Inhaltsverzeichnis 1 Differentialgleichungen erster Ordnung 1.1 Allgemeine Definition und Beispiele . . . . . . . . . . . . 1.2 Lineare Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Lösungsmethoden für spezielle Typen von Dgln. 1. Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Die Bernoullische Dgl . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Die Riccatische Dgl. . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Differentialgleichungen mit trennbaren Variablen . 1.3.4 Exakte Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . 2 Existenz und Eindeutigkeit 2.1 Vorbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Räume stetiger Funktionen . . . . . . . . . 2.3 Existenz und Eindeutigkeit von Lösungen . 2.4 Parameterabhängigkeit . . . . . . . . . . . 2.5 Differentialgleichungen höherer Ordnung . 2.6 Potenzreihenansatz . . . . . . . . . . . . . 2.7 Schwache Singularität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Lineare Differentialgleichungen 3.1 Systeme linearer Differentialgleichungen erster Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Dgls höherer Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Spezielle Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Der Fall konstanter Koeffizienten . . . . . . . . . 3.2.3 Partikuläre Lösungen bei speziellen Störgliedern F 3.3 Differenzialgleichungen mit periodischen Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Gleichgewichte 4.1 Der Fluss einer Differentialgleichung 5 . . . . . . . . . . . . . . 5 . . . . . . . . . . . . . . 11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 13 15 18 24 . . . . . . . 29 29 31 35 44 49 50 60 67 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 77 77 80 86 . . . . . . . . . . . . . . 89 95 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 3 4 INHALTSVERZEICHNIS 4.2 Der Fluss einer autonomen Differentialgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 4.3 Ljapunov-Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 66 INHALTSVERZEICHNIS Kapitel 3 Lineare Differentialgleichungen 3.1 Systeme linearer Differentialgleichungen erster Ordnung Im Folgenden sei immer IK der Körper der reellen oder komplexen Zahlen und I ⊂ IR ein Intervall, t0 ∈ I fest. Wir beherrschen bereits den Fall der Dgln vom Typ u0 = a u + b, mit stetigen Funktion a, b : I −→ IK Wir streben jetzt an, die bei dieser Dgl erfolgreiche Lösungsmethode zu verallgemeinern, so dass wir auch ein System u0 = A · u + B (3.1.1) mit einer n×n-Koeffizientenmatrix A über IK und einer vektorwertigen Funktion B : I −→ IK n behandeln können. Es zeigt sich, dass wir Lösungen explizit angeben können, wenn die Matrix A konstante Koeffizienten hat. Zuvor wollen wir allgemeine Untersuchungen zu Strukturfragen anstellen. 3.1.1 Satz. Sei I ⊂ IR irgendein Intervall und t0 ∈ I. Gegeben sei eine matrixwertige stetige Funktion A : I −→ M (n × n, IR). Dann hat für jedes u0 ∈ IRn das AWP ẏ = A (t) · y, genau eine Lösung. Diese ist auf ganz I definiert. 67 y(t0 ) = u0 68 KAPITEL 3. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN Beweis. Existenz: Wir definieren eine Folge von (vektorwertigen) Funktionen, nämlich Z t u1 (t) := u0 + A (s)u0 ds t0 Z t uk+1 (t) := u0 + A (s)uk (s)ds t0 für k ≥ 1. Dann kann man die Konvergenz dieser Folge auf jedem kompakten Teilintervall J ⊂ I mit t0 ∈ J zeigen. Ist nämlich M := supτ ∈J kA (τ )k, so gilt kuk+1 (t) − uk (t)k ≤ M k+1 ku0 k|t − t0 |k+1 (k + 1)! Das folgt etwa durch Induktion nach k. Dann schätzen wir für k > ` ab: kuj (t) − u` (t)k ≤ j−1 X kuk+1 (t) − uk (t)k k=` j−1 j−1 X M k+1 X M k+1 k+1 k+1 ku0 k|t − t0 | R ≤ ≤ ku0 k (k + 1)! (k + 1)! k=` k=` wobei R die Länge von J sein soll. Durch Supremumsbildung über alle t ∈ J folgt, dass j−1 X M k+1 k+1 sup kuj (t) − u` (t)k ≤ ku0 k R (k + 1)! t∈J k=` Das Cauchykriterium für die gleichmäßige Konvergenz sagt jetzt, dass die Folge der (uk )k gleichmäßig auf J gegen eine Lösung u des gegebenen Anfangswertproblems strebt, denn es ist Z t u(t) = u0 + A (s) · u(s)ds, t0 also u 0 (t) = A (t)u(t), wie durch Differentiation folgt. Eindeutigkeit: Sind u und v zwei Lösungen auf I zum Anfangswertproblem, so gilt für ihre Differenz w := v − u ẇ = A (t)w, w(t0 ) = 0 Ist dann J ein t0 enthaltendes Teilintervall von I und δ < 1/M , dann wird für alle t0 < t < t0 + δ Z t kw(t)k = k A (s)w(s)dsk ≤ M δ sup kw(s)k t0 t0 ≤s≤t0 +δ 3.1. SYSTEME LINEARER DIFFERENTIALGLEICHUNGEN ERSTER ORDNUNG 69 also auch sup t0 ≤s≤t0 +δ kw(s)k ≤ M δ sup t0 ≤s≤t0 +δ kw(s)k was bedeutet, dass supt0 ≤s≤t0 +δ kw(s)k = 0. In entsprechender Weise zeigt man, dass sup t0 +δ≤s≤t0 +2δ kw(s)k = 0, und so fort, also erhalten wir, dass w(t) = 0, wenn t ∈ J und t ≥ t0 . Ebenso zeigt man, dass w(t) = 0, wenn t ∈ J und t ≤ t0 . Nun ziehen wir wichtige Folgerungen aus diesem Satz: 3.1.2 Folgerung. Gegeben sei das Anfangswertproblem aus dem vorherigen Satz. Eine Lösung u der DGL y 0 = A · y dazu hat keine Nullstelle, oder sie ist identisch Null. Beweis. Ist t0 ∈ I und u(t0 ) = 0 so sind u und u e = 0 Lösungen zum selben AWP, nämlich y = A · y, y(t0 ) = 0. Dann ist aber u = 0 wegen der Eindeutigkeitsaussage von Satz 3.1.1. 0 3.1.3 Satz. Gegeben sei das Anfangswertproblem aus dem vorherigen Satz. (1) Die Menge LA aller Lösungen des DGL-Sysytems y 0 = A · y bildet einen Vektorraum über IK. (2) Sind u0,1 , ..., u0,r linear unabhängige Vektoren in IK n , so sind die Werte der Lösungen u(j) , 1 ≤ j ≤ r zum AWP y 0 = A · y, y(t0 ) = u0,j an jeder Stelle t∗ ∈ J linear unabhängig. (3) Ist u0,1 , ..., u0,n eine Basis des IK n und u0 ∈ IK n ein weiterer Vektor mit der Darstellung u0 = n X αj u0,j j=1 dann ist die Lösung u zum AWP: y 0 = A · y, y(t0 ) = u0 gegeben durch u= n X αj u(j) . j=1 Insbesondere sind u(1) , ..., u(n) eine Basis zu LA . Der Vektorraum LA hat die Dimension n. Beweis. (1) Trivial. (2) Angenommen, es gebe Zahlen α1 , ..., αr ∈ IK, die nicht alle verwschwinden, für die aber trotzdem α1 u(1) (t∗ ) + ... + αr u(r) (t∗ ) = 0 ist. Dann hätten wir mit u = α1 u(1) + ... + αr u(r) eine Lösung der DGL y 0 = A · y gefunden, welche bei t∗ eine Nullstelle hat. Nach obiger Folgerung aus Satz 3.1.1 muss nun u = 0 sein. Aber dann ist auch α1 u0,1 + ... + αr u0,r = u(t0 ) = 0, im Widerspruch zur Wahl von u0,1 , ..., u0,r . 70 KAPITEL 3. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN Pn 0 (3) Sowohl u als auch j=1 αj u(j) lösen das AWP y = A · y, y(t0 ) = u0 , müssen also übereinstimmen. Das beweist, dass u(1) , ..., u(n) den Raum LA erzeugen. Aus Teil (2) mit r = n folgt ihre lineare Unabhängigkeit. Definition. Sei A : I −→ M (n × n, IK) wie bisher. Wir bezeichnen jede Basis u1 , ..., un von LA als ein Fundamentalsystem von Lösungen zur Dgl y 0 = A · y. Fassen wir die Spaltenvektoren u1 , ..., un zu einer Matrix zusammen, so entsteht eine Matrix, deren Einträge differenzierbare Funktionen sind, und die in jedem t ∈ I invertierbar ist. Man bezeichnet sie als Wronskimatrix W und ihre Determinante als Wronskideterminante. 3.1.4 Lemma. a) Jede Wronskimatrix W löst die Dgl. W Element von LA . b) Für ihre Determinante gilt die Dgl. 0 = A · W . Jede Spalte von W ist d det W = Spur(A ) det W dt c) Sind W1 und W2 Wronskimatrizen, so gilt W2 = W1 B mit einer invertierbaren Matrix mit konstanten Koeffizienten. d) W (t) sei eine Wronskimatrix. Ist t0 ∈ I und y0 ∈ IRn , so löst der Vektor W (t) · W (t0 )−1 · y0 das Anfangswertproblem y 0 = A (t)y, y(t0 ) = y0 Beweis. a) Die erste Behauptung folgt aus der Definition von W . b) Die Multilinearität der Determinante und die Produktregel für die Differentiation liefern uns d det W dt = n X det W · e1 , W · e2 , ..., W˙ · ej , ., W · en j=1 = det (W · e1 , W · e2 , ..., A W · ej , ., W · en ) = Spur(A ) det(W ) c) Sei t0 ∈ I beliebig. Wir setzen B = W1 (t0 )−1 · W2 (t0 ). Dann ist d (W1 B) = A (W1 B) dt und W1 ·B(t0 ) = W2 (t0 ). Der Eindeutigkeitssatz für die Lösungen linearer Dgl-systeme sagt dann, dass überhaupt W2 = W1 B sein muss. d) Klar. 3.1. SYSTEME LINEARER DIFFERENTIALGLEICHUNGEN ERSTER ORDNUNG 71 Anfangswertprobleme für lineare Differentialgleichungssysteme Nun können wir wieder zu AWPs für Dgln zurückkehren: 3.1.5 Satz Sind A : I −→ M (n, IK) und B : I −→ IK n stetige Abbildungen und ist W : I −→ M (n, IK) eine Wronskimatrix, dann lässt sich die Lösung u des AWP u0 = A · u + B, darstellen in der Form u(t0 ) = u0 −1 Z u(t) = W (t) W (t0 ) u0 + t W (s) −1 B(s)ds t0 Beweis. Ist W : I −→ M (n, IK) eine Wronskimatrix und setzen wir Z t −1 −1 u(t) = W (t) W (t0 ) u0 + W (s) B(s)ds t0 so errechnen wir leicht mit der Produktregel: Z t 0 0 −1 −1 u (t) = W (t) · W (t0 ) u0 + W (s) B(s)ds + B(t) = A (t)u(t) + B(t) t0 Der Fall der konstanten Koeffizientenmatrix Wir können für den Fall, dass A konstante Koeffizienten hat, eine Wronskimatrix mit Mitteln der Linearen Algebra bestimmen. Dazu dient uns als Hilfsmittel: Die Exponentialfunktion für Matrizen Mit M (n, IK) bezeichnen wir den IK-Vektorraum der n × n-Matrizen über IK. Zu jeder Matrix A ∈ M (n, IK) können wir die neue Matrix eA bilden. Grundlage hierfür ist 3.1.6 Lemma a) Für eine Matrix A = (ajk )nj,k=1 ∈ M (n, IK) ist durch kA k = n X !1/2 |ajk |2 j,k=1 eine Norm erklärt. Es ist kA Bk ≤ kA kkBk für A , B ∈ M (n, IK). 72 KAPITEL 3. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN b) Ist A ∈ M (n, IK), so konvergiert die Reihe eA := ∞ X 1 m A m! m=0 innerhalb M (n, IK) gegen eine Matrix aus M (n, IK). Es gilt: e−A eA = En , wobei En die n × nEinheitsmatrix bedeutet. c) Wenn die Matrizen A und B miteinander vertauschen, so gilt eA +B = eA · eB . Weiter −1 haben wir für eine invertierbare Matrix S die Beziehung: eS A S = S −1 eA S . d) Hat A Kästchengestalt: A1 0 0 ... 0 0 0 A2 0 . . . 0 0 0 0 A3 . . . 0 0 A = .. .. .. .. .. . . . . . ... 0 0 . . . . . . Ar−1 0 0 0 ... ... 0 Ar so gilt dies auch entsprechend für eA : eA1 0 0 eA2 0 0 eA = .. .. . . 0 0 0 0 0 ... 0 ... eA3 . . . ... ... ... ... ... ... 0 0 0 .. . eAr−1 0 0 0 0 .. . 0 eAr Beweis. a) Folgt aus der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung. P 1 m b) Offenbar konvergiert die Reihe ∞ jedes j, k ∈ {1, ..., n} zusamm=0 m! kA k . Es folgt für P∞ 1 m m m men mit |(A )jk | ≤ kA k ≤ kA k die Konvergenz der Reihe m=0 m! (A m )jk . Damit ist eA wohldefiniert. c) Wenn A und B miteinander vertauschen, gilt m X m (A + B) = A l B m−l l m l=0 und damit ∞ ∞ X m X X 1 1 l 1 m (A + B) = A B m−l = m! l! (m − l)! m=0 m=0 l=0 ∞ X 1 m A m! m=0 ! ∞ X 1 m B m! m=0 ! = eA eB 3.1. SYSTEME LINEARER DIFFERENTIALGLEICHUNGEN ERSTER ORDNUNG 73 −1 Die Verifikation der Identität eS A S = S −1 eA S ist leicht. d) Folgt durch einfachen Matrixkalkül. Für matrixwertige differenzierbare Funktionen A , B : I −→ M (n, IK) gilt die Produktregel (A · B)0 = A 0 · B + A · B 0 Daraus folgt: Vertauscht B mit B 0 , so gilt wieder (B m )0 = mB m−1 · B 0 . Insbesondere bedeutet dies für die Matrix-Exponentialfunktion: 0 eB = B 0 · eB = eB · B 0 Dies ist der Fall, wenn B(t) = A · (t − t0 ) und A konstante Koeffizienten hat. Wir nehmen nun an, es sei IK = C. Wir wollen jetzt die qualitative Gestalt von eA ·t berechnen. Dazu arbeiten wir mit der Jordanschen Normalform von A . Sind λ1 , ..., λr die paarweise verschiedenen Eigenwerte von A , jeweils mit Vielfachheit kj , so gibt es eine invertierbare Matrix S ∈ M (n, C), so dass A1 0 0 ... 0 0 0 A2 0 . . . 0 0 0 0 A . . . 0 0 3 −1 S · A · S = .. .. .. .. ... . . . . ... 0 0 . . . . . . Ar−1 0 0 0 ... ... 0 Ar wobei die A1 , ..., Ar Kästchen vom Format kj × kj und von der Form sind λj ∗ 0 . . . 0 0 0 λj ∗ . . . 0 0 0 0 λj . . . 0 0 = λj Ekj + Nkj ∈ M (kj , C) Aj = .. .. . . . . ∗ .. . . ... 0 0 . . . . . . λj 1 0 0 . . . . . . 0 λj In der ersten Nebendiagonalen steht 0 oder 1. Die Matrix Nkj ist nilpotent, und weiter gilt Aj t e λj t Nkj t =e e λj t =e kj −1 l X l=0 t Nl l! kj 74 KAPITEL 3. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN Die Spalten j um (t) von eAj t sind damit von der Form (j) P0,m (t) (j) P1,m (t) λj t j um (t) = e . .. (j) Pkj −1,m (t) (j) wobei die Ps,m (t) Polynome vom Grade ≤ kj − 1, für s = 0, ...., kj − 1 sind. Dies liefert uns ein Fundamentalsystem für die Dgl u0 = A u. Wir behandeln nun Beispiele: 1) Das Dgl-System u01 u02 u03 u04 = = = = oder auch u0 = A · u mit Koeffizientenmatrix 0 1 A = 0 0 −8u4 u1 + 16u4 u2 − 14u4 u3 + 6u4 0 0 1 0 0 −8 0 16 0 −14 1 6 Das charakteristische Polynom von A ist f (x) = x4 − 6x3 + 14x2 − 16x + 8 = (x − 2)2 (x2 − 2x + 2) Die Eigenwerte sind λ1 = 1 + i und λ2 = 1 − i mit jeweils Vielfachheit 1, sowie λ3 = 2 mit Vielfachheit 2. Die Eigenräume Ei zu den Eigenwerten λi sind −4 + 4i −4 − 4i −4 8 − 4i 8 + 4i 6 E1 = C −5 + i , E2 = C −5 − i , E3 = C −4 1 1 1 | | {z } {z } =:v1 =:v3 Damit ist A selbst nicht diagonalisierbar. Zur Herstellung der Jordanschen Normalform von A beachten wir: 4 0 −8 −16 −4 4 16 24 (A − 2E4 )2 = 1 −4 −10 −12 0 1 2 2 3.1. SYSTEME LINEARER DIFFERENTIALGLEICHUNGEN ERSTER ORDNUNG 75 2 −2 und der Vektor v4 := 1 ist im Nullraum dieser Matrix enthalten. Nun wählen wir 0 S = (v1 , v1 , v3 , v4 ). Dann ist S invertierbar und es gilt v3 = (A − 2E4 )v4 = A v4 − 2v4 , also A v4 = v3 + 2v4 . Damit sehen wir A S = (A v1 , A v1 , A v3 , v3 + 2v4 ) = ((1 + i)v1 , (1 − i) v1 , 2v3 , v3 + 2v4 ) und folglich 1+i 0 0 1−i S −1 A S = A J := 0 0 0 0 Es folgt weiter: 0 0 2 0 0 0 1 2 0 0 0 e(1+i)t 0 0 e(1−i)t 0 = 0 0 e2t te2t 0 0 0 e2t eA Die Spalten von J ·t 0 0 0 e(1+i)t 0 0 e(1−i)t 0 · S −1 =S · 0 0 e2t te2t 0 0 0 e2t eA t bilden ein Fundamentalsystem zur gegebenen Dgl. Dies alles lässt sich explizit berechnen, da wir S und S −1 kennen. Es gilt ja 4(−1 + i) −4(1 + i) −4 2 1/4 (1 + i)/4 i/2 (−1 + i)/2 4(2 − i) 4(2 + i) 6 −2 1/4 (1 − i)/4 i/2 −(1 + i)/2 und S −1 = S = −5 + i −1/2 −5 − i −4 1 −1/2 0 2 1 1 1 0 1/2 1 2 4 0 2) Das Dgl-System u = A · u, wobei A = 0 1 −b −2a , mit konstanten a, b. i) Angenommen, es sei a2 6= b. Wir wählen eine Zahl k ∈ C mit k 2 = a2 − b. 76 KAPITEL 3. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN Die Matrix hat die Eigenwerte λ+ = −a + k, λ− = −a − k und wird durch 1 1 S = −a + k −a − k in Diagonalform überführt, also S −1 AS = λ+ 0 0 λ− Damit folgt aber Aτ e eλ+ τ 0 = S S −1 0 eλ− τ kτ 1 −aτ 0 1 1 e a+k 1 e = 0 e−kτ −a + k −a − k k − a −1 2k a 1 sinh(kτ ) + cosh(kτ ) sinh(kτ ) k k = e−aτ b a sinh(kτ ) cosh(kτ ) − k sinh(kτ ) k 1 ii) Wenn nun a2 = b, so hat A den Eigenwert −a mit der Vielfachheit 2. Der Vektor −a 1 0 ist Eigenvektor zum Eigenwert −a Die Matrix T = bringt A in die Jordansche −a 1 1 Normalform, denn (A + aE2 ) 01 = −a − a 01 . Es folgt nun Aτ e = = = = −aτ τ T exp T −1 0 −aτ 0 1 −aτ e T E2 + τ T −1 0 0 0 1 −aτ e (E2 + τ T T −1 ) 0 0 1 + aτ τ −aτ e −a2 τ 1 − aτ 3.2. DGLS HÖHERER ORDNUNG 3.2 3.2.1 77 Lineare Differentialgleichungen höherer Ordnung Spezielle Methoden (1) Ansatz nach D’Alembert Eine lineare DG der Ordnung n kann manchmal auf eine DGL der Ordnung n − 1 reduziert werden: 3.2.1.1 Lemma. Angenommen, a0 , ..., an−1 : I −→ C seien stetige Funktionen und die Funktion u : I −→ C \ {0} löse die DGL (n) (∗) u1 + n−1 X (`) a` (t)u1 = 0 `=0 Ist dann u := u1 v mit einer n-mal differenzierbaren Funktion v, und soll u die DGL (*) lösen, so muss w := v 0 eine DGL der Form w(n−1) + (∗∗) n−2 X bk (t)w(k) = 0 k=0 lösen. Ist w2 , ..., wn ein Fundamentalsystem von Basislösungen zu (**) und sind v2 , .., vn Stammfunktionen zu w2 , ..., wn , so bilden u1 , u1 v1 , ..., u1 vn ein Fundamentalsystem zu (*). Beweis. Wir schreiben mit der Leibnizregel u (`) X̀ ` (λ) = u1 v (`−λ) λ λ=0 und setzen es in (*) ein: u(n) + (n) u1 | + ! n−1 X (`) a` (t)u1 {z v+ } `=0 =0 n−1 X λ=0 n−1 X a` (t)u(`) = `=0 n λ (λ) u1 v (n−λ) n−1 X `−1 X ` (λ) + a` (t)u1 v (`−λ) λ `=1 λ=0 n−1 n−1 X `−1 X X n ` (λ) (n−λ) (λ) = + u1 v a` (t)u1 v (`−λ) λ λ λ=0 `=1 λ=0 78 KAPITEL 3. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN n−1 n−1 X `−1 X X n ` (λ) (n−λ−1) (λ) = + u1 w a` (t)u1 w(`−λ−1) λ λ λ=0 = n−1 X ν=0 = n−1 X ν=0 `=1 λ=0 n ν+1 = u1 w(n−1) + n ν+1 (n−ν−1) (ν) w u1 n−1 X `−1 X ` (λ) + a` (t)u1 w(`−λ−1) λ `=1 λ=0 (n−ν−1) (ν) w u1 + n−2 X n−1 X ν=0 `=ν+1 n−2 X ν=0 n ν+1 (n−ν−1) u1 + ` ν+1 n−1 X `=ν+1 = u1 w(n−1) + n−2 X ` ν+1 (`−ν−1) a` (t)u1 w(ν) ! (`−ν−1) a` (t)u1 w(ν) ! b` w(`) `=0 mit gewissen stetigen expliziten Funktionen b0 , ..., bn−2 . Dabei benutzen wir, dass u1 keine Nullstelle haben sollte. Wir müssen nur noch zeigen, dass u1 , u1 v1 , ..., u1 vn linear unabhängig sind. Angenommen, α1 u1 + α2 u1 v1 + ... + αn u1 vn = 0 für irgendwelche α1 , ..., αn ∈ C. Dann muss schon α1 + α2 v1 + ... + αn vn = 0 sein, da u1 keine Nullstelle hat. Differenzieren liefert uns aber: α2 w1 + ... + αn wn = 0 woraus leicht α2 = ..., = αn = 0 folgt. Dann muss auch α1 = 0 sein. Beispiel: Die DGL (1 − t )u + 2tu − 2u = 0. Durch Raten finden die Lösung u1 (t) = t. Sei I = (0, 1). Der Ansatz u(t) = tv(t) führt auf 2 00 0 (1 − t2 )(tv 00 + 2v 0 ) + 2t(tv 0 + v) − 2tv(t) = (1 − t2 )tv 00 + 2v 0 = 0 Damit ist w := v 0 Lösung zu w0 + Nun ist aber 2 w=0 t(1 − t2 ) 2 d 1 = log(1 − 2 ), 2 t(1 − t ) dt t 3.2. DGLS HÖHERER ORDNUNG 79 also 1 ) t2 eine Lösung (C ist dabei beliebig. Dann wird aber v(t) = C(t + 1t ) + C1 mit einer Konstanten C1 , und schließlich u(t) = C(t2 + 1) + C1 t w(t) = C(1 − Die Funktionen u1 und u bilden dann eine Basis des Lösungsraumes zur DGL. (2) Eulersche Differenzialgleichung Seien a0 , ..., an Konstanten. Als Eulersche DGL bezeichnen wir die DGL an tn y (n) + an−1 tn−1 y (n−1) + ... + a1 ty 0 + a0 y = f (t) (E) mit einer stetigen Funktion f : I −→ C auf einem Intervall I ⊂ (0, ∞). Durch den Ansatz u(s) := y(es ) kann diese DGL in eine neue überführt werden, deren Koeffizienten dann konstant sind. Es gilt nämlich u0 (s) = es dy (es ), also dt u00 (s) = e2s also e2s 2 d2 y s s dy s 2s d y s (e (e ) + e ) = e (e ) + u0 (s) , dt2 dt dt2 d2 y s d d (e ) = u00 (s) − u0 (s) = ( − 1)u(s) 2 dt ds ds Weiter haben wir u000 (s) = e3s bzw.: 2 3 d3 y s 2s d y s 00 3s d y s (e ) + 2e (e ) + u (s) = e (e ) + 3u00 (s) − 2u0 (s) dt3 dt2 dt3 d3 y e3s 3 (es ) dt 000 00 0 = u (s) − 3u (s) + 2u (s) = d −2 ds d −1 ds d u(s) ds Mit einem Induktionsargument erhalten wir aus k k−1 k−1 y s y s d ks d y s (k−1)s d (k−1)s d e (e ) = (e ) − (k − 1)e (e ) e k k−1 k−1 dt ds dt dt k−1 d y s (k−1)s d = −k+1 e (e ) ds dtk−1 dann dk y eks k (es ) dt = d −k+1 ds d d d − k + 2 ... −1 u(s) ds ds ds 80 KAPITEL 3. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN Aus (E) wird jetzt (mit der Substitution t = es ): (E 0 ) n X k=0 ak d −k+1 ds d d d − k + 2 ... −1 u(s) = f (es ) ds ds ds Der zu k = 0 gerhörende Term ist dabei a0 u. Das ist aber eine DGL mit konstanten Koeffizienten! Umgekehrt gilt: Ist u eine Lösung zu (E’) auf dem Intervall J ⊂ (1, ∞), so liefert uns y(t) := u(log t) eine Lösung zu (E) auf I := log(J). Beispiel. Eine dünne kreisförmige Platte habe eine isolierte Oberfläche, so dass durch sie kein Wärmeaustausch mit der Umgebung stattfinden kann. An ihrem Rande werde eine Temperaturverteilung g(reiϕ ) aufrecht erhalten. Dann stellt sich nach einiger Zeit im Inneren der Platte eine Temperaturverteilung ϑ ein, welche die Laplacegleichung ∆ϑ = 0 erfüllt. Schreibt man ϑ in Polarkoordinaten, also ϑ = u(r, ϕ), so nimmt die Laplacegleichung die Gestalt ∂ 2 u 1 ∂u 1 ∂2u + =0 + ∂r2 r ∂r r2 ∂ϕ2 an. Dann wird der Separationsansatz gemacht u(r, ϕ) := v(r)w(ϕ). Es muss dann eine Konstante λ geben, so dass r2 v(r) + rv 0 (r) − λv = 0, ẅ + λw = 0 gilt. Dabei bedeutet 0 die Ableitung nach r und ˙ die Ableitung nach ϕ. Die DGL für v ist von Typ (E). Die zugehörige Gleichung (E’) lautet dann ( d dv1 dv1 d2 v1 − 1) + − λv1 = − λv1 = 0 ds ds ds ds2 √ Angenommen nun, es sei λ > 0. Dann ist v1 (s) = c1 e λs + c2 e− Für v ergibt sich dann √ √ v(r) = v1 (log r) = c1 r λ + c2 r− λ 3.2.2 √ λs ihre allgemeine Lösung. Der Fall konstanter Koeffizienten Sei wieder I ein Intervall und t0 ∈ I. Gegeben sei ein AWP zu einer Dgl der Ordnung n u(n) + an−1 u(n−1) + · · · + a1 u0 + a0 u = F (t), u(j) (t0 ) := uj0 , 0 ≤ j ≤ n − 1 (3.2.2) mit konstanten Koeffizienten a0 , ..., an−1 ∈ C und einer stetigen Funktion F : I −→ C. 3.2. DGLS HÖHERER ORDNUNG 81 Wir ordnen diesem das AWP zu einem Dgl-System zu: 0 .. v = A · v + . , v(t0 ) = F u00 u10 .. . 0 Dabei ist A = 0 0 0 .. . 1 0 0 .. . 0 0 −a0 −a1 0 1 0 ... ... ... ... ... ... ... ... ... un−1 0 0 0 0 1 0 ... 0 0 0 .. . 1 −an−1 Es gibt dann eindeutig eine Lösung v zu diesem AWP auf I und u = v1 löst das AWP (3.2.2). Wir erhalten alle Lösungen, wenn zur inhomogenen Dgl u(n) + an−1 u(n−1) + · · · + a1 u0 + a0 u = F indem wir alle Lösungen der homogenen Dgl u(n) + an−1 u(n−1) + · · · + a1 u0 + a0 u = 0 und eine partikuläre Lösung up addieren. Wir ordnen der obigen Dgl das charakteristische Polynom P = X n + an−1 X n−1 + · · · + a1 X + a0 zu und schreiben die Dgl um in P (D)(u) = F wobei D := d dt und P (D) der Differentialoperator P (D) = ( d n d d ) + an−1 ( )n−1 + · · · + a1 + a0 dt dt dt wird. Die Lösungen der homogenen Dgl bilden einen Vektorraum VP der Dimension n über C. Wir suchen nach einem einfach gebauten Fundamentalsystem zur homogenen Dgl, also einer geeigneten Basis zu VP . Der Ansatz u(t) = eλt liefert P (D)(u) = P (λ) · u, also ist u(t) = eλt genau dann in VP , wenn P (λ) = 0 ist. Für unsere Konstruktion eines Fundamentalsystems ist jetzt das folgende Lemma wichtig: 82 KAPITEL 3. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 3.2.1 Lemma a) Sei λ ∈ C und uλ (t) = eλt . Dann ist (D − λ)k+1 (tk uλ ) = 0, k ≥ 0 b) Angenommen, (t − λ)m sei ein Teiler von P . Dann sind alle Funktionen uj,λ (t) = tj eλt mit j = 0, ..., m − 1 in VP gelegen. Beweis. Wir benützen bestimmte Vertauschungsrelationen: Für jede C ∞ Funktion u ist (D − λ)(t · u) − t · (D − λ)(u) = u Setzen wir nun wj := (D − λ)(tj u) − tj (D − λ)u, so folgt mit tj u = t · tj−1 u : wj = (D − λ)(t · tj−1 u) − tj (D − λ)u = tj−1 u + t ( (D − λ)(tj−1 u) − tj−1 (D − λ)(u) ) = tj−1 u + t · wj−1 Hieraus folgt induktiv wj = jtj−1 u. Zu a) Das folgt durch Induktion nach k. Wegen uλ (t) = eλt ist der Fall k = 0 klar. Gilt die Behauptung für k − 1, so auch für k, denn (D − λ)k+1 (tk uλ ) = (D − λ)k (D − λ)(tk uλ ) = (D − λ)k ktk−1 uλ + tk · (D − λ)(uλ ) = k (D − λ)k (tk−1 uλ ) = 0 Zu b) Ist j < m, so haben wir (D − λ)m (tj uλ ) = (D − λ)m−j−1 ( (D − λ)j+1 (tj uλ ) ) = 0 Erst recht haben wir also P (D)(tj uλ ) = 0. Wir zerlegen jetzt P über C in P (X) = (X − λ1 )k1 · · · · · (X − λr )kr mit paarweise verschiedenen Nullstellen der Vielfachheiten k1 , ..., kr . Unser Fundamentalsystem wird nun wie folgt gewonnen: 3.2.2 Satz a) Die Funktionen uj,λν , 0 ≤ j ≤ kν − 1, ν = 1, ..., r 3.2. DGLS HÖHERER ORDNUNG 83 bilden eine Basis von VP . b) Jede Lösung der homogenen Dgl P (D)(u) = 0 ist damit von der Form u= r X pj (t)eλj t j=1 mit geeigneten Polynomen pj vom Grade ≤ kj − 1. Beweis. Da (t − λν )kν das Polynom P teilt, ist jedes solche uj,λν in VP gelegen. Wir müssen nur noch die lineare Unabhängigkeit nachweisen. Sind p1 , ...., ps Polynome mit 0 0 p1 (t)eλ1 t + . . . pr (t)eλs t = 0, wobei die λ01 , ..., λ0s paarweise verschieden seien, so sind alle pj schon Null. 0 Das zeigen wir durch Induktion nach s. Für s = 1 ist das klar, da eλ1 t 6= 0 für alle t. Angenommen, die Behauptung ist für s − 1 richtig. Wenn nun für irgendwelche s Polynome p1 , ..., ps die Gleichung 0 0 p1 (t)eλ1 t + . . . ps (t)eλs t = 0 (3.2.3) besteht, so ist zu zeigen, dass alle pj verschwinden. Nehmen wir an, das ist nicht der Fall. Es kann nicht nur genau eines der Polynome pj ungleich Null sein. Nach Umnummerieren der Polynome können wir annehmen, p1 , ps 6= 0. Wir bezeichnen den Leitkoeffizienten von ps mit as 6= 0. Dann 0 multiplizieren wir (3.2.3) mit e−λ1 t und differenzieren d1 -mal, wobei d1 − 1 der Grad von p1 sein soll. Es entsteht eine Gleichung der Form 0 0 0 0 p∗2 (t)e(λ2 −λ1 )t + · · · + p∗s (t)e(λs −λ1 )t = 0 (3.2.4) Dabei sind die p∗j , j = 2, .., s wieder Polynome. Sie sind von der Form p∗j = (λ0j − λ01 )d1 pj + Polynom von einem Grad < deg (pj ) Insbesondere ist p∗s 6= 0. Aber (3.2.4) ist eine Gleichung vom Typ (3.2.3), nur ist s durch s − 1 und λ0j durch λ0j − λ01 ersetzt. Die Induktionsannahme erlaubt den Schluss p∗j = 0, Widerspruch. Damit sind alle pj schon Null. Der Teil b) ist nun klar. Wir erinnern uns noch einmal daran, wie man eine partikuläre Lösung zur betrachteten Dgl findet: Man bestimme eA ·τ und berechne dann den Vektor 0 Z t 0 A ·(t−s) vp (t) := e .. ds . t0 F (s) 84 KAPITEL 3. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN Die partikuläre Lösung up ist dann die erste Komponente von vp . Der Fall n = 2 Die Gleichung u00 + 2au0 + bu = F (s) beschreibt eine gedämpfte Schwingung, die von einer durch F beschriebenen Kraft aufrecht erhalten wird. Wir benutzen frühere Ergebnisse. Die Matrix A ist nun gerade 0 1 A = −b −2a 1. Fall a2 6= b. Wir wissen schon, dass eA ·τ = e−aτ a k 1 k sinh(kτ ) + cosh(kτ ) b k sinh(kτ ) sinh(kτ ) cosh(kτ ) − sinh(kτ ) a k Das führt auf das Fundamentalsystem u(1) (t) = cosh(kt), u(2) (t) = 1 sinh(kt) k und die partikuläre Lösung Z t up (t) := e−a (t−s) t0 2.Fall a2 = b. Nun liefert sinh(k(t − s)) F (s)ds k u(1) (t) = e−at , u(2) (t) = te−at ein Fundamentalsystem und Z t up (t) = (t − s)e−a(t−s) F (s)ds t0 ist eine partikuläre Lösung. Wenn nun a2 < b, also k = iω, mit ω = √ b − a2 wird, so wird u(1) (t) = cos(ωt), u(2) (t) = sin(ωt) 3.2. DGLS HÖHERER ORDNUNG 85 ein Fundamentalsystem, und die partikuläre Lösung nimmt die Form Z 1 t −a (t−s) up (t) := e sin(ω(t − s)) F (s)ds ω t0 an. Wählen wir etwa F (s) = F0 cos(ω0 s), so ist der Ansatz up (t) = A cos(ω0 t) + B sin(ω0 t) fruchtbar: Einsetzen in die Dgl führt auf (b − ω02 )up − 2aω0 A sin(ω0 t) + 2aω0 B cos(ω0 t) = F0 cos(ω0 t) Also (wie durch Vergleich der Terme bei cos(ω0 t) und sin(ω0 t) folgt) (b − ω02 )A + 2aω0 B = F0 −2aω0 A + (b − ω02 )B = 0 Dies ist ein lineares Gleichungssystem in A, B mit der Lösung A= Setzen wir so folgt (b − ω02 ) 2aω0 F, B= F0 2 2 2 0 2 2 2 (b − ω0 ) + 4a ω0 (b − ω0 ) + 4a2 ω02 b − ω02 δ = arctg( ), 2aω0 (b − ω02 ) 2aω0 p = sin(δ), p = cos(δ) 2 2 2 (b − ω0 ) + 4a2 ω0 (b − ω02 )2 + 4a2 ω02 also up (t) = p F0 sin(ω0 t + δ) (b − ω02 )2 + 4a2 ω02 Die Schwingung erfolgt also mit derselben Frequenz, mit der die verursachende Kraft F wirkt, aber es tritt eine Phasenverschiebung δ ein. Die Amplitude der Schwingung ist nun F0 p (a2 + ω 2 − ω02 )2 + 4a2 ω02 Ist ω 2 > a2 , d.h.: wenn b > 2a2 ist, wird sie für √ ω0 := ω 2 − a2 maximal. 86 KAPITEL 3. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 3.2.3 Partikuläre Lösungen bei speziellen Störgliedern F Gegeben sei die lineare DGL der Ordnung n: P( d )u = F, dt mit P = an X n + an−1 X n−1 + ... + a1 X + a0 . Für spezielle ”Störglieder ” F wollen wir uns Ansatze für eine partikläre Lösung up ansehen. P ν A) Störglieder der Form F (t) = m ν=0 βν t . Wir unterscheiden 2 Fälle. P k 1. Fall: Es ist a0 = P (0) 6= 0. In diesem Fall probieren wir up (t) := m k=0 bk t . Durch Einsetzen sehen wir: m k X X d k P ( )up (t) = bk µ! aµ tk−µ µ dt µ=0 k=0 ! m m X X k = (k − ν)!ak−ν bk tν ν ν=0 k=ν Durch Koeffizientenvergleich finden wir, dass m X k (k − ν)!ak−ν bk = βν , ν 0≤ν≤m k=ν erfüllt werden muss. Wir haben ein lineares Gleichungssystem in den Unbekannten b0 , ..., bm , dessen Koeffizientenmatrix obere Dreiecksgestalt hat. Die Diagonalelemente sind alle gleich a0 . Somit können wir alle b0 , ..., bm berechnen. 2. Fall: Es ist a0 = ... = as−1 = 0 und as 6= 0 für ein s ≤ n. Nun lautet die gegebene DGL so: n X j=s Das ist aber gleichwertig mit n−s X j=0 (s) aj ( d j ) up = F dt aj+s ( d j (s) ) u =F dt p Das ist ein DGL für up , auf die der 1. Fall anwendbar ist, da der konstante Term im charakte(s) ristischen Polynom nunmehr as 6= 0 ist. Wir haben gesehen, dass up als ein geeignetes Polynom 3.2. DGLS HÖHERER ORDNUNG 87 vom Grade m gewählt werden muss. Also ist der Ansatz up (t) = ts u e(t) mit einem passenden Polynom u e vom Grade m tauglich, um eine partikluäre Lösung zu finden. Beispiel. Sei etwa P = X 3 − 2X und F (t) = t2 + t + 2. Nun muss also der Ansatz up (t) = t(at2 + bt + c) versucht werden. Einsetzen in die DGL ergibt −6at2 − 4bt + 6a − 2c = P ( d )up = t2 + t + 2 dt Koeffizientenvergleich führt auf a = −1/6, b = −1/4, c = −3/2, also 3 1 2 1 up (t) = −t t + t+ 6 4 2 B) Störglied der Form F (t) = eαt . Auch hier kommt es auf das Verhalten von P bei α an. Wir unterscheiden 2 Fälle: 1. Fall: Es ist P (α) 6= 0. Nun ist der Ansatz up (t) = Aeαt angemessen, denn es gilt P( d )up = AP (α)eαt = AP (α)F, dt so dass wir nur A = 1/P (α) wählen müssen. 2. Fall: Es gilt P (k) (α) = 0 für k < s und P (s) (α) 6= 0 für ein s ≤ n. Nun probieren wir up (t) = Ats eαt . Einsetzen ergibt uns X (j) d aj ts eαt )up (t) = A dt j=0 j n X X j s αt = Ae aj κ! ts−κ αj−κ κ κ κ=0 j=0 ! n n X X s j ts−κ = Aeαt κ! aj αj−κ κ κ κ=0 j=κ n X s αt (κ) = Ae P (α) ts−κ κ n P( αt κ=0 (s) = Ae P Also muss nur noch A = 1 P (s) (α) (α) gewählt werden. C) Störglied der Form F (t) = eαt q(t) mit einem Polynom q. Angenommen, q(t) = βm tm + ... + β1 t + β0 . 88 KAPITEL 3. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. Fall: Es ist P (α) 6= 0. Wir machen den Ansatz up (t) = eαt qe(t), mit einem Polynom qe(t) = bm tm + ... + b1 t + b0 und setzen ihn in die DGL ein. Es kommt heraus n X P (κ) (α) (κ) d αt αt e q(t) = P ( )up = e qe (t) dt κ! κ=0 Das bedeutet aber n X P (κ) (α) κ=0 κ! qe(κ) (t) = q(t) Koeffizientenvergleich führt auf ein lineares Gleichungssystem für b0 , ..., bm , das man wegen P (α) = 0 von unten nach oben lösen kann, also: Zuerst berechnet man bm aus P (α)bm = βm , dann bm−1 aus der Beziehung P (α)bm−1 + mP 0 (α)bm = βm−1 . So fahre man fort. 2. Fall: Ist α eine s-fache Nullstelle von P , so setzen wir an: up (t) = ts eαt qe(t) mit einem Polynom qe vom Grade m. Denn ist qb ein Polynom vom Grade m + s, so gilt nun n n−s X X P (κ) (α) (κ) P (λ+s) (α) (s) (λ) d αt αt αt qb (t) = e qb P ( )(e qb) = e (t) dt κ! (λ + s)! κ=s λ=0 Das liefert uns eine Beziehung zwischen qb(s) und q, die formal genauso wie im ersten Fall gehandhabt werden kann, weil der konstante Term des relevanten charakteristischen Polynoms nun P (s) (α) 6= 0 ist. Damit erhalten wir für qb(s) ein bestimmtes Polynom vom Grad m, und qb hat die Form ts qe(t) mit einem Polynom qe vom Grade m. Beispiel. Es sei etwa P (X) = X 4 − 4X 3 + 5X 2 − 4X + 4 = (X − 2)2 (X 2 + 1) und F (t) = e2t (t3 − t + 2). Hier ist also α = 2 und s = 2, sowie m = 3. Unser Ansatz muss lauten: up (t) = e2t t2 (at3 + bt2 + ct + d) Einsetzen in die DGL führt auf d P ( )up = e2t (100at3 + 60(b + 4a)t2 + 6(5c + 16b + 20a)t + 2(5d + 12c + 12b) ) = e2t (t3 − t + 2) dt Also wählen wir a = 1/100, b = −1/25, c = 41/750 und d = 103/625. So entsteht t2 41t 103 t3 − + + ). 100 25 750 625 D. Störterme der Form F (t) = eαt q(t) cos(βt) oder F (t) = eαt q(t) sin(βt). up (t) = e2t t2 ( Die Diskussion dieser Störterme kann auf Terme der Form C) reduziert werden. Es ist nämlich e q(t) cos(βt) = 12 (e(α+iβ)t + e(α−iβ)t )q(t) ) und eαt q(t) sin(βt) = 2i1 (e(α+iβ)t − e(α−iβ)t )q(t) ). Nun lösen wir die Gleichungen P ( dtd )vp = e(α+iβ)t q(t) und P ( dtd )wp = e(α−iβ)t q(t), was wie unter Punkt C) geschehen kann. Wir finden dann (möglicherweise komplexe) Lösungen vp und wp . Dann wird aber up = 12 (vp + wp ) bzw. up = 2i1 (vp − wp ) eine gesuchte partikuläre Lösung. αt 3.3. DIFFERENZIALGLEICHUNGEN MIT PERIODISCHEN 3.3 KOEFFIZIENTEN 89 Differenzialgleichungen mit periodischen Koeffizienten Wir wollen uns nun für das Verhalten der Lösungen eines linearen DGL-Systems u0 = A · u (P ) mit einer matrixwertigen Funktion A : IR −→ M (n×n, IK) interessieren, die eine Periode ω > 0 hat, also A (t + ω) = A (t) erfüllt. Insbesondere interessieren uns natürlich periodische Lösungen zu (P). 3.3.1 Lemma a) Ist W (t) eine Wronskimatrix für (P), so gibt es eine invertierbare Matrix CW mit konstanten Koeffizienten so dass W (t + ω) = W (t)CW . b) Ist W1 (t) eine weitere Wronskimatrix, so existiert eine invertierbare Matrix B mit konstanten Koeffizienten, so dass CW1 = B −1 · CW · B. Beweis. a) Auch die Spalten von W (t + ω) bilden eine Basis für LA , so dass auch W (t + ω) eine Wronskimatrix wird. Dann ist aber nach Lemma 3.1.4 aber W (t + ω) = W (t)CW für eine geeignete invertierbare Matrix CW . b) Wir finden nach Lemma 3.1.4 eine invertierbare Matrix B mit W1 (t) = W (t)B. Dann wird aber W1 (t)CW1 = W1 (t + ω) = W (t + ω)B = W (t)CW B = W1 (t)B −1 CW B, woraus die Behauptung folgt. Die folgende Definition wird nun konsistent: Definition. Ist W (t) eine Wronskimatrix zu (P), so heißen die Eigenwerte von CW die charakteristischen Multiplikatoren zur DGL (P). Laut obigem Lemma hängen die Eigenwerte von CW nicht von der Wahl von W ab. it e 1 exp(−ieit ) Beispiel. Ist etwa A = , so wird u1 (t) = eine Lösung. Eine weitere 0 2 0 Lösung finden wir mit dem Ansatz 0 u2 (t) := α(t)u1 (t) + e2t 90 KAPITEL 3. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN Es wird nun u02 (t) 0 it = α (t)u1 (t) + e α(t)u1 (t) + 2 und A · u2 (t) = α(t) eit 1 0 2 0 e2t eit 1 0 2 u1 (t) + 2t e it = e α(t)u1 (t) + 2e2t 2t e = − α0 (t)u1 (t) + u02 = u02 , 0 wenn nur Rt 0 e2t α0 (t) = exp(ieit + 2t) Wir wählen α(t) = 0 exp(ieis + 2s)ds. So finden wir mit W (t) = (u1 (t), u2 (t) ) = exp(−ieit ) α(t) exp(−ieit ) 0 e2t eine Wronskimatrix. Dann wird aber i −i e 0 e α(2π)e−i 1 α(2π) −1 CW = W (0) W (2π) = = 0 1 0 e4π 0 e4π Die charakteristischen Multiplikatoren sind also 1 und e4π . Sei nun α(2π) e4π −1 v := 1 und U (t) := W (t)v Dann wird U eine Lösung der DGL mit U (t + 2π) = W (t)CW v = W (t)e4π v = e4π U (t) Diese Beobachtung verallgemeinern wir: 3.3.2 Satz Ist λ ∈ C, so existiert genau dann eine Lösung u zu (P) mit u(t + ω) = λu(t), wenn λ ein charakteristischer Multiplikator ist. b) Genau dann hat also (P) eine periodische Lösung, wenn 1 ein charakteristischer Multiplikator ist. 2πi c) Existiert ein charakteristischer Multiplikator der Form λ = e k mit einer ganzen Zahl k > 0, so gibt es für (P) eine Lösung u mit der Periode kω. 3.3. DIFFERENZIALGLEICHUNGEN MIT PERIODISCHEN KOEFFIZIENTEN 91 Beweis. Wir nehmen eine Wronskimatrix W und eine invertierbare Matrix CW mit W (t + ω) = W (t)CW her. Angenommen, es sei λ ein Eigenwert von CW und v ein Eigenvektor dazu. Dann setzen wir u(t) = W (t)v und überprüfen, dass u(t + ω) = W (t + ω)v = W (t)CW v = λW (t)v = λu(t) ist. Umgekehrt nehmen wir an, es sei u eine Lösung zu (P) mit u(t + ω) = λu(t) . Dann wird zunächst u(t) = W (t)v0 für einen passenden Vektor v0 ∈ C n . Dann ist aber W (t)CW v0 = W (t + ω)v0 = u(t + ω) = λu(t) = λW (t)v0 , woraus CW v0 = λv0 folgt. Also ist λ ein charakteristischer Multiplikator. b) ist klar. Zu c) Es gibt eine Lösung u zu (P) mit u(t+ω) = λu(t). Dann ist aber u(t+kω) = k λ u(t) = u(t). Wir streben nun eine Zerlegung der Wronskimatrix in einen periodischen Anteil und einen Teil von der Form eRt mit einer geeigneten Matrix R mit konstanten Koeffizienten an. Dazu brauchen wir den Logarithmus für invertierbare Matrizen. 3.3.3 Lemma Ist M eine invertierbare Matrix, so gibt es eine Matrix R mit eR = M . Beweis. a) Wir nehmen an, M = λEn + N , wobei λ 6= 0 und N diejenige Matrix ist, in deren oberer Schrägzeile neben der Diagonalen 1 steht, während alle anderen Einträge 0 sein sollen. Dann haben wir 1 M = λ(En + N ) λ Wir suchen nach einer Matrix R1 mit eR1 = En + λ1 N . Dann wählen wir eine Zahl µ mit λ = eµ und erhalten mit R = µEn + R1 eine gewünschte Matrix R. P (−1)k k Wir erinnern uns an die Logarithmusreihe log(1 + x) = ∞ x und setzen k=1 k ∞ X (−1)k 1 R1 = ( N )k k λ k=1 Diese Summe ist in Wirklichkeit endlich, da N n = 0 und damit n−1 X (−1)k 1 R1 = ( N )k k λ k=1 92 KAPITEL 3. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN Zum Nachweis, dass eR1 = En + λ1 N , definieren wir t > 0 R2 (t) = n−1 X (−1)k k=1 k (tN )k Die geometrische Summenformel für Matrizen liefert uns dann R20 (t) · (En + tN ) = −N = −N = −N n−2 X k=0 n−1 X (−t N )k (En + tN ) (−t N )k (En + tN ) k=0 Dann ist, da R2 mit R20 vertauscht: 0 e−R2 (t) (En + tN ) = e−R2 (t) (−R20 (En + tN ) + N ) = 0 Also ist e−R2 (t) (En + tN ) konstant mit Wert En . Es ist daher eR2 (t) = En + tN , und insbesondere eR1 = eR2 (1/λ) = En + λ1 N . b) Hat M nicht die Form eines Jordankästchens, so wählen wir eine invertierbare Matrix S , so dass A1 .. .. .. 0 0 A2 .. .. 0 −1 S M S = .. .. . . . . . 0 .. .. .. Am und alle Kästchen A` die unter a) beschriebene Form haben. Mit Teil a) für diese Kästchen erhalten wir Matrizen R1 , ..., Rm so dass eR` = A` , ` = 1, ..., m. Dann leistet R1 .. .. .. 0 0 R2 .. .. 0 −1 R := S .. .. S . . . . . 0 .. .. .. Rm das Gewünschte. Dieses Lemma ermöglicht den Beweis des folgenden Zerlegungssatzes: 3.3. DIFFERENZIALGLEICHUNGEN MIT PERIODISCHEN KOEFFIZIENTEN 93 3.3.4 Satz (Floquet). Jede Wronskimatrix W (t) zum DGL-System (P) kann in der Form W (t) = P(t)eR t mit einer ω-periodischen GL(n, C)-wertigen Funktion P und einer Matrix R mit konstanten Koeffizienten geschrieben werden. Beweis. Sei dazu CW wie früher gewählt, so dass W (t + ω) = W (t)CW . Dann schreiben wir CW = eRω mit einer geeigneten Matrix R. (Da CW invertierbar ist, ist dies möglich). Die Matrix P(t) = W (t)e−R t hat dann differenzierbare Koeffizienten. Es gilt P(t + ω)eR t+Rω = W (t + ω) = W (t)eRω = P(t)eRt+Rω , also P(t + ω) = P(t). Kennen wir die Matrix P, so finden wir alle Lösungen für das DGL-System (P), wenn wir nur das DGL-System v 0 = R v lösen, das konstante Koeffizienten hat. 3.3.5 Lemma Sind P und R wie im Satz 3.3.4, so wird u(t) = P(t)v(t) genau dann eine Lösung zu (P), wenn v Lösung zu v 0 = Rv ist. Beweis. Sei u = P v, wobei v 0 = Rv. Es gilt u0 (t) = = = = = P 0 (t)v(t) + P(t)v 0 (t) (W (t)e−R t )0 v + P(t)Rv(t) (W 0 (t) − W (t) R)e−R t v + W (t)R e−R t v (A (t)W (t) − W (t) R)e−R t v + W (t)R e−R t v A P (t)v = A (t)u Umgekehrt sei u = P · v eine Lösung zu u0 = A u. Dann gilt v 0 = P(t)−1 u 0 = P(t)−1 u 0 + P(t)−1 0 u = P(t)−1 A u + P(t)−1 0 P v = P(t)−1 A u − P(t)−1 P 0 v Nun ist A W = W 0 = (P 0 + PR)eRt , also P 0 = A W e−Rt − PR 94 KAPITEL 3. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN Das ergibt v 0 = P(t)−1 A u − (A W e−Rt v − PR v ) = P(t)−1 (A u − (A P v − PR v )) = Rv Beispiel: Die Mathieusche DGL. Für feste λ, h ∈ IR studieren wir die DGL y 00 + (λ + h cos(2t))y = 0 (M ) oder äquivalent dazu 0 0 u = A u, (M ) A = 0 1 −(λ + h cos(2t)) 0 Was lässt sich über ihre Lösungen sagen? Es sei W die Wronskimatrix zu (M’) mit W (0) = E2 . Es gilt dann (det W (t) )0 = Spur (A ) det W = 0 also det W ≡ 1. Weiter haben wir W (t + π) = W (t)CW also CW = W (π). Sind u1 , u2 die Spalten von W , so sind u e1,1 (t) := u1,1 (−t) und u e2,1 (t) = −u2,1 (−t) Lösungen zu (M), also u e1,1 u e2,1 f W (t) := u e1,1 0 u e2,1 0 f(0) = E2 , also ist W f = W . Damit ist u1,1 gerade und u2,1 eine Wronskimatrix zu (M’) mit W ungerade. Beh.: Es gilt u1,1 (π) = u02,1 (π). Dazu beachten wir, dass W (−π)CW = W (0) =, E2 , also Mit u1,1 (π) u2,1 (π) u1,1 0 (π) u2,1 0 (π) folgt die Behauptung. −1 = W (π) −1 u1,1 0 (π) u2,1 (π) u1,1 0 (π) u2,1 0 (π) = CW−1 = W (−π) = −1 = u1,1 (π) −u2,1 (π) −u1,1 0 (π) u2,1 0 (π) u2,1 0 (π) −u2,1 (π) −u1,1 0 (π) u1,1 (π) 3.3. DIFFERENZIALGLEICHUNGEN MIT PERIODISCHEN KOEFFIZIENTEN Es gilt det CW = 1, also sind die Eigenwerte von C von der Form µ, Schreiben wir µ = eπr mit einer geeigneten Zahl r ∈ C, so wird 1 µ 95 mit einer Zahl µ 6= 0. eπr + e−πr = Spur CW = 2a := 2u1,1 (π) Die Zahl eπr muss also die quadratische Gleichung (eπr − a)2 = a2 − 1 lösen. Frage: Welche Lösungen der Mathieuschen DGL sind beschränkt? √ Angenommen, es sei |a| < 1. Dann wird mit k := 1 − a2 also eπr = a ± ik sein. Da aber a + ik vom Betrage 1 ist, muss r = iθ für eine geeignetereelle Zahl θ 6= 0 werden, πiθ e 0 und CW ist diagonalisierbar. Sei S invertierbar mit S −1 CW S = . Dann ist 0 e−πiθ iθ 0 CW = eπR , mit R = S S −1 . Es gilt nun 0 −iθ πiθt e 0 Rt W (t)S = P(t)e = P(t)S 0 e−πiθt Jede Lösung der Mathieuschen DGL hat die Form πiθt e 0 u(t) = W (t)S · u0 = P(t)S · u0 0 e−πiθt mit konstantem Vektor u0 , ist also auf ganz IR beschränkt. Ist dagegen |a| > 1, so hat die Gleichung (eπr − a)2 = a2 − 1 eine reelle Lösung r. Analog zu eben gibt es eine invertierbare Matrix S , so dass πrt e 0 Rt W (t)S = P(t)e = P(t)S 0 e−πrt Jede Lösung der DGL hat die Form Rt u(t) = P(t)e = P(t)S eπrt 0 0 e−πrt muss also mit t −→ ∞ oder t −→ ∞ unbeschränkt werden. · u0 ,