1, I2, I3 und I4 sind Zweigströme der Messbrücke, und der Strommesser mit dem Widerstand RA kann kleine positive und negative Ströme IA messen. Die Brücken-Eckpunkte sind mit den Buchstaben A, B, C und D bezeichnet. 60 2 Gleichstromtechnik Bild 2.42 Wheatstone-Messbrücke Nachdem die Richtungen der Zweigströme und die Umlaufrichtungen der Maschen – wie eingezeichnet – festgelegt wurden, können die Maschengleichungen der Maschen ADC und BCD nach der Maschenregel (Abschnitt 2.2.1, Gl. (2.38)) aufgestellt werden: Masche ADC: – I3 R3 – IA · RA + I1 R1 = 0, (2.103) I2 R2 + IA · RA – I4 R4 = 0. (2.104) Masche BCD: Aus den beiden Maschengleichungen lässt sich IA RA eliminieren: IA RA = I1 R1 – I3 R3 = – I2 R2 + I4 R4. (2.105) Die Brücke heißt abgeglichen, wenn die Spannung zwischen den Punkten C und D Null ist, d. h., wenn der Strom durch das Amperemeter Null ist. Dann ist die Spannung IA RA Null, und es ergeben sich die Beziehungen zwischen Strömen und Widerständen: I1·R1 – I3·R3 = 0 und I1·R1 = I3·R3 – I2·R2 + I4·R4= 0 I2·R2 = I4·R4 I1 R 3 = I 3 R1 (2.106) I2 R 4 = I4 R 2 (2.107) Bei Abgleich der Brücke sind außerdem zwei Zweigströme gleich, weil der Diagonalzweig stromlos ist: I1 = I2 und I3 = I4. Dadurch werden obige Proportionen gleich und die Abgleichbedingung der Wheatstonebrücke lässt sich in ohmschen Widerständen ausdrücken: R3 R1 R4 R2 oder R1 R2 R3 . R4 (2.108) Bei der Messung eines unbekannten ohmschen Widerstandes (z. B. R1) mit Hilfe der eben beschriebenen Wheatstonebrücke ist zunächst mit einem anderen variierbaren Widerstand (z. B. R2) der Abgleich einzustellen. Der Abgleich wird mit dem empfindlichen Strommesser kontrolliert. Mit den beiden restlichen bekannten Widerständen (z. B. R3 und R4) lässt sich dann der unbekannte Widerstand nach der Abgleichbedingung berechnen. 2.2 Der verzweigte Stromkreis 61 Eine praktische Ausführung der Wheatstonebrücke ist die Schleifdraht-Messbrücke, in der die Widerstände R3 und R4 durch einen Drahtwiderstand mit gleichmäßigen Querschnitt A gebildet werden. Auf diese Weise wird die Widerstandsmessung auf eine Längenmessung zurückgeführt. RX ist der unbekannte Widerstand, RN ein genau einstellbarer Normwiderstand. Bild 2.43 Wheatstonebrücke als Schleifdrahtmessbrücke ausgeführt Die Einstellung des Schleifers wird solange verändert, bis die Brücke abgeglichen ist, bis also zwischen den Punkten C und D keine Spannung auftritt und das Nullinstrument (Amperemeter) keinen Strom anzeigt. Die Abgleichbedingung ergibt sich aus Gl. (2.108): R1 R2 R3 R4 R1 R2 RX RN R3 R4 U l3 A U l4 A l3 . l4 (2.109) Die Formel für den unbekannten Widerstand RX lautet dann mit l4 = l – l3 RX RN l3 l4 RN l3 . l l3 (2.110) Technische Ausführungen von Messbrücken enthalten umschaltbare Normalsätze von Widerständen, die um Zehnerfaktoren veränderbar sind. Die Schieberskala trägt direkt das Verhältnis l3/(l – l3). Der abgelesene Wert wird dann mit dem dekadischen Wert des Normwiderstandes RN multipliziert. 62 2 Gleichstromtechnik 2.2.8 Der belastete Spannungsteiler Der unbelastete Spannungsteiler (Abschnitt 2.1.4) besteht aus der Reihenschaltung von zwei Widerständen, die vom gleichen Strom durchflossen sind; der Abgriff zwischen den Widerständen ist stromlos. Es gilt dann die Spannungsteilerregel (Gl. (2.35)) U1 U R1 R1 R 2 U2 U R2 . R1 R 2 und (2.111) Bild 2.44 Unbelasteter Spannungsteiler Ist parallel zum Teilwiderstand R2 ein Belastungswiderstand R3 geschaltet, dann verzweigt sich der Strom I1 in die Teilströme I2 und I3: I 1 = I2 + I3 . (2.112) Bild 2.45 Belasteter Spannungsteiler 2.2 Der verzweigte Stromkreis 63 Wird die Schleiferstellung des Potentiometers verändert, ändern sich auch die Spannung U2 und der Belastungsstrom I3. Im Folgenden soll dieser Zusammenhang entwickelt werden: Mit Hilfe der Spannungsteilerregel ergibt sich für den belasteten Spannungsteiler U2 U R 2 || R 3 R1 R 2 || R 3 U2 U R 2R 3 R 2 R3 § R R · R1 ¨¨ 2 3 ¸¸ © R 2 R3 ¹ R 2R 3 R1R 2 R 3 R 2 R 3 (2.113) mit R1 = R – R2 (2.114) R 2R3 U2 U R R 2 R 2 R 3 R 2 R 3 R 2R3 R R 2 R 3 R 22 R 2 R 3 R 2 R 3 , (2.115) wobei sich – R2R3 und + R2R3 aufheben. Der Teilwiderstand R2 wird als Teil des Gesamtwiderstandes R ausgedrückt: R2 = v R mit 0 d v d 1, vRR 3 U2 U R vR R 3 v R 2 U2 U vR 3 2 (2.116) RvR 3 , ª R « vR+R 3 v 2 R º» ¬ ¼ U2 = U oder R(v v 2 ) R 3 vR 3 . R (v v 2 ) R 3 (2.117) (2.118) Der Strom durch den Belastungswiderstand R3 ist durch die Spannung U2 bestimmt: I3 U2 R3 U v R v-v 2 R 3 . (2.119) Erfasst der Schleifer den gesamten Widerstand mit R2 = R und v = 1 (im Bild Schleifer oben), dann ist der Strom I3 durch R3 maximal I3max U . R3 (2.120) 64 2 Gleichstromtechnik Das Stromverhältnis I3/I3max und das Spannungsverhältnis U2/U in Abhängigkeit vom Belastungswiderstand R3 und von der Schleiferstellung v sind durch eine Formel darstellbar: I3 I 3max U2 U v . R (v v 2 ) 1 R3 (2.121) Zwei Grenzfälle für die Größe des Belastungswiderstandes R3 können mit obiger Formel bestätigt werden: R3 o f bedeutet der unbelastete Spannungsteiler U2 U v R2 R (2.122) R3 = 0 bedeutet Kurzschluss des Teilwiderstandes R2 und U2 = 0: mit Gl. (2.119) ergibt sich I3 U I3 U v R vv 1 R(1 v) 2 (2.123) U R vR U R R2 U R1 I1 . (2.124) Die Formeln für I3/I3max und U2/U in Abhängigkeit von v = R2/R mit dem Parameter R/R3 sind gleich, also in einem Koordinatensystem als gleiche Kurven darstellbar. Die Kurven weisen eine vom Parameter R/R3 abhängige Krümmung auf. Je kleiner R3 gegenüber R ist, um so stärker ist die Krümmung. Wenn v = 1 ist, handelt es sich um eine Parallelschaltung von R und R3, denn R2 = R und R1 = 0. Damit ist I3/I3max = U2/U = 1, d. h. U2 = U und I3 = I3max. Bild 2.46 Strom- und Spannungsverläufe des belasteten Spannungsteilers 2.2 Der verzweigte Stromkreis 65 Beispiel: Für den belasteten Spannungsteiler (Bild 2.45) soll der Strom I2 in Abhängigkeit von der Schleiferstellung v ermittelt werden. Gegeben sind U = 24V und R = 1 000:. 1. Zunächst ist mit Hilfe von entsprechenden Schaltbildern der Strom I2 bei v = 0 und bei v = 1 anzugeben. 2. Dann ist allgemein die Formel für den Strom I2 in Abhängigkeit von U, R, R3 und v zu entwickeln. Diese soll dann in die normierte Form R I2 f(v) mit als Parameter überführt werden. R3 I 2max 3. Schließlich soll der Verlauf der normierten Funktion mit v = 0 0,1 0,3 0,5 0,7 0,9 und 1 einmal mit R3 = 100: und zum anderen mit R3 = 10k: berechnet und in einem Diagramm dargestellt werden. Lösung: v = 1: Zu 1. v = 0: R2 = v · R = R R2 = v · R = 0 U 24 V U 24 V I 2 = I1 = I2 = R 1000 : R 1000 : I2 = 24 mA I2 = 24 mA Bild 2.47 Beispiel zum belasteten Spannungsteiler Zu 2. Mit I2 = U2 R2 und Gl. (2.118) vR 3 U2 = U R (v v 2 ) R 3 I2 = vR 3 U R 2 R (v v 2 ) R 3 und R2 = v R I2 = U R3 ª R R(v v 2 ) R 3 º ¬ ¼ U ªR º R« v v 2 1» R ¬ 3 ¼ 66 2 Gleichstromtechnik ergibt sich I2 I 2max Zu 3. I2 U/R 1 . R (v v 2 ) 1 R3 R3 = 100 : R R3 1 000 : 100 : 10 v 0 0,1 0,3 0,5 0,7 0,9 1 I2/I2max 1 0,526 0,323 0,286 0,323 0,526 1 v 0 0,1 1 I2/I2max 1 0,991 0,979 0,976 0,979 0,991 R3 = 10 k: R R3 1 000 : 10 000 : 0,1 0,3 0,5 0,7 0,9 1 Bild 2.48 Beispiel zum belasteten Spannungsteiler 2.2.9 Kompensationsschaltungen Die Grundschaltung der Spannungskompensation kann aus dem belasteten Spannungsteiler abgeleitet werden, indem der Belastungswiderstand R3 durch eine Quellspannung Uqx ersetzt wird. Bild 2.49 Grundschaltung der Spannungskompensation 2.2 Der verzweigte Stromkreis 67 Mit Hilfe der Spannungskompensation können Spannungen genau gemessen werden, ohne die Messspannung zu beeinflussen. Im Folgenden soll die Bedingungsgleichung für die unbekannte Spannung mit Hilfe von zwei Maschengleichungen entwickelt werden; die Maschenumläufe sind im Schaltbild eingetragen: Masche I: U = I1R1 + I2R2 mit I1 = I2 + I3 U = (I2 + I3)R1 + I2R2 = I2(R1 + R2) + I3R1 mit R = R1 + R2 U = I2R + I3R1 U I 3R1 I2 = R Masche II: Uqx – I2R2 + I3RA = 0 (2.125) (2.126) (2.127) (2.128) (2.129) (Soll für die Spannungsquelle ein Innenwiderstand berücksichtigt werden, dann wird er genauso behandelt wie der Amperewiderstand RA: Statt I3RA muss dann I3 (RA + Rix) stehen.) Uqx = I2R2 – I3RA I2 = U qx I3R A R2 (2.130) . Durch Gleichsetzen der beiden Gleichungen für I2 ergibt sich die Formel für den Strom I3: U I 3 R1 R U qx I3R A (2.131) R2 UR2 – I3R1R2= UqxR + I3RAR I3 = UR 2 U qx R R A R R1 R 2 . (2.132) Der Schleifer am variablen Widerstand lässt sich so verschieben, dass die am Teilwiderstand R2 anliegende Spannung U2 gleich der Quellspannung Uqx ist; die Spannung Uqx kompensiert die Spannung U2. Im Zustand der Kompensation ist der Spannungsteiler unbelastet, denn der Belastungsstrom I3 ist Null. Die Spannungsteilerregel U2 U R2 R U qx U (2.133) umgeschrieben in U R2 = Uqx R (2.134) bestätigt in der Gleichung für den Belastungsstrom I3 (Gl. (2.132)) die Kompensationsbedingung, dass bei Spannungskompensation auch der Strom I3 Null ist. 68 2 Gleichstromtechnik In der angegebenen Grundschaltung der Spannungskompensation ist U eine konstante Hilfsspannung, z. B. einer Akkumulatorenbatterie, und Uqx die zu bestimmende Quellspannung. Der Schleifer am Widerstand R wird so eingestellt, dass das empfindliche Galvanometer keinen Strom mehr anzeigt; dann ist die Spannungsquelle Uqx unbelastet. Die im Zustand der Kompensation anliegende Quellspannung Uqx ist so groß wie die abgegriffene Spannung U2. Die Messung von Uqx wird nicht von einem Messinstrument oder der übrigen Messanordnung beeinflusst. Die unbekannte Spannung ergibt sich dann aus U qx U R2 . R (2.135) Selbstverständlich lassen sich auch beliebige Spannungen, z. B. an stromdurchflossenen Widerständen oder zwischen beliebigen Punkten eines Netzes mit Hilfe der Spannungskompensation messen, ohne die Messspannung durch Belastung der Messanordnung zu beeinflussen. Eine Messung mittels Messinstrument bedeutet immer eine Belastung der Messspannung. Spannungsmessungen, bei denen eine noch größere Genauigkeit verlangt wird, lassen sich mittels zweifacher Kompensation bei Verwendung eines Normalelementes durchführen. Bild 2.50 Zweifache Spannungskompensation Zuerst wird in der unteren Stellung des Umschalters die Normalspannungsquelle kompensiert, deren Quellspannung auf vier Ziffern genau bekannt ist. Damit ergibt sich durch Grob- und Feineinstellung ein Widerstandswert RN. Bei Kompensation gilt U qN U RN . R (2.136) Dann wird durch den zweipoligen Umschalter in der oberen Stellung die unbekannte Spannung Uqx bzw. Ux an die Messschaltung angelegt und kompensiert. Es ergibt sich ein ablesbarer Widerstandswert Rx. Bei Kompensation gilt Ux U Rx . R (2.137) 2.2 Der verzweigte Stromkreis 69 Während beider Kompensationen bleibt die Hilfsspannung U konstant, weil die Hilfsspannungsquelle bei beiden Kompensationen jeweils vom Widerstand R belastet wird. Der Spannungsabfall infolge des Innenwiderstandes der Hilfsspannungsquelle kann also keinen Fehler bewirken. Damit können beide Proportionen zusammengefasst werden: Ux Rx U qN RN U , R (2.138) und die unbekannte Spannung kann unabhängig von der Hilfsspannung auf vier Ziffern genau berechnet werden: Ux Rx U qN . RN (2.139) 2.2.10 Umwandlung einer Dreieckschaltung in eine Sternschaltung und umgekehrt Teile eines Netzwerks, die aus Reihen- und Parallelschaltungen bestehen und die keine Spannungs- oder Stromquellen enthalten, lassen sich zu einem Ersatzwiderstand zusammenfassen und mit der Spannungsteiler- und Stromteilerregel berechnen. Besteht ein Netzwerkteil aus einer Brückenschaltung von ohmschen Widerständen, dann lassen sich Ströme und Spannungen nicht mit der Spannungsteiler- und Stromteilerregel ermitteln. Wendet man eine Dreieck-Stern-Transformation oder eine Stern-Dreieck-Transformation an, dann wird das Netzwerkteil eine Schaltung aus in Reihe und parallel geschalteten Widerständen. Bild 2.51 Dreieck- und Sternschaltung in einer Brückenschaltung 70 2 Gleichstromtechnik Die Dreieckschaltung von Widerständen zwischen den Punkten A, B und C der Brückenschaltung lässt sich in eine Sternschaltung umwandeln, wenn die Spannungen zwischen den Eckpunkten gleich bleiben: UAC = U2 UBC = U1 UBA = U3 Andererseits lässt sich auch die Sternschaltung von Widerständen zwischen den Punkten B, C und D der Brückenschaltung mit dem Sternpunkt A in eine Dreieckschaltung von Widerständen überführen, wobei ebenfalls die Spannungen zwischen den Punkten unverändert bleiben müssen: UBC = U1, UDB = U4 UDC = U5 + U2 Bild 2.52 Durch Transformationen umgewandelte Brückenschaltungen Ehe die Brückenschaltung weiter verfolgt wird, sollen die beiden Arten der Transformation gesondert behandelt werden: Dreieck-Stern-Transformation Bild 2.53 Transformation einer Dreieckschaltung in eine Sternschaltung 2.2 Der verzweigte Stromkreis 71 Wenn die Spannungen zwischen zwei Eckpunkten der Sternschaltung und der Dreieckschaltung jeweils gleich sein sollen, dann muss bei der Sternschaltung und bei der Dreieckschaltung zwischen den jeweiligen Punkten der gleiche Gesamtwiderstand vorhanden sein: RAB = R3 || (R1 + R2) = R1' R '2 und RAB = R 3 (R1 R 2 ) R1 R 2 R 3 R1' R '2 (2.140) RBC = R1 (R 2 R 3 ) R1 R 2 R 3 R'2 R'3 (2.141) RCA = R 2 (R1 R 3 ) R1 R 2 R 3 R1' R '3 . (2.142) Die Widerstände der Dreieckschaltung R1, R2 und R3 sind gegeben, die Widerstände der Sternschaltung R1', R'2 und R '3 gesucht. Deshalb müssen die Gleichungen entsprechend umgeformt werden. Zunächst wird Gl. (2.141) von Gl. (2.140) subtrahiert: (R1' R '2 ) (R '2 R 3' ) R 3 (R1 R 2 ) R1 (R 2 R 3 ) R1 R 2 R 3 (2.143) R1' R 3' R 3R1 R 3R 2 R1R 2 R1R 3 R1 R 2 R 3 (2.144) R1' R 3' R 2 R 3 R1R 2 . R1 R 2 R 3 (2.145) Zur Gl. (2.145) wird Gl. (2.142) addiert: R 2 R 3 R1R 2 R 2 R1 R 2 R 3 . R1 R 2 R 3 R1' R 3' R1' R 3' (2.146) Damit ergibt sich die Formel für den Sternwiderstand R1' in Abhängigkeit von den drei Dreieckwiderständen: R1' R 2R 3 . R1 R 2 R 3 (2.147) Die beiden anderen Sternwiderstände können analog berechnet werden und ergeben die Formeln: R '2 R 3 R1 , R1 R 2 R 3 (2.148) R 3' R1R 2 . R1 R 2 R 3 (2.149) Für die Umrechnung von Dreieckwiderständen in Sternwiderstände lautet die Merkregel: Sternwiderstand Produkt der beiden Dreieckwiderstände . Summe aller Dreieckwiderstande 72 2 Gleichstromtechnik Stern-Dreieck-Transformation Bild 2.54 Transformation einer Sternschaltung in eine Dreieckschaltung Bei einer Stern-Dreieck-Umwandlung sind die Widerstände R1' , R '2 und R 3' gegeben und die Widerstände R1, R2 und R3 gesucht. Die Umrechnungsformeln für die Dreieck-SternTransformation (Gl. (2.147) bis (2.149)) werden zunächst dividiert: R1' R '2 R2 , R1 R '2 R '3 R1' R3 , R2 R 3' R3 . R1 (2.150) Dann werden in den Gln. (2.147) bis (2.149) die unbekannten Widerstandsverhältnisse ersetzt, z. B. R1' R 2R 3 R1 R 2 R 3 R3 R1 R2 R 2 R3 1 R 1 R1 R1' R 3' R2 1 R1' R '2 R1' (2.151) R 3' und nach den gesuchten Größen aufgelöst, z. B. R2 R1' R 3' §¨ R1' R1' ·¸ 1 R1' ¨© R '2 R 3' ¸¹ § R' R' · R 3' ¨1 1' 1' ¸. ¨ R ¸ 2 R3 ¹ © (2.152) Die Formeln für die Dreieckwiderstände in Abhängigkeit von den Sternwiderständen lauten damit: R2 R' R' R1' R 3' 1 ' 3 R2 R1' R '2 R '2 R 3' R1' R 3' R1 R '2 R 3' R '2 R 3' R1' R '2 R '2R 3' R1' R 3' R1' R3 R1' R '2 R1' R1' R '2 R 3' (2.153) R '2 R1' R '2 R '2 R 3' R1' R 3' R 3' (2.154) . (2.155) 2.2 Der verzweigte Stromkreis 73 Werden die Widerstände durch Leitwerte ersetzt, dann ergeben sich für die Stern-DreieckTransformation Umrechnungsformeln, die der Dreieck-Stern-Transformation analog sind. Mit Gv = 1/Rv lassen sich die Widerstandsgleichungen in Leitwertform ausdrücken, z. B. Gl. (2.151): Aus R1' R1' R 3' R2 1 R1' R '2 (2.156) R1' R 3' ergibt sich G 3' G2 G1' G1' 1 G '2 G1' G1' G 3' G 3' G1' G1' G '2 G 3' (2.157) und entsprechend G1 G3 G 3' G '2 (2.158) G1' G '2 G 3' G1' G '2 G1' G '2 G 3' . (2.159) Für die eingangs dieses Abschnitts behandelte Brückenschaltung können nun die entwickelten Formeln angewendet werden. Bei der Umformung des linken Dreiecks der Brückenschaltung in die äquivalente Sternschaltung entsprechen die Indizes zufällig den Indizes der allgemeinen Umformung, so dass die Formeln für die gesuchten Widerstände R1' , R '2 und R 3' den Gleichungen (2.147) bis (2.149) entsprechen. Bei der Umformung des unteren Sterns der Brücke mit dem Sternpunkt A in eine äquivalente Dreieckschaltung lauten die Formeln für die Dreieckwiderstände nach den Gleichungen (2.153) bis (2.155) R "2 R3 R5 R 3R 5 R2 R "3 R 2 R5 R 2R 5 R3 R "5 R2 R3 R 2R 3 R5 Anmerkung: Dualität in der Gleichstromtechnik Die am Ende des Abschnitts 2.2.4 beschriebene Gesetzmäßigkeit zwischen Reihenschaltung und Parallelschaltung, Spannungen und Strömen, Widerständen und Leitwerten kann durch die Dualität Dreieckschaltung und Sternschaltung ergänzt werden: Die Widerstandsgleichungen der Dreieck-Stern-Transformation entsprechen den Leitwertgleichungen der Stern-Dreieck-Transformation und umgekehrt. 74 2 Gleichstromtechnik Übungsaufgaben zu den Abschnitten 2.1 und 2.2 2.1 Von vier verschiedenen Grundstromkreisen sind die in folgender Tabelle eingetragenen Werte gegeben. Berechnen Sie die restlichen Zahlenwerte: Stromkreis 1 2 3 4 2.2 2.3 2.4 Uq V 50 30 12 6 Ri : I A Ui V 1,5 0,5 1 U V 48 10 Ra : 30 10 40 Bei einer Klemmenspannung von 54V fließt durch eine Spannungsquelle ein Strom von 3A, bei Kurzschluss erhöht sich der Strom auf 30A. Ermitteln Sie die Quellspannung und den Innenwiderstand der Spannungsquelle. Für ein Volta-Element wird eine Leerlaufspannung von 1,1V gemessen. Wird ein äußerer Widerstand von 5: an das Element angeschlossen, sinkt die Klemmenspannung auf 0,9V. Ermitteln Sie den Innenwiderstand der Spannungsquelle. Mit der skizzierten Schaltung lassen sich unbekannte Widerstände Rx mit Hilfe eines Strommessers direkt anzeigen. Die Skala des Strommessers wird nichtlinear in Ohmwerte geteilt. Rv ist ein Korrekturwiderstand. 1. Berechnen Sie RA und RV, wenn durch den Strommesser bei Endausschlag ein Strom von 3mA fließt und eine Spannung von 60mV anliegt. 2. Berechnen Sie die Ströme bei Rx = 10:, 100:, 1 000:, 10 000: und bei Leerlauf. Wie viel Skalenteile zeigt der Strommesser jeweils an, wenn die Skala in 30 gleiche Teile zerlegt wird. Bild 2.55 Übungsaufgabe 2.4 2.5 An eine Spannungsquelle mit Uq = 100V und Ri = 200: ist ein nichtlinearer Widerstand R(I) mit folgenden Größenpaaren U = f (I) angeschlossen: U in V I in mA 2.6 5 10 15 20 152 265 321 359 30 50 70 400 410 411 90 411 110 437 1. Stellen Sie die Kennlinie des passiven Zweipols dar. 2. Überlagern Sie der gezeichneten Kennlinie die Kennlinie des aktiven Zweipols. 3. Geben Sie den Klemmenstrom I und die Klemmenspannung U an und errechnen Sie den Gleichstromwiderstand Ra. Ermitteln Sie außerdem für diesen Arbeitspunkt den differentiellen Widerstand Rd. An ein Potentiometer mit 600 Windungen liegt eine Spannung von 30V an. Berechnen Sie die Windungszahlen, die abgegriffen werden müssen, um die Spannungen 0,5V, 1V, 2V, 10V und 20V zu erhalten. Übungsaufgaben zu den Abschnitten 2.1 und 2.2 2.7 75 Für einen Vielfach-Spannungsmesser mit drei Spannungsbereichen 1,5V, 7,5V und 30V sind die Vorwiderstände R1, R2 und R3 zu berechnen. Bei Vollausschlag beträgt die Spannung am Messinstrument U0 = 0,075V bei einem Instrumentenwiderstand R0 = 30:. Bild 2.56 Übungsaufgabe 2.7 2.8 2.9 Gleiche Spannungsquellen mit je Uq = 1,5V und Ri = 1: sind in Reihe geschaltet, um bei Belastung mit einem äußeren Widerstand von 20: einen Strom von 0,5A zu erreichen. Leiten Sie zunächst die Formel für die Anzahl n der Spannungsquellen ab, ehe Sie die Zahlenwerte berücksichtigen. Von der Stromverzweigung zweier paralleler Widerstände R1 und R2 mit den Teilströmen I1 und I2, dem Gesamtstrom I und der Spannung U sind die in folgender Tabelle eingetragenen Werte gegeben. Berechnen Sie die fehlenden Zahlenwerte: Stromverzweigung 1 2 3 4 2.10 U V 100 12 I1 A 0,5 I2 A 0,1 I A R1 : R2 : 10 mA 5 mA 4 300 200 6 700 Rers : 100 In der skizzierten Schaltung sind die Teilspannungen U1, U2 und U3 und sämtliche Ströme zu berechnen. Bild 2.57 Übungsaufgabe 2.10 2.11 2.12 Ein Normalwiderstand hat nach seiner Fertigung statt des Sollwertes von 1,000: den Wert 1,004:. Berechnen Sie den Widerstand, der zur Korrektur dem Normalwiderstand parallelgeschaltet werden muss. An eine Spannungsquelle mit Uq = 15V und Ri = 2,4: sind drei Widerstände R1 = 12:, R2 = 7: und R3 = 3: parallel geschaltet. Berechnen Sie den Gesamtstrom, die Spannung an den Widerständen und die Teilströme durch die Widerstände. 76 2.13 2.14 2 Gleichstromtechnik Für ein Drehspul-Messinstrument mit einem Messwerkwiderstand von 20: soll der Messbereich von 3mA auf 7,5mA, 15mA, 30mA, 75mA, 150mA und 300mA erweitert werden. Berechnen Sie die dazu nötigen Parallelwiderstände. Für einen Vielfach-Strommesser mit den Messberechen 10mA, 100mA und 1A sind die Widerstände R1, R2 und R3 zu berechnen. Bei Endausschlag beträgt der Strom durch das Drehspulmesswerk 4mA bei einem Messwerkwiderstand von 5:. Bild 2.58 Übungsaufgabe 2.14 2.15 In der skizzierten Schaltung soll die Spannung UAB mittels eines Spannungsmessers (Messbereich 10V, bezogener Widerstand 250:/V) ermittelt werden. 1. Berechnen Sie die Spannung UAB ohne Spannungsmesser. 2. Auf welchen Wert sinkt die Spannung UAB, wenn der Spannungsmesser angeschlossen wird? Wie groß ist der Fehler der Anzeige? 3. Wie lässt sich der Fehler vermindern und wie sogar vermeiden? Bild 2.59 Übungsaufgabe 2.15 2.16 Drei parallel geschaltete Spannungsquellen sind mit einem Widerstand Ra belastet. Strom I und Spannung U sind gesucht. 1. Überführen Sie schrittweise die drei Spannungsquellen in eine Ersatzspannungsquelle, indem Sie jeweils die Schaltbilder und die zugehörigen Formeln angeben. Bild 2.60 Übungsaufgabe 2.16 2. Berechnen Sie mit den allgemeinen Formeln die Quellspannung Uq ers und den Innenwiderstand Ri ers, wenn Uq1 = 24V, Ri1 = 12:, Uq2 = 16V, Ri2 = 12:, Uq3 = 8V und Ri3 =12: betragen. 3. Berechnen Sie den Strom I und die Spannung U, wenn Ra = 8: ist. Wie groß muss der Außenwiderstand sein, damit der Strom maximal ist? Übungsaufgaben zu den Abschnitten 2.1 und 2.2 2.17 2.18 2.19 2.20 77 Die Lichtmaschine eines Automobils mit einer Quellspannung Uq1 = 15,6V und einem Innenwiderstand Ri1 = 0,2: ist an eine Batterie mit der Quellspannung Uq2 = 12,6V und einem Innenwiderstand Ri2 = 0,01: parallel geschaltet und mit einem Verbraucher Ra = 1,2: belastet. 1. Wandeln Sie die beiden Ersatzspannungsquellen in äquivalente Stromquellen um und fassen Sie diese zu einer Ersatzstromquelle zusammen. Berechnen Sie für den Grundstromkreis den Strom durch den Verbraucher. 2. Berechnen Sie anschließend die Teilströme durch die beiden parallel geschalteten Spannungsquellen. Ein Widerstand von 30: wird einmal in der spannungsrichtigen Schaltung und zum anderen in der stromrichtigen Schaltung mit den gleichen Messgeräten gemessen. Der Strommesser zeigt in der spannungsrichtigen Schaltung 707mA und in der stromrichtigen Schaltung 645mA an. Der Spannungsmesser zeigt in beiden Schaltungen 20V an. 1. Entwickeln Sie die Gleichungen für den Spannungsmesser-Widerstand RV und den Strommesser-Widerstand RA. 2. Berechnen Sie RV und RA mit den Zahlenwerten. Die Größe eines konstanten Widerstandes R soll mit der spannungsrichtigen Messschaltung ermittelt werden. Der Widerstand des Strommessers RA beträgt 1:. 1. Leiten Sie zunächst die Gleichung für den Widerstand R in Abhängigkeit von UR, RV und IA ab. 2. Ermitteln Sie dann die Strommesseranzeige IA, wenn die Gerätekonstante des Strommessers kA = 1mA/Skt. und der Strommesserausschlag 140 Skalenteile (Skt.) betragen. Die Spannungsmesseranzeige ohne Messbereichserweiterung UR0 ist anschließend zu ermitteln, wenn die Gerätekonstante des Spannungsmesser kV = 10mV/Skt. und der Spannungsmesserausschlag 130 Skalenteile betragen. 3. Berechnen Sie dann den Spannungsmesserwiderstand RV und die Spannungsmesseranzeige UR, wenn das Messwerk des Spannungsmessers einen Widerstand RV0 = 200: besitzt und der Messbereich durch einen Vorwiderstand RVv = 9 800: erweitert wird. 4. Mit der oben allgemein abgeleiteten Formel ist nun der Widerstand R zu ermitteln. 5. Geben Sie die prozentuale Abweichung des Widerstandes an, wenn der Einfluss des Messgerätewiderstandes nicht berücksichtigt werden würde und nur die angezeigten Messwerte in die Rechnung eingehen. 6. Berechnen Sie schließlich den Fehler, der sich bei Anwendung der stromrichtigen Schaltung ergeben würde. Gehen Sie davon aus, dass der Widerstandswert R berechnet ist. Für eine nichtabgeglichene Wheatstone-Messbrücke als Schleifdrahtmessbrücke ausgeführt (siehe Bild 2.43) soll der Strom IA durch das Galvanometer mit RA bei Verstellung des Schleifers errechnet werden. 1. Entwickeln Sie die Gleichung für den Strom IA durch das Galvanometer in Abhängigkeit von den Widerständen R1, R2, R3, R4 und RA und der Spannung U, indem Sie die Brücke in einen aktiven und einen passiven Zweipol aufteilen: nur der Strommesser wird dem passiven Zweipol und der Rest der Brücke dem aktiven Zweipol zugeordnet. 2. Berechnen Sie den Strom IA, wenn R1 = Rx = 100: R2 = RN = 100: R3 + R4 = 1,000: RA = 100: mit l = 1m U = 2V betragen und der Schleifer um 1mm von der Mitte des Schleifdrahtes verschoben wird. 78 2.21 2 Gleichstromtechnik Mittels Dehnungsmessstreifen lassen sich Zug- und Druckkräfte in Änderungen von ohmschen Widerständen umsetzen, die als Wheatstonebrücke zusammengeschaltet werden. 1. Ermitteln Sie zunächst die Ersatzschaltelemente Iq ers und Ri ers des äquivalenten Grundstromkreises mit Ra ers = RA. Beachten Sie, dass in der Schaltung eine Stromeinprägung I, also eine Stromquelle, angenommen ist. 2. Berechnen Sie anschließend die Abhängigkeit des auf den Quellstrom I bezogenen Stroms durch das Galvanometer IA von der Widerstandsänderung 'R: IA f('R). I Bild 2.61 Übungsaufgabe 2.21 2.22 Die skizzierte Wheatstonebrücke mit drei gleichen Nickelinwiderständen R und einem Platinwiderstand Rp eignet sich für Temperaturmessungen. Bei 20°C sind alle vier Widerstände gleich, so dass die Spannung UCD Null ist. Bei höheren Temperaturen sind auf Grund der verschiedenen Temperaturkoeffizienten die Widerstände R und Rp unterschiedlich, so dass die Spannung UCD mit wachsender Temperatur ansteigt. 1. Leiten Sie zunächst die Formel für die Spannung UCD in Abhängigkeit von Rp, R und U ab. 2. Berücksichtigen Sie die Temperaturabhängigkeit der Widerstände durch die Temperaturkoeffizienten D20 und DP20. 3. Berechnen Sie für '- = 50ºC, 80ºC und 100ºC die Spannungen UCD, wenn D20 = 0,23 10–3ºC–1 und DP20 = 0,002ºC–1 und U = 10V betragen. Bild 2.62 Übungsaufgabe 2.22 2.23 Durch den Belastungswiderstand R3 des belasteten Spannungsteilers (Bild 2.45) fließt ein Strom I3 = 3A. Die anliegende Spannung U beträgt 100V, und die Spannungsteilerwiderstände betragen R1 = 20: und R2 = 15:. 1. Berechnen Sie aus den gegebenen Werten den Belastungswiderstand R3. 2. Kontrollieren Sie das Ergebnis mit Hilfe des normierten Diagramms des belasteten Spannungsteilers (Bild 2.46). Übungsaufgaben zu den Abschnitten 2.1 und 2.2 2.24 2.25 2.26 79 In einer Transistorschaltung wird der belastete Spannungsteiler mit U = 24V, R1 = 1,5M: und R2 = 100 k (Bild 2.45) verwendet, wobei R3 die Belastung infolge des Transistors ist. 1. Berechnen Sie den Belastungsstrom I3 und die Spannung U2 in Abhängigkeit vom Belastungswiderstand R3 für folgende Werte: R3 = 0:, 25k:, 50k:, 93,75k:, 100k:, 200k:, 300k:, 500k:, 1M:, f. Stellen Sie die Verläufe in einem Diagramm dar. 2. Erläutern Sie die drei charakteristischen Betriebszustände anhand des Ersatz-Grundstromkreises mit Ersatzspannungsquelle für R3 = 0, R3 = f und R3 = Ri. Mit Hilfe der zweifachen Spannungskompensation (siehe Bild 2.50) soll die Quellspannung Uqx einer Spannungsquelle gemessen werden. Bei der Kompensation der Normalspannung UqN = 1,02V beträgt der obere kleine Widerstand 0,4: (Feineinstellung) und der untere große Widerstand 4: (Grobeinstellung). Bei der Kompensation der unbekannten Quellspannung betragen die Widerstandswerte 0,8 bzw. 6:. Ermitteln Sie Uqx. Für die skizzierte Schaltung ist der Widerstand zwischen den Punkten A und B mit Hilfe einer Dreieck-Stern-Transformation oder einer Stern-Dreieck-Transformation mit folgenden Widerstandswerten zu berechnen: R1 = 50:, R5 = 30:, R2 = R4 = 20:, R3 = R6 = 10:. Bild 2.63 Übungsaufgabe 2.26 80 2 Gleichstromtechnik 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung Für ein Gleichstrom-Netzwerk, in dem Spannungsquellen, Stromquellen und ohmsche Widerstände gegeben sind, sollen die Zweigströme und Spannungen berechnet werden. Die Richtungen der Spannungsquellen und Stromquellen sind durch Zählpfeile vorgegeben. 2.3.1 Netzwerkberechnung mit Hilfe der Kirchhoffschen Sätze (Zweigstromanalyse) Lösungsweg: 1. Kennzeichnung der Richtung der Zweigströme Ist die Stromrichtung nicht vorauszusagen, dann ist sie beliebig anzunehmen. Die Berechnung ergibt negative Ströme, wenn die Stromrichtung falsch vorausgesagt wurde. 2. Aufstellen der k – 1 Knotenpunktgleichungen Für ein Netzwerk mit k Knotenpunkten ergeben sich k – l voneinander unabhängige Knotenpunktgleichungen mit Hilfe der Knotenpunktregel. Die Gleichungen sind voneinander linear abhängig, wenn sie sich aus einer oder mehreren Knotenpunktgleichungen ableiten lassen. Stromquellen im Netzwerk werden als Ein- und Ausströmungen in jeweils zwei Knotenpunkten und in den Knotenpunktgleichungen berücksichtigt. Sie sind also keine Zweige, denn sie haben einen unendlich großen Widerstand: Bild 2.64 Beispiel zur Behandlung von Stromquellen bei der Zweigstromanalyse 3. Willkürliche Festlegung der Maschen-Umlaufrichtungen und Aufstellen der unabhängigen Maschengleichungen nach der Maschenregel Für die Berechnung eines Netzwerkes sind z Gleichungen mit z unbekannten Zweigströmen notwendig, k – 1 Knotenpunktgleichungen sind bereits aufgestellt. Dazu kommen noch die unabhängigen Maschengleichungen für die Spannungen der Maschen, die man erhält, wenn nach jedem Maschenumlauf die behandelte Masche aufgetrennt gedacht wird. Diese Trennstelle wird in einem Zweig des Netzes durch zwei Striche gekennzeichnet. Ein neuer Maschenumlauf darf nicht über diese Trennstelle erfolgen. Nach dem Umlauf wird eine zweite Trennstelle vorgesehen, die beim dritten Umlauf nicht überschritten werden darf, usw. Ist wegen der eingezeichneten Trennstellen kein Umlauf mehr möglich, sind alle unabhängigen Maschengleichungen aufgestellt. Nun ist noch zu kontrollieren, ob die k – 1 Knotenpunktgleichungen und die unabhängigen Maschengleichungen z Gleichungen ergeben. 4. Auflösen des Gleichungssystems nach den gesuchten Strömen und Spannungen Handelt es sich um kleine Netze, können das Eliminationsverfahren, das Einsetzverfahren, das Determinantenverfahren (Abschnitt 2.3.6.3), das Bilden der inversen Matrix (Abschnitt 2.3.6.2) oder der Gaußsche Algorithmus (Abschnitt 2.3.6.3) angewendet werden. Bei größeren Netzen sollte ein Rechner zu Hilfe genommen werden, für den z. B. der Gaußsche Algorithmus programmiert wird. 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 81 1. Beispiel: Gegeben ist die skizzierte Schaltung, in der der Strom I5 durch den Widerstand R5 mit Hilfe der Kirchhoffschen Sätze zu berechnen ist. Bild 2.65 Beispiel 1 für die Zweigstromanalyse Lösung: Anzahl der Zweige bzw. notwendigen Gleichungen: z = 3 Anzahl der Knotenpunkte: k = 2 Bild 2.66 Zum Beispiel 1 für die Zweigstromanalyse Knotenpunktgleichung und unabhängige Maschengleichungen: k – 1 = 1: I 1 = I3 + I5 Masche I: – Uq1 + I1R1 + I3R3 – Uq2 + I1R2 = 0 Masche II: – Uq1 + I1R1 + I5R5 + I5R4 + I1R2 = 0 Nach den unbekannten Zweigströmen geordnetes Gleichungssystem: – I3 0 = I1 Uq1 + Uq2 = I1(R1 + R2) + I3R3 Uq1 = I1(R1 + R2) – I5 + I5(R4 + R5) (2.160) (2.161) (2.162) Lösen des Gleichungssystems nach dem Eliminationsverfahren: Gl. (2.161) minus Gl. (2.162): Uq1 + Uq2 = I1(R1 + R2) + I3R3 = I1(R1 + R2) + I5(R4 + R5)} – {Uq1 Uq2 = I3R3 – I5(R4 + R5) (2.163) Gl. (2.162) minus (R1 + R2) * Gl. (2.160): + I5(R4 + R5) Uq1 = I1(R1 + R2) –{0 = I1(R1 + R2) – I3(R1 + R2) – I5(R1 + R2)} Uq1 = I3(R1 + R2) + I5(R1 + R2 + R4 + R5) (2.164) 82 2 Gleichstromtechnik (R1 + R2) * Gl. (2.163) minus R3 * Gl. (2.164)): = I3R3(R1 + R2) – I5(R1 + R2) (R4 + R5) Uq2(R1 + R2) = I3R3(R1 + R2) + I5R3(R1 + R2 + R4 + R5)} – {Uq1R3 Uq2(R1 + R2) – Uq1R3 = – I5[(R1 + R2) (R4 + R5) + R3(R1 + R2 + R4 + R5)] I5 I5 U q1R 3 U q2 (R1 R 2 ) (R1 R 2 )(R 4 R 5 ) R 3 (R1 R 2 R 4 R 5 ) U q1R 3 U q2 (R1 R 2 ) (R1 R 2 )(R 3 R 4 R 5 ) R 3 (R 4 R 5 ) (2.165) Wird bei den Spannungsquellen mit EMK Ei gerechnet, muss jede Masche zweimal umlaufen werden. Das Gleichungssystem kann sofort geordnet aufgeschrieben werden: – I3 0 = I1 E1 +E2 = I1(R1 +R2) + I3R3 E1 = I1(R1 + R2) – I5 + I5(R4 + R5) Es kann auf die gleiche Weise gelöst werden wie das geordnete Gleichungssystem mit Quellspannungen. 2. Beispiel: Für das skizzierte Gleichstrom-Netzwerk ist das Gleichungssystem für Zweigströme nach der Zweigstromanalyse aufzustellen. Bild 2.67 Beispiel 2 für die Zweigstromanalyse Lösung: Anzahl der Zweige bzw. notwendigen Gleichungen: z = 9 Anzahl der Knotenpunkte: k = 5 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 83 Bild 2.68 Zum Beispiel 2 für die Zweigstromanalyse Knotenpunktgleichungen und unabhängige Maschengleichungen: k1: 0 = I1 – I2 – I4 – I3 – Iq k2: 0 = I3 – I6 – I7 k3: 0 = I7 – I8 – I9 + Iq k4: 0 = I4 + I6 + I8+ I9+ I5 I: –Uq + I2R2 + I1R1 = 0 II: –I2R2 + I4R4 – I5R5 = 0 III: I3R3 + I6R6 – I4R4 = 0 IV: –I6R6 + I7R7 + I8R8 = 0 V: –I8R8 + I9R9 = 0 Nach den unbekannten Zweigströmen geordnetes Gleichungssystem: – I2 – I3 – I4 Iq = I 1 0 = I3 – I6 – I7 – Iq = I7 – I8 0 = I4 + I5 + I6 + I8 Uq = I1R1 + I2R2 0 = – I2R2 + I4R4 – I5R5 0 = I3R3 – I4R4 + I6R6 0 = – I6R6 +I7R7 + I8R8 0 = – I8R8 Gleichungssystem in Matrizenschreibweise: (Erläuterung siehe Abschnitt 2.3.6.1) ª I q º ª 1 « » « « 0 » « 0 « I q » « 0 « » « « 0 » « 0 « U » = « R « q » « 1 « 0 » « 0 « 0 » « 0 « » « 0 » « 0 « » « « 0 ¬ 0 ¼ ¬ 1 1 1 0 0 0 R2 R 2 0 0 0 1 0 0 0 0 R3 0 0 0 0 1 0 R4 R 4 0 0 0 0 0 1 0 R 5 0 0 0 0 1 0 1 0 0 R6 R 6 0 0 1 1 0 0 0 0 R7 0 0 0 1 1 0 0 0 R8 R 8 0 0 1 1 0 0 0 0 R9 º » » » » » » » » » » » » ¼ – I9 + I9 + I9R9 ª I1 º « » «I 2 » « I3 » « » «I 4 » «I » « 5» «I6 » «I » « 7» « I8 » « » «¬ I9 »¼ Das Gleichungssystem kann mit Hilfe des Gaußschen Algorithmus gelöst werden (siehe Abschnitt 2.3.6.3). Sind Zahlenwerte gegeben, kann auch ein Rechner die Zweigströme berechnen. 84 2 Gleichstromtechnik 3. Beispiel: Für das skizzierte Gleichstrom-Netzwerk mit den gegebenen Stromeinspeisungen Ia = 6,5A und Ib = 4,8A, den Quellspannungen Uq1 = 16V und Uq2 = 10V und den Widerständen R1 = 2:, R2 = 0,4: und R3 = 5: sind die Zweigströme, der abfließende Strom Ic und die Potentiale in den Punkten B, C, D und E gesucht. Bild 2.69 Beispiel 3 für die Zweigstromanalyse Lösung: Anzahl der Zweige bzw. notwendigen Gleichungen: z = 3 Anzahl der Knotenpunkte: k = 3 Bild 2.70 Zum Beispiel 3 für die Zweigstromanalyse Knotenpunktgleichungen: A: B: C: Ia + I2= I1 I1= Ib + I3 I3= I2 + Ic Eine der Knotenpunktgleichungen ist für die Netzberechnung nicht notwendig. Werden die Knotenpunktgleichungen für die Punkte A und B in der Berechnung berücksichtigt, dann ist die Gleichung für den Punkt C überflüssig. Wie die folgende Addition der drei Gleichungen zeigt, ist die Gleichung für den Punkt C von den beiden anderen linear abhängig: I a + I 2 + I1 + I3 = I1 + Ib + I3 + I2 + Ic Ia = Ib + Ic. Das Netzwerk kann hinsichtlich der zu- und abfließenden Ströme als Knotenpunkt aufgefasst werden. Der 1. Kirchhoffsche Satz (Abschnitt 2.2.2) lautet in allgemeiner Form: Die Summe aller vorzeichenbehafteten Ströme, die durch eine Hüllfläche fließen, ist Null (Abschnitt 3.2.2, elektrisches Strömungsfeld). Die Hüllfläche ist für das Beispiel um das gesamte Netzteil zu denken; die Punkte A, B und C liegen auf der Hüllfläche. 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 85 Die Maschengleichung lautet entsprechend des festgelegten Umlaufs: I1R1 – Uq1 + I3R3 + Uq2 + I2R2 = 0. Die gesuchten Ströme können nun berechnet werden: aus Gl. (2.168) mit Gl. (2.166) und Gl. (2.167) Ic = Ia – Ib = 6,5A – 4,8A = 1,7A I2 = I1 – Ia I3 = I1 – Ib. in Gl. (2.169) eingesetzt ergibt sich I1: I1R1 – Uq1 + (I1 – Ib) R3 + Uq2 + (I1 – Ia) R2 = 0 I1(R1 + R2 + R3) = Uq1 – Uq2 + IaR2 + IbR3 U q1 U q2 I a R 2 I b R 3 I1 R1 R 2 R 3 16 V 10 V 6,5 A 0,4 : 4,8 A 5 : 4,4A I1 2 : 0,4 : 5 : mit Gl. (2.167) mit Gl. (2.166) I3 = I1 – Ib = 4,4A – 4,8A = – 0,4A, I2 = I1 – Ia = 4,4A – 6,5A = – 2,1A. Sowohl der Strom I2 als auch der Strom I3 fließen bei den gegebenen Größen in umgekehrter Richtung als angenommen: die Zahlenwerte sind negativ. Die Knotenpunktgleichung für den Punkt C kann zur Kontrolle der Ergebnisse herangezogen werden: I3 = I2 + Ic = – 2,1A + 1,7A = – 0,4A. Mit Hilfe der Maschengleichung (Gl. (2.169)) lassen sich die gesuchten Potentiale ermitteln: UAD + UDB + UBC + UCE + UEA = 0 I1R1 – Uq1 + I3R3 + Uq2 + I2R2 = 0 UAD = MA – MD = I1R1 = 4,4A 2: = 8,8V UDB = MD – MB = – Uq1 = – 16V UBC = MB – MC = I3R3 = – 0,4A 5: = – 2V UCE = MC – ME = Uq2 = 10V UEA = ME – MA = I2R2 = – 2,1A 0,4 = – 0,84V MD = MA – 8,8V = – 8,8V mit MA = 0: MB = MD + 16V = – 8,8V + 16V = 7,2V MC = MB + 2V = 7,2V + 2V = 9,2V ME = MC – 10V = 9,2V – 10V = – 0,8V Probe: ME – MA = – 0,8V | – 0,84V. 86 2 Gleichstromtechnik Spannungen, elektrische Potentiale und Ströme lassen sich in Abhängigkeit der Widerstände in einem Diagramm darstellen: Bild 2.71 Zum Beispiel 3 für die Zweigstromanalyse: Darstellung des Potentialverlaufs 2.3.2 Netzwerkberechnung mit Hilfe des Überlagerungssatzes (Superpositionsverfahren) Das Überlagerungs- oder Superpositionsprinzip ist von allgemeiner physikalischer Bedeutung: In einem physikalischen System, in dem Wirkungen linear von den Ursachen abhängen, lässt sich zunächst jeweils die Wirkung von nur einer Ursache ermitteln. Die resultierende Wirkung aller Ursachen ergibt sich dann als Summe der Einzelwirkungen. Beispiele: Durchbiegung eines eingespannten Metallstabes infolge mehrerer Kräfte, Berechnung der Feldstärke oder des elektrischen Potentials in einem Punkt, verursacht durch mehrere Punktladungen (Abschnitt 3.3.3). Für elektrische Netze lautet das Überlagerungsprinzip: (Satz von Helmholtz1)) Die Ströme in den Zweigen eines linearen Netzwerks sind gleich der Summe der Teilströme in den betreffenden Zweigen, die durch die einzelnen Quellspannungen und Quellströme hervorgerufen werden. Lineares Netzwerk bedeutet, dass zwischen den Strömen und Spannungen lineare Zusammenhänge bestehen. 1) Helmholtz, deutscher Physiker und Physiologe, 1821–1894 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 87 Lösungsweg: 1. Kennzeichnung der Richtung der Zweigströme Ist die Stromrichtung nicht vorauszusagen, dann ist sie beliebig anzunehmen. Die Berechnung ergibt negative Ströme, wenn die Stromrichtung falsch vorausgesagt wurde. 2. Nullsetzen und Kurzschließen aller Quellspannungen und Nullsetzen und Unterbrechen aller Quellströme bis auf eine Quellspannung oder einen Quellstrom Innenwiderstände verbleiben in der Schaltung. Es empfiehlt sich, die Schaltung mit nur einer Spannungs- oder Stromquelle noch einmal zu zeichnen. 3. Berechnen des von der einen Quellspannung oder von dem einen Quellstrom verursachten Teilstroms in dem Zweig, in dem der Zweigstrom ermittelt werden soll Da nur eine Energiequelle in der Schaltung wirkt, kann in den meisten Fällen die Stromrichtung in dem betreffenden Zweig vorausgesagt werden. Die Richtung des Teilstroms kann dabei auch entgegengesetzt zur angenommenen Richtung des unter 1. vereinbarten Richtung des gesamten Zweigstroms verlaufen. 4. Nullsetzen und Kurzschließen aller Quellspannungen und Nullsetzen und Unterbrechen aller Quellströme bis auf eine zweite Quellspannung oder einen zweiten Quellstrom und Berechnen des Teilstroms in dem betreffenden Zweig 5. Berechnen der Teilströme in dem betreffenden Zweig auf Grund einer dritten, vierten,... Energiequelle Es ergeben sich so viele Teilströme, wie Spannungs- und Stromquellen in der Schaltung vorhanden sind. 6. Aufsummieren der Teilströme bei Beachten der Vorzeichen der Teilströme Teilströme, die die gleiche Richtung haben wie der unter l. vereinbarte gesuchte Zweigstrom, werden positiv berücksichtigt. Die Teilströme, die entgegengesetzt gerichtet sind, gehen negativ in die Berechnung ein. 1. Beispiel: Das Beispiel l der Zweigstromanalyse im vorigen Abschnitt soll mit Hilfe des Überlagerungssatzes berechnet werden, damit ein Vergleich beider Verfahren möglich ist. Gegeben ist die skizzierte Schaltung, in der der Strom I5 durch den Widerstand R5 zu ermitteln ist. Bild 2.72 Beispiel 1 für das Superpositionsverfahren 88 2 Gleichstromtechnik Lösung: Zunächst wird die Quellspannung Uq2 kurzgeschlossen. Nur die Quellspannung Uq1 wirkt im Netzwerk, so dass die Zweigströme I1Uq1 und I5Uq1 fließen: Bild 2.73 Zum Beispiel 1 des Superpositionsverfahrens, Uq1 wirkt I5 Uq 1 I1Uq 1 R3 , R3 R 4 R5 I1Uq U q1 R 3 (R 4 R 5 ) R1 R 2 R3 R4 R5 1 U q1 R 3 I5U q1 (R1 R 2 )(R 3 R 4 R 5 ) R 3 (R 4 R 5 ) . Dann wird die Quellspannung Uq1 kurzgeschlossen, so dass nur die Quellspannung Uq2 wirkt: Bild 2.74 Zum Beispiel 1 des Superpositionsverfahrens, Uq2 wirkt I 5 Uq 2 I 3 Uq 2 I5U q2 R1 R 2 , R1 R 2 R 4 R 5 I3 Uq 2 U q2 (R R 2 ) (R 4 R 5 ) R3 1 R1 R 2 R 4 R 5 U q2 (R1 R 2 ) R 3 (R1 R 2 R 4 R 5 ) (R1 R 2 )(R 4 R 5 ) . Beide Teilströme werden vorzeichenbehaftet überlagert, wobei die Nenner gleich sind: I5 I5 I5U q1 I5U q2 U q1 R 3 U q2 (R1 R 2 ) (R1 R 2 )(R 3 R 4 R 5 ) R 3 (R 4 R 5 ) . Dieses Ergebnis stimmt mit dem Ergebnis der Zweigstromanalyse (Gl. (2.165)) überein. 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 89 2. Beispiel: Für die skizzierte Schaltung mit zwei Stromquellen ist der Strom I2 durch den Widerstand R2 gesucht. Bild 2.75 Beispiel 2 für das Superpositionsverfahren Lösung: Zunächst wird die Stromquelle Iq2 geöffnet und der Teilstrom durch den Widerstand R2 berechnet, der durch den Quellstrom Iq1 verursacht wird: Bild 2.76 Zum Beispiel 2 für das Superpositionsverfahren, Iq1 wirkt I 2 Iq 1 I q1 R1 R 3 , R1 R 2 R 3 R 4 I 2 Iq 1 R1 R 3 I q1 R1 R 2 R 3 R 4 Dann wird die Stromquelle Iq1 geöffnet und der Teilstrom durch den Widerstand R2 berechnet, der durch den Quellstrom Iq2 hervorgerufen wird: Bild 2.77 Zum Beispiel 2 für das Superpositionsverfahren, Iq2 wirkt I 2 Iq I q2 2 R3 R4 , R1 R 2 R 3 R 4 I 2 Iq 2 R3 R4 I q2 R1 R 2 R 3 R 4 Schließlich werden die beiden Teilströme überlagert: I2 I 2 Iq I 2 Iq 1 (R1 R 3 ) I q1 (R 3 R 4 ) I q2 2 R1 R 2 R 3 R 4 . 90 2 Gleichstromtechnik 2.3.3 Netzwerkberechnung mit Hilfe der Zweipoltheorie (Zweipolverfahren) Durch die Netzwerkberechnung nach der Zweipoltheorie wird das gegebene GleichstromNetzwerk in einen Grundstromkreis überführt, wobei der gesuchte Zweigstrom gleich dem Belastungsstrom des Grundstromkreises ist bzw. die gesuchte Spannung gleich der Klemmenspannung des Grundstromkreises ist. Nach der Überführung kann der Strom bzw. die Spannung nach den Formeln für den Grundstromkreis (Gl.(2.78) bis (2.81) bzw. (2.84) bis (2.87)) berechnet werden. Wie bereits im Abschnitt 2.2.5 behandelt, gibt es zwei mögliche Ersatzschaltungen für ein Gleichstromnetz: die Spannungsquellen-Ersatzschaltung und die Stromquellen-Ersatzschaltung. Lösungsweg: 1. Aufteilung des Netzwerks in einen aktiven und einen passiven Zweipol Die Aufteilung muss so vorgenommen werden, dass der gesuchte Zweigstrom von der oberen Klemme des aktiven Zweipols in die obere Klemme des passiven Zweipols und von der unteren Klemme des passiven Zweipols in die untere Klemme des aktiven Zweipols oder umgekehrt fließt bzw. die gesuchte Spannung zwischen den Klemmen der Zweipole liegt. 2. Berechnung der Ersatzschaltung des aktiven Zweipols Ersatzspannungsquelle Ersatzstromquelle oder mit Uq ers = Ul und Ri ers mit Iq ers = Ik und Ri ers 3. Berechnung der Ersatzschaltung des passiven Zweipols Ersatz-Außenwiderstand Ra ers 4. Ermittlung des gesuchten Stroms oder der gesuchten Spannung mit Hilfe der Ersatzschaltung (Grundstromkreis) Spannungsquellen-Ersatzschaltung s. Gln. (2.84) und (2.85) Stromquellen-Ersatzschaltung s. Gln. (2.86) und (2.87) 1. Beispiel: Das Beispiel 1 der Zweigstromanalyse und nach dem Überlagerungssatz soll auch mit Hilfe der Zweipoltheorie behandelt werden, um die Verfahren miteinander vergleichen zu können. Gegeben ist die skizzierte Schaltung, in der der Strom I5 durch den Widerstand R5 zu ermitteln ist. Bild 2.78 Beispiel 1 für die Zweipoltheorie 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 91 Lösung: Die Schaltung wird zunächst in den aktiven und passiven Zweipol aufgeteilt und anschließend in den Grundstromkreis überführt. Beide Möglichkeiten sollen behandelt werden: Bild 2.79 Zum Beispiel 1 für die Zweipoltheorie, Aufteilung in aktiven und passiven Zweipol Grundstromkreis mit Ersatzspannungsquelle: U q ers U l : Bild 2.80 Zum Beispiel 1 für die Zweipoltheorie, Ermittlung der Ersatz-Quellspannung Ul mit I Ul Ul Ul U q2 I R 3 U q1 U q2 R1 R 2 R 3 U q2 (U q1 U q2 )R 3 R1 R 2 R 3 U q2 (R1 R 2 R 3 ) (U q1 U q2 )R 3 R1 R 2 R 3 U q2 (R1 R 2 ) U q1R 3 R1 R 2 R 3 U q ers 92 2 Gleichstromtechnik R i ers : R i ers (R1 R 2 ) R 3 R1 R 2 R 3 R a ers R4 R5 R a ers : Bild 2.81 Zum Beispiel 1 für die Zweipoltheorie, Ermittlung der Widerstände U q2 (R1 R 2 ) U q1R 3 I5 I5 I5 U q ers R i ers R a ers R1 R 2 R 3 (R1 R 2 )R 3 R4 R5 R1 R 2 R 3 U q1R 3 U q2 (R1 R 2 ) (R1 R 2 )R 3 (R 4 R 5 )(R1 R 2 R 3 ) U q1R 3 U q2 (R1 R 2 ) (R1 R 2 )(R 3 R 4 R 5 ) R 3 (R 4 R 5 ) Dieses Ergebnis stimmt mit den Ergebnissen der Beispiele 1 der Zweigstromanalyse (Gl. (2.165)) und nach dem Überlagerungssatz überein. Grundstromkreis mit Ersatzstromquelle: I q ers I k : Die beiden parallelgeschalteten Spannungsquellen werden zunächst in äquivalente Stromquellen überführt und zusammengefasst: Bild 2.82 Zum Beispiel 1 der Zweipoltheorie, Ermittlung des Ersatz-Quellstroms Ik Ik I q1 I q2 U q1 R1 R 2 U q2 (R1 R 2 ) U q1R 3 (R1 R 2 )R 3 U q2 R3 I q ers 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 93 R i ers : 1 R i ers 1 1 R i1 R i2 1 R i ers 1 1 R1 R 2 R 3 R i ers (R1 R 2 )R 3 R1 R 2 R 3 R a ers R4 R5 R a ers : Bild 2.83 Zum Beispiel 1 der Zweipoltheorie, Ermittlung der Widerstände I5 I5 I5 R i ers R i ers R a ers I q ers (R1 R 2 )R 3 U q2 (R1 R 2 ) U q1R 3 R1 R 2 R 3 (R1 R 2 )R 3 (R1 R 2 )R 3 R4 R5 R1 R 2 R 3 U q1R 3 U q2 (R1 R 2 ) (R1 R 2 )R 3 ( R 4 R 5 )(R1 R 2 R 3 ) U q1R 3 U q2 (R1 R 2 ) (R1 R 2 )(R 3 R 4 R 5 ) R 3 (R 4 R 5 ) (vgl. mit Gl. (2.165)) 2. Beispiel: Für die im Abschnitt 2.2.7 behandelte Wheatstone-Brücke (Bild 2.42) soll der Strom IA mit Hilfe der Zweipoltheorie ermittelt werden. Gegeben sind die Spannung U und sämtliche Widerstände. Lösung: Bild 2.84 Zum Beispiel 2 der Zweipoltheorie 94 2 Gleichstromtechnik Grundstromkreis mit Ersatzspannungsquelle: U q ers U l : Bild 2.85 Zum Beispiel 2 der Zweipoltheorie, Ermittlung der Ersatz-Quellspannung U1 U 3 R1 U mit U1 R1 R 2 Ul Ul Ul und U3 R3 U R3 R4 § R1 R3 · R1 (R 3 R 4 ) R 3 (R1 R 2 ) ¸ ¨ U ¨ R R R R ¸U (R1 R 2 )(R 3 R 4 ) 2 3 4¹ © 1 R1R 4 R 2 R 3 U U q ers (R1 R 2 )(R 3 R 4 ) R i ers : Bild 2.86 Zum Beispiel 2 der Zweipoltheorie, Ermittlung des Ersatzinnerwiderstandes R i ers R 3R 4 R1R 2 R1 R 2 R 3 R 4 R i ers R1R 2 (R 3 R 4 ) R 3R 4 (R1 R 2 ) (R1 R 2 )(R 3 R 4 ) R a ers RA R a ers : IA IA R1R 4 R 2 R 3 U (R1 R 2 )(R 3 R 4 ) R i ers R a ers R1R 2 (R 3 R 4 ) R 3 R 4 (R1 R 2 ) RA (R1 R 2 )(R 3 R 4 ) (R1R 4 R 2 R 3 )U R1R 2 (R 3 R 4 ) R 3 R 4 (R1 R 2 ) R A (R1 R 2 )(R 3 R 4 ) U q ers 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 95 Grundstromkreis mit Ersatzstromquelle: I q ers I k : Bild 2.87 Zum Beispiel 2 der Zweipoltheorie, Ermittlung des ErsatzQuellstroms Ik I 2 I1 mit I 2 R4 I R2 R4 und I1 R3 I R1 R 3 Ik § R R 3 · 4 ¨ ¸ I ©R 2 R 4 R1 R 3 ¹ Ik R 4 (R1 R 3 ) R 3 (R 2 R 4 ) U (R1 R 3 )(R 2 R 4 ) R1R 3 (R 2 R 4 ) R 2 R 4 (R1 R 3 ) (R1 R 3 )(R 2 R 4 ) Ik (R1R 4 R 2 R 3 ) U R1R 3 (R 2 R 4 ) R 2 R 4 (R1 R 3 ) mit U R1R 3 R 2R 4 R1 R 3 R 2 R 4 I I q ers R i ers : R i ers R1R 2 (R 3 R 4 ) R 3R 4 (R1 R 2 ) (R1 R 2 )(R 3 R 4 ) R a ers RA R a ers : IA R i ers R i ers R a ers I q ers IA R1R 2 (R 3 R 4 ) R 3R 4 (R1 R 2 ) (R1 R 2 )(R 3 R 4 ) (R1R 4 R 2 R 3 ) U R1R 2 (R 3 R 4 ) R 3R 4 (R1 R 2 ) R R ( R 1 3 2 R 4 ) R 2 R 4 ( R1 R 3 ) RA (R1 R 2 )(R 3 R 4 ) IA (R1R 4 R 2 R 3 ) U R1R 2 (R 3 R 4 ) R 3R 4 (R1 R 2 ) R A (R1 R 2 )(R 3 R 4 ) 96 2 Gleichstromtechnik 3. Beispiel: Mit Hilfe der Zweipoltheorie soll für den belasteten Spannungsteiler die Klemmenspannung UAB in Abhängigkeit von der Schleiferstellung v ermittelt werden. 1. Für den aktiven Zweipol ist zunächst die Ersatzspannungsquelle mit Uq ers und Ri ers in Abhängigkeit von Uq, Ri, R = R1 + R2 und v = R2/R zu ermitteln. 2. Dann sind die Formeln für Uq ers und Ri ers für vernachlässigbaren Innenwiderstand Ri zu vereinfachen. 3. Die Abhängigkeit der Ersatzgrößen von der Schleiferstellung v ist anschließend zu berechnen und darzustellen: U q ers Uq R i ers f(v) f(v) R für v = 0, 1/4, 1/2, 3/4, 1 4. Schließlich ist die Klemmenspannung UAB in Abhängigkeit von der Schleiferstellung v bei Ri = 0 aus den Ersatzgrößen zu bestimmen. Bild 2.88 Beispiel 3 für die Zweipoltheorie Lösung: Zu 1. Ul Uq U q ers R i ers R2 R Ri Ul R2 R R Ri R R v Uq R 1 i R R 2 || (R1 R i ) mit R = R1 + R2 R i ers v R 1 i R R 2 (R1 R i ) R 2 R1 R i bzw. R 2 (R R 2 ) R 2 R i R Ri R 2 R1 R 2 R i R 2 R1 R i R1 = R – R2 R 2R R 22 R 2R i R Ri R2 R 22 R Ri 2 R R Ri 1 R 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung §R R 2 2 R 2 R i · § 2 R i · 2 ¸ R ¨ ¸ ¨ R R 2 R R ¸ R¨v v v R ¹ © © ¹ R R 1 i 1 i R R § R i · vR¨1 v + ¸ R ¹ © R 1 i R R i ers R i ers Zu 2. Zu 3. 97 Uq ers = v Uq U q ers und v Uq v U q ers Uq R i ers R und Ri ers = v R (1 – v) R i ers R v (1 v) v v2 0 0,25 0,5 0,75 1 0 0,25 0,5 0,75 1 0 0,1875 0,25 0,1875 0 Bild 2.89 Zum Beispiel 3 für die Zweipoltheorie Zu 4. U AB U q ers U AB U AB R a ers R i ers R a ers R a ers U q ers R3 v Uq R i ers R a ers v (1 v)R R 3 v Uq R (v v 2 ) 1 R3 Dieses Ergebnis entspricht der Formel Gl. (2.121) im Abschnitt 2.2.8. 98 2 Gleichstromtechnik 2.3.4 Netzwerkberechnung nach dem Maschenstromverfahren Beim Maschenstromverfahren werden nur Maschengleichungen für Spannungen berücksichtigt. Deshalb sind im Gleichstromnetz vorkommende Stromquellen zunächst in äquivalente Spannungsquellen zu überführen. Bei idealen Stromquellen mit Gi = 0 ist die Umwandlung nicht möglich. In diesem Fall kann ein zur Stromquelle parallel geschalteter Innenwiderstand angenommen werden, der dann im Endergebnis unendlich gesetzt wird. Das Maschenstromverfahren kann aber auch für ideale Stromquellen erweitert werden [16]. Jeder unabhängigen Masche wird dann ein geschlossener Maschenstrom zugeordnet. In den Zweigen, die mehreren Maschen angehören, werden die Maschenströme überlagert. Die Zweigströme sind also gleich der vorzeichenbehafteten Summe der Maschenströme, je nachdem ob die Maschenströme in dem Zweig gleich gerichtet oder entgegengesetzt gerichtet sind. Anschließend werden die unabhängigen Maschengleichungen für die Zweigströme nach der Maschenregel aufgestellt und zwar mit den angenommenen Maschenströmen. Gegenüber der Netzberechnung nach den Kirchhoffschen Sätzen (Abschnitt 2.3.1) werden beim Maschenstromverfahren die Knotenpunktgleichungen eingespart, wodurch sich in vielen Fällen Vereinfachungen ergeben. Lösungsweg: 1. Umwandlung sämtlicher Stromquellen in äquivalente Spannungsquellen Bild 2.90 Behandlung von Stromquellen beim Maschenstromverfahren 2. Jeder unabhängigen Masche wird ein Maschenstrom zugeordnet Dabei kann die Umlaufrichtung der Maschenströme beliebig gewählt werden. Die Zuordnung der Maschenströme wird so vorgenommen, dass durch den Zweig, für den der Strom berechnet werden soll, nur ein Maschenstrom angenommen wird, damit nach Auflösung des Gleichungssystems nicht die Summe oder Differenz von Maschenströmen gebildet werden muss. Es wird also mit der Festlegung des Maschenstroms begonnen, zu dem der gesuchte Zweigstrom gehört. Anschließend wird dieser Zweig getrennt gedacht und mit zwei Strichen gekennzeichnet. Dann wird ein neuer Umlauf mit einem neuen Maschenstrom gesucht und wieder getrennt gedacht, usw. Ist infolge der gedachten Trennstellen kein Umlauf mehr möglich, sind sämtliche unabhängigen Maschen berücksichtigt. 3. Aufstellen der Maschengleichungen für die ausgewählten Maschen und zwar für Zweigströme 4. Berechnen des gesuchten Stroms oder der gesuchten Ströme mit Hilfe des geordneten Gleichungssystems (Eliminationsverfahren, Cramersche Regel, Matrizenrechnung, Gaußscher Algorithmus im Abschnitt 2.3.6.3). 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 99 1. Beispiel: Das bereits dreimal behandelte Gleichstromnetz, jeweils Beispiel 1, soll auch mit Hilfe des Maschenstromverfahrens berechnet werden, um einen Vergleich mit anderen Netzberechnungsverfahren zu ermöglichen. Gegeben ist die skizzierte Schaltung, in der der Strom I5 durch den Widerstand R5 zu ermitteln ist. Bild 2.91 Beispiel 1 für das Maschenstromverfahren Bild 2.92 Zum Beispiel 1 für das Maschenstromverfahren Lösung (siehe Bild 2.92): Masche I: II (R3 + R4 + R5) – III R3 + Uq2 = 0 weil II (R4 + R5) + Uq2 + (II – III) R3 = 0 Masche II: III(R1 + R2 + R3) – I1R3 – Uq2 – Uq1 = 0 weil (III – II) R3 – Uq2 + III(R1 + R2) – Uq1 = 0 Nach den unbekannten Maschenströmen geordnetes Gleichungssystem: = – Uq2 II(R3 + R4 + R5) – IIIR3 + III(R1 + R2 + R3) = Uq1 + Uq2 – IIR3 Auflösen des Gleichungssystems nach II = I5 mit Hilfe des Eliminationsverfahrens: II(R3 + R4 + R5) (R1 + R2 + R3) – IIIR3(R1 + R2 + R3) = – Uq2(R1 + R2 + R3) + IIIR3(R1 + R2 + R3) = (Uq1 + Uq2)R3 – IIR32 Beide Gleichungen addiert, ergibt den gesuchten Strom: II I5 I5 U q2 (R1 R 2 R 3 ) (U q1 U q2 )R 3 (R 3 R 4 R 5 )(R1 R 2 R 3 ) R 3 2 U q1R 3 U q2 (R1 R 2 ) (R1 R 2 )(R 3 R 4 R 5 ) R 3 (R 4 R 5 ) . Dieses Ergebnis stimmt mit dem Ergebnis der Zweigstromanalyse (Gl. (2.165)) überein. 100 2 Gleichstromtechnik 2. Beispiel: Für das skizzierte Schaltbild soll mit Hilfe des Maschenstromverfahrens das Gleichungssystem für die Maschenströme aufgestellt werden. Es soll mit dem alten Symbol für die Spannungsquelle (siehe Bild 2.6) gerechnet werden, damit auch die ältere Literatur verstanden werden kann. Gesucht ist der Strom I3. Bild 2.93 Beispiel 2 für das Maschenstromverfahren Bild 2.94 Zum Beispiel 2 für das Maschenstromverfahren Lösung (siehe Bild 2.94): Wird mit EMK Ei gerechnet, kann das Gleichungssystem, nach den Maschenströmen geordnet, sofort aufgestellt werden: – IIIIR4 0 = II(R3 + R4 + R5) – IIIR5 E2 = – IIR5 + III(R5 + R6 + R7) – IIII(R6 + R7) E1 – E2 = – IIR4 – III(R6 + R7) +IIII(R1 + R2 + R4 + R6 + R7). Gleichungssystem in Matrizenschreibweise: (Erläuterung siehe Abschnitt 2.3.6.1) § 0 · ¨ ¸ ¨ E2 ¸ ¨E E ¸ 2¹ © 1 § R3 R 4 R5 ¨ R5 ¨ ¨ R4 © R5 R5 R6 R7 (R 6 R 7 ) R4 · § II · ¸ ¨ ¸ (R 6 R 7 ) ¸ ¨ I II ¸ R1 R 2 R 4 R 6 R 7 ¸¹ ¨© I III ¸¹ Wird dieses Beispiel mit Quellspannungen berechnet, dann unterscheidet sich das Gleichungssystem lediglich durch die expliziten Größen bzw. durch die explizite Spaltenmatrix (Begründung siehe Abschnitt 1.6, Gl. (1.37)) § · 0 ¨ ¸ ¨ U q2 ¸ ¨¨ ¸¸ © U q1 U q2 ¹ § R3 R 4 R5 ¨ R5 ¨ ¨ R4 © R5 R5 R6 R7 (R 6 R 7 ) R4 · § II · ¸ ¨ ¸ (R 6 R 7 ) ¸ ¨ I II ¸ R1 R 2 R 4 R 6 R 7 ¸¹ ¨© I III ¸¹ Zur Berechnung der Maschenströme kann die Matrizengleichung mit der inversen Matrix der Verknüpfungsmatrix (Matrix der Widerstände) multipliziert werden. Mit Zahlenwerten wird das Gleichungssystem im Abschnitt 2.3.6.3 mit der Cramerschen Regel und mit Hilfe der inversen Matrix gelöst. 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 101 3. Beispiel: Für die skizzierte Schaltung ist das Gleichungssystem der unabhängigen Maschenströme zu entwickeln. Bild 2.95 Beispiel 3 für das Maschenstromverfahren Lösung: Zuerst muss die Stromquelle Iq2 mit dem Innenwiderstand R2 in eine äquivalente Spannungsquelle umgewandelt werden. Bild 2.96 Zum Beispiel 3 für das Maschenstromverfahren: Umwandlung der Stromquelle Die Parallelschaltung der Widerstände R3 und R4 kann zu einem Widerstand R34 zusammengefasst werden. Es ist einfacher, die Teilströme durch die beiden Widerstände mit Hilfe der Stromteilerregel aus dem Gesamtstrom zu berechnen als ein noch umfangreicheres Gleichungssystem zu lösen. Bild 2.97 Beispiel 3 für das Maschenstromverfahren Uq1 = II(R1 + R7) + IIIR7 0 = IIR7 + III(R34 + R5 + R7)– IIIIR5 + IIVR34 Uq2 = – IIIR5 + IIII(R2 + R5 + R8) + IIVR2 Uq2 = IIIR34 + IIIIR2 + IIV(R2 + R34 + R6) Nachdem die Maschenströme berechnet sind, kann auch der Zweigstrom I2 ermittelt werden: mit I*2 I 2 I q2 ergibt sich mit I2 I*2 I q2 I*2 I III I IV . I III I IV I q2 102 2 Gleichstromtechnik 2.3.5 Netzwerkberechnung nach dem Knotenspannungsverfahren Das Knotenspannungsverfahren basiert auf dem Knotenpunktsatz und dem Ohmschen Gesetz. Dabei wird mit den Spannungen zwischen dem jeweiligen Knotenpunkt und einem mit dem Potential Null festgelegten Knotenpunkt gerechnet. Verbindet eine ideale Spannungsquelle mit Ri = 0 zwei Knotenpunkte, dann wird in einem der beiden Anschlusspunkte der Spannungsquelle das Potential Null angenommen, wodurch das Potential des anderen Knotenpunktes über die Quellspannung bekannt ist. Mit den übrigen Spannungen und den Leitwerten ergeben sich dann die gesuchten Zweigströme. Einströmungen, z. B. Quellströme, lassen sich in den Knotenpunktgleichungen berücksichtigen. Lösungsweg: 1. Kennzeichen der Knotenpunkte von 0 bis k – 1: k0, k1, k2, k3, ... Der Knotenpunkt k0 erhält das Potential Null: M0 = 0. Zwischen den k – 1 Knotenpunkten und dem Knotenpunkt k0 bestehen dann die k – l Spannungen Ui0 : U10 = M1 – M0 = M1 U20 = M2 – M0 = M2 U30 = M3 – M0 = M3 # Uk – 1,0 = Mk – 1 – M0 = Mk – 1. 2. Festlegen der Richtungen der z Zweigströme I1, I2, ... , Iz im Gleichstromnetz Einströmungen (zu- und abfließende Ströme) und Stromquellen (Quellströme) sind vorgegeben. 3. Aufstellen der k – 1 Knotenpunktgleichungen in den Knotenpunkten k1, k2, ... nach der Knotenpunktregel 4. Aufstellen der z Gleichungen für die Zweigströme in Abhängigkeit von den Zweigleitwerten G, den Spannungen Ui0 und den eventuell vorhandenen Quellspannungen Erläuterungsbeispiel: Bild 2.98 Erläuterndes Beispiel zum Knotenspannungsverfahren 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 103 Fließt der Zweigstrom I1 vom Knotenpunkt k2 zum Knotenpunkt k1, dann wird er durch die Spannungsdifferenz U20 – U10 getrieben. Befinden sich zwischen den Knotenpunkten k1 und k2 Quellspannungen, dann sind diese zu der Spannungsdifferenz U20 – U10 zu addieren, wenn die Quellspannungen entgegengesetzt zum Zweigstrom I1 gerichtet sind, und zu subtrahieren, wenn die Quellspannungen gleichgerichtet sind mit dem Zweigstrom I1. Im Beispiel wirkt die Quellspannung Uq1 stromtreibend (entgegengesetzt gerichtet zu I1) und die Quellspannung Uq2 stromhemmend (in gleicher Richtung wie I1). Fließt der Zweigstrom durch mehrere in Reihe geschaltete Widerstände, dann ist deren Leitwert zu ermitteln. Im Beispiel fließt der Zweigstrom I1 durch die beiden Widerstände R1 und R2; der zugehörige Zweigleitwert beträgt G12 = 1/(R1 + R2). weil und I1 = G12 (U20 – U10 + Uq1 – Uq2) I1(R1 + R2) = U20 – U10 + Uq1 – Uq2 U20 – U10 = – Uq1 + Uq2 + I1(R1 + R2). Wird mit EMK Ei gerechnet, dann sind zu der Spannungsdifferenz die EMK zu addieren, wenn sie gleichgerichtet sind mit I1, und zu subtrahieren, wenn sie entgegengesetzt zu I1 sind: weil I1 = G12 (U20 – U10 + E1 – E2) E1 – E2 = I1(R1 + R2) – (U20 – U10). Für die übrigen k – l Zweigströme werden auf die gleiche Weise die Gleichungen ermittelt. 5. Einsetzen der Gleichungen für die Zweigströme in die Knotenpunktgleichungen und Ordnen des Gleichungssystems Durch das Einsetzen der unter 4. entwickelten Gleichungen in die unter 3. aufgestellten Knotenpunktgleichungen entsteht ein Gleichungssystem mit bekannten Leitwerten, gegebenen Quellspannungen und unbekannten Spannungen Ui0 6. Lösen des Gleichungssystems nach den unbekannten Spannungen Ui0 und Berechnen der gesuchten Zweigströme I1, I2, ... , Iz (Eliminationsverfahren, Cramersche Regel, Matrizenrechnung, Gaußscher Algorithmus im Abschnitt 2.3.6.3). 1. Beispiel: Das Gleichstromnetz mit zwei Spannungsquellen, das viermal mit verschiedenen Netzberechnungsverfahren jeweils als Beispiel 1 behandelt wurde, soll auch mit Hilfe des Knotenspannungsverfahrens berechnet werden, um Vergleiche der Verfahren zu ermöglichen. Gegeben ist die skizzierte Schaltung, in der der Strom I5 durch den Widerstand R5 zu ermitteln ist. Bild 2.99 Beispiel 1 für das Knotenspannungsverfahren Bild 2.100 Zum Beispiel 1 für das Knotenspannungsverfahren 104 2 Gleichstromtechnik Lösung (siehe Bild 2.100): Anzahl der Knotenpunkte: k = 2 Knotenpunktgleichung für k1: 0 = I1 – I3 – I5 Gleichungen für die Zweigströme: I1 = G12 (U10 – 0 + Uq1) I3 = G3 (0 – U10 + Uq2) I5 = G45 (0 – U10) eingesetzt in die Knotenpunktgleichung: 0 = G12U10 + G12Uq1 + G3U10 – G3Uq2 + G45U10 und nach der unbekannten Spannung U10 aufgelöst: U10 G12 U q1 G 3 U q2 G12 G 3 G 45 . Damit ergibt sich der gesuchte Strom I5 mit G12 I5 I5 G 45 U10 1 , R1 R 2 G12 U q1 G 3 U q2 G12 G 3 G 45 G3 1 R3 G 45 und U q2 · § U q1 1 ¨ ¸ ¨R R R ¸R R 2 3 ¹ 4 5 © 1 1 1 1 R1 R 2 R 3 R 4 R 5 1 R 4 R5 G 45 U q1R 3 U q2 (R1 R 2 ) 1 (R1 R 2 )R 3 R 4 R5 R 3 (R 4 R 5 ) (R1 R 2 )(R 4 R 5 ) (R1 R 2 )R 3 (R1 R 2 )R 3 (R 4 R 5 ) U q1R 3 U q2 (R1 R 2 ) (R1 R 2 )(R 3 R 4 R 5 ) R 3 (R 4 R 5 ) (vgl. mit Gl. (2.165)). 2. Beispiel: Für das skizzierte Schaltbild ist das Gleichungssystem für die Spannungen U10, U20, U30 nach dem Knotenspannungsverfahren zu entwickeln. Dabei sind Ia, Ib, Ic und I0 Einströmungen. Bild 2.101 Beispiel 2 für das Knotenspannungsverfahren Bild 2.102 Zum Beispiel 2 für das Knotenspannungsverfahren 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 105 Lösung (siehe Bild 2.102): Knotenpunktgleichungen: k1: 0 = Ia – I1 – I2 – I6 k2: 0 = – Ib + I1 + I3 + I4 k3: 0 = – Ic + I2 – I3 + I5 Der Strom Io ist durch die Ströme Ia, Ib und Ic gemäß des 1. Kirchhoffschen Satzes in allgemeiner Form (s Abschnitt 2.3.1, Beispiel 3) gegeben und wird deshalb durch die Netzberechnung nicht erfasst: Io = Ia – Ib – Ic. Gleichungen für die Zweigströme: I1 = G1(U20 – U10 + Uq1) = G1U20 – G1U10 + G1Uq1 I2 = G2(U30 – U10 + Uq2) = G2U30 – G2U10 + G2Uq2 I3 = G3(U20 – U30 + Uq3) = G3U20 – G3U30 + G3Uq3 I4 = G4(U20 – 0) = G4U20 I5 = G5(U30 – 0) = G5U30 I6 = G6(0 – U10) = – G6U10 eingesetzt in die Knotenpunktgleichungen: k1: k2: k3: 0 = Ia – G1U20 + G1U10 – G1Uq1 – G2U30 + G2U10 – G2Uq2 + G6U10 0 = – Ib + G1U20 – G1U10 + G1Uq1 + G3U20 – G3U30 + G3Uq3 + G4U20 0 = – Ic + G2U30 – G2U10 + G2Uq2 – G3U20 + G3U30 – G3Uq3 + G5U30 nach den unbekannten Spannungen Ui0 geordnetes Gleichungssystem: – Ia + G1Uq1 + G2Uq2 = U10(G1 + G2 + G6) + U20(– G1) + U30(– G2) + U20(G1 + G3 + G4) + U30(– G3) Ib – G1Uq1 – G3Uq3 = U10(– G1) + U20(– G3) + U30(G2 + G3 + G5) Ic – G2Uq2 + G3Uq3 = U10(– G2) geordnetes Gleichungssystem in Matrizenschreibweise: §I G U G U · 1 q1 2 q2 ¨ a ¸ ¨ I b G 1U q1 G 3 U q3 ¸ ¨ I G U G U ¸ 2 q2 3 q3 ¹ © c · §U10 · ¸ ¨ ¸ G 3 ¸ ¨U 20 ¸ ¸ ¨ ¸ G 2 G 3 G 5 ¹ ©U 30 ¹ Wird das Beispiel mit EMK E berechnet, dann unterscheidet sich das Gleichungssystem lediglich durch die expliziten Größen bzw. durch die explizite Spaltenmatrix: Uq1 E1 und Uq2 E2. Das Gleichungssystem lässt sich mit allgemeinen Größen mit Hilfe des Eliminationsverfahrens nach den unbekannten Spannungen U10, U20 und U30 auflösen. Aus den Spannungen können dann die Zweigströme errechnet werden. Sind für die Spannungsquellen, Einströmungen und Widerstände Zahlenwerte gegeben, lassen sich die Elemente der linken Spaltenmatrix und die Elemente der quadratischen Verknüpfungsmatrix berechnen. Anschließend können die unbekannten Spannungen mit Hilfe der Regeln für die Matrizenrechnung ermittelt werden. Im Abschnitt 2.3.6.3 sind für dieses Beispiel Zahlenwerte gewählt und die Spannungen berechnet worden. Bei der Berechnung von größeren Netzen sollten Rechner zu Hilfe genommen werden. Die Rechenprogramme basieren nicht auf der Matrizenrechnung, sondern enthalten häufig den Gaußschen Algorithmus. Dieses Beispiel ist im Abschnitt 2.3.6.3 ebenfalls mit Hilfe des Gaußschen Algorithmus durchgerechnet worden. §G 1 G 2 G 6 G 1 ¨ G 1 G1 G 3 G 4 ¨ ¨ G 2 G 3 © G 2 106 2 Gleichstromtechnik 3. Beispiel: Für die skizzierte Schaltung ist das Gleichungssystem für die Spannungen Ui0 aufzustellen. Bild 2.103 Beispiel 3 für das Knotenspannungsverfahren Lösung: Bild 2.104 Beispiel 3 für das Knotenspannungsverfahren Knotenpunktgleichungen: k1: 0 = I1 – I2 – I4 k2: 0 = I2 – I3 – I5 k3: Iq = I4 + I5 – I6 Gleichungen für die Zweigströme: I1 = G1(0 – U10 + Uq) = – G1U10 + G1Uq I2 = G2(U10 – U20) = G2U10 – G2U20 I3 = G3(U20 – 0) = G3U20 I4 = G4(U10 – U30) = G4U10 – G4U30 I5 = G5(U20 – U30) = G5U20 – G5U30 I6 = G6(U30 – 0) = G6U30 eingesetzt in die Knotenpunktgleichungen: – G1Uq = – G1U10 – G2U10 + G2U20 – G4U10 + G4U30 0 = G2U10 – G2U20 – G3U20 – G5U20 + G5U30 Iq = G4U10 – G4U30 + G5U20 – G5U30 – G6U30 nach den unbekannten Spannungen Ui0 geordnetes Gleichungssystem: + G2U20 + G4U30 – G1Uq = – (G1 + G2 + G4)U10 0 = G2U10 – (G2 + G3 + G5)U20 + G5U30 G4U10 + G5U20 – (G4 + G5 + G6)U30 Iq = geordnetes Gleichungssystem in Matrizenschreibweise: §G U · §(G G G ) · §U10 · G2 G4 2 4 ¨ 1 q1 ¸ ¨ 1 ¸ ¨ ¸ 0 G (G G G ) G ¨ ¸ ¨ 2 2 3 5 5 ¸ ¨U 20 ¸ ¸ ¨ ¨ ¸ ¨ I ¸ G4 G5 (G 4 G 5 G 6 )¹ ©U 30 ¹ © q ¹ © 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 107 4. Beispiel: Im skizzierten Schaltbild ist die Spannungsquelle ideal angenommen, d. h., der Zweigwiderstand ist Null. Das Gleichungssystem für die Spannungen U20 und U30 ist aufzustellen; U10 = Uq ist bekannt. Bild 2.105 Beispiel 4 für das Knotenspannungsverfahren Bild 2.106 Zum Beispiel 4 für das Knotenspannungsverfahren Lösung (siehe Bild 2.106): Knotenpunktgleichungen: Die Knotenpunktgleichung für den Knotenpunkt k1 entfällt, weil die Spannungsquelle einen Kurzschluss der beiden Knotenpunkte k0 und k1 bedeutet. Für den Strom I1 braucht dann die Gleichung nicht aufgestellt zu werden. k2: 0 = I2 – I3 – I5 k3: 0 = I4 + I5 – I6 Gleichungen für die Zweigströme: I2 = G2(U10 – U20) = G2Uq – G2U20 I3 = G3(U20 – 0) = G3U20 I4 = G4(U10 – U30) = G4Uq – G4U30 I5 = G5(U20 – U30) = G5U20 – G5U30 I6 = G6(U30 – 0) = G6U30 eingesetzt in die Knotenpunktgleichungen: 0 = G2Uq – G2U20 – G3U20 – G5U20 + G5U30 0 = G4Uq – G4U30 + G5U20 – G5U30 – G6U30 nach den unbekannten Spannungen Ui0 geordnetes Gleichungssystem: – G5U30 G2Uq = (G2 + G3 + G5)U20 – G5U20 + (G4 + G5 + G6) U30 G4Uq = Mit Hilfe des Eliminationsverfahrens lassen sich die beiden Spannungen U10 und U20 einfach berechnen. Aus den Spannungen ergeben sich dann die gesuchten Zweigströme. Das Knotenspannungsverfahren eignet sich auch für die Berechnung von stationären Temperaturfeldern. Nachdem das Feld in geeignete Volumenelemente aufgeteilt wurde, kann ein Ersatznetzwerk mit Knotenpunkten, Wärmeleitwerten und Einströmungen entwickelt werden. Für die gesuchten Wärmepotentiale, den Temperaturen, lässt sich ein entsprechendes Gleichungssystem aufstellen und mit Hilfe von Rechnern lösen. Anwendungsbeispiel: Temperaturfeld von Hochspannungssicherungen [22]. 108 2 Gleichstromtechnik 2.3.6 Matrizen und Determinanten und ihre Anwendung bei der Netzwerkberechnung Bei drei Verfahren der Netzberechnung (Zweigstromanalyse, Maschenstromverfahren und Knotenspannungsverfahren) entstehen Gleichungssysteme, die nach den gesuchten Strömen oder Spannungen aufgelöst werden müssen. Für kleine Netze entstehen nur wenige Gleichungen, die mit dem Eliminationsverfahren oder dem Einsetzverfahren – wie gezeigt – behandelt werden können. Bei größeren Netzen ist das entsprechende Gleichungssystem so umfangreich, dass für die Lösung Rechner zu Hilfe genommen werden müssen. Ein Anwendungsbeispiel ist die Berechnung von elektrischen inhomogenen Strömungsfeldern (Abschnitt 3.2), z. B. von Schaltkontakten, von Erdern oder von Schmelzleitern in Sicherungen. Der elektrische Leiter kann in Volumenelemente aufgeteilt werden, denen jeweils ein elektrisches Potential zugeordnet wird. Zwischen den Volumenelementen werden homogene oder symmetrische Strömungen angenommen, denen einfach berechenbare Widerstände oder Leitwerte zugeordnet werden können. Es entsteht also ein Gleichstromnetzwerk, das mit den behandelten Verfahren berechnet werden kann. Wie umfangreich das Gleichungssystem wird, hängt von der Anzahl der Volumenelemente ab. Selbst bei großzügiger Aufteilung von 10 mal 10 mal 10 Volumenelementen in den drei räumlichen Dimensionen enthält das Gleichungssystem 1 000 Gleichungen mit 1 000 unbekannten Größen. Steht dem Benutzer ein Lösungsprogramm für Gleichungssysteme zur Verfügung, sollte ihm für die Eingabe der Systemdaten die Matrizenrechnung bekannt sein. Für die Erstellung eines Programms muss der Benutzer wissen, welches der Verfahren für eine Programmierung geeignet ist. Um einen Zugang zu den Lösungsverfahren zu bekommen, sind mathematische Kenntnisse nötig, die im Folgenden dargestellt werden sollen. Gleichzeitig werden die Voraussetzungen für die Vierpoltheorie im Band 3, Kapitel 10 geschaffen, die ohne Matrizenrechnung nicht einfach zu behandeln ist. 2.3.6.1 Matrizen Definition einer Matrix: Eine Matrix ist ein rechteckiges, nach m Zeilen und n Spalten geordnetes Schema von n m Elementen, die Größen oder Zahlen sein können. Dabei bestimmen die Anzahl der Zeilen und die Anzahl der Spalten den Typ der Matrix: Matrix vom Typ (m, n) oder eine (m, n)-Matrix: ªa11 « «a 21 «a 31 « a 41 A « « # « «a i1 « # «a ¬ m1 a12 a 22 a 32 a 42 # a i2 a13 a 23 a 33 a 43 # a i3 a14 a 24 a 34 a 44 # a i4 a15 a 25 a 35 a 45 # a i5 # a m2 # a m3 # a m4 # a m5 ! ! ! ! ! a1k a 2k a 3k a 4k # a ik ! # a mk ! ! ! ! ! ! a1n º » a 2n » a 3n » » a 4n » # » » a in » # » a mn » ¼ (2.166) 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 109 Matrizen mit einer Zeile, also vom Typ (1, n), werden Zeilenmatrix oder Zeilenvektoren genannt: A = (a1, a2, a3, ... ,an). (2.167) Matrizen mit einer Spalte, also vom Typ (m, 1), heißen Spaltenmatrix oder Spaltenvektor: A ª a1 º «a » « 2» « a3 » « » « # » «a m » ¬ ¼ (2.168) Beispiel: Spaltenmatrix der Quellströme und Quellspannungen im Gleichungssystem bei der Netzberechnung mit Hilfe der Kirchhoffschen Sätze oder die Spaltenmatrix der Zweigströme (Abschnitt 2.3.1.2. Beispiel). Matrizen, bei denen die Anzahl m der Zeilen gleich der Anzahl n der Spalten ist, heißen quadratische Matrizen. Sie werden Matrizen n-ter Ordnung genannt. Beispiel: Verknüpfungsmatrix im Gleichungssystem bei der Netzwerkberechnung nach dem Maschenstromverfahren oder nach dem Knotenspannungsverfahren (Abschnitt 2.3.4 und Abschnitt 2.3.5). Besondere quadratische Matrizen sind die Diagonalmatrix, bei der alle Elemente außerhalb der Hauptdiagonalen Null sind, D § d1 0 ¨ ¨ 0 d2 ¨0 0 © 0· ¸ 0¸ d 3 ¸¹ für n = 3, (2.169) die Einheitsmatrix E, bei der alle Elemente der Hauptdiagonalen Eins und alle restlichen Elemente Null betragen und die symmetrische Matrix, bei der alle Elemente an der Hauptdiagonalen gespiegelt sind, A § 6 3 0· ¸ ¨ ¨ 3 4 2¸ ¨ 0 2 0¸ ¹ © für n = 3. (2.170) 110 2 Gleichstromtechnik Matrizen sind rechteckige Anordnungen von Größen oder Zahlen, bei denen die Art und der Platz innerhalb der Matrix entscheidend sind. Sie stellen außerdem keine Zahlenwerte dar. Deshalb können die bei Größen und Zahlen angewendeten Rechenoperationen nicht einfach auf Matrizen übertragen werden. Die Relationen und Operationen mit Matrizen müssen sinnvoll definiert werden. Eine Addition, Subtraktion und Multiplikation kann definiert werden, eine Division von Matrizen aber nicht. Gleichheit zweier Matrizen: Zwei Matrizen sind nur dann gleich, wenn sie vom gleichen Typ sind und wenn sie in allen ihren entsprechenden Elementen übereinstimmen: A=B (aik) = (bik). oder (2.171) Addition und Subtraktion von Matrizen: Matrizen werden addiert oder subtrahiert, indem die einander entsprechenden Elemente addiert oder subtrahiert werden. Es können also nur Matrizen vom gleichen Typ addiert oder subtrahiert werden. Beispiel: §a11 a12 · A ¨ ¸, ©a 21 a 22 ¹ §b11 b12 · B ¨ ¸, ©b 21 b 22 ¹ §a11 r b11 A r B ¨ ©a 21 r b 21 a12 r b12 · ¸ a 22 r b 22 ¹ (2.172) Für die Addition von Matrizen gelten außerdem folgende Regeln: A + B = B + A, A + B + C = (A + B) + C = A + (B + C). (2.173) Multiplikation einer Matrix mit einem Faktor k: In Übereinstimmung mit der Definition der Addition von Matrizen wird eine Matrix mit einem reellen Faktor k multipliziert, indem jedes Element der Matrix mit k multipliziert wird. Beispiel: kA § a11 a12 · k ¨ ¸ © a 21 a 22 ¹ § k a11 ¨ © k a 21 k a12 · ¸ k a 22 ¹ (2.174) Umgekehrt gilt selbstverständlich: Haben alle Elemente einer Matrix einen gemeinsamen reellen Faktor k, so kann dieser vor die Matrix gestellt werden. 1 sein. Erweiterung: Der Faktor k kann auch die imaginäre Einheit j Sind die Elemente einer Matrix komplex, dann kann die Matrix in zwei reelle Matrizen überführt werden. Beispiel: Zerlegung einer Vierpol-Koeffizientenmatrix (siehe Band 3, Abschnitt 10.5) § y11 ¨¨ © y 21 y12 · ¸ y 22 ¸¹ § g11 jb11 g12 jb12 · ¨¨ ¸¸ © g 21 jb 21 g 22 jb 22 ¹ b12 · § g11 g12 · §b ¨¨ ¸¸ j ¨¨ 11 ¸¸ g g b b 22 ¹ 22 ¹ © 21 © 21 (2.175) 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 111 Multiplikation zweier Matrizen: Das Produkt einer (m, n)-Matrix A mit einer (n, p)-Matrix B in der Reihenfolge A B ist gleich eine (m, p)-Matrix C = A B. Die Elemente cik ergeben sich aus dem Skalarprodukt der i-ten Zeile des ersten Faktors A und der k-ten Spalte des zweiten Faktors B. Erläuterung: Aus zwei Matrizen lässt sich nur dann die Produktmatrix bilden, wenn die Spaltenzahl n des ersten Faktors gleich der Zeilenzahl des zweiten Faktors ist. Die beiden Matrizen sind dann verkettbar: (m, n) (n, p) = (m, p). Die Reihenfolge der Faktoren darf also bei der Matrizenmultiplikation nicht vertauscht werden, weil die Matrizen entweder nicht verkettbar sind oder sich bei quadratischen Matrizen unterschiedliche Elemente ergeben. Die Bildung der Produktmatrix soll mit n = 3 erklärt werden. Aus der Vektorrechnung ist bekannt, dass aus zwei Vektoren ein Skalarprodukt gebildet werden kann. Es bedeutet in Komponentenschreibweise: mit §a x · ¨ ¸ ¨a y ¸, ¨ ¸ ©a z ¹ G G G G a ax e x ay e y azez ergibt sich G G ab G G G G b bx ex by e y bzez §b x · ¨ ¸ ¨b y ¸, ¨ ¸ ©b z ¹ a x b x a y b y a z bz . Zunächst werden die beiden Matrizen im Falkschen Schema angeordnet, wobei der erste Faktor A unten links und der zweite Faktor B oben rechts steht. Man stelle sich dann vor, dass in G der i-ten Zeile der Matrix A die Komponenten des Vektors a und in der k-ten Spalte der G Matrix B die Komponenten des Vektors b stehen, dann ergibt sich im Kreuzungspunkt der i-ten Zeile und k-ten Spalte das oben angegebene Skalarprodukt cik = axbx + ayby + azbz. n 3 1. 1. 2. 2. 3. B k. Spalte bx by bz AB A # i. Zeile ax ay az ! cik Auf diese Weise kann das Skalarprodukt auch für beliebig große n gebildet werden, indem jede Zeile des ersten Faktors A und jede Spalte des zweiten Faktors B jeweils als Vektor mit n Komponenten angenommen wird. In jedem Kreuzungspunkt erscheint dann das Skalarprodukt. 112 2 Gleichstromtechnik Beispiele: 1. Zwei Zahlenbeispiele: 0 3 B A 0 4 –1 0 3 –2 1 –2 B 1 0 4 –2 5 9 –8 –4 8 15 –6 A 2 –1 0 3 1 0 1 1 0 1 2 –1 C=AB 1 2 0 –1 3 0 4 –2 9 3 2 –7 2 1 C=AB 2. Multiplikation zweier quadratischer Matrizen 2. Ordnung: A a11 a21 b12 b22 b11 b21 B a12 a22 a11b11 + a12b21 a21b11 + a22b21 a11b12 + a12b22 a21b12 + a22b22 3. Multiplikation einer quadratischen Matrix mit einer Spaltenmatrix: X A a11 a21 a12 a22 x1 x2 a11x1 + a12x2 a21x1 + a22x2 Y=AX = y1 = y2 Bei der Multiplikation einer quadratischen Matrix 2. Ordnung mit einer Spaltenmatrix des Typs (2,1) im Beispiel 3 ist die Produktmatrix A X eine Spaltenmatrix des Typs (2,1), denn die Zeilenzahl der quadratischen Matrix A und die Spaltenzahl der Spaltenmatrix X bestimmt den Typ der Produktmatrix. Damit kann der Inhalt der Produktmatrix dem Inhalt einer Spaltenmatrix Y gleichgesetzt werden. Die Matrizenschreibweise Y = A X mit § y1 · ¨¨ ¸¸ © y2 ¹ § a11 a12 · § x1 · ¨¨ ¸¸ ¨¨ ¸¸ © a 21 a 22 ¹ © x 2 ¹ bedeutet also eine andere übersichtliche Schreibweise für das Gleichungssystem y1 = a11x1 + a12x2 y2 = a21x1 + a22x2 (2.176) 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 113 Auf die gleiche Weise können lineare Gleichungssysteme mit mehr als zwei Gleichungen in Matrizenschreibweise übersichtlich geschrieben werden. Damit ist auch erklärt, warum bei der Behandlung der Netzwerks-Berechnung in den Abschnitten 2.3.1, 2.3.4 und 2.3.5 die Gleichungssysteme in Matrizenschreibweise angegeben werden durften. Bei der Behandlung der Vierpoltheorie im Band 3, Kapitel 10 werden die Vierpolgleichungen ebenfalls in Matrizenschreibweise überführt, damit die Zusammenschaltung von Vierpolen einfacher behandelt werden kann. Multiplikation von mehr als zwei Matrizen und weitere Rechenregeln Die Multiplikation von mehr als zwei Matrizen lässt sich auf die Multiplikation von zwei Matrizen zurückführen: Assoziativgesetz: A B C = (A B) C = A (B C). (2.177) Sind die Addition und Multiplikation von Matrizen - wie bei der Vierpoltheorie - erforderlich, dann gelten zwei Regeln: Distributivgesetze: (A + B) C = A C + B C (2.178) C (A + B) = C A + C B. (2.179) Die beiden Regeln des Distributivgesetzes dürfen nicht zusammengefasst werden, weil die Faktoren bei der Matrizenmultiplikation nicht vertauscht werden dürfen. Inverse Matrix oder reziproke Matrix oder Kehrmatrix Die inverse Matrix A–1 kann aus einer Matrix A entwickelt werden, wenn die Matrix A quadratisch und ihre zugehörige Determinante det A ungleich Null ist. Ehe die inverse Matrix behandelt werden kann, müssen die Gesetze über die Bildung von Determinanten bekannt sein. Die inverse Matrix A–1 ist die Matrix, mit der die ursprüngliche Matrix A von rechts oder von links multipliziert die Einheitsmatrix E (Diagonalmatrix) ergibt: A A–1 = A–1 A = E. (2.180) 114 2 Gleichstromtechnik 2.3.6.2 Determinanten und Bilden der inversen Matrix Definition einer Determinante Zu jeder quadratischen Matrix A existiert die zugehörige Determinante det A, die aus den Elementen nach folgender Rechenvorschrift eine Größe oder eine Zahl ergibt: a11 a12 a13 a14 " a1n a 21 a 22 a 23 a 24 " a 2n a 31 a 32 a 33 a 34 " a 3n a 41 a 42 a 43 a 44 " a 4n # # # # a n1 a n2 a n3 a n4 det A ¦ a PQ APQ det A (2.181) # " a nn n . (2.182) Q 1 Die obige Gleichung bedeutet die Entwicklung der Determinante nach der P-ten Zeile. Dabei ist APQ die sogenannte Adjunkte, die gleich der mit (– 1) P+Q vorzeichenbehafteten Unterdeterminante des Elementes aPQ ist. Diese ergibt sich durch Streichen derjenigen Zeile und Spalte von det A, denen das Element aPQ angehört. Es ist zweckmäßig, eine Determinante nach der ersten Zeile, also mit P = 1, zu entwickeln. Beispiele: 1. Berechnung einer Determinante 2. Ordnung: det A = a11 a12 a 21 a 22 2 ¦a 1v mit A11 = (– 1)1+1 a22 = a22 det A = a11 a12 a 22 a 21 A1v a11 A11 a12 A12 v 1 und A12 (– 1)1+2 a21 = – a21 a11 a 22 a12 a 21 (2.183) 2. Berechnung einer Determinante 3. Ordnung a11 det A a12 a13 a 21 a 22 a 31 a 32 a 23 a 33 3 ¦ a1v A1v a11 A11 a12 A12 a13 A13 v 1 mit A11 ( 1)11 A12 A13 a 22 a 32 ( 1)1 2 a 23 a 33 a 22a 33 a 23a 32 a 21 a 23 a 31 a 33 ( 1)1 3 a 21 a 31 a 22 a 32 (a 21a 33 a 23a 31 ) a 21a 32 a 22 a 31 det A = a11a 22 a 33 a11a 23 a 32 + a12 a 23 a 31 a12 a 21a 33 + a13 a 21a 32 a13 a 22 a 31 (2.184) 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 115 Die folgenden Rechenregeln für die Zeilen von Determinanten gelten entsprechend für die Spalten: 1. Eine Determinante ist gleich Null, wenn eine Zeile aus lauter Nullen besteht oder zwei Zeilen einander gleich sind oder zwei Zeilen einander proportional sind. 2. Eine Determinante ändert ihren Wert nicht, wenn die Zeilen mit den Spalten vertauscht werden oder zu irgendeiner Zeile eine andere Zeile addiert bzw. subtrahiert wird oder zu irgendeiner Zeile ein Vielfaches einer anderen Zeile addiert bzw. subtrahiert wird. 3. Bei Vertauschen zweier Zeilen ändert sich das Vorzeichen der Determinante. 4. Eine Determinante wird mit einer Zahl k multipliziert, indem die Elemente einer einzigen Zeile mit k multipliziert werden. 5. Die Multiplikation zweier Determinanten wird auf die Multiplikation ihrer zugehörigen Matrizen zurückgeführt: (det A) (det B) = det (A B) = det (B A). (2.185) Beispiele zu den Rechenregeln für Determinanten: Zu 1: 1 2 3 1 2 3 0 0 0 Zu 2: Zu 3: Zu 4: 0 1 2 3 1 2 3 =0 4 5 6 4 2 4 5 6 6 0 7 8 9 3 4 5 3 2 1 2 5 5 = 4 5 0 =9 1 0 2 5 5 2 3 4 3 4 5 2 5 5 =9 1 0 2 3 4 5 3 4 5 2 5 5= 2 5 5=9 1 0 2 3 5 7 5 1 0 2 9 2 5 5 3 4 5 9 4 5 3 2 5 5 = 6 5 5 = 27 1 0 2 3 0 2 Zu 5: 2 det A det B 3 0 1 1 0 2 1 0 2 2 2 3 1 1 1 0 AB 2 1 –3 3 1 –1 2 –1 3 1 1 2 –1 0 2 0 –2 3 1 9 –1 0 6 0 2 4 0 8 det (AB) = 48 – 8 = 40 (20) (2) 40 BA 1 2 –1 0 2 0 –2 3 1 2 1 –3 8 –3 –5 det (BA) = – 16 + 5 + 51 = 40 3 0 1 1 9 –2 –1 2 –1 1 –1 0 116 2 Gleichstromtechnik Bilden der inversen Matrix Bildungsvorschrift: A 1 1 A det A ad ª A11 « « A12 1 «« A13 det A « A14 « # « «¬ A1n A 21 A31 A 41 " A 22 A 23 A 24 # A32 A33 A34 # A 42 A 43 A 44 # " " " A 2n A3n A 4n " A n1 º » A n2 » A n3 » » A n4 » # » » A nn »¼ (2.186) 1. Überprüfung der Umkehrbarkeit der gegebenen Matrix A: 1.1 Matrix quadratisch? 1.2 det A ungleich Null? 2. Aufstellen der adjungierten Matrix Aad der Matrix A: 2.1 Bilden der Adjunkten APQ, das ist die mit dem Vorzeichenfaktor (– 1)P+Q multiplizierte Unterdeterminante des Elements aPQ, die sich durch Streichen derjenigen Zeile und Spalte von det A ergibt, denen aPQ angehört. 2.2 Zusammenfassen der Adjunkten zu einer Matrix, indem die Zeilen mit den entsprechenden Spalten vertauscht werden. Es ergibt sich die gestürzte Matrix der Adjunkten. 3. Division der adjungierten Matrix Aad durch det A. 1. Beispiel: § a11 a12 · Bilden der inversen Matrix A–1 der Matrix A = ¨ ¸ (Matrix 2. Ordnung): © a 21 a 22 ¹ Zu 1. Die Matrix ist quadratisch und die zugehörige Determinante det A soll ungleich Null sein mit det A = a11a22 – a12a21. Zu 2. A11 = (– 1)1 + 1 a22 = + a22 A12 = (–1)1 + 2 a21 = – a21 A ad Zu 3. A 1 § A11 ¨¨ © A12 A 21 · ¸ A 22 ¸¹ A21 = (– 1)2 + 1 a12 = – a12 A22 = (– 1)2 + 2 a11 = + a11 § a 22 a12 · ¨¨ ¸¸ © a 21 a11 ¹ § a 22 1 a11a 22 a12 a 21 ¨© a 21 a12 · ¸ a11 ¹ (2.187) 2. Beispiel: § a11 a12 a13 · ¨ ¸ Bilden der inversen Matrix A–1 der Matrix A = ¨ a 21 a 22 a 23 ¸ (Matrix 3. Ordnung): ¨a ¸ © 31 a 32 a 33 ¹ Zu 1. Die Matrix ist quadratisch und die zugehörige Determinante det A soll ungleich Null sein (siehe Gl. (2.184)). Zu 2. A11 (1)11 a 22 a 32 a 23 a 33 A12 (1)12 a 21 a 23 a 31 a 33 a 22a 33 a 23a 32 (a 21a 33 a 23a 31 ) 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung a 31 a 22 a 32 a 21a 32 a 22 a 31 (1) 2 1 a12 a 32 a13 a 33 (a12 a 33 a13a 32 ) A 22 (1) 2 2 a11 a13 a 31 a 33 a11a 33 a13a 31 A 23 (1) 2 3 a11 a12 a 31 a 32 (a11a 32 a12 a 31 ) A 31 (1) 3 1 a12 a 22 a12 a 23 a13a 22 A 32 (1)32 a11 a13 a 21 a 23 (a11a 23 a13a 21 ) A 33 (1)33 a11 a12 a 21 a 22 a11a 22 a12 a 21 A13 (1)13 A 21 A ad Zu 3. a 21 117 A 1 § A11 ¨ ¨ A12 ¨A © 13 A 21 A 22 A 23 § A11 1 ¨ ¨ A12 det A ¨ © A13 a13 a 23 A 31 · ¸ A 32 ¸ A 33 ¸¹ A 21 A 22 A 23 A 31 · ¸ A 32 ¸ A 33 ¸¹ (2.188) 3. Beispiel: Bilden der inversen Matrix A–1 der Matrix A § 2 1 0· ¨ ¸ ¨ 0 1 2¸ : ¨3 0 1¸ © ¹ Zu 1. Die Matrix ist quadratisch und hat den Wert det A = 2 1 – 1 (– 6) = 8, das ist ungleich Null. Zu 2. A11 A12 A13 A ad Zu 3. 1 2 0 1 0 2 3 1 0 1 3 0 1 A 21 6 A 22 3 A 23 § 1 1 2 · ¨ ¸ 2 4¸ ¨ 6 ¨ 3 3 2 ¸¹ © § 1/8 1 / 8 1 / 4 · ¨ ¸ A 1 ¨ 3 / 4 1/ 4 1/ 2¸ ¨ 3 / 8 3 / 8 1/ 4 ¸ © ¹ 1 0 0 1 2 0 3 1 2 1 3 0 1 A31 2 A32 3 A33 1 0 1 2 2 0 0 2 2 1 0 1 2 4 2 118 2 Gleichstromtechnik 2.3.6.3 Lösung der Netzberechnungs-Gleichungssysteme Cramersche Regel: Das Gleichungssystem mit n Gleichungen und n Variablen ist geordnet, so dass die gesuchten Ströme bzw. Spannungen untereinander stehen. Die Koeffizienten der Variablen lassen sich in einer quadratischen Matrix zusammenfassen, aus der eine Determinante D entwickelt und berechnet werden kann. Anschließend wird eine zweite Determinante DQ mit Q = 1, 2, 3, ... , n aus der Determinante D abgeleitet, indem diejenige Spalte durch die von den Variablen unabhängigen Größen (links vom Gleichheitszeichen bzw. die gegebene Spaltenmatrix) ersetzt wird, die zu der gesuchten Variablen gehört. Die gesuchte Variable ergibt sich schließlich aus dem Quotienten beider Determinanten nach der Cramerschen Regel: DQ IQ bzw. D (für Zweigstromanalyse und Maschenstromverfahren) UQ0 DQ D (für Knotenspannungsverfahren) Beispiel 1: Zum 1. Beispiel der Netzberechnung mit Hilfe der Kirchhoffschen Sätze im Abschnitt 2.3.1 (S. 81): D 1 R1 R 2 R1 R 2 1 1 R3 0 0 R 4 R5 D5 1 R1 R 2 R1 R 2 1 0 R 3 U q1 U q2 0 U q1 R 3 (R 4 R 5 ) (R1 R 2 )(R 4 R 5 ) R 3 (R1 R 2 ) R 3 U q1 (R1 R 2 )U q1 (R1 R 2 )(U q1 U q2 ) D5 = R3Uq1 – (R1 + R2) Uq2 I5 D5 D U q1R 3 U q2 (R1 R 2 ) (R1 R 2 )(R 3 R 4 R 5 ) R 3 ( R 4 R 5 ) (vgl. Gl. (2.165)) Beispiel 2: Zum 2. Beispiel der Netzberechnung nach dem Maschenstromverfahren im Abschnitt 2.3.4 (S. 100) mit folgenden Zahlenwerten: Uq1 = 10V bzw. E1 = 10V, Uq2 = 12V bzw. E2 = 12V, R1 = 2:, R2 = 4:, R3 = 12:, R4 = 2:, R5 = 16:, R6 = 3:, R7 = 5: Gleichungssystem in Matrizenschreibweise: § 0 V· ¨ ¸ ¨ 12 V ¸ ¨ 2 V¸ © ¹ § 30 : 16 : 2 : · § I I · ¨ ¸ ¨ ¸ 24 : 8 : ¸ ¨ I II ¸ ¨ 16 : ¨ 2 : 8 : 16 : ¸ ¨ I ¸ © ¹ © III ¹ 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 119 Determinante der Verknüpfungsmatrix: 30 : 16 : 2 : D 16 : 24 : 8 : 2 : 8 : 16 : 30 : 24 : 8 : 8 : 16 : 16 : 16 : 8 : 2 : 16 : 2 : 16 : 24 : 2 : 8 : D = 30: [24: 16: – (– 8:)(– 8:)] + 16: [(– 16:) 16: – (– 2:)(– 8:)] – 2: [(– 16:)(–8:) – (– 2:) 24:] = 9 600:3 – 4 352:3 – 352:3 3 D = 4 896: ersetzte Spalte 0 V 16 : 2 : DI 12 V 24 : 8 : 2 V 8 : 16 : 0 V 24 : 8 : 8 : 16 : 16 : 12 V 8 : 2 V 16 : 2 : 12 V 24 : 2 V 8 : DI = 0 V :2 + 16 : [12 V 16 : – (– 2 V)(– 8 :)] – 2 : [12 V (– 8 :) – (– 2 V) 24 :] DI = 0 V :2 + 2 816 V :2 + 96 V :2 DI = 2 912 V :2 II DI D 2 912 V : 2 4 896 :3 0,595 A, entsprechend ergeben sich die beiden anderen Maschenströme: III = 1,055 A, IIII = 0,477 A. Der Rechenaufwand bei der Auflösung der Gleichungssysteme mit Hilfe von Determinanten steigt mit der Anzahl der Gleichungen und Variablen sehr stark an. Der Einsatz von Rechnern ist dann zu empfehlen, wenn für die Berechnung der Determinanten ein entsprechendes Programm zur Verfügung steht. Inverse Matrix Die Gleichungssysteme, die bei Anwendung des Maschenstromverfahrens und des Knotenspannungsverfahrens in Matrizenform entwickelt werden, können mit Hilfe der inversen Matrix (siehe voriger Abschnitt) nach der Spaltenmatrix der gesuchten Maschenströme bzw. Knotenspannungen aufgelöst werden. Maschenstromverfahren: Gleichungssystem: U=RI aufgelöstes Gleichungssystem: I = R–1 U mit U: Spaltenmatrix der in den Maschen wirksamen Quellspannungen bzw. EMK R: quadratische Verknüpfungsmatrix der Widerstände I: Spaltenmatrix der gesuchten Maschenströme R–1: inverse Matrix der Verknüpfungsmatrix R der Widerstände 120 2 Gleichstromtechnik Beispiel: Zum 2. Beispiel der Netzberechnung nach dem Maschenstromverfahren im Abschnitt 2.3.4 (S. 100) mit folgenden Zahlenwerten: Uq1 = 10V bzw. E1 = 10V, Uq2 = 12V bzw. E2 = 12V, R1 = 2:, R2 = 4:, R3 = 12:, R4 = 2:, R5 = 16:, R6 = 3:, R7 = 5: Gleichungssystem in Matrizenschreibweise: § 0 V · § 30 : 16 : 2 : · § I I · ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ 24 : 8 : ¸ ¨ I II ¸ ¨ 12 V ¸ ¨ 16 : ¨ 2 V ¸ ¨ 2 : 8 : 16 : ¸ ¨ I ¸ © ¹ © ¹ © III ¹ Bilden der inversen Matrix R–1 (siehe voriger Abschnitt S. 116)) Zu 1. Die Matrix ist quadratisch und die Determinante entspricht der Größe det R = D = 4 896 :3 (nach Beispiel 2 der Cramerschen Regel, S. 119) Zu 2. A11 24 : 8 : 8 : 16 : 320 : 2 , A 31 A12 16 : 8 : 2 : 16 : 16 : 24 : 2 : 8 : R ad 272 : 2 476 : 2 272 : 2 16 : 2 : 24 : 8 : 30 : 2 : 16 : 8 : 30 : 16 : 24 : 16 : 2 : 8 : 16 : 272 : 2 , 30 : 2 : 2 : 16 : 476 : 2 , 272 : 2 , A 23 16 : 176 : 2 , A 22 176 : 2 , A 33 § 320 : 2 ¨ ¨ 272 : 2 ¨ ¨ 176 : 2 © 272 : 2 , A 32 A13 A 21 30 : 16 : 2: 8 : 464 : 2 . 176 : 2 ·¸ 272 : 2 ¸ ¸ 464 : 2 ¸ ¹ § 320 : 2 272 : 2 176 : 2 · ¨ ¸ ¨ 272 : 2 476 : 2 272 : 2 ¸ Zu 3. R 1 ¸ 4 896 :3 ¨¨ 176 : 2 272 : 2 464 : 2 ¸ © ¹ Lösungsgleichungen für die Maschenströme: 1 § 320 : 2 272 : 2 176 : 2 · § 0 V · ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ 272 : 2 476 : 2 272 : 2 ¸ ¨ 12 V ¸ 3 ¨ ¸ 4 896 : ¨ 176 : 2 272 : 2 464 : 2 ¸ ¨© 2 V ¸¹ © ¹ 1 [320 : 2 0 V 272 : 2 12 V 176 : 2 ( 2 V)] 0,595 A 4 896 :3 § II · ¨ ¸ ¨ I II ¸ ¨I ¸ © III ¹ II I II I III 1 1 4 896 :3 1 [272 : 2 0 V 476 : 2 12 V 272 : 2 ( 2 V)] 1,055 A 4 896 : 3 [176 : 2 0 V 272 : 2 12 V 464 : 2 ( 2 V)] 0,477 A 272 : 2 , 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 121 Knotenspannungsverfahren: Gleichungssystem: I=GU aufgelöstes Gleichungssystem: U = G–1 I mit I: G: U: G–1: Spaltenmatrix der in dem Knotenpunkt wirksamen Einströmungen und in den Zweigen wirksamen Spannungsquellen quadratische Verknüpfungsmatrix der Leitwerte Spaltenmatrix der gesuchten Spannungen inverse Matrix der Verknüpfungsmatrix G der Leitwerte Beispiel: Zum Beispiel 2 der Netzberechnung (S. 105) mit folgenden Zahlenwerten: Uq1 = 8V bzw. E1 = 8V Uq2 = 6 V bzw. E2 = 6 V Uq3 = 4 V bzw. E3 = 4 V nach dem Knotenspannungsverfahren im Abschnitt 2.3.5 R1 = 0,666 : R4 = 0,222 : Ia = 2 A R2 = 0,5 : R5 = 0,4 : Ib = 3 A R3 = 0,25 : R6 = 1 : Ic = 4 A die Leitwerte haben dann folgende Werte: G2 = 2 S G3 = 4 S G1 = 1,5 S G4 = 4,5 S G5 = 2,5 S G6 = 1 S Gleichungssystem in Matrizenschreibweise: § 22 A · ¨ ¸ ¨ 25 A ¸ ¨ 8 A¸ © ¹ § 4,5 S 1,5 S ¨ 10 S ¨ 1,5 S ¨ 2S 4S © 2 S · § U10 · ¸ ¨ ¸ 4 S ¸ ¨ U 20 ¸ 8,5 S ¸¹ ¨© U 30 ¸¹ Lösungsgleichungen für die Knotenspannungen mit der inversen Matrix: § U10 · ¨ ¸ ¨ U 20 ¸ ¨U ¸ © 30 ¹ U10 U 20 U 30 § 69,0 S2 ¨ ¨ 20,75 S2 227,375 S3 ¨ ¨ 26,0 S2 © 1 1 227,375 S 3 1 227,375 S 3 1 227,375 S 3 20,75 S2 34,25 S2 21,0 S2 26,0 S2 ·¸ § 22 A · ¨ ¸ 21,0 S2 ¸ ¨ 25 A ¸ ¸ 42,75 S2 ¸ ¨© 8 A ¸¹ ¹ [ 69,0 S 2 22 A 20,75 S 2 25 A 26 S 2 8 A] 5,3 V [ 20,75 S 2 22 A 34,25 S 2 25 A 21 S 2 8 A] 1,02 V [ 26,0 S 2 22 A 21,0 S 2 25 A 42,75 S 2 8 A] 1,71 V Aus den Spannungen lassen sich die Zweigströme berechnen. Wird ein Gleichungssystem mit Hilfe der inversen Matrix über Adjunkten gelöst, dann ist der Zusammenhang zwischen der ursprünglichen Verknüpfungsmatrix und der inversen Matrix anschaulich dargestellt. Selbstverständlich lässt sich auch mit Hilfe der Determinante erkennen, ob das System von linearen Gleichungen linear unabhängig, also lösbar ist. 122 2 Gleichstromtechnik Das Rechnen mit der inversen Matrix ist genauso wie bei der Cramerschen Regel wegen der Determinanten aufwendig und deshalb in dieser Form nicht zu empfehlen. Mit Hilfe des Gaußschen Algorithmus oder des Stiefelverfahrens [4] wird die Behandlung von Gleichungssystemen mit der inversen Matrix für Rechner zugänglich. Gaußscher Algorithmus Die systematische Umwandlung eines Systems mit n linear unabhängigen Gleichungen mit n Variablen in ein gestaffeltes Gleichungssystem – das bedeutet die Umwandlung der Koeffizientenmatrix in eine Matrix mit Nullen unter der Hauptdiagonalen bzw. die Umwandlung der zugehörigen Determinante mit Nullen unter der Hauptdiagonalen – soll anhand eines Systems mit drei linear unabhängigen Gleichungen und drei Variablen erläutert werden: Aufgabenstellung: gegeben: gesucht: a11x1 + a12x2 + a13x3 = a1 b11x1 + b12x2 + b13x3 = b1 a21x1 + a22x2 + a23x3 = a2 b22x2 + b23x3 = b2 a31x1 + a32x2 + a33x3 = a3 b33x3 = b3 oder in Matrizenschreibweise: § a11 a12 ¨ ¨ a 21 a 22 ¨a © 31 a 32 a13 · § x1 · ¸ ¨ ¸ a 23 ¸ ¨ x 2 ¸ a 33 ¸¹ ¨© x 3 ¸¹ § b11 b12 ¨ ¨ 0 b 22 ¨ 0 0 © § a1 · ¨ ¸ ¨a2 ¸ ¨a ¸ © 3¹ b13 · § x1 · ¸ ¨ ¸ b 23 ¸ ¨ x 2 ¸ b33 ¸¹ ¨© x 3 ¸¹ § b1 · ¨ ¸ ¨ b2 ¸ ¨b ¸ © 3¹ Überführung des Gleichungssystems in das gestaffelte Gleichungssystem: a11x1 + a12x2 a 21 a a11x1 21 a12x2 a11 a11 a + + a13x3 = c 21 a1 a 21 a a13x3 = 21 a1 a11 a11 a a ­ – a21x1 21 a12x2 21 a13x3 = 21 a1 a11 a11 a11 ® a x ¯ 21 1 + a22x2 + a23x3 = a2 § a 21 · § a 21 · a 21 ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ a a12 a 22 ¸ x 2 ¨ a a13 a 23 ¸ x 3 = a a1 a 2 11 © 11 ¹ © 11 ¹ a '22 x 2 a '23 x 3 a '2 a 21 a11 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung a11x1 + a12x2 123 + a13x3 = c 31 a1 a 31 a11 a a a a 31 a11x1 31 a12x2 31 a13x3 = 31 a1 a11 a11 a11 a11 – a31x1 + a31x1 a 31 a a a12x2 31 a13x3 = 31 a1 a11 a11 a11 + a32x2 + a33x3 = a3 § a 31 · § a 31 · a 31 ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ a a12 a 32 ¸ x 2 ¨ a a13 a 33 ¸ x 3 = a a1 a 3 11 © 11 ¹ © 11 ¹ ' a 32 x2 ' a 33 x3 a '22 x 2 a'32 ' a 22 x 2 a'22 + a '23x 3 = a 3' a '2 c 32 a'32 ' a'32 ' a x = a2 23 3 a'22 a'22 ac32 ac22 a' a' ' ' = 32 a '2 a x – a 32 x 2 32 23 3 ' ' a a 22 22 + ' a 32 x2 ' + a 33 x3 = a 3' ' ' § a 32 · a 32 ' ' ¸ ¨ a a x = a '2 + a 3' 23 33 3 ' ¨ a' ¸ a 22 22 © ¹ '' a 33 x 3 = a 3'' Die Gleichungen in den Kästen werden mit b1i a1i b 2i a '2i '' b33 a 33 in das gesuchte gestaffelte Gleichungssystem überführt: b11x1 + b12x2 + b13x3 = b1 b22x2 + b23x3 = b2 b33x3 = b3. Aus der letzten Gleichung ergibt sich die Unbekannte x3, aus der vorletzten Gleichung mit x3 die Unbekannte x2 und schließlich aus der obersten Gleichung mit x3 und x2 die Unbekannte x1: x3 b3 b33 x2 b 2 b 23x 3 b 22 x1 b1 b12 x 2 b13x 3 . b11 124 2 Gleichstromtechnik Zahlenbeispiel: Gleichungssystem: 2x – 3y + 4z = 19 4x – 4y + 3z = 22 – 6x – y + 5z = 7 2x – 3y + 4z = 19 c 21 2 c31 3 c32 5 ­ – 4x + 6y – 8z = – 38 +® ¯ 4x – 4y + 3z = 22 2y – 5z = – 16 gestaffeltes Gleichungssystem: 2x – 3y + 4z = 19 2y – 5z = – 16 – 8z = – 16 2x – 3y + 4z = 19 ­ 6x – 9y + 12z = 57 +® ¯ – 6x – y + 5z = 7 – 10y + 17z = 64 Lösungen: 2y – 5z = – 16 z=2 y=–3 x=1 ­ +® ¯ 10y – 25z = – 80 – 10y + 17z = 64 – 8z = – 16 Für eine formale Berechnung der drei Unbekannten eines linearen Gleichungssystems mit drei Gleichungen lässt sich das folgende Rechenschema anwenden: a11 a12 a13 a1 a11 a12 a13 a1 a21 a22 a23 a2 a '22 a '2 a31 a32 a33 a3 a '23 '' a 33 a '22 a '23 a '2 b11 b12 b13 b1 ' ' a 32 a 33 a 3' b22 b23 b2 '' a 33 a 3'' b33 b3 a 3'' Koeffizienten des gestaffelten Gleichungssystems 1. Zunächst werden die Koeffizienten des Gleichungssystems aik und ai in das Schema eingetragen. 2. Dann werden die Multiplikatoren c 21 a 21 , a11 c31 a 31 , a11 c32 ' a 32 a '22 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 125 und die restlichen Elemente des Schemas nach folgenden Formeln berechnet und eingetragen: a '22 = c21a12 + a22 = b22 a '23 = c21a13 + a23 = b23 a '2 = b2 = c21a1 + a2 ' = c31a12 + a32 a 32 ' = c31a13 + a33 a 33 a 3' = c31a1 + a3 acc33 ' = b33 = c32 a '23 + a 33 acc3 = c32 a'2 + a 3' = b3. 3. Aus den b-Koeffizienten des gestaffelten Gleichungssystems ergeben sich die gesuchten x-Werte: x3 b3 , b33 x2 b 2 b 23x 3 , b 22 x1 b1 b12 x 2 b13x 3 . b11 Zum Zahlenbeispiel (vorige Seite): Gleichungssystem: Rechenschema: 2x – 3y + 4z = 19 2 –3 4 19 4x – 4y + 3z = 22 4 –4 3 22 – 6x – y + 5z = 7 –6 –1 5 7 c21 = – 2 2 –5 – 16 Lösungen: – 10 17 64 c31 = 3 16 2 z c32 = 5 –8 – 16 8 16 (5) 2 y 3 2 19 (3) (3) 4 2 1 z 2 Beispiel: Zum Beispiel 2 der Netzberechnung nach dem Knotenspannungsverfahren im Abschnitt 2.3.5 (S. 105) mit den Zahlenwerten des Beispiels für die inverse Matrix (S. 121). Gleichungssystem: § 22 A · ¨ ¸ ¨ 25 A ¸ ¨ 8 A¸ © ¹ Rechenschema: 4,5 – 1,5 –2 c21 = 0,33 c31 = 0,44 § 4,5 S 1,5 S ¨ 10 S ¨ 1,5 S ¨ 2S 4S © – 1,5 10 –4 9,5 – 4,67 c32 = 0,49 2 S · § U10 · ¸ ¨ ¸ 4 S ¸ ¨ U 20 ¸ 8,5 S ¸¹ ¨© U 30 ¸¹ –2 –4 8,5 – 4,67 7,61 5,32 22 – 25 8 – 17,67 17,78 9,12 126 2 Gleichstromtechnik Lösungen: x3 U 30 b3 b 33 x2 U 20 b 2 b 23 U 30 b 22 x1 U10 b1 b12 U 20 b13U 30 b11 9,12 V 1,71 V 5,32 17,67 4,67 1,71 V 9,5 1,02 V 22 1,5 1,02 2 1,71 V 4,5 5,3 V Soll ein lineares Gleichungssystem mit vier Gleichungen und vier Unbekannten gelöst werden, dann kann die Berechnung formal nach folgendem Rechenschema erfolgen: a11x1 + a12x2 + a13x3 + a14x4 = a1 a21x1 + a22x2 + a23x3 + a24x4 = a2 a31x1 + a32x2 + a33x3 + a34x4 = a3 a41x1 + a42x2 + a43x3 + a44x4 = a4 a '22 = c21a12 +a22 = b22 ' a '43 = c42 a '23 + a '43 a '23 = c21a13 + a23 = b23 a''44 = c42 a '24 + a '44 a '24 = c21a14 + a24 = b24 a '4' = c42 a '2 + a '4 a '2 = c21a1 + a2 = b2 ' = c31a12 + a32 a 32 '' '' ' a '44 = c43 a 34 + a '44 =b44 ' = c31a13 + a33 a 33 ' a '4'' = c43 a 3'' + a '44 ' = c31a14 + a34 a 34 a 3' = c31a1 + a3 a '42 = c41a12 + a42 a '43 = c41a13 + a43 a '44 = c41a14 + a44 a '4 = c41a1 + a4 '' ' = b33 a 33 = c32 a '23 + a 33 '' ' = b34 a 34 = c32 a '24 + a 34 a 3'' = c32 a '2 + a 3' = b3 2.3 Verfahren zur Netzwerkberechnung 127 a11 a21 a31 a41 a12 a22 a32 a42 a13 a23 a33 a43 a14 a24 a34 a44 a1 a2 a3 a4 c 21 a 21 a11 a '22 a '23 a '24 a '2 c31 a 31 a11 ' a 32 ' a 33 ' a 34 a 3' c 41 a 41 a11 a '42 a '43 a '44 a '4 '' a 33 '' a 34 a 3'' ' a '43 ' a '44 a '4' '' a '44 a '4'' c32 c 42 ' a 32 a '22 a '42 a '22 c 43 a11 a12 a13 a '22 a14 a '23 '' a 33 a '24 '' a 34 '' a '44 ' a '43 '' a 33 a1 b11 a '2 a 3'' a '4'' b12 b13 b14 b1 b22 b23 b24 b2 b33 b34 b3 b44 b4 Lösungen: x4 = b4 : b44 x3 = (b3 – b34x4): b33 x2 = (b2 – b23x3 – b24x4): b22 x1 = (b1 – b12x2 – b13x3 - b14x4): b11 Beispiel: Zum Beispiel 3 der Netzberechnung nach dem Maschenstromverfahren im Abschnitt 2.3.4 (S. 101) mit folgenden Zahlenwerten Uq1 = 12V, Uq2 = 10V, Iq2 = 5A, R1 = 1:, R2 = 2:, R3 = 8:, R34 = 4:, R4 = 8:, R5 = 10:, R6 = 20:, R7 = 8:, R8 = 2:. Gleichungssystem in Matrizenschreibweise: § U q1 · ¨ ¸ ¨0 ¸ ¨U ¸ ¨ q2 ¸ ¨ U q2 ¸ © ¹ § R1 R 7 ¨ ¨ R7 ¨ 0 ¨ ¨ 0 © R7 R 34 R 5 R 7 R5 R 34 0 R5 R 2 R5 R8 R2 · § II · ¸ ¨ ¸ ¸ ¨ I II ¸ ¸¨I ¸ R2 ¸ ¨ III ¸ R 2 R 34 R 6 ¸¹ ¨© I IV ¸¹ 0 R 34 128 2 Gleichstromtechnik §12 V · ¨ ¸ ¨0 ¸ ¨10 V ¸ ¨ ¸ ¨10 V ¸ © ¹ 8: 0 : 0 : · § II · §9 : ¨ ¸ ¨ ¸ 22 : 10 : 4 : ¸ ¨ I II ¸ ¨8 : ¨ 0 : 10 : 14 : 2 : ¸ ¨¨ I III ¸¸ ¨ ¸ ¨0 : 4: 2 : 26 : ¸¹ ¨© I IV ¸¹ © Lösung des Gleichungssystems nach dem Gaußschen Algorithmus: 9 8 0 0 8 22 – 10 4 c21 = – 0,89 14,89 0 – 10 14 2 0 4 2 26 – 10 4 12 0 10 10 – 10,67 c31 = 0 – 10 14 2 10 c41 = 0 4 2 26 10 c32 = 0,672 7,28 4,69 2,83 c42 = – 0,269 4,69 24,92 12,87 21,90 11,05 c43 = – 0,644 Lösungen: IIV = 0,504 A IIII = 0,0650 A III = – 0,808 A II = 2,05 A Zweigströme: I1 = II = 2,05 A I6 = IIV = 0,504 A I8 = IIII = 0,0650 A I3 = I4 = I34/2 = – 0,152 A I*2 = IIV + IIII = 0,504 A + 0,0650 A = I2 = I*2 – Iq2 = 0,569 A – 5 A 0,569 A = – 4,431 A I34 = III + IIV = – 0,808 A + 0,504 A = – 0,304 A I5 = IIII – III = 0,0650 A + 0,808 A = 0,873 A I 7 = II + III = 2,05 A – 0,808 A = 1,242 A Das Rechenschema des Gaußschen Algorithmus lässt sich für größere Gleichungssysteme entsprechend erweitern. Ab etwa zehn Gleichungen mit zehn Unbekannten sollten Rechner zu Hilfe genommen werden, weil der Rechenaufwand mit Hilfe des Rechenschemas zu groß wird und der Fehler aufgrund der Fehlerfortpflanzung nicht zu vernachlässigen ist. Die Programmierung für einen Rechner ist relativ einfach, da nur einfache Rechenoperationen nötig sind. Mit Hilfe des Gaußschen Algorithmus lassen sich auch Determinanten systematisch vereinfachen, wodurch das Rechnen mit der Cramerschen Regel und der inversen Matrix einfacher wird. Für die Lösung von Gleichungssystemen mit Hilfe von Rechnern bietet sich auch das Austauschverfahren nach Stiefel [4] an, das eine Weiterführung des Einsetzverfahrens ist. Beim Stiefelverfahren wird eine Ausgangsmatrix in mehreren Stufen invertiert. Übungsaufgaben zum Abschnitt 2.3 129 Übungsaufgaben zum Abschnitt 2.3 2.27 Berechnen Sie mit Hilfe der Kirchhoffschen Sätze (Zweigstromanalyse) den Strom I2 durch den Widerstand Ri2 in der skizzierten Schaltung. Wenden Sie das Eliminationsverfahren oder das Einsetzverfahren an. Bild 2.107 Übungsaufgabe 2.27 2.28 Eine Lampe soll mit I = 10A von zwei Spannungsquellen Uq1 = Uq2 = 220V mit unterschiedlichen Innenwiderständen Ri1 = 3: und Ri2 = 5: gespeist werden. Berechnen Sie mit Hilfe der Kirchhoffschen Sätze (Zweigstromanalyse) die Speiseströme I1 und I2 und den Widerstand der Lampe Rx. Bild 2.108 Übungsaufgabe 2.28 2.29 Mit Hilfe der Kirchhoffschen Sätze ist das für die Berechnung der Zweigströme notwendige Gleichungssystem in Matrizenschreibweise aufzustellen. Gegeben sind die Spannungsquellen, die Stromquelle und die Widerstände. Bild 2.109 Übungsaufgabe 2.29, 2.30 und 2.31 2.30 Für das gleiche Schaltbild sind sämtliche Zweigströme mit Hilfe des Maschenstromverfahrens und des Gaußschen Algorithmus mit folgenden Zahlenwerten zu berechnen: Uq3 = 12V R1 = 4: R3 = 5: R5 = 1: Uq1 = 10V I0 = 4A R2 = 10: R4 = 3: R6 = 2: Uq2 = 6V 2.31 Mit Hilfe des Knotenspannungsverfahrens und des Gaußschen Algorithmus sind die Ergebnisse der Aufgabe 2.30 zu bestätigen. 130 2 Gleichstromtechnik 2.32 Berechnen Sie den Strom I2 durch den Widerstand R2 in Abhängigkeit von Uqx der skizzierten Kompensationsschaltung mit Hilfe des Maschenstromverfahrens. Gegeben sind: R2 = 5k: R0 = 10k:. U = 4V, R1 = 2k:, Wie groß muss die Spannung Uqx sein, damit der Strom I2 Null ist? Bild 2.110 Übungsaufgabe 2.32 2.33 1. Ermitteln Sie den Strom I2 durch den Widerstand R2 mit Hilfe des Superpositionsverfahrens. 2. Kontrollieren Sie das Ergebnis für den Strom I2 mit der Zweigstromanalyse nach Kirchhoff. Bild 2.111 Übungsaufgabe 2.33 2.34 In der skizzierten Schaltung sind die Stromquelle Iq1, die Spannungsquelle Uq2 und die Widerstände Ri1, Ri2 und R gegeben. 1. Berechnen Sie den Strom I durch den Widerstand R mit Hilfe des Superpositionsverfahrens, ohne die Stromquelle oder die Spannungsquelle umzuwandeln. 2. Kontrollieren Sie das Ergebnis, indem Sie die Spannungsquelle in eine äquivalente Stromquelle überführen und die Stromquellen zusammenfassen. Bild 2.112 Übungsaufgabe 2.34 2.35 1. In der skizzierten Kompensationsschaltung ist der Strom I2 mit Hilfe des Superpositionsverfahrens in Abhängigkeit von der Spannung Uqx zu ermitteln. 2. Kontrollieren Sie das Ergebnis für den Strom I2 mit der Zweigstromanalyse. 3. Geben Sie die Bedingungsgleichung für die Spannung Uqx an, damit der Strom I2 Null wird. Bild 2.113 Übungsaufgabe 2.35 Übungsaufgaben zum Abschnitt 2.3 2.36 131 Für den skizzierten belasteten Spannungsteiler sollen mit Hilfe der Zweipoltheorie der Belastungsstrom I3 und die Spannung U2 ermittelt werden. 1. Wandeln Sie dazu den aktiven Zweipol einmal in eine Ersatzspannungsquelle und zum anderen in eine Ersatzstromquelle um, die dann jeweils mit dem Widerstand R3 belastet ist. Kontrollieren Sie Ihre Ergebnisse für Uq ers, Iq ers und Ri ers, bevor Sie mit den beiden Ersatzschaltungen I3 und U2 berechnen. 2. Gegeben sind die Größen U = 24V, R1 = 1,5M: und R2 = 100k:. Berechnen Sie I3 und U2 für die Werte von R3 = 0k:, 100k:, 200k:, 300k:, 500k:, 1 000k:, f und stellen Sie die Funktionen I3 = f (R3) und U2 = f (R3) in einem Diagramm dar. Bild 2.114 Übungsaufgabe 2.36 2.37 Die Leerlaufspannung zwischen den Klemmen A und B der skizzierten Schaltung soll gemessen werden. Es steht ein Voltmeter mit 10V Endausschlag mit einem Instrumentenwiderstand R0 = 5k: zur Verfügung. Der Messbereich des Voltmeters ist so zu erweitern, dass bei der Leerlaufspannung Endausschlag angezeigt werden würde. Gegeben sind Uq = 200V, Ri = 5k: und R = 5k:. 1. Ermitteln Sie zunächst die zu messende Leerlaufspannung und den Innenwiderstand der Schaltung (aktiver Zweipol). 2. Berechnen Sie dann den Vorwiderstand Rv für das Voltmeter. Mit welchem Widerstand wird die Schaltung also belastet? (passiver Zweipol) 3. Wie groß ist die Spannung UAB ab bei Belastung mit dem erweiterten Voltmeter und wie groß ist die prozentuale Abweichung vom ursprünglichen Wert der zu messenden Leerlaufspannung? 4. Welche Folgerungen ziehen Sie aus dieser Berechnung? Bild 2.115 Übungsaufgabe 2.37 132 2 Gleichstromtechnik 2.4 Elektrische Energie und elektrische Leistung 2.4.1 Energie und Leistung Energiebegriff: Während Strom, Spannung und Widerstand elektrische Größen sind, haben Energie und Leistung allgemeine physikalische Bedeutung. Sie bilden die Brücke zu den anderen technischen Wissenschaften, in denen andere Formen der Energie und Leistung behandelt werden. Energie ist das Vermögen, Arbeit zu verrichten. Energie und Arbeit sind damit hinsichtlich der Dimension gleichwertig. Alle Naturgeschehen sind Umwandlungen einer Energieform in eine andere, wobei die Gesamtmenge der einzelnen Energien in einem abgeschlossenen System konstant bleibt (Energiesatz nach Robert Mayer)1): n ¦ WQ konstant. Q 1 Mit dem Satz von der Erhaltung der Masse (nach Lavoiseur)2): n ¦ mQ konstant Q 1 besteht zwischen Energie und Masse der Zusammenhang über die Lichtgeschwindigkeit c: W = m c2 (nach Albert Einstein)3): 1 g ˆ 8,9876 1013 Ws, weil sich mit m = 1g, W = 8,9876 1013 Ws, c = 2,99792 1010 cm/s ergibt: 1g 8,9876 1013 Ws s 2 1 m 2 kg s 2 10 4 cm 2 103 g s 2 2,997922 1020 cm 2 107 s 2 cm 2 107 s 2 cm 2 1g mit 1Ws = 1 kg m2 s–2. Leistungsbegriff: Das Vorhandensein irgendeines großen Energiereservoirs allein ist für die Technik nicht maßgebend. Die Energie muss sich zeitlich ändern, d. h. nutzbar wandeln, wenn etwas geleistet werden soll. Die Leistung ist der Quotient aus dem Energieumsatz dW in der Zeitspanne dt, in der die Umwandlung erfolgt: P 1) 2) 3) dW . dt Robert Mayer, deutscher Arzt und Physiker 1814–1878 Antoine Lavoiseur, französischer Chemiker 1743–1794 Albert Einstein, deutscher Physiker 1879–1955 (2.189) 2.4 Elektrische Energie und elektrische Leistung 133 Ist die Energieänderung pro Zeiteinheit konstant, dann ist die Leistung konstant: P W . t (2.190) Beispiel: Energieumwandlungen im Speicherkraftwerk Die potentielle Energie des Wassers wird in kinetische Energie überführt: Wpot m g 'h, Wkin mit m: Teilmenge des Wassers und m v2 2 'h : Höhendifferenz Da keine Arbeit verrichtet wird, ist dies keine nutzbare Umwandlung von Energien. Indem die Wasserturbine angetrieben wird, erfolgt eine Umwandlung in mechanische Energie. Durch den an der Turbine angekoppelten Generator wird die mechanische Energie in elektrische Energie überführt. Diese Energieform ist für den wirtschaftlichen Transport von Energie geeignet. Außerdem ist sie wirtschaftlich in andere Energieformen übertragbar, z. B. für Antriebszwecke im Elektromotor. In einem geschlossenen System ist auch die Summe aller Leistungen Null: n ¦ PQ 0. Q 1 Beispiel: Die Umwandlung von potentieller Energie des Wassers in kinetische Energie bzw. elektrische Energie entspricht der negativen Leistung hinsichtlich der potentiellen Energie und der positiven Leistung der kinetischen bzw. elektrischen Energie. Elektrische Energie In Analogie zur mechanischen Energie werden bei der elektrischen Energie Ladungsträger, d. h. Elektronen und Ionen (vgl. Körper), mittels der Quellspannung (vgl. Kraft) über einen Weg in einem Stromkreis (vgl. Gefälle) befördert. In der Spannungsquelle wird den Ladungsträgern die potentielle Energie erteilt, die es ihnen ermöglicht, durch den Leiterkreis zu fließen. In den Verbrauchern wird dann die elektrische Energie in andere Energieformen umgewandelt. Eine direkte Nutzung der elektrischen Energie ist also nicht möglich; sie ist eine Zwischenform zwischen anderen Energieformen. Vorteile der elektrischen Energie als Zwischenform: 1. Verlustarmer Transport großer Energiemengen über große Entfernungen. 2. Wirtschaftliche Umwandlung der elektrischen Energie in andere Energieformen: in Wärmeenergie fast 100 %, in mechanische Energie in Motoren bis 97 % und in chemische Energie bis 100 %. 3. Wirtschaftliche Energiespeicherung der elektrischen Energie in Akkubatterien oder durch Pumpspeicherwerke. Die elektrische und magnetische Energie im elektrischen und magnetischen Feld lässt sich nicht technisch nutzen, weil eine kontinuierliche Weiterverwendung nicht möglich ist. Außerdem ist die Energiedichte zu gering. 4. Bei der Nachrichtenübertragung wird die elektrische Energie in elektromagnetische Strahlungsenergie umgewandelt. 134 2 Gleichstromtechnik Zusammenfassung der qualitativen Zusammenhänge: 1. Elektrische Energie einer Spannungsquelle: W = Q U q = Uq I t bzw. mit Q = I t W=QE=EIt mit EMK E und Q = I t 2. Elektrische Energie eines Verbrauchers. W=QU=UIt mit Q = I t Bei zeitlich veränderlicher Spannung u(t) und zeitlich veränderlichem Strom i(t) muss die Augenblicksleistung integriert werden: W ³ u(t) i(t) dt . (2.191) 3. Maßeinheit der elektrischen Energie: [W] = [U] [I] [t] = 1 V 1 A 1 s = 1 Ws (Wattsekunde) und 1 kWh = 3,6 106 Ws (Kilowattstunde). Eine spezielle Maßeinheit der elektrischen Energie ist das Elektronenvolt, das in der Atomphysik und bei Halbleitern und Elektronenröhren verwendet wird: mit W = Q Uq und Q = e Elementarladung, Ladung des Elektrons und Uq = 1 V ergibt sich die kleine Energieeinheit Elektronenvolt W = e Uq = 1,602 10–19 As 1V 1 eV = 1,602 10–19 Ws. (2.192) 4. Umwandlung elektrischer Energie in Wärmeenergie: Enthält ein elektrischer Stromkreis nur ohmsche Widerstände, dann wird die elektrische Energie restlos in Wärmeenergie, in so genannte Joulesche Wärme, überführt: U2 t . (2.193) R Bei zeitlich veränderlicher Spannung und zeitlich veränderlichem Strom wird die Energie durch Integration ermittelt. W = I2 R t = W R ³ [i(t)] 2 dt 1 R ³ [u(t)] 2 dt . (2.194) 2.4 Elektrische Energie und elektrische Leistung 135 Elektrische Leistung Leistung ist die Energieänderung pro Zeit. Je schneller sich also eine Energieumwandlung vollzieht, um so größer ist die Leistung. Zusammenfassung der quantitativen Zusammenhänge: 1. Elektrische Leistung einer Spannungsquelle: bzw. P = Uq I 2. Elektrische Leistung eines Verbrauchers: P = E I. P = U I. 3. Maßeinheit der elektrischen Leistung: [P] = [U] [I] = 1 W. 4. Umwandlung elektrischer Leistung in Wärmeleistung: P I2 R U2 . R 2.4.2 Energieumwandlungen Elektrische Energie in Wärmeenergie Wie die Energieumwandlung elektrischer Energie in Wärmeenergie erklärt wird, ist bereits im Abschnitt 1.6 behandelt worden. Quantitativ lässt sich der Zusammenhang zwischen beiden Energieformen nicht errechnen; er wird mit Hilfe eines Kalorimeters messtechnisch bestimmt (nach Joule)1). Das Kalorimeter besteht aus einem thermisch gut isolierten Behälter mit einer Flüssigkeit mit der spezifischen Wärmekapazität c und der Masse m. Eine Heizspirale mit dem ohmschen Widerstand R erwärmt die Flüssigkeit mit dem Wirkungsgrad nahezu 100 %. Die elektrische Energie ist dann gleich der Wärmeenergie (Wärmemenge): Wel = Wth (2.195) U I t = c m '-. (2.196) Beispiel: Für Wasser soll die spezifische Wärmekapazität c ermittelt werden. Die Heizspirale wird bei einer Spannung U = 100V betrieben, wodurch ein Strom vom I = 1A die Heizspirale und 1 Liter Wasser, d. h. m = 1kg, erwärmt. Nach 10 Minuten ist das Wasser um eine Temperaturdifferenz von '- = 14,33 K wärmer geworden: c 1) UIt m '- 100 V 1 A 600 s 1 kg 14, 33 K 4187 Ws . kg K James Prescott Joule, englischer Physiker 1818–1889 136 2 Gleichstromtechnik Wärmeenergie in elektrische Energie Die großtechnische Nutzung der Umwandlung von Wärmeenergie in elektrische Energie führt zurzeit noch über die mechanische Energie im Wärmekraftwerk: Kesselanlage, Dampfturbine und Generator. Neben dem großen Raumbedarf, hohen Unterhaltungskosten und großen Umweltbelastungen ist der Wirkungsgrad der Umwandlung mit 35 % bis 50 % relativ niedrig. Die direkte Umwandlung von Wärmeenergie in elektrische Energie (Thermoelement und Thermoemission) hat einen noch niedrigeren Wirkungsgrad von 0,5 % bis 25 %, so dass zurzeit an eine großtechnische Nutzung nicht zu denken ist. Mechanische Arbeit in elektrische Energie und umgekehrt Wegen der relativ hohen Wirkungsgrade wird der elektrische Energiebedarf vor allem aus der Umwandlung der mechanischen Energie gedeckt. Sie erfolgt in den häufigsten Fällen durch einen Generator nach dem Prinzip der elektromagnetischen Spannungserzeugung (Bewegungsinduktion), die im Abschnitt 3.4.6.1 behandelt wird: Wird ein Leiter in einem Magnetfeld bewegt, dann wird auf die Ladungen eine Kraft ausgeübt, die zu Ladungsverschiebungen im Leiter führt, wodurch in einem geschlossenen Stromkreis ein Strom verursacht wird. Dieser Vorgang ist reversibel, denn durch einen Elektromotor kann elektrische Energie in mechanische Energie umgewandelt werden. Verluste entstehen jeweils durch die Wärmeumwandlungen in den Wicklungen. Der Zusammenhang zwischen mechanischer Arbeit und elektrischer Energie wird durch folgende Umrechnungsformel beschrieben: 1 J = 1 Ws = 1 Nm = 1 kg m2 s–2. In älterer Literatur werden die Kalorie und das Kilopondmeter verwendet. Um die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Energien zu verstehen, sind in folgender Tabelle die dort verwendeten Energieäquivalente zusammengestellt: J = Nm = Ws 1J = 1 Nm = 1 Ws cal kWh 2,778 10–7 kpm 0,102 6,25 1018 0,4269 2,62 1019 3,671 105 2,25 1025 1 0,2388 1 cal 4,1868 1 1 kWh 3,6 106 859,8 103 1 kpm 9,80665 2,342 2,724 10–6 1 1 eV 1,602 10–19 3,82 10–20 4,44 10–26 1,63 10–20 1,163 10–6 1 eV 6,12 1019 1 Rechenbeispiele für Energieumwandlungen: Beispiel 1: Aus einem in 200m Höhe liegenden Becken eines Pumpspeicherwerks fließen über drei Rohrleitungen je 20 m3/s für sechs Turbinensätze ins Tal. 1. Zu ermitteln ist die je Turbine zu installierende Leistung, wenn die Verluste vernachlässigt werden. 2. Zu berechnen ist die Elektroenergie in kWh, die bei täglich achtstündiger Einspeisung in das Landesnetz jährlich zurückgewonnen werden. 2.4 Elektrische Energie und elektrische Leistung 137 Lösung: Zu 1. Pmech = W mech t m g 'h t Pmech = 3 20 103 kg 9,81 m s3 Pmech = 3 20 200 9,81 103 Pmech = 117,72 106 Pel Zu 2. 1 Pmech 6 200 m kg m m s2 s Nm s mit 1 kg m s2 1N 19,62 MW (elektrische Leistung eines Generators) Wel 6 Pel t Wel 6 19,62 103 kW Wel 344 106 kW/Jahr 8 h 365 Tage Tag Jahr Beispiel 2: Ein Industriebetrieb hat einen Anschlusswert von 250kW. Anschlusswert ist die installierte Leistung einer Starkstromanlage, d. h. das Produkt aus Spannung und höchstem Strom, der aufgrund des installierten Leitungsquerschnitts fließen darf. Die tatsächliche Belastung des Netzes liegt im Mittel bei 50 % des Anschlusswertes, weil nicht alle Maschinen und Geräte gleichzeitig eingeschaltet (Gleichzeitigkeitsfaktor) und nicht alle Maschinen voll ausgelastet (Belastungsfaktor) sind. Die Belastungsspitze liegt deshalb bei etwa 170kW. Zu ermitteln sind die monatlichen Energiekosten bei täglich 16-stündiger Arbeitszeit und 26 Arbeitstagen im Monat, wenn der Tarif bei 0,08 EUR/kWh liegt. Lösung: Energiekosten Monat 16 h 26 Tage 0,5 250 kW 0,08 EUR Tag Monat kWh 4160 EUR/Monat . Beispiel 3: Ein Schwimmkran hebt ein Brückenelement mit der Masse m = 85t mit konstanter Geschwindigkeit in 15s 1,8m hoch. Zu ermitteln ist die Leistung des Kranmotors bei einem Wirkungsgrad von 82 % (Wirkungsgrad siehe Abschnitt 2.4.4). Lösung: Pmech = m g h/t mit 1N = 1kg m/s2 Pmech = 85 000 kg 9,81m/s2 1,8 m/15 s 3 Pmech = 833 850 N 0,12 m/s = 100,1 10 Nm/s Pel = Pmech K 100,110 3 W 0,82 122 kW. Beispiel 4: Ein Transistorenempfänger wird mit fünf Monozellen betrieben und nimmt dabei einen mittleren Strom von 100mA auf. Eine Monozelle mit einer Betriebsspannung von 1,3V kostet 1,– EUR. Zu berechnen ist der Preis der Kilowattstunde, wenn nach 200 Betriebsstunden der Batteriesatz gewechselt werden muss. 138 2 Gleichstromtechnik Lösung: Wel = U I t = 5 1,3 V 0,1 A 200 h = 0,13 kWh 0,13 kWh ˆ 2,50 EUR und 1 kWh ˆ 2,50 EUR/0,13 = 19,25 EUR. 2.4.3 Messung der elektrischen Energie und Leistung 2.4.3.1 Messung der elektrischen Energie Messverfahren Zur Messung der elektrischen Energie sind Umwandlungen in mechanische oder chemische Energie notwendig, d. h., die Messgeräte haben einen Eigenverbrauch, der die Messgenauigkeit beeinflusst. Bei konstanter Leistung Pel wird die elektrische Energie nach der Gleichung Wel = Pel t (2.197) auf eine Zeitzählung zurückgeführt. Es braucht nur die Zeitdauer der Einschaltung des Verbrauchers gezählt zu werden; die Zeitzähler sind lediglich Uhrwerke. In Beleuchtungseinrichtungen werden vorwiegend Zeitzähler verwendet, weil die umgewandelte Energie pro Zeit gleich bleibt, so lange die Beleuchtung eingeschaltet ist. Bei zeitlich veränderlicher Leistung muss die Leistung kleiner Zeitabschnitte 't aufsummiert werden: n Wel ¦P el v 't. (2.198) v 1 Bild 2.116 Ermittlung elektrischer Energie Soll die Energiemessung noch genauer erfolgen, dann muss die Leistung in differentiell kleinen Zeitspannen dt, also in jedem Augenblick, betrachtet und dann kontinuierlich aufsummiert werden; der Funktionsverlauf Pel(t) muss integriert werden: t2 Wel ³ Pel (t) dt. t1 2.4 Elektrische Energie und elektrische Leistung 139 In den meisten Anwendungsfällen ist die Netzspannung U konstant: Pel(t) = U i(t). Dadurch wird die Integration der Leistungskurve zu einer Integration der Stromkurve, die der transportierten Ladungsmenge entspricht: t2 Wel =U ³ i(t) dt UQ (2.199) t1 mit i dq dt t2 und Q= ³ i(t) dt . t1 Die Ladungsmenge wird in Amperestunden (A h) gemessen. Amperestundenzähler werden in der Praxis häufig eingesetzt, obwohl sie Netzschwankungen nicht berücksichtigen. Grundsätzlich werden folgende Zählerarten unterschieden: Wasserstoff-Elektrolyt-Zähler und Quecksilber-Elektrolyt-Zähler: Die von Ionen transportierte Stoffmenge in einem Elektrolyten ist der Ladungsmenge Q proportional. Die aufgefangene Stoffmenge ist also ein Maß für die Amperestunden. Diese Zählerart ist nur für experimentelle Arbeiten im Labor geeignet, indem die Elektroden gewogen werden. Magnet-Motorzähler nach dem elektrodynamischen Prinzip: Das Erregerfeld wird durch ein oder zwei Dauermagnete aufgebaut. In diesem Feld bewegt sich eine Metallscheibe aus Aluminium, auf der eine dreiteilige Ankerwicklung sitzt. Der größte Teil des Messstroms wird über einen parallelgeschalteten Nebenwiderstand RN geschickt, der Rest von etwa 100mA wird über Bürsten durch die Ankerwicklung geführt, wodurch ein Drehmoment, das so genannte Triebmoment MT = c1 I, erzeugt wird. Durch die im Erregerfeld drehende Metallscheibe werden Wirbelströme induziert, die ein Gegenmoment, ein Bremsmoment MB = c2 n bewirken. Bei Gleichheit beider Momente stellt sich die Drehzahl n der Scheibe ein: aus c1 I = c2 n folgt n c1 I. c2 Bild 2.117 Magnet-Motorzähler 140 2 Gleichstromtechnik Die Ankerumdrehungen z in der Zeit t ergeben sich aus z=tn= c1 It c2 c1 Q. c2 (2.200) Die in der Zeit t gelieferte Elektrizitätsmenge Q kann durch Zählung der Ankerumdrehungen gemessen werden. Motor-Wattstunden-Zähler: Sind die Fehler der Energiemessung infolge von Netzschwankungen zu groß, dann müssen Motor-Wh-Zähler eingesetzt werden, die ebenfalls nach dem elektrodynamischen Prinzip arbeiten. Anstelle von Dauermagneten werden Elektromagneten, so genannte Feldspulen, eingesetzt. 2.4.3.2 Messung der elektrischen Leistung Messprinzip Bei konstanten elektrischen Größen kann die elektrische Leistung durch eine StromSpannungs-Messung und anschließende Produktbildung erfolgen. Bei zeitlich veränderlichen Größen oder bei Registrierung der elektrischen Leistung wird ein elektrodynamisches Messwerk verwendet, dessen Triebmoment MT = c U I = c Pel (2.201) ist. Dem Triebmoment wirkt ein Gegenmoment einer Feder, das so genannte Richtmoment MR = D* D (2.202) mit D* = Drehfederkonstante (Winkelrichtgröße) das ist das Drehmoment pro Winkel und D = Zeigerausschlag entgegen, wodurch sich für den Zeigerausschlag ergibt: D= c U I = cstat Pel D* (2.203) Bild 2.118 Leistungsmesser 2.4 Elektrische Energie und elektrische Leistung 141 Das Elektrodynamometer ist ein Drehspulmesswerk mit elektromagnetischer Erregung, dessen Triebmoment MT =k I1 w1 I2 w2 bzw. MT = c U I, (2.204) wenn die Felderregung aus der Spannung abgeleitet wird. Stromrichtige und spannungsrichtige Leistungsmessung Wie bei der Strom- und Spannungsmessung bei der Ermittlung von Widerständen (Abschnitt 2.2.7) gibt es auch bei der Leistungsmessung eine spannungsrichtige und eine stromrichtige Schaltung: Bild 2.119 Spannungsrichtige Messschaltung mit zwei getrennten Instrumenten Bild 2.120 Stromrichtige Messschaltung mit zwei getrennten Instrumenten Bild 2.121 Spannungsrichtige Messschaltung mit einem elektrodynamischen Messwerk Bild 2.122 Stromrichtige Messschaltung mit einem elektrodynamischen Messwerk In der spannungsrichtigen Schaltung wird der Strom verfälscht gemessen: Die Messspannung ist in der stromrichtigen Schaltung um ¨U zu groß: Umess = U, Imess = I + 'I Imess = I. Umess = U + 'U 142 2 Gleichstromtechnik Die in den Instrumenten auftretende Verlustleistung bestimmt die Messgenauigkeit: spannungsrichtige Messschaltung Leistung des Verbrauchers Leistungsverlust im Spannungs- bzw. Strompfad P=UI= stromrichtige Messschaltung U2 R 'P = U 'I = mit 'I = U2 RV U RV Pmess = P + 'P Messleistung P = U I = I2 R 'P = 'U I = I2 RA mit 'U = I RA Pmess = P + 'P 2 relativer Fehler 'P P U RV 2 U R R RV 'P P I2 RA I2 R RA R Sowohl in der spannungsrichtigen als auch in der stromrichtigen Messschaltung wird eine um 'P zu große Verbraucherleistung P gemessen. In der Starkstromtechnik kann der Eigenverbrauch 'P des Spannungs- bzw. Strompfads vernachlässigt werden, weil die zu messende Verbraucherleistung P sehr viel größer ist als 'P. Es ist also gleichgültig, ob stromrichtig oder spannungsrichtig gemessen wird. In der Schwachstromtechnik kann der Eigenverbrauch des Strom- bzw. Spannungspfads nicht vernachlässigt werden. Um einen minimalen relativen Fehler bei der Leistungsmessung zu erreichen, empfiehlt sich bei kleinem Verbraucherwiderstand mit RV>>R die spannungsrichtige Messung und bei großem Verbraucherwiderstand mit R>>RA die stromrichtige Messung. 2.4.4 Wirkungsgrad in Stromkreisen Bei der Umwandlung einer Energieform in eine andere wird die eine Energie nicht restlos in die andere überführt. Das Verhältnis zwischen der Nutzenergie (umgewandelte, d. h. abgegebene Energie) und der zur Verfügung gestellten Energie (aufgewendete Energie) wird Wirkungsgrad K genannt. Bei technischen Untersuchungen werden anstelle der Energien die Leistungen ins Verhältnis gesetzt: K mit PN : PN Pges Nutzleistung Pges: zugeführte Gesamtleistung. (2.205) 2.4 Elektrische Energie und elektrische Leistung 143 Nach dem Satz von der Erhaltung der Energie bzw. der Leistungen ist die zugeführte Gesamtleistung gleich der Nutzleistung PN und der Verlustleistung PV. Damit lautet die Formel für den Wirkungsgrad K PN . PN PV (2.206) Beispiele: Die Umwandlung elektrischer Energie in Wärmeenergie geschieht praktisch 100 %: K = 1, in mechanische Energie (Elektromotor): K = 0,7 ... 0,99 und in sichtbare Lichtenergie (Glühlampen, Leuchtstoffröhren, u.a.): K = 0,01 ... 0,25. Wirkungsgrad im Grundstromkreis Wie behandelt, kann jedes Gleichstromnetz in einen Grundstromkreis überführt werden, so dass die Ermittlung des Wirkungsgrades eines Grundstromkreises von Bedeutung ist. Die Energiequelle – als Ersatzspannungsquelle oder Ersatzstromquelle betrachtet – liefert die gesamte Leistung (erzeugte Leistung PE), im Außenwiderstand kann die Leistung (äußere Leistung Pa) genutzt werden und im Innenwiderstand muss eine Verlustleistung (innere Leistung Pi) in Kauf genommen werden. Grundstromkreis mit Ersatzspannungsquelle: Bild 2.123 Grundstromkreis mit Ersatzspannungsquelle Wird die Spannungsgleichung Uq = I Ri + I Ra mit dem Strom I multipliziert, dann entsteht die Leistungsgleichung des Grundstromkreises: Uq I = I2 Ri + I2 Ra PE = Pi + Pa. Laut Definition ist dann der Wirkungsgrad des Grundstromkreises mit Ersatzspannungsquelle K K Pa PE Pa Pa Pi 1 . R 1 i Ra 1 P 1 i Pa 1 I2 Ri 1 2 I Ra (2.207) 144 2 Gleichstromtechnik Der Wirkungsgrad ist maximal, wenn Ri/Ra gegen Null geht, d. h., wenn Ri gegen Null geht, denn Ra gegen Unendlich bedeutet Leerlauf; fließt kein Strom, kann eine Energieumwandlung nicht erfolgen. Um den Wirkungsgrad der Umwandlung von der in der Spannungsquelle erzeugten elektrischen Energie in äußere Energie im Grundstromkreis mit Ersatzspannungsquelle am größten zu bekommen, muss der Innenwiderstand der Spannungsquelle minimal sein. Grundstromkreis mit Ersatzstromquelle: Bild 2.124 Grundstromkreis mit Ersatzstromquelle Entsprechend lässt sich die Stromgleichung des Grundstromkreises mit Ersatzstromquelle Iq U U Ri Ra mit der Spannung U multiplizieren: Iq U U2 U2 Ri Ra PE = Pi + Pa. Für den Wirkungsgrad des Grundstromkreises mit Ersatzstromquelle ergibt sich dann eine andere Formel als für den Wirkungsgrad mit Ersatzspannungsquelle: K K Pa PE Pa Pa Pi 1 . R 1 a Ri 1 P 1 i Pa 1 U2 / Ri 1 2 U / Ra (2.207) Der Wirkungsgrad ist maximal, wenn Ra/Ri gegen Null geht, d. h., wenn Ri gegen Unendlich oder der Innenleitwert Gi gegen Null strebt. Für beide Grundstromkreise ist also der Wirkungsgrad am größten, wenn die Verluste innerhalb der elektrischen Energiequelle am kleinsten sind. Während das im Grundstromkreis mit Ersatzspannungsquelle bei geringstem Innenwiderstand erreicht wird, muss im Grundstromkreis mit Ersatzstromquelle der Innenwiderstand möglichst groß sein, damit der Strom durch den Innenwiderstand klein gegenüber dem Strom durch den Belastungswiderstand ist. 2.4 Elektrische Energie und elektrische Leistung 145 In Abhängigkeit von Ra/Ri haben die Kurven für den Wirkungsgrad entsprechend der unterschiedlichen Formeln unterschiedliche Verläufe: Bild 2.125 Wirkungsgrad für Grundstromkreise Sind der Außenwiderstand Ra und der Innenwiderstand Ri gleich, ist der Wirkungsgrad K = 0,5. Die von der Energiequelle gelieferte Leistung wird nur zur Hälfte im Außenwiderstand umgesetzt. Auf diesen Anpassungsfall wird im Folgenden eingegangen. 2.4.5 Anpassung Wirkungsgrad-Maximum, Verbraucherleistung-Maximum In der Starkstromtechnik kommt es bei der Erzeugung, Übertragung und Weiterverwendung auf einen guten Wirkungsgrad der Leistungsumwandlung an, denn die Umwandlungen dürfen nicht mit zu großen Verlusten verbunden sein. In der Schwachstromtechnik, d. h. in der Nachrichtenübermittlung der Nachrichtentechnik, ist man weniger an einem guten Wirkungsgrad des Nachrichtenträgers interessiert, sondern an einer am Verbraucher maximal abgegebenen Leistung. Die maximale Leistung wird bei Widerstandsanpassung erreicht: der Belastungswiderstand Ra des passiven Zweipols muss gleich dem Innenwiderstand Ri des aktiven Zweipols sein. Die Berechnungen für die Widerstandsanpassung lassen sich auf den Grundstromkreis beschränken, weil jedes Gleichstrom-Netzwerk in einen Grundstromkreis mit aktiven und passiven Zweipol überführt werden kann. Zum Abschluss der Behandlung der Gleichstromtechnik sollen die den Grundstromkreis beschreibenden Größen einschließlich der Leistungen in Abhängigkeit von den Widerständen zusammengefasst werden. Dabei sollen Strom, Spannung und die Leistungen auf Maximalwerte bezogen und in Abhängigkeit vom Widerstandsverhältnis Ra/Ri dargestellt werden. Damit sind auch Aussagen über die Größen bei Anpassung möglich. 146 2 Gleichstromtechnik Grundstromkreis mit Ersatzspannungsquelle Grundstromkreis mit Ersatzstromquelle Bild 2.126 Grundstromkreis mit Ersatzspannungsquelle Bild 2.127 Grundstromkreis mit Ersatzstromquelle maximale Spannung: Leerlaufspannung maximaler Strom: Kurzschlussstrom Ul = Uq = Ik Ri Ik maximaler Strom: Kurzschlussstrom Ik Uq maximale Spannung: Leerlaufspannung Ul = Iq Ri = Ik Ri Ul Ri Ri Strom: Spannung: U Ul U Ul Ul Ri Iq Ra Ri Ra 1 (2.209) 1 1 Ra / Ri Strom: R i R i R a Uq I Ik 1 R 1 a Ri Ri Ri Ra I Ik 1 R 1 a Ri (2.210) Spannung: U Iq R i R a 1 Ul R i R a Iq R i Uq I Ik I Ik (2.211) U Ul 1 1 1 Ra / Ri (2.212) Weil die Ersatzspannungsquelle und die Ersatzstromquelle äquivalent sind, ist das Strom- und Spannungsverhalten in beiden Grundstromkreisen gleich. Bei Anpassung mit Ra = Ri ist der Klemmenstrom gleich dem halben Kurzschlussstrom und die Klemmenspannung gleich der halben Leerlaufspannung (vgl. Abschnitt 2.1.1) I Ik 0,5 und U Ul 0,5. 2.4 Elektrische Energie und elektrische Leistung Leistungen im Grundstromkreis mit Ersatzspannungsquelle 147 Leistungen im Grundstromkreis mit Ersatzstromquelle Erzeugerleistung: Leistung der Energiequelle PE = Uq I PE = I q U innere Leistung: am Innenwiderstand umgesetzte Leistung U2 Ri äußere Leistung: am Außenwiderstand umgesetzte Leistung (Verbraucherleistung, Klemmenleistung) Pi I2 R i Pa 2 I Ra Pa Ik mit I Pa Pi Pa Ik 2 R i Pa Pk 2 Ri Ra R i R a Ri Ra 2 Ul Ri Ra Ul 2 R i R a 2 Ra Ul2 Ri Ra R i R i R a 2 Pa Pk Pk Ri Ra R i R a Ik 2 R i Ul 2 Ri P k = Ik U l 2 (2.213) Ik Ik R i Ul 2 Ra2 1 2 R R R i a a Pa Ul2 Ri Ra R i R i R a 2 Pa Pl das ist die Kurzschlussleistung, die bei kurzgeschlossenen Klemmen am Innenwiderstand Ri umgesetzt wird. Ik 2 Ri Ra Ri Ra Ik 2 R i2 R a 2 1 2 R i R a R a Pa Ik 2 R i Pa Pl Pl (2.215) Ri Ra R i R a Pa mit Pl Ul Ul Ri Ra Ri Ra Pa oder mit U Pa mit Pk 2 R i R a oder mit I Pa Ra R i R a Ul mit U Ri Ri Ra Ik 2 R i2 U2 Ra Ri Ra R i R a Ri Ra R i R a Ul 2 Ri Ik 2 Ri Pl = Ik U l 2 2 (2.214) Ul Ul Ri Ik Ik R i (2.216) das ist die Leerlaufleistung, die bei offenen Klemmen am Innenwiderstand Ri umgesetzt wird. 148 2 Gleichstromtechnik Damit ergibt sich für die äußere Leistung bezogen auf die Kurzschluss- bzw. Leerlaufleistung mit Pk = Pl = Pkonst.: Ra Ri Pa Pkonst. § R ·2 ¨1 a ¸ © R i ¹ (2.217) . Sie hat ein Maximum bei Anpassung der Widerstände, wie rechnerisch nachgewiesen werden kann: ­ ½ § § ·2 · ° R a ° 1 ¨1 R a ¸ 2 ¨1 R a ¸ R a ° d ­ Pa ½ d ° R i © R i ¹ © R i ¹ R i ! 0 ® ¾ ® ¾ 2 §R ·¯P § R ·4 ¿ §R a ·°§ R a · ° a d¨ ¸ ¨1 d¨ a ¸ konst. ¸ ° ¨1 ¸ ©R i ¹ ©R i ¹° © R i ¹ ¯© R i ¹ ¿ d. h. 1 Ra R 2 a Ri Ri 0 bzw. Ra Ri 1. Die maximale Verbraucherleistung beträgt dann Pa max Pkonst. 1 , 4 d. h. Pa max Pk 4 bzw. Pa max Pl . 4 (2.218) Bild 2.128 Spannung, Strom und Leistung in Abhängigkeit von den Widerständen im Grundstromkreis In der Nachrichtenübertragung wird also ein schlechter Wirkungsgrad in Kauf genommen, um eine maximale Verbraucherleistung zur Verfügung zu haben. Übungsaufgaben zum Abschnitt 2.4 149 Übungsaufgaben zum Abschnitt 2.4 2.38 In einem elektrischen Warmwasserspeicher mit einem Fassungsvermögen von 40 Liter soll ein Heizelement eingebaut werden, das so bemessen ist, dass Wasser von 11,5ºC in drei Stunden auf 80ºC erwärmt wird. 1. Ermitteln Sie die elektrische Leistung, die das Heizelement aufnimmt, wenn der Wirkungsgrad 80 % beträgt. 2. Berechnen Sie die Stromaufnahme, wenn der Warmwasserspeicher an eine Spannung von 220V angeschlossen wird. 2.39 Eine Wasserpumpe mit elektromotorischem Antrieb soll je Stunde 20m3 Wasser in einen Behälter pumpen, der 25m höher liegt. Der Wirkungsgrad der Pumpe beträgt 70 %, der des Motors 90 %. 1. Berechnen Sie die Leistung des Antriebsmotors. 2. Welcher Strom fließt bei einer Spannung von 220V? 2.40 An einem aktiven Zweipol mit Uq = 20V und Ri = 1: ist ein variabler Widerstand Ra = 0:, 0,5:, 1:, 5:, 10: und 15: angeschlossen. 1. Berechnen Sie die Funktionen I = f(Ra), U = f(Ra), Pa = f(Ra), Pi = f(Ra), Pges = f(Ra). 2. Stellen Sie die Funktionen übersichtlich in einem Diagramm dar. Diskutieren Sie den Anpassungsfall. 2.41 Ein Thermoelement liefert eine Thermospannung von 150PV/K bei einem Innenwiderstand von 20. Bei einem Temperaturunterschied von 100K zwischen den Lötstellenwerden nacheinander drei empfindliche Strommesser angeschlossen, die einen Endausschlag von 100PA, 1mA und 10mA haben. Der Eigenverbrauch der drei Strommesser beträgt bei Endausschlag jeweils 20PW. 1. Stellen Sie das Ersatzschaltbild der Messschaltung dar und berechnen Sie die Größen der Ersatzschaltelemente. 2. Berechnen Sie die Ströme, die bei Anschluss der Messinstrumente fließen. 3. Welches Instrument hat den größten Ausschlag und warum? http://www.springer.com/978-3-658-09097-5