Projects contributing to exchange of good practices – Mutual Learning Programme Projekt GE-Transfer 2010 Abschlussbericht VP/2009/011/0040 VP/2011/0063 Vorgelegt von CEA-PME – Confédération Européenne des Associations de Petites et Moyennes Entreprises S. Zickgraf 1, Av. de la Renaissance B 1000 Bruxelles Erstellt von tamen. Entwicklungsbüro Arbeit und Umwelt GmbH S. Wölfing, Mitarbeit: Daniel Schmidt Feurigstrasse 54 D 10827 Berlin Diese Veröffentlichung wird unterstützt durch das Programm der EU für Beschäftigung und Soziale Solidarität - PROGRESS (2007-2013). Dieses Programm wird von der Europäischen Kommission umgesetzt. Es wurde zu dem Zweck geschaffen, einen finanziellen Beitrag zur Verwirklichung der Ziele der Europäischen Union in den Bereichen Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit zu leisten und somit zum Erreichen der Ziele der Europa 2020 Strategie beizutragen. Dieses auf sieben Jahre angelegte Programm richtet sich an alle maßgeblichen Akteure in den 27 Mitgliedstaaten, der EFTA, dem EWR sowie den Beitritts- und Kandidatenländern, die an der Gestaltung geeigneter und effektiver Rechtsvorschriften und Strategien im Bereich Beschäftigung und Soziales mitwirken können. Weitere Informationen unter: http://ec.europa.eu/progress. Die in dieser Veröffentlichung enthaltenen Informationen geben nicht notwendigerweise die Auffassung der Europäischen Kommission wieder. Brüssel, Berlin, den 16.8.2011 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung.................................................................................................................1 DE..........................................................................................................................................1 EN..........................................................................................................................................2 FR ..........................................................................................................................................3 Einleitung ...............................................................................................................................5 Was sind Arbeitgeberzusammenschlüsse (AGZ)? ................................................................5 Typen von Arbeitgeberzusammenschlüssen ..........................................................................7 Flexicurity-Strategien für KMU................................................................................................7 AGZ und Flexicurity................................................................................................................9 Arbeitgeberzusammenschlüsse - gelebte Flexicurity............................................................ 12 Flexibilisierung für Unternehmen und Beschäftigte .............................................................. 12 Erhöhung der Sicherheit für Unternehmen und Beschäftigte ................................................ 12 Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmer/-innen ......................................... 13 Gründe von Arbeitgebern und Beschäftigten, mit und in einem AGZ zu arbeiten ................. 13 Ein tragfähiges Umfeld ......................................................................................................... 14 Erweiterung der Beteiligungsmöglichkeiten für Beschäftigte in AGZ..................................... 14 Transferarbeit und nationale Besonderheiten....................................................................... 15 Europäische Gemeinsamkeiten............................................................................................ 15 Anwendung Europäischer Richtlinien ................................................................................... 16 Arbeitgeberzusammenschlüsse in Belgien ........................................................................... 16 Arbeitgeberzusammenschlüsse in Deutschland ................................................................... 16 Arbeitgeberzusammenschlüsse in Österreich ...................................................................... 17 Schlussfolgerungen.............................................................................................................. 19 Empfehlungen ..................................................................................................................... 19 Empfehlungen - EU Ebene................................................................................................... 19 Empfehlung - Nationale Ebene............................................................................................. 21 Empfehlung - Operationale Ebene ...................................................................................... 22 Weiterführende Links .......................................................................................................... 22 Zusammenfassung DE Der vorliegende Bericht wurde im Rahmen des Projektes „GE-Transfer 2010“ unter dem zu PROGRESS gehörendem „Mutual Learning Programme“ erstellt. Ziel ist die Verbreitung des Konzeptes von Arbeitgeberzusammenschlüssen (AGZ), einer erfolgreichen Form kooperativen Personalmanagements. Der AGZ ist ein von Betrieben gegründetes Unternehmen, dessen Ziel es ist, Beschäftigte einzustellen und diese den Mitgliedern entsprechend ihrem Bedarf zur Verfügung zu stellen. Anstatt die Arbeitnehmer/-innen mit befristeten Verträgen prekär zu beschäftigen, bilden die Unternehmen zusammen einen neuen, „kooperativen“ Arbeitgeber, der die Beschäftigten absichert und damit an sich bindet. Die Unternehmen teilen sich das Beschäftigungsrisiko, ohne es an einen Dritten zu delegieren. Sie kombinieren komplementäre Teil-Bedarfe der Unternehmen zu abgesicherten, in der Regel unbefristeten Arbeitsplätzen. Unmittelbarer Vorteil der Unternehmen ist die Betriebsbindung qualifizierten Personals mit zukunftssichernden Effekten für die Region, da Abwanderung verhindert wird und sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse entstehen. Das Modell der AGZ wird als ein Instrument im Rahmen der Flexicurity-Strategie der Europäischen Union verstanden und ermöglicht Unternehmen, Fachkräfte zu binden und zu sichern, indem sie Kooperationen mit anderen Arbeitgebern eingehen. Insofern bezieht sich das Instrument „Arbeitgeberzusammenschlüsse“ auf die Verhältnisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, in denen bezüglich der Sicherheit und Flexibilität des Unternehmens und der Arbeitsplätze eine hohe Interessenüberschneidung besteht. AGZ sind in ihrer Funktion als Mittler zwischen den Unternehmen, auch unterschiedlicher Branchen, einer Region und den Beschäftigten und in ihrer Funktion als Rekrutierungsinstrument der zusammengeschlossenen Unternehmen ein wichtiger Akteur in der lokalen Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung. Sie kennen sowohl die Zukunftsstrategien ihrer Mitgliedsbetriebe als auch die zukünftigen Anforderungen an die Unternehmen und können frühzeitig Arbeitskräfte rekrutieren bzw. auf die zukünftigen Aufgaben vorbereiten. Auf politischer Ebene gibt es zahlreiche Ansatzpunkte, die Anwendung kooperativen Personalmanagements zu unterstützen. Entsprechend den bisherigen Erfahrungen können zusammenfassend folgende Handlungsempfehlungen an politische Entscheidungsträger auf europäischer Ebene ausgesprochen werden: • Zunehmende Bereitstellung von Informationen zur Funktionsweise von AGZ und Verbreitung guter Beispiele auf EU-Ebene, • Verstärkte Diskussion um Modelle kooperativen Personalmanagements in KMU in der Debatte um Flexicurity und Restrukturierung im Rahmen der Europa 2020 Strategie, • Verstärkte Berücksichtigung von Modellen kooperativen Personalmanagements in KMU in den EU - Programmen zum Umgang mit demografischem Wandel, • Vertiefende Studien zur Entwicklung eines europäischen Instrumentariums und zur Systematisierung des Transfers von Konzepten kooperativen Personalmanagements, • Unterstützung der Schaffung nationaler rechtlicher Rahmenbedingungen, • Ressortübergreifende Kommunikation der Thematik (EMPL, REGIO, ENTREPRISE) Regionales Fachkräftemanagement – Stärkung des Mittelstands – Stärkung der Regionen und ganzheitliche Lösungsansätze. Abschließend bleibt festzuhalten, dass Flexicurity-Konzepte mit Blick auf KMU aufgrund sehr ähnlicher Interessenlagen von Unternehmern und Beschäftigten, was die 1 Wettbewerbsfähigkeit und den Fortbestand des Unternehmens betrifft, anders diskutiert werden müssen als für Großunternehmen. Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in peripheren Regionen und der Prekarisierung von Beschäftigungsverhältnissen erscheinen AGZ als erfolgreiche Form der Überwindung solcher problematischen Entwicklungen. 2 EN The present report has been elaborated in the context of the project “GE-Transfer 2010” under the “Mutual Learning Programme”, which is part of PROGRESS. The objective consists in the dissemination of the concept of Employers’ Alliances (EA), a successful form of cooperative human resources management. The EA is an enterprise set up by companies whose objective is to recruit employees and to make them available to the members according to their needs. Instead of offering temporary jobs and thus placing the employees in a situation of precariousness, the companies jointly form a new “cooperative” employer who provides the employees security and thereby retains them. The companies share the risk of recruitment without delegating it to a third party. They combine complementary partial needs of the member companies and create secured jobs which are usually full-time employments. The direct advantage for the companies is the retention of qualified personnel, which engenders positive effects for the future of the region as emigration is prevented and jobs with social security benefits are created. The model of EA is to be understood as a tool in the context of the flexicurity strategy of the European Union and allows companies to retain and secure qualified personnel by cooperating with other employers. Thus, the tool “Employers’ Alliances” focuses on the relationship between employers and employees who have a shared interest - to a large extent - in terms of the security as well the flexibility of both the company and the jobs. In their function as an intermediary between the companies (also across sectors), between the region, and between the employees, and in their role as a recruiting tool for the member companies, EA are important actors in the development of the local economy and job market. They know both the strategies of their member companies for the future and the upcoming requirements which their members will have to meet, and they are able to recruit staff early on and prepare them for the future activities. On the political level, there are several possibilities to support the implementation of cooperative human resources management. According to the experiences gathered by now, the following practical recommendations can be addressed to political decision-makers on the European level: • Increase the availability of information on the functioning of EA and the dissemination of good practices on the EU level, • Enhance the discussion on models of cooperative human resources management in SMEs when it comes to the debate on flexicurity and restructuring in line with the Europe 2020 strategy, • Enhance the consideration of models for cooperative human resources management in SMEs with respect to the EU-programmes for tackling demographic change, • Detailed studies on the development of a European toolbox and on the systematization of the transfer of concepts for cooperative human resources management, • Support with the creation of national legal framework conditions, • Communication across services regarding the issue (DG EMPL, REGIO, ENTREPRISE) • Regional management of qualified personnel – support to SMEs – support to regions and holistic solutions. Finally, it can be stated that regarding SMEs flexicurity concepts ought to be discussed differently than regarding corporations. This is due to the very similar mindset of employers and employees in SMEs when it comes to the competitiveness and the lifespan of the company. The need for qualified personnel in peripheral regions and the precarization of jobs show that EA are a successful solution to overcome these problematic developments. 3 FR Ce rapport a été rédigé dans le cadre du projet « GE-Transfer 2010 » sous le « Programme d’Apprentissage Mutuel » qui fait partie de PROGRESS. L’objectif consiste à diffuser le concept de Groupements d’Employeurs (GE), une forme attrayante de gestion coopérative du personnel. Le GE est une entreprise créée par des entreprises dont l’objectif consiste à embaucher des salarié(e)s et à les mettre à la disposition des sociétés adhérentes selon leurs besoins. Au lieu de proposer des contrats à durée déterminée au salarié(e)s et de les placer dans une situation de précarité, les entreprises créent, ensemble, un employeur « coopératif » qui sécurise et fidélise les salarié(e)s. Les entreprises se partagent le risque du recrutement sans le déléguer à un tiers. Elles combinent différents besoins partiels complémentaires des adhérents afin de créer des emplois sécurisés qui, normalement, sont prévus à durée indéterminée. L’avantage immédiat qu’en tirent les entreprises consiste à fidéliser du personnel qualifié, ce qui entraîne des effets sécurisants pour l’avenir du territoire car l’émigration est endiguée et des emplois bénéficiant d’une couverture sociale sont créés. Le modèle des GE se comprend comme un outil dans le cadre de la stratégie de flexicurité de l’Union européenne et permet aux entreprises de fidéliser et de sécuriser des compétences en coopérant avec d’autres employeurs. Ainsi, l’outil des « Groupements d’Employeurs » se concentre sur les relations entre employeurs et salarié(e)s dont les intérêts quant à la sécurité et la flexibilité de l’entreprise et des emplois se recoupent clairement. En tant qu’intermédiaire entre les entreprises, y compris des entreprises issues de secteurs différents, le territoire et les salarié(e)s, et dans leur fonction d’outil de recrutement des sociétés adhérentes, les GE sont un acteur clé du développement local de l’économie et du bassin d’emplois. Ils connaissent aussi bien les stratégies prospectives de leurs adhérents que les défis futurs auxquels ceux-ci seront confrontés, et ils sont en mesure de recruter des salarié(e)s de bonne heure, voire de les préparer aux tâches futures. Au plan politique, de nombreuses opportunités se présentent pour soutenir la mise en place d’une gestion coopérative du personnel. Selon les expériences recensées, les recommandations suivantes peuvent être adressées aux décideurs politiques au niveau européen : • Augmentation de la mise à disposition d’informations sur le fonctionnement des GE et diffusion de bonnes pratiques au niveau de l’UE, • Discussion renforcée sur des modèles de gestion coopérative du personnel dans les PME lors du débat sur la flexicurité et la restructuration dans le cadre de la stratégie Europe 2020, • Prise en compte renforcée de modèles de gestion coopérative du personnel dans les PME au sein des programmes de l’UE dédiés à la gestion du changement démographique, • Études approfondies sur le développement d’une boîte à outils européenne et sur la systématisation de transferts concernant des concepts de gestion coopérative du personnel, • Soutien à la création de cadres juridiques nationaux, • Communication interservices sur le sujet (DG EMPL, REGIO, ENTREPRISE), • Gestion territoriale des compétences – appui aux PME – appui aux territoires et solutions globales. Finalement, il est force de constater que les concepts de flexicurité ayant trait aux PME doivent être discutés différemment de ceux applicables aux Grandes Entreprises en raison 4 des points de vue fortement convergents des PME et de leurs salarié(e)s en ce qui concerne la compétitivité et la durée de vie de l’entreprise. Notamment face au manque de compétences dans les territoires périphériques et à la précarisation des emplois, les GE apparaissent comme moyen attrayant pour surmonter de tels développements néfastes. 5 Einleitung Der vorliegende Bericht wurde im Rahmen des Projektes „GE-Transfer 2010“ unter dem zu PROGRESS gehörendem „Mutual Learning Programme“ erstellt. Ziel ist die Verbreitung des Konzeptes von Arbeitgeberzusammenschlüssen (AGZ), einer erfolgreichen Form kooperativen Personalmanagements, in Frankreich seit mehr als 25 Jahren etabliert, und auch in Belgien und Deutschland zunehmend anerkannt. Formen kooperativen Personalmanagements können insbesondere für KMU attraktive Lösungen zur Überwindung von Ressourcenknappheit und Fachkräftemangel darstellen. Gerade in peripheren Regionen ist ein Fachkräftemangel branchenübergreifend zu verzeichnen, ein Entgegensteuern auch im regionalpolitischen Interesse, da ansonsten eine weitere wirtschaftliche Entwicklung gebremst wird und Steuereinnahmen sinken. Bei AGZ schließen sich mehrere Arbeitgeber zusammen, um qualifiziertes Personal entsprechend erwarteter Arbeitsbedarfe in den einzelnen Betrieben einzusetzen. Dadurch können Arbeitnehmern langfristige Vollzeitstellen angeboten werden. Unternehmen profitieren von langfristiger Mitarbeiterbindung und ebenfalls langfristiger Kostenersparnis. Damit stützen sich AGZ auf Flexibilität und Sicherheit im doppelten Sinne: Beide Elemente – Flexibilität und Sicherheit - werden gleichzeitig für beide Parteien optimiert, für Unternehmen und Arbeitnehmer. AGZ verdeutlichen, wie Flexicurity Konzepte in der Praxis positiv wirken können. Eine anschauliche Darstellung des AGZ sowie ausführliche Diskussion mit Blick auf die Flexicurity Debatte sind Gegenstand dieses Berichts. Dieser bietet somit eine nützliche Hilfestellung einschließlich Handlungsempfehlungen für interessierte Unternehmen, Sozialpartner und politische Entscheidungsträger, um entsprechende Rahmenbedingungen zu setzen. Im Laufe des Projektes wurden Informationsmaterialien sowie eine Umsetzungsstudie für Österreich erstellt, die über die Website www.cerge.eu abrufbar sind. Was sind Arbeitgeberzusammenschlüsse? Ein Arbeitgeberzusammenschluss (AGZ) ist eine Organisation, die von mehreren Unternehmen, aber auch privaten und öffentlichen Arbeitgebern oder Vereinen, gegründet und getragen wird, in der Arbeitskräfte angestellt sind, die flexibel in den Mitgliedsunternehmen arbeiten. So können die Betriebe Arbeitskräfte binden, die sie alleine nicht auslasten und finanzieren können. Bei einem Arbeitgeberzusammenschluss handelt es sich nicht um einen Personalpool, auf den die Betriebe bei Bedarf zurückgreifen, sondern er kombiniert den Bedarf der einzelnen Betriebe an Saison- und Teilzeitstellen in der Regel zu langfristigen Vollzeitarbeitsplätzen. Eine Arbeitskraft wird erst dann eingestellt, wenn der kombinierte Bedarf einen Arbeitsplatz begründet, denn die Betriebe übernehmen gemeinsam das Beschäftigungsrisiko, ohne es an einen Dritten zu delegieren und sie garantieren die Auslastung der Beschäftigten. Damit gewinnen sie die Möglichkeit, Mitarbeiter/-innen zu halten, die sie als Einzelunternehmen nicht sichern könnten. Mitarbeiter/-innen im Arbeitgeberzusammenschluss sind somit „geteilte“ – wobei unter „geteilt“ das Arbeitsvermögen und die Kompetenzen der einzelnen Personen verstanden werden – Mitarbeiter/-innen der Mitgliedsbetriebe. Die Mehrzahl der Mitglieder in Arbeitgeberzusammenschlüssen sind Kleinund Kleinstunternehmen. Ein Arbeitgeberzusammenschluss ist ein „Unternehmen der Unternehmen“, er arbeitet kostendeckend und nicht gewinnorientiert. Die Aufgabenfelder und das Qualifikationsniveau der Beschäftigten in Arbeitgeberzusammenschlüssen können sehr unterschiedlich sein: Sie reichen von angelernten Hilfsarbeiten (z. B. Erntehilfe) über spezialisierte Tätigkeiten (z. B. spezielle Schweißtechniken) bis zu hochqualifizierten Tätigkeiten (z. B. Qualitätsmanagement). Die 6 Einsatzbereiche umfassen saisonale Tätigkeiten z. B. in der Land- und Forstwirtschaft, der Lebensmittelverarbeitung und dem Tourismus über wochenweise und Halbtags-Tätigkeiten im Büro oder in der Verwaltung, in der Produktion, Verarbeitung und Logistik oder im Verkauf bis zu spezifischen und hochflexibel zu organisierenden Einsatzfeldern, z.B. für die Wartung von EDV-Anlagen oder für die Qualitätssicherung. Entscheidend ist die Bereitschaft der Unternehmen, Arbeitskräfte gemeinschaftlich zu beschäftigen, um sowohl für die Beschäftigten, die Unternehmen und die Region einen „Mehrwert“ entstehen zu lassen. Neben seinem Kerngeschäft, der Koordination der Fachkräfteteilung, kann das AGZManagement für die Mitgliedsunternehmen weitere Dienstleistungen im Bereich des kooperativen Personalmanagements erbringen. Das sind zum Beispiel die Personalverwaltung und Weiterbildung (auch für die Stammbelegschaften) sowie die Rekrutierung von Arbeitnehmer/-innen für die einzelnen Unternehmen1. Konstituierende Merkmale von AGZ im Unterschied zu anderen Formen flexibler Arbeit sind2: • • • • • Die Solidarität und das Prinzip der Gegenseitigkeit unter den Betrieben: Transparenz und Verlässlichkeit sowie eine von den Unternehmen getragene gemeinsame Ethik im Personalmanagement sind zentral für das gute Funktionieren des AGZ. Strikte Orientierung an den Bedarfen der Betriebe, d.h. sowohl die Rekrutierung von Beschäftigten als auch die Personalentwicklung im AGZ orientieren sich an den Bedarfen der Unternehmen. Die Verantwortung der Betriebe für die Beschäftigten: Die Unternehmen haften gemeinsam für die Löhne und Sozialbeiträge der Beschäftigten sowie für die Steuerschulden des AGZ. Keine Profite: eventuelle Überschüsse werden in die Weiterentwicklung des AGZ, meist in Weiterbildung der Beschäftigten, investiert. Klar definierte Mitgliedschaft: die Beschäftigten werden ausschließlich in den Mitgliedsbetrieben des AGZ eingesetzt. Der Unterschied zwischen dem „Unternehmen AGZ“ und anderen Unternehmen liegt also in seiner Zwecksetzung: Hier geht es um gemeinsame Personalbindung und Fachkräftesicherung bei gleichzeitiger Flexibilität im Personaleinsatz. Hieraus leiten sich – will der AGZ seinen wirtschaftlichen Zweck erfüllen und dauerhaft existieren – spezielle Anforderungen an die Arbeitsweise ab: • Ein gemeinsames Ethos, nach dem die beteiligten Menschen, ihre Entwicklungs- und Lernfähigkeit, ihre Persönlichkeit und Professionalität wichtigste Ressource und folglich zentraler Gegenstand der Aufmerksamkeit des AGZ sind, • die kontinuierliche Reflexion der Dienstleistung des AGZ im Dialog zwischen AGZManagement, Beschäftigten und Mitgliedsunternehmen, • die Kooperation und die damit verbundene Verlässlichkeit bei der Einhaltung der gesetzten Regeln sowie Fairness und Offenheit. 1 vgl. hierzu, Hartmann, T., Wünsche, G., AGZ-Modell, Stand und Entwicklungstrends, in: Uhlmann, M., Heim, Y., (Hrsg.) Fachkräftebindung und Flexibilisierung durch Kooperation, Schriftenreihe ATB, Chemnitz 2010 2 Wölfing, S., Wünsche, G., Hartmann, T., Arbeitgeberzusammenschlüsse in Brandenburg – ein Beitrag zur Umsetzung des Flexicurity-Ansatzes, Studie im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie des Landes Brandenburg, Potsdam 2007 7 Das „Unternehmen AGZ“ und sein „Produkt Fachkräftesicherung und Flexibilität“ entstehen und wachsen unter dem Primat der Rentabilität und Dauerhaftigkeit nur in kooperativen Formen. Diese Eckpunkte bestimmen die Funktionsweise von AGZ. Typen von Arbeitgeberzusammenschlüssen Das Ressourcenzentrum Poitou-Charentes unterscheidet fünf Typen von AGZ: • • • • • „Klassisch- industrielle“ AGZ: Sie arbeiten meist branchenübergreifend (mit wenigen Ausnahmen, z.B. im Transportgewerbe) und haben ein eigenes Management. Die Mitgliedsunternehmen kommen meist aus der Industrie und aus dem Dienstleistungsbereich. In der Mehrzahl handelt es sich um kleine und mittlere Unternehmen. „Klassisch-handwerkliche“ AGZ: Sie organisieren Handwerksunternehmen, d.h. meist kleine und sehr kleine inhabergeführte Unternehmen. Sie haben nicht immer ein eigenes Management, sondern sind entweder an einen größeren Betrieb oder an die Handwerkskammer angelehnt. Landwirtschaftliche AGZ: Dies ist die „Urform“ des AGZ, in der zwei oder drei Landwirte sich eine Arbeitskraft teilen. In der Regel sind landwirtschaftliche AGZ relativ klein; der Arbeitseinsatz wird entweder von einem Mitgliedsunternehmen oder von den „Services de remplacement“ (Betriebshelferdienste) organisiert. AGZ im Vereinsbereich: Mitglieder sind hier in der Regel Vereine und nichtkommerzielle Initiativen aus dem Kultur- und Sportbereich, auch können öffentliche Einrichtungen wie z.B. Gemeindeverwaltungen und Schulen Mitglieder sein. Diese AGZ arbeiten aufgrund der nicht-kommerziellen Struktur und Aufgabenstellung ihrer Mitglieder oft in den Randbereichen sowohl zum Ehrenamt als auch zu öffentlich geförderten Aktivitäten. Arbeitgeberzusammenschlüsse zur Einarbeitung und Qualifizierung (GEIQ):3 GEIQ funktionieren grundsätzlich genauso wie alle anderen AGZ, auch hier teilen sich Unternehmen Kompetenzen und Arbeitsvermögen, jedoch mit dem zusätzlichen Ziel, junge Menschen auszubilden und in die Unternehmen zu integrieren. Sie werden in unterschiedlichen Arbeitsgebieten, die teils auch öffentlich gefördert sind, im AGZ eingesetzt und gleichzeitig ausgebildet. GEIQ werden auch dann von Unternehmen gegründet, wenn Personalbedarfe entstehen, die über den regulären Arbeitsmarkt nicht befriedigt werden können und deshalb auf Personen aus „Zielgruppen“ zurückgegriffen werden muss, die nur durch vorbereitende Weiterbildungen, Anpassungsqualifizierungen oder begleitende Hilfen in die Unternehmen integriert werden können. Neben der Fachkräftebindung durch die Teilung von Kompetenzen dient der GEIQ auch direkt zur Rekrutierung von Fachkräften für die Unternehmen, die die Ausgebildeten meist in ihre Unternehmen übernehmen. Flexicurity-Strategien für KMU Die überwiegende Zahl der bislang in der Diskussion befindlichen Flexicurity-Strategien setzt an Veränderungen des Verhältnisses zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern an. Sehr häufig wird das Niveau der sozialen Sicherung der Beschäftigten verringert und traditionelle Grundsätze, wie z.B. das – aus gutem Grund – hohe Regelungsniveau der 3 Groupements d'Employeurs pour l'Insertion et Qualification 8 Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland werden aufgeweicht. Diese Strategien sind jedoch überwiegend als Deregulierungsstrategien zu Lasten der Beschäftigten anzusehen. Jedoch zeigt eine genauere Betrachtung, dass Strategien, die das „hire and fire“ für die Unternehmen vereinfachen und den Niedriglohnsektor erweitern, aus der Sicht großer Unternehmen möglicherweise sinnvoll sein mögen, da sie in Zeiten guter Auftragslagen aufgrund ihrer Attraktivität und wirtschaftlichen Stärke relativ einfach Arbeitskräfte wieder zurückgewinnen können. Die kleineren Betriebe verfügen jedoch nicht über dieselben Ressourcen und daraus resultierende Flexibilisierungsmöglichkeiten wie große Unternehmen. Das Verhältnis zum einzelnen Beschäftigten ist in kleinen Unternehmen ein anderes. Die Inhaber/-innen der kleineren Betriebe sind auf jede einzelne ihrer Mitarbeiterinnen und jeden einzelnen ihrer Mitarbeiter angewiesen, sie müssen darauf bauen können, dass diese im Unternehmen Mitverantwortung übernehmen. Das geht nur, wenn es gelingt, einen attraktiven Arbeitsplatz und eine Perspektive zu bieten und so eine hohe Unternehmensbindung zu erreichen. Auch für die Arbeitgeber ist eine längerfristige Bindung die entscheidende Grundlage, in Personalentwicklung zu investieren und Kompetenzentwicklung zu fördern. Weiterhin zeigt sich, dass große Unternehmen die Notwendigkeiten der Flexibilisierung häufig auf kleine Unternehmen abwälzen. Es sind die Zulieferer und die kleinen Unternehmen der Region, die als erste mit Auftragskündigungen der Großen zu rechnen haben. Die Modernisierung des Arbeitsmarktes hat also neben den bekannten negativen Auswirkungen auf die Situation der Beschäftigten die Lastenverteilung der globalen Flexibilisierung auch zu Ungunsten der kleinen Unternehmen verschoben. Hierzu muss man sich vor Augen führen, dass kleine und mittlere Unternehmen in Europa 99,8% aller Unternehmen stellen, die fast zwei Drittel (66,7%) aller Arbeitsplätze sichern und 58,6% des Mehrwerts erwirtschaften, wir es also mit einem sehr bedeutsamen, aber bislang von der Wirtschaftspolitik eher vernachlässigten Bereich zu tun haben, wenn es um die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen geht4. In dieser Situation bleibt vielen kleinen und Kleinst-Unternehmen nichts weiter übrig, als mit prekärer Beschäftigung, befristeten Verträgen und Arbeit am Rande der Legalität zu reagieren, was jedoch das grundlegende Problem – die teilweise Verlagerung der Flexibilisierung von den großen Unternehmen auf die kleinen – nicht lösen kann. Bereits jetzt zeigt sich zudem besonders in Regionen außerhalb der industriellen Zentren ein gravierender Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, der für viele – nicht nur technologieorientierte – Unternehmen zu einer echten Existenzbedrohung geworden ist. Dies betrifft nicht nur den in der Presse häufig aufgegriffenen Mangel an Ingenieuren und Technikern, sondern geht bis auf die Ebene zuverlässiger und versierter Vorarbeiter. Kleine und mittlere Unternehmen, die zudem in strukturschwachen, wenig attraktiven Regionen angesiedelt sind, haben in der „Konkurrenz um die Köpfe“ wenig Chancen, qualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen und an sich zu binden. Sie können weder das Lohnniveau der Großunternehmen noch deren Aufstiegschancen bieten. Gerade die kleineren Unternehmen brauchen jedoch auch die Sicherheit, qualifizierte Fachkräfte rekrutieren und langfristig binden zu können. Insbesondere in Zeiten eines zunehmenden Fachkräftemangels brauchen sie Unterstützung, um im Wettbewerb um qualifiziertes Personal bestehen zu können. „Flexicurity“ darf also nicht nur Konzepte umfassen, die für Unternehmen mehr Flexibilität und für die Beschäftigten mehr Sicherheit bedeuten, sondern Flexicurity-Konzepte müssen auch die Sicherheit für die Unternehmen erhöhen, langfristig kompetente Arbeitskräfte an 4 vgl. Eurostat, Key figures on European Business with a special focus on SMEs, European Union, 2011 9 sich binden zu können. Sie müssen den Beschäftigten ferner die Flexibilität bieten, sich beruflich weiterentwickeln zu können. Sowohl für die Entwicklung der Beschäftigten als auch für die der Unternehmen wird die Erhöhung von Flexibilität bei gleichzeitiger Verstärkung der Sicherheiten eine notwendige Voraussetzung und Grundlage für die notwendige Flexibilisierung. Kooperationen zwischen Unternehmen Unsichere und prekäre Arbeit in kleinen und mittelständischen Unternehmen ist oft ein Ausdruck der unsicheren und prekären Situation des gesamten Unternehmens. Sichere Arbeit ist damit Grundlage und Ausdruck der Sicherheit und Stabilität eines Unternehmens. Bei zunehmender Konkurrenz der Unternehmen um Fachkräfte wird unsichere und wenig attraktive Arbeit zu einem entscheidenden Wettbewerbsnachteil, der die Handlungs- und Entwicklungsfähigkeit des Unternehmens einschränkt und die gesamte Sicherheit des Unternehmens bedroht. Die Attraktivität eines Unternehmens für Arbeitnehmer/-innen und die Bindungsfähigkeit von Fachkräften bestimmen zunehmend über die Stabilität eines Unternehmens. Viele Unternehmen können Arbeitskräften, die sie für ihre Leistungsfähigkeit brauchen, keinen sicheren Arbeitsplatz bieten, da sie für die Auslastung nicht sorgen können. Kooperationen zur gemeinsamen Auslastung von Arbeitskräften, das gemeinsame Tragen des Beschäftigungsrisikos für solche gemeinsam beschäftigten Arbeitnehmer/-innen in einer verbindlichen und auf Kontinuität angelegten Kooperation können sichere und attraktive Arbeitsplätze schaffen. Arbeitgeberzusammenschlüsse verstärken nicht nur die Bindungsfähigkeit der Unternehmen, sondern erhöhen auch die Möglichkeiten intern-externer Flexibilisierung. Dabei geht es auch hier sowohl um die Flexibilisierung im Sinne der Unternehmen als auch um eine flexiblere Arbeitsorganisation im Sinne der „work-life-balance“ der Beschäftigten. Damit stellt das Modell AGZ mehr als bisher diskutierte Instrumente der Flexicurity die Interessenüberschneidungen zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten in den Vordergrund. Es geht dabei um die gegenseitigen Bedingungen zwischen Sicherheit auf Beschäftigtenund Sicherheit auf Arbeitgeberseite, zwischen Flexibilität auf Beschäftigten- und Flexibilität auf Arbeitgeberseite sowie zwischen Sicherheit und Flexibilität auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. AGZ und Flexicurity Flexicurity bezeichnet ein Konzept welches versucht, Flexibilitäts- und Sicherheitsansprüche sowohl von Unternehmen als auch von Arbeitnehmern zu vereinbaren. Dabei wird der Wunsch nach Flexibilität nicht nur den Unternehmen und Sicherheit den Arbeitnehmern zugeschrieben. Vielmehr werden beide Erfordernisse beiden Parteien zugesprochen, Arbeitnehmer suchen beispielsweise Flexibilität in Arbeitszeit oder Tätigkeiten, während Unternehmen auf Sicherheit bei der Verfügbarkeit von Fachkräften und der Planung ihres Arbeitseinsatzes angewiesen sind. Es wird davon ausgegangen, dass um Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und Prekarisierung zu verhindern, heutige Arbeitsverhältnisse beiden Elementen – Flexibilität und Sicherheit Rechnung tragen müssen und Arbeitsmarktpolitik die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen soll. Einem der Begründer der Flexicurity-Theorie, Ton Wilthagen, folgend, kann Flexicurity demnach wie folgt definiert werden: 10 „...a policy strategy that attempts, synchronically and in a deliberate way, to enhance flexibility of labour markets, work organisation and labour relations on the one hand, and to enhance security – employment security and social security – notably for weaker groups in and outside the labour market on the other hand”5 Mit Blick auf Politikentwicklung ist entsprechend den Diskussionen zwischen EU Kommission, den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern das Flexicurity-Konzept durch vier 6 Komponenten gekennzeichnet, die von AGZ bedient werden : 1. Flexible und sichere vertragliche Vereinbarungen in einer ausgewogenen Kombination von Sicherheit und Aktivierungsmaßnahmen, die die Erwerbsbeteiligung fördern und der Arbeitsmarktsegmentierung entgegenwirken. Als Gegenleistung für seine räumliche Flexibilität und unter strikter Einhaltung der Tarifverträge und der Vereinbarungen der Sozialpartner erhält der AGZ-Beschäftigte einen dauerhaften Arbeitsvertrag, in Belgien beispielsweise handelt es sich zwingend um einen unbefristeten Vertrag. 2. Umfassende Strategien des lebenslangen Lernens, welche die Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördern und somit die Anpassung an den Wandel erleichtern, insbesondere für besonders benachteiligte Gruppen. In einem AGZ ist die Nachfrage nach Weiterbildungen so vielfältig wie die Mitgliedsunternehmen. Der Zusammenschluss ist besonders geeignet, sowohl die Kosten für Weiterbildung als auch den Nutzen bei der Anwendung der neu erworbenen Kenntnisse und Kompetenzen gemeinschaftlich aufzuteilen, deren gegenseitige Anerkennung im AGZ gesichert ist. Die existentielle Grundlage eines AGZ besteht darin, den beruflichen Werdegang der Beschäftigten zu unterstützen und zu begleiten. Die Steigerung des Qualifikationsniveaus und der Anpassungsfähigkeit sind zentrale Elemente der Arbeit in einem AGZ. 3. Wirksame aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, welche bei der Arbeitssuche unterstützen, die Zeit der Arbeitslosigkeit verkürzen und Übergänge zu neuen Arbeitsverhältnissen erleichtern. AGZ beschäftigen auch Arbeitsuchende, die ohne die Möglichkeiten der kooperativen Beschäftigung zum größten Teil Zeitarbeiter, schlecht abgesicherte Selbständige oder Gelegenheitsarbeiter wären. Von Beginn an haben AGZ in Frankreich, Belgien und Deutschland ihre besondere Aufmerksamkeit Personengruppen gewidmet, die die europäische Politik bei ihrem Zugang zum Arbeitsmarkt besonders unterstützt. Das Modell AGZ beinhaltet in seinem Kern zahlreiche Anti-Diskriminierungs-Aspekte. 4. Moderne Systeme der sozialen Sicherheit, die in Zeiten von Arbeitslosigkeit existenzsichernde Einkommenshilfen garantieren und in einem ausgewogenen Verhältnis von Rechten und Pflichten Arbeitsanreize bieten7. 5 Wilthagen, T., Tros, F., (2004), "The Concept of "Flexicurity": a new approach to regulating employment and labour markets", in "Flexicurity: Conceptual Issues and Political Implementation in Europe; Transfer, European Review of labour and research, Vol. 10, No. 2: 166-186. 6 Actes de la Convention Européenne des Groupements d’employeurs, Bruxelles, Februar 2008 11 Der AGZ ist in alle Schutzmaßnahmen für Beschäftigte eingebunden, Tarifverträge und andere soziale Vereinbarungen werden sorgfältiger umgesetzt als anderswo, unter der doppelten Wachsamkeit der Gewerkschaften im AGZ und der Mitgliedsunternehmen. Für ein Unternehmen wird durch die Beteiligung an einem AGZ der Einsatz von illegaler Arbeit uninteressant, da es die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer zum richtigen Zeitpunkt und am passenden Ort beschäftigen kann. AGZ sichern sowohl die Übergänge der Beschäftigten zwischen den Mitgliedsunternehmen als auch zwischen Berufstätigkeit und z.B. Phasen der Weiterbildung, familiär bedingter Pausen und den Übergang zwischen der Tätigkeit im AGZ und „normaler“ Tätigkeit in Unternehmen der Region. Sie senken gerade für die kleinen Mitgliedsunternehmen die Schwelle zur Einstellung von Personal und öffnen so auch benachteiligten Gruppen den Zugang zum Arbeitsmarkt. Flexibilität und Sicherheit sind ebenfalls als multidimensionale Konzepte zu verstehen und lassen sich wie folgt untergliedern: Formen der Flexibilität: (1) Numerische Flexibilität (Anpassung der Anzahl der Beschäftigten), (2) Funktionale Flexibilität (Einsatz von Arbeitnehmern für verschiedene Tätigkeiten), (3) Arbeitszeit Flexibilität (Anzahl der Arbeitsstunden) (4) Lohnflexibilität (Anpassung der Lohnhöhe) Formen der Sicherheit: (1) Arbeitsplatzsicherheit (Erhalt eines bestimmten Jobs), (2) Beschäftigungssicherheit (Sicherheit in Beschäftigung zu bleiben, aber nicht notwendigerweise im selben Job oder bei demselben Arbeitgeber), (3) Einkommenssicherheit/Soziale Sicherung (Finanzielle Sicherheit bei Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Unfall), (4) Kombinationssicherheit (Möglichkeit der Vereinbarung zwischen Berufs- und Arbeitsleben, z.B. Mutter/Vaterschaftsurlaub, flexible Arbeitszeiten). Analytisch lassen sich Politiken oder Maßnahmen anhand der genannten Dimensionen auf einer Matrix verorten, die eine Identifizierung bestimmter Maßnahmen für bestimmte Kombinationen von Flexibilität und Sicherheit erlaubt, da nur bei einer gleichzeitigen Berücksichtigung beider Elemente von Flexicurity gesprochen werden kann. Verortet man AGZ auf dieser Matrix, so ist erkennbar, dass ausgesprochen viele Flexicurity Kombinationen angesprochen werden, AGZ demnach als qualitativ hochwertiges Flexicurity Instrument zu bewerten sind: Flexibilitätsdimension Sicherheitsdimension Arbeitsplatzsicherheit Beschäftigungs- Einkommenssicherheit Kombinationssicherheit sicherheit Numerische Flexibilität + + + + Funktionale Flexibilität + + + + Arbeitszeitflexibilität + + + + Lohnflexibilität + + + + 7 Europäische Kommission: Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen, Gemeinsame Grundsätze für den Flexicurity-Ansatz herausarbeiten: Mehr und bessere Arbeitsplätze durch Flexibilität und Sicherheit, Brüssel, 2007 12 Es ist zu beachten, dass AGZ zuerst als Instrument für effektiven Personaleinsatz zu betrachten sind. In ihrer Praxis und durch die bewusste Anerkennung und Förderung durch die Politik stellen sie jedoch eine Maßnahme zur Implementierung von Arbeitsmarktkonzepten im Sinne einer bewussten Flexicurity-Strategie dar, was insbesondere für bestimmte Formen der AGZ wie der oben genannten GEIQ gilt. Eine Diskussion von AGZ mit einem Blick auf die Flexicurity Debatte auf Europäischer Ebene ist insbesondere vielversprechend, da AGZ alle von der Europäischen Kommission identifizierten vier verschiedenen “Flexicurity Optionen”8 anspricht, dementsprechend die Arbeitsmarkterfordernisse aller EU Staaten bedient und eine Umsetzung des Konzeptes für alle EU Mitgliedsstaaten gewinnbringend ist. Arbeitgeberzusammenschlüsse - gelebte Flexicurity Flexibilisierung für Unternehmen und Beschäftigte Zum Einen schafft die Möglichkeit, partielle Arbeitskraftbedarfe durch die Zusammenführung in einem eigenen Unternehmenszusammenschluss „intern zu externalisieren“, Flexibilität in den Mitgliedsbetrieben ohne auf die Sicherheit verzichten zu müssen, das Personal dauerhaft gebunden zu haben. Zum Andern können durch die Kooperation unterschiedlich großer und unterschiedlich strukturierter Unternehmen teilweise die Flexibilisierungspotentiale „vergemeinschaftet9“ werden. So können beispielsweise größere Unternehmen bewusst mit dem Ziel in den AGZ eingebunden werden, Flexibilisierungsbedarfe bei anderen Mitgliedern aufzufangen. Damit wird es möglich, durch Kooperation interne Flexibilisierungspotentiale größerer Unternehmen teilweise an kleine Unternehmen zu übertragen bzw. nutzbar zu machen. Die Hauptmotivation der Beschäftigten, in einem AGZ zu arbeiten, ist neben der Sicherheit die Attraktivität des Arbeitplatzes. Die Beschäftigten schätzen besonders die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten und die Steigerung ihrer beruflichen Kompetenzen sowie ihre Polyvalenz im AGZ. Erhöhung der Sicherheit für Unternehmen und Beschäftigte Anteilig auf qualifiziertes, eingearbeitetes und regelmäßig wiederkehrendes Personal zugreifen zu können, ermöglicht den Betrieben einen zielgenaueren Einsatz sowohl der AGZ-Beschäftigten als auch ihrer Stammbeschäftigten und damit die effiziente Nutzung der vorhandenen Potentiale, was die Wirtschaftlichkeit und Entwicklungsfähigkeit der Unternehmen erhöht. Die Kooperation ohne Profite Dritter ermöglicht den Unternehmen Einsparungen auf unterschiedlichen Ebenen, die ebenfalls zur Stabilisierung beitragen. Wie in jedem Unternehmen ist die Antizipation zukünftiger Anforderungen an das Unternehmen Bedingung für dessen dauerhafte Existenz und seine Entwicklungsfähigkeit. In AGZ beziehen sich diese Anforderungen auf die zukünftigen Bedarfe der Mitglieder, so dass das AGZ-Management unmittelbar in die vorausschauende Planung der wirtschaftlichen Aktivitäten seiner Mitgliedsbetriebe eingebunden ist, will es seine Aufgabe erfüllen. Dieser 8 European Commission, (2007), Towards Common Principles of Flexicurity: More and better jobs through flexibility and security; Office for Official Publication of the European Communities, Luxembourg, July 2007. 9 Der französische Begriff „mutualiser“ beschreibt dies treffender: es handelt sich um eine Beziehung auf Gegenseitigkeit und zum gemeinsamen Nutzen 13 Überblick über viele Betriebe und im Falle branchenübergreifender AGZ auch verschiedener wirtschaftlicher Sektoren ermöglicht einerseits eine ziel- und passgenaue Planung der beruflichen Weiterentwicklung der AGZ-Beschäftigten, was wiederum deren Beschäftigungsfähigkeit erhöht und für zusätzliche Sicherheit sorgt. Andererseits ist es durch die gemeinsame Reflexion zukünftiger Arbeitskräftebedarfe zwischen AGZ-Management und Mitgliedsunternehmen möglich, längerfristige Planungen in den Unternehmen vorzunehmen und zukünftige Entwicklungen rechtzeitig durch das Teilen und den effektiven Einsatz von hochentwickelten und passgenauen Kompetenzen qualifikatorisch abzusichern. Dadurch, dass mehrere Unternehmen sich die mit der Anstellung verbundenen Verbindlichkeiten teilen, können auch Unternehmen ihr „Arbeitsfragment“ in die Kooperation einbringen, die allein keine Einstellung auf sich genommen hätten oder die nur prekäre Arbeitsverhältnisse angeboten hätten. So lassen sich „auf vielen Schultern“ Arbeitsplätze absichern, auch neue Arbeitsplätze schaffen und qualifizierte Fachkräfte binden. Für den Fall, dass ein Unternehmen ausfällt, werden die frei werdenden Arbeitszeiten auf andere Unternehmen verteilt; so entsteht eine höhere Beschäftigungssicherheit als sie in den einzelnen Unternehmen möglich wäre. Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmer/-innen Die Arbeit in unterschiedlichen Unternehmen und eventuell auch in unterschiedlichen Tätigkeiten erfordert und fördert Polyvalenz und ermöglicht die Entwicklung vielfältiger beruflicher und außerberuflicher Kompetenzen. Der gezielte Einsatz von Weiterbildung und Unterstützung der Kompetenzentwicklung ist Teil des „Kerngeschäfts“ von AGZ. Die Mitarbeit und Mitsprache des AGZ-Managements bei der Organisation der Arbeitseinsätze in den Betrieben und die regelmäßige Auseinandersetzung darüber führt auch zu einer kontinuierlichen und dialogischen Bedarfsentwicklung, auf deren Grundlage die Planung und Organisation der Kompetenzentwicklung im AGZ erfolgen kann. Der gemeinsame Fonds für Weiterbildung sowie eine hohe Variabilität von Finanzierungsmöglichkeiten von Weiterbildung je nach den Bedarfen und Möglichkeiten der Unternehmen ermöglichen qualitativ und quantitativ umfangreichere Weiterbildungen als in anderen Unternehmen sowie die Formalisierung informell erworbener Kompetenzen. Kurz gesagt: Die Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter/-innen ist der Garant für das Erreichen des Unternehmenszwecks des AGZ. Gründe von Arbeitgebern und Beschäftigten, mit und in einem AGZ zu arbeiten Entscheidend für das Engagement kleiner Unternehmen im AGZ ist das Kostenargument in Verbindung mit der Kontinuität des Personals, das der AGZ bieten kann. Die wichtigsten Einsparpotentiale liegen in der Senkung der Rekrutierungskosten, bei der Einarbeitung und der Personalentwicklung, in der Weiterbildung und bei Anpassungsqualifizierungen. Weitere Potentiale der Kostenersparnis sind durch den effektiven, passgenauen Einsatz von kompetentem Personal gegeben. Viele Unternehmen könnten für ihre Bedarfe auch Zeitarbeit in Anspruch nehmen, jedoch schneidet der AGZ im Vergleich mit der Zeitarbeit in zweierlei Hinsicht positiv ab: Erstens fällt der Aufschlag auf die ausgezahlten Löhne geringer aus als bei der Zeitarbeit, weil weder Profite noch längere Ausfallzeiten kalkuliert werden müssen, zweitens werden die Mitarbeiter/-innen regelmäßig in den Unternehmen eingesetzt, sind also eingearbeitet und können vom ersten Tag ihres Einsatzes die volle Leistung erbringen. Das „Preisargument“ in Verbindung mit der Entlastung von Personalmanagementaufgaben und der Kontinuität des Einsatzes der Mitarbeiter/-innen gilt gleichermaßen für kleine Ein-Mann/Frau-Unternehmen 14 wie für die Niederlassungen weltweit agierender Konzerne. Jedoch lassen sich unterschiedliche Motivationen zur Beteiligung am AGZ zwischen kleinen und großen Unternehmen feststellen. Kleine Unternehmen sind sehr viel unmittelbarer abhängig vom Funktionieren des AGZ. Über eingearbeitete und zuverlässige Fachkräfte verfügen zu können ist für sie von existenzieller Bedeutung. Sie verfügen weder über die Größe noch über die Ressourcen, die Flexibilität des Arbeitseinsatzes intern oder extern organisieren zu können. Insofern erfüllt der AGZ, der ihnen die notwendigen Kompetenzen passgenau sowohl von der Zeit als auch von der Qualifikation her zur Verfügung stellt, in diesen Unternehmen eine vitale Funktion. Große Unternehmen nutzen zusätzlich zu den finanziellen Vorteilen die regionale Einbindung und Präsenz des AGZ, um ihrer regionalen Verbundenheit Ausdruck zu geben. Sie verstehen ihr Engagement im AGZ auch als Teil ihrer regionalen CSR-Strategie. Ein tragfähiges Umfeld Der Innovationsdruck sowohl für Produkte als auch im Bereich der Arbeitsorganisation ist nicht nur Zwang, sondern bietet auch Chancen. Durch die Globalisierung der Konkurrenz ist die Bedeutung der immateriellen Aktiva als Konkurrenzvorteil gegenüber den physischen Aktiva gestiegen. Zwei immaterielle Werte, die jedes Unternehmen unabhängig von Patenten und Marken besitzen kann, sind einerseits die Qualität seines Netzwerks und andererseits seine Flexibilität. Der Arbeitgeberzusammenschluss hat zwangsläufig den Überblick über alle Branchen und die Region, in der seine Mitgliedsunternehmen tätig sind. Die Antizipation zukünftiger Bedarfe seiner Mitglieder ist wesentliches Element seiner Geschäftsstrategie des kollektiven Personalmanagements. Insofern haben AGZ auch bei der Entwicklung der regionalen Arbeitskräftepotenziale als Intermediäre zwischen Ausund Weiterbildungseinrichtungen, Arbeitsverwaltungen, Wirtschaftsförderung und Unternehmen eine wichtige Rolle in der lokalen Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung. Arbeitgeberzusammenschlüsse sind in ihrer Funktion als Mittler zwischen den Unternehmen, auch unterschiedlicher Branchen, einer Region und den Beschäftigten und in ihrer Funktion als Rekrutierungsinstrument der zusammengeschlossenen Unternehmen ein wichtiger Akteur in der lokalen Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung. Sie kennen sowohl die Zukunftsstrategien ihrer Mitgliedsbetriebe als auch die zukünftigen Anforderungen an die Unternehmen und können frühzeitig Arbeitskräfte rekrutieren bzw. auf die zukünftigen Aufgaben vorbereiten. Dabei spielt neben der Tradition der einzelnen AGZ und ihrer Mitgliedsunternehmen vor allem auch die Größe der AGZ eine Rolle. Mit hundert und mehr Beschäftigten und ebenso vielen Unternehmen wird ein AGZ auch von anderen regionalen Wirtschafts- und Arbeitsmarktakteuren wahrgenommen, allein deshalb kommt dem AGZ eine eigene Funktion im Bereich der regionalen Fachkräfteentwicklung zu. Dazu kommt die Logik und die Philosophie des AGZ, der eine bestimmte Form und Vorgehensweise der Fachkräftebindung und –entwicklung vertritt, die Kooperation regional gebundener Unternehmen. Mit seiner Arbeit gestaltet er mit an der Region als attraktivem Arbeitsort, er erhöht damit die Bindung vieler Menschen an die Region. Insofern versteht sich ein AGZ durchaus als Akteur und Instrument der regionalen Entwicklung und insbesondere eines regionalen Fachkräftemanagements. Erweiterung der Beteiligungsmöglichkeiten für Beschäftigte in AGZ Die AGZ im Handwerk, im Dienstleistungsgewerbe und in der Industrie haben in der Regel so viele Beschäftigte, dass sie alle verpflichtet sind, eine Personalvertretung wählen zu 15 lassen, was in vielen kleinen Mitgliedsbetrieben nicht der Fall ist. Insofern haben AGZBeschäftigte allein durch die Größe ihres Betriebs mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten als Beschäftige in Kleinbetrieben. Hinzu kommt, dass viele AGZ-Geschäftsführer eine Personalvertretung als Ansprechpartner für wünschenswert halten. Polyvalenz und Multikompetenz bei den Beschäftigten bringen nach einhelliger Aussage aller Beteiligten auch mehr Selbstbewusstsein und Überblickswissen mit sich, beides sind sicher günstige Voraussetzungen für die Wahrnehmung der eigenen Interessen. Die kontinuierliche Reflexion der Arbeit im AGZ und das bewusste Gestalten von Arbeitsplätzen, die Kernaufgabe des AGZ, bieten viele Möglichkeiten für Mitgestaltung durch die Arbeitnehmervertreter. Durch die Kooperation, die der AGZ organisiert, werden die Bedingungen, denen die Unternehmen unterliegen, thematisiert und analysiert und damit bewusst innerhalb der Kooperation gestaltbar gemacht. Das Thema der Arbeitsorganisation und der Gestaltung von Arbeitsbedingungen wird zum gemeinsamen Thema im AGZ, was – wenn auch unterschiedlich starke – Rückwirkungen auf die Mitgliedsbetriebe hat. Alle Unternehmen im AGZ sind gefordert, sich Gedanken zu machen, wie sie selbst als Arbeitgeber, wenn schon nicht besonders attraktive, so doch vertretbare Arbeitsbedingungen entwickeln können. Transferarbeit und nationale Besonderheiten Europäische Gemeinsamkeiten Bereits in vorangegangenen Projekten wurden gemeinsame Prinzipien von Arbeitgeberzusammenschlüssen definiert, um – unter welchen unterschiedlichen Rahmenbedingungen und mit welchen Instrumenten auch immer – in verschiedenen Ländern diese Form der Verbindung von Flexibilität und Sicherheit realisieren zu können. Es sind dies die bereits benannten Punkte: • Solidarität und das Prinzip der Gegenseitigkeit unter den Betrieben, • strikte Orientierung an den Bedarfen der Betriebe, • die Verantwortung der Betriebe für die Beschäftigten, • keine Profite, • klar definierte Mitgliedschaft. Die Problemlagen, denen sich KMU gegenüber sehen, sind in den europäischen Ländern durchaus vergleichbar; es unterscheidet sich der französische Handwerker wenig von seinem deutschen Kollegen. Es gibt sicher unterschiedliche Mentalitäten, jedoch sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so unterschiedlich nicht. Insofern sind auch die Reserven, denen die Promotoren von AGZ begegnen, nur graduell unterschiedlich: Kooperation in einem so sensiblen Bereich wie der Personalentwicklung ist nicht jedem selbstverständlich und die Befürchtungen, Know-How zu verlieren oder für das Nachbarunternehmen einstehen zu müssen, sind überall verbreitet. Insofern lassen sich sowohl das Modell in seinen Grundstrukturen als auch die Strategien der Verbreitung durchaus in verschiedene Länder übertragen. Notwendig ist allerdings, AGZ basierend auf den dargestellten Prinzipien, im jeweiligen juristischen Kontext neu zu „rekonstruieren“ bzw. das Modell „zu übersetzen“. 16 Anwendung Europäischer Richtlinien Arbeitsverhältnisse in einem AGZ sind reguläre Arbeitsverhältnisse zwischen zwei Vertragsparteien und unterliegen den geltenden nationalen Regelungen, welche die in nationales Recht transponierte europäische Richtlinien beinhalten. Jedoch gibt es in Frankreich eine spezielle Regelung im Arbeitsgesetzbuch, die die gemeinsame Verantwortung der AGZ-Mitgliedsbetriebe für ihre Beschäftigten festschreibt, in anderen Ländern existiert diese Sonderregelung nicht. Hier unterliegen die AGZ den Regelungen für Zeitarbeit und damit den entsprechenden europäischen Regelungen in diesem Bereich. Arbeitgeberzusammenschlüsse in Belgien In Belgien wurden die Arbeitgeberzusammenschlüsse nach französischem Vorbild in den Jahren 2001 – 2003 im Rahmen einer französisch-belgischen Partnerschaft in einem EQUAL-Projekt der Europäischen Union eingeführt. Mit Hilfe von EQUAL konnten die juristische Expertise und die Gesetzesvorlagen erarbeitet werden sowie der Aufbau des AGZ JobIris und des Ressourcenzentrums in Brüssel finanziert werden. Mit Auslaufen dieser Förderung wird das Ressourcenzentrum auf ehrenamtlicher Basis weiter betrieben. Es ist beim AGZ „Jobiris“ angesiedelt und besteht im Wesentlichen aus der Webseite, die vom Geschäftsführer von Jobiris gepflegt wird. In Belgien müssen die AGZ als „Groupement d’interêt économique“, als wirtschaftliche Interessenvereinigung gegründet werden und sie dürfen ausschließlich Langzeitarbeitslose oder Sozialhilfeempfänger rekrutieren. In Belgien gibt es neben dem Brüsseler AGZ zwei weitere in der Region um Lüttich. Das große Handicap der AGZ in Belgien ist deren Festlegung auf die Zielgruppe der Langzeitarbeitslosen, d.h. auf eine Klientel mit recht großer Distanz zum Arbeitsleben und zu den Unternehmen. Dies erfordert von den Unternehmen ebenso wie vom AGZ-Management einen hohen zusätzlichen Betreuungsaufwand, der ohne öffentliche Förderung von den Unternehmen nicht finanziert werden kann. Insofern bleiben die belgischen AGZ zumindest solange, bis die Beschäftigten im Arbeitsleben wieder Fuß gefasst haben, von öffentlicher Förderung abhängig. Dies mindert die Wachstumschancen der AGZ in Belgien ganz erheblich. Arbeitgeberzusammenschlüsse in Deutschland Arbeitgeberzusammenschlüsse bestehen in Deutschland seit 2005. Erste Bemühungen, das Konzept von Frankreich nach Deutschland zu transferieren, wurden durch das Programm „ESF Artikel 6 -innovative actions“ der Europäischen Kommission unterstützt. Mittlerweile gibt es 7 AGZ mit insgesamt ca. 130 Beschäftigten. Wie in Frankreich sind AGZ in Deutschland auf periphere Regionen fokussiert, in den Unternehmen unter Druck stehen, alles zu tun, um qualifizierte Arbeitskräfte zu halten. In Deutschland unterliegen die AGZ dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), welches ursprünglich zum Schutz der Zeitarbeiter vor Ausbeutung relativ strikte Regelungen beinhaltetete. Mit der Flexibilisierung des Arbeitsmarktes in den Jahren 2001 – 2004 (Hartz Reformen) wurde auch das AÜG „flexibilisiert“. Ein für AGZ bedeutsamer Aspekt ist die Regelung, dass von dem Grundsatz „Gleicher Lohn – gleiche Behandlung“, welcher auch von der Europäischen Kommission vorgegeben ist, abgewichen werden kann, wenn ein Tarifvertrag abgeschlossen wurde. Dieses ursprünglich als Ausnahme gedachte Verfahren ist mittlerweile die Regel: es existieren mehrere Tarifverträge in der Zeitarbeit, die für Zeitarbeiter in allen Branchen einheitliche Löhne festlegen, unabhängig davon, wie das Lohnniveau in der jeweiligen Region und Branche ist. Damit wird keine sektorale Differenzierung der Tätigkeit durchgeführt und eine einheitliche Vergütung für verschieden 17 geartete Tätigkeiten eingeführt. Als Folge wird Zeitarbeit für höher qualifizierte Jobs verbilligt, da diese der geringeren Entlohnung der Leiharbeitsbranche unterworfen sind und nicht der der ausgeübten Tätigkeit z.B. im Automobilbau oder in der Versicherungswirtschaft. In der Folge ist Leiharbeit teilweise billiger geworden als reguläre Arbeitsverhältnisse, was auch die Arbeitsverhältnisse im AGZ betrifft. Leiharbeit kann aber gerade nicht eine Unternehmensoder regionale Bindung der Arbeitnehmer/-innen bewirken, dies kann nur ein AGZ. Es zeigt sich, dass Unternehmen durchaus gewillt sind für diese Leistung zu bezahlen. Auch wenn AGZ sich dafür eignen, wiederkehrende Arbeitsbedarfsspitzen aufzufangen so sind sie doch von Zeitarbeit grundverschieden und teilen gerade nicht deren negative Nebeneffekte wie z.B. häufige Ortswechsel, wechselnde Schichtdienste, niedrige Löhne und die ständige Ungewissheit, wie es weitergeht. Es gibt jedoch auch Branchen und Regionen (insbesondere die Landwirtschaft und einige Dienstleistungen im Osten Deutschlands), in denen der Zeitarbeitslohn höher liegt als die jeweiligen Branchenlöhne. Die in Deutschland existierenden AGZ haben sich in ihren „Qualitätsstandards für AGZ“ darauf geeinigt, das Prinzip „Gleicher Lohn – gleiche Behandlung“ anzuwenden, ihre Beschäftigten also genauso zu behandeln wie die Beschäftigten in den Mitgliedsbetrieben. Arbeitgeberzusammenschlüsse in Österreich Interesse der Arbeitgeber als NutzerInnen: Das Modell des AGZ ist bisher bei allen möglichen NutzerInnen auf großes Interesse gestoßen. Kleinen Unternehmungen scheint die Teilung der Arbeit ein plausibles Modell. Weitere Interessierte haben sich zur Information angemeldet. Auf überraschend positives Echo ist die Idee bei den Gemeindevertretungen gestoßen. Für sie scheint es eine unkomplizierte Kooperationsmöglichkeit zu sein, ohne die Identitäten ihrer Bauhöfe, Gemeindestuben oder andere Dienstleistungen durch generelle Kooperation oder Zusammenlegung zu gefährden. Intermediäre (Beratungs-)Institutionen als Promotoren und Unterstützer für die Umsetzung: Das Modell wurde bisher bei LeadermanagerInnen, RegionalmanagerInnen, QualifizierungsverbundberaterInnen und Verantwortlichen für territoriale Beschäftigungspakte sowie Landesagenturen, die auch zum Thema Beschäftigung explizit arbeiten, vorgestellt. Bei allen ist es uneingeschränkt auf Interesse gestoßen und einige von ihnen überlegen derzeit, ein Projekt zu formulieren, damit der regionale Zugang zum AGZ erschlossen werden kann. Die BAB-Unternehmensberatung GmbH konnte als Partner für die weitere Projektinitiative vor allem im Beschäftigungsfeld gewonnen werden. Weitere private Personaldienstleister und intermediäre Supportagenturen sagten bereits ihre Unterstützung zu, wie die TMG (Standort- und Innovationsagentur des Landes Oberösterreich) bzw. Agenturen in Oberösterreich, die bisher Arbeitsstiftungen betrieben haben. Auch gemeinnützige Arbeitskräfteüberlasser zeigen Interesse am Modell. Regionen zeigen sich - wie erwähnt - ebenfalls interessiert und manche sind bereits dabei, die Möglichkeiten zur Umsetzung von AGZ zu überprüfen. In der Region NÖ-Mitte (Gebiet um die niederösterreichische Landeshauptstadt St. Pölten) wird gerade eine Machbarkeitsstudie zu diesem Thema ausgearbeitet. Dort haben sich bisher vor allem Gemeinden dafür interessiert, zusätzliche Möglichkeiten der Beschäftigung 18 für Gemeindeleistungen zu finden, die sie weder alleine noch über sonstige Überlasser durchführen würden. In der Leader-Region südliches Waldviertel (Niederösterreich) werden die regionalen Unternehmen in Bezug auf ihren Bedarf zur Teilung von Arbeitskräften befragt. Das LFI-Steiermark (ländliches Fortbildungsinstitut) hat das AGZ-Modell mit einem Beschäftigungsprojekt verknüpft. Bei den Territorialen Beschäftigungspakten (Schwerpunkt 5 im ESF), die wir kontaktierten, ist das Thema derzeit nicht auf der Prioritätenliste, jedoch bleibt es auf dem „Bildschirm“ und sie wollen auch laufend informiert werden. Es konnten dort und da auch regionale Geschäftsstellen des AMS, ÖGB-Sekretäre und andere im Sozialpartnerbereich angesiedelte AkteurInnen informiert werden, die allesamt ein hohes Interesse zeigten und dem Modell Innovation und vor allem Nützlichkeit bescheinigten. Positive Resonanz und Unterstützung seitens der Entscheidersysteme: Die wichtigste Arbeitgeberseite, die Wirtschaftskammern, sind insgesamt dabei, das „klassische“ Modell der Zeitarbeit in Österreich positiv zu positionieren. Das AGZ-Modell stellt hier eine kleine Irritation dar. Es konnte noch nicht flächendeckend überzeugt werden, dass es sich hier um kein „Gegenmodell“ zur Überlassung handelt, sondern um eine Ergänzung im Instrumentenset. Die Überlasser haben innerhalb der Kammern bereits eine starke Lobby, welche verständlicherweise kein großes Interesse hat, ein Modell gut zu heißen, welches durchaus den Markt für die Überlasser einschränken könnte. Die Gewerkschaften überprüfen derzeit das Modell, ob die Gefahr besteht, dass man durch missbräuchliche Anwendung der AGZ prekären Formen der Beschäftigung Vorschub leistet. Das ist insofern interessant, als dass wir das AGZ-Modell in Österreich auch als Modell zur Vermeidung und Verminderung prekärer Beschäftigung positionieren. Das Arbeitsmarktservice (AMS) in der Steiermark hat das Potenzial erkannt und die Bildung des ersten AGZ in Österreich ermöglicht. Das AMS in anderen Bundesländern, insbesondere in Oberösterreich und Salzburg, ist explizit noch zurückhaltend. Die Landwirtschaftskammer Steiermark steht explizit hinter dem steiermärkischen Modell mit Bauern als Arbeitgebern und hat das AGZ-Modell als zusätzliches Instrumentarium vor allem neben dem Modell der Maschinenringe zur Versorgung der bäuerlichen Betriebe mit Fachkräften, die an die Betriebe auch gebunden werden sollen, erkannt. Begleitend zur Umsetzung des ELER (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes) in Österreich befasst sich eine Arbeitsgruppe mit beschäftigungspolitischen Effekten, die durch die ländliche Entwicklung in Gang gesetzt werden können. Im Rahmen dieser Arbeitsgruppe wurde auch das Modell der AGZ präsentiert und als mögliches Instrument positiv hervorgehoben. 4. Forschung Erst kürzlich äußerte sich Prof. Dr. Dietmar Rössl, Direktor des Instituts für SME-Mangement & Entrepreneurship von der WU Wien, ausgesprochen positiv zum Modell des AGZ. Er unterstützt explizit diese Idee und wird sie auch DiplomandInnen anbieten. Es wird das 19 Modell auch in der Wirtschaftsuniversität Weitere Forschungs-Partner werden noch gewonnen. selbst weiter kommunizieren. Schlussfolgerungen Kritiker bemerken, dass sich Flexicurity hauptsächlich auf die Flexibilisierung von Arbeitgebern auf Kosten der Arbeitnehmer beschränkt. Waren im Rahmen des Wirtschaftswachstums vor der Finanzkrise die Hoffnungen relativ hoch gesteckt, so ist es schwierig in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs tragfähige praktische Flexicurity Konzepte zu identifizieren. Praktiken der Arbeitgeber und politische Maßnahmen beziehen sich oft einseitig auf den Abbau von Beschäftigungssicherheit von Arbeitnehmern oder die Risiken werden an kleine Unternehmen und Zulieferer „weitergereicht“. AGZ als Form kooperativen Personalmanagements haben diese Krise überstanden und zeigen sich als robustes Instrument, sowohl in Krisen, als auch prosperierenden Zeiten. Die spezifische Situation von kleinen Unternehmen findet wenig Beachtung in den Strategien und Handlungsempfehlungen der Politik und der Sozialpartner. Wenn Strategien der Zukunftssicherung und der Flexicurity kleinen Unternehmen angeboten werden, handelt es sich meist um „Kopien“ von Großunternehmen, die wenig hilfreich sind. Dies ist insofern bedauerlich, als wir der Überzeugung sind, dass gerade die Stabilisierung kleiner Unternehmen wesentlich dazu beiträgt, sichere Arbeit zu schaffen, prekärer Beschäftigung entgegenzuwirken und durch Kooperation die regionale Wirtschaftsentwicklung zu unterstützen. Sowohl vom Standpunkt der Beschäftigungssicherung und der Inklusion als auch vom Standpunkt der regionalen Entwicklung aus betrachtet führt kein Weg daran vorbei, die Handlungs- und Leistungsfähigkeit kleiner, lokal gebundener Unternehmen zu stärken und Konzepte zu entwickeln, die ihren Ressourcen und Entwicklungsbedarfen entsprechen. Empfehlungen Empfehlungen - EU Ebene Bereitstellung von Informationen zu AGZ auf EU-Ebene Sozialpartner, Verbände, Regierungsstellen, lokale Verwaltungen und Initiativen zur Umsetzung von AGZ brauchen eine kompetente Anlaufstelle, die Informationen und Beratung zu AGZ zur Verfügung stellt, in den jeweiligen Ländern Ansprechpartner und spezifische Beratung vermitteln kann und die in allen EU Mitgliedsländern die politisch und administrativ Verantwortlichen aus Wirtschaft und Arbeitsmarkt informiert und für das Modell AGZ sensibilisiert. Ein europäisches AGZ Infozentrum kann als eine solche Clearingstelle fungieren und gleichzeitig Studien und Forschungsvorhaben zu AGZ auf Europäischer Ebene sowie in den einzelnen Mitgliedsländern initiieren, koordinieren und unterstützen. Verstärkte Aufnahme von Modellen kooperativen Personalmanagements in KMU in die Debatte um Flexicurity – Restrukturierung im Programm EU 2020 In der Debatte um die Neuorientierung der Strukturfonds für die Förderperiode 2014-2020 werden jetzt die Weichen gestellt. Die Flexicurity-Strategie der Europäischen Kommission 20 wird im Kontext der Politik zur Abfederung negativer Auswirkungen der Restrukturierung von (Groß-) Unternehmen in Europa eine wichtige Rolle spielen. Die spezifischen Bedingungen in KMU sind in dieser Debatte jedoch kaum berücksichtigt. Unternehmer wie Beschäftigte in KMU sind in Bezug auf Flexibilisierung ebenso wie in Bezug auf die Sicherheit (die Unternehmen möchten Fachkräfte binden und die Beschäftigten suchen stabile Arbeit) gleichermaßen betroffen. Das Modell kooperativer Personalentwicklung unterstützt gerade KMU in ihrer Anpassungs- und Zukunftsfähigkeit und sorgt gleichzeitig für Beschäftigungssicherheit und „gute Arbeit“ und sollte deshalb Eingang in die Programmatik der EU zu diesem Thema finden. Vor allem sollte die Rolle von Netzwerken und Kooperationsbeziehungen zur Fachkräftesicherung und –entwicklung als Strukturen zur Verbesserung der Kopplungsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen an Instrumente zur Abfederung von Restrukturierung stärker untersucht, beschrieben und programmatisch berücksichtigt werden. Das Modell der AGZ kann außerdem in der Diskussion um Flexicurity in großen Unternehmen und um ihre Beziehungen zu kleinen Unternehmen eine Rolle spielen. Viele aktuelle Debatten über die Beziehungen in den Unternehmen, neue Verantwortlichkeiten der Beschäftigten und neue Governance-Modelle können ebenfalls durch das Beispiel der AGZ bereichert werden. Verstärkte Berücksichtigung von Modellen kooperativen Personalmanagements in KMU in den EU - Programmen zum Umgang mit demografischen Wandel Neben der Restrukturierung der Unternehmen im globalen Maßstab ist der demografische Wandel in Europa die große Herausforderung der kommenden Jahre. Der Mangel an qualifizierten und anpassungsfähigen Arbeitskräften macht sich in allen europäischen Ländern zunehmend bemerkbar. Insbesondere KMU sind im Wettbewerb um die besten Köpfe gegenüber Großkonzernen im Nachteil, da sie oft nicht über entsprechende Ressourcen und Kompetenzen für eine strategische Fachkräftesicherung verfügen und oftmals auch als weniger sicher und in Bezug auf Karrierechancen und Gehaltsmöglichkeiten als weniger attraktiv erscheinen. Die Unterstützung von Strukturen unternehmerischer Selbsthilfe von KMU zur Rekrutierung und Bindung qualifizierter Fachkräfte, wie sie AGZ darstellen, ist eine (von mehreren) Strategien zum Umgang mit den Herausforderungen des demografischen Wandels. Sie verstehen sich auch als Bestandteile von Strategien, Instrumenten und Strukturen eines regionalen Fachkräftemanagements, das insbesondere beim Umgang von Regionen mit dem demografischen Wandel stärkere Berücksichtigung finden sollte. Außerdem beweisen die AGZ, dass sie bei Themen wie dem Kampf gegen Ausgrenzung oder ehrenamtlichem Engagement Orte der Solidarität sind und der staatlichen Politik starke Impulse geben können. Vertiefende Studien zur Entwicklung eines europäischen Instrumentariums und zur Systematisierung des Transfers von Konzepten kooperativem Personalmanagements AGZ sind zwar in Frankreich ein seit 25 Jahren erprobtes Modell, dennoch gibt es kaum Studien und Untersuchungen zu den Effekten der Unternehmenskooperation in Bezug auf die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen, die Arbeitssituation der AGZ-Beschäftigten sowie die Auswirkungen von AGZ auf die regionale Wirtschaftskraft. Länderübergreifende Methoden und Instrumentarien zur Implementierung von AGZ gibt es ebenfalls nur in Ansätzen. Um die jeweils länderspezifische Implementierung von AGZ in den EU Mitgliedsstaaten zu unterstützen, bedarf es rahmengebender Transferinstrumentarien, die die zentralen Eckpunkte des Modells definieren, jedoch Raum für Anpassungen an die jeweils länderspezifischen Gegebenheiten lassen. Wir verfügen über die Instrumente und 21 Methoden, die auf die kulturellen Unterschiede und Sozialmodelle eingehen, jedoch ist es unerlässlich, sie zu formalisieren und zu systematisieren. Unterstützung der Schaffung nationaler rechtlicher Rahmenbedingungen auf EU Ebene Um eine europaweite Verbreitung von AGZ und eine Ausnutzung ihrer positiven Effekte zu erreichen, bedarf es entsprechender nationaler Rahmenbedingungen, die im Idealfall europaweit einheitlich geregelt sein sollten. Insofern ist eine Empfehlung von Seiten der EU, dass die Umsetzung der Prinzipien von AGZ im nationalen Recht gemeinsamen EU Leitlinien folgen sollte und politisch erwünscht sind, hilfreich für die weitere Implementierung in den Mitgliedsländern. Ressortübergreifende Kommunikation der Thematik (EMPL, REGIO, ENTERPRISE) Regionales Fachkräftemanagement – Stärkung des Mittelstands – Stärkung der Regionen Wettbewerbsfähige und zukunftsorientierte kleine und mittlere Unternehmen stärken die Standortattraktivität der Regionen. Ein regionales Fachkräftemanagement, wie es von AGZ (in Teilen) geleistet wird, unterstützt die Unternehmen einer Region darin, attraktive Arbeit bieten zu können und qualifiziertes Personal anzuwerben. Zudem stärkt ein solches regionales Management die Konkurrenzfähigkeit der einzelnen Regionen im Wettbewerb um gute Fachkräfte und bei der regionalen Bindung von Arbeitskräften. Außerdem unterstützt es den Umgang von Individuen, aber auch von Unternehmen und Regionen mit der zunehmend geforderten und gewünschten Mobilität von Arbeitskräften. Viele Regionen sehen Beschäftigung und sozialen Zusammenhalt nicht als Quellen von Attraktivität an. Neben der Organisation geteilter Arbeit spielt die Weiterbildung und die Steigerung der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Beschäftigten eine wichtige Rolle in der Unternehmenskooperation. Die Förderung der Flexibilität der Beschäftigten ist zwar wünschenswert, muss jedoch mit der Förderung von Stabilität (in Bezug auf die Beschäftigten) für die Unternehmen einhergehen. Andernfalls haben nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Regionen ein Problem. Eine ressortübergreifende Herangehensweise an das Thema ist von daher unabdingbar. Kollegen der Generaldirektionen Regionalpolitik und Unternehmen sollten von daher auf jeden Fall in weitere Aktivitäten eingebunden werden, bestehende Programme und Informationsnetzwerke genutzt werden. Empfehlung - Nationale Ebene Nationale rechtliche Rahmenbedingungen schaffen Bis auf Frankreich verfügt kein EU-Mitgliedsland über ein (arbeits-)rechtliches Instrumentarium, welches die Prinzipien von AGZ in geltendes nationales Recht umsetzt (a) Uneigennützigkeit der Arbeitgeberkooperation, (b) Tariffreundlichkeit und Entgeltgerechtigkeit (gleicher Lohn für gleiche Arbeit), (c ) gemeinsame Verantwortlichkeit und Regelung des gemeinsamen Risikos). Die existierende Rechtslage in den untersuchten europäischen Mitgliedsstaaten orientiert sich an der Regulierung von Arbeitnehmerüberlassung im Sinne von Zeitarbeit und lässt wesentliche Prinzipien von AGZ außer Acht. Vertiefende Studien zum Potential von AGZ in einzelnen EU Mitgliedstaaten AGZ sind bis auf Frankreich und nun in den Anfängen Belgien, Deutschland und Österreich ein weitgehendes unbekanntes Instrument in den Europäischen Mitgliedstaaten. Zahlreiche 22 EU-Staaten bieten jedoch aufgrund ähnlicher kooperationsorientierter Herangehensweisen potential für einen Transfer (z.B. Italien mit seiner Tradition der Kooperativen). Die EU Mitgliedstaaten würden davon profitieren, Potentiale von AGZ oder ähnlichen Konzepten verstärkt zu untersuchen und auf bestehende Ressourcen, wie die zu AGZ und die AGZ Ressourcenzentren in Frankreich, Belgien, Deutschland und Österreich zurückzugreifen. Empfehlung - Operationale Ebene Engagement intermediärer Akteure Die Erfahrung zeigt, dass gerade zum Anschub von AGZ das Engagement intermediärer Organisationen gefragt ist. Die Unternehmen selbst unterbrechen nur selten das Tagesgeschäft, um selbstständig entsprechende Strukturen aufzubauen. Unternehmerverbände, Gewerkschaften, regionale Wirtschaftsförderungsagenturen oder andere private Akteure sind durch ihren Aufgabenzuschnitt deshalb prädestiniert diese Aufgaben zu übernehmen, zu informieren und evtl. weitere Forschungsarbeit zu leisten. Weiterführende Links www.crge.com www.crge.be www.cerge.eu www.ugef.fr www.arbeitgeberzusammenschluesse.de www.arbeitgeberzusammenschluesse.at 23