Planeten - Wanderer im All

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LANG· WHITNEY
Planeten - Wanderer im All
KennethR.Lang
Charles A.Whitney
PlANETEN
Wanderer im All
Satelliten
fotografieren und erforschen
neue Welten
im Sonnensystem
Dbersetzt von Thomas Biihrke
Geleitwort
von Jakob Staude
Mit 291 Abbildungen davon 77 in Farbe
Springer-Verlag
Berlin Heidelberg New York
London Paris Tokyo
Hong Kong Barcelona
Budapest
Professor Kenneth R. Lang
Professor Charles A.Whitney
Department of Physics
and Astronomy
Tufts University
Medford, MA 02155, USA
Harvard-Smithsonian Center
for Astrophysics
60 Garden Street
Cambridge, MA 02138, USA
Ubersetzer
Dr. Thomas Biihrke
Christian-Bitter-StraRe 2/1
D-69126 Heidelberg
Titel der amerikanischen Originalausgabe:
Wanderers in Space: Exploration and Discovery in the Solar System
© Cambridge University Press 1991
ISBN-13: 978-3-642-49077-4
e-ISBN-13: 978-3-642-93526-8
DOl: 10.1007/978-3 -642-93 526-8
Sonderauflage fur Weltbild Verlag GmbH, Augsburg
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© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1993
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betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften.
Herstellung und Innengestaltung: C.-D. Bachem, Heidelberg
Reproduktionen der Abbildungen: Gustav Dreher GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: Appl, Wemding
55/3120 - Gedruckt auf saurefreiem Papier
Geleitwort
Der Dampf und Rauch zahlloser Raketenstarts hat sich verfliichtigt,
die sensationellen Raumfahrtmissionen der letzten beiden J ahrzehnte,
die zu den Planeten unseres Sonnensystems fiihrten, riicken immer
mehr aus den Schlagzeilen unserer Zeitungsblatter heraus. Was bleibt
zuriick, wie hat sich das Weltbild des Menschen verandert?
Aus den strahlenden Lichtpunkten, die den starren Sternhimmel
durchwandernd die Nacht mit gottlichem Leben erfiillten, sind irdische Landschaften geworden. Nicht wirklich irdisch, denn wir konnen
nicht auf eigenen FiiRen darin staunend einhergehen. Aber wenn wir
mit den Bildern Vorlieb nehmen, die uns jene Raumsonden beschafft
haben, und wenn wir uns etwas von dem Wissen aneignen, das
die Forscher seit Galileis erstem Blick durch sein Fernrohr von den
Planeten und anderen Korpern des Sonnensystems gesammelt haben, dann konnen wir jene Welten schon fast so intensiv wie unsere
eigene erleben.
So aus der Nahe betrachtet, erweisen sich diese Welten als irdisch
insofern, als auch dort die Natur von Wind und Wetter gepragt ist. Der
Zahn der Zeit, dessen Wirken wir hier unten an unseren Landschaften
zu erkennen gewohnt sind, hat auch auf dem Mond, auf Venus und
Mars die Landschaft gestaltet. Und wie bei uns die Geologen aus den
Phanomenen und Formen der Oberflache auf die innere Struktur der
Erde und auf die Geschichte ihrer Geburt und Entwicklung schlieRen,
so gibt es heute auch eine Geologie der Planeten und ihrer Monde.
Die Welt unserer Erfahrung hat sich erweitert - auf etwas kiinstliche
Weise zwar, mit Hilfe von kaum vorstellbarer technischer Leistung.
Aber doch haben wir, und dieses Buch zeigt das in aller Deutlichkeit,
einen neuen, umfassenden, schon fast sinnlichen Einblick gewonnen
in die Einheit der Natur.
Jakob Staude
Fur Marcella undJane
Vorwort zur deutschen Dbersetzung
Als die erste englische Ausgabe dieses Buches mit dem Titel Wanderers
in Space in Druck ging, hatte Voyager 2 gerade Neptun erreicht und
die Magellan-Sonde noch nicht mit der Kartierung der Venusoberfliiche begonnen. Wir haben deswegen die Ergebnisse dieser wichtigen
Beobachtungen in eine zweite Auflage aufgenommen, die dieser tJbersetzung zugrunde liegt.
Magellans Radar vermochte die dichte Wolkendecke der Venus zu
durchdringen und entdeckte eine einzigartige Landschaft mit ungewohnlichen Einschlagskratern, Oberfliichenformationen, die durch
aufquellende Magma aus sogenannten Hot Spots entstanden sind,
und eine vulkanische Aktivitiit, die mit derjenigen auf der Erde nicht
vergleichbar ist. Die Boden der Meteoritenkrater sind mit erstarrter
Lava angefiillt und von unregelmiigig verteiltem Auswurfmaterial
umgeben, das sich beim Einschlag wie eine Fliissigkeit verhalten haben
muK Kleine Krater bilden hiiufig kompakte Haufen. Auf der Venus
gibt es keine Anzeichen fUr zusammenprallende Kontinentalplatten
oder mittelozeanische Riicken wie auf der Erde. Vielmehr haben vertikale Magmastrome im Zusammenhang mit Hot Spots die Venusoberfliiche aufgewolbt, zerbrochen, gestaucht und gedehnt. Die gesamte
Oberfliiche des Planeten wurde einst von riesigen Lavastromen eingeebnet und ist heute mit zehntausenden von Vulkanen iibersiit. Mindestens einer von ihnen ist derzeit noch aktiv. Dariiber hinaus fanden die
Planetologen einzigartige vulkanische Gebilde, die sie Spinnweben,
Coronae und Pfannkuchen-Kuppeln nannten.
Voyager 2 vermittelte uns erstmals ein detailliertes Bild der iiugeren Planeten. Neptuns Atmosphiire erwies sich als iiberraschend aktiv,
obwohl dieser Planet von der Sonne kaum noch erwiirmt wird. Die
Kameras an Bord der Sonde offenbarten einen riesigen Wirbelsturm,
der dem Grogen Roten Fleck Jupiters sehr iihnlich ist, und heftige
Winde umkreisen den Planeten mit hohen Geschwindigkeiten. Sie
werden vermutlich durch die innere Wiirme des Planeten angetrieben.
Die Rotationsachse des Uranus liegt auf der Seite. Einige Planetologen
vermuten die Ursache hierfiir in einem streifenden Zusammenstog mit
einem grogeren Korper. Die Magnetfeldachsen von Uranus und Neptun sind gegen deren Rotationsachsen geneigt und aus den Planetenzentren herausgeriickt. Beide Planeten sind von dunklen, diinnen Rin-
x
Vorwort zur deutschen Dbersetzung
gen umgeben, zwischen denen groBe Leerraume klaffen. Ein kleiner
Mond halt wahrscheinlich den auBersten Neptunring zusammen und
erzeugt Verdichtungen in ihm. Der Neptunmond Triton zeigte sich als
eine faszinierende Welt. Er ist von einer dunnen, stickstoffreichen
Atmosphare umgeben, und einst explodierten auf seiner Oberflache
Eisvulkane. Voyager 2 fand daruber hinaus Fontanen, die an irdische
Geysire erinnern. Heute ist Triton der kiilteste bekannte Ort im Planetensystem. Fruher einmal bewegte sich Triton jedoch moglicherweise
auf einer eigenen, heliozentrischen Umlaufbahn und wurde spater von
Neptun eingefangen. Die dabei auftretenden Gezeitenkrafte erwarmten das Innere des Mondes. Pluto ist eine frostige Gesteinswelt mit einer dunnen Atmosphare. Er wird von einem Mond umkreist, der im
Vergleich zu Pluto viel zu groB ist. Pluto und Triton sind sich sehr ahnlich, und moglicherweise gibt es tausende solcher kleiner Eiswelten in
den auBersten, dunklen Bereichen des Sonnensystems.
Medford, April 1993
Kenneth R. Lang
Charles A. Whitney
Vorwort
Waren friiher die Planeten nur Lichtpunkte am Himmel, so kennen wir
heute ihr wah res Aussehen. Zunachst mit groRen Teleskopen und
jiingst auch mit Raumsonden entdeckten wir diese faszinierenden
Welten, von denen keine der anderen gleicht. AIle Planeten, bis auf
Pluto, konnten wir aus nachster Nahe beobachten: Menschen waren
auf dem Mond, und unbemannte Raumschiffe landeten auf Mars und
Venus. In diesem Buch schildern wir die Ergebnisse dieser fesselnden
Entdeckungsreisen der vergangenen zwei Jahrzehnte. Zahlreiche, mit
Planetensonden gewonnene Fotos vermitteln uns einen Eindruck von
der Vielfalt dieser Welten, und Diagramme verdeutlichen physikalische Zusammenhiinge. Zusatzlich haben wir Gemalde mit aufgenommen, die bestimmte Phanomene bildhaft veranschaulichen sollen.
Unsere Reise durch das Sonnensystem beginnt auf dem Mond,
dem Sprung brett zu den Planeten. Seine zerfurchte Oberflache liegt
unter einem Himmel, der auch am Tage tiefschwarz ist. Es gibt keine
Gerausche, kein Wetter, kein Wasser und kein Leben. Sehr wahrscheinlich war dies auch in der Vergangenheit der Fall. Obwohl wir bis
heute nicht einmal sicher wissen, wie der Mond entstanden ist, gibt er
uns wichtige Hinweise auf die Entwicklung der Erde.
Wir setzen unsere Reise fort zu Merkur. Er ahnelt auRerlich dem
Mond und im Innern der Erde. Raumsonden erkundeten unter der
wolkenverhangenen Atmosphare unseren Nachbarplaneten Venus,
auf des sen Oberflache es so heiR ist, daR Blei schmelzen wiirde. Moglicherweise gab es friiher Ozeane, die jedoch langst verdampft sind.
1m Gegensatz zu allen anderen Planeten existiert auf der Erde Leben. Wir bewohnen den einzigen Planeten im Sonnensystem, der geniigend fliissiges Wasser und atmospharischen Sauerstoff besitzt. Die
Kontinente gleiten iiber den Globus wie Inseln, stoRen zusammen und
verschmelzen miteinander. Der Meeresboden wird hingegen standig
aus dem Innern neu gebildet. Eine diinne Lufthiille schiitzt die Lebewesen, die ihrerseits standig diesen Schild veriindern. Weiter drauRen
ist die Erde von einer Magnethiille umgeben, die zeitweilig wie eine
kosmische Neonrohre aufleuchtet.
Roboter entdeckten exotische und unerwartete Einzelheiten auf
Mars; riesige Vulkane, tiefe Spalten und breite Rinnen, die darauf hindeuten, daR einst Wasser auf dem roten Planeten floK
XII
Vorwort
Dann durchqueren wir den Asteroidengiirtel, und gehen dabei
auch auf die Hypothese ein, dag die Dinosaurier moglicherweise ausstar ben, als die Erde mit einem Asteroiden zusammenstieK Die beiden
Voyager-Sonden haben unser Wissen iiber Jupiter, Saturn, Uranus
und Neptun ganz wesendich erweitert. Sie entdeckten riesige Wirbelstiirme, fliissigen Wasserstoff und den Heliumregen im Innern Saturns. Diese vier Planeten sind aIle von Ringen umgeben, die sich jedoch sehr voneinander unterscheiden. 10, einer der Jupitermonde, ist
vulkanisch aktiv und erneuert dadurch stan dig seine Oberflache. Der
Saturnmond Titan besitzt eine stickstoffreiche Atmosphare. Uranus'
Rotationsachse liegt auf der Seite, und auch seine Magnetfeldachse ist
merkwiirdig geneigt. Seine Monde zeigen komplizierte Oberflachenformationen. Neptuns innere Warme treibt vermudich das Wetter auf
diesem blauen Gasplaneten an. Auf seinem Mond Triton explodieren
eventuell noch he ute Eisvulkane. Pluto ist eine kleine Welt aus Eis und
Stein mit einem ungewohnlich grog en Mond.
Dann setzen wir unsere Reise zu den Kometen fort. Wir diskutieren die Aufnahmen der Giotto-Sonde vom dunklen Kern des Halleyschen Kometen und spekulieren iiber die unsichtbare Kometenwolke,
die sich bis auf den halben Weg zum nachsten Stern ausdehnt. Asteroiden und Kometen sind Dberreste des friihen Sonnensystems und geben uns wichtige Hinweise auf des sen Entstehung. Dies ist das Thema
unseres letzten Kapitels, in dem wir uns schliemich auch mit der Frage
nach anderen Planetensystemen befassen.
Wir sind zahlreichen Fachleuten zu Dank verpflichtet, die einzelne
Kapitel gelesen haben und wertvolle Anregungen gaben. Hierzu
zahlen: Jayne Aubele, Alan P. Boss, John C. Brandt, Joseph A. Burns,
Alastair G. W. Cameron, Clark R. Chapman, Lawrence Colin, Barney
J. Conrad, Armand H. Delsemme, Stanley F. Dermott, Larry W. Esposito, Owen Gingerich, Lawrence Grossman, Robert M. Haberle,
Norman H.Horowitz, William Hubbard, D.M. Hunten, Torrence
V.Johnson, Stephen M.Larson, Myron Lecar, Conway Leovy, John
S. Lewis, Brian Marsden, Ursula Marvin, David Morrison, Gordon
H. Pettengill, Gerald Schubert, Zedenek Sekanina, Conway W. Snyder,
Larry Taylor, Stuart Ross Taylor, Joseph Veverka und Fred Whipple.
Zu dem Titel dieses Buches regte uns Peter Sturrock bei einigen
Drinks in einem chinesischen Restaurant an.
Medford, 1991
Kenneth R. Lang
Charles A.Whitney
Inhaltsverzeichnis
KAPITEL I
Welten in Bewegung
Astronomie, die iilteste und jiingste Wissenschaft
Sonnentanz . . . . . . . . . .
Die Bewegung des Mondes . .
Die Bewegungen der Planeten
Die Harmonie der Welten ..
Die Bestimmung der Sonnenentfernung
Newtons Apfel und die universelle Gravitation
Eine neue Gravitationstheorie . . . . . . . . . .
KAPITEL 2
25
26
28
33
45
58
64
70
3 Merkur: eine zerfurchte Welt
Eine kleine Welt im Glanz des Sonnenlichts
Merkurs diinne Atmosphiire . .
Die verzogerte Rotation . . . .
Eine mondiihnliche Oberfliiche
Ein erdiihnliches Inneres . . . .
Das seltsame Magnetfeld des Merkur
KAPITEL
21
Der Mond: Sprung brett zu den Planeten
Die Mondoberfliiche ..
Der Mond aus der Niihe
Das Innere des Mondes .
Die Gezeiten, Vergangenheit und Zukunft des Mondes
Die unsichere Herkunft des Mondes . . . . . . . . . .
KAPITEL
1
3
8
16
79
81
83
86
89
90
4 Venus: der verhiillte Planet
Die Gottin der Liebe .. .
Die Atmosphiire . . . . .
Die Temperatur der Venus
Unter den Wolken
95
99
104
107
Inhaltsverzeichnis
XIV
KAPITEL
5 Die rastlose Erde
Der Planet Erde . . . . . . . .
Reise zum Mittelpunkt der Erde
Die Umgestaltung der Erde
Die Entwicklung der Atmosphare
Polarlichter und die irdische Magnethulle
KAPITEL
6 Mars: die rote Wuste
Ein erdahnlicher Planet .
Die Atmosphare
Die Oberflache . . . . .
Wasser auf Mars ... .
Chancen fur Leben auf Mars.
Die geheimnisvollen Marsmoncle
KAPITEL
167
169
175
182
188
193
7 Asteroiden, Meteore und Meteorite
Die Umlaufbahnen der Asteroiden . . . . . . . .
Die physikalischen Eigenschaften der Asteroiden
Der Ursprung der Asteroiden . . . . . . .
Meteorite - Steine, die vom Himmel fallen . . . .
KAPITEL
127
134
140
152
160
199
208
213
214
8 Jupiter: cler Gasriese
Der Konig cler Planeten .
Die obere Atmosphare
Unter den Wolken
Jupiters Magnetfeld
Jupiters Ring und seine Monde
KAPITEL 9
227
229
234
236
240
Saturn: Herr der Ringe
Der Planet Saturn
Die Saturnringe
Die Monde ...
257
261
270
Inhaltsverzeichnis
KAPITEL 10
Uranus, Neptun und Pluto: die Eiswelten
Neue Welten am Rande des Planetensystems
Sturmwolken auf den auEeren Planeten
Ozeane und geneigte Magnete
Monde und Ringe des Uranus . . . . . .
Monde und Ringe des Neptun . . . . . .
Pluto: ein Eisplanet mit einem zu groEen Mond
KAPITEL I I
281
286
291
294
302
311
Kometen: Wanderer zwischen den Welten
Die Bewegungen der Kometen
Woher kommen die Kometen?
Die Natur der Kometen
Kometentriimmer . . . . . . .
KAPITEL 12
xv
317
323
329
340
Die Entstehung des Sonnensystems
Wie alt ist das Sonnensystem? . . . .
GesetzmaEigkeiten im Sonnensystem
Die Sternentstehung . . . . . . . . .
Die urspriingliche Nebularhypothese
Probleme der Nebularhypothese
Moderne Versionen der Nebularhypothese .
Die Suche nach anderen Planetensystemen .
351
353
355
358
359
360
366
ANHANG
Daten cler Planetenbahnen
Physische Elemente der Planeten .
Die Monde . . . . . . . . . . . .
369
370
BIBLIOGRAPHIE . .
375
SACHVERZEICHNIS
387
372
Die Astrologen des Lebens.
Dieses 1947 entstandene Gemiilde
von Rufino Tamayo zeigt die SiIhouetten von zwei Menschen, die
den Himmel beobachten. Es konnte
fur die Bemiihungen des heutigen
Wissenschaftlers stehen, die
Geheimnisse des Universums zu
entriitseln. Der Vollmond und ein
Komet erhellen den azurblauen
Himmel. Die geometrischen Figuren
symbolisieren moglicherweise
Stern- oder Planetenkonstellationen.
Ein roter Turm sendet Radiosignale
zu extraterrestrischen Zivilisationen. (Sotheby Parke Bernet Inc.,
New York, 1985)
KAPITEL I
Welten in Bewegung
ASTRONOMIE,
DIE ALTESTE UND JUNGSTE WISSENSCHAFT
Wenn wir in einer klaren Nacht zu den gewohnten Sternbildern wie
den Plejaden, dem GroiSen Baren, Orion oder Kassiopeia aufblicken,
nehmen wir an einem uralten Schauspiel teil. Wir sind darin die Akteure, die auf der »Biihne Erde« vor dem Hintergrund der Sterne und Planeten ihre Geschichte spielen.
Die Namen der Sternbilder erinnern uns an die alten Erzahler und
Astrologen. Sie zeichneten die Geschichte der Menschheit auf und
setzten dem menschlichen Geist ein Denkmal, indem sie die Gestalten
ihrer Mythologien am Firmament verewigten. In der Bibel wird erzahlt, daiS Hiob Gott lasterte. Urn die Allmacht Gottes und die Nichtigkeit des Menschen zu zeigen, fragt Gott Hiob ironisch:
Kniipfst du die Bande des Siebengestirns,
oder lost du des Orions Fesseln?
Fiihrst du heraus des Tierkreises Sterne zur richtigen Zeit,
lenkst du die Lowin samt ihrenJungen?
Jene alten Schreiber waren in gewisser Weise die Schriftsteller der damaligen Zeit. Und wenn wir genau lesen, erkennen wir, daiS die heutigen Astronomen - also die geistigen Nachfahren der alten Astrologen
und Mathematiker - iiber menschliche Einsichten und Errungenschaften schreiben, wenn sie die jiingsten Entdeckungen schildern. Kaum
eine Entdeckungsgeschichte kann jedoch beeindruckender sein als diejenige von der Dberwindung der Schwerkraft. Es gelang uns, die
Dunstschicht unserer Atmosphare zu durchdringen und zum Mond
und den Planeten vorzustoiSen. Damit iiberwanden wir nicht nur physisch, also mit dem Korper und den Augen, natiirliche Grenzen, sondern erweiterten insbesondere auch unseren geistigen Horizont.
Viele Sternzeichen stehen, wie auch in dem obigen Bibelzitat, fUr
Tiere. 1m Tierkreiszeichen, dem jahrlichen Weg der Sonne am Himmel, finden wir Krebs, Lowe, Skorpion, Steinbock oder Stier. Sie erinnern an eine Zeit, als es selbst die Astrologie noch nicht gab. Damals
war »Mutter Natur« noch eine lebende Kraft, eine lebensspendende
und behiitende Freundin, die unter den Tieren lebte.
2
Welten in Bewegung
Die Astronomie kam in dem Moment auf, als die Astrologen bemerkten, daB Sonne, Mond und Planeten durchaus keine wunderlichen Tiere sind, die am Himmel umherstreunen, sondern Korper, die
einem komplizierten, aber nachvollziehbaren Weg folgen. Die Astrologen begannen schlieBlich, den Lauf der Sonne genau zu verfolgen, sei
es aus religiosen Grunden, sei es, urn den Ausgang einer Schlacht vorherzusagen oder die Tage der Aussaat zu bestimmen. Ihre akribischen
Aufzeichnungen bildeten die Grundlage fur die Entwicklung spaterer
Himmelsmodelle. Die von den Griechen in der Antike entwickelten
Vorstellungen des Universums gehen groBtenteils auf Mathematiker
zuruck, die fuhlten, daB der grundlegende Aufbau des Weltalls mathematischen und physikalischen Gesetzen gehorcht und nicht menschlichen oder animalistischen.
Bei der damaligen Astronomie-Astrologie war die Grenze zwischen Mythologie und Wissenschaft flieBend. Die Himmelsbeobachtungen enthullten zahlreiche RegelmaBigkeiten in Raum und Zeit, die
es erlaubten, die Jahreszeiten zuverlassig vorherzusagen und schlieBlich immer genauere Kalender zu erstellen. Viele alte Bauwerke scheinen nach bestimmten Himmelskorpern ausgerichtet zu sein: Hierzu
zahlen die Stelen von Stonehenge (Bild 1.1) sowie Mauern, Fensteroffnungen und Gange der alten Observatorien in Agypten, Indien, China
und Mittelamerika. Sonne, Mond und die Planeten wurden nicht nur
beobachtet, urn einen MaBstab fUr den Lauf der Zeit zu bekommen.
Viele Priester hielten daran fest, daB der Himmel Macht uber die Natur hat und das Leben der Menschen bestimmt.
Diese zwiespaltige Erbschaft ist der Grund dafur, daB die heutige
Astronomie eine junge Wissenschaft ist. Sie ubernahm physikalische
Methoden und verwarf viele der alten Mythen. Die Astronomen haben he ute die Vorstellung einer direkten Einwirkung der Planeten auf
das tagliche menschliche Leben aufgegeben, weil keine astrologische
MutmaBung einer genauen Prufung standhalt.
Selbstverstandlich baut die Arbeit der Astronomen auf den alten
Beobachtungen der Sonne, des Mondes und der Planeten auf, deren
Bewegungen wir heute im Rahmen der Gravitationstheorie verstehen.
Die Entwicklung dieser Theorie war eine notwendige Voraussetzung
fur die Weltraumfahrt. Aus diesem Grunde sollten wir unsere Geschichte mit einer kurzen Einfuhrung in die uns umgebenden Welten
beginnen.
Sonnentanz
3
Bild 1.1. Sonnenaufgang zwischen
den alten Steinen von Stonehenge
im Siidwesten Englands. Vor tausenden von J ahren, noch vor der
Einfiihrung der Schrift und der Kalender, diente dieses Monument dazu, die Sommer- und Wintersonnenwenden zu bestimmen. Die Sonne
geht im Laufe des Jahres an verschiedenen Stellen am Horizont auf.
Den nordlichsten Punkt erreicht sie
am Tag der Sommersonnenwende,
dem Sommeranfang am 21. Juni.
Von diesem Tag an wandert der Aufgangspunkt am Horizont und erreicht zur Wintersonnenwende, dem
Winteranfang am 22. Dezember, den
siidlichsten Punkt. Vom Mittelpunkt
des Hauptsteinkreises von Stonehenge aus kann ein Beobachter den
Sonnenaufgang zur Sommersonnenwende iiber einen Markierungsstein
auRerhalb des Kreises beobachten.
Auf- und Untergang der Sonne zur
Wintersonnenwende sind durch
weitere Steine innerhalb des Kreises
markiert. (Foto: Owen Gingerich)
SONNENTANZ
Die Erde ist rund
Viele der alten Gelehrten waren der Meinung, die Erde sei flach, und in
der Tat erscheint sie auch uns zuniichst als Scheibe. Bereits zu Aristoteles' Zeiten (384 bis 322 v. Chr.) hatte man die Kriimmung der Erde aus
der Form ihres Schattens erschlossen. Wiihrend einer Mondfinsternis
4
Welten in Bewegung
wandert der Erdschatten iiber die Mondoberflache. Dieser Schatten
ist immer rund, unabhangig von der Orientierung der Erde. Nur ein
runder Korper wirft jedoch in jeder Orientierung einen runden Schatten (Bild 1.2). Selbstverstandlich zeigen heute Aufnahmen yom Weltraum aus die Kugelgestalt der Erde (Bild 1.3).
Man kann sich selbst davon iiberzeugen, daB die Meeresoberflache gekriimmt ist, indem man ein Schiff beobachtet, das am Horizont verschwindet: Zuerst verliert man den Rumpf und schlieBlich den
Mast aus den Augen. Steigt man ein nahegelegenes Steilufer hinauf, erscheint das Schiff wieder iiber der Rundung des Horizonts. Durch die
Kugelgestalt der Erde ist es auch moglich, an einem Abend mehr als einen Sonnenuntergang zu sehen (Bild 1.4).
Bild 1.2. Der runde Erdschatten.
Diese mehrfach belichtete Aufnahme einer totalen Mondfinsternis
zeigt die runde Form des Erdschattens. Hieraus schlossen die
griechischen Astronomen, daB die
Erde kugelformig sein miisse, denn
nur ein kugelformiger Korper wirft
bei verschiedenen Finsternissen
immer einen runden Schatten.
Wahrend der Finsternis erscheint
der Mond kupferfarben. Das Foto
machte Akira Fuji wahrend der
Mondfinsternis vom 30. Dezember
1982
Bild 1.3. Weltraumaufnahme der
Erde. Yom Weltraum aus zeigt die
Erde ahnliche Phasen wie der Mond.
Dieses Foto machte die Besatzung
von Apollo 11 imJuli 1969 aus
einer Entfernung von 180000 Kilometern. Die Raumfahre war damals auf dem Weg zur ersten Mondlandung. Da diese Aufnahme im
Sommer gemacht wurde, ist die
nordliche Halbkugel (ohen) starker
beleuchtet als die siidliche. Man erkennt den groBten Teil von Afrika
und Asien, wahrend es in Indien
bereits Nacht ist. Durch die Erdrotation wird es in wenigen Stunden
auch in Afrika dunkel. Die Tag- und
Nachthalfte sind durch die Dammerungszone getrennt.
(Foto: NASA)
5
Sonnentanz
Bild 1.4. Mehrfache Sonnenuntergange. Da die Erde rund ist, konnen Sie am Abend mehr als einen
Sonnenuntergang sehen. Stellen Sie
sich am FuBe eines nach Westen hin
abfallenden Berges auf. Wenn die
Sonne untergegangen ist, laufen Sie
schnell auf die Spitze, dann werden
Sie fur einen Moment die Sonne wiedersehen. Den umgekehrten Effekt
erreichen Sie, wenn Sie bei Sonnenaufgang den Berg hinunterlaufen
Untergehende
Sonne
" I.,
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Zweiter
-----..
Sonnenuntergang
Erddrehung
Sonnenzeit
Die Sonne bewegt sich jeden Tag in westlicher Richtung iiber den Himmel. Dies niitzt man zum Bau einer Sonnenuhr aus. Deren Konstruktion kann sich zwar zu einem faszinierenden geometrischen Problem
entwickeln, es gibt jedoch ein sehr einfaches Verfahren, urn auch ohne
Berechnungen eine genaugehende Sonnenuhr zu bauen. Zuerst muR
man ein ebenes Gelande finden, das den ganzen Tag iiber sonnenbeschienen ist. Ais nachstes schneide man einen kraftigen, diinnen, ein
bis zwei Meter langen Stock an beiden Enden spitz zu. Nun schlage
man ihn senkrecht in die Erde, so daR die Spitze seines Schattens auf
den Boden fiilIt. Dann schneide man eine Reihe kurzer Stocke ab, markiere alle Stunde oder Viertelstunde die Stellung der Schattenspitze
und schreibe auf jeden Stock die entsprechende Uhrzeit.
Wahrend die Sonne iiber den Himmel wandert, bewegt sich der
Schatten iiber den Boden. 1st der groRe, aufrechtstehende Stock, auch
Gnomon genannt, lang genug, konnen Sie seine Schattenbewegung in
weniger als einer Minute erkennen. 1st der Stock zwei Meter lang, bewegt sich die Schattenspitze in einer Stunde etwa urn ein Drittel der
Stablange, also rund 60 Zentimeter, weiter. Das entspricht einem Zentimeter pro Minute. 1m Vergleich hierzu »huscht« die Schattenspitze
des 300 Meter hohen Eiffelturms mit einer Geschwindigkeit von
1,5 Metero pro Minute iiber den Boden.
Die Jahreszeiten
Jeden Tag erreicht die Sonne mittags in der Nahe des Meridians, also
des durch Zenit, Nadir und die beiden Himmelspole laufenden GroRkreises, ihren hochsten Punkt am Himmel. Betrachtet man die Sonnenuhr das ganze Jahr iiber, so erkennt man an der Lange des Schattens, daR sich die mittagliche Sonnenhohe mit den Jahreszeiten andert.
Fiir Beobachter auf der nordlichen Halbkugel beginnt der Sommer offizielI, wenn die Sonne ihren nordlichsten Punkt erreicht hat. Dann
namlich steigt sie am hochsten und beschreibt den groRten Bogen am
Himmel (Bild 1.5).
Welten in Bewegung
6
Mittag
I
Sommer
Winter
Horizont
Ost
West
Innerhalb eines Jahres scheint die Sonne nach Norden und Siiden
zu wandern, weil ihr jahrlicher Weg 23,5 Grad gegeniiber der Aquatore bene der Erde geneigt ist. Diesen Weg nennt man die Ekliptik
(nach dem griechischen Wort fiir ausbleiben, verschwinden), denn nur
dort konnen Finsternisse stattfinden. Auf beiden Halbkugeln steht die
Sonne im Sommer am hochsten, und ihre Strahlen treffen nicht so
flach auf die Erdoberflache (Bild 1.6). Allerdings sind die Jahreszeiten
auf den beiden Hemispharen urn ein halbes Jahr gegeneinander verschoben, so daR auf der Siidhalbkugel beispielsweise der Sommer am
21. Dezember beginnt.
Tag und Nacht
Zu jedem Zeitpunkt ist eine Halfte der Erdoberflache sonnenbeschienen, wahrend die andere im Dunkeln liegt (Bild 1.7). Die Grenze zwischen diesen beiden Halften ist die Dammerungszone. Die Erde dreht
sich vom Nordpol aus gesehen entgegen dem Uhrzeigersinn. In dieser
sogenannten prograden Bewegungsrichtung umkreisen die Erde und
alle anderen Planeten auch die Sonne.
Zweimal im Jahr iiberquert die Sonne den Himmelsaquator. An
diesen Tagen geht sie genau urn 6:00 Uhr (lokaler Zeit) im Osten auf
und urn 18:00 im Westen unter. An diesen Aquinoktien sind Tag und
Nacht iiberall auf der Erde gleich lang. Dann beginnt der Friihling (auf
der Nordhalbkugel etwa am 21.Marz) beziehungsweise der Herbst
(etwa am 21. September). An allen anderen Tagen imJahr sind die Zeiten von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang sowie deren Positionen
am Horizont abhangig von der geographischen Breite und dem
Datum.
Es gibt noch zwei weitere wichtige Tage: Die Solstitien, an denen
die Sonne am weitesten vom Himmelsaquator entfernt ist. Am 21. J uni
Bild 1.5. Die Bewegung der Sonne
iiber dem siidlichen Horizont. Der
hochste Punkt am Himmel sowie
Auf- und Untergang am Horizont
verschieben sich im Laufe eines
Jahres. Die Sonne geht zu den Aquinoktien (Tag- und Nachtgleiche)
genau im Osten auf und im Westen
unter. 1m Sommer geht sie im Nordosten auf, erreicht ihren hochsten
Stand und bleibt am liingsten am
Himmel. 1m Winter geht sie im Siidosten auf, steigt nur wenig iiber den
Horizont, und die Tage sind kiirzer
Sonnentanz
Bild 1.6. Die Jahreszeiten. Die Erdrotationsachse weist stets in diesel be
Richtung, namlich zum Polarstern.
Dadurch andert sich die Neigung
der Nord- und Siidhalbkugel beziiglich der Sonne, und die Sonnenstrahlen treffen in verschiedenen
Winkeln auf die Erdoberflache. So
entstehen die J ahreszeiten. 1m Sommer ist die Oberflache starker zur
Sonne geneigt, und die Strahlen fallen fast senkrecht auf den Boden. 1m
Winter ist die entsprechende Hemisphare we iter von der Sonne weggeneigt, so daR die Strahlen in flacherem Winkel auftreffen. Wenn es
in der einen Hemisphare Sommer
ist, ist es in der anderen Winter. (Die
GroRen der Erde und der Sonne sowie der Durchmesser der Erdbahn
sind nicht maRstabsgetreu wiedergegeben)
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Herbst auf der ordha lbkugel
Friihling auf d~r Slidha lbkugel
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Wimer auf der ordha lbkugel
Sommer auf det Slidha lbkugel
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Sommer auf der Nord\ :
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Nord :
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Friihling auf der Nordhalbkugel
Herbst auf der Slidha lbkugel
steht sie am nordlichsten, und wir haben auf der Nordhalbkugel den
langsten Tag des Jahres; am 21. Dezember steht sie am siidlichsten, so
daR jetzt auf der Siidhalbkugel der langste Tag ist.
Die Farben des Sonnenuntergangs
Bild 1.7. Tag und Nacht. Die Erde
dreht sich einmal in 24 Stunden urn
ihre Achse; dadurch entstehen Tag
und Nacht. Jeder Ort auf der Erde
bewegt sich auf einem Kreis parallel
zum Aquator und verbringt dabei, je
nach seiner geographischen Breite,
verschieden lange Zeit im Sonnenschein. Hier ist in der Nordhemisphare Sommer und auf der Siidhalbkugel Winter. We it nordlich gelegene
Orte sind langer in der Sonne, weil
die Erdachse stark zur Sonne geneigt
ist. An den Aquinoktien sind alle
Orte auf der Erde genau einen halben Tag lang im Sonnenlicht; Tag
und Nacht sind gleich lang
Beim Sonnenuntergang geht die Farbe der Sonne von blendendem
WeiR in Rot iiber, weil der blaue Anteil des Lichts bei dem langeren
Weg durch die Atmosphare starker gestreut wird. Das gestreute Licht
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