Billiges Fleisch kommt uns teuer zu stehen Im Wortlaut von Karin Binder, 19. Januar 2016 Von Karin Binder, ernährungs- und verbraucherpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE Deutschland ist das Land der Massentierhaltung und des billigen Fleisches. Im Schweineschlachten ist Deutschland inzwischen Europameister. Treiber dieser Entwicklung sind die unsinnige Exportwirtschaft, von Agrarminister Christian Schmidt (CSU) befeuert, und der große Lebensmitteleinzelhandel. Nur vier große Unternehmen beherrschen mit Dumpingpreisen den Markt. Sie setzen Landwirte und Hersteller unter Druck und ruinieren das örtliche Lebensmittelhandwerk. Mit der jetzt von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gebilligten Übernahme der Kaiser’s-Supermärkte durch den Handelsriesen Edeka wird die kartellartige Stellung des Lebensmittelhandels zementiert. Beispiel Arbeitskräfte: Menschen, die zu Hungerlöhnen arbeiten müssen, bilden das Rückgrat der Billigfleischproduktion. Der SPD-Mindestlohn zeigt hier seine Lücken: Über Werkverträge werden absurde Kosten für Unterkunft und Arbeitsmaterial vom Lohn abgezogen. Oft bekommen die Arbeitskräfte nur 500 Euro auf die Hand. 40.000 Werkvertragsarbeiter schuften in der deutschen Fleischindustrie. Die Vermeidung regulärer Beschäftigung wird von Subunternehmern aus dem Ausland organisiert. Heimische Fleischerfachkräfte gibt es in der deutschen Fleischindustrie nicht mehr. Gewerkschaftsvertretungen gibt es auch nicht. Zudem kommt es zu Sozialleistungs- und Steuerbetrug in Millionenhöhe. Beispiel Lebensmittelsicherheit: Wo Fleisch zu Dumpingpreisen erzeugt wird, bleiben Qualität und Hygiene auf der Strecke. Immer wieder kommt es zu Verstößen gegen die Hygienevorschriften, um Kosten zu sparen. Fleisch ist mit Keimen und Krankheitserregern belastet und gefährdet die Gesundheit der Verbraucher. Immer wieder gelangen nicht gekennzeichnetes Pferdefleisch oder Gammelfleisch in unsere Lebensmittel. In der Folge steigen Kosten für die Lebensmittelüberwachung. Außerdem setzt das Billigfleisch eine industrielle Massentierhaltung voraus. In den letzten zwanzig Jahren ist die Zahl der Betriebe um über 90 Prozent zurückgegangen, die Fleischproduktion wurde aber um über 50 Prozent gesteigert. Das geht nur mit massenhaftem Einsatz von Antibiotika in der Tierproduktion. Das produziert aber auch multiresistente Keime. Bei Übertragung auf den Menschen, könnten Infektionen nur noch schwer behandelt werden. Hierdurch steigen die Kosten im Gesundheitswesen. Die massenhafte Fleischproduktion erzeugt auch erhebliche Umweltschäden. Für Tierfutter werden riesige Anbauflächen benötigt. Auf ihnen wird massenhaft Gülle als Stickstoff-Dünger ausgebracht. Das hat eine zunehmende Nitratbelastung des Trinkwassers zur Folge. Es muss mit hohem Kostenaufwand aufbereitet werden, damit es nicht gesundheitsbelastend ist. Der StickstoffÜberfluss schädigt die Böden und führt zum Artenschwund. Er belastet die Gewässer und es kommt zu einem Rückgang der Fischbestände. Zudem treibt die Fleischerzeugung den Klimawandel an. Dass es so nicht weitergehen darf, zeigt das erfolgreiche Volksbegehren gegen Massentierhaltung in Brandenburg. Mit 104.000 Unterschriften fordern die Brandenburgerinnen und Brandenburger einen anderen Weg, hin zu mehr Tierwohl, umweltverträglicher Erzeugung und fairen Preisen. Wir unterstützen diese Forderungen und hoffen, dass das Volksbegehren in Brandenburg der Startschuss für eine bundeweite Agrarwende ist. linksfraktion.de, 19. Januar 2016