Börsen-Zeitung - Zeitung für die Finanzmärkte

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B˛rsen-Zeitung
Zeitung fˇr die Finanzmärkte
Ausgabe
134 vom 15.07.2017, Seite 5
SONDERSEITE: ROHSTOFFE
Liquide Rohstoffinvestments –
attraktiv bei Niedrigzinsen
Die Integration von Rohstoffen in ein Portfolio verbessert die strategische
Verm˛gensallokation – Aktuell besteht ein interessantes Zeitfenster
B˛rsen-Zeitung, 15.7.2017
Der Ölpreis hat bei Investoren in den
vergangenen Monaten fˇr Aufsehen
gesorgt. Nach einem zwischenzeitlichen Hoch am Jahresanfang ist die
Notierung des schwarzen Goldes
vor wenigen Tagen unter die Marke
von 45 US-Dollar je Barrel (159 Liter) gerutscht. Vor rund fˇnf Jahren
kostete das Fass Öl in der Spitze fast
dreimal so viel. Das Beispiel zeigt:
Starke Preisschwankungen sind bei
Rohstoffen nichts Ungew˛hnliches.
Preise von energetischen Rohstoffen
und Industriemetallen sind beispielsweise meist zyklischer Natur,
weil die Produzenten oftmals erst
mit Zeitverz˛gerung auf eine sich
verändernde Nachfrage und damit
auf Preisverschiebungen reagieren.
Verstärkt im Fokus
Die hohen Preisschwankungen haben viele Anleger bislang von einem
Rohstoffinvestment
abgehalten.
Doch angesichts der anhaltenden
Tiefzinsphase rˇckt diese Anlageklasse verstärkt in den Fokus von Investoren. Denn die anhaltenden
Niedrigzinsen stellen sowohl fˇr institutionelle Investoren als auch fˇr
Privatanleger eine Herausforderung
dar. Bei als besonders sicher geltenden Anlageformen bewegen sich die
Renditen seit geraumer Zeit nahe
der Nulllinie, teilweise sogar im negativen Bereich.
Das zwingt auch defensiv agierende Anleger zum Umdenken und erfordert die strategische Neuausrichtung ihres Portfolios. Zum Beispiel
durch die Erh˛hung des Anteils risikoreicherer und renditestärkerer
Anlagen. Der starke Anstieg der Aktienkurse in den vergangenen Wochen reflektiert diesen Umschichtungsprozess. Wichtige Aktienindizes, wie etwa der Dow Jones und
der Deutsche Aktienindex (Dax), notieren nahe ihren Allzeithochs. Forciert wurde und wird diese Hausse
durch die bislang ultralockere Geldpolitik der großen Notenbanken. Sie
hat dazu gefˇhrt, dass die Preise fast
aller realen Verm˛genswerte deutlich zugelegt haben.
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So haben viele Anleger Wohnimmobilien als Alternative zu Zinsanlagen in Betracht gezogen. Die Folgen
sind auch hier unˇbersehbar. Eine
rapide steigende Nachfrage hat zu
starken Sprˇngen bei den Immobilienpreisen vor allem in Ballungsgebieten und Großstädten gefˇhrt. Da
die Chancen dort zunehmend ausgereizt erscheinen, rˇcken Beteiligungen an Holzplantagen, Ackerland
und Infrastrukturprojekten in den
Fokus von Investoren. Der Nachteil
bei diesen Investments ist jedoch
die sehr eingeschränkte Handelbarkeit und die Tatsache, dass es keinen
offiziellen Markt gibt und die Preisbildung damit oft wenig transparent
ist. Ein kurzfristiger Verkauf des Investments zur Beschaffung von Liquidität ist vor allem unter Zeitdruck
dann in vielen Fällen nur mit erheblichen Preisabschlägen m˛glich.
Risiken streuen
Diese Nachteile bestehen bei der
Anlage in klassischen Rohstoffen
nicht. Roh˛l, Gold und Kupfer – um
nur einige Beispiele zu nennen –
werden b˛rsentäglich und hochliquide an den Terminb˛rsen gehandelt. Mit Exchange Traded Funds
(ETF), Zertifikaten, Futures und Optionen k˛nnen Anleger sehr gezielt
und wahlweise mit großem Hebel
auf einzelne Rohstoffe setzen.
Strategisch orientierte Anleger indes sollten mit einem systematischen Handelsansatz in einen breit
gestreuten Korb von Rohstoffen investieren und das Risiko streuen.
Die Vorteile dieses Ansatzes liegen
auf der Hand: Eine zusätzliche Anlageklasse im Portfolio verbessert die
Diversifizierung und senkt damit
das Gesamtrisiko. Darˇber hinaus
besteht speziell bei Edelmetallen
eine Schutzwirkung vor realen Wertverlusten. Insbesondere Gold wird
zudem als ,,sicherer Hafen‘‘ an den
Märkten geschätzt, was dem gelben
Metall einen Krisenbonus beschert.
Dennoch sind auch bei Gold gr˛ßere
Preisausschläge keine Seltenheit.
Was es zu beachten gilt
Investoren sind daher gut beraten,
die Preiszyklik vieler Rohstoffe in ihren Anlageentscheidungen zu berˇcksichtigen: Dazu geh˛rt es, einen
Blick auf das Verhalten der Rohstoffproduzenten zu werfen. Kˇr-zen sie
ihr Angebot, oder weiten sie ihre
Produktion aus? Genauso wichtig
ist es allerdings auch, die Entwicklung der Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen abzuschätzen. Makro˛konomisch sind die Perspektiven fˇr das laufende Jahr vergleichsweise gut. So gehen die Ökonomen
des Internationalen Währungsfonds
(IWF) davon aus, dass die Weltwirtschaft zwar nur moderat, aber dennoch robust wächst – 2017 sollen es
3,4 % und im nächsten Jahr 3,6 %
sein.
Der Blick allein auf das Wachstum
der Weltwirtschaft greift allerdings
zu kurz, um die Attraktivität der Anlageklasse Rohstoffe zu beurteilen.
Vor allem in Industrienationen ist
die Expansion nicht vollständig an
eine h˛here Rohstoffnachfrage gekoppelt, da dort ein großer Teil der
Wirtschaftsleistung durch Dienstleistungen generiert wird, die nahezu
keine Rohstoffe ben˛tigen.
Stattdessen kann es fˇr Anleger
sinnvoll sein, große Infrastrukturprojekte in ihre Überlegungen mit
einzubeziehen: Denn diese Projekte
k˛nnen die Rohstoffnachfrage nachhaltig beeinflussen. Ein Beispiel dafˇr ist die ,,Neue Seidenstraße‘‘. Hinter diesem Großprojekt verbirgt sich
der Bau neuer Handelswege von
China nach Europa und Afrika. Dies
betrifft zum Beispiel neue Flug- und
Seehäfen, Bahnlinien, Gas- und
Stromleitungen – mit einem Investitionsvolumen in H˛he von insgesamt rund 1 Bill. US-Dollar. Ziel Chinas ist es, ˇber die neuen Infrastrukturwege nicht nur Waren zu transportieren, sondern technologisch
eine h˛here Stufe zu erreichen und
nicht mehr nur verlängerte Werkbank fˇr einfache Produkte zu sein.
Die positiven Effekte fˇr die Weltwirtschaft – und damit die Rohstoff-
nachfrage – sind derzeit nur grob abzuschätzen, aber sie wären bei einer
Realisierung des Projektes zweifellos erheblich.
Strukturelle Änderungen
Neben Infrastrukturmaßnahmen
sollten Anleger auch strukturelle
oder bevorstehende technologische
Änderungen beachten. Vor Jahren
hat die in den USA neu angewandte
Fracking-Methode fˇr einen F˛rderboom bei Roh˛l und Gas gesorgt,
was die Preise stark unter Druck gebracht hat. Nun bieten sich durch
neue Technologien bei der Gasverflˇssigung Chancen beim Transport
von Flˇssiggas, von denen vor allem
die USA profitieren wˇrden, die
ˇber erhebliche Vorräte verfˇgen.
Dies dˇrfte mittelfristig Einfluss auf
die Entwicklung des US-amerikanischen Gaspreises haben.
Gerade beim Thema Energieversorgung sind allerdings auch die politischen und wirtschaftlichen Interessen zu berˇcksichtigen – zum Beispiel in Europa und den USA. So positionieren sich derzeit die US-Regierung, aber auch Teile der EU gegen die unter anderem von Deutschland und Russland befˇrwortete
Nord-Stream-2-Pipeline. Dadurch
wˇrde der Anteil russischer Gaslieferungen in die EU-Länder nochmals
steigen. Die USA dagegen wˇrden
es befˇrworten, wenn die EU kˇnftig
verstärkt Flˇssiggaslieferungen auf
dem Schiffsweg aus Amerika beziehen wˇrde. Auch wenn bereits erste
Flˇssiggaslieferungen aus den USA
in Europa angekommen sind, ist der-
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zeit noch unklar, wie sich die Kräfteverhältnisse der konkurrierenden
Gaslieferanten verändern werden.
Dass es die Gaspreise in Europa beeinflussen kann, erscheint dagegen
sehr wahrscheinlich.
Unbegrˇndete Ängste
Auch die Fortschritte in der Elektromobilität dˇrften dazu fˇhren,
dass sich die partielle Rohstoffnachfrage aller Wahrscheinlichkeit nach
verlagern wird. China zum Beispiel
plant, bis zum Jahr 2020 zwei Millionen Elektroautos pro Jahr zu produzieren. Statt fossiler Brennstoffe
k˛nnten zunehmend Industriemetalle, wie zum Beispiel Lithium und
Kobalt, gefragt sein, die fˇr die Produktion von leistungsfähigen Akkus
ben˛tigt werden. Ängste, dass viele
klassische Rohstoffe, die in herk˛mmlichen Autos verbaut sind,
nicht mehr ben˛tigt werden, sind
unbegrˇndet.
Im Gegenteil: Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass klassische Rohstoffe eine Renaissance erleben werden. Nickel zum Beispiel kann auch
fˇr leistungsfähige Akkus verbaut
werden und wird heute schon als
ein Substitut von Kobalt verwendet.
Fˇr die Vernetzung der ben˛tigten
Ladestationen dˇrften große Mengen an Kupferkabeln ben˛tigt werden. Karosserien werden zunehmend aus Aluminium gefertigt, um
das Gewicht der Elektroautos zu reduzieren und gr˛ßere Reichweiten
zu erm˛glichen.
Aktuell besteht ein attraktives
Zeitfenster fˇr Rohstoffinvestments.
Die Preise vieler Rohstoffe bewegen
sich nahe ihren Tiefständen aus den
Jahren 1998/99. Gleichzeitig zieht
die Nachfrage durch die robuste
Weltkonjunktur und den Ausbau
der weltweiten Infrastruktur an.
Eine Anlage in Rohstoffen ist zweifellos anspruchsvoll, bietet aber große Chancen.
Fˇr Anleger, die den Aufwand
ständiger Marktanalysen scheuen
und sich nicht selbst um das Identifizieren von Preistrends und das laufende Management ihres Rohstoffportfolios kˇmmern m˛chten, sind
aktiv gemanagte Rohstofffonds eine
Alternative. Erfolgversprechend erscheinen zum Beispiel Fondskonzepte, die regelbasiert entsprechend
dem aktuellen Marktszenario auch
unter Zuhilfenahme von Absicherungsinstrumenten in die jeweils
aussichtsreichsten Rohstoffe investieren, zum Beispiel der LBBW RS
Flex. So ist der Anleger in Aufwärtsphasen zu 100 % investiert, während
in Phasen fallender Preise der Rohstoffanteil gesenkt wird. Mit einem
solchen Ansatz k˛nnen Anleger entspannt ˇber Zeiträume mit fallenden
Rohstoffpreisen hinwegsehen, aber
dennoch vom langfristigen Aufwärtstrend dieser Anlageklasse profitieren.
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Yanjun Gast,
Fondsmanagerin der
LBBW Asset Management
Wolfgang Schrage,
Rohstoff-Experte der
LBBW Asset Management
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