Geosicherheit Wie schnell werden Treibhausgase aus abschmelzendem Permafrost destabilisiert? Georg Delisle, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Stilleweg 2, 30655 Hannover In der Klimadiskussion taucht periodisch das Argument einer drohenden rasanten Freisetzung von Treibhausgasen in Folge eines rasch fortschreitenden Abtauens von Permafrost in der Arktis auf. Die Geschwindigkeit des Auftauprozesses kann jedoch über numerische Modellberechnungen quantifiziert werden, wobei sich zeigt, dass nur langsame Emissionsszenarien realistisch sind. Abweichung der Sommertemperaturen in der Arktis im frühen Holozän gegenüber heute: Tauprozesse bei Permafrost finden an seiner Unterseite (bedingt durch Einfluss des terrestrischen Wärmestromes) sowie an der Oberseite (bedingt durch Klimawandel) statt. Der „Auftauprozess“ an der Permafrost-Oberkante beinhaltet vorerst die graduelle Vertiefung der alljährlichen Auftauzone, wobei Raten von dm/Jahrzehnt realistisch sind. In einer zweiten Phase wird der sich alljährlich im Winter einstellende Frostboden nicht mehr die Unterkante der sommerlichen Auftauzone erreichen. Das weitere Abtauen des Permafrostes erfolgt nur langsam, weil wegen der zunehmenden Tiefenlage ein immer geringerer Teil der sommerlichen „Wärmewelle“ den Tauprozess befördern kann. Eine numerische Berechnung dieses Prozesses findet sich in: Delisle, G. (2007): Near-surface permafrost degradation: How severe during the 21st century? Geophysical Research Letters, vol. 34, L09503, doi:10.1029/2007GL029323 Die Abb. links aus Delisle (2007) zeigt die Tiefe der Unterkante der jährlichen Auftauzone unter Annahme einer Erwärmung um 4°C bis zum Jahr 2100 bei jährlichen mittleren Bodentemperaturen (MAGT) von -9°C, -5,5°C, -2.5°C und -0,5°C heute. Gestrichelte Linien zeigen maximale Tiefe des jährlich sich einstellenden oberflächigen Frostbodens. Schlüsselergebnisse: • Permafrost in der Arktis bleibt auch im 21. Jahrhundert im Wesentlichen erhalten. • Per Analogieschluss mit dem Ablauf früherer Warmphasen kann die massive Freisetzung von Treibhausgasen aus zerfallendem Permafrost als unwahrscheinlich bezeichnet werden. Aus: CAPE Project Members, (2001): Holocene paleoclimate data from the Arctic: testing models of global climate change. Quaternary Science Reviews 20, 1275-1287. Im frühen Holozän war die Arktis bereits einmal über Jahrtausende erhöhten Sommertemperaturen im Vergleich zu heute ausgesetzt (siehe Bildfolge rechts). Die Eiskerne sowohl vom grönländischen Eisschild wie auch aus der Antarktis ergeben keinerlei Hinweise auf eine erhöhte Freisetzung von Treibhausgasen zu jener Zeit, obwohl damals zwingend ein tiefgründigeres Auftauen des Permafrostes im Vergleich zu heute gegeben war.