Fixed Income: Auf der Suche nach Gleichgewicht

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Fixed Income: Auf der Suche nach
Gleichgewicht
Beunruhigend war zuletzt, dass auf dem Markt für europäische Staatsanleihen keine Risikoaufschläge
erhoben wurden – trotz vom wachsenden Populismus ausgelösten Tail Risks. Volatilitäten auf den
Märkten für Staatsanleihen blieben bislang aus und pendelten sich zwischen einer moderaten
Spreadausweitung und rückläufigen politischen Risiko ein. Obwohl sich Emmanuel Macron bei der
zweiten Runde der Präsidentenwahl am 7. Mai gegen Front-National-Kandidatin Marine Le Pen
durchsetzen konnte, glauben wir nicht, dass der Sieg Macrons die Gefahr einer Fragmentierung der
Eurozone langfristig tilgen kann. Vielmehr stellt der wachsende Nationalismus mittlerweile die dritte
große Herausforderung für den Euroraum dar, beginnend mit der Staatsschuldenkrise von 2011 und der
Flüchtlingswelle im Jahr 2015.
Vermehrte Einpreisung von Risiken im Euroraum
Wir gehen davon aus, dass auf den Märkten des Euroraums (mit Ausnahme Deutschlands) bis zur Wahl
in Italien in 2018 mehr Risiken eingepreist werden dürften. In Italien strebt die Protestbewegung “Fünf
Sterne” ein Referendum über die Mitgliedschaft im Euroraum an und hat sich zu einem ernsten Rivalen
der regierenden Mitte-Links-Partei entwickelt. Wir halten derzeit keine Positionen in Italien, auch wenn
wir der Ansicht sind, dass alle defensiven Trades unser Übergewichtung im Euro-Währungsgebiet
zugutekommen dürften. Regional gesehen bieten außerdem mittel- und osteuropäische Währungen den
Vorteil, dass die zugehörigen Zahlungsbilanzen positiv und Handelsverflechtungen mit dem
europäischen Wachstum tief sind. Weiterer Pluspunkt: Sie sind nicht in die Probleme des Euros
verwickelt.
Ungewisse Entwicklung in Großbritannien
Was Großbritannien betrifft, so ist es unserer Meinung nach zu früh, um abzuschätzen, welche
Auswirkungen der Austritt des Landes aus der EU auf die Politik des Euroraums haben wird. Gleichwohl
ist es kein Geheimnis, worin die Herausforderungen für die britische Wirtschaft bestehen. Neben dem
Inflationsdruck, dem Druck auf die Verbrauchernachfrage und einer hohen Volatilität über den
zweijährigen Trennungsprozess könnte das Britische Pfund in Mitleidenschaft gezogen werden. Als
Frühindikator beobachten wir vor allem die Verhandlungen über die Ausgleichszahlungen – also die
Verbindlichkeiten Großbritanniens gegenüber der EU. Sollte sich dieser Prozess als schwieriger als
ohnehin gedacht erweisen, drohen für die Zukunft eventuell noch größere Schwierigkeiten zwischen
beiden Seiten.
In den USA ist man weiterhin auf der Suche nach einem Gleichgewicht zwischen der sehr positiven
Grundstimmung und den harten Fakten, sprich niedrigeren Zinssätzen und einer strafferen Politik der
US-Notenbank Fed. Wir denken, dass die qualitativen und quantitativen Maßnahmen zu einem
moderaten Wachstumsanstieg von knapp 2,2 Prozent führen dürften. Sollte die Regierung in puncto
Steuerreform vorankommen, könnte das Wachstum auch stärker ausfallen. Allerdings ist nicht davon
auszugehen, dass sich Trumps wachstumsfördernden Regulierungs- und Fiskalmaßnahmen vor 2018
bemerkbar machen. Nach wie vor besteht eine Kluft zwischen den geldpolitischen Prognosen der USNotenbank (Fed), den anhaltend niedrigen Zinssätzen und den lockeren Finanzbedingungen.
Höheres Niveau bei US-Zinsen
Wir rechnen damit, dass sich die US-Zinsen auf höherem Niveau einpendeln werden. Zudem bleibt
abzuwarten, ob sich die allgemeinen Finanzbedingungen verschlechtern. Dies beeinflusst nicht zuletzt
unseren Ausblick für die künftige Fed-Politik. In unserem Basisszenario gehen wir davon aus, dass die
Fed die Zinsen in diesem Jahr noch zweimal anheben und damit beginnen wird, ihre Bilanz zu
bereinigen. Das Tempo für Zinserhöhungen könnte dann in 2018 noch einmal anziehen.
China: Verschuldung bleibt kurzfristig größtes Risiko
Für uns bleibt es dabei, dass die Hauptrisiken in den Entwicklungsländern von China ausgehen, nicht
zuletzt weil die Märkte hier möglicherweise zu optimistisch agieren. Die Konjunkturabschwächung stellt
eine langfristige Herausforderung dar, aber auf kurze Sicht sind vor allem die steigenden
Finanzierungskosten der überschuldeten chinesischen Unternehmen beunruhigend. Die Schulden der
wichtigsten chinesischen Finanzinstitute sind so hoch, dass ein Eingriff der chinesischen Regierung
denkbar ist. Selbst wenn dies so kommen sollte, macht das aber nicht die mangelnde Transparenz in
Bezug auf notleidende Kredite in den Bilanzen der chinesischen Banken wett. Wir halten folglich an
unserer Überzeugung fest, jene asiatischen Währungen unterzugewichten, die den Markt- oder
konjunkturellen Turbulenzen in China am stärksten ausgesetzt sind. Hierzu zählen etwa der Taiwan-,
Singapur- und Hongkong-Dollar.
Die Schwellenländerwährungen feiern nach vier turbulenten Jahren ein Comeback und bieten einige der
besten Chancen auf den heutigen Märkten. In Teilen der Entwicklungsländer haben wir es mit einer
seltenen Kombination aus Value und sich verbessernden Fundamentaldaten zu tun, wobei die
Währungen im Vergleich zu den Schulden nach wie vor unterbewertet sind. Im Gegensatz zur
allgemeinen Auffassung denken wir, dass die Schwellenländer den Epizentren der heutigen politischen
Risiken eher weniger ausgesetzt sind als zum Beispiel die meisten Industrieländer. Kurz gesagt
bevorzugen wir Märkte, die unserer Meinung nach vom Wachstum in Europa und den USA profitieren
können, ohne in deren politischen Problemen unterzugehen.
Politisches Risiko ist nach wie vor vorhanden
Das heißt nicht, dass das politische Risiko aus den Schwellenländern verschwunden ist. Man denke nur
an die Volatilitätssprünge des südafrikanischen Rands nach der Amtsenthebung des Finanzministers
oder die Reaktion der türkischen Lira auf den Sieg von Präsident Erdoğan beim umstrittenen
Verfassungsreferendum. Es handelt sich hierbei aber um konkrete Einzelfälle, die weniger Potenzial
haben, auf andere Bereiche überzugreifen.
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