5.3 Betreuungsmaßnahmen

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23.07.2012
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5. Funktionsbezogene Einstufung bei Kindern und Jugendlichen
Durchschnittsmonats werden unter starker Gewichtung des Pauschalierungsgedankens in diesem Buch zum höheren Komfort des Gutachters die Zeitwerte der
einzelnen Hilfs- und Betreuungsmaßnahmen in Stunden pro Monat angegeben. Sollten Sie als Gutachter in einem Einzelfall aufgefordert werden die Zeitwerte in Minuten pro Tag anzugeben, finden Sie im Annex eine Umrechnungstabelle zu den einzelnen Pflegeverrichtungen.
5.2.8 Übersichtstabelle
Im Annex finden Sie eine Übersichtstabelle der einzelnen Hilfs- und Betreuungsmaßnahmen mit empfohlenen Überschreitungsrahmen und Altersgrenzen.
Judikatur: OGH 10 ObS 68/05f, OGH 10 ObS 10/08f
5.3 Betreuungsmaßnahmen
216
Grundsätzlich gelten für Kinder- und Jugendliche die gleichen Kriterien
bei der funktionellen Ermittlung des Pflegebedarfs wie bei Erwachsenen. Die
abweichenden Besonderheiten bei der Gruppe der Kinder und Jugendlichen
werden bei den einzelnen Betreuungsmaßnahmen dargestellt. Insbesondere
werden Altersgrenzen der selbständigen Durchführung der jeweiligen Betreuungsmaßnahme, Überschreitungskriterien und für diese Gruppe der Pflegebedürftigen typische Betreuungsleistungen vorgestellt.
217
Die vorgeschlagenen Zeitwerte sind Empfehlungen für den Regelfall. Sie
beziehen sich, wie die Altersgrenzen, auf eine Durchschnittsbetrachtung. Wesentliche Abweichungen im Einzelfall sind individuell zu beurteilen.
In jedem Fall sind die jeweiligen Zeitwerte, insbesondere abweichende
Zeitwerte, zu begründen.
PRAXISTIPP
Bei der Altersgrenze führen Sie am besten an, dass diese der Expertenempfehlung entspricht.
Weichen Sie vom üblichen Zeitwert ab, begründen Sie das mit den bei der
Untersuchung des Kindes oder Jugendlichen festgestellten funktionellen Einschränkungen und dem jeweiligen Pflegeaufwand.
5.3.1 Tägliche Körperpflege
Tägliche Körperpflege
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ab dem 7. Lebensjahr 25 Stunden pro
Monat
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5.3.2 Sonstige Körperpflege
Alle Einzelverrichtungen, die zur Aufrechterhaltung eines hygienischen 218
Mindeststandards dienen; Reinigung von Gesicht, Händen, Ober- und Unterkörper, Genitalbereich und Zähne putzen.
Ab dem vollendeten 7. Lebensjahr können sich Kinder selbständig täglich
waschen. Eine kurze Kontrolle nach dem Zähneputzen rechtfertigt nicht, einen
Betreuungsbedarf anzunehmen.
Fehlende Steh- oder Sitzfähigkeit bedingen per se noch keine Erhöhung
des Gesamtaufwands und keinen behinderungsbedingten Mehraufwand.
Empfohlener Überschreitungsrahmen – zehn Stunden pro Monat – 219
altersunabhängig
●
Ausgeprägte motorische Funktionseinschränkungen wie Spastik, Lähmungen oder Kontrakturen erschweren die Körperpflege und erfordern
einen höheren Zeitaufwand.
●
Sind die Kinder oder Jugendlichen durch medizinisch indizierte Behandlungen wie beispielsweise andauernde Sauerstofftherapie in ihrer
Gesamtbeweglichkeit beeinträchtigt, erhöht sich der Zeitaufwand bei
der Körperpflege. Es ist darüber hinaus besondere Sorgfalt erforderlich.
●
Leiden die Kinder an einer Schwäche des Stützapparats oder erhöhter
Verletzungsgefahr wegen Brüchigkeit der Knochen und ist beim Waschen besondere Vorsicht geboten, erhöht sich der Zeitwert.
●
Sind besondere hygienische Vorkehrungen wegen Infektionsrisiko im
Rahmen einer schweren, andauernden Erkrankung des Kindes oder Jugendlichen notwendig, erhöht sich der Zeitaufwand.
●
Müssen Kinder oder Jugendliche bei laufenden Behandlungen auf allfällige Nebenwirkungserscheinungen im Rahmen der Körperpflege
zusätzlich beobachtet werden, erhöht sich der Zeitaufwand. Beispielsweise die Kontrolle der Schleimhäute auf petechiale Blutungen im Rahmen einer Chemotherapie.
●
Leiden Kinder an schweren geistigen Behinderungen oder Verhaltensstörungen mit ausgeprägten mehrmals wöchentlich auftretenden heftigen Abwehrreaktionen, Gegenwehr oder Aggressionen, erhöht sich der
Zeitaufwand für die Körperpflege.
5.3.2 Sonstige Körperpflege
Baden oder Duschen
ab dem 7. Lebensjahr 4 Stunden pro
Monat
Zwei Mal wöchentliches Duschen oder Baden. Mitumfasst sind Haare wa- 220
schen und föhnen und das Schneiden der Finger- und Zehennägel. Mitumfasst
ist das Eincremen des Körpers nach dem Bad.
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5. Funktionsbezogene Einstufung bei Kindern und Jugendlichen
Ab dem vollendeten 7. Lebensjahr können sich Kinder üblicherweise selbständig duschen oder baden.
221
Empfohlene Überschreitung – sonstige Körperpflege – altersunabhängig: Ist medizinisch indiziert häufigeres Baden als zwei Mal wöchentlich vorgeschrieben, insbesondere mit bestimmten Badezusätzen, erhöht sich der Zeitwert
um jeweils 30 Minuten pro Bad.
5.3.3 Zubereitung der Mahlzeiten
Zubereitung der Mahlzeiten
ab dem 15. Lebensjahr 30 Stunden
pro Monat
Mithilfe
ab dem 12. Lebensjahr 10 Stunden
pro Monat
Zubereitung aller üblichen Mahlzeiten eines Tages, insbesondere einer
warmen gekochten Hauptmahlzeit.
Das Zubereiten einer Hauptmahlzeit umfasst das Planen, den Einkauf der
erforderlichen Lebensmittel und das Kochen im engeren Sinn. Kinder und Jugendliche bereiten in unserem Kulturkreis üblicherweise keine komplette warme
Hauptmahlzeit zu.
222
Selbständige Mithilfe beim Zubereiten der Mahlzeiten: Ab dem vollendeten 12. Lebensjahr ist eine gewisse selbständige Mithilfe beim Zubereiten der
Mahlzeiten üblich. Die Mithilfe umfasst das Zubereiten der Jause oder eines einfachen Abendesssens sowie das Aufwärmen vorgekochter Speisen. Ist diese selbständige Mithilfe behinderungsbedingt nicht möglich, ist ein Pflegebedarf von
zehn Stunden pro Monat anzunehmen.
223
Empfohlener Überschreitungsrahmen – 30 Stunden pro Monat – altersunabhängig: Üblicherweise essen Kinder und Jugendliche jene Speisen, die für
die gesamte Familie zubereitet werden. Es fällt daher für gesunde und normal
entwickelte Kinder kein zusätzlicher Zeitaufwand an. Ist wegen einer andauernden Erkrankung oder Behinderung des Kindes oder des Jugendlichen ein gesondertes Zubereiten erforderlich, ist dieser Aufwand ab einem gewissen Ausmaß als Betreuungsmaßnahme zu berücksichtigen.
114
●
Müssen behinderungs- oder krankheitsbedingt regelmäßig mehr als
fünf Mahlzeiten frisch für das Kind oder den Jugendlichen zubereitet
werden, ist altersunabhängig der volle Zeitwert für das Zubereiten der
Mahlzeiten von 30 Stunden monatlich zu berücksichtigen.
●
Muss behinderungs- oder krankheitsbedingt regelmäßig für das Kind
oder den Jugendlichen eine eigene spezielle Speise zubereitet werden,
ist altersunabhängig der volle Zeitwert für die Zubereitung der Mahlzei-
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5.3.4 Einnehmen der Mahlzeiten
ten von 30 Stunden pro Monat zu berücksichtigen. Diese gesonderte
Zubereitung wird dann notwendig sein, wenn das Kind oder der Jugendliche eine medizinisch indizierte Spezialdiät einhalten muss. Ein
Betreuungsbedarf ist nur dann anzunehmen, wenn das Zubereiten dieser Spezialdiät besonders aufwändig ist. Beispielsweise die Einzelzutaten genauestens gewogen werden müssen.
●
Keine Spezialdiät im Zusammenhang mit Mehraufwand ist: Reduktionskost, kalorisches Anreichern der Speisen oder das Weglassen Allergie auslösender Nahrungsbestandteile. Auch das Zubereiten der Mahlzeiten aus ausschließlich frischen Produkten ohne Verwendung von
Halbfertig- oder Fertigprodukten rechtfertigt keinen pflegerelevanten
Mehrbedarf.
5.3.4 Einnehmen der Mahlzeiten
Einnahme der Mahlzeiten
ab dem 3. Lebensjahr 30 Stunden
pro Monat
224
Das Einnehmen aller Speisen und Getränke während eines Tages.
Ab dem 3. Lebensjahr ist bei kompletter Nahrungseingabe oder Nahrungsaufnahme mittels Handführung der volle Zeitwert für Einnahme der Mahlzeiten
mit 30 Stunden pro Monat zu berücksichtigen.
Ist ab dem 3. Lebensjahr lediglich die selbständige Einnahme breiiger oder
vorgeschnittener Mahlzeiten möglich, ergibt das keinen Betreuungsbedarf für
Einnahme der Mahlzeiten.
Empfohlener Überschreitungsrahmen – zehn bis 20 Stunden pro Monat 225
– altersunabhängig
●
Ist die Nahrungsaufnahme durch schwere Fehl- oder Missbildungen
und orofacialer Dysfunktion erheblich erschwert, so steigt der Zeitaufwand für die Einnahme der Mahlzeiten, abhängig vom Ausmaß der Behinderung.
●
Liegt im Zuge einer Behinderung des Kindes eine ausgeprägte Trinkschwäche beim Säugling vor, erhöht sich der Zeitaufwand für die Nahrungseingabe je nach Ausmaß.
PRAXISTIPP
Bedenken Sie bei der Festlegung des Zeitaufwands, dass das Stillen eines
gesunden Säuglings im Durchschnitt einen täglichen Zeitaufwand von zwei
Stunden bedeutet.
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5. Funktionsbezogene Einstufung bei Kindern und Jugendlichen
Sie werden im Zuge der Begutachtungen immer wieder mit extrem hohen
Zeitangaben der Eltern für das Stillen bzw Fläschchen Verabreichen konfrontiert werden. Die Gründe mögen vielfältig sein und spiegeln in gewisser
Weise die Familiensituation wider. Nach Aussagen der Experten ist in diesen
Fällen familientherapeutische Hilfe geboten. Wäre die Nahrungsaufnahme
medizinisch begründet, würden andere Wege gewählt. Ein Stillen oder eine
andere Nahrungseingabe, die den Zeitrahmen von vier Stunden täglich überschreitet – also der doppelte Zeitaufwand als bei einem gesunden Säugling –
wäre eine nicht vertretbare familiäre Zusatzbelastung.
●
Kommt es im Zuge der Nahrungsaufnahme wiederholt und regelmäßig
zum Erbrechen, erhöht sich der Zeitaufwand für die Einnahme der
Mahlzeiten entsprechend dem Aufwand.
●
Leiden Kinder an schweren geistigen Behinderungen oder Verhaltensstörungen mit ausgeprägten mehrmals wöchentlich auftretenden heftigen Abwehrreaktionen, vehementer Verweigerung und Gegenwehr
oder Aggressionen, erhöht sich der Zeitaufwand für die Einnahme der
Mahlzeiten.
●
Bei extrem erschwerter Nahrungseingabe ist eine maximale Erhöhung
auf 60 Stunden pro Monat abzuwägen.
5.3.5 Verrichtung der Notdurft
Verrichtung der Notdurft
226
ab dem 4. Lebensjahr 30 Stunden
pro Monat
Umfasst das Aufsuchen der Toilette, die bestimmungsgemäße Benützung
und die abschließende Reinigung.
Ab dem vollendeten 4. Lebensjahr sind Kinder üblicherweise kontinent
und benützen selbständig die Toilette.
227
Empfohlener Überschreitungsrahmen – fünf Stunden pro Monat – ab
dem 4. Lebensjahr
116
●
Braucht ein Kind oder Jugendlicher nach dem vollendeten 4. Lebensjahr
regelmäßig Hilfe bei der Reinigung nach dem Stuhlgang, ist der anfallende Zeitaufwand zu berücksichtigen.
●
Muss ein Kind oder Jugendlicher medizinisch indiziert regelmäßig katheterisiert werden, da es/er diese Verrichtung noch nicht selbst ausführen kann oder diese behinderungsbedingt nicht ausführen kann, ist
der Zeitaufwand zu berücksichtigen und mit zehn Minuten pro Katheterisierung anzusetzen.
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5.3.6 Reinigung wegen Inkontinenz
PRAXISTIPP
Kinder und Jugendliche werden üblicherweise nicht mit einem Dauerkatheter
versorgt, sondern mehrmals täglich mit einem Einmalkatheter katheterisiert. Ist
das Kind oder der Jugendliche mit einem Dauerkatheter versorgt, ist die Betreuungsmaßnahme Katheter-Pflege mit fünf Stunden pro Monat anzunehmen.
●
Liegt bei einem Kind oder Jugendlichen Stuhl- und Harninkontinenz
vor und wird es/er regelmäßig zur Toilette begleitet, da es/er die Verrichtung der Notdurft alleine nicht bewerkstelligt, sind ab dem vollendetem 4. Lebensjahr die Betreuungsmaßnahmen Verrichtung der Notdurft und Hilfe bei Reinigung wegen Inkontinenz zu berücksichtigen.
Die Ausführungen treffen auch beim sogenannten Toilettentraining zu.
5.3.6 Reinigung wegen Inkontinenz
Reinigung bei Inkontinenz
ab dem 4. Lebensjahr 20 Stunden
pro Monat
Das Wechseln des Inkontinenzmaterials, die Reinigung des Kindes oder 228
Jugendlichen und das notwendige An- und Auskleiden.
Liegt bei einem Kind oder Jugendlichen ab dem vollendeten 4. Lebensjahr
eine Inkontinenz vor, so ist der volle Zeitwert für die Betreuungsmaßnahme
Reinigung bei Inkontinenz zu berücksichtigen, sofern er nicht selbständig die
einzelnen Handgriffe durchführt.
Empfohlener Überschreitungsrahmen – fünf Stunden pro Monat – ab 229
dem 4. Lebensjahr
●
Bei Kindern und Jugendlichen gibt es typischerweise alleiniges nächtliches Einnässen. Tritt dieses regelmäßig, also nicht nur gelegentlich wenige Male im Monat auf, ist der Zeitaufwand zu berücksichtigen.
PRAXISTIPP
Der erhöhte Aufwand durch das häufige Waschen der Bett- und Leibwäsche
ist unter der Hilfsverrichtung Pflege der Leib- und Bettwäsche entsprechend
zu berücksichtigen. Bei Kindern und Jugendlichen ist kein Fixwert anzunehmen, sondern wie bei allen Hilfsverrichtungen der tatsächliche behinderungsbedingt anfallende Mehraufwand.
●
Liegt bei einem Kind oder Jugendlichen Stuhl- und Harninkontinenz
vor und er wird regelmäßig zur Toilette begleitet, da er die Verrichtung
der Notdurft alleine nicht bewerkstelligt, sind ab dem vollendeten 4. Le-
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5. Funktionsbezogene Einstufung bei Kindern und Jugendlichen
bensjahr die Betreuungsmaßnahmen Verrichtung der Notdurft und
Hilfe bei Reinigung wegen Inkontinenz zu berücksichtigen.
Die Ausführungen treffen auch beim so genannten Toilettentraining zu.
5.3.7 An- und Auskleiden
230
An- und Auskleiden
pro Monat
ab dem 5. Lebensjahr 20 Stunden
Teilhilfe beim An- und Auskleiden
pro Monat
ab dem 5. Lebensjahr 10 Stunden
Betrifft das komplette An- und Ausziehen üblicher Kleidungsstücke morgens und abends und die Auswahl der Kleidung.
PRAXISTIPP
Im Kindesalter obliegt die Auswahl der adäquaten Kleidung und die Anleitung
zum regelmäßigen Wäschewechsel den Eltern. Bei Kindern umfasst das Anund Auskleiden demnach den selbständigen Kleiderwechsel der vorbereiteten
Kleidung.
Erst Jugendliche sind in der Lage selbständig die angemessenen Kleidungsstücke auszuwählen und regelmäßig die Wäsche zu wechseln.
231
Benötigt ein Kind ab dem vollendeten 5. Lebensjahr Unterstützung beim
An- und Ausziehen, ist der volle Zeitwert von 20 Stunden anzunehmen.
232
Erst ab dem Alter zwischen 12 und 15 sind die Auswahl der Kleidung und
der Wäschewechsel relevant. Das Erreichen des Status Jugendlicher ist kein reines Altersmaß, sondern hängt stark von der individuellen Entwicklung ab. Diese
wird mitgeprägt vom Lebensumfeld und den gestellten Herausforderungen.
Überforderung kann zur Reifung aber auch zum Regredieren führen.
Fehlende Steh- oder Sitzfähigkeit bedingen per se noch keine Erhöhung
des Gesamtaufwands und keinen behinderungsbedingten Mehraufwand.
233
Empfohlener Überschreitungsrahmen – zehn Stunden pro Monat – altersunabhängig
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●
Ausgeprägte motorische Funktionseinschränkungen wie Spastik, Lähmungen, Kontrakturen erschweren das An- und Auskleiden und erfordern einen höheren Zeitaufwand.
●
Sind die Kinder oder Jugendlichen durch medizinisch indizierte Behandlungen wie beispielsweise andauernde Sauerstofftherapie in ihrer
Gesamtbeweglichkeit beeinträchtigt, erhöht sich der Zeitaufwand
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5.3.8 Einnahme der Medikamente
beim An- und Auskleiden. Es ist darüber hinaus besondere Sorgfalt erforderlich.
● Leiden die Kinder an einer Schwäche des Stützapparats oder erhöhter
Verletzungsgefahr wegen Brüchigkeit der Knochen und ist beim Anund Ausziehen besondere Vorsicht geboten, erhöht sich der Zeitwert.
● Sind besondere hygienische Vorkehrungen und besonders häufiger
Kleiderwechsel medizinisch indiziert, erhöht sich der Zeitaufwand.
● Leiden Kinder an schweren geistigen Behinderungen oder Verhaltensstörungen mit ausgeprägten, mehrmals wöchentlich auftretenden heftigen Abwehrreaktionen, Gegenwehr oder Aggressionen, erhöht sich
der Zeitaufwand für die Körperpflege.
Teilhilfe beim An- und Auskleiden – zehn Stunden pro Monat – ab dem 234
vollendeten 7. Lebensjahr: Benötigt das Kind oder der Jugendliche aufgrund
zusätzlicher Funktionseinschränkungen Hilfe beim Kleiden der oberen oder unteren Körperhälfte, ist ab dem vollendeten 7. Lebensjahr diese Teilhilfe, wie bei
Erwachsenen, zu berücksichtigen.
Hilfe beim An- und Ablegen orthopädischer Schuhe – fünf Stunden pro 235
Monat – altersunabhängig: Bei Fehlstellungen oder Missbildungen an den unteren Extremitäten müssen Kinder und Jugendliche oftmals orthopädische
Schuhe tragen. In der Regel ständig während des ganzen Tages. Das An-und Ablegen ist zeitaufwendig und wird auch bei sonst selbständigem Kleiderwechsel
nicht alleine bewältigt.
Kinder und auch Jugendliche müssen auch immer wieder überzeugt werden, diese Schuhe zu tragen. Der Zeitaufwand für die Betreuer ist daher, ungeachtet des Alters, zu berücksichtigen.
PRAXISTIPP
Die bei Kindern und Jugendlichen häufig erforderliche Unterstützung beim Anlegen von Orthesen oder Stützmiedern wurde zu einer Betreuungsmaßnahme
zusammengefasst. Sie finden Sie unter sonstige Betreuungsmaßnahmen.
5.3.8 Einnahme der Medikamente
Medikamenteneinnahme
altersunabhängig 3 Stunden pro
Monat
Subcutaninjektionen
altersunabhängig 5 Stunden pro
Monat
Einnahme mittels Haler
altersunabhängig 5 Stunden pro
Monat
Feuchtinhalationen
altersunabhängig 10 Minunten pro
Inhalation
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5. Funktionsbezogene Einstufung bei Kindern und Jugendlichen
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Die Medikamentenverabreichung, in welcher Form auch immer, umfasst
das Vorbereiten des Präparats, die Kontrolle der Einnahme und Hilfestellung bei
der Einnahme oder Anwendung.
Gesunde, nicht behinderte Kinder nehmen keine Medikamente ein, daher
ist die Unterstützung der Medikamenteneinnahme immer, unabhängig vom Alter, ein behinderungsbedingter Mehraufwand und entsprechend zu berücksichtigen.
Eine selbständige Medikamenteneinnahme schließt ein, dass Kinder und
Jugendliche Nebenwirkungen und Folgekonsequenzen abschätzen können.
Zur Betreuungsmaßnahme Medikamenteneinnahme zählen auch das
Überwachen der Einnahme und die Kontrolle des Verschluckens. Geistig behinderte oder verhaltensveränderte Kinder verweigern oftmals heftig die Einnahme, spucken die Tabletten wieder aus oder schlucken sie nicht hinunter.
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Die Verabreichung von Subcutaninjektionen und allfälliger vorausgehender Blutzuckerbestimmung sind so lange als Betreuungsbedarf zu berücksichtigen, bis alle Einzelverrichtungen durch das Kind oder den Jugendlichen beherrscht werden und diese die Folgewirkungen kennen und abschätzen können. Die rein handwerklichen Fähigkeiten sind für eine selbständige Verrichtung
nicht ausreichend.
5.3.9 Anus-praeter-Pflege, Kanülen- oder Sonden-Pflege und
Katheter-Pflege
238
Anus-praeter-Pflege
altersunabhängig
7, 5 Stunden pro Monat
Kanülen- oder Sonden-Pflege
altersunabhängig
5 Stunden pro Monat
Katheter-Pflege
altersunabhängig
5 Stunden pro Monat
Die angeführten Betreuungsmaßnahmen umfassen alle jeweils erforderlichen Handgriffe wie Entleerung, Reinigung und Desinfektion der Sonde, des
Katheters, der Kanüle, allenfalls des Irrigators, das hygienische Säubern der Haut
und die notwendige Hautpflege.
Bei gesunden, nicht behinderten Kindern und Jugendlichen werden derartige Anwendungen nicht durchgeführt. Es ist daher, unabhängig vom Alter, der
behinderungsbedingte Mehraufwand entsprechend zu berücksichtigen.
Die Art der Handhabung unterscheidet sich nicht wesentlich von jener bei
Erwachsenen.
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