Chaos-hütte 1

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Chaos-hütte 1.0
Neblige Strasse, der Regen hatte erst vor kurzem aufgehört und der
Mond schien nur sporadisch durch die dicke Wolkendecke. Wo bin ich
hier fragte sich John immerfort. Diese Gegend von Eastwick kam ihm
irgendwie bekannt vor obwohl er sich fast sicher war, hier noch nie
gewesen zu sein.
Plötzlich ertönte hinter ihm ein tiefes Knurren, eines viel zu groß
geratenen Tieres.
Als er sich umdrehte sah er nur noch ein großes schwarzes Tier mit
riesigen Krallen und Klauen auf sich zuspringen.
Die, im Mondschein, blitzenden Krallen bohrten sich durch sein Hemd,
schlitzen es auf als seien sie rasiermesserscharf.
Doch bevor sie ihren Weg weiter suchten….
Wachte John schweissgebadet auf.
Er lag in seinem Bett, die Decke hatte er wohl auf den Boden
gestrampelt. Wie ein nasser Sack lag sie neben dem Bett.
Durstig stand er auf, liess den Raum in absoluter dunkelheit, denn nach
dem Lichtschalter zu tasten war ihm zu anstrengend.
Er erreichte die Küche.
Noch immer klatschnass öffnete er die Kühlschranktür und sah eine
riesige, mit schwarzem Fell bedeckte Tatze auf ihn zuschiessen, die
angsteinflößende lange, scharfe Krallen hatte...
Mit einem Schrei wich er erschrocken von der Kühlschranktür zurück
und kniff die Augen zusammen. Als er sie wieder öffnete, hatte er
entgültig das letzte bischen Müdigkeit abgestreift.
Sein Blick wanderte durch den Kühlschrank, doch von einem behaarten
Monster war nicht die geringste Spur zu erkennen.
Der Traum hatte ihn doch wohl mehr mitgenommen, als er gedacht
hatte...
Er angelte sich etwas kühles zu trinken und mit einem grübelnden Blick
in das Innere des Kühlschrankes schloss er dessen Tür.
Wieder im Schlafzimmer angekommen sah er auf die leuchtenden
ziffern seines Weckers.
>Toll<, dachte er, >Es ist kurz nach 4. In 2 Stunden rappelt der Wecker
und ich muß auf die Arbeit. Hoffentlich begegne ich heute nicht auch
noch meinem Chef. Den könnte ich nach dieser Nacht gar nicht mehr
ertragen....<
Die kommenden 2 Stunden war an Schlaf nicht mehr zu denken. John
wanderte unruhig durch die Wohnung, genoss eine heisse Dusche und
machte sich früher als üblich auf den Weg zur Arbeit.
Er wußte nicht, was mit ihm los war, denn der Traum ließ ihn nicht
mehr los. Ständig schweiften seine Gedanken ab und er hatte diese
schreckliche Kreatur vor seinen Augen.
Im Büro angekommen wartete auch schon die nächste schreckliche
Kreaturauf ihn: Sein Chef!
Dieser stürzte um die Ecke, schnurstracks auf seine Bürotür zu.
>Toll, heute bleibt mir auch nichts erspart<, dachte John.
Mit einem heftigen Knall flog seine Bürotür ins Schloss. Da saß er nun,
den Traum immernoch im Hinterkopf und seinen Chef
wutschäumenderweise vor sich.
Matt Mc Clausen stand nun vor ihm. Der sowohl hart als auch gerecht
war. Aber wenn er diesen Gesichtsausdruck besass, beschränkte sich
seine Laune auf das Wesentliche, Härte!
Mc Clausen war Väterlicherseits Schotte und Mütterlicherseits Ire, eine
gefährliche Kombination. Er besass die kräftige Ausstahlung und die
Sparsamkeit der Schotten und das aufbrausende Wesen der Iren.
Ein Donnerwetter brach über John herein, bei dem er schon nach dem 2.
Satz innerlich abschaltete und den Blick senkte.
Als er wieder aufschaute, erblickte er....Fell!!!
Schweiss rann aus Johns Poren, seine Hautfarbe glich sich der weissen
Wand hinter ihm an.
Als sich sein Blick schärfte, erkannte er wieder die Bestie von letzter
Nacht, die knurrend und brüllend vor ihm tobte und sprungbereit
dastand.
Ein erzwungenes Augenzwinkern später stand wieder Mc Clausen vor
ihm, sein Herz tobte noch in seiner Brust, während Clausen ihn, nun ein
wenig besorgter, aber immernoch voller Schärfe ansah.
Fast eine Minute lang trafen sich wortlos ihre Blicke.
Bis ein viel zu gross geratener Käfer das Blickfeld der beiden kreutzte
und brummend die grosse Palme in der Ecke des Raumes ansteuerte.
Mit einem angedeuteten Kopfschütteln wandte sich John nun an seinen
Chef, "Ähm...was wollten sie denn nun eigentlich von mir?"
Seine eigene Stimme klang ein wenig entfernt, fast garnicht von ihm.
Mc Clausen übersah diese Tatsache mit einer ihm eigenen Gelassenheit,
"Meine herzallerliebste Gattin", sein Tonfall begann wieder
aufbrausender zu werden, "hat für heute Abend ein paar, sagen wir,
ausgesuchte Persönlichkeiten bei uns zum Barbeque eingeladen. Diese
Schmarotzer! Dabei handelt es sich um ein paar Geschäftskollegen und
deren Mitbringsel. Was das wieder kostet!!! Und das nur um ein wenig
Werbung für unser neues Computerprogramm zu machen. Können sie
sich das vorstellen???"
Genau in diesem Moment wurde seine Miene noch finsterer, "Und nun
muss...ähm...", Mc Clausen schluckte, "...möchte ich sie als
Chefprogrammierer heute Abend dabei haben."
Die Anspannung als er diese Worte aussprach, konnte man regelrecht
spüren. Wie sehr er sich dazu durchringen musste, eine Einladung
auszusprechen, die dazu beitrug, ein riesen Loch in seinen Geldbeutel
zu fressen.
"Es gibt kein Nein, heute Abend um 18.30 bei mir. Die Adresse kennen
sie sicherlich noch." Während John zu einer Antwort ansetzte, begann
hinter John ein heftiges Brummen einzusetzen. Als John sich
herumdrehte, erblickte er den riesigen Käfer, der wohl vom Blatt
gestürzt war und nun brummend auf dem Rücken lag und versuchte
sich herumzudrehen.
Seinen Blick wieder auf seinen Chef gerichtet, stammelte er nur ein
"A A Aber natürlich!" hervor.
John setzte sich also an seinen Schreibtisch und startet seinen Rechner.
Noch während des Startvorganges erkannte er das etwas mit dem
Rechner nicht stimmte. Es dauerte einfach viel zu lange und tatsächlich
kam auch wie zur Bestätigung die Fehlermeldung das sein Konto
gesperrt wäre. >Na toll, erst ein Käfer in meinem Büro und dann auch
noch ein Bug im System< dachte sich John.
Wieviele Leute würden eigentlich dieses Wortspiel verstehen.
Also rief er in der DV-Abteilung an um dort sein Problem zu schildern.
Er griff zum Hörer und wählte.
Lange tutete es nur bis endlich eine Stimme am Telefon ertönte. "DV
Abteilung, Meißner, Guten Morgen!"
John erklärte ihm sein Problem und bekam als Antwort nur zu hören
das er es in 4 bis 5 Minuten erneut versuchen solle, da die Server
aufgrung eines Bugs im System derzeit neu booten würden.
Er legte den Höhrer auf und wartete.
Es war nicht gerade seine Stärke zu warten, aber was blieb ihm schon
anderes übrig...
Meißner war ein guter Mann, er kam aus Deutschland und war auf
anraten eines Freundes seines Chefs in die EDV gekommen. Er war
nicht nur gut in seinem Job, wenn John nicht aufpassen würde, bekäme
Meißner den Seinen und er würde zur Fachkraft für Abfallentsorgung
degradiert.
Da er nun zwangsweise ein wenig Zeit hatte, konnte er schonmal den
Abend planen. Er müsste erst nach Hause in Eastwick, sich einen
anderen Anzug besorgen, gerade jetzt im Hochsommer schwitzte er sich
zu Tode, denn sein Chef sparte jedes Grad bei der Einstellung der
Klimaanlage. Dann wieder zurück in die Spring Hills, wo sein Chef
wohnte. Das waren heute Abend noch locker 40 Meilen zu fahren.
Dann die ewigen Staus. Hoffentlich funktionierte wenigstens seine
Klimaanlage, die in letzter Zeit öfter mal ausfiel, denn zu erfahren wie
sich eine Scheibe Bacon in der Pfanne fühlt brauchte er heute nicht auch
noch.
Er blickte aus dem Fenster, es war strahlender Sonnenschein und
Morgens um 09.00 Uhr schon mindestens 25 Grad. Aber es war
erstaunlich schwül, um nicht zu sagen drückend.
10 Minuten und einmal Kaffee holen später, versuchte er sich wieder
einzuloggen. Auch diesmal dasselbe Ergebnis.
Erwähnte er schon dass heute nicht sein Tag war???
Er schaute auf den Kalender um festzustellen ob heute evtuell vieleicht
Freitag der 13 wäre. Aber nein, das war es nicht. Also griff er erneut
zum Telefon um Meißner zu fragen was denn nun schon wieder schief
gelaufen wäre. Nach einen etwas kurzen Gespräch, wovon er nur die
Hälfte wirklich verstanden hatte, legte er sich zurück und wartet.
Wie gut das er warten konnte.
Nachdem er innerhalb von 4 Minuten schon 14 Mal auf die Uhr
geschaut hatte, trank er seinen Kaffee aus und wollte bereits los um sich
einen neuen zu holen.
Doch als er gerade an der Tür angekommen war, klingelte das Telefon
und er trabte zurück zum Schreibtisch und hob den Hörer ab. "Hallo,
Meißner hier, also ich habe den Fehler im DHCP gefunden, hab ein
neues Requestpaket generiert, den DNS angepingt und die SNMP-Log
geprüft, Ihr System sollte wieder laufen!". John bedanke sich, fragte
sich warum die Administratoren immer nur chinesisch sprachen, legte
auf und ging zum Kaffeeautomaten. Nachdem er wieder an seinem
Schreibtisch saß und er endlich seien Rechner neu angemeldet hatte
konnte er also mit seiner Arbeit beginnen.
Er mußte heute unbedingt die Dialogfenster der Datenspeicherung
programmieren und diese mit der Abteilung "Datenbankabfrage"
abstimmen. Das war wenigstens etwas worauf er sich schon seit Tagen
freute.
Die Jungs der Abteilung waren immer freundlich und vor allem spaßig.
Wenn man mit ihnen sprach gab es immer etwas zu lachen. Er fing also
an die Codezeilen zu erstellen und suchte im PIM nach den
Kontaktdaten der Abteilung Datenbankabfrage.
Wie gewohnt ging alles schnell voran, die Telefonate mit Martin von
der Datenbankabfrage waren wie üblich knackig formuliert. Dafür, dass
der Kerl für sein Körpergewicht ungefähr einen halben Meter zu klein
war, er mit 35 noch bei seiner Mutter wohnte und herum lief, wie Jason
Vorhees auf Urlaub, klangen seine Sprüche durchaus wie die eines
Playboys mit mindestens 10 Bunnys an jedem Finger.
Die Mittagspause sparte er sich, den während dem arbeiten konnte er
sich auch schnell den Beagle rein fahren, den er heute Morgen vor
Arbeitsbeginn beim Bäcker geholt hatte.
Was durchaus den positiven Nebeneffekt hatte, nicht mit Casey essen
gehen zu müssen. Sie war die Chefsekretärin des Anwaltsbüros,
welches sich in der untersten Etage des 10 Stöckigen
Gebäudekomplexes befand.
Sie war nett anzusehen, das musste er zugeben.
Aber ihre Markzerschmetternde Stimme!!!
Schon allein bei dem Gedanken daran kräuselten sich jedes Mal seine
Nackenhaare (wenn sie könnten würden sie von alleine aus der Haut
springen und weglaufen).
Irgendwie schaffte sie es jedes Mal ihn abzufangen, auch wenn er seine
Pausenzeiten unterschiedlich legte. Ha, aber heute nicht!!!
So konnte er die gesparte Stunde damit verbringen, früh genug seine
Sachen zu packen und aus London zu verschwinden, bevor die
Rushhour anfing.
Kurz nach Mittag begann sich der Himmel langsam zu verdunkeln und
Regenwolken zogen auf. Er sah zum weit geöffnetem Fenster hinaus
und bemerkte dabei, wie die ersten, leichten Regentropfen zu ihm
herein fielen.
„Tja, da fällt das BBQ heute Abend wohl ins Wasser“, lachte er leise in
sich hinein. Aber er wusste auch, das Mc Clausen eine weit überdachte
Terrasse hatte, die sogar im tiefsten Winter zu benutzen wäre, wenn er
dass wollte.
Nachdem er sein persönlich gestecktes Tagesziel erreicht hatte, lief er
durch den leichten Regen, über die Strasse zum Firmenparkplatz, stieg
in seinen MG und rauschte davon Richtung Eastwick.
Kurz vor der Kreuzung zu seinem Wohngebiet passierte es, ein
metallisches Krachen kam aus dem Motorraum, gefolgt von einigen
heftigen Schlägen, ruckeln, stottern und dem absterben jeder
Leistungsentfaltung. Er steuerte mit dem letzten Schwung links an den
Strassenrand und blieb stehen.
„So ein Mist!!!“, schrie er voller Wut, „erst gestern Abend hab ich die
Karre wiederbekommen und jetzt DAS!!!“
In Gedanken durchlief er die Szenen, was er dem Mechaniker antun
würde, der gestern den Ölwechsel an seinem, gerade mal ein Jahr alten,
Auto durchgeführt hat.
Dank seinem enormen Fachwissen über Fahrzeugtechnik tat er das, was
die meisten anderen Personen machten, die genau wie er absolut keinen
Plan von der Materie hatten. Aussteigen, Motorhaube auf, erstmal die
Nase im Motorraum vergraben und sofort den Fehler finden…
Alles in Ordnung!!
Aber warum lief er dann nicht mehr?
Wieder zurück im Innenraum versprach ihm die Tankuhr einen ¾
vollen Tank. Was die Vermutung nahe legte, dass da schon mal nicht
der Fehler versteckt war. Aber dass hatte er schon im Gefühl gehabt, als
er eben dieses unnatürliche Geräusch vernahm.
Um nicht ganz blöd später vor dem Abschlepphelferlein zu stehen, nur
um dann zu hören, “das lose Kabel hätte auch ein blinder mit
Krückstock gesehen“, stieg er wieder aus, dah sich noch mal im
Motorraum um und sah…eine grosse Abdeckung…“ganz tolle Idee!!!“
Langsam wurde er zudem auch noch nass.
Nichts desto trotz öffnete er das Einzige was er noch kannte, den
Öleinfülldeckel.
Gestank nach verbrannten Öl, gemischt mit einer Portion metallischen
Gestank, als ob darin jemand mit einer Flex gearbeitet hätte, trat aus
den Tiefen des nun offenen Loches hervor.
Als er den Deckel gerade schliessen wollte, schälte sich etwas aus der
Dunkelheit…
Ein kleiner, fetter Käfer, fast so wie der, der heute Morgen noch von
seiner Palme gepurzelt und später dann verschwunden war.
Fern jeden vernünftigen Gedankens und zugleich sprachlos sah er dem
kleinen Kerlchen zu, wie es fast hämisch brummte, die Flügel
ausstreckte und davonflog.
Jetzt war wohl der Punkt erreicht, an dem er endgültig nicht den
Mechaniker, sondern die freundlichen Leute, gkleidet in schickem
Weiss bestellen sollte.
Rückblick:
Karl und sein Cousin Klaus waren des Morgens auf dem Erdbeerfeld
nahe Eastwick verabredet. Klaus war die grösste Schnapsnase die Karl
jemals erlebt hatte. Viele Käfer ihrer Art bevorzugten frisches Obst,
saftig und lecker. Aber nicht Klaus! Er brauchte den Kick. Leckeres,
halb gegorenes Obst. Frisch in der Sonne gegoren, so dass es jede
Katze in Tiefschlaf versetzt hätte, wäre sie auf die bescheuerte Idee
gekommen, von besagtem Obst zu naschen. Aber Klaus war immerhin
alt genug um zu Wissen was er tat, er war ja immerhin älter als
38….Tage.
An besagten Morgen trafen sich Schnapsnase Klaus und Karl der
Superkäfer, wie ihn seine Sippe nannte, in dem Erdbeerfeld um das
ableben von Klaus Frau zu feiern. Sie waren erst seit 8 Tagen
zusammen, für Käfer eine Unendlichkeit, aber sie schaffte es immer
wieder Klaus in den Wahnsinn und letzten Endes in den Alkohol zu
treiben. Gestern geschah für ihn die Erlösung, in Form eines
vorbeifahrenden Autos, auf dessen Windschutzscheibe nichts anderes
übrig blieb als etwas, das mit zwei Wischvorgängen auch schon wieder
entfernt war.
Was natürlich dazu führte, dass Klaus seinen Cousin einlud, auf
besagtem Erdbeerfeld über die gegorenen Beeren herzufallen.
Als er nach ein paar Minuten fressen blau, wie der Himmel über ihm,
rückwärts umfiel und brummend liegen blieb, machte Karl sich dann
doch nicht weniger berauscht auf den Weg zu seinem heimischen
Unterschlupf. Dieser lag eigentlich nur ein paar hundert Meter entfernt,
unter einem Stein am Rande eines Sees. Aber aus einem, ihm nicht ganz
einleuchtenden Grund, war die Windböe, die ihn an diesem windstillen
Tag erfasste, so heftig, dass er von seinem Kurs abkam und auf ein
Haus zusteuerte. Er trudelte durch ein offenes Fenster, bekam noch eine
Art Brett zu fassen, rutsche ab, kullerte weiter in Richtung Boden und
fiel in eine Art Behälter, gefüllt mit einer schleimig und teilweise
klebrigen Flüssigkeit.
Nicht mehr Herr über seine Sinne blieb er einfach schnarchend liegen,
da er auch keine Anstallten machte irgendwo zu versinken.
Glücklich über diese Tatsache schwamm er, auf dem Rücken liegend,
oben auf.
Jetzt wusste er, warum sein Cousin immer voll wie ein Otter rückwärts
von irgendwelchen Blättern kullerte und einfach brummend liegen
blieb.
In seinem Rausch nahm er nur am Rande war, wie sich der Behälter
bewegte, die Flüssigkeit leicht umher schwappte, seine Reise in einem
runden Loch endete und Dunkelheit ihn umgab.
Durch einen Schleier bekam er mit, wie höllischer Lärm ihn mehrmals
umgab, die Temperatur ein paar mal drastisch zunahm, er hin und her
geschaukelt wurde und die Umgebungstemperatur nur langsam wieder
abnahm.
Als sich seine Sinne wieder klärten, war seine Umgebung in eine
angenehme Temperatur gehaucht und er sah sich um. Absolute
Dunkelheit umgab ihn. Ein unbekannter, beissender Geruch streifte
seine Nervenzellen. Wo zum Käfergott war er nur???
Nachdem der erfolgreich dem klebrig schleimigen Etwas entronnen
war, tastete er sich an einer kalten Oberfläche entlang, es musste wohl
so eine Art Decke sein und fand auch was er suchte. Eine kreisrunde
Öffnung, in die er mit grösster Anstrengung Platz fand. Er versuchte
entgegen der Schwerkraft nach oben zu gelangen, aber steckte nach
einiger Zeit fest.
Es ging weder vor noch zurück, er steckte in der Falle.
Nach einer Ewigkeit gab es einen Schlag und kurz darauf war wieder
dieses höllische Geräusch zu vernehmen.
Ein tiefes Brummen umgab ihn und da war noch etwas…
Etwas schob ihn von hinten gaaanz langsam an. Stück für Stück kam er
voran. Irritiert von dem tiefen, abgrundbösen Brummen, der plötzlichen
Hitze, die wie ein Fegefeuer auf ihn wirkte, gelangte er letztlich in eine
andere, grosse Höhle. Darin bewegte sich etwas, das konnte er spüren.
Dieses schleimige etwas schleuderte seinen kleinen Körper hinauf, auf
etwas metallisches, rundes, was sich unerbittlich drehte. Er versuchte
darauf zu laufen, aber dieses Etwas drehte sich so schnell, dass seine
Beine nachgaben und er sich zwangsweise mitdrehte. Hart schlug er
auf einer Art Plattform auf, wurde aber direkt wieder von dem grossen,
sich drehenden Teil bedrängt, das offensichtlich sofort seine Form
veränderte und versuchte ihn zu zerquetschen. Karl spürte, wie sein
kräftiger Chitinpanzer zusammengedrückt wurde und seine Beine dem
Gewicht nachgaben. Ein gewaltiges Kreischen, gefolgt von Schlägen,
die Welle über ihm gab nach, drehte sich wieder zurück und versetzte
ihm einen so starken Tritt, dass er gegen die gegenüberliegende Wand
geschleudert wurde und dort ersteinmal benommen liegenblieb.
Ruhe….
War er auf dem Weg zum Käferhimmel?? Ein leichtes Schaukeln,
Rappeln, wieder gefolgt von einem Schaukeln. Dann erkannte er einen
leichten Lichtschein.
So schnell er konnte krabbelte er auf den Lichtschein zu, das Loch,
durch dass er offensichtlich rein gekommen war, lag direkt über ihm.
Ein kurzer Satz nach oben und da war sie, die erhoffte Freiheit!!!
Aber statt einer Wiese, Bäume, was auch immer, erblickte er….
Das erstaunte Gesicht eines….MENSCHEN????
Er schüttelte sich kurz, breitete die Flügel aus und machte sich
schnellstmöglich von dannen. Diesmal in der Gewissheit wirklich das zu
sein, für das ihn Klaus hielt: Karl der Superkäfer!!!
Nachdem John dieses Unglaubliche Erlebnis mehr oder weniger
verkraftet hatte, griff er zu seinem Handy und wählte die Nummer des
Abschleppunternehmens. Er schilderte sein Problem, liess aber die
Begegnung mit dem Käfer weg, um sicher zu gehen, nicht doch noch in
der Klapsmühle zu landen…
Immer noch die unheimliche Begegnung mit dem Käfer im Kopf,
wartete er auf den Abschleppdienst.
Was für ein Tag!
Erst diese beschissene Nacht und nun ein komisches Ereignis heute
nach dem anderen.
Er fragte sich, was wohl noch alles kommen würde. Oder ob er einfach
drohte, den Verstand zu verlieren.
Bevor er in Grüblereien versinken konnte, kam gott sei dank der
Abschlepper.
Er fuhr mit dem Monteur zu der besagten Werkstatt in der Nähe und
bekam ein Leihwagen ausgehändigt, denn die Werkstatt konnte sich
den Fehler nicht erklären.
Und John hätte um nichts in der Welt etwas von dem kleinen
brummelnden Freund gesagt.
Endlich zuhause angekommen, hatte er gerade noch Zeit, sich fix zu
duschen und umzuziehen, bevor er losmusste.
John stand unter dem heissen Strahl der Dusche und vergaß alles um
sich herum. Es tat soooo guuuut.
Nach einer Zeit blinzelte er erschrocken, für nur einen kurzen
Augenblick schien er gedöst zu haben.
Das ganze Badezimmer war in einen wabernden Nebel getaucht.
>Mist!<
Er war wohl im Stehen eingeschlafen. >Nun aber schnell raus hier<
Schnell stellte John das Wasser ab, das mittlerweile kalt geworden war
und stieg aus der Dusche.Er stand vor dem Spiegel, wischte mit der
Hand den Dampf weg, damit er sein rotes Gesicht sehen konnte. Er
öffnete den Wasserhahn, schöpfte sich noch etwas kaltes, erfrischendes
Wasser in die Hände, bückte sich und kühlte sein Gesicht.
Als er wieder aufsah um im Spiegel sein Gesicht zu betrachten, sah er
einen riesen Berg Fell hinter ihm aufragen. Spitze Ohren standen voller
Aufmerksamkeit hoch und unter der langen hundeähnlichen Schnauze
kamen lange, scharfe, vor Gier triefende Reißzähne zum Vorschein. Ein
unheimliches ohrenbetäubendes Brüllen ertönte aus der Kelhe des
Ungeheuers und mischte sich mit dem Schrei, den John vor Todesangst
ausstieß.
Fast wäre er in zur Seite und in die Dusche gestürzt
Im letzten Moment konnte er sich noch an der Duschstange festhalten.
Erschrocken rieb er sich die Augen. Er war wohl eingenickt. Im Stehen
unter der Dusche. Tja, die Nacht war wohl zu kurz gewesen. Wieder
drehte John das Wasser ab, stieg aus der Dusche und das ganze
Badezimmer war in einen wabernden Nebel getaucht.
Er stand vor dem Spiegel, wischte mit der Hand den Dampf weg, damit
er sein rotes Gesicht sehen konnte, öffnete den Wasserhahn, schöpfte
sich etwas kaltes, erfischendes Wasser in die Hände, bückte sich und
kühlte damit sein Gesicht.
Moooment, das kam ihm doch sehr bekannt vor. Langsam drehte er sich
um, schielte dabei hinter sich...aber da war nichts...“Uff!!“
Er betitelte sich als übernächtigten Blödmann und verließ das
Badezimmer. Er sollte Nachts wirklich mehr schlafen, oder mal einen
Psychologen aufsuchen, denn der Tag heute war nicht ganz normal.
Rasch zog er sich an, schnappte sich die Autoschlüssel und die Flasche
Rotwein, die er als Gastgeschenk mitnehmen wollte und verließ seine
Wohnung.
Er ging die Treppen hinunter, stieg in den Leihwagen und brauste
davon. Das leise Knurren, das hinter seiner Wohnungstür erklang, hörte
er nicht mehr.....
Unterwegs schaltete er das Radio ein. Steppenwulf spielte gerade "Born
to be Wild" während er den Takt mittrommelte beschleunigte er,
passend zum Beat, das Tempo ohne das es ihm wirklich aufgefallen
wäre. Es war erstaunlicherweise ziemlich frei auf den Strassen, sodass
er zügig vorankam.
>Da brat mir doch einer einen Storch!<, dachte sich John, >Ich könnte
es sogar schaffen noch pünktlich bei meinem Chef zu sein.<
Da der Himmel langsam seine Schleusen öffnete und der Regen immer
stärker wurde, musste er bald etwas langsamer fahre aber er schaffte es
trotz allem noch pünktlich an der Türe seines Chefs in Spring Hills zu
klingeln.
Auf dem Weg zur Tür fiel ihm allerdings auf, dass der Garten und das
Haus sich seit seinem letzten Besuch, einer Betriebsfeier im Frühjahr,
verändert hatte.
Was damals noch einem gepflegten Landhaus ähnelte, mit einem
makellosen Garten und einem streng gekürzten Rasen. Selbst das
angrenzende Wäldchen sah damals aus, als ob sich kurz vorher ein
Gärtnertrupp ausgetobt hätte.
Aber nun, wo alles im Halbdunkeln des herannahenden Gewitters, mit
seinen peitschenden regnerischen Vorboten, dastand wirkte es
bedrohlicher, dunkler, fast so als könne er eine Veränderung spüren, die
immer noch an dem neuen Aussehen arbeitete.
Aus dem Golfrasen war mittlerweile eine Schlammlandschaft
geworden, aus der gelegentlich Sträucher und Unkraut wucherten.
Der Garten sah aus, als wäre eben erst eine Herde Büffel im
Entenmarsch durchgestürmt und hätten im Anschluss noch ihre
Energien im Wäldchen entladen.
Das Haus selbst umgab ein grauer Schleier, der den Verfall von Farbe
und Holz beschleunigte. Er konnte die Termiten beim zerfressen der
Holzbalken unter sich hören.
Gab es hier überhaupt Termiten???
Es war auch in dem Moment egal, als die Tür geöffnet wurde und Mc
Clausen mit einem aufgesetzten Lächeln vor ihm stand.
Noch einen kurzen Blick nach hinten werfend wurde er beim
durchschreiten des Eingangs noch gewahr, dass doch noch alles beim
alten war. Bis auf die Tatsache, das es regnete wie aus Eimern.
>Was für ein seltsamer Tag!!< dachte sich John, ständig diese
Halluzinationen.
>Vielleicht sollte ich mal zum Arzt gehen und mich durchchecken
lassen.<
Er überlegte noch gerade ob in seiner Familie Probleme mit dem
Kreislauf vorkamen als er auch schon ins Wohnzimmer trat und die
ganzen Gäste sah.
So viele hatte er nicht auf seinem Plan.
Aber vielleicht wäre ja auch die nette Sekretärin, Frau Rogers, da. Denn
dann würde der Abend doch bestimmt noch ganz nett werden können.
Er sah sich in der Runde um und erblickte auch das ein oder andere
bekannte Gesicht, doch leider nirgends das von Frau Rogers.
Aber vielleicht kam sie bei dem Wetter ja ein wenig später.
Es dauerte auch nur ein paar Augenblicke, bis er sich in Gesprächen mit
Kunden und Geschäftspartnern befand.
Am angenehmsten war dabei noch ein Geschäftspartner aus
Deutschland, Bernhardt Zutzelmeier, mit dem er regelmässigen Kontakt
pflegte und auch letztes Jahr auf dem Oktoberfest versackt war. Die
Tage in München zu verbringen waren damals durchaus angenehm.
Tagsüber ein paar Meetings, ein wenig Berichte schreiben und Abends
ging es dann entweder ins Brauhaus zum essen oder trinken, oder auf
die Wiesn.
Hätte sein Besuch auch nur eine Woche länger gedauert, als diese eine
Woche, hätte er sich für das nächste halbe Jahr in Ärztliche Obhut
begeben müssen.
Das Cholesterin und im Anschluss die Unmengen Alkohol in dieser
kurzen Zeit hätten normalerweise für ein ganzes Leben gereicht.
Er war einiges von seinen besuchen in heimischen Pubs gewohnt, aber
das waren Kindergartenspiele oder maximal Trainingslager für diese
Tage.
Sein Blick wanderte immer wieder neugierig durch das Wohnzimmer,
über die Gesichter der anderen Gäste, es mochten so um die 50
Personen in dem Raum und auf der angrenzenden Terrasse befinden.
Die Einrichtung, Gemälde an der Wand.
Hinter ihm befand sich noch eine Türe in die angrenzende private
Bibliothek, die eigentlich nur aus einem grossen Sessel in der Mitte und
rundherum nur Bücher, angeordnet auf hohen Regalen aus
dunkelbraunen Holz bestand.
Hier erinnerte alles eher an ein altes Herrenhaus aus den Staaten,
finanziert von armen, ausgepeitschten Baumwollpflückern, als an einen
Wohnsitz eines Firmenchefs einer mittelgrossen Computerfirma mit ca.
100 Angestellten.
Alles hier wirkte, nun ja, zu Prunkvoll...
Nein, das war der falsche Ausdruck, eher edel, nobel.
Könnte die Firma wirklich so einen Profit abwerfen?
Bei den gezahlten Gehältern der Mitarbeitern sicherlich!
Noch mitten in Gedanken, den Raum abmessend, der mit Sicherheit
grösser war, wie Johns gesammte Wohnung, trat ihm Jemand entgegen.
Jemand in einem einfachen schwarzen Anzug, schwarzen Hemd mit
Stehkragen, in dessen Mitte sich eine weisse Blende befand.
Der Mann stellte sich John als Pater Brown vor.
Innerlich fragte sich John, ob das ein Scherz sein sollte, weil ihm dabei
direkt die in Deutschland bekannte Filmfigur mit Heinz Rühmann in
der Hauptrolle einfiel. Er beherrschte sich, nicht lachen zu müssen und
stellte sich seinerseits vor.
Es war der ortsansässige Pater, der wohl ebenfalls eingeladen wurde.
Natürlich fragte sich John, wie er denn hier herein passte, da sonst nur
Geschäftsleute, Kunden und noch der ein oder andere Mitarbeiter
anwesend waren.
Nach einem Gespräch das nur stockend in die Gänge kam, über "Gott
und die Welt", bekam er die Antwort auf seine Frage.
Denn in Wirklichkeit war Pater Marcus Mc Clausen der richtige Name
des Geistlichen und Pater Brown nur sein Spitzname, da dieser dem
Filmvorbild ein wenig ähnelte.
Völlig verblüfft stand er da, versuchte seine Gedanken zu ordnen, denn
sein Weltbild geriet gerade aus den Fugen.
Zuerst ein Filmpater, Ok, das lässt sich nach dem heutigen Tag auch
noch verkraften.
Aber ein Bruder von seinem Chef, dem Tier, dem...????????
>Wahnsinn!!!<, rief er in sich hinein.
Die beiden ähnelten nur entfernt einander, denn Pater Brown war mit
viel wohlwollen gerade mal einmetersiebzig gross, hatte dünnes Haar,
eine schlanke Figur, konnte sich gewählt ausdrücken und machte auch
ansonsten den Eindruck, als könne man ihm alles anvertrauen, auch
wenn es noch so grausam gewesen sein mochte.
Aber sein Bruder Matt war das krasse Gegenteil, über einmeterneunzig,
mit kräftiger und zudem untersetzter Figur, sowie einer explosiven Art
an sich, wenn man der Lunte nur genügend Feuer gab.
Immerhin, John fühlte sich in seiner Gegenwart wohl.
Er konnte fast sagen, das Brown eine Ruhe ausstrahlte, die John nach
dem heutigen Tag gebrauchen konnte. Ausserdem überlegte er nun
schon, nach dem dritten Bier, dem Pater von seinem ganzen
merkwürdigen Tag in allen Einzelheiten erzählen zu wollen.
Noch konnte er sich beherrschen, denn was würde passieren, wenn
Brown auf die blöde Idee käme und alles seinem Bruder erzählte
Nein, sowas konnte und wollte er sich nicht leisten.
Stattdessen redeten sie über den Motorschaden, den sein Auto heute
erlitt, das Wetter und auch wie denn Pater Brown zu seiner Berufung
fand.
Johns Magen begann sich zu melden, als ihm der Geruch von frisch
gegrilltem Fleisch in die Nase stieg.
Sie gingen nach draussen, da sie aber noch ein wenig warten mussten,
zogen sie sich mit einem Bier für John und einer Cola für den Pater in
eine ruhigere Ecke zurück.
Ein wenig abgeschottet von dem Rest der Besucher standen sie da.
Zwischen ihnen und dem Grillspass lagen einige Meter, hinter und
rechts von ihnen erstreckte sich die verklinkerte Hauswand.
Der Pater stand mit dem Rücken zu einem Busch, der irgendwann ins
Wäldchen überging, die Blätter durchnässt vom Regen.
John hatte einen schönen Ausblick auf den mittlerweile in Dunkelheit
gehüllten Garten, wo der Regen sein nasses Spiel trieb.
Als John die Flasche zum Mund führte und einen grossen Schluck auf
den beschissenen Tag nahm, trat ein bekannter Geruch aus Kindertagen
in seine Nase.
Der Geruch nach Fell, nassem Fell...
>Oh, Mc Clausen besitzt wohl mittlerweile einen Wachhund.< dachte
sich John und schaute sich um, suchend nach einer Hundehütte oder
Zwinger.
Was dann geschah überraschte ihn in der Bewegung...
Der Strauch hinter dem Pater teilte sich, aus dem entstandenen Loch
brach der muskulöse, behaarte Oberkörper der Bestie hervor, die ihn
heute Morgen den Schlaf geraubt hatte.
Die langen Zahnreihen blitzten auf, als er ein höhnisches Grinsen
aufsetzte, seine mächtigen Pranken von hinten nach dem Kopf des
Paters ausstreckte und diesen mit einem gewaltigen Ruck um 180 Grad
nach hinten drehte.
John, fern von irgendwelchen Reaktionen, hörte, ja spürte sogar, wie
Knochen brachen, Muskeln abrissen und der Pater binnen Sekunden in
sich zusammensacken drohte.
Der Werwolf zog mit einem kurzen Ruck sein wehrloses Opfer zu sich
in den Busch. Er war gewaltig an Grösse, über zwei Meter, würde John
später schätzen.
Als der Wolf auch noch nach ihm die Pranke ausstreckte und die
Krallen mit einem schneidenden Geräusch seine Kleidung durchdrang,
gab Johns Körper und Geist auf. Ihm wurde schwindelig, sein Schritt
wurde warm und feucht, Nacht umgab ihn und er kippte nach hinten um
und schlug mit dem Kopf gegen die Wand.
Gut er war wenigstens noch da!
Das nächste, was aus weiter ferne an seine Ohren drang, waren die
Sirenen eines Krankenwagens.
>Moooment, blaue Flecken??? <
Eine Hand legte sich sanft auf seine Schulter, als er versuchte hinter
sich zu schauen, vernahm er eine Frauenstimme, "Ich werde ihnen noch
was zur Beruhigung geben...", es war offensichtlich eine Ärztin, die
sich um ihn kümmerte. Die Welt war wenigstens noch teilweise in
Ordnung.
Er spürte etwas kühles in seinen linken Arm laufen und plötzlich war
ihm alles egal. Auch die blauen Flecken rechts und links am Hals und
dem Gesicht von Pater Brown, in Form zweier mächtiger Klauen
gingen ihm Meterweise an seinem Allerwertesten vorbei.
Und es wurde Nacht...
Als John die Augen wieder auf machte, lag er in einem Krankenwagen
und wurde begleitet von Pater Mc Clausen. Dieser schaute ihn
erleichtert an. „Sie haben mir aber einen ganz schönen Schrecken
eingejagt als sie umfielen“ sagte dieser, „Aber die Sanitäter sagen das es
wohl nur eine Kreislaufschwäche gewesen war. Die werden sie im
Krankenhaus noch mal untersuchen und dann können sie bestimmt
schnell wieder nach Hause.“
John verstand die Welt nicht mehr. Was hatte das alles zu bedeuten?
Die Träume, ständig diese Bilder von einem Werwolf.
>Langsam werde ich wohl bekloppt< dachte er. Er legte sich zurück auf
die Liege, schloß die Augen und versuchte sich zu entspannen. Das
würde ihm doch niemand glauben.
Als der Krankenwagen schlagartig zum halten kam, richtete John sich
erschrocken auf und sah sich um. Es war noch alles wie gehabt, nur sein
Herz trommelte wie wild.
Er blickte in sie sanften Augen des Paters.
Er roch drückende Luft und es zuckte hinter seinen Augenlidern.
Mühsam erhob er das rechte Augenlid, und dann das linke. Er sah eine
geweisste Decke und als er den Kopf etwas drehte, sah er einen
abgedunkelten Raum, der an der Stirnseite in ein großes Fenster
mündete, wo schwere Vorhänge zugezogen waren, und das helle
Sonnenlicht draußen aussperrten.
Er sah sich um, und erkannte ein Krankenzimmer, wo nur er drin lag.
Als er richtig zu sich gekommen war, bewegte er Arme und
Beine…>Gut, scheint alles noch dran zu sein<, dachte er bei sich.
Ein wenig mühsam setzte er sich auf und brauchte einen Moment um
einen klaren Kopf zu bekommen, bevor er es wagte aufzustehen.
Kaum stand er, wurde ihm schwindelig und er setzte sich wieder.
“Wow, geiles Zeug spritzen die einem hier…“, brummte er vor sich
hin. John wandte den Kopf zur Tür, als er ein quietschendes Geräusch
hörte, während diese geöffnet wurde.
Sein Blick fiel auf Pater Brown, von der Grillparty seines Chefs. Und
die Erinnerung traf ihn wie ein Blitzschlag.
Die langen Zahnreihen fielen ihm ein und der muskulöse, beharrte
Oberarm. Er hörte förmlich die Knochen in seinen Kopf brechen und
sah vor seinem inneren Auge, wie der Kopf des Paters herumgedreht
wurde. Dann kam nur noch eine Erinnerung in seinen Kopf wieder, die
der blauen, klauenähnlichen Flecken auf des Paters Gesicht.
Diese Erinnerung war blaß, aber sie war vorhanden.
Als der Pater ihn mit einem „Wie geht es Ihnen, John?“ begrüßte, sah er
sich das Gesicht des Paters genauer an, aber da waren keine blauen
Flecke.
>Hmh, hatte er sich das alles nur eingebildet? Lag es an den Sachen, die
man ihm im Krankenwagen gespritzt hatte…? <
Aber er konnte sich doch unmöglich das alles eingebildet haben, der
ganze Tag war so merkwürdig gewesen. Diese Überlegungen schossen
ihm in einem Bruchteil einer Sekunde durch den Kopf, aber schon
fragte der Pater wieder nach seinem Befinden.
„Gut geht es mir, glaube ich“, sagte John. Er blickte wieder zum Fenster
hin und anhand des Sonnenscheins der draußen regierte, vermutete er,
dass es der nächste Mittag sein würde. Auf seine Frage hin, wie lange er
geschlafen habe, antwortete der Pater besorgt.
„Sie haben 2 Tage hier verbracht, in einem Fieberschlaf. Man musste
ihnen etliche Medikamente verabreichen und sie ruhigstellen.“
Das traf John völlig unerwartet…2 Tage?? Fieberschlaf??
Vielleicht war sein Körper doch etwas ausgelaugter gewesen, durch die
etlichen Überstunden in letzter Zeit.
Und wegen den anderen komischen Ereignissen…
„Was ist passiert, Pater?“ fragte John
>Und wo sind die blauen Flecken auf Ihrem Gesicht, die ihnen dieses
Monster zugefügt hat?< fügte er in Gedanken hinzu…
Der Pater erzählte in kurzen Worten, wie ihm wohl schwindlig
geworden sei. Das er auf der Terrasse seines Chefs umgefallen war und
sich den Kopf angeschlagen hatte. Nichts von einem behaarten
Monster, nichts von brechenden Knochen, und eigentlich sah der Pater
aus, als ginge es ihm bestens und man hätte ihm nicht den Kopf um 180
Grad verdreht.
Sehr verwirrt bat er den Pater, ihm doch etwas zu trinken zu holen.
Als dieser den Raum verlies, da schloss John die Augen und betete zu
Gott, dass er nicht auf dem besten Wege war, total verrückt zu werden.
Wiederum versuchte er aufzustehen,doch sein Vorhaben wurde
unterbrochen als die Tür zu seinem Zimmer auch schon aufging.
Der Pater trat wieder ein, gefolgt von einem Arzt, wie der strahlend
weisse Kittel vermuten liess.
Doktor William Adams war sein Name und er war Johns behandelnder
Arzt.
"Soweit ist alles bestens mit ihnen, die Pumpe tickt wie ein Uhrwerk,
ihre Blutwerte und sonstige körperliche Vefassung...Alles ist in bester
Ordnung!", erklärte der Doc,"Vermutlich sind sie bloss ein wenig
überarbeitet, denn ihr Freund hier hat mir erzählt wie viel Arbeit sie in
letzter Zeit hatten. Da kann auch der beste Körper mal nachgeben!"
>Freund?? Viel Arbeit???<, überlegte John.
Das mit der vielen Arbeit stimmte ja, aber er hatte dem Pater nicht
wirklich viel davon erzählt. Aber vielleicht war es ja sein Chef
gewesen, der seinem Bruder eventuell so manches erzählt hatte.
Möglicherweise unterhalten sich Brüder ja über sowas?
Aber die Aussage "Freund" war mehr als übertrieben, er kannte den
Pater ja erst seit kurzen.
"Wir werden sie noch für einen Tag hier behalten, wenn sie
einverstanden sind.", nahm Doc das Gespräch wieder an sich, "Wir
wollen noch ein paar abschliessende Tests machen und dann können sie
wieder hier raus. Wenn ihr Projekt beendet ist, sollten sie sich ein paar
Tage Auszeit gönnen."
"Das werd ich!", antwortete John automatisch, doch in seinem
Oberstübchen arbeitete es wieder.
Woher wusste der Arzt denn nun von seinem Projekt.
Und warum riecht es hier auf einmal so stark nach...
Er roch nochmal...Hund,Fell???
Die letzten Eindrücke verwerfend rollten binnen Millisekunden seine
Gedanken zur Aussage des Docs zurück. Also, der Pater spricht mit
seinem Bruder, der wiederum Johns Chef ist, dann mit dem Arzt und
wieder zurück, oder wie???
"Ich schaue dann später nochmal vorbei!!", verabschiedete sich der Arzt
und drehte sich herum zum gehen.
Ein Schwall von Davidoff traf seine Nase, gefolgt von Waschmittel,
Shampoo und Desinfektionsmittel.
>Wie kann man sich nur so zudieseln?<, überlegte John, während ihn
wieder der Gestank nach Fell traf, der allesdings abebbte, als der Arzt
das Zimmer verliess.
>Ok, Du bleibst am besten noch was hier und bestellst Dir ein paar
härtere Drogen!<, versprach er sich innerlich, als ihn der fragende Blick
von Brown traf.
Lange blieb der Pater nicht mehr bei ihm, was John nur allzu recht war.
Sie redeten noch über einige Dinge, z.B., daß sein Chef schon bescheid
wusste, über die Entscheidung des Arztes und daß es wohl keine
Probleme gab, wenn er sich den weiteren Tag im Krankenhaus gönnte.
Als John alleine war, ließ er die Gedanken noch mal zu dem Grillabend
schweifen.
Hatte er das wirklich alles gesehen?
Und diese Halluzinationen, diese furchtbaren Träume??
Er schloß die Augen und versuchte innerlich zur Ruhe zu kommen und
ordnete seine Gedanken. Er ging mit halbwegs normalem
Menschenverstand an die Sache ran und rief sich ins Gedächtnis, was er
mal über diese Kreaturen gesehen oder gelesen hatte. Er traute sich
nicht, diese Monster bei ihrem wohl geläufigen Namen zu nennen:
Werwolf!
>Nein, das war vollkommen unmöglich, wir leben doch im
21.Jahrhundert und nicht im Mittelalter, wo man an sowas noch glaubte
und es keine wissenschaftlichen Erklärungen für solche Phänomene
gab.<
Aber, er hatte es gesehen!! Mit eigenen Augen!!
Mitten in diesem Gedanken klopfte es an der Tür.
Im gleichen Moment wurde diese geöffnet und ein Mann mit gütigem
Gesicht, vertrauenserweckenden Augen und einer schwarzen Robe trat
herein.
>Bin ich hier in der Kirche oder in einem Krankenhaus<, grübelte John,
während der Pater näher kam.
"Mein Name ist Pater Mc Daniel", stellte sich der Mann vor, "Ich bin
der Seelsorger dieses Krankenhauses. Kann ich etwas für Sie tun, oder
brauchen Sie etwas?"
John setzte sich auf und sah den Mann prüfend an. Er roch nichts, was
ihn an Fell oder Hund erinnerte.
>Hallo? Bist Du jetzt total übergeschnappt? Erst riechen, dann mit den
Leuten reden oder wie??< Er schüttelte innerlich den Kopf über sich
selbest und fragte sich einmal mehr, ob der Abgrund des Wahnsinns
sich vor ihm auf tat.
"Hallo, Pater Mc Daniel", begrüßte er den freundlichen Mann, und er
war ihm sofort sympathisch. Der Pater zog sich einen Stuhl an das Bett
heran und sie begannen einen kleinen Smalltalk, der John sichtlich gut
tat. Nach einiger Zeit sah der Pater John fragend an und sprach
geradeaus:" Was bedrückt Sie, John?"
John schätze Offenheit und war dem Pater nicht böse, denn er fühlte
sich wohl in dessen Nähe. John druckste noch etwas rum und fragte den
Pater über umständliche Wege die Frage, die ihm auf der Seele brannte.
"Pater, wundern Sie sich bitte nicht über meine etwas komische Frage,
aber...wie soll ich es sagen...ähm...sagen Sie, was halten Sie von
Werwölfen?" Der Pater stutzte nicht über diese Frage, sondern legte den
Kopf schief und dachte kurz nach.
"Welche Antwort möchten sie denn gerne hören? Die der Kirche, oder
eine Andere?",erwiderte Mc Daniel.
"Bitte Was??" brach es aus John heraus, er hatte ja mit allem gerechnet,
aber das war zu viel.
Oder auch nicht?? Wer weiss das schon, der Pater hatte ihm ja
immerhin noch nichts so wirklich erzählt...
"Wie wäre es mit beiden? Da ich hier sowieso noch etwas rumliege,
habe ich wohl oder übel genügend Zeit!", sagte John neugierig.
"Die der Kirche ist ganz einfach, solch gottlose Wesen gibt es nicht!
Aber wenn es sie irgendwann einmal gegeben hätte, wären sie durch die
heilige römische Inquisition und die Kreuzritter beseitigt worden.",
erzählte der Pater.
"Toll, dass bedeutet dann alles, oder nix. Ich hätte dann gerne die
andere Variante!", John lehnte sich zurück und lauschte gespannt den
Worten des Paters.
"Es ist nicht viel bekannt, genau genommen kenne ich nur Mythen,
Erzählungen und Schriften aus alter, weit vergangener Zeit. Es muss im
grauen Mittelalter gewesen sein, vielleicht auch noch früher, als damals
ein Wanderprediger auf der suche nach Gott und dem Sinn des Lebens
durch die Welt streifte.
Ich erinnere mich nur noch bruchstückhaft an die Geschichte, aber
vielleicht bekomme ich sie noch zusammen.
Sie handelte von Wesen, halb Mensch, halb Bestie, die quer durch
Europa zogen. Sie plünderten, mordeten, brandschatzten sich durch so
manche Dörfer und kleinere Städte. Als der Prediger davon eines
Abends hörte, machte er sich auf die Spur besagter Gruppe.
Hier und dort hörte er Geschichten, sprach mit den Überlebenden so
manchen Massackers und brachte alles zu Papier.
Irgendwie glichen sich diese Geschichten im Grossen und Ganzen. Ein
Trupp bewaffneter Männer kam ins Dorf, begann die Ersten
niederzumetzeln und wenn es Widerstand gab, oder der ein oder andere
verletzt wurden, heilten die Wunden binnen kürzester Zeit. Sie
berichteten von Veränderungen unter dem Trupp.
Wenn der Widerstand zu übermächtig wurde, verwandelten sie sich in
wolfsähnliche Monstren, übermenschlich an Stärke, Bestialität,
Geschwindigkeit. Was ihm während seiner Wanderung und dem
Sammeln der Aussagen auffiel waren die unterschiedlichen Meinungen,
was das Aussehen und die Körpergrösse der Wesen ausmachte. Sie
sprachen damals von Menschengross, bis zu einer Grösse von
zweimeterfünfzig. Aber immer Muskulös, behaart, mit einem
wolfsähnlichen Gesicht.
Klauen so mächtig, das sie ohne Probleme Schilde spalteten, ja sogar
Häuser mühelos einrissen. Zähne, Fratzen die nach Blut lechzten.
Als er seine Erfahrungen der heiligen Mutter Kirche übermittelte,
wurde er als Ketzer dargestellt, ja sogar gehetzt, gefoltert und später als
Dämonenpaktierer auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Aber die Erzählungen gehen natürlich bis in die Neuzeit, oder was
glauben sie denn, woher Hollywood den Stoff für seine Filme her
bekommt!"
"Ich brauche jetzt erstmal was vernünftiges zu trinken, scheiss auf das
Wassor oder den Tee hier!!! Sie wollen mir also allen ernstes erzählen,
dass es Werwölfe wirklich gibt???", begann John, "Dass sie vielleicht
noch unter uns sind?", er lachte, auch wenn es etwas gequält klang.
"Das habe ich nicht gesagt!!! Ich habe ihnen mehr oder weniger eine
Geschichte erzählt. Eine Geschichte, die ich einmal bei meinen Reisen
in einem Kloster im Süden Frankreichs gelesen habe, wo es angeblich
alte Schriften gibt, auch welche, die der Mutter Kirche nicht so ganz
gefallen!", erwiderte Mc Daniel. "Was sie davon halten, bleibt ihnen
überlassen. Ob diese wahr sind kann ich weder verneinen, noch
bestätigen. Ruhen sie sich aus, sie haben anscheinend ein paar harte
Tage hinter sich. Glauben sie vielleicht nicht alles, aber passen sie auf
sich auf. Es ist eine harte Welt da draussen und manchmal geschehen
Dinge, die nicht geschehen sollten. Ich werde nun gehen, wenn sie sonst
nichts brauchen." Er reichte John eine Karte, "Wenn sie möchten schaue
ich Morgen nochmal vorbei, ansonsten können sie sich bei mir melden,
wenn sie reden wollen. Einen schönen Tag noch... und ich werde sie in
meine Gebete mit einschliessen."
"Vielen Dank!!!", sagte John und sah ein wenig verwirrt dem Priester
hinterher, als dieser das Krankenzimmer verliess.
"Und bis Morgen???!!! Ich laufe schon nicht weg!"
"Das können sie auch nicht mehr...", seufzte Mc Daniel, mit gesenkten
Kopf, leise vor sich hin, als er die Tür von aussen ins Schloss gleiten
liess.
John schloss die Augen, liess erstmal die neuen Erkenntnisse noch
einmal durch seine Gedanken laufen.
Eigentlich waren dies alles nichts anderes als Geschichten aus grauer
Vorzeit. Möglicherweise ersponnen, gedacht als Gutenachtgeschichten
für Kinder, die nicht einschlafen wollten.
Wie auch immer, was sollten sie mit ihm zu tun haben?
Es waren Mythen, vielleicht mit einem kleinen Stückchen Wahrheit
drin, denn warum sollten nicht ein paar Krieger wild mordend durch
kleine Dörfer gezogen sein, gefolgt von einem Rudel Wölfe oder
sowas.
Aber wenn alles wahr sein sollte, steckte er wohl möglich kräftiger in
der Scheisse als er bisher annahm.
Bis aber irgendwas geschah, sollte er sich erstmal ausruhen. Kräfte
sammeln. Auch mehr Informationen brauchte er noch, egal woher. Er
wollte später den Arzt fragen, was denn nun genau mit ihm los sei.
Aber bis dahin versuchte er erstmal noch ein wenig zu schlafen. Die
Gruselgeschichten würde er dann auf Morgen verlegen, wenn der Pater
ihn wieder besuchte.
Apropos Pater, John war nie wirklich gläubig, machte um Menschen im
Priestergewand immer einen grossen Bogen.
>Doch warum zum Teufel<, welch Wortwitz,>waren mittlerweile
schon 2 Pater, Priester, oder wie mann sie nennen soll, binnen so kurzer
Zeit in sein Leben getreten?<, sagte er sich innerlich.
Er wusste es nicht, woher auch.
Vielleicht gab es ja einen Wettbewerb um die Seelen der Gläubigen,
wer am meisten da oben ablieferte, oder die meisten letzten Ölungen
auf seinem Konto verbuchte.
Über diesen durchaus lustigen Gedanken und das Ergebnis, können sich
Pater auf diesem Wege ein besseres Leben im nächsten Leben erkaufen,
schlief er wieder ein.
Als John erwachte war es draussen schon Nacht. Er fühlte frisch und
gestärkt und hatte riesigen Hunger. Als er sich so im Zimmer umsah
fiel ihm auf wie hell es eigentlich Nachts war, zumindestens konnte er
alles im Zimmer ganz genau erkennen. Sogar die kleine Spinne oben an
der Lampe. Während er sich aufsetzte und überlegte wo er etwas zu
essen herbekommen würde, fiel ihm wieder die kleine Spinne ein.
Wieso kann ich eigentlich so ein kleines Tier mitten in der Nacht, ohne
Licht und zugezogene Vorhänge erkenne? wunderte er sich. Hatte nicht
noch neulich sein Augenarzt gesagt dass er demnächst wahrscheinlich
eine Brille benötigen würde.
>Vieleicht bilde ich mir das ja auch nur alles ein.< , dachte John und
erhob sich.
Als er zur Tür ging um die Krankenschwester zu suchen stieg ein
Geruch in seine Nase die sein Hungergefühl noch mehr verstärkte. Der
Geruch kam ihm bekannt und sehr vertraut vor. Dieser Duft, der seinen
Huger noch verstärkte wurde immer stärker je näher er der Tür kam.
Es war der Geruch nach........Blut! Frischem Blut!
Er öffnete irritiert die Tür und schnüffelte.
Gegenüber seiner Zimmertür war ein Fenster und erschrocken sah er
sich selber im Spiegelbild des Glases an, wie er da stand, in der Tür,
und prüfend die Nase erhoben.
>Was zum Teufel treibst Du da und was zum Teufel ist eigentlich los
mit Dir...?<, hallte es in seinen Gedanken.
Aber er konnte keinen klaren Gedanken fassen und zog erneut die Luft
genießerisch durch die Nase ein.
Er roch Blut, konnte den kupfernen Geschmack förmlich auf der Zunge
schmecken und konnte die Kraft pulsieren hören, mit der es durch die
Adern schoss.
Er ging in gespannter Haltung den Flur entlang und bog nach ein paar
Metern um die Ecke, immer dem Geruch folgend.
Da! Es stand eine Zimmertür leicht offen und er spähte hinein.
Er konnte eine Gestalt auf einem Bett erkennen, die in etliche Verbände
eingewickelt war.
Und einige der Verbände konnten wohl das Blut nicht aufhalten, dass
durch den Stoff durchsickerte.
Als er mit den Blicken die blutenden Stellen auf dem Stoff näher
untersuchte, da erschrak er.
John konnte deutlich sehen, wie fünf blutige Striemen an den Stellen
zum Vorschein kamen.
Fünf lange Striemen...die aussahen wie...aber das konnte doch
unmöglich sein...sie sahen aus, wie von einer Kralle zugefügte Wunden,
aber von einer großen Kralle.
Er trat an das Bett heran, sah auf das Schild und erschrak.
Es war Mr. Livingston, sein Vermieter.
Ein strenger, neugieriger kleiner Gnom, der immer und überall seine
Nase reinsteckte, wo sie eigentlich nichts zu suchen hatte.
Langsam, nahezu bedächtig, trat er näher und schaute sich die Mumie,
die Livingston nun war, ein wenig genauer an.
Verbände im Gesicht, liessen nur erahnen, was passiert war, Bandagen
um die Brust und am Bein taten ihr übriges, um zu erkennen, das es ihn
schwer getroffen hatte.
Von einer unbändigen Neugier getroffen, streckte er die Hand zu der
Stelle aus, wo der Verband sich am deutlichsten mit Blut getränkt hatte,
dem linken Oberschenkel.
Als seine Hand den mit Blut getränkten Verband berührte, traf es ihn
wie en Blitz aus heiterem Himmel.
Er sah vor seinem geistigen Auge, was passiert war.
In seiner Neugier musste Livingston wohl an Johns Tür
vorbeigekommen sein und wurde eines Geräusches gewahr, welches an
das Knurren eines Hundes erinnerte.
Da in seinem Haus das Hundehalten strengstens verboten war und er
dies, und andere absolut Blödsinnige Verbote, mit unerbitterlicher
Härte durchsetzte, entwickelte er einen Plan.
Livingston vergewisserte sich mit einem Blick nach draussen, das John
wirklich weggefahren war. Dann ging er zu Johns Wohnungstür,"Dir
werde ich beibringen, die Hausregeln nicht zu befolgen...",murmelte er
vor sich hin,"wollen wir doch mal sehen, was Du da für eine Töle
versteckst!"
Er griff zu seinem schweren Schlüsselbund, suchte den Ersatzschlüssel
zu der Wohnung heraus und öffnete die Tür.
Ein leichter Duschnebel hing noch in der Luft, gepaart mit einer
leichten Note nach nassem Fell.
"Na, wo bist Du kleiner Pisser denn??", flüsterte er,"Komm Hundchen,
lass Dich ansehen". Er schritt langsam durch die Wohnung, denn die
spärliche Beleuchtung, die durch die leicht geöffnete Wohnungstür
drang, liess nur eranhnen wo lang er sich bewegen musste.
"Na komm, zeig Dich Du Mistvieh!!", es wurde schon langsam ein
Befehlston daraus...
"Deinem Wunsch kann entsprochen werden!!",dröhnte ein dumpfes
Grollen aus dem Wohnzimmer, welches vor ihm lag, "Komm nur
näher!!"
Er erstarrte, als aus dem dunkeln des Raumes ein Schatten auf ihn
zuschritt.
Als der geringe Lichtschein auf das nasse Fell traf, wurde Linvingston
ganz anders.
Sein Herz raste, die Gestalt vor ihm musste sich in dem Raum fast
ducken und der schmale Flur liessen keine grossen
Bewegunsspielräume für dieses Etwas.
Ein paar blutrote Augen blitzen auf, so furchteinflössend und hasserfüllt
zugleich, dass sein Herz sich überschlug.
Er bekam keine Luft mehr.
Ein Geräusch, einer Klinge ähnelnd die die Luft zerschnitt, erfüllte den
Raum. Da zuckten auch schon die ersten Schmerzen in seinem linken
Oberschenkel. Der Faustschlag der ihn dann traf, glich dem eines
Dampfhammers, der sich gerade mit einer Betondecke angelegt und
gewonnen hatte.
Er wurde weit nach hinten geschleudert, rutschte noch ein bisschen über
den Flur und blieb liegen.
Die Türe wurde geöffnet und Livingston ins Treppenhaus gezogen.
Noch ein letztes mal schaute die Gestalt sich um, sah zurück in Johns
Flur und zog die Lefzen zu einem Lächeln zurück,"Wenigstens hast Du
ihm nicht den guten Teppich versaut!", grollte es.
Den Vermieter an der Kehle haltend in seiner Linken, den Türgriff in
der Rechten, schloss er behutsam die Tür, fast als ob er sich mühe
geben müsse, sie nicht aus der Verankerung zu reissen.
Zog den Schlüsselbund ab und widmete sich seinem vermeindlichen
Opfer.
"Du bist normalerweise den Aufwand nicht einmal wert, beachtet zu
werden.", brummte das Geschöpf, während es offensichtlich an
Livingston roch.
Fast wie in einer Bewegung schleuderte es ihn an die Decke, riss ihm
dabei mit seinen Krallen tiefe Wunden ins Gesicht und als die
Schwerkraft wieder einsetzte und er sich langsam drehte, verpasste das
Ding ihm einen solch starken Prankenhieb in den Rücken, dass er der
Schwerkraft wieder trotzte und aus dem Fenster geschleudert wurde.
Dabei krachte sein Rücken knackend gegen den Fensterrahmen,
Glasscherben stachen ihm durchs Fleisch. Doch das spürte er schon
nicht mehr, genausowenig wie sein Auftreffen auf dem 3 Meter tiefer
gelegenen Strauch.
"Schönen Tag noch!", grollte eine Stimme hinter dem nun offenen
Fenster.
John war in sich zusammengesackt, ihm war schwindelig, übel und dem
Erbrechen nahe.
So vorsichtig und leise es nur ging, veliess er das Krankenzimmer.
Niemand war zu sehen. So schnell es ging bewegte er sich in sein
Zimmer und dort direkt zum stillen Örtchen, um sich das Vergangene
durch den Kopf gehen zu lassen.
Nachdem er sein Werk getan hatte, spülte er seinen Mund aus. Der
bittere Geschmack nach Magenflüssigkeit erinnerte ihn an den
eigentlichen Grund seines Aufstehens. Hunger!!!
Diesmal beliess er es dabei, sich einfach wieder ins Bett zu legen, nach
der Schwester zu klingeln und sie um was zu essen zu bitten.
Er bekam auch etwas zu essen, es war auch lecker, aber das
Hungergefühl war trotzdem noch da…eigentlich war es auch kein
richtiges Hungergefühl, sondern eher eine Gier nach etwas, was nicht
auf seinem Teller gelegen hatte.
Er erinnerte sich an das eben erlebte und konnte gar nicht schnell genug
zur Toilette rennen.
>Toll, soviel zu dem dringend gewünschten Essen.<
Erschöpft legte er sich ins Bett, schloss die Augen, aber die Müdigkeit
übermannte ihn nicht, wie er es erwartet und auch gehofft hatte.
Morgens bei strahlender Sonne einfach die Augen öffnen und alles ist
vorbei und die Erinnerung verblasst.
Aber er fand keine Ruhe.Stattdessen ging er zum Fenster und schaute in
die erhellte Nacht hinaus. Der Mond war nicht ganz voll, die Sichel
leuchtete zwischen den Sternen, es erschien ihm, dass der Mond auf ihn
herabsah, ihm irgendwie zuzwinkerte. Ein komisches, seltsames Gefühl
von „Zu Hause ankommen“ erwachte in ihm. Er schloss die Augen und
hob die Nase in die dunkle Nacht hinaus und schnüffelte.
Er roch viele Sachen von deren Existenz er noch nie etwas gehört hatte,
geschweige denn wusste, dass solche Dinge überhaupt riechen konnten.
Da waren die moosbedeckten Steine unten im Krankenhausgarten, die
zwischen den Blumen lagen und modrig rochen, die Luft, die angenehm
kühl war und nach dem heißen Tag angenehm frisch und unverbraucht
roch.
Da war ein Mädchen auf der Straße unter ihm, er konnte ihre Jugend
regelrecht riechen, und auch, dass sie Angst hatte und auf dem Weg
war, schnell nach Hause zu kommen.
Er öffnete die Augen und schaute in die vom Mondlicht erhellte Nacht
hinaus. Und in dieser Ruhe der Nacht ließ er sich die Geschichte von
dem Pater noch mal durch den Kopf gehen.Auch was er am frühen
Abend im Krankenzimmer seines Vermieters erlebt hatte…
Er brauchte mehr Informationen…unbedingt!
John befand zwar in einem Krankenhaus, aber auch hier gab es
Informationen. Er schlich wieder auf den Flur hinaus und versuchte,
sämtliche Gerüche und daraus erwachende Gelüste zu ignorieren.
So kam er auch da an, wo er hin wollte.
Zum Arztzimmer des Stationsarztes.
Die Nachtschwester war sowieso auf der Station unterwegs, ein Hoch
auf die Unterbesetzung in den Krankenhäusern!
Er schlich unbemerkt ins Zimmer, schloss die Tür und bewegte sich
lautlos zum Schreibtisch aus Mahagoniholz, der alt und schwer roch,
als könnte er viele Geschichten erzählen.
Auf diesem Schreibtisch fand er das Objekt seiner Begierd:
Ein Laptop, mit Internetanschluss…
Er setzte sich und fuhr die Informationsquelle voller Wissensdurst
hoch.
Nachdem der Bildschirm aus dem Standbymodus erwachte, zeigte sich
auch schon die nächste Hürde: "Bitte Passwort eingeben!"
"Super, das hätte ich mir auch schon denken können!", sagte er zu sich.
Da er sich mit den Spielzeugen ein wenig auskannte, brauchte er nur 5
Minuten und hatte mit einem der gängigen Passwörter Glück.
Denn was hielt ein überheblicher Gott in weiss wohl für ein tolles
Passwort: GOD
>Ganz toll, der Arzt gehörte normalerweise in den Hintern getreten,
aber kräftig.< Doch was sollte der Gedanke, im Moment war es
durchaus nützlich.
Er startete die Internetverbindung und durchforstete die gängigen
Suchmaschinen nach Informationen über "Werwölfe".
>Du spinnst, welcher Werwolf würde sich eine Homepage bauen und
sagen, hier bin ich!<, lachte er innerlich über seine Idee.
Seine Befürchtungen sollten sich zuerst bewahrheiten, ausser den
üblichen Links zu Werwolfpuppen, sonstigen Werbeartikeln und
Tiersexseiten fand sich auf den ersten 3 Seiten nur Schund.
>Obwohl, Tiersexseiten könnte ja fast passen, irgendwie müssen die
sich doch auch fortpflanzen...<, fast hätte er laut aufgelacht.
Doch die Idee verwarf er schnell.
Wo sollte er nur suchen, die Ellbogen auf den Tisch gestemmt überlegte
er angestrengt.
Johnr versuchte es unter Wikipedia und auf Literaturfachseiten, aber
leider ohne Erfolg. Vermutungen und Legenden fand er viele, aber
wirklich brauchbares, vor allem glaubhaftes Material, eher weniger.
Er merkte, dass dieses Suchen nach Informationen wohl keinen Sinn
hatte. Er brauchte eine andere Quelle, die belegte Informationen
vorweisen konnte. Er dachte sofort an seinen alten Kumpel Sam, der
Journalist war und schon an die ein oder andere Info auf geheimen
Wegen gekommen war. Vielleicht hatte er Zugang zu anderen Quellen
und wusste, wo man suchen musste. Aber er verwarf diesen Gedanken
sofort wieder, wie sollte er Sam nur erklären, warum er diese Infos so
dringend brauchte und vor allem, dass er mehr wissen musste, als nur
mythischen Kram.
Da kam ihm ein Geistesblitz in den Sinn und er dachte an den Pater Mc
Daniel, der ihm doch so sympathisch war, und der seine Interesse am
frühen Abend durchaus ernst genommen hatte.
Er musste unbedingt mit ihm reden, und zwar am besten gleich. Er
musste ihm sagen, was er gesehen hatte, welche Veränderungen er
spürte, die mit ihm passierten.
Er fand auf dem Laptop ein Verzeichnis über alle Angestellten des
Krankenhauses. Und somit auch über den Pater.
John entdeckte, dass der Pater wohl ein Zimmer hatte, direkt neben der
Kapelle, im 8. Stock.
Er fuhr das Laptop wieder runter und verlies den Raum so leise und
unbemerkt, wie er gekommen war...
Er fand das Treppenhaus und machte sich auf den Weg zum 8. Stock...
Dort angekommen, sah er einen Lichtschein unter der Tür des Pfarrers
durchscheinen. Langsam ging er näher an die Tür heran und konnte
leise Stimmen hören die hinter der Tür erklangen. Während John
dastand und überlegte ob er anklopfen oder lieber wieder gehen sollte,
belauschte er unterbewusst das Gespräch hinter der Tür.
"...und wenn dieser John nun merkt was vorgeht und sich an die
wendet, was dann mein Meister?", hörte er den Pfarrer fragen. "So weit
wird es nicht kommen, ich werde vorher dafür sorgen, dass meine
Ghule ihn zu mir bringen. Er ist sehr wichtig für unseren Clan!". Diese
Stimme kannte John überhaupt nicht.
Und wieso sprachen sie über ihn? Was wollten sie von ihm? Von
welchem Clan war die Rede?. Verängstigt zog er sich langsam von der
Tür zurück und verließ so schnell es ging den 8. Stock. Während er die
Treppe herunterlief überlegte er, ob er nicht besser noch heute Nacht
das Krankenhaus verlassen sollte.
In seinem Zimmer angekommen, beruhigte er sich erst einmal und
überlegte, was er denn nun tun sollte. Wenn er das Krankenhaus
verliess, dann entging ihm wahrscheinlich die Möglichkeit, etwas
herauszufinden, und zwar in dem Zimmer von Pater Mc Daniel. Und
das war momentan seine einzige Chance, etwas Licht in die dunklen
Geschehnisse zu bringen, mit denen er sich rumplagen musste.
Also, würde er einfach etwas abwarten und dann nochmal zu dem
Zimmer schleichen. Der Pater hatte einen so guten Eindruck bei ihm
hinterlassen und er war sich eigentlich sicher, daß er seiner
Menschenkenntnis vertrauen konnte.
Geplant, getan. Er wartete ungeduldig in seinem Zimmer und tigerte
vom Bett zum Fenster und zurück. Dann, es muß so ca. 1 Stunde
vergangen sein, wagte er nochmal den Schritt in den 8. Stock.
Er schlich über den Gang und verharrte vor der Tür des Zimmers. Er
lauschte, aber es war kein Mucks zu hören.
Er klopfe an, sollte der Pater doch anwesend sein und öffnen, würde er
improvisieren müssen. Aber, es tat sich nichts.
Im Zimmer und auch auf dem Gang rührte sich nichts. Vorsichtig
öffnete er die Tür und trat in das Zimmer ein, daß von einem kleinen
Stehlämpchen eine Winzigkeit erhellt war. Neugierig schaute er sich
um.
John stand in einem gemütlich eingerichteten Zimmer. Es gab eine
Couchecke, eine kleine Einbauküche und etwas abgetrennt vom Rest
des Raumes, eine Schlafnische mit einem einfachen Bett darin. In der
rechten Ecke der Schlafnische entdeckte er eine kleine unscheinbare
Tür, die wohl in einen weiteren Raum führte. Er öffnete sie und
erwartete einen Abstellraum oder etwas ähnliches, aber er wurde
überrascht. Vor ihm tat sich ein Raum auf, der genauso groß war, wie
der Wohn- und Schlafraum, aber er war vollgestopft mit Büchern.
Rundherum an den Wänden reichten Regale bis zur Decke hinauf, und
die obersten Reihen konnte man mit einer Leiter erreichen, die vor
einem der Regale stand.
In der linken Ecke war ein kleiner Schreibtisch zu sehen, der auch vor
Büchern und Pergamentrollen überquoll, in der Mitte des Raumes stand
ein einladender Sessel, daneben eine kleine Stehlampe. Langsam schritt
er an den Regalen entlang und las einige der Buchrücken.
>Hmh...was er auf den ersten Blicken zu lesen bekam, waren keine
lyrischen Werke von Poeten oder ähnlichem, nein, es waren wohl
ausschliesslich Bücher, die sich mit Mythen und Legenden befassten
und wohl alle das selbe Thema hatten: Werwölfe!<
Er schlich zum Schreibtisch und sah sich die dortigen Bücher und alt
riechenden Pergamentrollen an. Die Bücher waren vollgeschrieben mit
einer krakeligen Handschrift, die wohl dem Pater gehörte. Die
Pergamentrollen sahen zerbrechlich aus und vorsichtig entrollte er eine
und las kurz darin.
Was sich da vor seinen Augen auftat, erschreckte ihn mehr, als es der
Anblick seines Vermieters getan hatte.
Das konnte doch unmöglich wahr sein!!
Die Handschrift desjenigen, der die Worte zu Papier gebracht hatte,
verfügte über eine schöne, aber schlecht leserliche Handschrift. Aber
das Wichtigste konnte er entziffern.
Seinen eigenen Namen!!
Ok, an und für sich nicht erschreckend, aber darüber standen die Namen
seiner Eltern, darüber die seiner Grosseltern.
Es erinnerte ihn an einen Stammbaum, auch wenn er die Namen, je
höher er kam, noch nie gehört hatte.
Je weiter die Zweige auseinander gingen, desto unverständlicher
wurden die Namen auch, sie hatten eigentlich nichts mehr mit der
modernen Namensgebung zu tun.
Es waren über 15 Reihen, fein säuberlich datiert, mit Geburtsjahr, und
dem Todestag. Aber das konnte nicht sein, ein Teil der Personen wären
demnach fast, oder sogar über 200 Jahre alt geworden.
Abgesehen von seinen Eltern, die im Alter von 39 Jahren bei einem
Autounfall gestorben sind, so wurde es ihm damals von der Polizei
erzählt.
Er war damals gerade 13 Jahre alt, als ein grauhaariger Mann in
Uniform bei seinen Grosseltern klingelte und die Nachricht
überbrachte. Das war nun 15 Jahre her. Wie doch die Zeit verging.
Er erinnerte sich noch genau, wie seine Grosseltern damals reagierten...
Genau genommen, war er sich da wirklich noch sicher???
Seine Grossmutter trug es mit Fassung und sein Grossvater verliess
schlagartig das Haus.
Weshalb erfuhr er nie, aber er kam erst am nächsten Morgen wieder
zurück, wutschnaubend, aber wortlos ging er in den Garten Holzhacken.
Schon ein wenig komisch, wenn er jetzt so darüber nachdachte. Jemand
der über siebzig sein mochte, der die ganze Nacht weg blieb und den
ganzen folgenden Tag das Holz für die nächsten 3 Winter schlug?
Damals registrierte er es nicht wirklich, aber nun kamen die
Erinnerungen zurück und aus eigenen Erfahrungen wusste er, dass
jemand der sich so verhielt nicht ganz normal war.
Vielleicht war an seiner Familie doch mehr dran, wie er zuerst glauben
mochte.
Sein Vater, Metzger aus Leidenschaft und Berufung, mit einem eigenen
Geschäft, seine Mutter, die ihm im Geschäft immer zur Hand ging.
Seine Grosseltern, die eigentlich nur ihren Ruhestand genossen und vor
9 Jahren bei einem Urlaub ums Leben kamen...
Neeeein, da gab es nichts Ungewöhnliches.
Ein bekannter Geruch stieg ihm in die Nase, Leinen, ein einfaches
Deodorant, ein ruhiger Herzschlag.
Schnell schloss er die Tür zum Leseraum, machte das Licht aus und
hielt die Luft an.
"Sie können ruhig rauskommen John, ich weiss dass sie da sind!", klang
die Stimme von Pater Mc Daniel gedämpft durch die geschlossene Tür.
John schluckte. Sein Herz raste.
>Woher weiss er denn das ich hier bin?< erklang eine Stimme in seinem
Hinterkopf,
>Ja logisch, der Pater war sicher in meinem Zimmer gewesen und eins
und eins zusammengezählt!<
Als er noch am überlegen war, ob er einfach aus dem Fenster klettern
sollte, was natürlich im 8.Stock totaler Irrsinn war, erklang auch schon
wieder die Stimme Mc Daniels," Nun kommen sie schon, ich kann sie
atmen und ihren Herzschlag hören. Wir sollten reden."
Er verstand nun überhaupt nichts mehr, schaltete das Licht wieder ein
und öffnete die Tür.
"Warum sind sie nicht rein gekommen, wenn sie es eh schon wussten?",
fragte er den Pater kleinlaut.
"Das wäre zu einfach gewesen!", bekam er zur Antwort," Wie schon
gesagt denke ich das wir uns unterhalten sollten, auch das sie vor
anderthalb Stunden an meiner Türe gelauscht haben, was übrigens nicht
nett war."
"OOOOkeeeey!", entfloh es John ferner jeden klaren Gedankens,
"Reden wir!"
Beide setzten sich an den kleinen Tisch, und wollten gerade anfangen
sich zu unterhalten, als ein großer schwarzer Käfer auf der Tischplatte
landete. John erschauderte. War das nicht derselbe Käfer der in seinem
Büro war und später dann aus seinem Motor kam?
Aber bevor er seine Gedanken sortiert hatte hörte er den Pater sagen,
"Karl, ich danke dir für deine Hilfe, aber ich denke das es besser ist
wenn du uns nun alleine läßt!". Der Käfer blicke den Pater an. Es
schien so als würde er nicken, breitete daraufhin seine Flügel aus und
flog zum leicht geöffneten Fenster hinaus. John glaubte nun langsam
wirklich dass er den Verstand verloren hatte.
Hatte er sich das jetzt alles nur eingebildet? Dann hörte er die Stimme
von seinem Gegenüber die ihn fragte ob alles in Ordnung wäre.
"Wenn sie damit meinen, dass ich eben zugesehen habe, wie sie sich
mit einem Käfer unterhalten und mir dieses jetzt auch bestätigen.Dann
würde ich sagen, es geht mir wesentlich besser!", beantwortete John die
Frage seines Gegenübers.
"Ja, das ist noch einer der verbliebenen Vorteile gegenüber normal
Sterblichen.", hob der Pater an.
Auch wenn John insgeheim auf eine solche Antwort gewartet, ja sogar
gehofft, hatte, traf es ihn doch stärker, als er es sich vorher für möglich
hielt. Hätte sein Hintern nicht schon Kontakt zu einem Sitzmöbel,
spätestens jetzt bräuchte er ein ebensolches.
So gut es nur ging, machte er es sich auf seinem Stuhl gemütlich, seine
Gedanken versuchten den Worten des Paters zu folgen.
"Was möchten sie denn nun wissen, da sie offensichtlich Interesse an
meinen Aufzeichnungen hatten!?", die Stimme Mc Daniels wirkte ganz
gelassen.
"Wer oder Was sind sie?", fragte John, "Was zum Teufel hat das alles
mit mir zu tun? Und warum liegt die Geschichte meiner Familie da
hinten ausgebreitet?"
"Naja, ganz so tief in der Hölle würde ich nicht anfangen nach
Antworten zu suchen, aber es ist durchaus ein Anfang.", begann der
Pater,"Sie kennen sicherlich Geschichten oder Filme von Vampiren,
Werwölfen, Feen, Kobolde, Magiern, Drachen und so weiter. Die
Autoren und Filmemacher sind gar nicht so weit weg von der Wahrheit.
Auch wenn das mit der Unsterblichkeit nicht unbedingt der Wirklichkeit
entspricht."
"Ja klar und die Welt wurde auch schon von Aliens besucht!", spottete
John, "Was kommt denn als nächstes, viel kann es ja nicht mehr sein?"
"Denken sie Rosswelt war wirklich ein missglücktes Wetterexperiment?
Denken sie allen Ernstes Area 51 sei nur eine Forschungseinrichtung?
Es ist doch sooo einfach die Menschen zu manipulieren. Dementiere
zuerst alles, dann streu Teile der Wahrheit aus und behaupte hinterher
wieder das glatte Gegenteil. Schon hast Du zu einem grossen Teil die
Wahrheit erzählt, aber es glaubt Dir keine Sau mehr.
Stattdessen wird den Zeugen das Wasser abgegraben und sie stehen als
Lügner da. Über kurz oder lang glaubt da keiner mehr dran!" ,fuhr der
Pater in einem ruhigen und ernsten Ton fort, "Genauso einfach ist es
auch den Menschen weiss zu machen, es gäbe all diese Wesen und
Tatsachen nicht. Erzähle ihnen die Wahrheit, schmücke sie aus, erzähle
ihnen es stimmt nicht und schicke nochmal ein paar
Verschwörungstheoretiker los, die wieder die Wahrheit erzählen. Es
glaubt ihnen niemand."
John konnte nicht glauben was er da hörte, oder sollte er doch? Was
stimmte und was nicht? Er war verwirrter wie vorher!!
"Fangen wir doch mal mit einem Thema an, z.B. den Vampiren. Die
Blutlinien sind mittlerweile so dünn, dass viele Clans Probleme
bekommen, ihre Kinder unter Kontrolle zu behalten. Die Macht und
Kraft, die die Alten ausstrahlten, ist in den hohen Häusern noch
vorhanden, aber die zunehmende Anzahl unkontrollierter Verbreitung,
Weitergabe des "Kusses" führte dazu, dass eine Art Mischwesen
entstanden. In diesem Zusammenhang kann man sogar von Daywalkern
reden. Die Essenz in ihrem Blut ist kaum noch vorhanden, so dass sie
zunehmend Menschlicher wurden und letztendlich wird die Macht des
Blutes nicht mehr vorhanden sein. Das wollen die Alten natürlich nicht.
Daher besteht schon seit Jahrhunderten eine Art Pakt mit den
Werwölfen, die für eine, nun ja, fast natürliche Auslese sorgen. Die
Alten werden in Ruhe gelassen, nur dünnes Blut wird beseitigt, dafür
haben die Angriffe auf die verhassten Werwölfe ihrerseits aufgehört."
"Natürlich.", mischte sich John wieder ein,"Und Ihr Karl von eben ist
ein..."
"Käfer!!!", warf sein Gegenüber wieder ein,"Ich sagte doch bereits, das
dies eine gewisse Fähigkeit ist, denn auch Tiere haben einen Gewissen
Intellekt, den man beeinflussen kann."
"Und sie sind ein....?"
Der Pater öffnete den Mund, entblösste seine Zahnreihen, während die
Eckzähne wuchsen und seine Augen ein rotes funkeln annahmen.
"Raten sie doch!"
"Ok, wäre diese Sache schonmal geklärt! Wenn ich träume wäre dieses
der richtige Zeitpunkt um wach zu werden!", John schloss die Augen,
rieb sich fest über die geschlossenen Lieder und öffnete sie wieder.
Doch die Eckzähne waren und blieben komplett ausgefahren, genauso
wie das unheimliche Feuer in den Augen des Paters."Vampir nehme ich
mal an. Aber wenn dem so ist, wie konnten sie heute Mittag, also
Tagsüber in mein Zimmer kommen?"
"Richtig! Das lässt sich einfach erklären. Ihnen ist es sicherlich nicht
entgangen dass die Vorhänge zugezogen waren und auch sonst nirgens
ein Fenster offen stand, durch das direktes Sonnenlicht fallen konnte?
Ansonsten gibt es zur Not noch gewisse Hilfsmittel, die
schlimmstenfalls zu einem leichten Sonnenbrand führen, bei direkter
Sonneneinstrahlung."
John war nun gänzlich verwirrt, Vampire, die sich mit HighTech gegen
ihre schlimmsten Feinde schützten, die aber gleichzeitig auch die Hilfe
von Werwölfen in Anspruch nahmen, um sich gewisser
Unpässlichkeiten zu entledigen. Ihm schwindelte bei der Flut von
Informationen. Nie hätte er gedacht, so weit in eine Unbekannte Welt
vorzustossen. Die es zudem eigentlich gar nicht geben durfte!!!
Er fragte sich, ob er wirklich noch weiter in diese Welt hineingleiten
wollte. Aber jetzt, da der Anfang gemacht war, konnte er nicht anders,
er musste mehr wissen. Vor allem, was mit IHM los war.
So sehr es ihn auch interessierte, was dies alles mit seinen Eltern und
Großeltern zu tun hatte, er musste jetzt zuerst an sich selber denken.
Unruhig rutschte er auf dem Stuhl umher.
Der Pater hatte die entblößten Zähne netterweise wieder "eingefahren"
und er blickte wieder in die sanften braunen Augen und nicht in diese
kalten, voller Gier funkelnden roten Vampiraugen.
"Also, Pater...ich bin sehr verwirrt, und weiß nicht recht, wie ich es
sagen soll...aber ich verstehe immer noch nicht, was das alles mit mir zu
tun hat. Warum habe ich seit einiger Zeit diese furchtbaren Träume, von
riesigen Kreaturen, behaart, mit grauenvollen Krallen. Sie verfolgen
mich auch in meine Realität, ich sehe sie überall. Ich weiß nicht mehr,
was real, was Einbildung ist. Ich spüre Veränderungen. Ich kann besser
sehen als früher, selbst bei kleinen Lichtquellen oder in der Dunkelheit
kann ich klar sehen. Ich rieche besser. Ich schaue aus dem Fenster und
kann die Angst eines Mädchens riechen, das unten auf der Straße
entlang eilt. Ich kann besser hören. Durch Türen hindurch kann ich
leises Geflüster verstehen und was mir am meisten Angst macht, ich
irre durch die Gänge und gehe einem Blutgeruch hinterher, der mich
fast wahnsinnig macht!"
John schlug die Hände vors Gesicht und begann tief einzuatmen. Er
fühlte sich richtig beschissen, um es mal so auszudrücken. Er rieb sich
die Augen und schaute fragend den Pater an.
War es wirklich so klug gewesen, hier aufzukreuzen,
herumzuschnüffeln (zur Abwechslung mal in Büchern und nicht nach
Blut), und dem Pater direkt in die Arme zu laufen. Er hatte gesehen,
was er ihm eben demonstriert hatte, aber richtig verstanden, realisiert,
hatte er es wohl nicht.
"Was bedeutet das alles, Pater??"
Der Pater legte ihm die Hand auf die seine, schaute ihn väterlich an und
sagte: "Sie verwandeln sich, John. Und ich bin da, um Ihnen dabei zu
helfen!"
>Verwandeln?< fragte John. >Verwandeln in was?<
Er spürte wie ihm die Angst die Kehle zuschnürte während er
gleichzeitig auch eine gewisse Neugier in sich aufkeimen spürte. Er
wusste dass sich heute Nacht sein ganzes Leben dramatisch verändern
würde. Was würde die Zukunft ihm bringen?
Er schaute den Pater fragen an. „Mein Sohn“, sprach er, „deine Familie
war seit jeher eine Dienerfamilie der Vampire und es passiert alle paar
Generationen dass ein Diener ein Kind hat, das sich in einen Vampir
verwandelt. Du hast von deinen Eltern so viel Vampirblut
abbekommen, das dein Körper sich in einen der Unseren verwandelt.
Wir nennen deinesgleichen Widergänger. Sie sind sehr wichtig für
unsere Gemeinschaft da nur ihr ein Band zu dieser Zeit seid und den
Ältesten von uns damit sehr nützlich sein könnt. Denn leider geht einem
Vampir im laufe der Zeit eine Menge wichtiger Eigenschaften verloren,
so zum Beispiel die Kreativität. Aber ihr behaltet alle eure
Eigenschaften und seid trotzdem ein Vampir. Deshalb bin ich hier um
dir zu helfen den Weg in eine neue Zeit zu beginnen.“
Noch während er darüber nachdachte, was er mit dieser Aussage des
Paters anfangen sollte, seine Eltern und Familie Diener irgendwelcher
Vampire, gelangte ein Geruch an seine Nase.
Der Geruch nach Fell, Gier, Mordlust drang unter der Wohnungstür
hindurch, wanderte durch den Raum, durch die geöffnete Tür zum
Nebenraum und letztendlich an seine Nase. Er konnte fast spüren, wie
die Wohnungstür nach innen geschleudert wurde, Holz zerbarst und die
Tür an der gegenüberliegenden Wand einschlug. Er erschrak, vor allem
über seine detaillierten Empfindungen, die auf seine Sinne einströmten.
Mc Daniel dem die Szenerie nicht entgangen war, verstummte
schlagartig, schloss für einen Sekundenbruchteil die Augen, schien sich
zu konzentrieren, öffnete die Augen wieder und kurz bevor der Wolf die
Tür zum Arbeitszimmer erreichte, erkannte John eine Veränderung im
Raum.
Die Schatten in den Ecken schienen an Form zu gewinnen, die
Dunkelheit, die durch die spärliche Beleuchtung in ihrem Reich im
Zaum gehalten wurde, erschien nun plastisch zu werden.
Als der Wolf vor dem Durchgang zum Raum stehen blieb um sich ein
wenig zu bücken, um nicht mit dem Kopf die Wand einzureißen, schälte
sich etwas aus dem Schatten. Eine Art Arme, oder besser gesagt
Tentakel, schossen quer durch den Raum, als der Wolf gänzlich durch
die Tür trat und sich vor Ihnen aufbaute. Johns Blick wechselte
zwischen dem Werwolf, der jede Sekunde zum Sprung ansetzen konnte,
den Schattententakeln, die fast die Form eines Gitters vor ihm bildeten,
und somit den Raum halbierten, und Mc Daniel, der dem Wolf immer
noch den Rücken zuwandte. "Adiamus, Du hast immer noch nicht
gelernt, wofür die Menschen Türen erfunden haben!", sagte der Pater in
einem ruhigen Tonfall.
"Es ist keine Zeit für nutzlose Höflichkeiten, wenn ein Dünnblut wie
Du versucht, Eure Propaganda weiter zu geben!", dröhnte die Stimme
des Wolfes durch den Raum. John konnte sehen, wie sich die Muskeln
des Wolfes unter dem gräulichen Fell spannten und er zum Sprung
ansetzte. Fast gleichzeitig erhoben sich John und Mc Daniel. Adiamus
schoss auf den Pater zu, das Schattengitter löste sich teilweise auf und
einzelne Tentakel flogen in die Richtung des Wolfes.
Bevor Adiamus den Pater erreichen konnte, waren die Tentakel
zwischen Ihnen. Der Pater lehnte sich ein wenig nach hinten gegen den
Tisch, während die Schatten den Sprung des Wolfes abrupt abbremsten,
so daß der Hieb seiner Klaue nur die Luft vor dem Pater zerschnitt,
nicht aber die Kehle, auf die er gezielt hatte. Der Wolf schien
bedrohlich vor dem Pater in der Luft zu schweben, gehalten von 4 oder
5 Tentakel. "Du weißt doch, daß Deine Spielsachen mich nur
einbremsen können, nicht aber wirklich aufhalten!", grollte seine
Stimme gewittergleich in Johns Ohren, "Dafür bist Du zu schwach!"
"Aber es gibt mir genug Zeit für DAS!", Mc Daniel senkte kurz den
Kopf, währen der Wolf mit seinen mächtigen Pranken einen Teil der
Tentakel umschloss, die ihn hielten. Als der Wolf gleich 2 Tentakel auf
einmal zerriss, konnte John ein kurzes Zucken in der Körperhaltung des
Paters erkennen.
Kurz darauf schoss der verbleibende Teil des Gitters auf John zu. Er
wurde von den Füssen gerissen, im Höchsttempo Richtung Fenster
geschoben und letztendlich durch die Öffnung in die drohende dunkle
Nacht hinausgestossen.
Auf dem umbremsbaren Weg nach unten, die 8 Stockwerke, vernahm
er noch das wütende Brüllen des Wolfes, bis kurz bevor er den Kontakt
mit dem Boden aufnahm. Er kam mit dem Rücken zuerst auf, spürte
wie seine Muskelfasern zerrissen, Knochen splitterten und er
ohnmächtig wurde. Als er keine 5 Minuten später wieder erwachte,
waren seine Muskelfasern wieder miteinander verbunden, die
Knochensplitter zum größten Teil wieder an Ort und Stelle. Ja sogar
wieder fast wie neu. Nur die Bewegung schmerzte höllisch, als er
versuchte sich aufzurichten.
Da saß er nun auf dem lauwarmen Teer, die Nacht war nicht kalt genug
gewesen, den sonnenaufgewärmten Asphalt abzukühlen. Sein Blick
wanderte nach oben, zum 8. Stock und dem Fenster aus dem er eben
gestoßen worden war, als ein Gegenstand aus dem Fenster fiel. Ein
fußballgroßes Objekt schlug direkt neben ihm auf. Er ahnte schon was
es war, als ihm der Blutgeruch in die Nase stieg. Als das Mondlicht den
Gegenstand erhellte, erkannte John einen Kopf. Nachdem er diesen zu
sich drehte, sah er in das schmerzverzerrte Gesicht Mc Daniels, kurz
bevor dieser sich in einem Schwarm von Funken und Staub auflöste......
Während John noch überlegt, wie er den Sturz unbeschadet überleben
konnte, hörte er oben im 8. Stock das Fauchen und Grollen des
Monsters, das gerade dabei war ebenfalls aus dem Fenster zu springen.
John rappelte sich auf und begann zu laufen.
Er lief und lief was seine Beiner hergaben und er schimpfte in
Gedanken mit sich selber, daß er nicht öfter joggen war wie er sich das
immer vorgenommen hatte.
Aber erstaunlicherweise wurde er nicht so schnell müde.
Er rannte mit dem Blick nach vorne, in die Dunkelheit gerichtet, aber
seine Ohren lauschten nach hinten.
Er konnte kein wütendes Gebrüll, oder Laufgeräusche hinter sich hören.
>Naja,< dachte er bei sich, >der Lärm wird ja auch nicht unentdeckt im
Krankenhaus geblieben sein, vielleicht kann sein Verfolger ihn nicht
einholen, ohne entdeckt zu werden. Möglicherweise konnte er noch
nicht einmal unentdeckt aus dem Fenster hinter ihm herspringen.<
Aber das wollte er nicht genau herausfinden, und so lief er weiter und
weiter...ohne sich umzudrehen...
>Wohin läufst Du eigentlich?< dachte er bei sich, >Nach Hause kannste
nicht, da sucht Dich dieses Vieh doch als erstes. Na das sind ja tolle
Aussichten<
Er überlegte angestrengt. Wem konnte er nun noch vertrauen?
Es fiel ihm schon wieder Sam ein.
Er fühlte in seine Hosentasche der kurzen Shorts, die er an hatte, und es
klimperten ein paar Münzen darin. Wenigstens eine doofe
Angewohnheit würde ihm mal nützlich sein.
>Also auf zur nächsten Telefonzelle und dann Sam anrufen<
Er würde mit ihm einen Treffpunkt ausmachen, denn Sam konnte er
blind vertrauen. Sicherlich würde er ihn abholen, ohne dumme Fragen
zu stellen. Und einen Treffpunkt wußte er auch schon, in dem Stollen
am Waldrand bei der alten Miene, da hatten sie sich als Kinder sehr oft
versteckt.
Man kann ja nie genug auf Nummer Sicher gehen.
Ja, so würde er es machen. Er lief noch ein Stückchen geradeaus und
machte sich bereit, in die nächste Straße nach links abzubiegen, da
würde er nach ein paar Metern eine Telefonzelle finden, das wußte er.
Er bog in die Straße nach links ab, und als er einen Fuß auf den Teer
der Hauptstrasse setzte, rammte ihn ein Auto mit voller Wucht.
Während er über die Haube rollte, hart auf der Windschutzscheibe
aufschlug und letzten Endes auf dem Boden krachte, zuckten wieder
unmenschliche Schmerzen durch Körperteile und Nerven, von denen er
vorher noch nicht einmal ahnte, das er sie besaß.
Auf dem Bauch liegend kämpfte er diesmal mit aller Verzweiflung
dagegen an, wieder in die Nacht wegzudämmern.
>Alles, bloss nicht wieder in das Krankenhaus zurück!< schoss ihm
dabei durch den Kopf. Diesmal waren seine Verletzungen nicht so
schlimm, wie er zuerst dachte. Er hörte in sich hinein, versuchte trotz
der Schmerzen zu erfahren, was in seinem Körper los war.
Er musste ersteinmal zu Kräften kommen.
Von weitem hörte er schon Polizeisirenen schnell näher kommen. Er
hörte eine Autotür auf und wieder zugehen.
Leichte, klackernde Schritte kamen schnell auf ihn zugelaufen. Ein Duft
nach süssen Parfum gelangte an sein Riechorgan. Eine Frau bewegte
sich schnell auf ihn zu.
"Hey!! Hallo!!", rief sie panisch, während sie sich neben ihn kniete und
vorsichtig mit ihrer Hand an seiner Schulter rüttelte.
"Ich komme mir vor wie von einem Auto angefahren.", keuchte er leise
vor sich hin. Sein Kopf lag schwer auf dem Boden, es kostete ihn
erhebliche Mühen ihn anzuheben.
Tatsache, als er zur Seite sah, erblickte er das Gesicht einer jüngeren
Frau. Sie mochte Mitte 20 sein, sah ein wenig verwuschelt aus,
Strähnen ihrer dunkelbraunen Haare hingen ihr wirr ins Gesicht. Er
konnte sogar ihre Angst riechen. "Hey, wie geht es ihnen?", fuhr sie
fort, "Sprüche reissen können sie ja offensichtlich schon wieder!"
Unter Schmerzen versuchte er sich rum zu rollen, "Es ging mir
schonmal besser...uff!!", und blieb mit geschlossenen Augen erstmal auf
dem Rücken liegen. "Was machen sie Nachts mitten auf der Strasse,
noch dazu nur mit T-Shirt und Boxershort an?"
"Das würden sie mir eh nicht glauben!!!", brummte er leise. Die
Schmerzen ließen schneller nach, als er zuerst dachte. John versuchte
sich aufzusetzten und es gelang ihm sogar, wenn auch ein wenig
langsam und unter stöhnen. "Bleiben sie liegen, ich rufe einen
Krankenwagen!", fuhr die junge Dame ihn an. Mit einer wegwerfenden
Handbewegung entgegnete er,"Es geht schon wie....".
Ein bekannter Geruch kam auf ihn zu. Nach Fell und....er roch nochmal
genauer....Hundefutter???
Er sah sich um und erblickte einen Fussgänger, einen älteren Herren mit
einem Schäferhund an der Leine, der schnellen Schrittes auf sie zugeeilt
kam. Kopfschüttelnd versuchte John wieder auf die Beine zu kommen.
Was zuletzt noch ein scheiss Tag war, zog sich mittlerweile schon seit
einer Ewigkeit hin, dachte er.
Die Dame half ihm beim aufstehen und mit ihrer Hilfe stand er auch
wieder ziemlich sicher auf den Beinen. "Dankeschön Miss???" "Alicia,
Alicia Blackstone!" "Dankeschön Alicia, ich heisse John...", fuhr er
fort, bis ihr Gespräch von dem älteren Herrn unterbrochen wurde. "Ist
was passiert, alles in Ordnung bei ihnen?", rief er. "Ja,Ja, es geht
schon.", entfuhr es John. Als die drei sich gegenüber standen, gesellte
sich zwangsweise auch der Hund mit dazu, der vor Freude wedelnd
John begrüsste. "Aus Max!!!", der Hund versuchte an John hoch zu
springen," Es tut mir leid, sonst benimmt er sich nicht so..."
"Max also,Hallo!", begrüsste John sein felliges Gegenüber. "Ist ihnen
denn etwas passiert, ich habe schon Polizeisirenen gehört, aber die
scheinen beim Krankenhaus gestoppt zu haben.", sprach der Mann
aufgeregt weiter.
John und Max registrierten fast gleichzeitig das etwas nicht stimmte. Es
roch noch stärker nach Fell, Blut, Mordlust. John konnte die Gegenwart
etwas von viel Älterem spüren, auch woher es kam....über ihnen!!!
Sein Blick wanderte automatisch nach oben, Max begann zu knurren,
sein blick schärfte sich, als er weiter nach oben sah. Das Haus war vier
Stockwerke hoch, mit einem Flachdach, auf dessem Vorsprung im
Dunkeln etwas lauerte. John strengte sich an und mit einem Mal sah er
nicht nur den Schatten, nein, sogar die genauen, fast monströsen
Ausmasse der Kreatur, die vor kurzem erst im Krankenhaus war. Das
Knurren des Hundes wurde immer lauter.
Der Werwolf hatte ihn gefunden!!!
Blitzschnell griff John Alicia beim Arm, schob sie in Richtung ihres
Autos,"Laufen sie weg!!!",schrie er den alten Mann an.
In diesem Moment löste sich die Kreatur von ihrem Aussichtspunkt,
schien für eine Sekunde frei in der Luft zu schweben, um sich im
nächsten Moment auf ihr Opfer zu stürzen...
Mit einer Leichtigkeit kam er mit den Beinen zuerst auf dem Boden auf,
riss den Mann mit einer Pranke zu sich, um im nächsten Moment mit
einer kraftvollen Bewegung, des freien Arms, den Kopf vom Rumpf zu
trennen. John währenddessen schob Alicia auf den Beifahrersitz und
knallte die Türe zu.
Den Rücken zur Türe gewandt stand er nun dem Wolf direkt gegenüber,
das knurren des Hundes hatte sich in ein leises wimmern verwandelt, als
er nach seinem Herrchen sah.
"Er hatte eh nicht mehr lange!", grollte der Wolf.
John starrte ihn wortlos an, während Alicia starr auf dem Sitz verharrte,
die Bilder die sie sah, waren zu viel für sie.
John blickte zuerst zu dem leblosen Körper am Boden und darauf hin in
die glühenden, mordlustigen Augen des Wolfes.
Hinter dem Werwolf erklang ein tiefes, von Rache getriebenes Knurren,
kurz bevor Max zum Sprung ansetzte und sich im Rücken des Monsters
verkrallte und ihm tief ins Fleisch biss. Eine einzige Bewegung genügte
und Johns gegenüber ergriff seinen Angreifer im Nacken, riss ihn los
und hielt ihn fast Spielerisch vor sich, wie eine Windel gehalten wird,
kurz bevor sie im Mülleimer verschwinden soll.
Er hielt den Hund so, dass sie sich direkt ansahen,"Nanana, hat Dir
keiner beigebracht, vor dem grossen bösen Wolf Angst zu haben???",
grollte er den Hund an. John seinerseits, fern jeder Bewegung starrte die
Szenerie an, die so grotesk aussah, ja total unglaublich. Ein Wolf der
einen Hund belehren wollte...
In diesem Moment dran ein neues Geräusch an Johns Ohren, das
schlagen gewaltiger Flügel. Der Wolf richtete sich auf, nun musste er
fast über zweieinhalb Meter gross sein.
"Nicht der schon wieder!!", vernahm er die Stimme, die einem
Donnerschlag glich,"Halt das mal!!" Und ehe John sich versah,
schleuderte ihm der Wolf Max entgegen unter dessen Gewicht er
zusammen zu brechen drohte.
Er folgte Adiamus Blick die Strasse entlang, den zitternden Hund in den
Armen fest an sich gedrückt und erblickte...
Ein riesiges Etwas mit noch riesigeren, pechschwarzen, weit
ausgebreiteten Schwingen. Was er zuerst für eine viel zu grosse
Fledermaus hielt, erwies sich bei genauerer Betrachtung als etwas, dass
er zuletzt auf den Simsen von alten Burgen und Fotos kannte. Ein
Gargyl, oder wie die Viecher hiessen. Aber das war ihm jetzt auch
egal!! Mit aller verbliebener Kraft rannte er um das Auto herum, riss
die Fahrertür auf, verfrachtete Max vorsichtig auf den Rücksitz des
Autos und schaute beim einsteigen nochmal in Richtung des Wolfes.
John erkannte wie sich unter dem Fell gewaltige Muskelberge
anspannten, bereit für den kommenden Aufprall.
Mit offenen Armen empfang Adiamus sein Gegenüber, der ihn
wiederum von den mächtigen Beinen riss. Die beiden schlidderten und
rollten eng umschlungen quer über die Strasse und landeten in einem
geparkten Kleintransporter auf der gegenüberliegenden Strassenseite.
John rutschte hinter das Steuer, betete dass der Motor ansprang, drehte
den Zündschlüssel herum und der Motor des Vauxhalls sprang an.
Wenigstens etwas gutes hatte die deutsche Technik, auf sie war verlass.
Obwohl es ungewohnt war, da sich das Lenkrad auf der falschen Seite
befand, raste John los.
Von der Strasse erkannte er nicht viel, da die Scheibe aussah, als ob
eine riesen Spinne ihr Netz auf ihr gewebt hätte, suchte er nach einem
kleinen Teil, der noch heil war und fand ihn auch. Ziellos schossen sie
davon, Alicia ohnmächtig auf dem Beifahrersitz, Max immernoch
zitternd auf der Rückbank und John mit einem Dampfhammer in der
Brust hinter dem Steuer. Hauptsache weit weg, vor allem auch weg von
Krankenhäusern!!! Ging es John durch den Kopf.
So angespannt raste er durch die Dunkelheit, Richtung Stadtrand...er
hatte zwar kein genaues Ziel, er wollte einfach nur noch weg...
Er sah noch kurze Zeit im Rückspiegel was sich zwischen den beiden
Gigantan abspielte, welche da eben aufeinander getroffen waren, aber
er versuchte sich auf die Strasse zu konzentrieren...
Der Werwolf hatte sich mit seinen mächtigen Zähnen in einen Flügel
von dem Gargyl verbissen, dieser versetzte Adiamus einen
wutschnaubenden Kinnhaken, und nahm sogar hin, daß ihm ein Stück
aus seinem Flügel herausgerissen wurde, als der Werwolf mit seinem
Kopf von der Wucht des Schlages zurückgeschleudert wurde.
"Ich werde Dich zerfetzen, Du unnützes Geschöpf!", grollte die Stimme
des Wolfes durch die Nacht.
Der Gargyl attakierte den Wolf aus der Luft und fügte ihm mehrere
stark blutende Wunden zu, aber keine war nur annähernd gefährlich. Er
konnte den Wolf auch nicht besiegen, das wußte der Gargyl. Dies war
auch gar nicht seine Mission, er sollte Adiamus nur aufhalten und von
der Zielperson ablenken, so der Auftrag seines Meisters.
Um Adiamus aufzuhalten, geschweige denn töten zu können, mussten
schon ganz andere Mächte her.
Denn, Adiamus war alt, uralt, und ungeheuer mächtig.
Da war er, der kleine Augenblick der Unachtsamkeit. Der Wolf sprang
mit einem gewaltigen Satz in die Luft und krallte sich an die Beine des
Gargyls, der sogleich aus dem Gleichgewicht geriet, denn fliegen mit
einem solchen gewaltigen Zusatzgewicht war völlig unmöglich.
Mit einem ohrenbetäubenden Krach prallten sie auf dem Asphalt und
verbissen sich ineinander. Der Wolf riss große Fleischstücke aus seinem
Gegenüber heraus, der sich mit aller Kraft, die ihm noch zur Verfügung
stand, versuchte zu wehren und seinem Griff zu entgehen. Aber mehr
als kleine, zwar unzählige Wunden, konnte er ihm nicht beibringen.
Völlig blutverschmiert wälzten sie sich umher, Zähne und Krallen
überall. Das Blut, daß aus den Wunden des Gargyls schoss, versetzte
den Wolf in eine unheimliche und überwältigende Gier, er verfiel in
einen tödlichen Blutrausch und hob zu einem finalen Hieb an.
"Jetzt haben wir genug gespielt!", brüllte er zwischen seinen
todbringenden Zähnen hervor, und trennte den Kopf des Gargyls mit
einem mächtigen gutgezielten Hieb vom Rest des Körpers.
Der Kopf flog über die Straße und verpuffte in tausend Funken.
Der Wolf zerfetzte den übrig gebliebenen Körper und riss in wütend in
Stücke, bevor auch diese sich in Funken und Staub auflösten.
Gierig leckte er sich das Blut von den Zähnen und warf seinen Kopf in
den Nacken, und ließ ein ohrenbetäubendes Heulen erklingen.
Er schaute in die Richtung, wo vorher der Wagen gestanden hatte und
nahm schnüffelnd die Witterung auf.
Adiamus kniete sich auf den Asphalt und streichelte mit der Pranke
über die Stelle an der kurz zuvor noch John gelegen hatte...
"Du kannst mir nicht entkommen", knurrte er, stand auf, spannte seine
Muskeln und rannte los...
Währenddessen steuerte John den Wagen so schnell er konnte aus der
Stadt heraus, als ihm Streifenwagen entgegen rasten, drosselte er das
Tempo nur um kurz darauf mit quietschenden Reifen den Weg zur
Autobahn hinauf zu fahren.
Adiamus seinerseits hatte die Fährte aufgenommen und sprintete in
einem Tempo, wovon so mancher Mofafahrer nur träumen konnte.
Streifenwagen kamen auf ihn zugerast.
Mit einem gewaltigen Sprung hechtete er über den Ersten hinweg, auch
dem Zweiten konnte er mit Leichtigkeit ausweichen. Doch durch sein
Ausweichmanöver geriet er direkt vor den dritten Streifenwagen und
wurde von ihm erfasst.
Die ersten beiden Wagen stoppten sofort, während der Dritte ins
Schleudern geriet und in den Zweiten krachte. Ein viertes Fahrzeug
näherte sich in rasanter Fahrt, der Fahrer erkannte im letzten Moment
die Situation, riss das Lenkrad herum und erwischte Adiamus in einem
Moment der Unachtsamkeit. Er war gerade dabei seinen Arm wieder
einzukugeln, als der Streifenwagen frontal ein seinem wuchtigen
Körper einschlug und ihn noch etliche Meter mitschleifte, bevor er zum
stehen kam. Der Wolf rollte wenige Meter weiter und blieb regungslos
liegen. Die Polizisten stiegen mit gezückten Waffen aus, ungläubig
dessen was da gerade passiert war. Der erste Gedanke ging sicherlich in
Richtung eines Bären, der einem Zoo oder Zirkus entlaufen war, aber
sicherlich dachten sie nicht an das, was gerade wieder im Begriff war
aufzustehen.
Adiamus ärgerte sich zutiefst über seine Unachtsamkeit, bis die
Schmerzen einsetzten. Die Wunden die der Gargyl ihm zugefügt hatte,
waren schon zugeheilt, der ausgekugelte Arm würde noch einen
Moment brauchen, bis er wieder einsatzbereit war. Sein gebrochenes
Bein würde schon einen Moment länger brauchen, auch die zahlreichen,
tiefen, Schürfwunden brauchten eine kurze Zeit der Regeneration.
Die Polizisten, mittlerweile hinter ihren Fahrzeugtüren in Deckung
gegangen, forderten Verstärkung an, als sie erkannten was für eine
Bestie sich vor ihnen aufbaute.
In ihren Gesichtern konnte er lesen wie in einem Buch. Das Erstaunen
in ihren Blicken schwand und machte purem Entsetzen und
alptraumhafter Angst platz.
Die Waffen auf ihn gerichtet, weitab von klarem denken, gab der erste
einen Schuss ab. Worauf hin ein Kugelhagel auf Adiamus hereinbrach.
Teilweise konnte er durch seine Schnelligkeit den Kugeln ausweichen,
aber genügend fanden ihr Ziel in der Brust und dem Bauch des Wolfes.
Dafür gab er ein zu grosses Ziel ab.
Es was wie an einer Schiessbude auf einer Kirmes, bloss dass das Ziel
durchaus in der Lage war, sich zu wehren.
Er erblickte einen massiven Zeitungsautomat zu seiner Rechten, riss ihn
mit einem kräftigen Ruck heraus und schleuderte ihn auf den
nächstgelegenen Polizeiwagen. Mit einem ohrenbetäubenden Knall
schlug dieser ein, die fassungslosen Polizisten verschanzten sich hinter
ihren Türen, der ein oder andere ging hinter seinem Fahrzeug in
Deckung.
Dies gab dem Wolf die Zeit die er brauchte. Er konzentrierte sich,
murmelte etwas, trat einen Schritt zur Seite in die Dunkelheit und war
verschwunden. Er würde sein Ziel auch so finden, das wusste er...
John unterdessen fuhr nach einigen Kilometern von der Autobahn ab,
schlängelte sich noch durch ein paar kleinere Dörfer, bis er fand
wonach er suchte. Dem Wäldchen, in dem er und sein damaliger, und
auch heute noch, bester Freund Sam sich in Kindertagen ausgetobt
hatten.
Dort befand sich ein abgelegener Bergwerkstollen. Er mochte den
Mittelklassewagen ohne Probleme aufnehmen können, so dass er nicht
direkt gefunden werden könnte.
Er bog in einen schmalen Waldweg ein, lenkte das Auto vorbei an
umgefallenen Bäumen, so manch gewaltigen Schlagloch, über eine
Lichtung hinweg und suchte verbissen nach dem Eingang der Höhle,
während er an so manchen Gestrüpp anhielt, um sich zu vergewissern
nicht direkt davor zu stehen.
Alles hatte sich in den letzten Jahren verändert. Es musste eine
Ewigkeit her gewesen sein, seitdem er das letzte Mal hier gewesen war.
Er sah einen Bachlauf im Licht des verbliebenen Fernscheinwerfers
auftauchen. Ja, hier muss es sein.
Er lenkte nach links und hielt kurz an um sich auch zu vergewissern das
er richtig lag.
Vor dem aussteigen schaute er nach rechts, Alicia lag immer noch im
Tiefschlaf neben ihm auf dem Beifahrersitz. "Puh, hat die Frau eine
Ausdauer.", bemerkte er leise. An den Sträuchern vor dem Auto
angekommen, fand er nach kurzem suchen den Eingang den er gesucht
hatte. Er war nur zugewuchtert, aber sonst glich er dem, den er vor
Jahren schon zu Gesicht bekommen hatte. Keine Bretter oder Gitter
versperrten seinen Weg. "Ein wenig Glück braucht der Mensch!",
lachte er in sich hinein. Ein grober Grössenvergleich bestätigte seine
Vermutung und so ging er zurück zum Auto und beschloss einfach
durch das Gestrüpp hindurch zu fahren und später alles wieder ein
Stück zusammen zu ziehen. Vorn am Auto konnte er ja eh nicht mehr
viel kaputt machen.
Langsam schob sich der Vauxhall durch die Sträucher hindurch, Äste
kratzten mit lauten quietschen tiefe Riefen in den Lack. Seine
Begleiterin kam durch den Lärm langsam wieder zu sich.
"Was,Wie,Wo..?",sie rieb sich die Augen. "Was-Höhle,Wie-mit dem
Auto,Wo-im Wald.", gab John ihr kurz zu verstehen.
"Aber, aber was ist denn passiert???", sah Alicia sich um. "Bevor oder
nachdem ein Werwolf den Besitzer des Hundes hinter uns zerrissen,
oder mit einer Art Fledermaus die halbe Wohngegend zerstört hatte???",
antwortete John in einem leicht genervten Ton. Dies war wahrlich nicht
seine Woche. "Hund?", sie drehte den Kopf, als John anhielt. Eine kalte
Schnautze erhob sich vom Rücksitz, Max fuhr seine Zunge aus und
strich ihr damit quer über das Gesicht. Gefolgt von einem kurzen
Aufschrei.
"Ok, ein mir völlig Unbekannter fährt mit mir und meinem Auto in den
Wald. Ein Hund von einem mittlerweile Toten sitzt auf meiner
Rückbank!", sie rieb ihr Gesicht trocken," WAS läuft hier???"
"Haben sie Zeit, dann kann ich ihnen ein bisschen von dem erzählen
was ich weiss...", und so tat er es auch. Er schaltete den Motor und die
Aussenbeleuchtung aus und die Innenleuchte an.
Zum ersten Mal in den letzten fünf Minuten sprach sie kein Wort
sondern hörte nur zu. Normalerweise wäre sie schreiend weggelaufen,
oder hätte ihn zusammengeschlagen, aber die ganze Situation war nicht
normal.
"Warum sind sie nicht nach Hause gefahren, oder in ein Hotel, hätten
mich geweckt, oder sonstwas??? Warum um alles in der Welt hier
hin???"
"Nach Hause kann ich nicht! Das wäre zu gefährlich, da diese Bestie
warscheinlich weiss wo ich wohne. In ein Hotel konnte ich nicht, da ich
bis auf ein paar Pennys kein Geld oder Kreditkarten habe. Da ich nicht
weiss wo sie wohnen...ach, egal...mir erschien dieser Ort vorerst einmal
als Sicherster!!", erzähle John.
Ein leises Jaulen kam von hinten. "Ich glaube ihr neuer Freund muss
mal!", stellte Alicia fest. "Na dann, komm mal mit raus.", sagte John an
Max gerichtet und öffnete die Tür. Kühle, leicht modrige Luft gelangte
ins Auto. Er stieg aus, öffnete die Hintertür und liess Max hinaus.
Dieser wich John nicht von der Seite, als dieser sich den Weg nach
draussen bahnte, dicht gefolgt von Alicia.
Erhellt vom Mondlicht sah er sich um und machte sich auf den Weg zu
dem Bach, der unweit von ihnen floss.
Nach einer kurzen Pinkelpause folgte ihm auch Max.
John prüfte genauestens das Wasser, dazu kniete er sich hin, sah das es
im Licht schimmerte. Ausserdem war es nass und kalt in seiner Hand
und es roch nach nichts. Max machte sich bereits daran, in gierigen
Schlücken seinen Durst zu stillen, also konnte es garnicht sooo schlecht
sein.
Nachdem alle die Kehlen gespült und sich ein wenig frisch gemacht
hatten, machten sie sich auf den Weg zurück ins Auto, löschten das
Licht und beschlossen erstmal eine Mütze voll Schlaf zu nehmen.
Vielleicht sähe die Welt danach besser aus...
Alicia hatte sich auf dem Rücksitz zusammengerollt und schlief auch
ziemlich schnell ein.
>Die Frau hat einen gesunden Schlaf<, dachte er etwas neidisch bei
sich. Max lag neben ihm auf dem Beifahrersitz und sein Bauch hob und
senkte sich rhytmisch. Er schien wohl auch zu schlafen.
John hatte sich auf dem Fahrersitz zusammengekauert und konnte nicht
so recht einschlafen, die ganzen Erlebnisse während den letzten paar
Stunden machten ihm schwer zu schaffen. Er grübelte darüber nach,
versuchte, sich einen Reim auf das alles zu machen und währenddessen
übermannte ihn doch der Schlaf.
Etwas knisterte draußen vor dem Eingang der Höhle. Äste brachen,
Baumwurzeln knirschten, Blätter wurden beiseite geschoben.
Im Mondlicht tauchte ein großer Schatten im Höhleneingang auf, der
diesen fast ganz ausfüllte. Langsam näherte sich der Schatten der
Fahrertür des Autos. Leises Knurren ertönte und im nächsten
Augenblick wurde die Fahrertür mit einem gewaltigen Ruck, begleitet
von einem ohrenbetäubenden Brüllen aus ihrer Verankerung
herausgerissen. Ein sehr muskulöser, behaarter Arm schoss in das
Wageninnere und zerrte John unsanft nach draußen.
Lange, furchteinflößende Krallen hinterließen tiefe Wunden in seinem
Fleisch. Max sprang den unliebsamen Besucher mutig an, doch nur ein
einzelner Hieb genügte, um den tapferen Hund mit einer solchen Wucht
gegen die Höhlenwand zu schleudern, dass man hören konnte, wie
sämtliche Knochen im Inneren des Körpers brachen und Max leblos auf
dem Boden zusammensackte. Auf dem Rücksitz ertönte ein lautes,
angsterfülltes Schreien.
John versuchte ebenfalls zu schreien, aber schon schloss sich eine
riesenhafte Pranke um seine Kehle und drückte ihm die Luft ab. Er
schaute in zwei rote, funkelnde Augen in denen tiefste Zufriedenheit
aufloderte.
“Hab Dich!“, drang eine grollende Stimme an sein Ohr. Das letzte was
er sah, waren riesige Fangzähne, die Adiamus entblösste, als er sein
Maul öffnete.
Schweissgebadet erwachte John.
Er sah sich zittrig um, Alicia schlief seelenruhig auf dem Rücksitz und
auch Max kuschelte unverletzt auf dem Beifahrersitz und lies ein leises
Quietschen hören, als John ihm durch das Fell streichelte.
Leise öffnete er die Fahrertür, und schob sich durch die Öffnung
hindurch und trat vorsichtig an den Höhleneingang. Er spähte in die
mondlichterhellte Nacht hinaus.
John konnte einige Tiere des Waldes hören und auch riechen, aber kein
verdächtiges Geräusch ausmachen, so dass er sich wagte, aus der Höhle
zu treten.
Er ging hinunter zum Fluss, wusch sich mit dem kalten erfrischenden
Wasser das geschwitzt Gesicht, und stillte seinen Durst.
Danach hob er den Kopf in den Nacken und sog die kühle Nachtluft
ein.
Knack!
>Was war das?<
Alarmiert drehte er den Kopf zur Seite, aus der er ein Geräusch gehört
hatte. Angestrengt lauschte er, aber...Nichts!
Er ging vorsichtig ein paar Schritte in die verdächtige Richtung, spähte
umher, lauschte mit angehaltenen Atem...Nichts!
Hatte er sich getäuscht oder schlich da tatsächlich etwas durch den
Wald, was nicht hierher gehörte?
Tatsächlich wurde er beobachtet.
Im Abstand von nicht einmal einem Meter umrundete Adiamus ihn und
schaute sich John dabei ganz genau an.
Der Wolf befand sich in einer Welt die der Unseren glich. Jedoch ein
Reich der Schatten, Nebel und des Umbruchs war.
Adiamus konnte sich in beiden Welten bewegen, wie einige andere
Wesen auch. Eine Welt, die auch den Geistern und verlorenen Seelen
gehörte, die durchaus dazu in der Lage wären, Unerfahrenen und
Wesen die von ihrem Weg abwichen, in die unendlichen Tiefen zu
ziehen.
Es kostete zwar einiges an Kraft in die andere Welt zu schauen, aber
angeblich war dieser John die Mühen wert.
Wenn er dem Schamanen seines Stammes glauben durfte, was er bisher
blind tun konnte, war dieser John mehr als nur besonders.
In den Legenden wird erzählt, von einem Wesen, das weder richtig
Mensch, noch Wolf, noch Vampir, noch Dämon ist. Das die
Fähigkeiten dieser Wesen und noch mehr in sich vereint. Der, wie er
zwischen den Welten wandeln kann und sogar die Fähigkeiten besitzt,
von denen andere nicht einmal zu träumen wagen.
Da dieser John offensichtlich dieses einzigartige Wesen ist, welches
äusserst selten auf Erden wandelt, lag es nun an ihm, ihn um alles auf
der Welt zu schützen und seine Kräfte auszubilden.
Natürlich war er sich im Klaren, das dieses Unterfangen ein
Himmelfahrtskommando sein könnte, da auch die anderen Seiten ihre
Leute bereits losgeschickt hatten. Aber er war Alt, Reif, Stark und
Mächtig genug, um sich ihnen entgegen zu stellen. Das hoffte er
zumindest!
Aber auch er brauchte Zeiten der Regeneration, so gönnte er sich ein
wenig Auszeit, denn auch John ging zum Wagen zurück und legte sich
wieder Schlafen.
Ein kleiner Spruch, den Adiamus noch vor seiner Ruhephase aussprach,
sollte dafür Sorgen, dass er geweckt würde, sobald sich etwas
ereignete....
Kaum war John eingeschlafen, als etwas fürchterliches an dem Wagen
rüttelte. John und Alicia wurden sofort wach. Es war ein seltsames
geisterhaftes Wesen welches an dem Wagen rüttelte und die beiden
Insassen aufzuwecken versuchte. Alicia blieb der Schrei im Hals
stecken während John sich gefasst fragte was denn diese Kreatur von
ihm wollen könnte.
Unsanft wurde Adiamus aus seinem Schlaf geweckt. "Verdammt
nochmal, was ist denn nun schon wieder los!!!" Blitzschnell war er
wieder auf den Beinen. Die Kugeln der Polizisten fielen von seinem
Schoss, die nach der Regeneration von seinem Körper ausgeschieden
wurden und sich dort gesammelt hatten.. Er zeichnete einen Kreis in die
Luft, konzentrierte sich dabei. Vor seinen Augen entstand ein Fenster
zur anderen Welt. Unserer Welt. Er schaute hinüber und sah den Stollen
mit dem Auto darin, in welchem John, Alicia und Max sassen. Die Frau
drohte wieder das Bewusstsein zu verlieren, der Hund sprang wütend
bellend gegen die Scheibe und John sass gefasst auf dem Fahrersitz,
während draussen...
"DIESES MISTVIEH!!!", schrie Adiamus. "Komm Du mir nach
Hause!!!"
Einen kurzen Moment der Konzentration, ein Schritt zur Seite und
schon stand er hinter dem Auto in der "realen" Welt.
Ein Griff an eines seiner Totem, die er um den Hals trug, sorgte dafür,
das seine mächtigen Pranken zu glühen begannen. Mit einem Satz war
er bei dem Geisterwesen, dabei bedacht, nach Möglichkeit im Schutz
der Dunkelheit zu bleiben. Er ergriff den anderthalb Meter grossen,
bläulich leuchtenden Geist, hielt ihn fest und begab sich mit ihm in die
Schattenwelt.
John sah nur ein kurzes aufleuchten, spürte die Gegenwart von etwas
Mächtigen und da war der Spuk auch schon vorbei.
Adiamus unterdessen hielt das Geisterwesen vor sich, sein Zorn schien
keine Grenzen zu kennen. "Ich erspare mir irgendwelche Fragen, da Du
sowieso nicht in der Lage bist MIR zu antworten. Aber richte Deinem
Meister aus, dass der Mensch unter meinem persönlichen Schutz steht!!
Er soll es nicht noch einmal wagen mir in die Quere zu kommen!!!",
erklang die Stimme des Wolfes wie ein Donnerschlag. "Nimm einen
Gruss mit zu Deinem Herren und Meister!" Adiamus wartete nicht ab,
bis sich der Geist davon machen würde, um irgendwann bei seinem
Meister vorstellig zu werden. Er kannte eine schnellere Alternative.
Beseelt durch sein mächtiges Totem war er in der Lage, jedem Geist
wirklichen Schaden zukommen zu lassen, da sie eher dazu neigten, eine
nicht Stoffliche Form zu wählen. Sein beschleunigtes Verfahren
bestand darin den Geist in Stücke zu reissen, das verbliebene Plasma
seinem Totem zu zu führen und ihn damit in die niederen Spähren zu
schicken, wo sein Herr und Meister sicherlich schon auf ihn wartete.
Er sah sich um, endlich war wieder Ruhe um ihn eingekehrt. Nachdem
nun alles zu seiner Zufriedenheit war, konnte er nochmals seinen
Spruch sagen und sich gemütlich zurück lehnen um endlich ein wenig
Schlaf zu bekommen.
John fragte sich mittlerweile, ob es nicht besser gewesen wäre, sich
freiwillig einweisen zu lassen. Alicia schlummerte wieder auf dem
Rücksitz, nachdem sie wieder der Ohnmacht erlegen war. Max hatte
sich auch wieder abgeregt, lag wieder auf dem Beifahrersitz, den Kopf
auf Johns Schoss gebettet.
Dieser wiederum liess es sich nicht nehmen, Max Kopf zu kraulen. Es
beruhigte ihn so sehr, dass er darüber einschlief. In einen tiefen,
traumlosen Schlaf.
Er wurde durch ein zuschlagen einer Tür wach. Es war Alicia gewesen,
die soeben ausgestiegen war, vermutlich um sich die Füsse zu vertreten,
denn sie hatte Max bei sich und machte keine Anstalten sich davon zu
schleichen, oder weg zu rennen.
Langsam öffnete John die Tür, ein Schwall kühler Morgenluft empfing
ihn, so dass sich eine Gänsehaut dort bildete wo der Luftzug sie
berührte.
Das aber war ihm egal. Draussen angekommen, streckte er sich
ersteinmal und folgte Ihr zum Ausgang der Höhle.
"Ich hätte nie gedacht, dass der Abend mit einem Mann in einer Höhle
enden würde, als ich bei meinen Eltern weggefahren bin.", begrüsste sie
ihn. John trat an ihr vorbei, die Morgensonne erwärmte langsam seine
Glieder,
"Ja, etwas ähnliches hätte ich auch nicht gedacht, als ich in diesen
Klamotten aus dem Krankenbett aufgestanden bin. Ich hätte mir sonst
noch was vernünftiges angezogen.", ein gewisser Unterton in seiner
Stimme war nicht zu überhören.
"Sollte ich Dich nicht nach Hause fahren, damit Du Dir mal etwas
frisches anziehen kannst?"
"Ich weiss nicht ob ich da noch sicher bin, denn ein Teil der Leute, oder
Wesen, wissen sicherlich wo ich wohne.", gab er zu bedenken.
"Hmm, das klingt logisch...Wie wäre es denn, wenn wir erstmal zu mir
fahren, was essen und duschen gehen. Vielleicht habe ich auch noch die
ein oder anderen Sachen zum anziehen von meinem Ex. Ausserdem
habe ich Hunger.", gab sie zur Antwort.
John überlegte kurz und befand es als die beste Idee.
Dort könnte er sich auch überlegen, was er als nächstes tun sollte.
Nachdem sie alle am Fluß sich etwas frisch gemacht hatten und der
Durst gestillt war, stiegen sie wieder ins Auto ein.
Diesmal saß Alicia auf der Fahrersitz, John hatte sich vorsichtshalber
auf dem Rücksitz verkrochen mit einem wachsamen Max neben sich...
Vorsichtig steuerte Alicia den Wagen aus der Höhle hinaus, und
manövrierte ihn sicher durch das Baumlabyrint auf die Lichtung zu.
Als sie diese durchquert hatten, fuhren sie auf dem holprigen Waldweg
bis zur Strasse hin.
Zielsicher steuerte Alicia ihr zu Hause an und John sah aufmerksam
durch die hinteren Fenster in die dahinrauschende Gegend hinaus und
schaute auch mehrmals nervös nach hinten, aber kein wütender
Werwolf verfolgte sie.
Sie waren einige Zeit unterwegs, es war erstaunlich viel los auf den
Strassen trotz der frühen Tageszeit.
John erkannte, dass sie sich in Hertford befanden und wohl bald da sein
mussten, denn Alicia verlangsamte ihre Geschwindigkeit.
Als sie vor einem Haus zum Stehen kamen und Alicia wohl darauf
wartete, dass sich das Garagentor auf ihr Drücken hin öffnete, konnte
John erkennen, dass es mindestens 10 Wohnungen in dem Gebäude
geben musste.
Als das Tor quietschend ganz nach oben gerollt war, steuerte Alicia den
Wagen in die Tiefgarage und auf ihren Platz. Erleichtert angekommen
zu sein, ohne nennenswerte Zwischenfälle, stiegen sie alle aus und
gingen durch eine Tür in das Treppenhaus. Es ging mit einem Fahrstuhl
ganz nach oben. Alicia schloss ihnen auf und bat John und den
wedelnden Max herein.
John sah sich in dem kleinen Flur um und trat neugierig in den
Wohnraum ein. Alicia zeigte ihm kurz die nicht besonders große, aber
sehr gemütliche und behagliche Wohnun. Ging darauf hin erst mal in
die Küche, setzte Kaffee auf und stellte Max eine Schale mit kaltem
Wasser hin.
„Ich werde erst mal unter der Dusche verschwinden, fühl Dich ganz wie
zu Hause.“, mit diesen Worten verschwand sie im Bad und kurz darauf
hörte man das Wasser in der Dusche rauschen.
John sah sich etwas genauer in der Wohnung um, und ihm gefiel was er
sah. Das Wohnzimmer war groß und hell, es gab eine Couch und einen
großen, kuschelig aussehenden Sessel, sie hatten etwa den gleichen
Einrichtungsgeschmack wie er und so stöberte er interessiert im Bücher
und CD Regal.
Es gab auch einen kleinen Balkon.
John öffnete die Schiebetür, und trat in die frische Morgenluft hinaus.
Max stand wedelnd neben ihm und legte die Pfoten auf das Geländer, er
war wohl auch neugierig.
Man hatte einen tollen Ausblick auf die Stadt unter ihm, sowie den
Balls Park, der sich unweit von ihm erstreckte.
Er lauschte, ob es etwas Ungewöhnliches zu hören gab, und er ertappte
sich dabei, wie er prüfend die Luft durch die Nase einzog.
Nein, es war nichts beunruhigendes zu riechen in der frischen Brise.
Er schüttelte den Kopf und fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht.
„Was mache ich hier eigentlich? Ich bin seit neuestem Hundebesitzer
und stehe auf dem Balkon einer fremden Frau und rieche in der Luft
nach etwas, was ich noch nicht einmal erklären kann“, murmelte er vor
sich hin.
Max sah ihn an und stupste ihn mit der kalten Schnauze an, so als
wollte er ihn trösten.
Gedankenverloren kraulte John Max` Kopf und drehte sich erschrocken
um, als er ein Geräusch hinter sich hörte.
Er sah in Alicias Gesicht, die in einem Jogginganzug gekleidetund
einem Handtuch auf dem Kopf näher kam.
„Keine Panik, ich bin es nur“, sagte sie lächelnd. „Ich habe Dir im Bad
frische Handtücher und Klamotten von meinem Ex hingelegt. Müsste
Deine Größe sein. Während Du duschst, mache ich uns was zu essen,
ja?“
„Ohja, das wäre klasse, ich habe einen Bärenhunger“, antwortete John
und Max bellte zustimmend, als wollte er sagen, dass er auch was zu
essen vertragen könnte. John verschwand im Bad und Alicia werkelte in
der Küche.
Max begleitete logischerweise sie, denn duschen war wohl nicht so
interessant wie ein Aufenthalt in der Küche.
John ließ das heiße Wasser über seinen Körper laufen, und genoss es
mit geschlossenen Augen.
>Was für eine Nacht…bzw. was für seltsame letzte Tage<
Er seifte sich geniesserisch ein und…hmh, was war das…?
Er wischte sich das Wasser aus dem Gesicht und schaute noch mal
genauer hin. Irgendwie kam es ihm so vor, als habe er plötzlich mehr
Haare am Körper. Denn er war nie so ein mit Haaren bedachtes
männliches Exemplar gewesen, aber das hier war ja schon auffällig.
Er beschloss, sich darüber jetzt nicht auch noch Gedanken zu machen,
das konnte er später immer noch tun. Als er fertig geduscht hatte,
schlüpfe er in die bereit gelegten Kleiderund sie passten zum Glück
tatsächlich.
Als er aus dem Bad in die Küche ging, vernahm er schon den Duft von
Eier und gebratenem Speck.
>Hmh, das duftete köstlich…Besser als der ganze Fellgestank die
letzten Tage<, dachte er bei sich.
Alicia hatte den kleinen Küchentisch eingedeckt, und es dampfte schon
heisser Kaffee in den Tassen und Max sah ihn kauend an, als er näher
kam. „Er konnte es nicht abwarten und bettelte so lieb, dass er schon
was bekommen hat“, sagte Alicia, als er sich an den Tisch setzte.
Sie tischte ordentlich auf, es gab Eier mit Speck, duftende Brötchen aus
dem Ofen, leckere Wurst und Käse und literweise Kaffee.
Sie ließen es sich genüsslich schmecken.
Nach dem Essen standen sie mit dem restlichen Kaffee in den Tassen
auf dem Balkon und sahen auf die Stadt herunter. Max hatte sich in eine
Ecke des Balkons gelegt und hielt ein kleines Verdauungsschläfchen.
„Wie soll es nun weitergehen?“, fragte Alicia.
John dachte einen Moment nach, dann sagte er wahrheitsgemäß:
„Ich hab keine Ahnung! Ich muß irgendwie an meine Sachen aus dem
Krankenhaus kommen, an meine Kreditkarten, Ausweis und so weiter.“
„Nach all dem was Du mir berichtet hast, kannst Du Dich wohl da nicht
blicken lassen. Wer oder was Dich sucht wird Dich da bestimmt zuerst
erwarten, da und in Deiner Wohnung.“ Sie zögerte kurz, dann fügte sie
entschlossen hinzu, „Ich werde gehen und Deine Sachen da raus holen.“
John lächelte sie dankbar an, “Ich weiß zwar nicht, warum Du das alles
für mich tust, aber ich nehme das Angebot dankbar an. Aber wir sollten
uns eine gute Geschichte ausdenken.“
„Gut. Aber zuerst hole ich Kaffeenachschub, damit denkt es sich
leichter…“, und schon verschwand Alicia durch die Balkontür.
John blieb zurück und sah noch einmal prüfend auf die Stadt herunter
Irgendwie hatte er das Gefühl beobachtet zu werden. Aber das war doch
unmöglich, nicht hier, so weit oberhalb der Strasse.
Er machte die Anstalten Alicia in die Küche zu folgen, drehte aber
unruhig den Kopf noch einmal nach hinten und ließ die Blicke durch die
Luft schweifen.
Nein, da war nichts.
Trotzdem verließ er den Balkon mit einem unguten Gefühl, Max dicht
an seiner Seite.
Als Adiamus von der Schattenwelt aus den beiden beim Essen zusah,
fiel ihm ein dass er es ihnen gleich tun könnte.
Nach einer kurzen Rücksprache mit seinem Magen, kam er zu dem
Entschluss, dass es heute Zeit für Rindfleisch war.
Auf dem Weg hier her war ihm eine Rinderherde aufgefallen, die aus
mindestens 200 Rindern bestand. Ob es wohl auffiel, wenn eine fehlte?
Binnen weniger Sekunden stand er schon mitten zwischen den Zielen
seiner Begierde.
Ein schneller wechsel der Welten und schon war er seinem Ziel ganz
nahe. Ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, griff er nach dem
Hals der Kuh, trennte Aubenblicklich den Kopf vom Rumpf und warf
ihn achtlos auf den Boden. Bevor der Rest des Körpers umfallen
konnte, schulterte er ihn kurzerhand und machte sich auf den Rückweg.
Das die beiden Welten nicht kreuzten, wenn man es nicht wollte,
machte die Sache leicht, in der Schattenwelt auf der selben Terrasse zu
sitzen, wo die beiden anderen und der Hund sich aufhielten, ihren
Worten zu lauschen und dabei sein Frühstück zu geniessen.
"Das nenn ich doch mal Fastfood!", lachte er in sich hinein. Rindfleisch
mit frisch gezapfter Milch, frischer geht es kaum.
Auch er hatte gerade sein Frühstück beendet, als die Drei aufbrachen,
eine kurze Runde drehten, Max noch das ein oder andere Geschäft
erledigte und sie erfolgreich zurückkamen.
Alicia rief ein Taxi herbei, denn ihr Auto war zu sehr mitgenommen,
um damit unauffällig durch die Stadt reisen zu können.
Es dauerte nicht lange, da ertönte eine Hupe. Das Taxi war da! Sie
verabschiedeten sich von dem Hund und hofften dass er in der Lage
war, mal ein paar Stunden alleine bleiben zu können.
"Vielen Dank nochmal, das Du mir hilfst, einem Fremden noch
dazu!",bedankte sich John nochmal, auf dem Weg zum Taxi.
"Eigentlich weiss ich auch nicht, warum ich das eigentlich tue. Eine
innere Stimme hat mir wohl gesagt, dass es das Richtige wäre!"
"Warum hast Du denn überhaupt Zeit dafür? Ich meine, musst Du nicht
arbeiten?", fiel es John unterwegs ein, während das Taxi auf dem Weg
zum Krankenhaus war.
"Wie Dir vielleicht aufgefallen ist, ist heute Samstag, da habe ich
sowieso frei. Davon abgesehen, arbeite ich sowieso viel von zu Hause
aus. Modernen Datenwegen sei Dank!", erklärte sie ihm.
Sie drückte John noch ein paar Pfund in die Hand, um sich ein paar
Strassen vom Krankenhaus in ein Cafe setzen zu könne, während sie die
Sachen aus dem Krankenhaus holte.
Das Taxi hielt, wie gewünscht, zwei Strassen weiter an, Alicia bezahlte
den Fahrer und beide stiegen aus.
Wie besprochen machte sie sich auf den Weg, während John es sich mit
einer Zeitung im Cafe gemütlich machte.
Unterwegs ging sie nochmal im Kopf den Plan durch, um an Johns
Sachen zu kommen....
Der Plan war weissgott nicht der Beste, aber es war der einzige, der
ihnen auf die Schnelle eingefallen war.
Reingehen, sich als seine Stiefschwester ausgeben und mit den Sachen
wieder raus. "Blöder Plan.", meldete sich ihre innere Stimme,"Aber
einen besseren hab ich im Moment auch nicht!"
Gesagt, getan.
Sie trat durch die weitläufige Eingangshalle, bewegte sich zügig auf die
Fahrstühle zu und drückte auf den Knopf nach oben. Alicia verkniff es
sich, zu oft die Blicke umherschweifen zu lassen, in der Hoffnung nicht
aufzufallen.
Ein kurzes "DING" verriet ihr dass der Aufzug angekommen war.
Alicia stieg ein und drückte den Knopf für das Stockwerk, was John ihr
genannt hatte.
Im siebten Stock angekommen, stieg sie aus und wandte sich umgehend
der Oberschwester zu. Eine etwas untersetztere, freundlich
dreinschauende Dame, die hinter ihrem Schreibtisch, mit Papierkram
beschäftigt, sass.
Nach einer kurzen Begrüssung fiel Alicia auch gleich mit der Tür ins
Haus, denn sie wollte schnellstmöglich das Krankenhaus wieder
verlassen. Nach ein paar kurzen Fragen über persönliche Daten, die
John ihr vorher noch beigebracht hatte, folgte sie der Schwester in
einen Nebenraum, einer Art Abstellkammer und Sammelraum für
liegengebliebene Koffer.
Die Schwester zu eine Einkaufstüte von einem grossen schwedischen
Einkaufshaus aus einem Stapel und reichte ihn ihr.
Alicia schaute kurz hinein, vergewisserte sich, das vor allem die
Brieftasche dabei war, verabschiedete sich freundlich und ganz
offensichtlich dankbar. Sie begab sich auf den Weg zu den Aufzügen
um wieder nach unten zu fahren, aber bekam nicht mit wie sich hinter
ihr eine Tür öffnete, Johns Arzt den Kopf herausstreckte um der
Oberschwester ein kurzes Kopfnicken zukommen zu lassen. Diese
erwiderte die Geste mit einem verschwörerischen Lächeln.
Der Weg zurück zum Cafe gestaltete sich einfach, trotzdem warf sie des
öfteren einen Blick nach hinten, um sicher zu gehen, dass ihr niemand
folgte.
Im Cafe angekommen setzte sie sich zu John und reichte ihm ominöse
Tüte. Er legte die Zeitung beiseite, begrüsste Alicia erfreut und sah sich
die Sachen in der Tüte genauer an.
Eine Jacke, Hemd, Shirt, Jeans, Sportschuhe und ganz wichtig, seine
Brieftasche! Er war erleichtert. Auch wenn...es nicht seine Sachen
waren!
"Komisch, so teure Kleidung hatte ich doch garnicht, hatte ich nie
gehabt!", brummelte er vor sich hin.
Markenklamotten im Wert von mindestens 800 Euro befanden sich vor
ihm in der Tasche, aber es war seine Grösse. Nach genauerer
Betrachtung war wenigstens noch seine Brieftasche ganz die alte, mit
ein paar Pfund darin.
Sie tranken noch zusammen einen Kaffee und John bezahlte.
Als sie das Cafe verliessen, sah er gegenüber eine Filliale seiner
Hausbank. "Ich hole nur nich kurz Geld, bin sofort zurück",und schon
war John unterwegs. Das leise "Ok." bekam er schon nicht mehr mit.
Er schob die Karte ein, gab seine Geheimzahl ein und wählte ersteinmal
die Funktion "Kontostand anzeigen" an.
Es dauerte ein paar Sekunden, in denen er sich ausmalte wie der
Sicherheitsdienst verständigt wurde und sich auf den Weg zu ihm
machte.
Doch so weit kam es nicht, denn vor ihm erschien der aktuelle
Kontostand. Als er die Zahlen las, stand er wie vom Blitz getroffen da.
Musste mindestens 10 Mal die Zahlen durchlesen, um zu glauben was
da stand:
21533 Pfund
Ok, das war doch jetzt ein Scherz. Bei seinem letzten Besuch waren es
noch 1533 Pfund, doch woher kam jetzt der Rest?
Er sah sich die Kontoeingänge an und sah einen Eintrag über 20000
Pfund, der ohne Absender war. "Das gibts doch nicht!!", sagte er
fassungslos zu sich.
Schnell hob er sein Geld ab, die 20000 wollte er erstmal drauf lassen,
nicht dass doch irgendwo ein Fehler aufgetreten war.
Zügig verliess er die Bank, lief zu Alicia, die sichtlich nervös auf ihn
wartete und rief ein Taxi.
Unterwegs war er sehr schweigsam, grüblerisch um genau zu sein. John
dachte über seine kommende Vorgehensweise nach. Auch ob seine
Begleiterin mit zu seinem Weg gehören sollte.
Vor Alicias Wohnung angekommen, bezahlte er diesmal das Taxi und
schob sie den Eingang und danach die Wohnung hinein.
Max begrüsste die Beiden schwanzwedelnd. Als die Tür hinter ihnen
ins Schloss fiel, fiel auch gleichzeitig die Anspannung von ihnen ab und
John unterbreitete ihr seine Idee.
"Ich denke nach alldem was die letzten Tage passiert ist, nehme ich mir
ersteinmal eine Auszeit. Ein wenig zur Ruhe kommen wäre nicht
schlecht. Ich kenne da ein ruhiges Dorf in Deutschland, wo ich früher
ganz gerne war.", hob John an. "Wenn Du möchtest kannst Du
mitkommen, ich will einfach hier erstmal weg, aus der Gegend von
London raus, ja sogar von dieser ganzen Insel runter!"
Sie überlegte einen kurzen Moment, griff zum Telefon und verliess
kurz den Raum. Keine zwei Minuten später stand sie mit einem Lächeln
vor ihm, "Geht klar, hab Urlaub bekommen, wenn wir zusammenlegen,
reichen auch meine Ersparnisse für die ein oder andere Woche!"
"Lass das mal meine Sorge sein, ich lade Dich und Max ein. Vor allem
als Gutmachung für Dein Auto!", von dem kleinen Geldsegen verriet er
nichts.
Er rief beim nächsten Bahnhof an, erkundigte sich nach Abfahrtszeiten
in Richtung Frankreich und Deutschland und reservierte gleich zwei
Sitzplätze plus Hund natürlich.
Der Zug ging in 4 Stunden. Das gab Alicia noch genug Zeit zum
packen, er ersparte sich das ganze, denn was sollte er auch einpacken?
Er würde sich später einfach neu einkleiden.
Max Leine in der einen, Alicias Koffer in der anderen Hand, ging es
wieder zum Taxi, dass ohne Probleme den Weg zum Bahnhof fand. Er
gab dem Fahrer ein kräftiges Trinkgeld und betrat mit den anderen
beiden den Bahnhof...
Sie suchten den richtigen Bahnsteig und konnten auch sofort einsteigen,
denn der Zug wartete schon auf seine Passagiere. Sie fanden ihre
reservierten Plätze und setzten sich unauffällig hin und John ließ den
Blick durch die Menschenmassen streifen, die draußen vor dem Fenster
am Bahnsteig standen. Er konnte nichts auffälliges entdecken, aber er
blieb auf der Hut...er würde sich erst entspannen, wenn der Zug den
Bahnhof verlassen würde...also saßen sie da, und warteten auf die
Abfahrtszeit und schauten den Leuten zu, die zu ihren Sitzplätzen
strömten...
Adiamus hatte alles genauestens verfolgt, ihre Mission im Krankenhaus,
und ihre Reise zum Bahnhof. Er stand in der Schalterhalle und wartete,
bis er an der Reihe war, um ein Ticket zu lösen, für die Fahrt nach
Deutschland, denn er konnte doch seinen Schützling nicht alleine reisen
lassen. Er mußte auf ihn acht geben, die Zeit der Offenbarung und der
Ausbildung rückte immer näher. Aber er hatte seine menschliche
Gestalt angenommen, denn ein über 2 Meter großer, muskelbepackter
Werwolf würde wohl unangenehm in der Menschenmenge auffallen. Es
tat ganz gut, zur Abwechslung wieder menschlich zu sein, er war zwar
alt, stark und mächtig, aber auch er durfte das Zurückwandeln in die
Menschliche Gestalt nicht vernachlässigen, denn sonst würde er etwas
von der Menschlichkeit einbüßen, so lange man bei ihm von
Menschlichkeit sprechen konnte. Er konnte zwar länger als andere
seiner Art in der tierischen Gestalt bleiben, Dank seiner großen Macht,
aber auch er war gefährdet, zu sehr in den Sog der Verlockung zu
stürzen, daß er alles menschliche abstreifte und vollkommen zum Tier
würde.
Er löste seine Fahrkarte und ging zum Bahnsteig. Kurz sah er sich um,
auf der Suche nach anderen Wesen, die auf der Jagd nach seinem
Schützling sein konnten, als er mit den Augen des Menschen keine
Gefahr erkennen konnte, tastete er mit seinen anderen geschärften
Sinnen, aber selbst da war nichts...Gut! Er betrat den Zug und begab
sich in sein Abteil...
Pünktlich fuhr der Zug los und John entspannte sich merklich, genauso
wie Alicia. Der einzige, der noch etwas unruhig in der Menge
umherschnüffelte, war Max...aufmerksam richteten sich seine Ohren
mal in diese mal in jene Richtung, aber schließlich senkte auch er den
Kopf auf seine Pfoten.
Als sie einige Zeit unterwegs waren, beschlossen Alicia und John zum
Speisewagen zu gehen und eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen. "Du
bleibst hier und bewachst unsere Plätze", raunte er dem Hund zu und
kraulte dessen Kopf, "dann bringen wir Dir auch was leckeres mit..."
Max bellte leise, als hätte er genau verstanden und setzte sich brav vor
die beiden Plätze und sah John und Alicia hinterher, wie sie das Abteil
verließen.
Kurz darauf durchquerte ein großer, schlanker, älterer Herr das Abteil
von John und Alicia, und Max hob schnüffelnd die Schnauze, als der
Mann an ihm vorbeiging. Max`Ohren stellten sich nach hinten und leise
begann er zu knurren...er ließ den Mann nicht aus den Augen, bis er das
Abteil verließ, in Richtung Speisewagen. Unruhig saß er da, hatte seine
Muskeln noch angespannt, aber als die Tür hinter dem Mann zufiel,
legte er sich wieder hin. Er sollte die Plätze bewachen und das würde er
auch tun.
Im Speisewagen war sehr viel los und die beiden Reisenden konnten
gerade noch einen kleinen Tisch ergattern und bestellten was zu essen,
als die Tür aufging und ein großer, schlanker, älterer Herr den Wagen
betrat. Dieser sah sich suchend um und kam dann zielsicher auf ihren
Tisch zu. Er räusperte sich und fragte:" Ob ich mich wohl netterweise
zu Ihnen gesellen dürfte, denn es ist sonst leider nichts mehr frei..."
John sah hoch und blickte in ein älteres, zerfurchtes Gesicht, längere
weisse Haare umrandeten die sonnengebräunte Haut und zwei
wachsame Augen blickten ihn an. Er überlegte in sekundenschnelle,
woher er diese Augen kannte. Tief in ihm drin schrillten die
Alarmglocken, er roch etwas an dem alten Mann, daß ihm bekannt
vorkam und die Angst in ihm aufkochen ließ. Er blickte zu Alicia rüber,
aber diese zuckte nur mit den Schultern, der alte Mann machte ihr wohl
keine Angst.
John zögerte noch einen Moment, die Augen des wartenden Mannes
durchbohrten ihn mit Blicken und schienen ihm wohl irgendwas sagen
zu wollen...er merkte förmlich, wie der Widerstand in seinem Inneren
brach und er dem Mann zustimmend zunickte..."Bitte, nehmen Sie
Platz", sagte er..... Da die Fahrt nicht all zu lange dauern sollte, etwas
über zwei Stunden, bestellten sie sich nur Kleinigkeiten und noch zwei
Würstchen für Max.
Der neue Mitreisende beschränkte sich auf eine Tasse Kaffee, denn die
Teile der Kuh lagen ihm noch schwer im Magen.
Gespräche zwischen John und Alicia beschränkten sich nur auf ein zwei
kurze Unterhaltungen, da sie vor dem Fremden nicht all zu viel
ausplaudern wollten.
Nachdem sie fertig gegessen hatten, wickelten sie die zwei Würstchen
und Reste ihres eigenen Essens in eine Serviette, verabschiedeten sich
und machten sich auf den Weg zu ihrem Abteil.
Seit einer geraumen Weile rollte der Zug schon durch den Eurotunnel,
stetig seinen Weg über die Gleise nehmend.
Adiamus trank seinen Kaffee aus, zahlte und ging den beiden hinterher.
Schwanzwedelnd begrüsste Max seine beiden Mitreisenden, als diese
die Tür zu ihrem Abteil öffneten. Die beiden begrüssten ihrerseits ihren
neuen Schützling, der ohne Probleme die Würstchen in Alicias Tasche
erschnüffelte, sich brav auf die Hinterpfoten setzte und mit der rechten
Pfote an die Tasche anstubste.
John und Alicia nahmen Max gegenüber Platz und stopften ihn mit dem
Essen voll, welches sie ihm eingepackt hatten.
Kurz darauf klopfte es an der Tür zu ihrem Abteil. John sog Luft durch
die Nase und da war wieder der Geruch, welcher dem älteren Herrn von
eben anhaftete, eine Präsenz, die Widerworte nicht zu liess.
Max liess ein leises Knurren verlauten, traute sich aber auch nicht mehr,
denn auch er erinnerte sich bei dem Geruch an eine Begegnung, die
nicht all zu lange zurück lag...
John öffnete die Tür und wunderte sich nicht, dass der Herr von eben
vor ihm stand.
"Darf ich eintreten? Ich denke ich habe wichtige Informationen für
Sie!", begrüsste Adiamus die Anwesenden. Er wartete keine Antwort
ab, sondern begab sich direkt in das Abteil.
"Ja kommen sie doch rein!", schaute John ihm nur nach.
Das Abteil war nicht sonderlich gross, aber es bot Platz für 6 Personen
plus Gepäck und war hochmodern eingerichtet. Da John es sich im
Moment leisten konnte, hatte er auf die 1. Klasse bestanden. Sogar 2
Flachbildschirme waren in den gegenüberliegenden Wänden
eingelassen und jeder Sitz verfügte über Kopfhörer, so dass jeder
Reisende sich das Programm anschauen konnte, oder auch nicht.
Adiamus liess sich gegenüber von Alicia nieder und bot John den Platz
neben ihr an. Max setzte zu einem tiefen brummen an, aber ein Blick
des neuen Gastes sorgte augenblicklich für Ruhe. Er rollte sich gesättigt
zusammen, aber liess dabei Adiamus nicht aus den Augen, so wie nur
Hunde es können.
Mit misstrauischer Miene sahen Alicia und John, der mittlerweile Platz
genommen hatte, ihr Gegenüber an und warteten auf irgendeine
Regung.
Offensichtlich überlegte er seine Worte genau.
"Wer sind sie und was wollen sie?", eröffnete John das Frage-AntwortSpiel.
Nach einer kurzen Weile begann Adiamus kurz und knapp," Mein
Name ist Adiamus und ich will ihnen, John, helfen..."
John unterdessen sog wieder Luft durch die Nase und konzentrierte sich
auch sonst sehr stark auf sein Gegenüber.
"Ja, wir sind uns schon das ein oder andere Mal begegnet, John. Im
Garten Ihres Chefs, im Krankenhaus,", Alicias Augen weiteten sich bei
der Auflistung, hatte sie doch von John gehört, wer ihm dort jeweils
begegnet war," nach dem Unfall und auch sonst war ich die letzte Zeit
immer in ihrer Nähe. Jedesmal wenn sie meine Gegenwart gespürt
haben, wenn auch nur unbewusst, oder ohne einen sichtbaren Beweis
dafür, war ich da. An einem Ort, den auch sie betreten können. Aber ich
greife da zu weit vor."
"Moment, der Typ ist.....?", John legte Alicia beruhigend die Hand auf
den Oberschenkel. "Ja, eben im Speisewagen war ich mir noch nicht
sicher, aber jetzt!", antwortete er Alicia mit ruhiger Stimme. "Jedoch
habe ich mir überlegt, dass wenn er uns was tun wollte, wir sicherlich
nicht mehr hier wären!"
"Bei ihrer Begleiterin und dem kleinen Fellkneuel dort wäre das
sicherlich richtig, aber bei ihnen ist dass nicht so einfach John.
Sicherlich ist ihnen aufgefallen, dass der Sturz aus dem 8. Stock auf
Asphalt normal niemand so leicht, oder zumindest ohne schwerste
Verletzungen, überlebt.", Adiamus sprach ruhig und gelassen, mehr als
wenn ein Opa seinem Enkel eine Geschichte erzählt. Als Max erwähnt
wurde, spitzte er kurz die Ohren, ohne dass sein Name erwähnt wurde.
"Ich denke mal, das ihnen sicherlich aufgefallen ist, oder das sie sich
schon öfter gewundert haben, dass sie niemals richtig Krank waren.
Schnittverletzungen, oder Schürfwunden verheilten binnen eines Tages.
Knochenbrüche oder ähnliche Verletzungen gab es in ihrer Jugend
nie.", fuhr er fort.
John überlegte und kam nach ein paar Minuten zu der Antwort,"
Scheisse, das stimmt. Darüber habe ich nie großartig nachgedacht. Aber
in den Jahren, wo ich mich zurückerinnern kann, hatte ich wirklich nie
etwas Ernsthaftes. Und was sagt mir das jetzt, bin ich so eine Art
Supermann, oder aus diesem Film mit Bruce Willis....Unbreakable...
oder ein Alien, oder so was wie SIE???"
"Wie soll ich ihnen das erklären?", er legte eine kurze Pause ein,
während John langsam lauter wurde.
"Was ist jetzt???"
"Ja immer mit der Ruhe!!", raunte er ihn an und John beruhigte sich
sofort wieder.
"So ist es besser. Also...", er räusperte sich,“...letzteres trifft die
Antwort auf ihre Frage am ehesten, auch wenn sie nicht so ganz zutrifft.
Aber ich beginne am Besten mit einer kleinen Geschichte..."
"Ja klar doch, ich habe schon immer Geschichten geliebt!", antwortete
John in einem Ton, der seinen Unmut deutlich wiedergab. Missmutig
kreuzte er die Arme und liess sich in den Sitz zurückfallen, die Augen
starr auf Adiamus gerichtet.
"Oder so.", er bemerkte natürlich sofort die Ungeduld in Johns
Stimme," In den Reihen der Menschen gibt es, im Laufe der
Geschichte, immer wieder - wie soll ich sagen - besondere Wesen, die
sich von der Masse abheben. Deutlich abheben, um genau zu sein.
Diese sind eine Art Mischwesen, in deren Stammbaum sich durchaus
Wesen anderer Herkunft wieder finden, deren Macht sich sammelt und
sich irgendwann in einer Person konzentriert. Eine solche Person, oder
ein solches Wesen sind sie!!"
"Also sollte ich mir schonmal einen starken Rasierapparat besorgen
oder wie sollte ich das jetzt vorstellen??", spottete John.
"Lachen sie nur!", antwortete Aidamus geduldig, auch wenn er John am
liebsten eine verpassen würde, wie einem Welpen, der gerade auf den
Teppich gepinkelt hat," Aber wie sie sicherlich bemerkt haben, stimmt
mit ihnen etwas nicht. Ihre Sinne wurden schärfer, sie können Dinge
sehen, hören, riechen, wovon sie früher nur träumen konnten. Das sind
Entwicklungen, die ich an ihnen schon bemerkt habe. Darf ich also
fortfahren?"
"Sicherlich!"
Beruhigt fuhr er fort,“ Sie beinhalten die Stärken und Vorzüge
verschiedenster Daseinsformen. Zum einen die der Menschen, was ja
ganz offensichtlich ist. Dazu kommen die der, sie nennen uns so,
Werwölfe. Dann die der Vampire, Dämonen, Feen, ja sogar Kräfte der
Magie sind ihnen nicht fremd.“
Mit weit immer grösser werdenden Augen folgte John den Aussagen
des Wolfes in Menschengestalt.
„Das ist aber nur ein Teil der Geschichte, denn sie müssen zum einen
lernen diese Kräfte und auch sich selbst zu beherrschen, um nicht in der
Ewigkeit zu vergehen. Denn wenn eine Seite die Oberhand gewinnt,
werden sie zur Gefahr für sich und die in ihrer Nähe. Ich wandel schon
eine sehr lange Zeit auf dieser Welt um zu wissen was passieren kann.
Der letzte der dieser Macht erlag, war jemand, der auch heute noch in
den Geschichtsschreibungen auftaucht, bekannt geworden als der Gott
des Totenreiches. Tja, er hat leider nicht auf mich gehört und ist letzen
Endes in dieses Reich eingetaucht und nicht wieder von dort
zurückgekehrt.
Die ihm folgten, waren leider nicht in der Lage gewesen, lange zu
überleben, da ihnen die Ausbildung verwehrt blieb und sie ihren
eigenen Kräften erlagen. Sie wurden nicht früh genug entdeckt. Bei
ihnen John liegt die Sache ein wenig anders. Normalerweise beginnt die
Ausbildung schon in frühen Kindertagen, denn wenn dies nicht
geschieht, wenden sich die Mächte gegen einen selbst. Bei ihnen jedoch
hat diese Macht bis vor kurzem geschlummert. Doch ihre Entfaltung
schreitet nun immer schneller voran. Als der Schamane unseres
Stammes von ihnen Notiz nahm, sandte er mich aus, um ihnen zu
helfen.“
John schluckte, wusste erst nicht was er sagen sollte,“ Und die
Geschichte die mir der Priester im Krankenhaus erzählte…?“
„Enthält durchaus einen Teil Wahrheit. Einer ihrer Vorfahren war
wirklich ein Diener der Vampire. Das kommt auch unter anderem
daher, dass in ihrem Stammbaum auch ein geborener Vampir
vorhanden ist. Ich möchte ihnen nicht verheimlichen, das es für die
einzelnen - naja - Wesen, ob Werwölfe, Vampire usw. nicht ganz
unerheblich ist, jemanden wie sie in ihren Reihen zu wissen. Die
einzelnen Vampirclans sind verstritten. Bis auf wenige, geborene
Vampire, beginnt langsam ihre Macht zu schwinden. Deshalb sorgen
die Alten für eine, nicht ganz, natürliche Auslese.
Da die Menschen immer mehr den Glauben an das Übersinnliche
verlieren, verlieren auch die Dämonen immer mehr an Einfluss und
fürchten um ihre Existenz. Magie und des Volk der Feen sind schon
fast gänzlich ausgelöscht.
Ja, auch meine Rasse muss langsam anfangen sich Gedanken um die
weitere Existenz zu machen. Es gibt nur noch eine Handvoll Clans,
wovon einige mittlerweile schon mit den Vampiren zusammenarbeiten
um sich einen Vorteil zu verschaffen.“
„Sie wollen mir jetzt erzählen, dass sie mir aus freien Stücken, oder aus
purer Freundlichkeit helfen wollen. Oder geht es dabei auch um die
Vorherrschaft ihrer Rasse?“, unterbrach ihn John.
„Was soll ich ihnen darauf nur antworten? Natürlich benötigen wir ihre
Hilfe, denn durch sie könnten wir die Stämme vereinen und in ein
neues Zeitalter führen. Um ganz ehrlich zu sein, sind auch schon andere
Wesen auf der Suche nach ihnen, um ihnen auf ihrem Weg zu helfen
und ihre Hilfe später zu erbitten. Ich biete ihnen nur meine Hilfe an.Ob
sie zusagen, bleibt ihnen überlassen. Doch ich gebe ihnen zu bedenken,
dass die Zukunft bei einigen Wesen nicht ganz so rosig ausschaut, wenn
sie die Oberhand gewinnen.“
Alicia folgte dem ganzen mit einem grossen Interesse, aber auch
Misstrauen, denn ihr verschloss sich diese Welt im Moment dafür noch
zu sehr.
„Lange Bedenkzeit bleibt mir wohl nicht, oder? Eine grosse Wahl
sicherlich ebenso wenig.“, John sah Alicia an, die seinen Blick mit
grossen Augen entgegnete. „Was wird aus ihr und dem Hund?“
„Nun, sollten sie sich entschliessen, mit mir zu kommen und meine
Hilfe annehmen, können die beiden natürlich mitkommen. Die Anderen
haben sie sicherlich schon bemerkt und würden sie eventuell als
Druckmittel einsetzen. Ich würde so was durchaus in betracht ziehen.“
„Sehr beruhigend!“, antworteten John und Alicia fast wie aus einem
Mund.
„Wenn ihnen das alles zu schnell geht, nehmen sie sich ein paar Tage
im Schwarzwald, dort wo sie eh hin wollten und überdenken sie alles.
Ich werde immer in ihrer Nähe sein und im Fall des Falles zur Seite
stehen.“
„Sie haben uns…“, stammelte Alicia.
„Belauscht? Nicht wirklich, aber ich kam nicht daran vorbei, als ich
ständig in ihrer Nähe war.“, führte Adiamus den Satz weiter.
„Ich denke ein paar Tage Ruhe würden uns ganz gut tun. Und mit einem
Beschützer fühle ich mich unter den Voraussetzungen durchaus
sicherer.“, John versuchte dabei zu lächeln.
„Ruhe wäre was schönes, oder Max?“, sie kraulte dabei sanft Max
hinter den Ohren. Dieser gab ein wohliges brummeln von sich und
wandte zum ersten Mal die Augen von den neuen Mitglied seines
Rudels.
Am Zielbahnhof angekommen suchten sie zielstrebig nach den
Zugverbindungen nach Deutschland. Hinter der Grenze würden sie sich
dann einen Mietwagen nehmen, um dort flexibler zu sein.
Ihr Anschlusszug würde in einer Stunde losfahren, so blieb ihnen noch
Zeit für eine Tasse Kaffee, Max die nächste Wiese zu zeigen und ihren
Bahnsteig zu finden. Unterwegs würden sie sich dann Gedanken
machen, in welchen Hotel sie die Nacht verbringen sollten, denn es war
jetzt später Nachmittag und bis sie in Deutschland den Bahnhof
ansteuerten, würde es sicher schon mitten in der Nacht sein….
Es könnte auch ein neuer Tag anbrechen, bis sie die Grenze hinter sich
gelassen hatten. Irgendwie war es ihm auch irgendwie egal. Er war nun
fern der Heimat, im Land der Liebe, unterwegs mit zwei, ihm eigentlich
Fremden. Aber aus irgendeinem Grund vertraute er den Anwesenden,
wohl möglich aus der Not der Situation heraus...
Sie ergatterten ein eigenes Abteil und mit ein wenig Bestechung und
guter Worte, war es ein leichtes gewesen, Max in ihrer Nähe und nicht
im Gepäckabteil zu wissen.
Der Schnellzug setzte sich in Bewegung und nach wenigen Kilometern
lasen sie auf der Anzeige die momentane Reisegeschwindigkeit von
250 km/h und die Anzeige kletterte weiter nach oben.
Adiamus stellten sich die Nackenhaare auf. Er existierte schon so
unendlich lange, aber sich in diesem Tempo fortzubewegen, dazu noch
in einem Eisengefängnis, dass war wider der Natur.
Eilte er durch die Wege durch die Schattenwelt, erreichte er in
Sekundenbruchteilen jeden beliebigen Ort auf der Welt, aber das lag
wohl daran, dass die Zeit dort nicht den Naturgesetzen unterlag.
Aber dies hier war etwas ganz anderes.
John und Alicia hingegen fühlten sich sicher, denn wer sollte ihnen
schon bei dem Tempo folgen.
Es war früher Morgen, als sie am Bahnhof in Freiburg ankamen. Sie
liehen sich ein Auto und machten sich auf den Weg zu dem Örtchen,
welches John aus seiner Kindheit kannte. John fuhr, Alicia saß neben
ihm, Max zwischen Ihren Füßen. Der Schäferhund war einfach nicht zu
überreden gewesen, hinten neben Adiamus Platz zu nehmen.
Verständlicherweise…
Sie hatten sich geeinigt, dass er die drei bis zu dem Örtchen begleiten
würde und sich dann eine eigene Unterkunft suchen würde. Nicht direkt
im Nebenzimmer von John und Alicia. Er wollte Ihnen, bzw. John
etwas Zeit und Ruhe geben, dass alles zu verdauen und nachzudenken.
Aber lange dürfte er John diese Auszeit nicht geben, wusste Adiamus,
denn andere würden sie bald aufspüren und John musste sich bald
entscheiden, ob er sich von ihm helfen lassen wollte und seine
Ausbildung beginnen konnte.
Sie kurvten durch den schönen Schwarzwald, bis sie das Örtchen
Hinterzarten erreichten. Sie setzten Adiamus kurz hinter dem
Ortseingang ab und er verabschiedete sich von Ihnen. „Denken Sie nach
John und kommen sie zur Ruhe. Sie brauchen sich nicht vor mir zu
fürchten, jedenfalls noch nicht. Ich werde sie drei im Auge behalten und
wenn nötig auch beschützen. Und ich werde wissen, wenn sie sich
entschieden haben. Entweder stehen wir dann im Bündnis Seite an
Seite, oder wir sehen uns auf gegnerischen Fronten wieder. Und das
wird eine kurze Begegnung, das verspreche ich Ihnen.“
John und Alicia sahen Adiamus nach, als er sich nach diesen Worten
umdrehte und davonschritt. John konnte kaum seinen Blick von ihm
abwenden, Adiamus hatte eine solche unglaubliche Präsenz und etwas
ungeheuer faszinierendes, was für etliche Leute, die seinen Weg
kreuzten wohl tödlich geendet hatte.
John riss seinen Blick los und fuhr weiter die Strasse entlang, die von
schönen großen Bäumen gesäumt war und steuerte eine kleine,
gemütliche Pension an, die etwas außerhalb des Ortes lag.
Max war sichtlich erleichtert, als sie nur noch zu dritt waren und er
sprang gleich freudig umher, als sie an der Pension aus dem Wagen
stiegen.
Sie hatten Glück, es war nicht allzu viel los und sie bekamen ein
schönes großes Zimmer, mit zwei getrennten Betten und einem schönen
Balkon, von dem sie einen tollen Ausblick in den Schwarzwald hatten.
Alicia ließ sich erschöpft auf das Bett fallen und seufzte laut,“Ich
glaube, ich träume. Man fährt von seinen Eltern weg, kurz darauf hat
man einen kaputten Wagen, plötzlich ist man mit einem fremden Mann
im Schwarzwald und wird von einem wuscheligen Hund
abgeleckt…laß das Max!“, lachend stupste sie Max von sich und
schaute zu John, der nachdenklich auf dem Balkon stand.
„Was ist los?“, fragte sie blödsinnigerweise, und im gleichen Moment
kam ihr ihre Frage auch selber selten dämlich vor. John schaute hinaus
in die Wälder und antwortete nicht gleich.
„Mein Leben war bis vor ein paar Tagen auch noch normal, keine
großen unerwarteten Ereignisse, keine Schauergeschichten. Ich hatte
eine normale Vergangenheit und eine normale Familie. Und nun?? Nun
soll ich wählen, zu welcher Sorte Monster ich gehören will, auf welcher
Seite ich stehe.“ Er vergrub das Gesicht in seine Hände und seufzte tief.
Max stupste ihn mit der Pfote an, und John sank auf die Knie und
vergrub das Gesicht in Max` Fell. Alicia stand auf und ging langsam zu
den beiden rüber. Sie wollte John tröstend die Hand auf die Schulter
legen, zeigen, dass sie ihm beistehen wollte, dass sie bereit war, ihm zu
helfen, wobei auch immer. Dankbar legte John seine Hand auf die ihre
und so verharrte er ein paar Minuten lang, ehe er sich langsam
beruhigte.
Sie gingen beide zurück ins Zimmer, Max folgte ihnen wedelnd. Sie
schlossen die Balkontür und so konnten sie die schattenhafte Gestalt
nicht mehr sehen, die regungslos am Waldrand stand und sie beobachtet
hatte.
Lautlos löste sich diese Gestalt auf, denn ihr Meister hatte ihr befohlen
um alles in der Welt genügend Abstand zu halten, und noch etwas
abzuwarten, denn man erzählte sich in den Reihen der Vampire, dass
Adiamus abgesandt war, um auf den Menschen zu achten. Adiamus!
Gerade er! Und weil Chioto noch nicht lebensmüde war, hielt er sich an
seine Anweisungen.
Nachdem sie sich beide frisch gemacht hatten, begaben sie sich um die
Mittagszeit zum Essen runter in die Gaststätte der Pension. Ihnen
knurrte gehörig der Magen, und auch Max konnte es kaum abwarten,
etwas zwischen die Zähne zu kriegen.
Sie saßen gemütlich an einem kleinen Tisch und Max ließ sich unter
selbigen sein Essen lautstark schmecken. Auch sie genossen die warme
Mahlzeit und beschlossen, danach etwas mit Max spazieren zu gehen.
Dies taten sie dann auch.
Sie schlenderten durch das kleine Örtchen, wollten zur Ablenkung
etwas unter Menschen sein. Ausserdem hatte John ein ungutes Gefühl
bei dem Gedanken durch den Wald zu streifen.
Als sie eine kleine Allee entlang gingen, kam ein kleiner Junge auf
einem Fahrrad auf sie zu. Bei dem hohen Tempo geriet er ins
Schleudern und stürzte auf den harten Boden. Weinend lag er ein paar
Meter vor ihnen und sie liefen gleich zu ihm hin um nachzusehen, ob
alles in Ordnung war.
“Hey, Kleiner“, sprach John den Jungen tröstend an, „Keine Angst, wir
wollen Dir helfen, laß uns mal nachsehen, ob alles ok ist. Wie heißt Du
denn?“ „Ich bin Tim“, brachte der Junge unter Weinen hervor. John
wollte ihm aufhelfen, doch als sich der Kleine zu ihm umdrehte traf es
John, wie ein Baseballschläger den Ball!
Er roch Blut!! Genüsslich zog den kupfernen, warmen Geruch durch die
Nase ein und er konnte den Puls des kleinen schlagenden Herzens
hören, welches den roten Saft durch die Adern pumpte.
Mit gierigem Blick sah er zu Tims linken Knie und entdeckte eine
größere Schürfwunde, aus der warmes Blut rann. John bemerkte
plötzlich, wie sich seine Eckzähne verlängerten und sich in seine Zunge
bohrten. Erschrocken langte er mit den Fingern zu seinem Mund und
tastete nach ihnen. Gleichzeitig verspürte er ein unglaubliches
Verlangen, den Kleinen einfach festzuhalten und seine Zähne in die
blutende Wunde zu schlagen und das warme, süsse, so verlockend
duftende Blut gierig in sich hinein zu schlürfen…
Er stand abrupt auf. Alicia sah ihn erschrocken und auch mit Angst in
den Augen an. Max ließ ein kleines erschrockenes Bellen hören.
John spürte, wie diese Gier immer mehr Besitz von ihm zu ergreifen
begann und tat das einzige, was sein noch halbwegs klarer,
menschlicher Verstand ihm befahl. “ Lauf weg!“, hämmerte es in
seinem Kopf, „Lauf weg!!“ Und er drehte sich entsetzt um und lief so
schnell weg wie er konnte. Ohne sich umzudrehen lief er zum
Ortsausgang und in den Wald hinein. Er lief und lief, bis er an einen
kleinen, klaren Bach ankam.
Erst dort ließ er sich auf die Knie fallen und tauchte sein geschwitztes
Gesicht in das eisige Wasser. Die Gier hatte beim Laufen nachgelassen,
sobald er das Blut nicht mehr riechen konnte und auch seine Zähne
fühlten sich beim erneuten Abtasten wieder normal an.
Erschöpft rollte er sich auf den Rücken und schaute in den stahlblauen
Himmel. “Um Gottes Willen, was passiert nur mit mir…?“, flüsterte er.
“Was passiert nur mit mir…?“
In dieser Zeit kümmerte sich Alicia um das weinende Kind. Sie liess
einen wahren Schauer von tröstenden Worten und
Mitleidsbekundungen los, auch die Sprüche, die sie früher von ihrer
Mutter zu hören bekam und die sie immer gehasst hatte.
Als Tim sich zufrieden und noch leicht schniefend seines Weges trollte,
machte sich auch Alicia mit Max im Schlepptau auf den Weg. Sie hatte
zwar teilweise mitbekommen was passiert war, war sich der Bilder aber
nicht mehr ganz so sicher. Sie bevorzugte es, John ein wenig Abstand
zu lassen und machte sich auf den Weg zurück in die Pension.
John hatte sich mittlerweile wieder beruhigt und konnte wieder klare
Gedanken fassen. Adiamus hatte ihm zwar von den Nachteilen erzählt,
aber dass die Blutgier so schnell und heftig ausbrechen würde, davon
hatte er nichts gesagt.
Er wollte nun nichts anderes wie zurück zur Pension, ein heisses Bad
nehmen und vielleicht mal wieder, unter normalen Menschen, ein
Bierchen trinken. Menschen, die mit der ganzen Sache nichts zu tun
hatten.
Als er zurückkam, sass Alicia mit Max auf dem Balkon ihres Zimmers
und genoss die Ruhe, die die Gegend ausstrahlte.
Als er den Balkon betrat setzte sie sich auf und stellte die Frage, die in
solch einer Situation eigentlich immer kam," Alles Ok bei Dir?"
"Jetzt wieder.", griff John das Gespräch auf. Er erzählte ihr von vorhin,
dem Blutdurst, dem Drang nach frischem Blut und dem einzigen
Ausweg den er sah, das Fortlaufen. Tief drinnen wusste er, dass der
Kampf in seinem Inneren das nächste mal weitergehen würde und er
etwas dagegen tun müsse.
Er verabschiedete sich ins Bad, liess die Wanne voll laufen, entkleidete
sich und genoss das heisse, wohltuende Wasser, welches ihn umgab.
Als er nach einiger Zeit krebsrot der Wanne entstieg fiel ihm als erstes
auf, dass der Haarwuchs an seinem Körper zurück gegangen und auf die
frühere Anzahl geschrumpft war.
Er nahm die Kleider aus der Tüte, denn diese waren die einzigen, die
noch frisch waren und zog sie an.
Er musste sich noch dringend andere Sachen zum anziehen besorgen,
vor allem Unterwäsche, denn seine verfrachtete er geradewegs in den
Mülleimer.
Er überredete Alicia dazu, mit ihm in den nächst grösseren Ort zu
fahren, um sich dort neu einzukleiden. Die Geschäfte sollten noch ein
wenig offen haben, denn es war erst später Nachmittag. Anschliessend
sollte es in ein Restaurant gehen und auch noch in eine Kneipe, auf ein
Bierchen.
Alicia befand die Idee für gut, da sie es liebte shoppen zu gehen. Gegen
ein gemütliches Essen und ein Bierchen hatte sie schon mal gar nichts
einzuwenden.
Gesagt getan. Max nahm auf dem Rücksitz platz und sie fuhren in
Richtung Titisee, in der Hoffnung dort noch etwas Passendes zu finden.
Entlang der Uferpromenade fanden sie auch die ein oder andere
Boutique, die Johns Meinung nach zwar überteuert waren, aber
immerhin das hatten, wonach er und Alicia suchten.
Fünf grosse Einkaufstüten später hatte er alles zusammen was er für die
nächsten Tage brauchte. Sogar für Max wurde eine Grundausstattung
besorgt, bestehend aus 2 Näpfen, Futter und einer neuen Leine mit
schickem Halsband mit seinem Namen drauf. Offensichtlich war es ein
beliebter Name für einen Hund in seiner Grösse.
Nachdem alles im Auto verstaut war, gingen sie wieder zurück, suchten
kurz nach einem Restaurant und wurden auch schnell fündig. Nach
einer ausgiebigen Fesper zogen sie weiter. Es war herrlich an dem Ufer
entlang zu schlendern, dem Hund zu zu sehen, wie er den Gerüchen
anderer Hunde folgte und dabei gelegentlich selbst eine Duftnote
hinterliess.
Ein wenig abseits des Touristenrummels fanden sie sogar eine
gemütliche Kneipe, deren Ruf sie folgten.
Hinter dem Tresen nickte ein freundlich drein schauender Wirt zu, der
auch so aussah, als ob er öfter seinen Gerstensaft probieren würde.
Der Gastraum war im typischen alten Stil hergerichtet, mit schwerem
Holz und Bildern aus dem Umland dekoriert. Die obligatorischen
Hirschgeweihe und landestypischen Uhren fehlten natürlich auch nicht.
Beide bestellten sich jeweils ein grosses, frisch gezapftes Bier und
Wasser für ihren Begleiter.
Sie unterhielten sich über ihre Vergangenheit, Arbeit, Freunde und
Familie, vermieden dabei aber das Thema der letzten Tage.
Nach dem dritten Bier und einigen Stunden des sitzens, forderte die
Natur ihren Tribut von John. Er musste mal und das ganz dringend.
Er verabschiedete sich auf Toilette und bahnte sich seinen Weg durch
die Kneipe, in der, nun zur Fortgeschrittenen Stunde, nur noch
vereinzelte Tische besetzt waren.
Nachdem er der Natur ausreichend gedacht hatte, machte er sich auf den
Weg zurück.
Als er den Gastraum betrat, sah er, dass sich ein Dreiergrüppchen um
Alicia breit gemacht hatte und sie auf sie einredeten.
Ein Testosterongeruch wirbelte ihm entgegen, auch die Gestiken und
Alicias Gesicht sprachen Bände.
John legte dem Wirt das Geld für ihre Getränke auf den Tresen,
zusammen mit einem ordentlichen Trinkgeld und machte sich auf den
Weg zum Tisch.
Die drei Kerle, er befand sie als notorische Säufer und Randalierer,
wurden immer zudringlicher, so dass sich Alicia mittlerweile nicht nur
verbal wehren musste. Als es Max unter dem Tisch zu bunt wurde,
stellte er sich fletschend und schützend vor sie.
Den Anführer der Truppe interessierte das herzlich wenig und trat ihm
kurzerhand in die Seite, worauf hin Max ihm in die Weichteile biss und
auch nicht die Anstalten machte loszulassen.
In John stieg Wut auf, nicht nur das die Typen sich an seine Begleiterin
geworfen haben, Nein. Nun traten sie auch noch ihren kleinen
Beschützer!
Ihm reichte es!
"Nicht hier drin.", erklang seine eigene Stimme im Hinterkopf,
"Draussen!"
Als er endlich am Tisch angekommen war, wo einer der Rowdies schon
von Max in eine Verfängliche Situation gebracht worden war und die
anderen beiden im Begriff waren, ihrem Freund zu helfen, erklang
Johns Stimme in einem überaus unfreundlichem Ton,
" Kann ich ihnen Helfen??"
"Verpiss Dich!", raunte ihm einer entgegen. Alicia sah ihn
hilfesuchend, fast flehend, an.
"Max, aus!", sein Befehl war direkt an den Hund gerichtet, der auch
sofort die Kronjuwelen losliess.
"Würden mich die Herren nach draussen begleiten, dort können wir die
Sache aus der Welt schaffen.", schlug er vor.
"Macht ihn alle!", raunte der Eine seine Kumpels an, noch immer die
Hand schmerzverkrampft im Schritt versenkt.
Einer einladenden Geste nach draussen folgend, ging die Dreiergruppe
nach draussen, ihren leidenden Kumpel stützend.
John folgte dem Dreigestirn nach draussen, hinter ihm Max und Alicia,
deren Versuch ihn zurück zu halten missglückte.
Einige Schritte von der Kneipe entfernt ging alles ganz schnell.
Die beiden Typen, die eben noch ihren Kumpel gehalten hatten, liessen
ihn einfach fallen, und sprangen auf John zu. Seine geschärften Sinne
sprangen an und zeigten ihm die Bewegungen seiner Gegenüber fast im
Zeitlupentempo. Er sah, wie der eine einen Schlagring aus der Tasche
zog und der andere einen Totschläger. Mit einer Leichtigkeit, die er sich
nie erträumt hätte, tauchte er unter dem Schlag des Ersten hinweg, griff
sich das Handgelenk des Zweiten, entriss ihm den Totschläger und
brach ihm mit einem kurzen Ruck das Handgelenk. Das
Folterinstrument warf er getrost in den wenige Meter entfernten See,
während sein Opfer unter Schmerzen auf die Knie fiel. Mit einer
schnellen Bewegung hob John sein Knie an und traf sein Ziel mitten auf
die Nase. Knorpel brach und in einem kleinen Blutschauer fiel dieser
nach hinten um. Sein anderes Gegenüber hohlte nochmal zum Schlag
aus und kam mit einem Wutschrei auf ihn zugesprungen. Wieder ergriff
John die auf ihn zurasende Faust, zog seinen Gegner sogar noch ein
Stück auf sich zu, rammte ihm wiederum das Knie gegen den
Brustkorb, das er den ein oder anderen Brustknochen brechen hörte und
verfrachtete ihn mit seinem eigenen Schwung nach einem Salto auf
seinen Freund.
Beide blieben ächzend liegen.
Nun wandte er sich noch an den, der die Frechheit besass Max zu treten.
"Achja, das nächste mal solltest Du Dir überlegen, mit wem Du Dich
anlegst!!", riet ihm John.
Dem schmerzverzerrten Gesicht folgte ein Ausdruck des puren Hasses.
Mit ein wenig mühe griff er sich unter die Jacke, um direkt darauf eine
halbautomatische Pistole zu ziehen. Kurzerhand wirbelte John herum,
schob blitzschnell die Hand mit der Waffe mit seinem Fuss beiseite, so
dass der Lauf direkt auf seine Kumpels zielte und stellte seinen Fuss
darauf.
"Bist Du Dir immernoch sicher, dass das jetzt eine gute Idee war?
Drück nur ab, wirst ja sehen was Du davon hast!", spottete John.
"Du Mistkerl!", wieder Schmerzen in den Augen schaute er der
Mündung seiner Waffe nach und riss die Augen auf, als er sah, wohin
seine Waffe gerichtet war. "Komisch, eben warst Du mutiger!", seufzte
John. Er bückte sich, riss den Kerl mit einer Leichtigkeit nach oben,
damit er wieder auf eigenen Füssen stand. Er verdrehte den Arm seines
Gegners, schlug kräftig gegen die Waffenhand und die Pistole flog im
hohen Bogen weg und landete mit einem schweren Klatsch im See.
Das Bild, welches der bedauernswerte Kerl abgab, reichte John noch
nicht," Entschuldige Dich gefälligst bei meinen beiden Begleitern!"
"Leck m...."
"Falscher Text!", unterbrach John sein Opfer. Er verdrehte den Arm
noch ein Stückchen weiter und traf ihn mit seinem Bein so fest in der
Seite, dass dieser eine Drehung in der Luft, mit halb eingedrehter
Schraube, vollführte, hart auf dem Boden aufschlug und wimmernd
liegen blieb.
John drehte sich herum, ging auf Alicia zu, die ihn aus grossen Augen
anstarrte. Max wiederum hechelte und wedelte freudig mit dem
Schwanz, so als ob er ihm applaudieren wollte.
"Ich wusste garnicht dass Du sowas kannst!", entfuhr es Alicia erstaunt.
"Da bist Du nicht die Einzige! Ich wusste es bis vor ein paar Minuten
auch nicht!"
"Da...Da...Danke!", brachte sie stotternd hervor.
"Gern geschehen! Komm lass uns von hier verschwinden!", schlug
John vor, nahm sie in den Arm und ging mit ihr zum Auto.
Adiamus, der aus sicherer Entfernung zugesehen hatte, konnte sich ein
leises, " Gut gemacht Kleiner, Respekt!", nicht verkneifen.
Am Auto angekommen, konnte sich Alicia einen kleinen Kuss des
Dankes auf Johns Wange nicht nehmen lassen und stieg umso schneller
ein.
>Gut gemacht! <, sagte sich John innerlich, liess Max wieder hinten
Platz nehmen und steuerte den Wagen in Richtung Pension zurück...
Als sie wieder ankamen, gingen sie gleich auf ihr Zimmer, Alicia wollte
noch kurz im Internet etwas nachsehen und ihre Mails checken. John
verstaute die gekauften Klamotten im Schrank und Max folgte ihm auf
Schritt und Tritt. Als er dies bemerkte, ging er spaßeshalber mal ins
Badezimmer, werkelte etwas völlig unnötiges am Waschbecken herum,
schielte nach hinten und sah Max, wie er hinter ihm das Bad betrat und
sich auf dem Teppich aufmerksam hinsetzte und ihn keine Sekunde aus
den Augen ließ. John schmunzelte, ging unauffälligen Schrittes zum
Balkon und schaute kurz zum Waldrand herüber und drehte dann
langsam den Kopf nach hinten um Max zu beobachten, der dicht hinter
ihm stand und ihn musterte. Diesmal drehte er sich vollends zu Max
rum und ging in die Knie. Er streichelte beruhigend das weiche Fell des
stolzen Schäferhundes und redete mit ruhiger Stimme auf ihn ein.
“Na mein Hübscher, Du bist wohl auch etwas unruhig, hmh? Ich weiß,
mir macht das Ganze auch Angst, glaub mir. Aber ich bin froh, dass wir
so einen aufmerksamen Beschützer bei uns haben, weißt Du? Und ich
kann jede Hilfe gebrauchen, die ich bekommen kann. Ausserdem
verspreche ich Dir, ich werde Dir und Alicia nie etwas antun, egal was
aus mir wird.“
Max leckte ihm quer durchs Gesicht, als hätte er diese Worte genau
verstanden und wedelte erleichtert mit dem Schwanz.
“Na, wie wärs mit ein paar Leckerlies?“, knuffte ihn John ins Fell und
bellend verfolgte Max ihn zurück ins Zimmer.
Am Abend ließen sie etwas den Fernseher laufen und zappten sich
durchs uninteressante Programm. Alicia ließ bald rythmische
Atemgeräusche hören und auch Max atmete leise und gleichmäßig an
seinen Füssen liegend. Er machte den Flimmerkasten aus und drehte
sich mit dem Gesicht zum Balkon.
Was sollte er nur tun?
Er fing an zu grübeln, wie es nun mit ihm und vor allem mit den
anderen beiden weitergehen sollte, denn so schön es hier auch war, er
konnte sich nicht für immer hier verkriechen. Denn ihm war klar, dass
die Idylle bald vorbei sein würde, so oder so.
John ging in Gedanken noch mal durch, was Adiamus ihm berichtet
hatte.
Und da kam ihm wieder der Gedanke, woher das viele Geld auf seinem
Konto kam. Wer war das nur gewesen?
Und nachdem, was er heute Mittag mit dem Jungen und am Abend in
der Kneipe erlebt hatte, bekam er tierische Angst vor sich selbst, vor
dem, was aus ihm werden könnte…
Sich in Adiamus Hände begeben? War das klug? Andererseits, er war
bis jetzt offen zu ihm gewesen und hatte ihm auch nichts angetan.
Adiamus faszinierte ihn, da war Respekt, Ehrfurcht und auch ganz klar
Angst. Denn er war trotz allem ein Tier, nein, eher ein Monster.
Ach, er wusste nicht was.
Plötzlich erschrak John! Was war das für ein Geräusch gewesen? Er
setzte sich auf, sah konzentriert zum Fenster hin und lauschte…Nichts!
Aber etwas war da gewesen, er hatte es ganz deutlich gehört…oder war
es kein Geräusch gewesen, sondern eher nur ein Gefühl? Leise stand er
auf, als Max schläfrig den Kopf hob, kraulte er ihn kurz beruhigend und
machte ihm Zeichen, sich einfach wieder hinzulegen. Max gehorchte
auch und John ging zur Balkontür, öffnete sie und trat in die kalte
Nachtluft hinaus.
Er lauschte mit seinen neuen Sinnen in die Dunkelheit und sah mit
verschärftem Blick in die Richtung des Waldrandes…er konnte nichts
erkennen, aber etwas war da. Er spürte es ganz deutlich…da war eine
ungeheuere Präsenz, aber es war nicht Adiamus, denn den konnte er
mittlerweile ganz gut erkennen, alleine dieser spezielle Geruch, der an
dem Weißhaarigen haftete.
Was John nicht wusste, wenn Adiamus nicht wollte, dass John ihn
wittern konnte, dann konnte er dies auch nicht…
Aber es war tatsächlich nicht der Werwolf, der da draußen im Gebüsch
des Waldrandes lauerte und John aus Argusaugen beobachtete, es war
ein anderes mächtiges Wesen....
John wusste nicht das Adiamus an ihrem Anreisetag schon
Vorkehrungen getroffen hatte, um unliebsame Besucher fern zu halten.
Vor allem aus dem Reich der Schatten.
Er mischte ein Elixier aus verschiedenen Kräutern, Pulvern und ein paar
Blutstropfen und zog damit einen grossen Bannkreis im weiten Bogen
ums Haus.
übrig war sog er in sich auf.
Dieser Bannkreis war es, der dieses Wesen zurück hielt. Ein Wesen,
welches aus den Untiefen der Schatten entstanden war und seit einigen
Jahrtausenden sein Unwesen unter den Menschen trieb.
Es konnte nicht wirklich in unsere Welt durchbrechen, aber dafür Besitz
von denen Ergreifen, die an ihn glaubten und sich ihm aus freien willen
hingaben.
Er war ein überaus mächtiger Dämon, aber seine Macht war im Beginn
des Vergessen werdens, wie er selbst vergessen würde, wenn er nicht
langsam tätig würde.
Der letzte von Johns Art konnte ihm, Varius, nicht widerstehen und war
darauf hin verloren im Schattenreich, im Land der Toten, welches ihm
einst unterstand. Das dieser Auserwählte im Land der Pyramiden eine
ganze Zeitlang als Gott der Toten verehrt wurde, freute ihn besonders.
Im Laufe der letzten 2000 Jahre allerdings wurde es Ruhig um ihn, so
das sich Varius langsam um seine Existenz sorgte, denn seine Macht
verfloss langsam, wie ein Stein an Form und Grösse verliert, mit jedem
Tropfen der auf ihn trifft. Letztendlich würde er an Form und Stärke
verlieren und zu einem der einfachen Geister werden, die ihr Dasein in
den Nebeln um ihn herum fristeten. Ohne Erinnerung, ohne
Erscheinungsbild. Nur ein bisschen Plasma das darauf wartete in den
tiefen Sphären zu verschwinden.
Dazu durfte es nicht kommen.
Zugegeben, in den letzten zwei Jahrtausenden hatte er das ein oder
andere Mal Kräfte sammeln können.
Er war vor über 2000 Jahren mit dafür verantwortlich das viele
Menschen ihr Leben am Kreuz beendeten. Ja auch bei diversen Kriegen
hatte er die Finger im Spiel. Seine letzte grosse Marionette starb
allerdings bei dem Versuch die Weltherrschaft an sich zu reissen durch
Selbstmord. Diese verlorene Seele, die nach ihrem Freitod den Weg zu
ihm fand, musste bis vor kurzen für ihre Taten büssen und was von ihr
Nun war Varius hier und wartete auf seine Gelegenheit. Er hatte nicht
mehr alle Zeit der Welt, aber er konnte warten. Monate, Jahre, auch
Jahrzehnte waren kein Problem. Aber seine Geduld und Kraftreserven
würden nicht ewig halten.
So stand er da, als menthales Abbild seiner selbst am Rande des
Waldes, den Blick auf das Haus gerichtet. Sein Körper in der
Schattenwelt gefangen, unfähig vollends in die "wirkliche" Welt
überwechseln zu können.
Eine Gestalt schälte sich aus dem Schatten der Bäume neben ihm.
Varius spürte seine Anwesenheit erst kurz bevor er neben ihm Stand.
Den Blick immernoch auf den Balkon gerichtet sprach er," Ich wünsche
euch einen schönen Abend, mein Freund!", der Sarkasmus in seiner
Stimme war nicht zu überhören.
"Guten Abend Varius.", grollte die Stimme seines Gegenübers,"
Versuchst Du wieder Dein Glück? Reicht es Dir nicht, das Du meinen
letzten Schüler in Dein Reich gezogen hast, mit Deinen Lügen und der
Zwietracht die Du gesät hast?"
"Euer Schüler war nun mal zu höherem berufen. Obwohl ich sagen
muss, dass mir leider nicht sehr lange Gesellschaft leistete. Zu schnell
verlor er die Kontrolle und wurde in die Tiefen Gerissen, dem
unendlichen Nichts.", antwortete der Dämon.
"Ich gehe mal nicht davon aus, das Du mit einem mächtigeren Wesen
einen Pakt eingegangen bist und als er sein Geschenk in den Fängen
hatte, deine Dienste nicht mehr benötigte und Dich in die Schattenwelt
abschob?", spottete die Gestalt.
"Woher wisst ihr davon Adiamus?", raunte der Dämon erstaunt.
"Sowas spricht sich schnell rum, fast so schnell wie das Fegefeuer aus
dem du kommst! Zugegeben, es hat vielleicht das ein oder andere
Jahrtausend gebraucht, bis die "Neuigkeit" den Weg zu mir fand.
Immerhin gab sie mir die Erklärung auf die Frage, wie Du in die andere
Welt gekommen bist."
"Hütet eure Zunge, oder ich..."
"Oder was? Willst Du sie mir ausreissen? Die würde Nachwachsen, das
weisst Du. Solange niemand von Deiner Existenz weiss, kannst Du
niemanden die Macht geben, mir etwas anzutun. Die Letzten die das
versucht haben, habe ich auf fast direkten Weg wieder zu Dir zurück
geschickt."
"Warum sollte ich auf die Idee kommen und euch persönlich etwas
anzutun. Über solche subtilen Methoden bin ich erhaben. Es gibt da
andere Methoden um euch zu Schaden!", höhnte Varius.
Adiamus Blick folgte dem des Dämon," Ich weiss an Wen Du denkst.
Dieses Mal nicht. Nicht wenn ich es verhindern kann. Ausserdem ist er
stark, seinen Willen zu brechen ist nicht so leicht wie der meines letzten
Schülers!"
"Wir werden sehen!", hallte die Stimme Varius nach, als dieser sich in
Rauch auflöste.
"Nein, diesmal nicht!", hörte er sich sagen und verschwand wieder in
der Dunkelheit.
John stand noch eine weile auf dem Balkon und schaute in die Nacht
hinaus. Schliesslich ging er wieder hinein, schloss die Balkontür und
legte sich schlafen. Ein tiefer, erholsamer, aber traumloser Schlaf ergriff
ihn.
Amüsiert schaute Claudius wieder zurück an den Ort an dem die beiden
Streithähne noch vor wenigen Minuten gestanden hatten und sich
anmaßten über die Zukunft dieses Menschen entscheiden zu können.
Adiamus und Varius waren zugegebenermaßen sehr Starke und
mächtige Gegner aber für ihn, einer der Ältesten seinens Clans, auch
kein unlösbares Problem. Es würde bestimmt lustig werden, wie einst,
als er die Stadt des Clan der Gebildeten vernichtet hatte. Ohja es war
eine gigantische Schlacht gewesen. Dort, in jener Nacht, vor nunmehr
3500 Jahren verdiente er sich seinen heutigen Ruf und wurde von den
Vorsintflutlichen als einen der ihren gleichgestellter akzeptiert.
Seither hatte er viele "Auserwählte" entweder für seine Brüder
einnehmen können oder er hatte sie vernichtet.
Adiamus würde ihn mit aller Macht versuchen zu töten weil er seinen
Bruder vor 800 Jahren oder so getötet hatte. Dieser wollte damals einen
Auserwählten für die Werwölfe gewinnen. Genau wie sein Bruder
damals würde Adiamus demnächst vernichtet sein und Claudius würde
wiedereinmal als der Beste gepriesen werden.
Er beschloss das er sich nächste Nacht um diesen John kümmern
würde, diese kleine Barriere die Adiamus aufgebaut hatte würde ihn
nicht stoppen können. Er lächelte bei dem Gedanken an das dumme
Gesicht das Adiamus machen würde wenn er sah wer da seinen Schutz
umgangen hat.
"Ja" dachte Glaudius,"die Spiele können beginnen".
Der Morgen hielt Einzug im Schwarzwald.
John und Alicia wurden durch die eindringenden Sonnenstrahlen
geweckt.
Nachdem sie sich frisch gemacht und angezogen hatten, gingen sie
zuerst nach unten in die Gaststube, um dann nach draussen auf die
Terasse zu gelangen, wo schon ein ausgiebiges Frühstück auf sie
wartete.
Max beschloss ersteinmal eine morgendliche Runde ums Haus zu
drehen, um nach zu sehen, ob denn auch alles in bester Ordnung war.
Er schnüffelte hier, roch dort, war fast mit seiner Runde fertig, als ein
dicker Käfer an seinem Kopf vorbei brummte. Er dachte dabei wohl an
einen neuen Spielkameraden, als er ihm schnurstracks hinterher tapste.
Der Käfer flog nicht all zu schnell, so das es Max gelegentlich möglich
war ihm ab und zu von unten an seinen breiten Hintern zu stubsen.
Der Käfer machte sich nichts daraus und flog stur seinen Weg in
Richtung des Tisches an dem John und Alicia sassen.
Mit einem lauten brummen liess er sich auf den Tisch sinken.
Als Alicia den Käfer sah, rollte sie die Zeitung zusammen, die sie eben
noch von ihrer Vermieterin bekommen hatte, zielte und schlug zu.
Damit war das Schicksal des neuen Spielkameraden besiegelt.
"Eklige Viecher, dabei auch noch so fett!!", angeekelt wischte sie mit
der Zeitung die klebrigen Überreste vom Tisch und legte die Zeitung
beiseite.
"Was machen wir denn Heute?", fragte sie, "Ich kenne mich hier nicht
aus, was gibts denn hier so?"
"Gute Frage, so genau weiss ich das auch nicht, es ist schon eine
Ewigkeit her dass ich hier war.", antwortete John.
Er erinnerte sich an ein Bergwerk in der Nähe von Freiburg, das ihn bei
seinem damaligen Besuch beeindruckt hatte.
Er fragte bei der Wirtin nach, diese gab ihm auch bereitwillig Auskunft
über Anfahrt und Sehenswürdigkeiten in der Nähe, wie z.B. die
Schauinslandbahn.
Alicia war von der Idee begeistert und keine viertel Stunde später sassen
sie, mit Max auf dem Rücksitz, im Auto und machten sich auf den
Weg...
Sie fuhren durch die schöne Schwarzwälder Landschaft, und kamen
schließlich an dieser Schauinslandbahn an. Sie parkten den Wagen unter
einem schattigen Baum und machten sich zur Talstation auf. Die Bahn
sei die längste Kabinen Umlaufseilbahn Deutschlands, wies sie ein
Infoschild an der Talstation freundlich auf die Besonderheiten der Bahn
hin. Es gab mehrere Kabinen, 37 um genau zu sein, und deswegen
brauchten sie auch nicht so lange zu warten, bis sie, nach dem
Kartenkaufen, in eine einsteigen konnten. Sie hatten sogar eine Kabine
ganz für sich alleine...
John und Alicia nahmen am Fenster Platz und schauten begeistert auf
die Landschaft herunter, als die Kabine ruckelnd ihren langen Weg zum
Berg hinauf antrat. Max stand mit den Vorderpfoten auf dem Handlauf
und schaute ebenfalls hinaus...
Da rauschten Baumwipfel unter ihnen hindurch und je höher sie kamen,
desto atemberaubender wurde die Landschaft...
Die Fahrt dauerte nicht ganz so lange und als sie oben ankamen, war
auch nicht so viel los auf dem Berg...sie entschlossen, zuerst ein wenig
durch die Wälder zu streifen, Max brauchte dringend Auslauf, und dann
wollten sie in die Berghütte einkehren, um ein Stück von dem
weltberühmten Schwarzwälder Kirsch zu geniessen...
Als sie durch den Wald spazierten, und auf dem weichen Waldboden
liefen, schloss John die Augen und versuchte zu entspannen. Er war
gerne mit Alicia zusammen, ihre Gegenwart tat ihm sehr gut, nach der
überaus chaotischen und nervenaufreibenden Beziehung, die er vor ein
paar Monaten beendet hatte. Er schritt neben ihr entlang, und brauchte
seine Augen nicht, um die Umgebung genauestens wahrzunehmen...er
konnte ganz genau ihre Schritte neben den seinen hören, konnte ihrem
gleichmäßigen Atem lauschen. Er hörte auch den freudig
umherhüpfenden Max sehr gut, konnte sein Wohlbefinden spüren, wie
er durch das Unterholz wuselte und kleinere Waldtiere neugierig
aufspürte...er sog die ganze Waldatmosphäre tief in sich hinein und
atmete seufzend aus...als er spürte, wie Alicias Blick ihn musterte, da
öffnete er die Augen..."Hast Du Dich schon entschieden, was Du
weiterhin machen wirst?", fragte sie, und ganz schnell war der
Augenblick der Entspannung vorbei...er vermied es sie anzusehen, und
sah zu Max rüber, der wohl gerade von einem Eichhörnchen eins auf
die Nase bekommen hatte, weil er zu neugierig gewesen war. John
konnte gerade noch entdecken, wie das Eichhörnchen erbost den Baum
hinaufkletterte...er sah scheu zu Alicia, "Ehrlich gesagt...nein...ich weiß
nicht, was ich machen soll..." Er schubste ein paar lose Äste auf dem
Boden mit den Füßen weg und sagte mit fester Stimme:" Und ehrlich
gesagt, möchte ich auch nun nicht darüber nachgrübeln, sondern den
Tag mit Euch beiden genießen!" Er schnappte sich Alicias Hand und
sprintete los, sie hinter sich herziehend...Max kam bellend aus dem
Unterholz gesprungen und setzte ihnen nach...Fangen spielen! Das
liebte er!
Aus dem Schatten eines Baumes trat ein wabernder schwarzer Umriss
auf den Waldweg und schaute den dreien nach. "Genieße den
Augenblick Deines Glücks, Mensch", wisperte eine Stimme, "er kann
schneller vorbei sein, als Dir lieb ist."
Als sie völlig außer Atem aus dem Wald traten, steuerten sie zielstrebig
auf die Berghütte zu und setzten sich auf die Terrasse. Sie bestellten
Schwarzwälder Kirschtorte, extra große Stücke, und für Max ein Paket
Leckerlies.
Nach diesem leckeren Stop, machten sie sich wieder auf den Weg zur
Seilbahn, um den Weg ins Tal anzutreten, denn John wollte Alicia
unbedingt das Bergwerg zeigen.
Im Tal angekommen gingen sie zu Fuß dahin, denn es war nicht allzu
weit entfernt...
Es war nicht mehr weit bis zum Stolleneingang und John spürte eine
beunruhigende Veränderung. Es war ungewöhnlich still, immerhin
waren sie mitten in einem Waldgebiet. Aber er hörte plötzlich keine
Vögel mehr zwitschern, das Rascheln aus dem Unterholz war
verstummt,selbst die Blätter der Bäume hatten wohl aufgehört sich in
der Luft zu bewegen. Es kam ihm auch so vor, als wäre irgendwie der
Himmel dunkler geworden. Alarmiert drehte er sich um die eigene
Achse, spähte in alle Richtungen, mit all seinen Sinnen. "Wo ist dieser
Adiamus, wenn man ihn mal brauchen könnte?", fragte er sich in
Gedanken, denn er wollte Alicia nicht erschrecken, die damit
beschäftigt war, Max Stöckchen zuzuwerfen. Aber dieser hielt auch
plötzlich inne, ließ das Stöckchen fallen und schnupperte ängstlich
umher. Alicia sah erschrocken John an, der sie aber schnell zum
Stolleneingang schob, Max im Schlepptau. Er ließ Alicia erst gar nicht
zu Wort kommen und sagte: "Nix wie rein da, da sind wir in
Sicherheit."
Aber das sollte ein großer Irrtum sein!
Und somit verschwanden die drei in der von wenig Fackeln
beleuchteten Dunkelheit des Stollens.....
Nach wenigen Metern stiessen sie auf eine grössere Besuchergruppe
von knapp 30 Personen. Diese nahmen die Nachzügler kaum war, dafür
waren sie zu sehr mit dem Bestaunen der ungewohnten und fremden
Umgebung beschäftigt.
Eine Person allerdings blieb regungslos stehen, als der Tross sich
wieder in Bewegung setzte. Eine die die Drei nur all zu gut kannten.
„Erzähl mir nicht, dass Du in die Zukunft sehen kannst!“, begrüsste
John den Besucher als sie bei ihm angekommen waren. Er setzte sich
mit ihnen in Bewegung und zusammen folgten sie dem Rest der Gruppe
durch die Stollen und Gänge, die vor über 1000 Jahren in die Erde
getrieben wurden. „Leider Nein, aber wie ich dir schon sagte, verfüge
ich über die Gabe durch die Schattenwelt zu reisen. Einem Ort an dem
die Zeit nicht vergeht wie hier, an dem Entfernungen, ja sogar Wände
jemanden nicht den Weg versperren. Da die Leute dort vorn zu sehr mit
sich selbst und mit fotografieren beschäftigt waren, wer es für mich ein
leichtes, mich unter sie zu mischen.“, erklärte ihnen Adiamus, „aber ein
„Guten Tag“ hätte mir auch gereicht!“
„Entschuldige, Guten Tag Adiamus!“, ergänzte John. Alicia
beschränkte sich auf ein „Hallo“ als Begrüssung. Ihr war dieses Wesen
immer noch suspekt.
Einen kurzen Blick nach hinten werfend erzählte ihnen der Wolf in
Menschengestalt,“ Wie ich schon sagte sind mittlerweile einige Mächte
auf der Suche nach Dir. Erst gestern Abend begegnete ich einem
Dämon in dem Waldstück vor eurer Behausung…“ Er erzählte ihnen
die Geschichte, liess auch nicht die Peinlichkeit aus, wie sein letzter
Schüler den Dämonen verfallen war.
Wie er sich die grösste Mühe gab, ihn zu Formen und ihm
Beherrschung beibringen wollte. Doch leider zu spät erkannte er
damals, dass das Herz seines Schülers zu sehr verdorben war, um das
Gute im Leben zu sehen, so dass er sich mit den Schatten verbündete.
Das Adiamus darauf hin ins Exil geschickt wurde, auf eine Art Queste,
um sich wieder zu beweisen. Aber das war eine sehr lange Zeit her….
So gingen sie durch den Stollen. „Und dieser Varius wird versuchen
mich für sich zu gewinnen?“
„Natürlich wird er das. Genauso wie es auch die Reihen der Vampire
versuchen werden. Ich weiss nicht ob Du mir vertraust, aber da ich
versuche ehrlich zu Dir zu sein hoffe ich doch das Du es auch mir
gegenüber bist.“, fügte Adiamus hinzu.
„Ehrlich gesagt weiss ich im Moment nicht, wem ich vertrauen kann.
Ich habe ein wenig Angst vor der Zukunft und vor dem was mich dort
erwartet. Auch habe ich keine Ahnung ob ich Dir überhaupt vertrauen
kann. Aber ich hoffe es.“, gestand John.
„Ich werde auf jeden Fall versuchen Deine Ehrlichkeit und Dein in mich
gesetztes, kleines bisschen, Vertrauen zu würdigen!“
„Ähm, ich möchte euch nicht unterbrechen….“, liess Alicia verlauten,
die zusammen mit Max direkt hinter ihnen ging. Max begann fast
gleichzeitig leise zu knurren. Genau in dem Moment als Johns und
Adiamus Sinne zu klingeln begannen. John spürte eine ähnliche
Präsenz, wie die des Paters im Krankenhaus.
Schatten krochen über die eh schon spärlich beleuchteten Wände des
Bergwerks. Feiner Staub und kleine Steinchen rieselten von der Decke.
Sie beschleunigten ihre Schritte, den Blick immer wieder nach hinten,
zum Eingang, gerichtet.
Plötzlich stiess John gegen Jemanden. Dieser fiel wie ein nasser Sack
zu Boden und blieb regungslos liegen. Sie blieben stehen und schauten
sich um. Die Gruppe vor ihnen war stehen geblieben und wie zu
Salzsäulen erstarrt. Sie bewegten sich nicht mehr. Alicia schubste eine
Frau an und sie tat es dem Herren gleich, der schon bereits regungslos
am Boden lag.
Mit Adiamus geschah etwas sonderbares. John und Alicia starrten ihn
an, noch nie hatten sie einem Werwolf bei seiner Verwandlung
gesehen.
Gelegentlich in Filmen, das ja, aber so was überstieg alles was sie
bisher gesehen hatten. Sein Körper wuchs in die Höhe und Breite.
Kleidung wurde bis zum zerreissen gedehnt. Wo die Haut nicht von
Kleidung verdeckt war, konnten sie erkennen wie sich zuerst unter der
Haut etwas bewegte, sie dann aufriss und Fell darunter zum Vorschein
kam. Sein Gesicht verformte sich und wurde zu einer grossen,
wolfsähnlichen Fratze. Als seine Kleidung ganz zerriss und er nur noch
in einer Art Lendenschurz vor ihnen stand, sahen sie auch, wie sich
gigantische Muskelpakete unter dem Fell bildeten, während die
abgeschälte Haut ihn in Fetzen vom Körper abfiel.
Die Wandlung war binnen weniger Sekunden abgeschlossen und der
Wolf stand in seiner bekannten Form vor ihnen. „Hier lang!“, hallte
Adiamus Stimme durch die Felsenlandschaft, „Folgt mir!“. Und er lief
in einem Tempo los, in dem auch Alicia und John, mit Max im
Schlepptau, folgen konnten.
Dabei nahm er keine Rücksicht auf die Menschen vor ihm, er rannte sie
kurzerhand über den Haufen. Immer tiefer führte sie der Weg in den
Berg hinein.
Als Alicia schon fast nicht mehr konnte, erreichten sie eine weit
auslaufende Höhle. John schätzte dass sie fast 10 Meter hoch war und
einen Durchmesser von locker 20 Metern hatte. Ein Einfamilienhaus
hätte da locker Platz gehabt, abgesehen von den Stalagmiten und
Stalaktiten, die entlang des Höhlenrandes aus der Decke und dem
Boden wuchsen.
Adiamus wurde langsamer und stoppte dann sogar ganz. Er sah sich
um, schloss dann die Augen um sich mit seinen anderen Sinnen
umzuschauen.
John bemerkte eine Änderung in dem Verhalten des Wolfes, er wurde
ruhiger, was John eher dazu brachte unruhiger zu werden. Der Werwolf
drehte sich herum, stand mit der Schnauze in Richtung des Weges, von
dem sie geraden erst gekommen waren.
John trat an seine Seite, während Alicia sich mit Max hinter die beiden
verzog. Sie drückte sich an John. Dieser konnte ihren warmen Körper
spüren, roch eine Mischung aus Erregung und blosser Angst.
„Und was jetzt!“, John schaute sich um, konnte regelrecht spüren das
sich etwas auf sie zu bewegte.
Max, der in der Gegenwart von Adiamus neuen Mut gefasst hatte,
begann wieder ein tiefes knurren von sich zu geben. Adiamus hingegen,
dem dieses Verhalten nicht verborgen blieb, zog seinerseits die Lefzen
zu einem leichten Lächeln hoch.
„Was jetzt?“, fragte John in einem gedämpften Ton.
„Lerne!!“, brummte Adiamus, ebenfalls in einem etwas leiseren Ton.
Der spärlich beleuchtete Gang, aus dem sie eben kamen, verlor
endgültig seine Helligkeit. Dunkle Schattenwaben wogen daraus hervor.
Ergriffen teilweise Besitz von den Wänden und schienen dort hängen zu
bleiben.
Aus der Dunkelheit trat eine Gestalt hervor. Ein Mann, vielleicht
einmetersechzig gross, mit dunklen Haaren und asiatischen
Gesichtszügen.
„Adiamus, schon Dich mal wieder zu sehen. Hatte mein Meister also
Recht, mit der Vermutung euch hier an zu treffen.“
„Chioto, hat Dich das brennende Haus vor 10 Jahren doch nicht zu
Asche verbrannt. Zu schade aber auch.“
„Ich habe es noch rechtzeitig heraus geschafft.“, liess die zierliche
Gestalt verlauten.
Adiamus sah sich die wabernden Schatten an, aus denen sich langsam
Tentakel zu formen begannen. “Wie ich sehe hat Dich Dein Meister
mittlerweile einiges gelehrt. Mc Daniel hat es auch zuletzt mit dieser
dunklen Magie probiert und musste mit seinem Unleben bezahlen!“
„Er war schwach, ein Dünnblut. Ersetzbar!“, erklärte ihr Gegenüber.
„Ersetzbar…Tja, das scheinst Du wohl auch zu sein, sonst würde Dein
Meister hier selbst erscheinen!“, grollte der Wolf.
Die Augen des Vampirs wurden schwarz. Schwarze Nebelschwaden
stiegen aus seinen Augenhöhlen auf, als er seine langen Fangzähne
aufblitzen liess und sprach,“ Du elendes Fellmonster glaubst es
tatsächlich mit meinem Meister oder mir aufnehmen zu können?“ Ein
grösseres Tentakel schoss aus von der Decke herab und schlug mit
einem Knall auf den Wolf ein. Dieser wurde kurzerhand auf die Knie
gezwungen. Adiamus griff blitzschnell danach, riss es aus seinem
Verbund heraus und es verpuffte.
„Du hast doch ein bisschen was dazu gelernt.“, grollte die Stimme des
Wolfes, als sich dieser mit gesenkten Kopf wieder erhob.
„Natürlich!“, höhnte der Vampir und trat ein paar Schritte weiter in die
Höhle, gefolgt von wabernden Schatten.
Inzwischen Stand der Werwolf wieder in voller Macht und Grösse da,
John direkt neben ihm, er hatte nicht einmal gezuckt, als das Tentakel
neben ihm einschlug, während Alicia sich ganz fest an ihn presste.
Noch immer mit gesenkten Kopf stand er da, er konnte spüren wie
Chioto nach wenigen Schritten stehen blieb um sich zu sammeln. Ein
noch breiteres Grinsen bildete sich auf seinem Maul. Plötzlich hob er
seinen Kopf an, sein Wolfsmaul wurde spitz und es erschall ein greller
Pfiff, der fast die Trommelfelle der Anwesenden zu zerreissen drohte.
Auch Max schreckte heftig in sich zusammen.
Dann geschah alles ganz schnell.
Ein Teil der Wand schräg hinter ihnen glitt lautlos aus einander. Ein
rotes Licht erhellte den Raum. Sonnengleich, aber doch gedämpfter. Ein
kräftiges, alles durchleuchtendes rot, wie John es noch nie gesehen
hatte.
„Was zum…?“, keuchte Chioto.
„Freunde!“
Das Licht durchdrang die Schatten, die eben noch umher waberten
wurden nun in Stücke gerissen oder verpufften. Chiotos Kleidung
begann zu qualmen, kleine Flammenherde bildeten sich auf seiner Haut,
wo sie nicht durch die Kleidung geschützt war. Er versuchte sich herum
zu drehen und in den Gang zurück zu laufen, aber das Licht war überall.
Noch ehe er zum laufen ansetzten konnte, ging er in Flammen auf und
zerstob letztendlich in Funken und Staub.
Der Lichtschein verringerte sich ein wenig.
Aus der Öffnung in der Wand trat eine kleine kräftig gebaute Person.
„Ein Zwerg???“, entglitt es John.
Alicia stand mit weit aufgerissenem Mund neben ihm und war einfach
nur Sprachlos. Max hingegen wedelte freudig.
„Adiamus, mein Freund!!! Schön Dich zu sehen! Und Du hast Gäste
mitgebracht!“, begrüsste der Zwerg die Runde und kam näher.
„Hallendahl, Du liebst immer noch Explosive Auftritte!“, scherzte der
Wolf.
„Das Du mir auch immer solch hitzige Geschenke machst.“, sagte der
Zwerg und schaute dabei auf den Aschehaufen am Durchgang zur
Höhle.
Johns folgte ungläubig dem Blick Halledahls,“ Aber wie…“
„Das Licht von Mutter Erde. Es ist ähnlich dem der Sonne, mit einer
durchschlagenden Wirkung.“, grinste der Neuankömmling,“ Die
Blutsauger haben dem nichts entgegen zu setzten.“
„Und woher…“
„Von tief unten aus der Erde. Wir beleuchten unsere Gänge damit.
Schon seit Jahrhunderten treiben wir kleine Schächte in die tiefer
gelegenen Magmaschichten und füllen diese mit einem Glasähnlichen
Kristallpulver. Damit heizen wir unsere Höhlen und beleuchten sie auch
gleichzeitig.“
„Ich….Puh..“
„Kann Dein Schützling auch in ganzen Sätzen sprechen?“, fragte
Halledahl.
„Sicher kann er das. Bisher konnte er das mal ganz gut.“, brummte er.
„Darf ich auch eure Namen erfahren?“, er begann den herbeigeeilten
Max hinter den Ohren zu kraulen, der fast genauso gross war, wie er
selbst und dabei freudig mit dem Schwanz wedelte.
Sie wurden einander vorgestellt und Halledahl lud sie ein, mit sich zu
kommen und ihnen vorübergehend Schutz anzubieten.
Dankend wurde das Angebot angenommen und die kleine Gruppe
bewegte sich auf den Durchgang zu.
Dieser war so genau gearbeitet, wie nur Zwerge das konnten. Lautlos
glitt die Wand wieder hinter ihnen zu. Sie bewegte sich dabei scheinbar
schwerelos, ohne irgendwelche sichtbaren Scharniere oder Riegel.
Die Drei, die noch nie so was gesehen hatten, schauten staunend dem
Schauspiel zu.
„Zwergenmagie. Auch wir haben so unsere kleinen Tricks auf Lager!“,
protzte ihr Führer.
Wie er es beschrieben hatte, waren im Abstand von wenigen Metern
runde Löcher im Boden eingelassen und mit etwas Glasähnlichen
aufgefüllt, aus dem das warme, rote Licht des Erdinneren leuchtete.
John schätzte den Gangdurchmesser af mindestens vier Meter, denn
auch der Werwolf in seiner Grösse hatte mehr wie genug Platz in dem
Gang.
Immer wieder kamen sie an diversen Abzweigungen vorbei und
gelegentlich kreuzten andere Zwerge ihren Weg, die immer wieder gern
zu einem kurzen Gespräch anhielten.
Anscheinend wunderte sich keiner über die Anwesenheit der Fremden.
Nachdem sie fast eine Stunde durch die Gänge wanderten kamen sie
schliesslich in eine Höhle mit gigantischen Ausmassen.
Vor ihnen erstreckte sich eine Stadt der Zwerge, einst errichtet in der
Dunkelheit und dem Schutze des Berges. Nun lag sie hell erleuchtet vor
ihnen. In einer Höhle, in der die Allianz Arena mindestens zweimal
Platz hätte, zentrierte sich das Leben der kleinen Wesen.
„Wahnsinn!“, staunte Alicia,“ Seid ihr das einzige Volk eurer Art?“
„Nein, in vielen Bergen überall auf der Welt gibt es noch Völker wie
wir. Versteckt vor euren Blicken, in den tiefen der Berge. Beschütz von
Mutter Erde vor den Wesen der Dunkelheit.“, erklärte Halledahl.
„Woher kennt ihr euch?“, fragte John.
„Er kann ja doch in ganzen Sätzen reden.“, scherzte der Zwerg,“ Vor
einigen Jahrhunderten griffen die Untoten unsere Stadt im Osten an.
Adiamus warnte und vor und stand uns mit seinem Volk bei Seite.
Jedoch waren die Angreifer zu Mächtig, auf dass wir fliehen mussten
und Schutz in diesen Höhlen fanden. Durch die Hilfe der Werwölfe
kamen wir auch auf die Idee mit dem Licht aus der Erde. Aber nun
kommt erst einmal mit, ich zeige es euch.“
So machten sie sich auf den Weg…
John sah sich um, das Städtchen erinnerte ihn ein wenig an das Dorf der
Schlümpfe, sicher versteckt strahlte es eine Wärme auch, die er vorher
noch nirgends gespürt hatte.
Nichts erinnerte an die kalten und dunklen Höhlen, die er aus einem
Film kannte, der im Übrigen sehr erfolgreich war.
Die Wände der Höhle, und auch schon im Gang vorher, waren glatt,
nicht nur grob behauen. Sie erinnerten an frisch polierten Marmor,
bloss in einer grauen Ausführung.
Das Städtchen selbst war sehr gut strukturiert, in der Mitte gab es so
eine Art Geschäftsviertel, mit kleinen Läden in denen es vom Bäcker
bis zu einer Art Kneipe alles gab was man zum überleben brauchte.
Darum erschloss sich in einem Kreis das Wohnviertel. Gebäude, die ein
bis zwei Stockwerke besassen, wobei letztere nicht viel höher waren als
bis zu seinen Haarspitzen. Sogar kleine Parks zogen sich, in das
Stadtbild passend, quer durch das Städtchen. Ein Bachlauf, flankiert
von Palmen und Wiesen, mit sonderbaren Blumen. Sogar kleine
Parkbänke gab es vereinzelt. Alles erinnerte in mehr an einen
Freizeitpark, es fehlte nur die dümmliche, sich überall wiederholende
Musik.
Von einem anderen Gang, der in der äusseren Höhlenwand seinen
Anfang zu nehmen schien, drangen Schmiedegeräusche an sein Ohr.
Als er genauer hinsah, war das nicht der einzige Gang, der in der
grossen Höhle seinen Anfang zu nehmen schien.
Es mussten wenigstens 20 oder 30 weitere Tunnel sein,
unterschiedlichster Grösse.
„Sie waren in den letzten Jahrhunderten fleissig.“, bemerkte Adiamus,
dem Johns Blicke und der mehr als nur erstaunte Gesichtsausdruck
nicht entgangen waren.
„Da gebe ich Dir recht, erst in den letzten hundert Jahren haben wir
technische Fortschritte gemacht, das würdest Du Dir nicht einmal
erträumen.“, prahlte der Zwerg.
Auf einer Parkbank, die sie gerade passierten sassen zwei Einwohner,
die offensichtlich sehr viel Spass mit ihren…. ??Laptops?? hatten.
Sie waren ihrer Grösse angepasst, aber immerhin um einiges kleiner als
die, die John kannte.
Er umrundete die Parkbank mit nur einem Schritt und blieb staunend
hinter den beiden stehen.
Sie spielten ein Onlinespiel!! Welches er ebenfalls kannte.
„Aber wie geht denn das?“, fragte er erstaunt.
„Soll ich Dir erklären, Mensch, wie DSL funktioniert, oder reicht es Dir
das ich Dir sage, das wir das Internet nutzen?“
John war nun ganz von der Rolle. In der Zwischenzeit drückten die
beiden Spieler eine Tastenkombination und die Spieloberfläche
verschwand und machte den aktuellen Börsendaten platz.
Halledahl gesellte sich dazu und fragte,“ Na, meine Freunde, was
machen unsere Aktien?“
„Wir haben eben erst eines unserer Depots aufgelöst und rund
1.000.000€ dabei verdient.“, brüsteten sich die beiden.
John bekam den Mund nicht zu. All dies hier schien so unwirklich, aber
durchaus plausibel.
„Woher habt ihr diese Geräte? Woher bekommt ihr den Strom? Was
macht ihr den ganzen Tag?“, erkundigte John sich, als sie weiter
gingen.
„Wie machen das was wir schon immer taten und noch weitaus mehr.“,
der Zwerg liess wohl niemals eine Antwort oder Erklärung aus,“ Die
elektronischen Kleingeräte beziehen wir aus dem asiatischen Raum,
immer noch als Dank dafür, dass wir ihnen die Kunst des Schmiedens
beibrachten. Denn wer für einen angeblichen Donnergott einen
Hammer schmiedet, kann durchaus auch brauchbare Schwerter
herstellen.
Internet und Wasser beziehen wir über Umwege von eurer Regierung.
Wir zahlen heute noch Unsummen an Schmiergeldern dafür, das der
Bergbau stellenweise gestoppt wurde und Museen draus gemacht
wurden.
Den Strom für alles liefert unser eigenes Kraftwerk, angetrieben von
dem was wir hier unten am meisten haben, Wasser und Erdwärme.
Wir pflegen Beziehungen zu vielen Regierungen und Firmen auf der
Welt. Im Gegenzug für manche Leistungen bekommen sie neue
Technologien, die von uns erschlossen wurden. Wir haben uns in den
letzten Jahrhunderten mehr und mehr damit beschäftigt, unser Wissen
voran zu treiben. Wir haben renommierte Wissenschaftler in unseren
Reihen. Nur ab und zu kommen wir in eure Welt, um mal ein bisschen
Spass zu haben. Oder was meinst Du warum manche
Freizeitattraktionen mitten im Hochsommer für ein paar Tage
geschlossen sind, obwohl hinter den verschlossenen Türen eine riesige
Party zu steigen scheint, aber kein Baulärm.“
John schockte nichts mehr, das alles klang zu phantastisch, aber
gleichzeitig auch logisch. Adiamus nickte meist nur wissend, während
Alicia mittlerweile wohl einen Krampf in der Kaumuskulatur zu haben
schien, denn sie bekam den Mund wohl nicht mehr zu.
Der Zwerg führte sie wo hin sie wollten und gab ihnen auf ihre Fragen
stehts ausgiebige Antworten.
Nach geraumer Zeit nahmen sie in dem Park platz und legten eine Pause
ein. Der Zwerg nahm auf einer Bank platz, während die anderen sich in
einem Halbkreis um ihn herum auf der Wiese hinsetzten. Die Bänke
waren nicht für Menschen oder Werwölfe gemacht.
Max legte sich direkt neben John auf die Wiese und dieser liess es sich
nicht nehmen und kraulte ihn hinter den Ohren. Drei „Kellnerinnen“
kamen mit Krügen in passenden Grössen für jeden der Beteiligten
herbei. Auch Gebäck und Snacks gab es. Ja sogar an Max wurde
gedacht.
„Später habe ich auch noch das ein oder andere Geschenk für euch, aus
Dankbarkeit euren Beschützers gegenüber. Wenn ihr wollt, könnt ihr
euch auch noch ein wenig umsehen und auch die Nacht hier
verbringen.“, erzählte der Zwerg,“ Aber ersteinmal essen wir. Guten
Appetit!“…
Nachdem alles bis auf den kleinsten Krümel verputzt war, schauten sie
sich noch ein wenig genauer um.
Ihr weg führte sie am Rande der Siedlung vorbei, in einen der Gänge,
die von der grossen Haupthöhle abzweigten.
"Ich stelle euch nun den Hüter unseres Wissens vor. Er wollte euer
kleines Grüppchen kennen lernen, auch wenn er Adiamus schon
kennt.", erzählte der Zwerg, als sie dem Gäng in die Bibliothek folgten.
Dort angekommen erstreckten sich vor ihnen Regalreihe an Regalreihe.
Es war ein merkwürdiges Bild, denn so manches Buch war fast genauso
gross, wie ein Zwerg.
Es standen 10 Regalreihen nebeneinander in einer Reihe, immer wieder
ein Gang von ca. 1 Meter dazwischen.
John schätzte die gesammte Länge des Raumes auf 50 Meter, also
genügend Platz um Buch an Buch, Foliant an Foliant grosszügig
unterzubringen.
Halledahl führte die Gruppe an dem linken Regal vorbei und hielt nach
einigen Schritten an einer kleinen Niesche an. Dort stand ein
Schreibtisch mit wirr durcheinander liegenden Büchern darauf. Von
Ordnung schien der Hüter nicht viel zu halten, oder es war eine
Ordnung, deren Anordnung sich ihnen entzog.
Hinter dem Tisch sahen sie noch einen gemütlichen Chefsessel und
dahinter stand - welch Wunder - ein hightech PC mit 3 modernsten
Monitoren. Hatte also in diesem Kleinod des Wissens auch moderne
Technik eingezogen.
"Thaldur!",schallte die Stimme des Zwerges durch die Bibliothek,"
Thaldur, wo bist Du?"
Nichts geschah.
"Thaldur, ich habe Besuch mitgebracht!", erklang seine Stimme erneut.
Wieder nichts.
"Ihr müsst ihn entschuldigen, er hört wohl nicht mehr so gut wie
früher.Er ist schon manchmal ein wenig merkwürdig.", liess Halledahl
verlauten.
"Thaldur, nun zeig Dich endlich!!"
Ein Buch flog quer durch den Raum und suchte sich sein Ziel. Dieses
Fand es auch am Kopf von Halledahl.
"AU! VERDAMMT!", zischte der Zwerg.
"Sollst Du so schlecht über mich reden?", grummelte eine Stimme
hinter ihnen," Ich bin weder komisch, noch taub. Ich will bloss
manchmal nicht auf Dich hören, oder bin beschäftigt. Wie gerade eben
zum Beispiel."
"Meister Thaldur, schön euch zu sehen!", begrüsste Adiamus den
Bibliothekar, der immernoch oben auf dem Regal lag, sich freuend, das
seine Zielsicherheit nicht nachgelassen hatte.
"Seit wann werft ihr mit solch wertvollen Bü...", bückte sich der Wolf
nach dem Buch, stockte aber mitten im Satz, als er las worum es sich
handelte." Jamie Oliver? Was macht ihr mit einem Kochbuch?", fragte
er verwundert.
Der Angesprochene begann damit sich seinen Weg von dem Regal
herunter zu suchen " Was macht man mit einem Kochbuch? So eine
Frage kann auch nur ein Werwolf stellen... Sich Ideen fürs Abendessen
holen, ausserdem eignet es sich bestens als Wurfgeschoss wie man
sieht!".
Halledahl brummelte irgendwelche Verwünschungen in seinen Bart, als
ihn das nächste Buch traf. Diesmal war es nur Thaldurs eigenes
Rezeptbuch, welches er durch das Regal hindurch geworfen hatte,
während er eine Leiter auf der anderen Seite herunterkletterte und
wiederum zielsicher sein Opfer traf. "Verdammt nochmal, wie oft soll
ich Dir noch sagen, das hier nicht geflucht wird!", hallte die Stimme
durch die Höhle. Wenige Sekunden später trat ein Zwerg, eingehüllt in
eine Kutte auf den Gang, in dem sich die Gruppe befand und begrüsste
die Neuankömmlinge.
Halledahl hingegen stand an den Schreibtisch gelehnt und schaute sich
das Treiben ein wenig brummelig an.
„Folgt mir doch in mein Arbeitszimmer, dort können wir in Ruhe reden
und ein Gläschen zusammen trinken.“, lud sie der Bibliothekar ein und
so machten sie sich auf, an Bücherreihen vorbei, die umso staubiger
wurden, je weiter sie dem Gang folgten.
Sie erreichten eine Tür, die einem mittelalterlichen Torbogen glich. Nur
ein wenig kleiner. Für einen normal gebauten Menschen stellte es kein
Problem dar, ohne den Kopf einzuziehen, hindurchzutreten. Doch
Adiamus hatte seine kleine Mühe und rannte sich ein wenig den Kopf
an dem oberen Bogen. 2 Meter hohe Türen waren einfach zu klein für
ihn und sich jetzt in einen Menschen zurückverwandeln, diese Schmach
wollte er sich jetzt nicht geben.
Sie gelangten in ein Arbeitszimmer, das so gross war wie Johns
Wohnung, nur mit allen möglichen Apparaturen vollgestellt, deren
Zweck er nur erahnen konnte.
Auch die Wände in diesem Zimmer, genauso schon wie in der
Bibliothek vorher, glichen dem Bild der grossen Höhle und allem was
er schon bereits gesehen hatte. Sie glichen blank polierten, grauen
Marmor.
In der hintersten Ecke stand wiederum einer dieser PC´s, die er eben
schon bemerkt hatte, mit kleinen Tastaturen passend für einen Zwerg,
aber dafür mit Bildschirmen, die wohl für Riesen gedacht waren.
„Wenn ich mit dem ganzen hier fertig bin, muss ich mir auch mal so
was besorgen.“, sagte John zu sich selbst.
Offensichtlich war Thaldur nicht nur der Bibliothekar, sondern auch
noch der Magier und Heiler des Städtchens, denn überall lagen
medizinisch aussehende Geräte, Vermandsmaterial und eine Reihe von
Tiegel und Tuben herum, welche die sonderbarsten Gerüche
verstömten.
Aus einem steinernen Krug goss der Zwerg frisches Bier in 5 Becher
und reichte jeden einen.
„Auf die Zukunft!“, prostete er allen zu und leerte den Becher in einem
Zug. John und seine Begleiter taten es ihm gleich.
„Ui, starker Tobak!“, entfloh es John.
„Wir brauen den Gerstensaft schon seit etlichen Jahren, dadurch haben
wir uns schon daran gewöhnt.“, antwortete diesmal Halledahl.
„Wenn das so weiter geht, fahre ich nachher nirgendsmehr hin. Ausser
mit dem Traumzug ins Bett.“
„Solltet ihr heute nichts mehr vorhaben, könnt ihr gerne bleiben. Ein
Nachtlager für Gäste eurer Grösse haben wir allemal genug. Bleibt
noch, trinkt noch einen und esst später mit uns zu Abend. Morgen ist
auch noch ein Tag um die Welt aus den Angeln zu heben.“, lud sie
Thaldur ein.
„Ich habe sie schon eingeladen, doch bisher bekam ich keine
Antwort!“, schoss es aus Halledahls Mund.
„Ich würde sagen wir bleiben!“, beschloss John einstimmig und liess
sich noch mal nachschenken.
Alicia und Adiamus schlossen sich der Idee an. Sie nahmen alle auf
einer gemütlichen Couchgruppe platz. „So, dann lasst mal eure
Geschichte hören, es interessiert mich brennend, was es draussen neues
gibt…“, liess Thaldur verlauten…
Sie alle saßen gemütlich mit Thaldur auf der Couch und
redeten…hauptsächlich führten Adiamus und Halledahl das
Gespräch…Sie berichteten von Chiotos Angriff und seiner
erfolgreichen Vernichtung. John hielt sich zurück und erzählte nur sehr
wenig…er war nachdenklich geworden…mittlerweile vertraute er
Adiamus wesentlich mehr als am Anfang, er hatte sich sogar für einen
Kampf mit diesem Vampir bereitwillig an die Seite des Wolfes
gestellt…aber er war sich immer noch nicht hundertprozentig sicher, ob
er die Ausbildung, die Adiamus ihm zukommen lassen wollte,
annehmen sollte…
Plötzlich war da eine sanfte Stimme in seinem Kopf, die sagte: „Du
kannst Adiamus vertrauen! Wir Zwerge tun es und wir sind bestimmt
kein vertrauensseeliges Völkchen!“ John hob erstaunt den Kopf und
Thaldurs Blick begegnete dem seinen. „Er hat keine bösen Absichten.“
Da war die Stimme schon wieder, sanft und gütig, aber Thaldurs Lippen
hatten sich nicht bewegt. „Ach, mich wundert schon nichts mehr“,
dachte John. „Du musst noch viel lernen, mein menschlicher Freund“,
teilte Thaldur ihm wortlos mit…Und laut sagte er in die Runde:“ Ich
werde Euch John mal entführen, ihr könnt Euch bestimmt auch einige
Zeit ohne uns amüsieren, oder?“ Alicia schaute John fragend an, doch
der hob zuckend die Schultern und deutete ihr mit Blicken an, dass alles
ok war. Max stand in demselben Moment auf, in dem sich auch John
erhob. Dieser wollte ihm gerade wieder mit einem Wink deuten, dass er
sich ruhig wieder hinlegen konnte, aber Thaldur sagte:„Max kann ruhig
mitgehen, wenn er mag, ich liebe die Gesellschaft von Hunden, vor
allem von so klugen…“, und er streichelte Max den wuscheligen Kopf,
was dieser mit einem wohligen Seufzen beantwortete. Thaldur müsste
sich fast strecken um so hoch zu kommen, aber Max war gnädig und
senkte den Kopf…für ein paar Streicheleinheiten würde er fast alles
tun…
Thaldur bedeutete John, mit ihm zu kommen und so entfernten sie sich
von den anderen und Max trottete neben den beiden her…
Sie gingen durch kleine Gänge und durchquerten die ein oder andere
Halle. John fragte sich, wie groß dieses unterirdische Reich wohl sein
möge, erstaunt schaute er sich um…überall flackerte warmes Erdlicht,
tauchte die Höhlenwände in ein surreales Licht und strahlte gleichzeitig
eine wohlige Wärme aus...
Thaldur sprach mit sanfter Stimme zu ihm…“Ich weiß, wie verwirrend
dies alles für Dich sein muß. Alles was Du neues in der letzten Zeit
erfahren hast und was mit Dir passiert. Du musst nichts sagen, ich kann
alles in Deinem Gesicht lesen und kann Deine Verunsicherung spüren.“
John schaute auf den kleinen Zwerg herab, er fühlte sich wohl in seiner
Nähe und gut aufgehoben. „Adiamus ist ein treuer Diener, der alles für
seine Rasse tun würde, und auch unserem Volk sehr geholfen hat.
Leider hatte er mit seinem vorherigen Schüler nicht allzu viel Glück, er
war nicht stark genug, konnte sich nicht beherrschen und der
Verlockung des Bösen nicht widerstehen. Aber ich spüre in Dir sehr
große Kraft, die Du wahrscheinlich selber noch nicht spürst…und ich
weiß, dass Du Dich insgeheim schon entschieden hast, es Dir aber
selbst noch nicht eingestehen willst…deswegen möchte ich Dir etwas
mit auf Deinen schweren Weg geben.“
John sah ihn verwirrt an und Thaldur bog in eine kleine Nebengasse ab,
von weitem konnte man ein lautes Hämmern und Schlagen
hören…Max legte die Ohren an, als sie dem Hämmern näher kamen,
und der Zwerg führte sie auf ein großes Steinhaus zu, aus der das
Dröhnen zu kommen schien. Thaldur machte sich nicht die Mühe
anzuklopfen, als er durch die schwere Holztür trat, das hätte man
drinnen bei dem Lärm sowieso nicht gehört, und machte John Zeichen,
ihm zu folgen. Als sie in dem Haus standen und die Tür hinter ihnen
zufiel, da schlug ihnen eine unglaubliche Hitze entgegen…John schaute
sich neugierig um, er sah an der rechten Wand einen Haufen mit
Holzscheiten, an der linken Wand waren schwere Eisenwerkzeuge, in
der Mitte des großen Raumes war ein Brunnen und an der
gegenüberliegenden Wand war ein großes offenes Feuer und er sah
einen weiteren Zwerg, der am Feuer stand, und einen glühenden Berg
Stahl mit schweren und wuchtigen Schlägen bearbeitete.
„Muradin!“, erhob Thaldur seine Stimme…aber der Zwerg reagierte
nicht, kein Wunder bei dem Lärm. „Muradin!!“, brüllte John`s Führer
lauter, doch auch diesmal zeigte sich keine Reaktion. Der Gerufene war
viel zu sehr in sein Hämmern vertieft, als dass er seine Gäste
wahrnahm…
Thaldur runzelte die Stirn, hob seinen rechten Arm, und vollführte mit
ihm eine winzige Bewegung von rechts nach links. Im selben Moment
erlosch das Feuer, Muradin hob entgeistert den Kopf, drehte sich
verwundert um und seine Augen blitzten auf, als er seine Gäste
erblickte. „Ah, Thaldur, dachte ich es mir doch. Warum ruft ihr nicht,
wie alle anderen Besucher auch…?“ Thaldur verzog die Miene, schaute
gespielt genervt John an, und hinter Muradin flammte das Feuer wieder
auf. Die Zwerge gingen freudig aufeinander zu, und begrüßten sich.
Thaldur winkte John heran, aber Max war schneller…er sprang freudig
wedelnd Muradin an, der ihn auch gleich anfing zu streicheln…Zwerge
schienen sehr große Hundefreunde zu sein…als John neben Thaldur
stand, begrüßte auch Muradin ihn mit einem sehr kräftigen Handschlag.
Kein Wunder, dass dieser neue Bekannte der Schmiedkunst
verschrieben war…
„Hallo John. Ich habe gehört, dass sie mit Adiamus angekommen sind.
Und habe Euch bereits erwartet.“ „Hast Du es fertig bekommen?“,
fragte Thaldur.
Ohne etwas zu erwidern, drehte sich Muradin um, ging zu der linken
Wand, wo sich ein kleiner Erker befand, er berührte einen Stein in der
Wand und wie von Zauberhand bewegte sich der Stein zur Seite und
gab den Blick auf einen kleinen Hohlraum dahinter frei. Muradin griff
in den Hohlraum hinein und nahm etwas heraus, daß in einen roten
Samtstoff eingewickelt war. Erfurchtsvoll überreichte er Thaldur das
Bündel und zog sich dann einige Schritte zurück. Thaldur legte sich das
Bündel in den Arm, schloss sie Augen und murmelte ein paar leise,
verschwörerisch klingende Worte. Ein warmes Licht breitete sich unter
dem roten Samt aus und drang durch den Stoff…Dann drehte er sich zu
John um, der in der Mitte des Raumes stand, Max aufmerksam neben
sich sitzend. Thaldur kam zu ihm ran, und sprach mit feierlicher
Stimme: „John, ich habe hier etwas für Dich! Es ist ein mächtiges
Instrument und es wird mit dem richtigen Besitzer eine unvorstellbare
Kraft entfalten können. Es ist in der Lage, Dich zu beschützen und Dir
ab und dann den richtigen Weg weisen zu können. Ich weiß, Du wirst
es für den richtigen Kampf einsetzen und Dich dessen würdig
erweisen.“
John streckte seine Hände aus, als Thaldur ihm das rote Samtbündel
entgegenhielt. Er nahm es an und fühlte etwas kleines, spitzes darin. Er
wickelte das Päckchen vorsichtig aus und, legte das rote Samttuch
beiseite und hielt einen kleines Schwert in der Hand. Er drehte und
wendete es und sah es bewundernd an…das Schwert war reich verziert,
seltsame Runen und Zeichen waren in den schwarzen Ledergriff
eingelassen, die Klinge war aus hochpoliertem, glänzenden Stahl, es
funkelte regelrecht, als er es in der Hand drehte. Es lag sehr gut in
seiner Hand, fast wie dafür gemacht. Er fuhr erfurchtsvoll mit den
Fingerspitzen über die Runen und konnte regelrecht spüren, wie sich
etwas mächtiges darunter regte. „Was ist das?“, fragte er flüsternd.
Thaldur rückte nicht mit allen Geheimnissen raus, die dieses Schwert
wohl verbergen mochte. „Es kann eine mächtige Waffe sein, selbst
wenn es nicht so aussieht, aber wenn die Zeit kommt, dann wird es sich
Dir offenbaren. Es kann Dir auch den rechten Weg zeigen, wenn Du
zweifelst. Es ist ein Prachtstück der Zwergenschmiedekunst, und birgt
sehr viel Magie. Aber nur, wenn es von der richtigen Hand geführt wird.
Mehr möchte ich Dir nicht verraten, Du wirst es bald selbst
herausfinden.“ „Aber ich kann mit solchen Waffen nicht umgehen“,
entfuhr es John. Aber gleichzeitig fiel ihm die Prügelei vor der Kneipe
ein, und er biss sich auf die Zunge. Thaldur lächelte wissentlich und
drehte sich zu dem Schmied um. „Das ist sehr gute Arbeit, Muradin“,
lobte er seinen Freund. Dieser verbeugte sich unter dem Lob und
lächelte John an. „Ich hoffe, es wird Dir gute Dienste erweisen.“
John bedankte sich bei Muradin und nahm von Thaldur einen Ledergurt
entgegen, und schnallte sich diesen um. Er steckte das Schwert in den
Schaft, der an dem Gurt befestigt war und schaute an sich herunter.
Irgendwie sah das Schwert etwas klein an ihm aus, aber er spürte die
große Macht, die von seinem neuen Begleiter ausging, und würde sich
hüten, sie laut als zu klein oder mickrig zu schimpfen.
Sie verabschiedeten sich von dem Schmied, gingen aus dessen Haus
und traten in die weitläufige Höhle hinaus…
Langsam gingen sie zu den anderen zurück... Unterwegs riss die
Stimme Thaldurs John aus seinen Gedanken," Etwas beschäftigt Dich
noch immer, oder?"
"Natürlich...",stammelte John," ...frage ich mich, wie es denn nun weiter
geht. Ob die Geschichte, die mir der Vampir im Krankenhaus erzählt
hatte...naja, ob da etwas dran ist. Irgendwie ist mir das alles zu viel. Es
bricht alles zu schnell auf mich ein."
"Naja, Du musst wissen, auch für mich war es damals nicht einfach.
Beiweiten sind meine Kräfte nicht so mächtig wie Deine. Ich wurde
auch nie von den verschiedensten Wesen gejagt, die sich meiner Kräfte
bemächtigen wollten. Als sich vor etlichen Jahren meine Kräfte
ankündigten, war ich auch verunsichert, suchte gerade meinen Platz in
der Gesellschaft. Doch mein damaliger Mentor führte mich, lehrte
mich, mich in Geduld zu üben und nach und nach meine Fähigkeiten
einzusetzten. Ich war noch lange nicht so Alt wie Du. Ähm,
vergleichsweise, denn wir altern anders als ihr. Aber im Grunde war ich
damals noch ein Kind. Du hingegen hast Dich schon entwickelt. Du
hast bereits Deine Erfahrungen im Leben gemacht, die Dir durchaus
hilfreich sein können.", erklärte der Zwerg.
Sie blieben vor dem Eingang zur Höhle stehen.
""Normalerweise beginnt die "Ausbildung" eines Begabten, wie Du es
bist, schon im Kindesalter. Aber dabei sind sie auch anfälliger, sich für
die falsche Seite zu entscheiden. Adiamus, ja sogar Max und Alicia
werden sich als hilfreich erweisen, bei der Suche nach Dir selbst. Was
die Sache mit Deinen Eltern betrifft...",er seufzte leise," Um ehrlich zu
sein, sie haben den Vampiren gedient. Da Dein Vater Metzger war,
traten sie an ihn heran, um sie mit frischen Tierblut zu versorgen. Deine
Mutter war damals Krankenschwester im ortsansässigen Krankenhaus.
Aus dieser Kombination erhofften sie sich eine konstante Versorgung
sowohl mit tierischem, aber auch menschlichen Blut. Deine Mutter half
Deinem Vater auch viel im Laden, aber auch nur, um ihm den Rücken
frei zu halten, damit er für die Vampire die Lieferungen fertig machen
konnte."
"Woher wissen sie denn das alles?", keuchte John.
"Sie setzten sich ungefähr eine Woche vor ihrem Unfall mit mir in
Verbindung und suchten meine Hilfe. Doch ehe ich einen Ausweg für
sie finden konnte, hatten sie den angeblichen Autotunfall.", sprach
Thaldur in einem gedrückten Ton," Damals wusste noch niemand, was
einmal aus Dir werden würde. Es wurden Vermutungen bezüglich
verschiedenster Verwandte auf Deiner Blutlinie geäussert, aber keiner
bestätigte sich. Selbst Du wurdest das eine oder andere mal getestet.
Aber immer wieder waren die Ergebnisse negativ. Doch nun hat Dein
Weg begonnen."
John schluckte schwer, aber das neue Wissen über seine Eltern baute
ihn auf, denn die Vermutungen, seine Eltern wären bloss Diener dieser
Vampire gewesen, hatte ihn zutiefst erschüttert. Nun machte sich ein
Gefühl des Stolzes breit, das sie versucht hatten, dort auszubrechen.
Auch wenn sie dafür mit dem Leben bezahlen mussten.
Ein kleines Lächeln entstand auf seinen Lippen und als Thaldur dieser
Geste gleichtat, fiel ihm ein Stein vom Herzen.
Sie waren im begriff den Gang zur Bibliothek zu betreten, als John den
Zwerg zurückhielt," Ens hätte ich gerne noch gewusst, woher kommt
Dein Wissen über meine Familie, diese ganzen Geschöpfe und mich?"
"Du musst wissen, wir haben viele Quellen. Die Tiere des Tages und
der der Nacht. Kontakte in den Reihen vieler "Geschöpfe, wie Du sie
nennst, versorgen uns mit Wissen. Halledahl erzählte Dir ja schon, dass
wir durchaus nicht mehr mit der Spitzhacke unterwegs sind, sondern
eher mit Büchern. Unser Wissensdurst wird also aus vielen Quellen
gestillt." Und somit machten sie sich wieder auf den Weg.
Als sie wieder Thaldurs Arbeitszimmer betraten, hatte sich an dem Bild
nicht viel geändert. Halledahl und Adiamus schwelgten noch immer in
Erinnerungen, Alicia hielt sich dezent zurück, folgte aber gespannt den
Erzählungen der beiden. Die natürlich mit steigenden Bierkonsum
immer ausfallender und ausgeschmückter wurden, zumindest was die
Halledahls betrafen. Adiamus hingegen schien der Alkohol nichts
auszumachen.
"Na, habt ihr euch schön unterhalten?", begrüsste Halledahl die beiden,"
wir haben gerade Alicia erzählt, so manches erzählt, was denn so in den
letzten Jahren passiert ist.
Thaldur griff zum Krug und musste feststellen, das Dieser leer war.
"Offensichtlich waren es schwere und durstige Zeiten gewesen.", stellte
dieser fest. Er ging zu einem Fass in der hintersten Ecke, neben dem PC
und zapfte erstmal einen frischen Krug.
Die Becher wurden wieder gefüllt und der Bibliothekar musste noch
etwas loswerden," Bevor wir gleich wieder in die Stadt gehen, habe ich
noch etwas für euch."
Er nahm einen grossen Schluck Bier und machte sich in der
gegenüberliegenden Ecke an einer Truhe zu schaffen und kehrte mit
einem Lächeln zurück,"Fangen wir doch mit Dir, Alicia, an. Sei mir
nicht böse Adiamus, aber es heisst auch hier immernoch Ladies first."
Adiamus hingegen quittierte die Bemerkung mit einer freundlichen
Handbewegung in Alicias Richtung.
Der Zwerg ging zu ihr hin und versuchte, ihr eine Halskette anzulegen.
Der Erfolg stellte sich erst ein, als sich Alicia vom Sofa hinunter
beugte. "Dies ist ein schützender Talisman. Er soll Dich im Falle eines
Angriffs beschützen. Einmal angelegt kann er nur noch von Dir entfernt
werden. Er baut eine Art, wie soll ich es Dir erklären, Schutzschild auf,
wenn Dir jemand etwas böses will."
Nun trat er an den Werwolf und legte ihm etwas in die Pranke," Das
Totem, wonach Du schon so lange suchst. Aktiviere es und es gibt Dir
die Macht über die Erde und Erdgeister. Ich weiss das Du mich schon
bei Deinem letzten Besuch danach gefragt hast, aber damals war nicht
der richtige Zeitpunkt dafür."
Auch für Max hatte er einen kleinen Talisman, den er an seinem
Halsband befestigte,"Auch für Dich, mein kleiner Freund, ein Talisman.
Auf das Dir nichts schlimmes geschehen mag." Max bedankte sich auf
seine weise, mit einem freudigen Bellen und der nassen Zunge durch
das Gesicht des Zwerges.
Lachend fügte dieser hinzu," Tja, er scheint mich verstanden zu
haben..."
"Aber eines noch. Setzt eure Geschenke weise ein. Denn sollten sie
bewusst gegen Unschuldige eingesetzt werden, so machen sie sich
wieder auf den Weg zu ihrem Ursprungspunkt.", fügte Thaldur hinzu.
Einen prüfenden Blick auf die Wanduhr werfend sagte Halledahl," Ich
glaube wir sollten zurück in die Stadt. Die Feierlichkeiten für Chronos
und Plator sollten bald beginnen. Die beiden haben heute Geburtstag
und da gibt es ein wenig zu feiern. Nicht wahr Magister?"
"Oh, die beiden hätte ich fast vergessen. Naja, wir hätten eine wichtige
Ausrede gehabt.", grinste Thaldur," Also, dann lasst uns mal gehen und
den Neuankömmlingen zeigen, wie Zwerge feiern können!"
So machten sie sich auf den Weg zurück zur Zwergenstadt...
Unterwegs fragte Alicia," Was für Festlichkeiten sind das denn?", an
Thaldor gerichtet. Doch Halledahl kam ihm zuvor," Die beiden haben
Geburtstag, das ist immer ein grosser Festakt!"
"Und wie viele Einwohner hat eure Stadt?", hakte sie nach.
"Bei den letzten Zählungen waren wir bei 8923 Bewohnern. Das war im
Dezember. Mittlerweile dürften es mehr sein.", erklärte Thaldor," wir
veranstalten immer im Dezember unsere Zählungen, aber dieses Jahr
sollten wir die 9000 Einwohner schaffen!", ergänzte er stolz.
John begann zu rechnen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass jeden Tag
ein Einwohner Geburtstag hat durchaus sehr hoch anzusiedeln ist.
"Wie ich sehe hat euch die Aussage zum nachdenken gebracht, mein
Lieber. Und ihr habt Recht. Es gibt keinen Tag an dem wir keine
Ehrenbekundungen zum Geburtstag feiern!!", der Bibliothekar schien
seine Gedanken wieder zu lesen.
In dem Städtchen war ein geschäftiges treiben, Sitzmöglichkeiten
wurden von Allenorts herbeigeschafft, herrlich duftendes Essen,
Fässerweise wurde Bier und anderes flüssiges Nass bereitgestellt.
Alles erinnerte irgendwie an eine Kirmes oder Oktoberfest, nur die
Karussells fehlten. Sogar auf einer eigens errichteten Bühne bereiteten
sich Musiker für ein Konzert vor.
Zur allgemeinen roten Beleuchtung gesellten sich noch Fackeln, die in
den Farben des Regenbogens leuchteten. Sogar der Bach in der Mitte
des Parks leuchtete abwechselnd in verschiedenen Tönen.
Eigens für die Besucher wurde mitten unter den Zwergenbänken eine
passende Sitzgelegenheit errichtet, mit dazugehörigen Tischgedecken,
dass verstand sich von selbst.
Sogar Adiamus verschwand für ein paar Minuten, um dann in
Menschengestalt und frischen Kleidern wieder zu kommen.
John ersparte sich die Frage, woher er die Sachen so schnell bekommen
hatte. Stattdessen genoss er das Treiben um sich herum, welches ihn
vergessen liess, in welcher Lage er sich eigentlich befand....
Als alles, was man für ein zünftiges Fest brauchte, anwesend war,
wurde das Fest von einem Redner auf der Bühne eröffnet. Man hielt
sich aber nicht lange mit Reden auf, die beiden Geburtstagskinder
wurden auf die Bühne gebeten, und wurden lautstark von der großen
Meute beglückwünscht.
Dann fingen die Musiker an, lustige und mitreißende Lieder zu spielen,
es wurde getrunken, gegessen und fröhlich gesungen. Die menschlichen
Gäste saßen an Ihrem extra hergerichteten Tisch und es war eine
Wonne, den tanzenden und feiernden Zwergen zuzusehen. Als eine
Mundharmonika ertönte, und eine bestimmte Tonfolge anstimmte,
stürmten noch mehr Zwerge auf die freie Tanzfläche und begannen,
sich in einer riesigen Gruppe aufstellend, alle die selben Schritte zu
tanzen...John sah belustigt zu, es würde ihn nicht wundern, wenn ihm
jemand nun erklären würde, dass Michael Jackson dies eigentlich von
den Zwergen gelernt hätte...
Selbst Max genoss die Zeit unter den lustigen Gesellen, er sprang
fröhlich zwischen den Tanzenden umher, wurde mal hier und mal da
gestreichelt, und auch das ein oder andere Leckerlie fiel für ihn ab.
So verbrachten sie ein paar schöne Stunden unter den Zwergen und
entspannten sich...
Denn schon morgen wollten sie wieder aufbrechen, in eine ungewisse
Zukunft, zumindest für John... Nachdem den Geburtstagskindern genug
Ehre erteilt wurde, durch Wein, Weib und Gesang, wurden Alicia und
John langsam die Lieder schwer. Auch Max war längst nicht mehr so
munter wie noch vor ein paar Stunden, sondern er legte gähnend seinen
Kopf auf die Pfoten, schloss die Augen und ignorierte alles um sich
herum.
Ihnen wurden die Zimmer in einem etwas abgelegeneren Teil des
Städchens gezeigt, in einem Haus, welches von aussen den Anschein
eines zweistöckigen Wohnhauses machte, aber innen nur 4 Betten in
einem grossen Raum verbarg.
John war so ziemlich alles egal. Die Wirkung des Zwergenbieres zog in
seinem Gehirn ein, wie eine Footballmannschaft in ihrem Stadion und
er wollte nur noch schlafen. Er warf sich auf das nächstgelegene Bett
und war binnen weniger Minuten eingeschlafen.
Alicia hingegen nahm das nächstgelegene Bett und machte es sich dort
gemütlich, schaute ihm beim einschlafen zu und kraulte Max Kopf, der
sich seinerseits zwischen den Betten hingelegt hatte.
Als sie langsam den Weg ins Traumland fand, bekam sie noch mit
einem Ohr mit, dass sich auch Adiamus in einem der beiden übrigen
Betten breit machte.
John erwachte spät am anderen Morgen. Er hatte tief und fest
geschlafen, ohne Alpträume, aber dafür musste er irgendwann die Nacht
den Fuss aus dem Bett hängen, um die Welt einzubremsen.
In seinem Magen war ein Betrieb wie auf einem orientalischen Basar,
die Milz feilschte mit der Leber um den Abbau des bösen Alkohols, die
Nieren schimpften mit der Blase, weil diese mittlerweile bis zum
platzen gefüllt war. Bei dem versuch aufzustehen schien sein Hirn der
Schwerkraft zu folgen und gleichzeitig einen heissen Samba zu tanzen.
Schon lange hatte er nicht mehr so einen Kater gehabt. Bei genauerer
Betrachtung war es schon ein ausgewachsener Säbelzahntiger, der sich
seines Körper bemächtigte. " Nie wieder trinke ich mit Zwergen um die
Wette!!", brummelte er leise vor sich hin, einen Brechreitz
unterdrückend.
Er sah sich erst einmal um, suchend, ob sich in seiner näheren
Umgebung ein stilles Örtchen befand. Abgesehen von den 4 Betten war
der Raum leer. Alicia, Max und Adiamus mussten schon irgendwo
unterwegs sein.
Er sah eine Tür in der hintersten Ecke des Raumes und betete, dass dies
die Toilette war. Vor allem natürlich auch, dass sie für seine Grösse
geeignet war.
Er öffnete die Tür einen Spalt und linste hindurch. "Halleluja!!!", rief er
und verschwand in dem Raum. Nachdem er seine Notdurft entrichtet
hatte, wusch er sich notdürftig an dem Waschbecken, welches sich
direkt neben der Toilette befand. Was gäb er nur alles für eine heisse
Dusche.
Wieder halbwegs ansehnlich machte er sich auf den Weg nach
draussen, in die kleine grosse Welt.
Vor dem Haus und in den Gassen war eine grosse Betriebsamkeit. Alle
gingen wohl wieder ihrem Tagwerk nach. "Wenn die Leute hier
wirklich jeden Abend so eine Show abziehen, wundert es mich nicht,
dass die alle im Training sind!", brummelte er in sich hinein.
Aber wo war denn der Rest?
Er schloss kurz die Augen, roch und schaute sich mit seinen erweiterten
Sinnen um.
Tatsächlich wurde er fündig. Die beiden Anderen und Max waren ein
paar Strassen entfernt, zusammen mit Max.
John öffnete die Augen wieder, folgte seinen Instinkten und wurde
sogar fündig.
Nach einer knappen Begrüssung setzte er sich zu ihnen und sah ein
opulentes Frühstück vor sich auf dem Tisch. Sein Magen begann wieder
sein rebellisches Verhalten an den Tag zu legen. Er kämpfte die Gefühle
nieder, begann mit einer starken Tasse Kaffee und nach und nach folgte
auch der Hunger.
"Du hattest ja einen durchaus kriegerischen Abend.", lächelte ihn Alicia
an," Hast Dich ja erfolgreich durch alles durch getrunken, was auf den
Tisch kam."
"Dazu hast Du auch noch mit jedem angestossen der Deinen
Kampfradius zu nahe kam!", lachte Adiamus.
"Und die Folgen des Krieges ziehen immer noch durch meine
Knochen.", bestätigte John und machte sich über das zweite Brötchen
her.
"Ich wollte eigentlich früh zurückkehren, aber das hat sich erübrigt.
Mittlerweile ist es Mittag. Wir sollten uns bald auf den Weg zurück
machen.", schlug Adiamus vor," solange es draussen hell ist, sollten wir
schnell unser Ziel ansteuern."
Die beiden anderen nickten zustimmend.
Nachdem alle gesättigt waren, hiess es Abschied nehmen, von ihren neu
gewonnenen Freunden.
"Ich wünsche Dir alles erdenklich gute mein Freund!", sagte Thaldor,"
Wenn Du irgendwann nicht mehr weiter weisst, meld Dich ruhig, oder
komm vorbei. Du weisst ja jetzt wo wir wohnen. Auch Du Alicia bist
gerne Eingeladen, irgendwann wieder vorbei zu kommen."
"Da kann ich mich nur anschliessen.", fügte Halledahl hinzu,"Ach,
bevor ich es vergesse, hier ist noch etwas für Dich, John.".
Er zückte einen Pocket PC und übergab ihn an John," Da drin findest
Du sicherlich so manche Antworten auf Fragen, die Du Dir noch stellen
wirst."
Thaldur hingegen gab ihm noch eine Karte mit einer Internetadresse,
Emailadresse und Telefonnummer," Die Zeiten der Zauberkugeln und
Brieftauben sind lange vorbei. Falls Du einen Rat brauchst, melde Dich
ruhig!"
John schüttelte ein wenig ungläubig den Kopf, nahm aber die
Geschenke dankend an," Vielen Dank, ich werde mich auf jeden Fall
melden!!"
So verabschiedeten sie sich von einander und verliessen die Stadt der
Zwerge auf einem anderen Weg, der sie in der Nähe des Parkplatzes aus
dem Berg entliess.
Wachsam gingen sie schnell zum Auto, stiegen ein und machten sich
auf den Weg zurück zu Johns und Alicias Quartier...
Auf dem Weg musste John feststellen, dass sein Körper zwar schnell in
der Lage war, Verletzungen zu heilen, sich aber bei einem
ausgewachsenen Kater ein wenig schwerer tat.
Als sie aber die Pension erreicht hatten, war auch diese kleine
Unpässlichkeit vergessen.
John steuerte den Wagen auf den Parkplatz und alle stiegen aus. Max
machte sich schnüffelnderweise wieder auf den Weg, die Wiese zu
erkunden. Während die anderen drei direkt auf das Haus zusteuerten.
Ihre Vermieterin begrüsste alle herzlich und fragte, neugierig wie sie
war, nach ihren Fernbleiben der letzten Nacht. Mit der Ausrede, dass
sie sich auf dem Rückweg verfahren und anderweitig genächtigt hätten,
gab sich die gute Frau zufrieden.
Max wurde erst einmal mit frischen Wasser versorgt, Adiamus mietete
sich kurzerhand auch in der Pension ein, die noch über zwei freie
Zimmer verfügte, um kein grosses Aufsehen zu erregen, wenn er
Nachts mit ihnen um die Häuser zog. Natürlich wollte er in der Nähe
seiner Schützlinge sein.
Er hatte zwar kein Gepäck dabei, aber das fiel der Bäuerin nicht weiter
auf, denn als das Zimmer für die nächste Woche bahr bezahlt wurde
bildeten sich Dollarzeichen in ihren Pupillen.
Nach einer ausgiebigen Dusche trafen sich alle wieder vor dem Haus,
wo die Vermieterin bereits Tee, Kaffee und Gebäck für alle bereit
gestellt hatte.
Alicia war wieder leger gekleidet in Jeans, T-Shirt und Turnschuhen.
Adiamus trug wieder die selbe Stoffhose und Shirt, welche er schon bei
der Ankunft trug.
John hingegen hatte sich seinen neuen Jogginganzug ausgesucht, mit
passenden Laufschuhen und trug sein neues Geschenk in einer Art
Schulterhalfter unter dem linken Arm. Wirklich praktisch, was die
Zwerge nicht so alles aus ein wenig Leder herstellen konnten. Die
restlichen Sachen waren gut in seinem Koffer verstaut.
Er wollte erst einmal ein wenig laufen gehen, da er bei seiner Flucht aus
dem Krankenhaus feststellen musste, wie sehr er doch eingerostet war.
Max folgte ihm bei Fuss, als sie nach dem Kaffee das Haus hinter sich
liessen und auf einen Feldweg einbogen und sich vom Haus entfernten.
Alicia und Adiamus blieben allein zurück.
"Willst Du ihm denn nicht folgen oder sowas?", fragte Alicia.
"Nicht nötig, diejenigen, wie ihm am gefährlichsten werden könnten,
sind nicht in der Lage bei Sonnenlicht wandeln zu können. Und
diejenigen von ihnen, die am Tag wandeln können, sind durchaus zu
schwache Gegner für ihn. Du hast ja gesehen was er vor der Kneipe mit
den drei Kerlen veranstaltet hatte.", antwortete Adiamus.
Johns Weg führte entlang eines Baches, der klar und kalt neben ihm her
floss und in den Max des öfteren sprang, um sich zu erfrischen.
Er hatte ganz vergessen, wie entspannend es doch bei laufen war. Hier
war er ganz allein mit seinen Gedanken, die sich auch durchaus mit
Alicia beschäftigten. Sie gefiel ihm. Nicht nur weil sie vom aussehen
her ihr Typ war. Ihre Ausstrahlung, die Spontanität und
Hilfsbereitschaft ihm gegenüber imponierte ihm. Er konnte durchaus
sagen, dass sie ihm gefiel.
Genau in diesem Moment schlug es in seinem Gehirn ein, wie ein
Donnerschlag. Binnen Sekunden wirbelten Bilder umher, eine wahre
Bilderflut gesellte sich in seine Gedanken.
Vier dunkle Gestalten brachen in ihr Zimmer ein. Einer schnappte sich
Alicia und hielt sie gefangen. Max der ihr mutig zur Seite stand, wurde
achtlos beiseite getreten, knallte gegen einen Pfosten und blieb
regungslos liegen. Er wurde von zwei anderen Gestalten in Schach
gehalten, konnte einen niederstrecken, aber der andere schien zu
mächtig. Der herbeigeeilte Adiamus wurde von dem Letzten schwer
verletzt und kämpfte mit einer Verbissenheit eines Tieres.
Da hörte der Traum auch schon wieder auf.
Die ganze Sache hatte ihn so sehr überrascht, das er gestürzt war und
sich auf dem Gehweg kniend wiederfand, die Hände schützend vor sein
Gesicht geschlagen. Max war herbeigeeilt und leckte ihm besorgt über
die Handrücken. Nachdem er sich ein kleinwenig gesammelt hatte,
streckte er die Hand aus und streichelte ihm dankbar über den Kopf,
drückte ihn fest an sich.
An ein weiterlaufen war nicht mehr zu denken. Was war das nur, ein
plötzlicher Tagtraum, ein Blick in die Zukunft??
Er machte sich schnellstmöglich auf den Rückweg. Wissend, dass es
noch nicht begonnen haben konnte, aber er war durchaus beunruhigt.
Er kam an der Pension an, als Adiamus und Alicia noch zusammen
sassen, sich unterhielten und Kaffee oder Tee tranken.
John gesellte sich zu ihnen und erzählte was ihm eben widerfahren war.
"Das zählt mit zu Deinen Gaben.", erklärte der Werwolf in
Menschengestalt," Du hattest den Einblick in eine Möglichkeit der
Zukunft, konntest sie aber nicht richtig fassen, da sie noch nicht
eingeleutet wurde. Es ist eine Art Fluss, der stetig in Bewegung ist.
Dieser hat die Angewohnheit sich stetig zu gabeln, so dass niemand
wirklich sagen kann was davon wirklich eintreten wird."
"Aber es erschien alles so wirklich. Dazu kam es noch so plötzlich!"
"Das kommt daher, weil Du es noch nicht kontrollieren kannst. Mit der
Zeit und den richtigen Übungen kannst Du es lernen zu nutzen, es zu
halten bis Du den Kopf frei hast um Dich darum zu kümmern.", fuhr er
fort," Dann kannst Du auch bewusst in den Fluss hinein sehen, wann
immer Du es willst."
"WOW, ziemlich harter Tobak!", entfuhr es Alicia.
John jedoch hoffte, dass ihm ein solcher Einblick für die nächste Zeit
erspart blieb.
Sie redeten bis in die frühen Abendstunden, vor allem die Geschichten
von Adiamus, über seinen Stamm, seinen Werdegang, der Untergang
einiger Wesen, die waren wie John. All dies sorgte dafür dass sie die
Zeit und die Welt um sich herum vergassen.
Was John natürlich im Wesentlichen interessierte waren die Wesen, die
Menschen, die so waren wie er. Er hoffte dass er nicht die selben Fehler
machte.
Als der Tag der Nacht bereitwillig Platz machte, gingen sie nach einem
sättigenden Abendessen auf ihr Zimmer. Adiamus beschloss über sie zu
wachen, denn auch ihn beunruhigte etwas, dass er noch nicht in Worte
fassen konnte...oder wollte?
"Kann ich die Nacht bei Dir schlafen?", stellte Alicia die Frage, an John
gerichtet.
"Sicher, gerne.", antwortete dieser und rutschte an das äussere Ende des
Bettes. Er lag noch in seinem Sportdress da, jederzeit bereit Adiamus
zur Seite zu stehen, der wiederum mit verschränkten Armen auf dem
Balkon stand und die Umgebung nicht aus den Augen liess.
Sie rutsche zu John ins Bett, in Begleitung ihres Kissens und Decke,
bekleidet mit Shirt und Boxershort. Sie schmiegte sich an ihn, legte sich
auf seine Brust und war auch schon binnen weniger Minuten
eingeschlafen und gab leise gleichmässige Schalflaute von sich.
John hingegen genoss ihre Gegenwart, die Wärme die sie ausstrahlte,
der Geruch ihres Haares. Und langsam ergriff der Schlaf seinen Körper.
Adiamus hingegen stand immernoch wie ein Fels in der Brandung auf
dem Balkon. Nach wenigen Stunden spürte er etwas. Etwas, jemand,
oder sogar mehrere Wesen auf einmal näherten sich dem Bannkreis.
"John, es geht los!", es war ein Flüsterton, aber er zeigte sofort bei dem
Angesprochenen Wirkung. Er löste sich aus der Umklammerung, zog
sich seine Schuhe an und trat an Adiamus Seite. Das Zimmer lag in
völliger Dunkelheit hinter ihm. Er konnte aber bei einem Blick zurück
erkennen, wie Alicia in seinem Bett lag und leise atmete, geschützt von
Max, der sich, sofort nachdem John das Bett verlassen, in hab acht
Stellung vor dem Bett niedergelassen hatte.
Noch während er dem Blick des Werwolfes folgte, konnte er spüren,
wie sich neben ihm die Verwandlung vollzog, die er schoneinmal
beiwohnen durfte. Nur diesmal ging alles völlig lautlos von statten.
Sogar das zerreissen der Kleidung war in totaler, unnatürlicher
Lautlosigkeit gehüllt.
John konzentrierte sich auf das was vor ihm lag, der Wiese, eine
unnatürlich geschaffene Grenze, der Wald. Zwei unterschiedliche
Gruppen, die sich aus verschiedenen Richtungen näherten. Beiden
lastete der Geruch von Tod an, aber doch waren sie nicht gleich.
Irgendetwas unterschied die beiden Gruppen, aber er konnte nicht
genau sagen was...
Da war doch...genau...
Der Personenkreis, vielleicht 5 Personen, der sich von weiter rechts
näherte, dort konnte er deutlich einen Herzschlag vernehmen. Bei denen
die von weiter links kamen, es mochten 8 sein, fehlte jeder Herzschlag.
"Das kann ja lustig werden!", hörte er eine Stimme in seinem
Hinterkopf. Er war sich nicht sicher, ob es seine eigene Stimme war,
oder die des Wolfes.
Lautlos schlich er ins Zimmer zurück, weckte Alicia, gebot ihr aber still
zu sein und flüsterte ihr leise ins Ohr," Hol schonmal Deine Sachen, es
kann sein dass wir gleich schnell weg müssen."
Sie nickte, zog sich rasch an und tat wie ihr geheissen.
John ging wieder zurück an Adiamus Seite.
Aus den beiden Gruppen wurde eine. Er konnte sehen, dass sich die
ohne Herzschlag schleunigst auf den Weg machten, den Bannkreis zu
überschreiten. Er konnte ihn genau erkennen, er liess ein rotes leuchten
erkennen. Die anderen 5 warteten auf irgendetwas.
Der Erste der Untoten hatte den Bannkreis ereicht und murmelte
irgendwas worauf hin seine Kumpels sich sofort auf den Weg über den
Bannkreis machten. Er sah wie das Leuchten an dieser Stelle des
Kreises, mit jedem der ihn überquerte, schwächer wurde. Er fühlte in
die Nacht hinaus und erschrak über das was er erkannte. Die Untoten
waren Vampire, angeführt von einem der überaus Mächtiger war, als
alle seine sieben Begleiter zusammen.
Als der mächtigste der Vampire als Letzter den Kreis überschritt, folgte
die andere Gruppe. Auch diese konnte er spüren. Es waren normale
Menschen, aber beseelt von einer weitaus stärkeren Macht, die sie von
einem anderen Ort aus lenkte, seine Klauen tief in ihren Seelen
vergraben.
Diesen, zum Leben erweckten, Alptraum betrachtend, griff sich der
Werwolf neben ihm an eines seiner Totem. John erkannte nicht um
welches es sich handelte, aber kurz darauf konnte er die Auswirkungen
spüren. Die Erde vor den Angreifern verwandelte sich in eine sich
immer wieder wiederholende Welle. Eine folgte der anderen. sie
bewegte sich lautlos auf ihre Opfer zu. Dort wo die Beine der ersten
Angriffwelle den Boden berührte, tat sich dieser auf, Pranken aus
Lehm, Erde und Gestein griffen nach den Waden und letztendlich den
gesammten Körpern und rissen sie in die Tiefe, wo sie lautlos
zerquetscht oder auseinander gerissen wurden.
Nur der Anführer der Vampire schien den Angriff bemerkt zu haben
und trat auf eine wabernde Wolke aus Schatten und Dunkelheit und
schwebte weiter heran. Unter der anderen Gruppe schien die Welle,
welche der Wolf geschaffen hatte weniger zu wüten, denn dort riss es
nur den Ersten in die Tiefe. Der Rest sprengte auseinander und vermied
es, in Kontakt mit der Welle zu kommen.
Unter Johns linken Arm begann etwas zu vibrieren. Er öffnete die Jacke
und zog das Schwert aus seinem Halfter. Kaum hatte er es in der Hand,
wuchs es in einem Bruchteil einer Sekunde zu voller Grösse heran. Er
umklammerte es mit beiden Händen, spürte die Kräfte die es in sich
verbarg. Er spürte wie die Runen auf dem Zwergenstahl zu Leben
erwachten.
Ein Strahl, einem Blitz gleich, sprang aus der Klinge hervor und suchte
sein erstes Opfer.
Der Blitz schoss auf den übrig gebliebenen Vampir zu und durchbohrte
die Brust des Wesens, welches sich in dem selben Moment in eine
Gestalt aus Dunkelheit und Schatten verwandelte, in dem der Blitz die
Waffe verliess.
Schmerzen schien ihm der Strahl trotz allem bereitet zu haben, denn
Dieser hielt inne und krümmte sich.
Bei der anderen Gruppe ereignete sich unterdessen etwas anderes.
Gestallten schälten sich aus der Erde. Unförmig, geschaffen aus dem
was die Erde zu bieten hatte, Lehm, Wiese, Stein, alles erfüllten die
Kreaturen und erweckten sie zu Leben. Eine Übermacht von einem
guten Dutzend Golem stürzten sich auf ihre Opfer, entrissen ihnen
Gliedmassen, zertrümmerten Knochen und in nicht einmal einer Minute
waren ihre Gegner überwältigt, ihre sterblichen Überreste in der Erde
gesogen.
John war wie im Rausch, auf der einen Seite der vermeindliche Sieg
über die Angreifer, auf der anderen Seite, der Schreck darüber, dass sich
der Vampir wieder gesammelt hatte und sich wieder auf sie zu bewegte.
Schwebend kam er immer weiter, unaufhaltsam auf das Haus zu.
Golems, die sich ihres neuen Feindes annahmen und herbeigeeilt
kamen, wurden von Schattententakeln in der Luft zerrissen und fielen in
kleinen Klumpen auf die Wiese, ehe die ihrem Opfer auch nur zu nahe
kommen konnten.
Der Wolf drehte sich blitzschnell herum und riss John mit sich in den
Wohnraum," Kommt mit, es gibt einen Ort an den er uns nicht folgen
kann. Nehmt was ihr braucht und nichts wie weg!!!"
John griff sich seine Tasche, Alicia die ihre.
Der Wolf konzentrierte sich einen kurzen Moment trat zur Seite und trat
in die Schattenwelt ein.
Es entstand ein Riss, durch den zuerst Alicia, Max und zuletzt John trat.
Der Vampir hatte den Balkon erreicht, liess noch ein Tentakel hinter
John her schiessen, aber in letzter Sekunde verschwand er im Spalt und
dieser Schloss sich augenblicklich und zerteilte das Gebilde der
Dunkelheit.
Der Ort an dem sie sich wiederfanden, war eine nicht ganz getreue
Kopie ihrer eigenen Welt. Noch nie hatten ihre Augen etwas ähnliches
gesehen. Hier regierten andere Wesen. Gebilde aus Schatten und Nebel
ragten hier und dort aus toter Erde hervor. Farben und wirkliche
Formen gab es nicht. Die Umgebung liess sich nur erahnen.
Alicia stand vor Angst zitternd neben dem Wolf. Auch Max hechelte
ganz aufgeregt, zitterte am ganzen Leib.
John konzentrierte sich darauf, dass sich das Schwert in seine
ursprüngliche Form zurück verwandelte und es gelang ihm auch ohne
Probleme. Nun war es nichts mehr als eine kleine Kopie des Schwertes,
welches er eben noch eingesetzt hatte. Es verschwand wieder in seinem
Halfter und John trat neben die anderen Drei. Max liess ein leises,
ängstliches winseln verlauten und als John ihm durch das Fell fuhr,
zuckte er erschrocken zusammen.
"Wir müssen uns beeilen, damit wir nicht entdeckt werden. Hier treiben
sich einige unsichere Gesellen herum!", mit diesen Worten ging er los,"
Folgt mir und bleibt dicht zusammen! So mancher der vom Weg
abgekommen ist, ward nie mehr gesehen.".
Wie ihnen geheissen, blieben sie dicht beisammen. Alicia und Max in
der Mitte und John bildete das Schlusslicht.
Adiamus legte nicht sein eigentliches Tempo vor, denn er versuchte ein
wenig Zeit zu schinden, damit der Tag begann, wenn sie ihr Ziel
erreichten. In einigem Abstand zogen ab und zu Geister ihre Bahnen an
ihnen Vorbei, den Alicia mit einem gelegentlichen Schrei quittierte.
"Frauen!", reagierte Adiamus mit einem Kopfschütteln," Aber sei nicht
zu laut, denn Manche reagieren auf die Stimmen der Lebenden!" "Sehr
beruhigend...", flüsterte Alicia ihm zu und trat noch näher an den Wolf
heran.
Bei Sonnenaufgang erreichten sie ihr Ziel. Für die Wanderer fühlte sich
die vergangene Zeit wesentlich kürzer an, aber sie waren froh endlich
ihrem Ziel so nahe zu sein.
Sporthotel, was am Wald gelegen, ihren Wünschen entsprach.
Adiamus bat John um ein paar Kleidungsstücke, denn als Werwolf
wollte er nicht aus der Schattenwelt hinaus treten und John gab ihm
bereitwillig aus seiner Tasche ein paar Sachen, die Adiamus passen
könnten.
Sein Fell zog sich unter die darunterliegende Haut zurück, Muskel und
Knochen bildeten wieder normale Ausmasse und vor ihnen stand wieder
der ältere Herr, den sie bereits kannten.
Nachdem dieser sich wieder angezogen hatte, er wirkte ein wenig
unglücklich, denn die Sachen waren ihm ein wenig zu gross, traten sie
gemeinsam aus der Schattenwelt heraus, in ein Waldstück in dass
gerade der Tag einzug hielt und die ersten Sonnenstrahlen ihren Weg
durch die Baumwipfel suchten.
"Wo sind wir hier?", kam Alicia John zuvor.
"In einem Waldstück am Rande eines Städtchens im Westerwald. Hier
ist neutraler Boden. Alle Geschöpfe, sowohl die der Naturvölker, des
Lichts und der Dunkelheit haben einen Pakt geschlossen, dass hier auf
diesem Fleckchen Erde niemals, ich betone nochmal, niemals etwas
böses geschehen darf. Es ist eine Art Zufluchtsort für alle die, die den
Frieden lieben. Verstösse werden aufs Schärfste geahndet und verfolgt
und auch strengstens überwacht.", erklärte Adiamus," Hier sind wir
sicher, auch ein Wesen wie Claudius, den ihr eben gesehen habt, oder
auch ich...wir alle müssen uns an diesen Pakt halten. Lasst uns doch
ersteinmal nach einer geeigneten Unterbringung suchen. Dort können
wir in Ruhe über alles reden, auch wie und wann es mit Deiner
Ausbildung losgehen soll."
Sie traten aus dem Wald hinaus und folgten einem Waldweg in
Richtung Zivilisation.
Der Pfad führte sie, vorbei an einem Tennisplatz, direkt zu einem
Adiamus übernahm die Formalitäten. Das anfängliche Misstrauen den
Neuankömmlingen gegenüber, verschwand im Laufe des Gespräches
und machte ausgesprochener Höflichkeit platz.
Zufrieden nahmen sie die Schlüssel für zwei Zimmer entgegen und
begaben sich auch auf direkten Weg dort hin.
John und Alicia teilten sich ein Zimmer, das waren sie ja schon
gewohnt, Adiamus hingegen zog es vor, auch für den Schein der
Normalbürger, ein eigenes Zimmer in Anspruch zu nehmen.
Nachdem sie die Zimmer bezogen hatten, ging es erst einmal in den
Speiseraum, um ein ordentliches Frühstück zu sich zu nehmen. Auch an
Max wurde dabei gedacht...
Nach einem ausgiebigen Frühstück entschlossen sie sich, den Tag ohne
große Aktivitäten zu verbringen. Sie blieben auf der Terrasse sitzen und
ließen sich kalte Getränke bringen. Da sie etwas abseits saßen, konnte
keiner der anderen Gäste ihre Gespräche mithören. Max hatte sich zu
John`s Füßen wohlig zusammengerollt, er hatte sich von Ihrer Reise
durch die Schattenwelt wohl gut erholt, auch Alicia hatte wieder Farbe
im Gesicht.
„John“, begann Adiamus, „wir müssen bald mit Deiner Ausbildung
beginnen. Leider können wir uns nicht ewig hier zurückziehen, so
verlockend das auch ist. Aber die anderen werden immer ungeduldiger
und versuchen nun immer forscher, Dich für sie zu gewinnen, jetzt, wo
sie Deine aufkeimenden Kräfte spüren. Claudius ist ein sehr mächtiger
Vampir, und er wird keine Ruhe geben, bis er Dich entweder in seiner
Gewalt hat, oder Du tot bist, sofern Du Dich ihm nicht unterordnest. Du
bist ihm nur gewachsen, wenn Du Deine Ausbildung zu Ende gebracht
hast, und Deine Kräfte perfekt einzusetzen weißt.“
„Und wie würde die Ausbildung aussehen?“, fragte John. Alicia sah ihn
bewundernd an, sie spürte, dass er sich entschlossen hatte, nicht
kampflos aufzugeben und sich seinem Schicksal in den Händen dieses
Claudius zu ergeben.
„Es gibt Orte, wie diesen hier an die wir uns zurückziehen würden, wo
selbst Claudius uns nicht so schnell finden kann, bzw. uns nichts tun
kann, zumindest eine zeitlang nicht.“, begann Adiamus. „Ich kann Dir
zeigen, welche Kräfte Du besitzt und wie Du sie einsetzen kannst, z.B.
diese von gestern, das Einblicken in die Zukunft, oder das Übertreten
und Wandeln in der Schattenwelt. Ich kann Dich in Kampftechniken
ausbilden, einer meiner Spezialitäten“, Adiamus grinste. „Ich kann Dich
lehren, Deine Kräfte zu kontrollieren, Dich zu beherrschen, dass Du
immer gerade die Kräfte und Fähigkeiten abrufen kannst, die Dir gerade
nützlich sein könnten. Natürlich kann ich Dich auch alles lehren, was
das „Wolf sein“ betrifft, um es mal so auszudrücken. Auch Du wirst
eines Tages in der Lage sein, Dich zu verwandeln. Du kannst von allen
Wesen die Kräfte annehmen, sei es die eines Werwolfes oder die eines
Vampirs. Du musst nur wissen wie man das steuern kann. Und Du
musst lernen, wie man die Schwächen der jeweiligen Gattung
ausblenden kann, z.B. den Blutdurst, den Du vor kurzem ja in seiner
übermächtigen Art zu spüren bekommen hast.“
John rutschte auf seinem Stuhl hin und her…ob Adiamus sicher war,
dass er da den richtigen gefunden hatte…das sollte er alles können…ER
??
„Und das ist noch nicht alles“, setzte Adiamus wieder an, als hätte er die
Gedanken von John gelesen…“Ich kann Dir vieles beibringen, ich bin
alt und mächtig, und Du weißt nur einen kleinen Teil von mir, aber
selbst ich kann Dir nicht alles zeigen. Es gibt Verbündete, die genauso
an dem Gleichgewicht und dem Fortbestand ihrer Rasse interessiert
sind, und mir helfen. Da sind zum Beispiel meine großen Freunde, die
Zwerge. Sie sind mächtige Magier und wissen eine Menge. Von ihnen
kannst Du alles was Magie betrifft lernen und auch, sie einzusetzen und
mit Deinen anderen Fähigkeiten zu kombinieren. Auch gibt es einen
kleinen Vampirclan, die Dir die Geheimnisse ihrer Spezies beibringen
werden und Dich mit den Stärken und Kräften eines Vampirs vertraut
machen.
Ich biete Dir mein ganzes Wissen ,das meiner Freunde und Vertrauten,
damit Du Dich für die richtige Seite entscheidest und Deine Kräfte
weise einsetzen kannst.“
Adiamus nahm sein Glas und tat einen tiefen Schluck…John sah Alicia
an, die ungläubig dem Gespräch gelauscht hatte und verstört Adiamus
anblickte. Sie bemerkte John`s Blick und drehte den Kopf zu ihm um.
„Na, da bist Du aber eine gute Partie“, versuchte sie einen Scherz zu
machen, der ihr aber nur mittelmäßig gelang.
„Es wartet eine Menge Arbeit auf uns!“, sagte ihr tierischer Freund,
aber lassen wir es für heute gut sein. Wir sollten nachher noch ein
wenig die Gegend erkunden, dieses ist hier zwar sicherer Boden, und
die Anderen dürfen hier ihre Kräfte nicht gegen uns einsetzen, aber sie
dürfen anwesend sein. Und man sollte immer wissen, wer sich in seiner
Gegenwart aufhält.“
Es war schon früher Nachmittag als sie sich in die Zimmer
verabschiedeten, um sich etwas frisch zu machen und sie wollten sich
abends nach dem Abendessen auf den Weg machen, um die Gegend zu
inspizieren.
Gesagt, getan. Es war schon dunkel, als sie sich auf den Weg machten.
Adiamus ging vor, John folgte mit Alicia und Max sprang mal ein paar
Meter vor, kam dann wieder zurück, umrundete sie, um dann wieder
nach vorne zu preschen. Anscheinend fühlte er sich ziemlich sicher
hier, in diesem kleinen Städtchen…
Sie gingen am Waldrand entlang und manchmal spürte John die ein
oder andere Präsenz von anderen Wesen, die ihnen wohl gefolgt waren,
aber bei weitem nicht so mächtig waren, wie dieser Claudius am Tag
zuvor…
Er entspannte sich und übte ein wenig, mit seinen neu gewonnen Sinnen
die Gegend zu erforschen.
Max stöberte im Gebüsch und an Baumrinden herum, Adiamus
schlenderte entspannt vor Ihnen her und auch Alicia genoss im Stillen
die frische Abendluft. Plötzlich ließ Max einen kleinen Schmerzlaut
ertönen und rieb sich seine Nase an der rechten Vorderpfote. John
drehte blitzschnell den Kopf in seine Richtung und erspähte ein kleines
Eichhörnchen, daß die Baumrinde geschwind hochkletterte. Max sollte
sich besser andere Spielgefährten suchen, dachte John schmunzelnd.
Sie gingen einen kleinen Berg hinunter, der durch eine Siedlung führte
und nach einem Stück horizontaler Straße, ging es wieder einen Berg
hinauf. Es war schon am späteren Abend und kein Mensch auf der
Straße zu sehen.
Sie erklommen die steile Straße und nur Max` Hecheln und Alicias
lauter, angestrengter Atem war zu hören, Adiamus und ihm war die
Anstregung weder anzusehen noch anzuhören.
In der Mitte der Straße hörten sie aus einem Haus zu ihrer rechten Seite
lachenden Lärm, was nur auffiel, weil sonst überall absolute Stille
herrschte. Als sie auf der Höhe des Hauses waren, ging plötzlich an der
Hausfront ein Rolladen mit ordentlichem Krach nach oben. Max sprang
bei dem unerwarteten Lärm erschrocken zur Seite und alle seine drei
menschlichen, fast menschlichen Begleiter, drehten die Köpfe nach
rechts. Das Fenster, welches unter dem Laden zum Vorschein kam,
wurde ruckartig geöffnet und ein qualmender Tisch bekam seine wohl
erste Flugstunde. Dieses wurde von vier Bewohnern mit freudigem
Lachen quittiert, als sie ihre Köpfe zum Fenster rausstreckten und
nachsahen, wo denn der Tisch gelandet war. Und genauso schnell, wie
der Rolladen hochgezogen und das Fenster geöffnet wurde, genauso
schnell wurde es wieder geschlossen und der Laden wieder
runtergelassen.
Fasziniert waren die vier kurz stehen geblieben und hatten dem
Schauspiel beigewohnt. Kopfschüttelnd setzen sie sich wieder in
Bewegung und marschierten den Berg zu Ende nach oben. John wurde
nach dieser Beobachtung schmerzlich bewusst, dass sein normales,
unbekümmertes Leben wohl vollends zu Ende war…
Sie drehten eine große Runde und schauten sich aufmerksam um, doch
entdeckten sie nichts ungewöhnliches oder gar gefährliches…
Sie gingen ohne großes Reden zurück zu ihrem Hotel und verbrachten
die erste Nacht im Westerwald…
Am nächsten Morgen war John schon früh erwacht, er hätte prächtig
geschlafen, leise streckte er sich und schaute neben sich. Alicia schlief
noch tief und fest. Sie waren gestern Abend gleich ins Bett gegangen,
hatten gar nicht mehr viel gesprochen und waren sofort eingeschlafen,
sie hatten wohl etwas Nachholbedarf, denn die Nacht davor hatten sie ja
nicht viel Schlaf abbekommen.
Max regte sich auch neben dem Bett, als er merkte, dass sein neues
Herrchen erwacht war…“Na, mein Freund, wie wärs mit ein bischen
Bewegung draußen an der frischen Morgenluft?“, flüsterte er Max zu.
Der hatte sofort verstanden, stand auf, streckte sich, und flitze leise
durch das Zimmer, schnappte sich John`s Jogginghose und schleppte
sie zum Bett. Leise stand er auf, schlüpfe in die Hose rein, zog sich die
passende Jacke über und zog seine Turnschuhe an…Als die beiden das
Zimmer verließen, grunzte Alicia lautstark, schmatze mit der Zunge
und drehte sich auf die andere Seite.
Unten im Hotelgarten angekommen, dehnte sich John ein wenig und
machte sich warm…Überrascht entdeckte er am Waldrand Adiamus,
der im Schneidersitz auf dem feuchten Morgengras hockte und wohl am
meditieren war. Er joggte langsam zu ihm rüber. Adiamus öffnete nicht
mal die Augen, als John fast an ihn herangekommen war, sondern
begrüßte ihn mit einem „Oh, heute auch ein Frühaufsteher…?“
„Ich wollte mit Max ein wenig joggen gehen, willst Du uns begleiten?“
„Nein“, entgegnete der alte Mann, "ich bleibe hier, denn einer muß ja
auf unsere Frau in der Meute aufpassen“, grinste er, “Außerdem gibt’s
doch bestimmt bald Frühstück. Ich habe einen Wolfshunger…“, und
sein Lächeln wurde noch breiter…John grinste zurück und machte sich
mit Max auf den Weg…
Er lief ein langes Stück am Waldrand entlang, bog auf einen Feldweg ab
und lief querfeldein…Max immer treu hechelnd an seiner Seite, er hatte
heute wohl beschlossen, nicht auf Eichhörnchenjagd zu gehen.
Sie drehten eine große Runde um das Städtchen herum und mussten am
anderen Ende ein Stück auf der Straße laufen, wo John eine Brauerei
entdeckte. Und sofort kam ihm das Zwergenbier wieder in den Sinn und
auch der mächtige Kater am Tag danach hämmerte in seinem
Gedächtnis, das er gleich den Blick von der Brauerei abwandte…
Max und er machten sich daran einen kleinen Berg zu erklimmen, der
zu einem Friedhof führte. Von da an zweigte wieder ein Weg ab, der
Richtung Hotel führte. Sie waren in einem guten Tempo unterwegs und
das Hotel war nicht mehr weit entfernt, er konnte schon die Terrasse
erkennen, Max lief mal wieder ein Stückchen voraus, und war hinter
einer Wegbiegung verschwunden…
Plötzlich drang Reifenquietschen an sein Ohr und fast im selben
Moment hörte er Max entsetzlich jaulen, dann nur noch ein leises
Wimmern…John beschleunigte seine Schritte, schoss um die Kurve und
sah nur noch eine große Limousine, die unten an der Straße mit einem
Höllentempo hinter der nächsten Kurve verschwand…und dann sah er
Max…er lag auf der Seite, Blut lief ihm aus seinem linken Ohr und sein
Bauch hob und senkte sich nur noch ganz schwach…
Ein schriller Schrei drang an John`s Ohr, Alicia! Sie war ihm entgegen
gegangen, als sie von Adiamus erzählt bekam, dass er mit Max zum
joggen unterwegs war. Die letzten Meter bis zum verletzten Max kam
sie angelaufen und schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund.
„Ist er…ist er tot…?“, stotterte sie entsetzt…
„Es hat ihn wohl schwer erwischt, wir müssen ihn sofort zu einem
Tierarzt bringen!“
John ließ sich neben Max auf den Boden nieder, und streichelte ihm
beruhigend über das Fell…Max ließ ein ganz leises Seufzen hören, dass
so leise war, dass nur John`s feine Ohren es wahrnehmen konnten.
Er flüsterte Max beruhigend zu und wollte seine Arme unter den Körper
des Hundes schieben, als er bemerkte, dass Max`s Flanke sich nicht
mehr hob und senkte…entsetzt hielt er sein Ohr an den Bauch des
Hundes, aber er hörte nichts…er horchte mit seinen neuen, feineren
Sinnen, nach der winzigen Chance, doch noch einen Herzschlag
wahrnehmen zu können, aber da war…Nichts!
Ihm schossen die Tränen in die Augen…Alicia war neben ihm und ließ
sich zu Boden fallen und hob den Kopf des Tieres….“Nein, Max…bitte
stirb nicht…hörst Du…“
John unterdrückte den Drang, einfach aufzustehen und dem Auto
nachzulaufen, und malte sich in sekundenschnelle die grässlichsten
Sachen in Gedanken aus, die er mit dem Fahrer machen würde, wenn er
ihn erwischt hatte. Der würde sich wünschen, an diesem Morgen nie
aufgestanden zu sein…
Alicia schlug schluchzend die Hände vors Gesicht und John streichelte
Max weiches Fell. Er sah den neuen treuen Freund voller Liebe an und
plötzlich spürte er, wie eine ungeheure Hitze unter seinen Händen
entflammte.
Er wandte den Blick von Max`Gesicht zu seinen Händen ab , die ruhig
auf Max Hals lagen und entdeckte ein warmes rotes Licht, welches
zuerst flackerte, dann aber immer heller zu lodern begann. Alicia hob
den Kopf und sah ungläubig zu John, dann zu dessen Händen, dann
wieder zu John. Dieser begriff allmählich, was dieses bedeuten könnte
und konzentrierte sich vollends auf einen Gedanken in seinem
Kopf…instinktiv schloss er sie Augen und murmelte etwas in einer
Sprache, die Alicia nicht verstand und John hundertprozentig auch
nicht, wenn man ihn danach fragen würde.
Er wisperte Reime und drückte seine Hände fest auf Max Hals, und das
rote Licht leuchtete mit einer unglaublichen Kraft und Helligkeit und
plötzlich erlosch es…
John sackte erschöpft in sich zusammen und zog seine Hände an sich
und begutachtete die Innenflächen. War das gerade wirklich passiert…?
Anscheinend ja, denn Alicia schaute ihn an, als käme er von einem
anderen Stern…dann drehten sie beide ruckartig die Köpfe zu Max,
denn…hatte sich da gerade eine Pfote bewegt…? Konnte das wirklich
sein…?
Gebannt starrten sie den Hund an, und tatsächlich, die rechte Pfote
bewegte sich…Max hob den Kopf, setzte sich halb auf, schüttelte sich
etwas benommen und schaute John an. Als dieser ihn erleichtert
umarmte, schleckte Max mit der ganzen Länge seiner rauen Zunge
durch dessen Gesicht…Alicia fiel in ein glückliches Lachen und auch
John stimmte mit ein…Max lebte!
Er versuchte aufzustehen, war die ersten Schritte etwas wacklig auf den
vier Beinen, aber dann traute er sich wieder etwas mehr zu und sprang
umher…John traute seinen Augen kaum, war er das gewesen…?
Sie machten sich auf den Weg zum Hotel und sahen immer noch
fassungslos Max zu, der ein paar Schritte vor ihnen ging und sich
anscheinend pudelwohl fühlte.
Die beiden sprachen kein Wort, das gerade Gesehene und Erlebte
steckte ihnen noch zu frisch in den Knochen. Als sie der Terrasse des
Hotels näher kamen, entdeckten sie Adiamus und steuerten geradewegs
auf ihn zu…
Dieser schaute ihnen entgegen und lächelte…mit einem wissenden
Glitzern in den Augen…
Bei dem nun folgenden Frühstück war eine gewisse Anspannung unter
den Anwesenden zu bemerken. Irgendwie wollte keiner den Anfang
machen, um über das Vorangegangene zu sprechen. Das Thema wurde
mit Kaffee und Tee heruntergespült.
Adiamus war Derjenige, der das Eis brach.
"Wie ich eben bemerkt habe, hast Du von Deinen heilenden Kräften
gebrauch gemacht. Statt dem Fahrer des Autos hinterher zu jagen um
Rache zu üben.", stellte er fest.
"Ich weiss nicht genau was dort passiert ist, aber auf sonderbare Art
und weise, als ich Max dort liegen sah...da ist es einfach passiert."
"Das ist eine Deiner vielen Gaben. Heilende Kräfte, wodurch Du in der
Lage bist, Verletzungen zu heilen und sogar Personen wieder ins Leben
zurück zu holen, die gerade erst an der Schwelle zur Ewigkeit stehen.",
erklärte Adiamus."
"Woher weisst Du davon, Du warst doch weit entfernt?", mischte sich
nun auch Alicia mit ein.
"Weil er es fühlen kann, genau wie ich. Bevor ich um die Ecke erannt
bin, wusste ich schon was passiert war. Genauso wie ich weiss, dass vor
wenigen Minuten ein LKW im hiesigen Kreisel einer alten Dame
ausgewichen ist und dabei den Brunnen gerammt hat. Die ausströmende
Welle hat die Dame von den Füssen gerissen und nun ist liegt sie mit
einer Gehirnerschütterung auf der Strasse und wird gerade versorgt!",
erzählte John.
Alicia sah ihn mit grossen Augen an,"Wo...Woher weisst Du das?"
"Hmm, bis vor 10 Sekunden wusste ich nicht einmal das es hier einen
Kreisel im Ort gibt. Es kam einfach so."
"Er kann Dinge sehen, die Passieren werden, aber auch welche die
gerade passieren. Ein Ereignig, bei dem jemand verletzt wird, sendet
eine Art Signal aus, welches er, oder auch ich, empfangen können. Stell
Dir das ganze als eine Realityshow vor. Bloss dass die Dinge wirklich
passieren!", erklärte der Wolf," mit der Zeit werden diese
Empfindungen immer stärker und Du musst lernen sie zu unterdrücken
und nur die auszusuchen, die Dir von nutzen sind."
"Wenn das so ist, sollten wir wirklich bald anfangen, denn auf diese Art
Fernsehprogramm kann ich gern verzichten..."
"Wann immer Du willst. Wir können gern nach dem Essen anfangen,
aufgewärmt hast Du Dich ja bereits beim Laufen.", lächelte Adiamus.
Die kommenden Tage brachten John und Adiamus damit zu,
Atemtechniken zu trainieren, Konzentrationsübungen,
Nahkampftechniken und Ausdauertraining zu absolvieren.
Besonders hart waren dabei die Konzentrationsübungen und die
Kampftechniken. Die einzelnen Übungen zogen die beiden an den
verschiedensten Orten durch, ob im benachbarten Schwimmbad, unter
Wasser, tief verborgen im Wald, nahe der angrenzenden Autobahn mit
der parallel verlaufenden Schnellbahntrasse. Überall musste John sich
dem harten Training unterziehen. Aber es tat auch irgendwie gut, auf
ein Ziel hin zu arbeiten, seinem zukünftigen Leben.
Sogar Alicia, die sich zwischenzeitig immer mal wieder an ihren Laptop
setzte um ein wenig Fernarbeit zu betreiben, half John bei seinem
Training. Sie konnte gut Tennis spielen und somit war sie beste
Trainingspartnerin für diese Aufgabe am hauseigenen Tennisplatz.
Am angrenzenden Golfplatz versuchten Alicia und John ihr Glück auf
der so genannten Driving Range. Mehr oder weniger geringen Erfolg.
Adiamus hingegen zog in dieser Zeit mit Max lieber mit Max um die
Ecken. Mittlerweile verstanden sie sich ganz gut, obwohl bekannter
weise Hunde keine grossen Freunde der Werwölfe waren und sind.
Aber aus irgendeinem Grund vertrugen sie sich.
Max war auch Johns Trainer für das Laufen. Die Strecken die sie
täglich hinter sich brachten wurden von Tag zu Tag länger.
Zum Glück regenerierten die Zahlreichen blauen Flecken und Wunden,
die John täglich erlitt, in einer raschen Geschwindigkeit, so dass keiner
in dem Hotel auch nur von dem Verdacht schöpften, was sie taten.
Sogar einen Mietwagen konnten sie mittlerweile ihr eigen nennen, da
sie auch zwischendurch das eine oder andere Mal einkaufen fahren
mussten. Adiamus Garderobe musste aufgefüllt werden und auch Johns
Sachen litten sehr unter den Übungen, so dass eine Reinigung der
Kleidung nicht mehr nötig war, da die übrig gebliebenen Fetzen nicht
mehr als Hose oder Shirt zu erkennen waren.
Worauf sie aber strengstens verzichteten, waren der Einsatz
irgendwelcher Fähigkeiten, da dies für zu Auffällig abgetan wurde und
sie befürchten mussten, Konsequenzen dafür tragen zu müssen.
An dem nun folgenden Samstag beschlossen sie, einen Tag
Entspannung einzulegen. So fuhren sie mit dem Mietwagen in das nahe
gelegene Koblenz. John fand sich schon immer bestens im
Rechtsverkehr zurecht und auch die deutsche Sprache war ihm, dank
eines grossen Kundenstammes, bestens vertraut. Auch Alicia und
Adiamus sprachen beide fliessend die Landessprache, auch wenn ihnen
so manche Begriffe nicht so ganz geläufig waren. Aber sie lernten
schnell, denn die Einheimischen gaben gern Auskunft über ihren
Dialekt und die speziellen Begriffe, die sie benutzten.
In Koblenz angekommen, führte sie ihr Weg ersteinmal in die
Shoppingmeile, denn sie wollten sich für die nächste Zeit mit frischer
Kleidung versorgen, denn ihr Verschleiss war sehr hoch.
Ausserdem war es Adiamus Idee, noch eine zusätzliche Tasche mit
Ersatzkleidung im Auto zu hinterlegen, falls sie schnell verschwinden
mussten.
Mit einer Menge Tüten bestückt ging es dann auch auf den Weg zurück
zum Auto, dort verstauten sie alles und beschlossen auf ein Mittagessen
zurück zu gehen, um sich zu stärken.
Nachdem alle satt waren, inklusive Max natürlich, brachen sie auf, die
Sehenswürdigkeiten unter die Lupe zu nehmen.
Am deutschen Eck, an dem Zusammenfluss von Mosel und Rhein
gelegen, begannen sie ihre Rundreise. An der Statue angekommen,
folgten John und Alicia den anderen Touristen auf die
Aussichtsplattform, direkt unter der Statue von Kaiser Wilhelm und
seinem Ross.
Adiamus blieb mit Max unten und genossen die Aussicht auf das
fliessende Gewässer, denn er konnte den Kaiser schon damals nicht
leiden. Ausserdem war dieser der Grund gewesen, warum Adiamus eine
Zeitlang aus Deutschland verschwunden war. Angeblich eine
Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden, aber in Wirklichkeit
ging es mal wieder um das Ewige Streitthema, warum auch Kriege
entflammten...eine Frau!
Erst Jahre nach dem Tod von besagten Kaiser führte ihn sein Weg
wieder nach Deutschland.
John und Alicia liessen sich die frische Luft um die Nase wehen. Alles
erinnerte irgendwie an Urlaub. Ja, die beiden genossen die Zeit
zusammen.
Als nächstes wollten sie auf die Festung Ehrenbreitstein, eine
Festungsanlage, die bestens erhalten war und die direkt gegenüber, auf
der anderen Rheinseite lag.
Oben angekommen machte ein Schild die kleine Gruppe darauf
aufmerksam, dass die Burg heute Geschlossen sei. Warum auch immer.
Sie liessen sich die Stimmung aber nicht vermiesen und machten sich
auf den Rückweg.
Es war Nachmittag, als sie zurück kamen.
Sie legten ihre eben gekauften Sachen im Schrank, auch die
Notfalltasche war mittlerweile gepackt und im Kofferraum verstaut.
Alicia, John und Max zog es auf die Sonnenterrasse, während Adiamus
ein wenig spazieren wollte.
John zog seinen neuen Mini Computer hervor, den er von den Zwergen
geschenkt bekommen letzte Nacht geladen hatte. Er wollte nun doch
mal wissen, was dieses kleine Teil so drauf hatte.
Doch kurz nach dem einschalten kam schon wieder die erste Hürde.
Ein Passwort.
Aber nicht im herkömmlichen Sinn, sondern eine Art Bild, das sich aus
vielen kleinen Bausteinen zusammensetzte, die in die richtige Endform
zusammengesetzt werden mussten.
"Na toll, ich bekomme ein neues Spielzeug, aber ich komme nicht dazu,
es zu benutzen!", ärgerte sich John.
"Warum, was hast Du denn?"
"Ach, anstelle eines Passwortes muss ich hier Bildchen
zusammensetzen. Eine Art Puzzle. Dann komme ich erst zu dem
Eigentlichen. Mist!", fluchte John.
"Lass mal sehen!", bot Alicia ihre Hilfe an.
John reichte ihr den Computer und sie versuchte ihr Glück. Aber nach
dem dritten Versuch gab sie es auf.
"Dabei war ich früher immer so gut darin!!"
John beschäftigte sich noch eine weile mit seinem Spielzeug, aber gab
es dann auf, denn sein Magen rief zum Abendessen. Der Geruch einer
däftigen Brotzeit stieg ihm in die Nase.
Auch Alicia folgte dem Ruf, nachdem er ihr aufgezählt hatte, was drin
alles aufgetischt wurde.
Sogar Adiamus kam rechtzeitig um sich zu seinen Schützlingen zu
gesellen und mit ihnen zu Abend zu essen.
"Was machen wir denn nun mit dem angebrochenen Abend?", fragte
Alicia, nachdem alle gesättigt waren und der Ober eine Runde
Feuerwasser zum nachspülen brachte. Feuerwasser war eine gute
Umschreibung, denn der Schnaps wurde brennend serviert.
"Ich weiss es nicht", sagte John ratlos.
"Ich auch nicht.", schloss sich der Werwolf an.
"Hmm, dann frage ich doch mal den Ober, vielleicht hat der eine
Ahnung, wo sich die Einheimischen hier so rumtreiben.", mit diesen
Worten verschwand sie an die Theke.
Nach wenigen Minuten kam sie freudestrahlend wieder zurück.
"Ich habe da so den einen oder anderen Vorschlag, um den Abend in
diesem Örtchen ausklingen zu lassen. Ich habe auch schon entschieden,
Widerspruch wird nicht geduldet! Ihr entschuldigt mich kurz...", und
schon war sie wieder fort, aber diesmal in Richtung Zimmer.
Ein wenig Ratlos schauten die beiden Verbliebenen sich an.
"Sie geht sich sicherlich frisch machen, das heisst, wir haben noch
Zeit!", witzelte John.
Es dauerte keine fünf Minuten und Alicia war wieder zurück. Sie trug
dezente Schminke, und einfache Jeans, ein knappes Top und schwarze
Schuhe. "Wir siedeln um in eine Kneipe. Dort spielen sie angeblich
auch ein bisschen Musik aus unserer Jugend!", freute sie sich an John
gewand.
Die männlichen Begleiter nickten sich zu und standen auf.
"Ich befürchte zwar, dass sie meine Musik aus der Jugend nicht spielen,
aber nichts wie hin. Hier ist es mir zu ruhig!", spottete Adiamus.
Ihr Weg führte sie wieder an dem Haus vorbei, aus dessen Fenster vor
einer Woche der qualmende Küchentisch geflogen war, aber diesmal
war dort alles still, auch waren keine Beweise mehr im Vorgarten, für
diese Aktion.
An einer alten Kirche vorbei, führte sie ihr Weg, in das, was die
Einwohner "Altstadt" nannten. In deren Mitte eine gemütliche Kneipe
stand, auf die Alicia zielstrebig zusteuerte.
Musik drang durch die geschlossene Tür, es klang nach guten, alten
Partyhits und Trinkschlagern.
Sie traten ein. Kurz hinter der Eingangstür sass ein männliches Wesen,
vielleicht Anfang 20 und drückte jedem einen Zettel in die Hand, einen
Verzehrschein.
Als er etwas zu Adamus bezüglich dem Mitbringen von Hunden sagte,
funkelte der ihn nur aus zusammengekniffenen Augen an.
Augenblicklich sagte sein Gegenüber nur," Viel Spass hier!" und
wandte sich zu seinen Bekannten oder Freunden zu.
Links von ihnen, auf einer Art Empore sass ein Club von Halbstarken,
die sich im Kampftrinken übten und dies, wie sie aussahen, schon ein
wenig länger.
Ein freundlich aussehender Wirt hinter der Theke, der gerade beim
befüllen von Gläsern war, zeigte John mit einem Kopfnicken in
Richtung eines freien Tisches zu seiner Rechten, ganz in der Ecke.
Schnell nahmen sie den Tisch in Beschlag, Max verkrümelte sich unter
den Tisch und es dauerte auch nicht lange, bis die Bedienung ihre
Bestellung entgegennahm.
Ihre Getränke standen schnell vor ihnen und in kürzester Zeit ging es
schon zur zweiten Runde. Sie lauschten der Musik aus der Konserve,
witzelten über den ein oder anderen Besucher und da stand auch schon
die nächste Runde vor ihnen.
Johns Sinne meldeten sich schon kurz bevor die Tür aufging und ein
bekanntes Gesicht das Lokal betrat.
Alicia zuckte innerlich zusammen, in John stieg die Wut hoch und
Adiamus war ebenfalls ein missfallen der Lage anzusehen. Er legte
John mit einer beruhigenden Geste die Hand auf die Schulter, als der
Neuankömmling einen Verzehrschein entgegennahm und auf ihren
Tisch zusteuerte.
"So trifft man sich wieder, meine Freunde!!", die letzten Worte betonte
er auf eine übertriebene Weise. Unter dem Tisch war ein leises knurren
zu hören. "Ich freue mich euch zu sehen. Ganz besonders euch John.
Wie geht es ihnen?", begrüsste er die Runde, nahm sich einen Stuhl
vom Nachbartisch und setzte sich zu ihnen.
"Bis eben gings noch ganz gut!", brummte John und nahm einen tiefen
Schluck Bier.
"Was willst Du Claudius?", fragte Adiamus.
"Was wird meine Wenigkeit schon wollen. Schauen wie es euch geht.
Ob ihr alle die Reise gut überstanden habt, wie es mit eurer Ausbildung
läuft.", erklärte der Angesprochene.
"Es ist alles bestens und wir würden am liebsten in Ruhe gelassen
werden.", sagte John verärgert.
"Aber...Aber, wer wird denn so unhöflich sein. Ich bin doch gerade erst
in diesem schönen Städtchen angekommen. Ich glaube mir gefällt es
hier. Euch nicht meine Liebe?"
Alicia sah Claudius feindseelig an, doch Adiamus kam ihr zuvor,"
Wenn das so ist, werden wir diese Stadt am besten niederbrennen und
schnell weiterziehen!", grollte er.
Am Nebentisch spuckte jemand sein Bier ins Glas zurück und sah
hustend in die Runde. Er trug ein Baseballcap, schwarze Kleidung und
hatte ein Logo auf seinem Shirt, welches in dem Winkel schlecht zu
erkennen war. Alicia war sich nicht sicher, aber sie hatte das Gesicht
vor kurzen erst irgendwo gesehen. Auch das der drei, die mit am Tisch
sassen.
Claudius klopfte dem Hustenden auf den Rücken," Das war nur ein
Scherz, eurem schönen Städchen wird nichts passieren. Herr Wirt, eine
Runde für meinen Freund hier und seine Begleiter!! Trinkt noch einen
Humpen auf meine Rechnung. Euer Bier sieht ein wenig merkwürdig
aus. Entschuldigung." Er wandte sich wieder seinen Tischnachbarn zu,"
Ihr werdet mich entschuldigen müssen, wichtige Geschäfte warten noch
auf meine Anwesenheit. Aber habt keine Angst, ihr habt von mir nichts
zu befürchten. Madame, John, Adiamus...ich wünsche euch noch einen
schönen Abend! Gehabt euch wohl!"
Damit verliess er das Lokal, warf dem Mann am Eingang den Zettel
und einen Geldschein vor die Füsse und ging.
"Was war das denn für eine Show?", fragte John verwundert.
"Er wollte uns nur wissen lassen, dass er unseren Aufenthaltsort
kennt.", brummte Adiamus in sein Glas.
"Wir sollten hier verschwinden!", bemerkte Alicia.
"Nein, das will er nur! Wir bleiben noch hier, haben ein wenig Spass
und bleiben auch noch in diesem Ort. Claudius wird den Teufel tun und
hier einen Krieg vom Zaun brechen.", erklärte Adiamus und bestellte
noch eine Runde...
Zur vorgeschrittener Stunde begaben sich die Drei dann wieder auf den
Heimweg. Als Sie gerade an der alten Kirche ankamen, zuckte John
zusammen, als er eine Präsenz spürte die ihn zu beobachten schien.
"Ja", sagte Adiamus, "ich spüre Sie auch. Es scheint hier langsam voll
zu werden. Jetzt haben uns die Anderen Vampire auch entdeckt!".
Alicia schaut erschrocken Adiamus an, "Welche anderen Vampire?".
"Es gibt eine ganze Menge von Vampiren, die sich durch verschiedene
Merkmale unterscheiden. Den sogenannten Clans. Claudius zum
Beispiel gehört dem Clan der Dunkelheit an, man nennt sie auch
Lasombra. Dieser Vampir dort oben auf dem Dach der Kirche, der und
anschaut, gehört zu einem anderen Clan. Ich vermute fast das er zum
Clan des Tieres gehört! Dieser Clan steht uns von allen am Nächsten".
Alicia schaute zum Dach der Kirche hinauf, konnte aber nichts
erkennen. John sah den Vampir deutlich am Rande des Daches liegen
und sie beäugen. "Also gehört der zu den Guten?", fragte Alicia. "Es
gibt kein Gut und Böse wenn du es genau wissen willst!" Erschrocken
drehten sich die Drei nach der Stimme um. Max fing an zu knurren.
"Weißt du", fuhr Claudius fort," das ist eine typische Menschliche
Schwäche, einfach alles in schwarz und weiß darlegen. Adiamus hat
euch sicher erzählt wie schlimm wir Vampire sind und was wir alles für
Verbrechen begehen. Das Werwölfe die Menschen genauso benutzen
und töten wie wir hat er euch wahrscheinlich nicht gesagt. Erkennst du
unseren Freund da oben denn nicht, Adiamus?". "Verschwinde von hier
Claudius, ich kenne deinen Freund nicht" entgegnete Adiamus der sich
sichtbar zurück halten musste um nicht auf den Vampir loszugehen.
"Sieh genau hin und lerne, John. Siehst du wie dein Lehrer erzürnt ist?
Das ist sein wahres Gesicht, immer die Fänge ausgefahren und wild
drauf los schlagen. Wenn du seine Lehren akzeptierst wirst du genau zu
so einem Wesen, du verfällst langsam dem Tier und wirst immer mehr
von denen töten die du liebst. Aber wenn du mir nicht glaubst, fragt
doch unseren Freund Sulla da oben, er wird es dir bestätigen können,
auch wenn er nicht zu uns gehört. Wie Adiamus schon sagte, er steht
den Werwölfen näher als wir." Claudius verabschiedete sich von den
Dreien und verschwand in der Nacht. Nachdenklich gingen Alicia und
John zu ihrem Hotel zurück während Adiamus ständig das Kirchendach
im Auge behielt.
Im Hotel angekommen steuerte Alicia sofort ihr Zimmer an, sie war
müde und die Worte des Vampirs klangen noch in ihren Ohren. Sie
wollte ersteinmal über diese Neuigkeiten schlafen.
Max, John und Adiamus hingegen gingen noch an die Hotelbar, denn
John brannten nun so einige Fragen unter den Fingernägeln.
Sie setzten sich an einen Tisch, der ein wenig weiter von der Theke
entfernt war, so dass nicht jeder der verbliebenen Gäste, es waren ausser
ihnen noch 5 weitere Nachtschwärmer anwesend, sie belauschen
konnte.
Sie bestellten sich je ein Bier, Max machte es sich unter dem Tisch
breit, John und Adiamus sassen sich gegenüber.
„Nun sag mir doch mal, was dieser Gladiator, oder wie der auch immer
heisst, meinte, als er etwas von der Verwandlung sprach und das
alles…“, fing John an, nachdem die Bedienung ihnen ihre Getränke
gebracht und sich wieder von dannen machte.
„Ich wollte es Dir schon erzählen, aber hatte gezögert, dass war ein
Fehler.“, sprach der Werwolf.
„JA, was denn?“
„Wie soll ich es Dir am besten erklären?“, überlegte Adiamus kurz und
fuhr fort,“ Wenn Du Dich das erste mal in einen Werwolf, Vampir oder
sonst irgendetwas verwandelst, verlierst Du mit der Verwandlung einen
Teil von Dir selbst. Meistens ist es ein grosser Teil Menschlichkeit. Das
was Du für gut erachtest, was Dich zum Menschen macht, es
verschwindet zum Teil. Wenn Du Deinen Kräften nachgiebst, Dich in
allen Daseinsformen zeigst, in die Du Dich verwandeln kannst, kann es
sein, dass der „John“, Du, wie Du bist…Das sich Dein Wesen
grundsätzlich ändert. Dies ist vielen Deiner Art passiert.“
„OOOH, das ist ja ganz toll, wann wolltest Du mir das erzählen, wenn
ich mich zum ersten mal in einen der Deinen verwandelt habe, oder
was? Was soll der Scheiss!!!!“, fuhr John ihn an.
„Ehrlich gesagt, hast Du recht.“, zum ersten Mal seit John ihn kannte,
schien der Wolf ein wenig bedrückt zu klingen,“ Ich wollte Dich mit
aller Macht auf unsere Seite ziehen, aber Du bist der Erste, den ich
kennengelernt habe, der sich über so was Gedanken macht. Die
bisherigen Wesen Deiner Art waren so auf die Neuerungen Versessen,
dass sie sich über diese „Kleinigkeiten“ keine Gedanken gemacht
haben. Sie nahmen die Formen und Wesenszüge derer an, die sie
Ausbildeten, oder der Form, die sie wollten, ohne dabei über die
Konsequenzen ihres Handelns nachzudenken.“
„Toll, da kann ich mich ja selbst beglückwünschen. Scheisse Adiamus,
was soll Das ganze? Ist das ein Spiel zwischen den euch allen hier, um
zu sehen was aus dem Blödmann wird?“, John schien sich nicht
beruhigen zu wollen.
„Bisher war es immer so gewesen, dass das Volk, dessen Form der
„Auserwählte“ als erstes annahm, durch ihn einen…na ja, einen
gewissen Einfluss auf ihn ausübte, der dem Volk zugute kam. Die
Mächtigsten unter ihnen kamen nun mal aus den Reihen der Vampire
oder Wölfe. Alles andere, ob Magier, Fee, Zwerg, oder was auch
immer, war selten unter ihnen zu finden. Scheinbar verfügen wir über
Kräfte, die sich die Menschen schon immer wünschten.“
„OkOk, das habe ich nun ausgiebig genug gehört und auch
verstanden.“, John seufze leise,“ Aber wie kann ich meine neuen Kräfte
nutzen, ohne mich selbst dabei zu verlieren?“
„Ganz einfach, Du darfst Dich niemals verwandeln!“
„Was? Und weiter?“, unterbrach John sein Gegenüber.
„Na ja, es ist nun mal so. Wenn Du Deine „Menschlichkeit nicht
verlieren möchtest, darfst Du Dich auf keinen Fall in irgendein anderes
Wesen verwandeln, was auch geschehen mag. Sobald dies geschieht, ist
ein Teil von Dir Geschichte. Wandelst Du wiederum in eine andere
Daseinsform, geschieht dasselbe noch mal. Bis Du nur noch von
Instinkten getrieben wirst. Ich kann Dir dabei helfen John. Auch wenn
Du jetzt hass oder sonst welche negativen Gefühle mir gegenüber hast,
verstehe ich dies. Aber ich denke ich kann Dir helfen. Auch ohne das
Du irgendwann zu unserem Lager übersiedelst.“
John schaute wieder zu ihm auf,“ Ehrlich gesagt, weiss ich immer noch
nicht genau, ob ich Dir trauen kann. Aber zur Zeit bist Du der Einzige,
der dieser Sache am nächsten kommt. Wenn dem wirklich so ist, wie
Du sagst, wie kann ich meine Kräfte nutzen, ohne mich zu
verwandeln?“
„Wie Du schon deutlich mitbekommen hast, kannst Du nach bedarf,
instinktiv die Kräfte steuern, erinnere Dich an die heilenden Kräfte als
Max starb und Du ihn wieder zurückgeholt hast. Du musst nur lernen,
diese Instinkte auch bewusst einzusetzen. Es wird zwar ein ganzes
Stück Arbeit, aber Du schaffst das. Gleichzeitig musst Du lernen, das
Verlangen Deines Inneren, die Verwandlung anzustreben, zu
unterdrücken. Es wird ein wirkliche Quälerei, Du wirst mich mehr wie
einmal verfluchen, aber Du musst mir dabei vertrauen.“, sagte
Adiamus.
Max erhob sich, legte seinen Kopf auf Johns schoss und stubste ihn an,
als wollte er ihm bei der Entscheidung helfen. Er tätschelte Max Kopf
und nickte,“ Ok, wenn Du meinst.“
„Alles klar, altes Zotteltier, lassen wir es angehen. Ich bin dabei!“, John
sah Adiamus dabei direkt in die Augen.
Unter dem Tisch erklang ein zustimmendes „WUFF“.
„Normalerweise würde ich Dich für diese Frechheit in tausend Stücke
zerreissen. Aber ich will mal darüber hinwegsehen!!“, grollte der
Werwolf sein gegenüber an,“ Aber da der Weg vor Dir nicht leicht
wird, will ich in meiner grossen Güte darüber hinwegsehen. Bild Dir
aber nicht zu viel ein. Ich werde Dir beibringen was ich und meine
Verbündeten wissen. Ausserdem werde ich Dich einigen Tests
unterziehen, ob das, was Du mir gesagt hast, auch wirklich ernst
gemeint war. Wir werden sehen, wie sehr Du an Deiner Menschlichkeit
hängst!“
„Schön, wann geht’s los??“, fragte John.
„Gleich Morgen früh, stell Dich auf einen langen Tag ein!“
Sie tranken aus und verabschiedeten sich mit diesen Worten auf ihre
Zimmer.
John lag noch lange wach. Er hoffte, sich für das Richtige entschieden
zu haben…
aufgeregt , suchend um.
Der nächste Morgen begann. Nebelschwaden zogen über die Wiesen
und Strassen in der näheren Umgebung, als John aus dem Fenster
Blickte.
Es war erst kurz vor sieben als er auf die Uhr sah. Das Gespräch mit
Adiamus von dem gestrigen Abend spukte immernoch in seinem Kopf
herum.
Er hoffte inständig, dass es niemals soweit kommen würde, die
Kontrolle über sich selbst zu verlieren. Aber was wäre, wenn er noch
hunderte von Jahren auf Erden wandelte, wenn er alles Bekannte einmal
verloren hat. Was wäre dann? Für welchen Weg würde er sich
entscheiden.
Ein Blick auf Max zu seinen Füssen gewandt, Alicia, die sich ein wenig
unruhig im Bett hin und her wälzte...was würde er tun, wenn die beiden
nicht mehr da wären?
Er kannte die beiden erst seit kurzer Zeit, aber sie waren ihm ans Herz
gewachsen. Würde er sie vergessen? Hatte Adiamus das damit gemeint,
wenn er seine Menschlichkeit verlieren würde?
Fragen über Fragen, auf die er im Moment keine Antworten fand.
Er beschloss sich anzuziehen und mit dem Schäferhund eine Runde
laufen zu gehen.
In seinem Sportdress stand er vor dem Hotel und lief nach links in
Richtung des angrenzenden Waldes.
Der Platz wo Adiamus zuletzt sass war leer. Dafür sangen die Vögel im
Wald ein Willkommensliedchen, als er mit Max gemeinsam seinen Weg
durch die Waldwege suchte. Diesmal vermied er es, auf Strassen zu
laufen, auf denen irgendwelche Autos fuhren.
Im Wald, als er aus einem Tannenwälchen auf eine grosse Lichtung trat,
drang das Geräusch eines Schusses an sein Ohr. Er schaute sich um,
erkannte aber niemanden, der auch nur ansatzweise in seiner Nähe war.
Max war nur kurz zusammen gezuckt, schaute sich aber schnell,
Er schaute sich mit seinen verschärften Sinnen um und spürte etwas
Menschliches, in einer Entfernung von ca. fünfhundert Metern. Er trug
etwas Metallisches bei sich, das nach Schiesspulver roch. Ein Gewehr
vermutete John. Unweit des Jägers roch er Blut. Den süsslich,
kupfernen Duft des Lebens.
Er spürte wie sich in ihm eine Kreatur erhob. Sich mit aller Macht an
die Oberfläche kämpfen wollte. Schwer atmend sank er auf die Knie,
die Hände vor sein Gesicht geschlagen und versuchte den Drang zu
unterdrücken. Mit dem letzten Funken eigenen Willens kämpfte er den
Drang nieder, hin zu laufen, seine Fänge in die pulsierende Ader zu
schlagen und sich daran zu laben.
Schnell stand er auf und rannte davon. Den Weg zurück zum Hotel
suchend, dicht gefolgt von Max, der ein wenig hin und her gerissen
war, zwischen den Gerüchen des Waldes und seinem neuen Herrchens.
Schnaubend kamen sie wieder am Hotel an. John zog es sofort unter die
erfrischende Dusche. Auf dem Weg dort hin ging er wortlos an Alicia
vorbei, die gerade aufgestanden war und noch ein wenig verträumt in
den neuen Tag schaute...
Als er aus dem dampfenden Badezimmer, in ein Handtuch gewickelt, in
den Wohnraum zurück kam, machte Alicia sich auf den Weg in die
Nasszelle.
Sie wirkte noch immer verschlafen und brummte ihm ein "guten
Morgen" entgegen. Oder zumindest etwas, das danach klang.
Er setzte sich auf das Bett und horchte in sich hinein. Aber da war
nichts mehr. Was auch immer eben passiert war, es war vorbei.
John zog sich wieder an, wartete bis Alicia besser gelaunt aus dem
Badezimmer kam und zusammen machten sie sich auf den Weg zum
Frühstücksraum.
Dort trafen sie auch auf Adiamus. "Einen schönen guten Morgen euch
drei. Na, wie gehts euch?", begrüsste er sie.
"Es ging schonmal besser...", begann John und erzählte bereitwillig von
seinem Erlebnis des Morgens. Es tat gut, mit jemanden darüber zu
reden.
Adiamus hingegen runzelte die Stirn," Aha, es hat also angefangen. Wir
sollten Deine mentale Ausbildung der Körperlichen vorziehen.".
"Das heisst für mich jetzt was?", fragte John.
"Ganz einfach.", der Wolf biss gut gelaunt in sein Brötchen, dick belegt
mit Blutwurst und fuhr mit vollem Mund fort," Es wird dringend Zeit,
dass Du die Bestien, die Dir inne wohnen im Zaun halten kannst. Du
musst lernen, sie zu zügeln, sie niemals ausbrechen zu lassen. Aber Dir
ihre Dienste nutzbar machen."
"Und wie soll das bitteschön gehen?", ergänzte John.
"Naja, tief in den Wäldern liegt eine Art Hütte, sie wurde schon von
anderen Wesen dazu genutz, die Sinne zu schärfen und auch um solchen
Problemen, wie den Deinen, auf den Grund zu gehen und manchmal
führte es auch zu den gewünschten Ergebnissen.", erzählte der Wolf.
"Wie soll das gehen?", mischte sich Alicia ein.
"Ganz einfach, es ist eine Mischung aus kontrollierten Atemübungen in
völliger Ruhe und mentalen Übungen. Sie sollen ihm helfen, die
Kontrolle über sich selbst zu stärken. Die wenigsten haben es geschafft,
aber ich denke wir sollten es versuchen."
"Was soll das denn nun heissen?", John hatte irgendwie den Faden
verloren, oder wollte sich gar nicht vorstellen, was passieren könnte.
"Viele die diese, oder ähnliche Hütten betraten, kamen als jemand
anderes heraus. Sie waren seelisch zu schwach, um sich dem Tier,
Monster, oder wie Du es nennen willst, zu stellen.
Hast Du es einmal richtig besiegt, fällt es Dir das nächste mal
wesentlich leichter, das nächste mal noch leichter, und so weiter. Aber,
es wird nie ganz verschwinden, es wird jedes mal aufs neue versuchen
von Dir Besitz zu ergreifen. Aber durch Dein Wissen, die erlernten
Übungen und die entsprechende Konzentration wirst Du die Bestie im
Zaun halten können, sie unterdrücken und sie für Deine Zwecke zu
nutzen wissen."
"Ob das wirklich eine gute Idee ist?", warf Alicia ein.
"Ich weiss es nicht, aber wenn ich nicht langsam etwas tue, weiss ich
nicht, wie lange ich diese...wie hast Du es genannt,
Bestie...kontrollieren kann."
Adiamus stimmte ihm nickend zu.
Nach dem Frühstück machten sie sich auf den Weg zu besagter Hütte.
Der Weg dort hin zog sich länger hin, als John und seine beiden
anderen Begleiter gedacht hatten.
Adiamus legte ein gutes Tempo vor, bahnte sich seinen Weg zuerst
über normale Spazierwege, aber nach einer guten Viertelstunde bog er
schnurstracks in einen Laubwald ein, der nach einiger Zeit in einen
Nadelwald überging. Weder umgefallene Bäume, noch morsches
Unterholz hielt ihn von seinem Weg ab. Sie waren insgesamt eine gute
Stunde unterwegs gewesen und hatten dabei einen strammen Schritt
beibehalten, als die Bäume den Blick auf eine kleine, mit Farn
umwucherte Lichtung frei gaben.
In deren Mitte lag aber keine Hütte, nur ein fast rundes Erdloch.
Verkohlte Baumstämme erinnerten an etwas, das nicht von Natur hier
errichtet worden war, sondern künstlich.
Allen Anschein nach wurde die Hütte, oder vielleicht war es einmal ein
Erdbunker, zerstört.
Der Wolf fluchte brummelnd in sich hinein und drehte sich langsam zu
den beiden um," Das wars dann wohl mit dem Training in der Hütte.
Leider!"
"Und was sollen wir nun tun?", hörte John sich sagen, den Blick auf die
Überreste gerichtet, die aber schon eine ganze Weile in dieser
Konstellation liegen mussten.
"Ich war schon länger nicht mehr hier, aber entweder hat jemand
bewusst diesen Platz in Schutt und Asche gelegt, oder es war ein
Unfall.", Adiamus folgte den Blicken Johns wieder zu dem Loch," Aber
das ändert nichts an den Eigenschaften dieses Ortes. Viele Erdströme
kreuzen sich hier. Dies einen Magischen Punkt zu nennen, wäre
übertrieben, aber etwas besitzt diese Stelle im Wald. Kannst Du es
spüren?"
John schloss die Augen und versuchte mit seinen Gedanken den Worten
des Wolfes zu folgen. Zuerst sah er vor seinem geistigen Auge nichts,
als nur ein Erdloch.
Doch dann geschah etwas.
Das Bild veränderte sich, wurde schärfer und er sah eine Art Kreuzung
verschiedener Energieflüsse die sich unter der Erde zu bewegen
schienen.
Er wurde regelrecht davon angezogen und bewegte sich langsam auf die
Quelle zu. Alicia, die etwas sagen wollte, wurde schnell von Adiamus
beruhigt und schwieg. Auch Max liess keinen Laut von sich hören und
schaute John mit gespitzten Ohren zu.
Dieser ging in das Loch hinab, trat über die teilweise verkohlten
Überreste hinweg und stellte sich in die Mitte.
Langsam kniete er sich hin und legte unbewusst die Hände auf den
leicht feuchten Waldboden.
Ein leichtes kribbeln fuhr durch seine Fingerspitzen. Wärme
durchflutete seine Glieder.
Es schien als würde ihn ein leichtes Leuchten umgeben, welches
pulsierend an Stärke zunahm. Eine Art Kokon umhüllte ihn, aus einem
warmen, fast rötlichen Licht. Ähnlich dem der Zwergenbeleuchtung in
den Höhlen.
Funken stoben aus der Erde, wirbelten um ihn herum.
Alicia hielt sich mittlerweile die Hände vor dem Mund, um nicht vor
erstaunen etwas zu sagen, oder Johns Konzentration durch einen Ausruf
zu stören. Selbst Max hatte sich zwischenzeitlich auf seine Hinterläufe
gesetzt, wedelte dabei mit seinen Schwanz über den Waldboden und
sah wie gebannt auf das Bild vor ihm.
Die Funken wirbelten wild um ihn herum, schienen sich von ihm
entfernen zu wollen, als er die Hände in die Luft erhob. Mit einem Mal
schossen die Funken auf ihn zu, schienen Kleidung und Haut zu
durchdringen, sich in ihm zu sammeln. Und mit einem Mal war alles
vorbei.
John nahm die Hände wieder herunter und öffnete die Augen. Ein ganz
neues Funkeln war in ihnen zu sehen. Die Funken, die ihn eben
umgaben, schienen noch in ihnen zu glitzern. Er trat aus dem Loch
hinaus, lächelte die beiden an," WOW, was war denn das." Mit jeden
Wimpernschlag liess das Leuchten nach.
" Mutter Erde hat Dich akzeptiert und Dir zur Stärkung und Ermutigung
einen Teil ihrer Kraft überlassen.", erklärte Adiamus.
" Was soll das denn nun wieder heissen?", fragte Alicia.
"Wenn sein Experiment schief gelaufen wäre, hättet ihr jetzt arge
Probleme.", erscholl eine bekannte Stimme aus dem Schatten der
Wälder," Wenn er nicht akzeptiert worden wäre, hätten ihm die Geister
seinen Willen entzogen und er wäre zu einer Bestie geworden.
Bestenfalls währt ihr eines schnellen Todes gestorben, meine Liebe."
"Ja Claudius, es war riskant, aber es war der einzige Weg gewesen, ihm
schnellstmöglich Hilfe zukommen zu lassen.", erklärte Adiamus an den
wabernden Schatten gewandt, der sich im Schatten der Wälder
geschützt vor dem Sonnenlicht verbarg.
"Hättest Du ihn uns überlassen, wäre dies nicht nötig gewesen. Ihn
solch einer Gefahr aus zu setzen.", klang die Stimme aus dem Schatten.
"Könnte mir mal jemand erklären was der da hinten meint???", mischte
John sich ein.
"Wir hätten Dich auch auf anderem Wege zu Deinem Ziel führen
können, ohne andere...naja...Menschen in Gefahr zu bringen. Aber
macht ihr nur, ich werde Deine weitere Entwicklung mit grossen
Interesse beobachten. Euch allen noch ein schönes Tageslicht.", mit
diesen Worten verschwand er so schnell, wie er auch erschienen war.
"Was hätte denn passieren können?", John trat direkt vor Adiamus.
"Wie er schon sagte, die Wesen die in Dir wohnen hätten alle auf
einmal ausbrechen können. Dann hättest Du weder Freund noch Feind
gekannt. Den Rest kannst Du Dir denken.", sagte der Werwolf, schaute
John dabei tief in die Augen," Aber wie ich sehen kann, hat es aber so
gewirkt, wie ich es mir gedacht hatte."
"Und wie genau hast Du es Dir gedacht?", wollte John wissen.
"So wie es passiert ist. Mutter Erde hat Dich als das akzeptiert, was Du
bist. Die Wärme, die nun durch Deine Adern strömt ist eine Art
Energiefluss, der seine Kraft aus den Energieströmen bezieht und soll
Dir bei Deiner Konzentration helfen. Dir Kraft geben, ein Gitter um die
Bestien zu errichten, die Dir inne wohnen. Wenn Du Deine neuen
Fähigkeiten gebrauchst, hilft sie Dir, die Nebenwirkungen
abzuschwächen, die Monster leichter zu kontrollieren. Trotzdem bedarf
es einiger Übung, auf Deinem weiteren Weg."
"Schön, wie geht es denn weiter?", fragte John ein wenig ungeduldig.
"Wir werden mit Meditationsübungen weitermachen, aber erst später.
Wir sollten uns erst einmal auf den Rückweg machen. Unweit unseres
Hotels ist doch ein Schwimmbad. Unter Wasser ist ein guter Ort um
Ruhe und Gelassenheit zu lernen."
Langsam machten sie sich auf den Rückweg, durchstreiften die Wälder
und gelangten auch wieder auf den Pfad, der sie zu ihrer Unterkunft
zurück führte...
Zeitgleich, etwa hundert Kilometer entfernt, machte sich ein anderes
Wesen ans Werk.
Ein Obdachloser sass in einem Raum der Übernachtungsstätte Ostpark.
Er sass allein mit seiner Katze Minka in einem 2 Mann Zimmer, sein
Zimmerkumpel hatte die Räumlichkeiten bereits verlassen.
Die beiden kannten sich bereits und waren auch bei den Frankfurter
Streetworkern einschlägig bekannt, so dass fast immer ein Bett für sie
bereit stand.
Da er letzte Nacht ziemlich betrunken hier eingeliefert wurde, schlief er
ausgiebig seinen Rausch aus und war mittlerweile dabei, die letzten
Schlücke seines mittlerweile erkalteten Kaffees auszutrinken.
Er schaute dabei seiner Katze zu, wie sie versuchte eine Spinne zu
fangen. Mit nur mässigen Erfolg.
Sein Blick wanderte wieder hoch in Richtung Wand, als er dort eine
Bewegung vernahm.
Ein Gesicht schien sich aus der Wand zu schälen und schaute ihn an.
Rolf erschrak, versuchte weiter nach hinten auf seinem Bett zu
rutschen, aber die Wand hinter ihm bremste sein Vorhaben.
Die Lippes des Kopfes bewegten sich, formten Wörter," Einen schönen
guten Tag Rolf, wie geht es Dir?"
"WaWaWas zum Teufel...?", stotterte er.
"Nicht ganz, mein Freund. Ich möchte Dir gern helfen."
"Wie,Wo,Warum,", er konnte seine Gedanken nicht mehr ordnen,
starrte gebannt auf die Wand. Er war nicht einmal wirklich in der Lage,
um hilfe zu schreien. Seine Katze hingegen ignorierte die Stimme und
die Erscheinung.
Ein Bündel mit 50 Euro-Scheinen erschien auf dem Bett vor seinen
Füssen.
"Dies ist nur der Anfang mein Freund. Wenn Du mir hilfst, werde ich
Dich dafür reich belohnen!", versprach Varius.
Rolf nahm das Bündel, schaute es sich von allen Seiten an, roch daran
und wurde langsam gefasster," Was willst Du dafür von mir?"
"Nur einen kleinen Gefallen, dabei handelt es sich um eine Reise. Einen
Besuch in einem Ort nicht weit von hier.", ein zweites, durchaus
grösseres Geldpaket erschien," Dies wartet auf Dich, wenn Du mir
hilfst!", und sofort verschwand es auch wieder.
"Ok, was muss ich dafür machen?", wäre es ein Comic gewesen,
würden Dollarzeichen in seinen Augen erscheinen. Stattdessen konnte
man ein Funkeln, einen Glanz, in seinen Augen erkennen...
Varius erklärte ihm, was er genau zu tun hätte und wie er diesen Ort
erreichen könnte.
"Aber...Aber..Ich habe noch nie jemanden getötet.", stotterte Rolf vor
sich hin. Sofort erschien ein Geldkoffer voller Geld vor seinen Füssen.
"Was immer Du Dir nur wünschst, ich kann es Dir geben.", versprach
das Gesicht in der Wand.
Wie gebannt sah Rolf auf den Koffer vor sich, zog ihn zu sich heran und
vergrub seine Hände darin. Es knisterte bei jeder Berührung. Alles
fühlte sich so echt an. Und mit einem Mal war der Koffer mit seinem
Inhalt verschwunden.
"Aber eine Sache hätte ich vorher gerne gewusst. Wie es mit Deiner
Loyalität aussieht!"
"Was soll ich tun?", fragte der Obdachlose.
Der Kopf wandte sich hin und her, suchend. Schliesslich erblickten
seine Augen etwas passendes," Töte die Katze und nimm einen
kräftigen Bissen!"
In seinem Bauch zog sich alles zusammen. Schon der Gedanke daran,
Minka etwas an zu tun schmerzte ihn.
„Was ist, jetzt auf einmal Gewissensbisse?“
Er schaute die Katze an, sie spürte seinen Blick und trottete zu ihm
hinüber. Mit einem kurzen Sprung war sie auf dem Bett, schmiegte sich
an ihn und schnurrte leise.
„Tu es…Jetzt!!!“, befahl ihm die Stimme.
Den Blick auf das neben ihm liegende Geldbündel werfend genoss er
die Berührungen des kleinen Geschöpfs, das nun schon seit ungefähr
zwei Jahren ständig an seiner Seite lebte.
„Tu es!!!“
Er streckte die Hand nach Minka aus, die auch bereitwillig auf seinen
Bauch sprang.
Ein letztes mal streichelte er ihr über den Kopf, kreiste mit den Fingern
hinter ihren Ohren. Das Schnurren wurde lauter. Rolf schloss die
Augen, eine Träne rann über seine linke Wange. Seine Hände suchten
nach dem Hals der Katze, umschlossen ihn. Mit einem starken Ruck
erstarb auch gleichzeitig ihr Schnurren.
Ein Lächeln erschien auf Varius Gesicht. Es dauerte nicht mehr lange.
Den leblosen, kleinen Körper in der Hand, kurz davor sich übergeben
zu müssen, ging er zu dem letzten Teil der Forderung über. Er führte
ihren Nacken zu seinem Mund, öffnete ihn weit…und biss zu.
Seine Zähne schnitten gerade durch die Lederhaut, eine warme
Flüssigkeit machte sich in seinem Mund breit und es wurde Nacht.
Das Geldbündel verschwand genauso schnell, wie es erschienen war.
Der Obdachlose öffnete die Augen,“ Dass es immer so lange dauert!“
drang aus seinen Lippen hervor. Er wischte sich den Rest Blut vom
Mund, warf den kleinen Körper in die hinterste Ecke des Raums und
ging zu dem Waschbecken mit dem Spiegel darüber, direkt neben der
Eingangstür. „Du hast schon mal besser ausgesehen mein Freund. Aber
dieser Körper wird seinen Zweck erfüllen.“, sagte er zu seinem
Spiegelbild, zog seine Kleidung ein wenig zurecht und trat zur Tür
hinaus.
In der Schattenwelt unterdessen waberte der Rest seines Körpers in
einer Art Kokon. Er hatte nur einen Teil seines Selbst in den Körper
transferiert, da der menschliche Körper für eine solch grosse Belastung
nicht geeignet war.
Geschützt durch diese Art Schutzpanzer konnte er sich voll und ganz
seinem Plan widmen.
Die Nebel, die sich schon den ganzen Tag über hielten, schienen wie ein
Schleier über dem Westerwald zu liegen.
John und Adiamus hatte es mittlerweile in das naheliegende Freibad
gezogen. Immer und immer wieder tauchte John ab, versuchte in der
Ruhe unter Wasser seine Gedanken zu sammeln.
Der Werwolf zog seine Bahnen auf der weit entferntesten Bahn, um
John nicht zu stören.
Mittlerweile hatte John seine Atem so weit unter Kontrolle, das er es
einige Minuten im Schneidersitz auf dem Boden des Beckens aushielt.
Unten gehalten von einem Tauchergürtel, den Adiamus sich beim
Bademeister ausgeliehen hatte, unter dem Vorwand John würde ihn für
sein Training brauchen, aber er hätte seinen leider vergessen.
John schaute sich mit seinen erweiterten Fähigkeiten um. Das
Schwimmbad war fast Menschenleer.
Die Kassiererin sass noch immer, über ihren Roman gebeugt am
Eingang des Bades, der Bademeister konzentrierte sich auf die 4
Kinder, die mit ihren Eltern im oberen, zweiten Becken, ihre ersten
Erfahrungen mit dem kühlen Nass machten.
Zwei ältere Pärchen machten sich gerade auf den Weg zur
Umkleidekabine. Sie wollten den kühlen Nachmittag nutzen, in Ruhe
ein paar Bahnen zu ziehen. Weiter wollte er ihnen nicht folgen. Eine
jüngere Dame, die gerade unter der wärmenden Dusche stand und nach
dem Bad das heisse Wasser auf ihrer Haut genoss, gefiel ihm gleich
besser.
Nachdem er genug gesehen hatte, wanderten seine Sinne weiter,
diesmal zu Adiamus, der seine Bahnen in immer dem gleichen Tempo
zog. Er schien nicht einmal die geringsten Ermüdungserscheinungen zu
zeigen, dabei war er schon seit einer halben Stunde unterwegs.
Wohlmöglich lag es an seiner muskulösen, durchtrainierten Körper, der
auch in menschlicher Gestalt eine durchaus gute Figur machte.
Sein Blickfeld zog nun grössere Kreise. Er spürte und sah die Tiere im
nahe gelegenen Waldstück, in den umliegenden Häusern und Gärten
waren einige Frauen und Männer damit beschäftigt, Haus und Garten in
Schuss zu halten. "Ob sie auch nur erahnen können, was alles um sie
herum geschieht?", stellte sich John die Frage.
Langsam musste er wieder auftauchen. Dazu stiess er sich vom Boden
ab und trieb langsam zur Oberfläche zurück. "Zum Glück springt heute
niemand von den Türmen!", denn unter ihnen, in dreieinhalb Metern
Tiefe hatte er immerhin seinen Posten bezogen.
Ausser Atem hielt er sich am Beckenrand fest und schaute zur Uhr, auf
der Hütte des Bademeisters. Fast fünf Minuten, das war ein neuer
Rekord für ihn.
Nach einer kurzen Pause atmete er drei mal tief ein und machte sich
wieder auf den Weg in die Tiefe. Mit geschlossenen Augen sass er
wieder auf dem Beckenboden und wanderte in Gedanken wieder
umher. Diesmal zogen sie ihn zu Alicia, die mit ihrem Laptop in ihrem
Zimmer sass und wohl am arbeiten war. Max lag zusammengerollt
neben ihr, den Kopf auf ihrem Fuss liegend.
Ihm kam eine lustige Idee in den Sinn.
John konzentrierte sich, rief im Geiste den Namen des Hundes. Die
ersten Versuche schlugen fehl. Doch dann spitzte Max seine Ohren.
"Max, pass auf!", rief er in seinem Kopf.
Dieser setzte sich sofort auf die Hinterläufe, den Blick Richtung Tür
gewandt. "MAX, pass AUF!", John wurde befehlender.
Der Schäferhund begann mit dem Schwanz zu wedeln und in
gelegentlichen Abständen ein leises "Wuff" von sich zu geben.
Alicia schaute zu Max hinunter, folgte seinem Blick,"Was ist denn? Ist
da draussen jemand?"
"Pass auf!"
Wieder liess Max ein leise "Wuff" verlauten und wedelte heftiger mit
dem Schwanz.
Alicias Neugier war zu gross. Sie ging zur Tür, schaute durch die kleine
Linse auf den Flur hinaus, doch da war nichts zu sehen. Sie öffnete die
Türe, sah hinaus, doch dort war niemand.
Sie schloss die Tür wieder und wandte sich Max zu," Willst Du mich
ärgern, oder musst Du raus?" Nichts, keine Regung des Hundes. "Na
toll!", quittierte Alicia die Situation und ging wieder zu ihrem Laptop
zurück.
"Max, pass auf!", rief John dem Hund zu.
"Wuff" erklang es wieder in dem kleinen Hotelzimmer und Max
wedelte verspielt.
"Kleiner, verarsch mich nicht, ich muss arbeiten!", tadelte sie ihn mit
erhobenen Zeigefinger.
John konnte nicht mehr anders, er musste lachen. Dabei stiess er ein
wenig zu viel Luft aus, verschluckte sich und musste husten. Schnell
stiess er sich vom Boden ab und erreichte prustend, sowie lachend, die
Oberfläche. Für ihn waren die Trainingseinheiten unter Wasser vorerst
beendet.
Gut gelaunt stieg er aus dem Becken aus, und begab sich unter die
Dusche, Adiamus blieb lieber noch ein wenig im Wasser. Ihm schien es
dort zu gefallen. John hingegen zog es zum Hotel zurück. Er wollte von
Alicia die Neuigkeiten des Tages wissen und lächelte in sich hinein als
er das Freizeitbad verliess.
dem Polizisten stand wartete er, bis dieser sein Gespräch über Funk
beendet hatte und sprach ihn an," Entschuldigung Herr Kollege,
könnten sie mir kurz helfen?"
Der angesprochene drehte sich herum und schaute ihn verblüfft an,"
Natürlich Herr Kollege, womit denn?" Varius Täuschung war ihm
gelungen, das Abbild eines Polizisten an zu nehmen.
"Naja, ich bräuchte da etwas...", mitten im Satz schoss er hervor, Griff
blitzschnell nach der Waffe im Holster, entsicherte die Waffe, lud durch
und schoss, ehe sein Gegenüber auch nur reagieren konnte. Durch die
Wucht des Einschlags der Kugel wurde der Polizist rückwärts, durch
die geöffnete Fahrertür, gestossen und blieb regungslos liegen. Das
Loch in seinem Kopf begann noch nicht einmal zu bluten, da griff
Varius auch schon nach den Ersatzmagazinen und der Brieftasche,
drehte sich herum und ging schnellen Schrittes davon.
Hinter der nächsten Ecke sah man nur einen Obdachlosen seines Weges
gehen. Die Beute in den Taschen verstaut...
Varius hatte inzwischen beschlossen das seine Kleidung alles andere als
Standesgemäss war. Somit machte er sich auf, einige Boutiquen in der
Innenstadt aufzusuchen. Vielleicht fand sich auf der Zeil, oder den
Nebenstrassen etwas passendes.
An der U-Bahn Station, nahe der Habsburgeralle stand ein
Streifenwagen, an dem ein Polizist lehnte. "So komme ich also zu einer
Waffe, ist das schön!", lachte er in sich hinein.
Mit einen Blinzeln veränderte er blitzschnell sein Äusseres
vorübergehend, es war eine seiner leichtesten Übungen. Als er hinter
"Wie wäre es denn, wenn wir heute Abend ins Kino gehen würden. Ich
habe gehört in Limburg soll ein grosses sein. Ausserdem ist dort eine
schöne Altstadt, ich kenne dort jemanden, den ich seit langen nicht
mehr gesehen habe.", begann Adiamus.
"Ich weiss garnicht was gerade läuft. Blade 3, Underworld 3, Tanz der
Vampire?", witzelte John, den Blick vom dem Gerät erhoben.
"Interview mit einem Vampir wäre doch eine Idee", schloss Alicia sich
an.
Es war früher Abend, als sich Adiamus zu Alicia und John gesellte.
Alicia suchte offenbar noch nach etwas im Intrernet und John lag mit
seinem MiniPC auf dem Bett und versuchte vergeblich das Rätsel zu
knacken, um an die Daten ran zu kommen, seine Neugier hatte ihn
übermannt.
"Ok, das Kino ist gerade explodiert.", brummte Adiamus," Aber wie
wäre es denn mit einem Besuch in der Altstadt? Dort soll es gute Steaks
geben."
Alicia und John schauten einander an, nickten, selbst Max hechelte und
gab ein leises "Wuff" von sich.
"Siehst Du, das hat er eben auch gemacht. Ich bin doch nicht irre.",
freute sie sich," Er hat die ganze Zeit zur Tür gestarrt und dabei noch
wie doof gewedelt."
John, der seinen Blick wieder auf sein Spielzeug gesenkt hatte sagte
nur," Dann wird er wohl was interessantes gehört haben."
Adiamus ging in Richtung Tür," Ok, also dann später ein kleiner
Ausflug nach Limburg. Ach, und Alicia..." "Ja?"
"Du solltest John mal nach der Dame unter der Dusche befragen und
auch auf wen Max aufpassen sollte.", mit einem lächeln verschwand er
aus dem Raum.
"Welche Frau unter der Dusche und was sollte die Anspielung auf
Max?", wollte sie wissen.
John konnte sich ein lächeln nicht verkneifen und erzählte ihr von
seinen Versuchen unter Wasser.
Als Antwort darauf liess sie sich rückwärts vom Stuhl aufs Bett fallen,
schnappte sich ein Kissen und schlug es mit aller Kraft John ins
Gesicht," Dafür das Du auf meine Kosten Witze machst und dann
Adiamus alles erzählst!"
"Ich hab ihm garn...", zu mehr kam er nicht, denn da flog das Kissen
wieder heran und traf auch. Er legte sein Spielzeug bei Seite, kramte
umständlich das Kopfkissen hervor und wehrte sich mit den Worten,"
Kisschenschlaaacht!"
Wie die kleinen Kinder tobten sie durchs Bett, sogar Max sprang dazu
und sorgte für den ein oder anderen unsanften tritt in die Magengrube.
Hunde können ja im Spieltrieb sowas von unbeherrscht sein, vor allem
wenn die Kissen fliegen.
Varius hatte sein Ziel erreicht, ein Herrenschneider in der Nähe der
Zeilgallerie.
Da im Moment noch zu viel draussen los war, verwandelte er sich
kurzerhand und setzte sich in ein Strassenkaffee, um den ersten
Ansturm der Rushhour-Käufer abzuwarten. Seine Kleidung konnte er
verbergen, aber den strengen Geruch nicht, der ihm anhaftete, nach
billigen Alkohol und Tabak. Aber das war ihm egal.
Nachdem er seinen Kaffee ausgetrunken und der erste Ansturm von
Konsumenten gelegt hatte, begab er sich auf den Weg zu dem
Herrenausstatter seiner Wahl...
Er stieß die Tür zu einem großen Laden auf, der sich auf
Herrenbekleidung spezialisiert hatte, und einen sehr teuren Eindruck
machte, deswegen war auch wohl nicht viel los, es war mitten in der
Woche und zu einer Zeit in der viele Passanten unterwegs waren...
Als er den Laden betrat, schaute er sich blitzschnell um. Es gab jede
Menge Ständer mit Kleidung, Sakkos, Hosen, komplette Anzüge, auf
der rechten Seite waren etliche Regale mit Hemden und eine
großzügige Sitzecke, mit großen, weich gepolsterten Sesseln. Auf der
linken Seite gab es eine Ecke nur mit Accessoires, die das männliche
Herz begehren könnte. Außerdem befanden sich auf dieser Seite auch
die großräumigen Umkleidekabinen.
Er konnte nur einen Verkäufer ausmachen, der sich hinter einem dicken
samtroten Vorhang noch schnell einen Schluck aus der Kaffeetasse
gönnte, er konnte ihn riechen, das teure Edelparfüm, das schwer über
dem jungen Mann schwebte. Er mochte wohl Mitte Zwanzig sein, er
roch eine gewisse Jugendhaftigkeit..."Hmh, frisches, junges Blut",
dachte sich Varius, bevor der Verkaufer hinter dem Vorhang in
Erscheinung trat...
Er kam schnellen Schrittes auf den einzigen Kunden an diesem frühen
Abend zu, streckte ihm die Hand entgegen und begrüßte ihn mit einem
"Guten Abend der Herr, was kann ich für Sie tun?"
Varius nahm die Hand in seine und konnte in den Augen des Jünglings
erkennen, wie dieser erschrocken über den festen Händedruck ihn
musterte. Er war wohl bessere Kundschaft gewohnt, dies erklärte auch
die Art, wie er die Luft durch die Nase einzog, denn er musste wohl den
Geruch bemerkt haben, der an Varius haftete.
Aber er war plötzlich wieder ganz der professionelle Verkäufer, als
Varius verlauten ließ, daß er komplett neu eingekleidet werden wolle
und eine Menge Geld da lassen wollte...
Sie verbrachten die nächste halbe Stunde damit, einen Anzug nach dem
anderen auszuprobieren...der junge Mann bemühte sich redlich, das
Varius jeden Wunsch von den Augen abgelesen wurde, und am Ende
das Geld bei ihm in der Kasse klingeln würde. Das würde auch seinen
Chef höchst erfreuen, der ihn heute zum ersten Mal alleine im Laden
ließ, sozusagen als Bewährungsprobe. Deswegen hatte Tobias auch
seinen kleinen Pudel mit zur Arbeit gebracht und versteckte ihn hinter
dem samtroten Vorhang, damit ihn die Kunden nicht zu Gesicht
kriegen, aber er nicht ganz alleine im Laden sein musste.
Varius gab sich gelangweilt und probierte alles an, was Tobias ihm
anschleppte, auch den gebrachten Kaffee ließ er sich schmecken. Als er
in der Umkleide stand und der Tobias ihm die nächsten Anzüge reichte
und fragte, wie ihm denn diese Sachen gefallen, raunte ihm Varius zu:"
Wenn ich es mir recht überlege, dann gefallen mir die Sachen die Du
anhast viel besser..."
Tobias freute sich über das Kompliment, nicht ahnend, welche Absicht
dahinter stecken könnte.
Varius ließ seine Hand vorschnellen, zog den überraschten Tobias in die
Umkleide und drückte ihn mit einer Hand und einer ungeheueren Kraft
an die Wand...Der junge Mann blinzelte ihn angstvoll an und stammelte
verzweifelt: "Was soll das denn?"
Varius schloss die Augen und labte sich an der aufkeimenden Angst des
Jungen. Er öffnete seine Lider und schwarze Augen blickten den Jungen
finster an, er schüttelte sein Opfer und brummte:" Komm mein Junge,
streng Dich an, gib mir mehr..."
Verständnislos schaute Tobias den Mann vor ihm an und verstand nicht
so recht, was dieser meinte. Varius war ungeduldig, er wollte mehr von
der frischen Angst des Gegenübers trinken, das tat so gut, reine
Energie...
"Gut, dann geb ich Dir einen Grund um Angst zu empfinden!" Sprach
es aus und ließ aus der freien Hand lange Krallen erscheinen, griff sich
mit diesen an den Arm, der den Jungen an die Wand drückte und riss
sich die Haut auf, die Wunde fing sofort an heftig zu bluten...er wühlte
in dem matschigen Rot nach ein paar Sehnen, zog sie heraus und
wickelte sie um das rechte Handgelenk des Jungen, der mit den Füssen
zappelnd an der Wand hing...Varius fesselte ihn mit den Sehnen des
obdachlosen Losers, die Sehnen gingen durch die Wand und
umschlossen das Handgelenk von Tobias, als er zufrieden mit sich das
Werk auch an der linken Hand vollendet hatte, schaute er genüsslich in
die vor Todesangst und Entsetzen weit aufgerissenen Augen des
Jungen...dieser wimmerte vor Angst und Tränen schossen ihm aus den
Augen...Varius stellte sich mit ausgebreiteten Armen vor seinem Opfer
hin und warf den Kopf in den Nacken..."Jaaa, laß die Energie
strömen..." Gierig sog er alles, was an Angst, Entsetzen und
Verzweiflung aus dem jungen Körper strömte in sich auf...
Um dieses Gefühl noch zu stärken, verwandelte er sein Gesicht in eine
grausame Todesfratze und zog mit den Krallenhänden tiefe, blutige
Furchen durch die Haut. Tobias schrie sich die Seele aus dem Leib, und
Varius ließ ein Lächeln durch die Blutströme zucken, die das Gesicht
des Obdachlosen hinunterliefen.
Er hatte genug von diesem stinkenden Körper des Losers, er wollte den
frischen, jugendlichen Körper besitzen, deswegen hielt er sich auch
zurück, er durfte ihn leider nicht verletzen...verdammt!
In dem Moment zerrte etwas an seinem Hosenbein, er schaute
abschätzig hinunter und entdeckte zu seiner großer Freude einen
kleinen schwarzen Pudel, der Hund von Tobias, der den Schrei seines
Herrchens gehört hatte und neugierig aus seinem Versteck hinter dem
Vorhang angerannt gekommen war.
Sein Herrchen aber war zu sehr mit Wimmern und Heulen beschäftigt,
als das er ihn bemerken könnte, seine Augen starrten sein Gegenüber
an, diese fürchterliche Fratze. Er stand Todesängste aus, sein ganzer
Körper zitterte...
Varius begrüßte den zusätzlichen Snack und hob das Tierchen hoch.
Dieses bellte ihn mutig an, aber das war das letzte, was der Pudel in
seinem Leben tat. Varius riss ihn entzwei und trank gierig das warme,
pulsierende Blut...Tobias konnte seinen Augen nicht trauen und schrie
aus Leibeskräften...das war zuviel für ihn...Variuas labte sich an seiner
ausströmenden Angst, während er den ausgesaugten Pudel achtlos
wegwarf...dann übermannte es Tobias und er fiel in eine rettende
Ohnmacht...
"Schade", dachte Varius, "hatte gerade angefangen Spaß zu machen..."
Mit einer wischenden Armbewegung entfernte er die Sehnenfesseln von
dem jungen Körper und dieser sackte auf den Boden. Varius nahm
wieder die Züge von Rolfs Gesicht an und schnupperte genervt dessen
Gestank ein, er musste raus aus diesem ekligen Körper. Er setzte Tobias
aufrecht an die Wand, hockte sich vor ihm hin, und zückte seine Waffe,
die er dem Polizisten angenommen hatte.
Damit schlug er dem Jungen gegen die Wangen, um ihn zum aufwachen
zu bewegen und als dieser verwirrt die Augen aufschlug, setzte sich
Rolf die Waffe an den eigenen Kopf und drückte ab. Blutige Masse
spritze in den Laden und Rolf kippte nach hinten um...Tobias stieß
einen Schrei aus, und kniff entsetzt die Augen zusammen...der
geistliche Teil von Varius schwebte durch die Luft und mit einem
lautlosen Zischen schlüpfte er in Tobias. Als dieser die Augen aufschlug
und aufstand, den Kopf hin und her bewegte, flüsterte er:" Viel besser!"
Er ging hinter den samtroten Vorhang und wusch sich das Blut an den
Handgelenken ab, streifte ein neues sauberes Sakko über, steckte sich
die Waffe und die Geldbörse von seinem neuen Gespielen ein und
verließ fröhlich pfeifend den Laden...
Zufrieden schlenderte er über die Zeil.
Er hatte nun Zeit, denn der Körper, in dem er nun war, war jung und
kräftig.
Nahe des Marktplatzes blieb er stehen. Es war noch früher Abend und
die Menschen um ihn herum versuchten noch schnellstmöglich ihre
Einkäufe zu erledigen. In dem Getümmel, auf einer Bank, stand ein
Mann mit einer Bibel in der Hand, der in einem englisch angehauchten
Akzent versuchte seinen Glauben unter die Menschen zu bringen.
Es war ein Kampf gegen Windmühlen. Ab und zu blieben ein paar
Passanten stehen und hörten ihm zu, nur um sich kurz danach wieder
umzudrehen und ihres Weges zu gehen.
Der Mann tat ihm nicht leid, aber es amüsierte ihn, dem Mann dort
oben zu zu hören. "Wenn der nur wüsste...", lachte Varius in sich
hinein.
Zwei andere Männer standen hinter ihm und hielten ein Transparent
hoch über ihren Köpfen, auf dem stand: The End is near!!
Er setzte sich gegenüber dem Treiben auf eine Treppenstufe und
lauschte den Worten des Predigers.
Als er gerade von der Apokalypse anfing zu erzählen, hatte Varius eine
Idee.
Er konzentrierte sich auf den Mann, in seinem grauen Anzug, stärker
und immer stärker.
Worte kamen aus seinem Mund, unverständlich für die Anwesenden,
aber Varius wusste um ihre Bedeutung. Es war die Geschichte der
Apokalypse, bloss auf Aramäisch.
Männer und Frauen blieben stehen, sahen ihn verwundert an.
Ein breites Lächeln zeichnete sich auf Varius Lippen.
Plötzlich erhob sich der Prediger in die Luft, es schien als würde er es
nicht einmal bemerken, als wäre er unter einer Art Trance.
Immer mehr Passanten blieben stehen, schauten ihn verwundert an.
Unter seinem Jackett, genauer gesagt, auf dem Rücken darunter,
bewegte sich etwas ganz vorsichtig. Nur um kurz darauf durch den Stoff
zu brechen und im schwindenden Licht an Grösse zu gewinnen.
Was sich dort durch den Stoff bohrte, waren zwei grosse schwarze
Schwingen. Seine Begleiter, hinter ihm, schauten sich verwundert an,
gingen ein paar Schritte zurück und liessen das Transparent sinken.
Er konnte ihre Angst spüren, was ihm überaus gefiehl.
Immer schneller sprach der Mann in der Sprache, die sicherlich für
keinen der Anwesenden auch nur im geringsten verständlich war.
Er liess die Beherrschung fallen, so dass der Prediger wieder bei vollem
Bewusstsein war und spürte was mit seiner Kleidung, seiner Haut und
Körper passierte. Er schrie markerschütternd.
Als der wohl Gekleidete einen angemessenen Abstand erreicht hatte,
genoss er noch einmal die tiefen Gefühle und das Leiden des Predigers,
schloss nochmals die Augen und der Mann löste sich in Rauch, Staub
und Funken auf, die auf die Versammelten hernieder regneten.
Auf ein Augenzwinkern Varius hin, gingen die Flügel in Flammen auf,
zeichneten unwirkliche Schatten auf die umliegenden Fassaden.
Passante sprengten aus einander, geführt von Angst und Schrecken.
Konnten aber ihre Blicke nicht von dem Bild abwenden, dass sich vor
ihren Augen abspielte.
Die Flammen griffen mittlerweile auch auf den Rücken, die Arme, ja
letztlich sogar auf den gesamten Körper des Predigers über.
"Jetzt kommt Dein persönliches Ende mein Freund!", sagte Varius leise,
riss dabei die Augen auf, die sich mittlerweile in schwarze Abgründe
verwandelt hatten.
Der Kreis um den Mann herum zog sich schnell aus einander, Frauen
wandten sich ab, aber auch der ein oder andere Mann. Kindern wurden
die Augen zugehalten, linsten aber vorwitzig durch die Schlitze
zwischen den Fingern ihrer Eltern hindurch.
Unweit des Ortes, an dem sich eben noch die schauerlichen Szenen
abgespielt hatten, befand sich ein Hotel, welches in etwa dem
entsprach, was er sich vorgestellt hatte. Das ansässige Sheraton Hotel.
Zielstrebig durchschritt er die Lobby und sah sich auch kurz darauf
einer freundlichen Empfangsdame gegenüber.
Ein kurzer Augenkontakt genügte um ihren Willen zu brechen, ihr
weiss zu machen, er sei Tobias Stein, hätte bereits ein Zimmer gebucht,
mit allem drum und dran. Er hätte bar im voraus bezahlt und
anstandslos glaubte sie ihm. Tobias alias Varius wurde sogar
anstandslos auf sein Zimmer geleitet. Ein grosszügig eingerichtetes
Apartment, dessen Grösse an eine Penthauswohnung erinnerte.
Ihm wurde ein Bad eingelassen, mit wohlriechendem Schaum.
Als er wieder allein war, wurde ihm klar, welche Freuden ihm in den
letzten Jahren entgangen waren. Natürlich zog es ihn gelegentlich in
diese Welt, aber er hatte es schon lange nicht mehr so genossen wie
heute.
Der Zimmerservice brachte noch eine Flasche feinsten Champagner
und eine grosse Schale Erdbeeren, klassische Musik erfüllte die
Räumlichkeiten.
Varius hingegen saugte die negativen Empfindungen jedes einzelnen in
sich auf wie ein riesiger Staubsauger, denn immer mehr Passanten
wurden des bizarren Schauspiels gewahr. Letztendlich drehte er sich
herum und ging von dem Schauplatz weg, bevor das Final begann.
Frisch gestärkt ging er seines Weges. Er würde sich erst noch ein
Nachtlager suchen, die Tage in diesem Körper geniessen und sich ein
wenig Zeit lassen, bis er sich auf den Weg machte. "Was sind schon ein
paar Tage im Vergleich zu hundert Jahren", grinste er in sich hinein.
Er stieg in die Wanne, genoss die Wärme und den Duft, der ihn umgab.
"Ja, die Welt der Lebenden birgt einige grosse Vorteile und
Annehmlichkeiten!"
Bis die Dame und die restlichen Mitarbeiter des Hotels begreifen
würden, was passiert ist, bis ihr Vorgesetzter die Empfangsdame des
Diebstahls beschuldigen würde, wäre er längst weiter gezogen...
Unterdessen kamen Adiamus, John, Alicia und Max in Limburg an.
Die Idee, das Kino zu besuchen wurde schon längst verworfen und so
stand noch ein Besuch in der Altstadt auf dem Programm.
Sie stellten ihr Auto in der Tiefgarage ab und gingen gemeinsam durch
die schmalen und engen Gassen, mit ihren versteckten Geheimnissen,
alten Geschichten, die die Gemäuer erzählen könnten. Da noch ein Rest
an Tageslicht durch die Strassen schien, fühlte vor allem Alicia sich
sicher, was nicht nur an ihren Begleitern lag.
Die Attacken beschränkten sich bisher zum grössten Teil auf die dunkle
Zeit des Tages, wenn all das schützende Tageslicht erloschen war und
die Dunkelheit ihren Geschöpfen die Macht übergab.
In einem kleinen italienischen Restaurant, mitten in der Altstadt liessen
sie sich nieder und bestellten sich etwas zu essen. Max hatte schon im
Hotel was bekommen, so dass er auch keine Anstallten machte, auch
nur einen kleinen Haps von ihnen erbetteln zu wollen. Stattdessen lag er
friedlich unter dem Tisch, die anderen Besucher des Restaurant ständig
im Auge behaltend.
"Wen möchtest Du hier eigentlich besuchen?", fragte Alicia, nachdem
die Bestellung auf dem Tisch stand und die ersten Bissen ihren Weg
zum Magen suchten.
"Es handelt sich um eine alte Freundin von mir. Wenn ich sage "alt",
dann meine ich das auch so. Ich habe sie vor etlichen Jahren kennen
gelernt, es muss wohl im guten alten Westen der jetzigen USA gewesen
sein. Damals lebte sie noch unter einem Volk der Ureinwohner
Amerikas, den Namen habe ich mittlerweile wohl vergessen. Sie lebte
dort als Heilerin, hatte hellseherische Fähigkeiten und war auch
ansonsten der Magie angetan.
Als die Eroberer wie eine Landplage hereinbrachen, sich das Land
Stück für Stück unter den Nagel rissen, warnte sie Ihr Volk, vor dem
was dort naht.
Doch sie wurde verspottet, denn die Krieger des Stammes würden
schon alles Böse abwenden.
Es kam aber wie es kommen musste. Gegen die Waffen der Siedler
hatten sie keinerlei Chancen.
Anstelle aber ihr zu Folgen, sich in Sicherheit zu bringen, zogen sie in
ihr verderben. Von ihnen überlebte kein Einziger. Nicht einmal Kinder
wurden verschont.
Ich traf sie, als sie halb verhungert durch die Berge irrte, sich
verzweifelt von Samen, Gras, Kleingetier und Morgentau ernährte.
Zuerst dachte ich noch an eine, wenn auch magere, Mahlzeit, denn auch
mein Bauch war zu dieser Zeit nicht wirklich gefüllt.
Als ich mich aber verwandelt habe, um ihr das Fleisch von den
Knochen zu schaben, geschah etwas.
Eine Macht, wie ich sie vorher noch nie gespürt hatte, griff nach
meinem Innersten, durchforstete meine tiefsten Gedanken, zeigte mir,
was sie gesehen und erlebt hatte und letztendlich schleuderte sie mich
mit Kraft ihres Willens davon. Mein Weg den Berg hinunter war weit
und ich stürzte fast über eine Klippe, doch konnte ich mich im letzten
Moment am Fels festkrallen und meinen Sturz abbremsen.
Wäre ich in die Tiefe gestürzt, hätte es nicht mein Leben gekostet, aber
eine lange Zeit der Heilung, denn ich war geschwächt und hungrig.
Ich weiss nicht, warum ich sie verschont habe, denn später, in einem
kleinen Dorf, einer Goldsuchersiedlung, begegneten wir uns wieder.
Diesmal aber unter anderen Voraussetzungen. Wir unterhielten uns ganz
normal, als ob die Geschehnisse in den Bergen nie passiert wären.
Sie hiess Lomasi, was so viel bedeutet, wie schöne Blume und das war
sie auch. Wie ihr es so schön nennt, waren wir eine Zeitlang zusammen.
Verloren uns aber irgenwann aus den Augen.
Irgendwann begegnete ich ihr in dieser Stadt, wo wir zur Zeit im Hotel
untergebracht sind. Wir sprachen Tagelang, wie es uns ergangen ist und
über dies und das. Dabei erfuhr ich, das sie hier in der Altstadt einen
Laden mit Indianerschmuck betreibt.
Seit dem besuche ich sie immer wieder mal, wenn ich hier in der Nähe
bin."
"Aber muss die gute Frau denn nicht schon über hundert Jahre alt
sein?", schaltete sich John ein.
"Ich denke mal, das sie bald ihren 350. Geburtstag feiern müsste. Ich
bin mir aber nicht sicher."
"WOW, ich glaube an Deine Aussagen werde ich mich nie gewöhnen.",
stöhnte Alicia und wandte sich wieder ihrem Essen zu, denn als
Adiamus seine Geschichte erzählte, hörte sie gespannt zu und vergass
dabei ihr Essen.
"Was meinst Du damit?", fragte John.
"Naja", sie schluckte erstmal den Bissen hinunter," Diese Angaben in
Jahren. Sie ist ungefähr 350 Jahre alt. Der da ist 500 Jahre alt, die da
hinten 400...fällt Dir denn da nichts auf? Normal ist das nicht!!"
"Irgendwann fällt einem das nicht mehr so auf. Dafür kenne ich
genügend Leute, Wesen, die älter sind als die Geschichten in eurer auch
so beliebten heiligen Schrift. Da vergisst man so Kleinigkeiten mal,
dass normale Menschen nicht in diesen Dimensionen denken.", erklärte
Adiamus.
Damit war das Thema vorerst beendet.
Nachdem sie mit dem Essen fertig waren, bezahlte John die Rechnung,
gab auch noch ein entsprechendes Trinkgeld und die kleine Gruppe
verliess das Lokal.
Unweit des Restaurants gabelte sich die Gasse und sie folgten Adiamus
nach rechts. Nach wenigen hundert Metern blieb er vor einem schön
hergerichteten Altstadthaus stehen, an dem auch ein Schild hing, auf
dem Werbung für Indianerschmuck, Traumfänger und Indianerartikel
jeglicher Art geworben wurde.
An einer unscheinbaren Tür klopfte Adiamus. Zuerst geschah nichts,
doch irgendwann hörten sie Schritte hinter der Türe, es klang als ob
jemand eine Treppe hinunter steigt.
Die Tür wurde geöffnet und eine Frau, vielleicht Anfang vierzig,
öffnete die Tür. Ihre Herkunft war ihr deutlich anzusehen.
"Mingan, alter Freund, schön Dich zu sehen. Ich wusste ja, dass Du
kommst, aber nicht wann!", begrüsste sie Adiamus aufs herzlichste, mit
drücken hier, einen Kuss da und wandte sich auch den anderen zu.
Diese schauten sich fragend an" Mingan?".
"Oh, entschuldigt. Das bedeutet "grauer Wolf" in meiner Heimat.",
erklärte sie und begrüsste auch John und Alicia, als ob sie die beiden
schon ewig kannte.
Ein kurzes "Wuff" erklang von unten," Entschuldige mein Freund, dass
ich Dich jetzt erst begrüsse!", sie ging in die Hocke und zerwuselte
Max Fell. Mit einen Schwanzwedeln quittierte er ihre Begrüssung.
"Aber kommt doch hinein, dort ist es wesentlich gemütlicher.", lud
Lomasi die Anwesenden ein.
Sie folgten ihr in ein Treppenhaus, das von ihren Vorfahren geprägt
war. Indianischer Wandschmuck, Teppiche und auch Fotos hingen
entlang der Treppe. Alles war in einem beruhigenden, warmen
Braunton gehalten.
An dem oberen Treppenende befand sich ein kleiner Flur, von dem
Türen zur Küche, dem Schlafzimmer und der Küche abgingen, erklärte
sie ihnen.
Die Tür vor ihnen gab den Weg in ein grosses, weit ausladendes
Wohnzimmer frei. Auch hier waren wieder Erdtöne zugange, die für
eine angenehme Atmosphäre sorgten. Kerzen in unterschiedlichen
Grössen tauchten den Raum in ein wunderschönes Licht. Kleine Töpfe
hier und dort verströmten einen unbekannten, aber überaus angenehmen
Duft.
"Setzt euch doch, ich hole euch ein wenig Tee, oder mögt ihr vielleicht
etwas anderes?"
Dankend nahmen alle das Angebot an. Sie verschwand in der Küche,
hantierte offensichtlich mit dem ein oder anderen Topf und kam zuerst
mit einer Schale voll Wasser für Max zurück. "Hier mein Freund, für
Dich!", sie stellte Max die Schale hin und ging wieder schnellen
Schrittes von dannen.
Adiamus setzte sich bereits auf eine einladende Sitzlandschaft, die aus
Unmengen von Kissen, Decken und einem niedrigen Tisch bestand.
Stühle gab es wohl nicht. Auch Alicia und John taten es ihm gleich.
Es dauerte nicht lange, bis Lomasi mit einem Tablett zurück kam.
Darauf standen volle Becher mit Tee und auch ein Teller mit kleinem
Gebäck darauf. Sie setzte sich zu den Gästen, verteilte alles auf dem
kleinen Tisch.
Nachdem alle einen Schluck genommen hatten begann sie zu
fragen,"Was verschafft mir die Ehre eures Besuches?"
Adiamus erzählte was sich die letzten Tage zugetragen hatte, auch John
und Alicia ergänzten gelegentlich, in eigenen Worten, ihre Erlebnisse.
seine Seele zu schauen," Und Du bist Dir sicher das er Derjenige ist
Mingan?"
"Ich hoffe es doch stark, ich habe mich bei solch wichtigen
Angelegenheiten noch nie getäuscht!", sagte Adiamus.
"Ja, auch ich spüre eine starke Energie in ihm.", bestätigte sie seine
Meinung.
Sie sprachen noch über Lomasis Vergangenheit, was sie die letzten
Jahre gemacht hatte, wie die beiden sich kennengelernt hatten... Die
Frau hatte eine wunderbare Gabe, alles lebendig zu erzählen, als ob
man dabei gewesen war.
"Entschuldige, aber warum hast Du Deinem Stamm nicht geholfen?
Wenn Du die Macht dazu hattest?", fragte John nach einiger Zeit.
"Tja, das ist garnicht so einfach zu erklären. Zuerst habe ich es
versucht, ehrlich. Ich habe ihnen erklärt, was auf sie zu kommt, nichts
als Tod und verderben. Aber sie wollten nicht auf mich hören..."
"Aber was wäre gewesen, wenn Du ihnen zur Seite gestanden hättest?
Immerhin konntest Du mit Deinem Willen allein einen Werwolf
davonschleudern.", hakte Alicia nach.
"Das durfte ich nicht. Meine Kräfte hätten auch für die Übermacht
alleine nicht ausgereicht. Möchte noch jemand einen Tee?", sie wartete
nicht eine einzige Antwort ab, sondern begab sich auf schnellsten Weg
in die Küche.
"Ich wollte sie nicht kränken, oder verletzen!", beteuerte Alicia.
"Das hast Du nicht, so ist sie immer, wenn man sie darauf anspricht,
was ihrem Volk damals passierte. Wechseln wir doch einfach das
Thema.", Adiamus trank den letzten Schluck Tee in seinem Becher aus
und schaute in Richtung Tür.
Kurz darauf erschien Lomasi auch wieder, mit einer Kanne Tee in der
Lange sah Lomasi John an, sie schien mit ihren weisen Augen direkt in
Hand," Danke Mingan. Du weisst wie ungern ich darüber spreche.
Entschuldigt."
Eine fast peinliche Stille nahm Besitz von dem grossen Raum und den
Anwesenden.
Nur Max schlabberte freudig an Lomasis Hand und wurde auch dafür
gekrault.
Dann geschah alles ganz schnell. Die drei Fenster vor ihnen splitterten
und ein Scherbenregen fiel nach innen auf den Boden.
Wabernde Schatten drängten sich durch die äussersten Fenster, durch
das Mittlere drang eine Gestalt in den Raum, die Adiamus ähnlich sah.
Ein Werwolf. Den beiden Schatten rechts und links folgten noch zwei
weitere Wölfe in den Raum. Langsam wurde es voll vor ihnen.
Johns innere Alarmsirenen meldeten sich fast gleichzeitig mit dem
Vibrieren seines Schwertes.
Ein kurzer Blickkontakt mit Adiamus sagte ihm, dass auch er etwas
spürte. Eine Präsenz, die näher kam.
"Ohanzee, Schatten!", rief Lomasi," Tohopka...ähm...wilde Bestien sind
auch unter ihnen!! Schnell Alicia, geh dort hinten in die Ecke und
versteck Dich!!!"
Alicia folgte rasch ihrer Aufforderung, nahm Max mit und beide
verzogen sich in die angedeutete Ecke.
Noch ehe sie sich dort ducken konnten, hörte man Kleidung zerreisen
und ein wütendes Brummen durchzog den Raum. Adiamus hatte sich
verwandelt und stand in voller Grösse da. Auch John machte sich bereit,
hatte das Schwert unter seinem Arm aus dem Halter gezogen, welches
binnen Sekunden zur vollen Grösse wuchs.
"Gebt uns den Mann freiwillig heraus und euch anderen wird nichts
geschehen!!", erscholl eine Stimme aus dem Schatten.
"Nur über meine Leiche!", grollte Adiamus.
"Das kannst Du haben!"
Langsam bewegten sich die Schatten auf die drei zu. Johns Schwert
begann zu beben, er konnte spüren wie es sich von ihm nährte und eine
Kraft darin aufbaute. Blitze züngelten um die Klinge herum und ein
gewaltiger Blitz schoss hervor, direkt auf den Schatten vor ihm zu.
Er durchschnitt mühelos sein Opfer, aber schien keine Wirkung zu
zeigen. Dafür aber der Wolf der hinter ihm durch das Fenster
gekommen war. Dieser schaute an sich herunter, auf seine Brust. Doch
dort wo vorher noch eine muskelgestählte, behaarte Brust war, prangte
nun ein Loch in der Grösse eines Medizinballes. Noch ehe er reagieren
konnte, sankt er leblos in sich zusammen.
Alicia zog Max ganz nahe zu sich heran und umklammerte mit der
freien Hand den Talisman, den sie von den Zwergen geschenkt
bekommen hatte.
Adiamus unterdessen sprang mit einem gewaltigen Satz durch den
anderen Schatten hindurch, auf den anderen Werwolf zu. Dieser
erwartete ihn mit ausgebreiteten Klauen. Mit seiner Rechten riss
Adiamus dem Wolf einen grossen Striemen über die Brust, aus dem
sofort Blut hervor drang.
Dieser hingegen antwortete mit einem Krallenhieb quer über Adiamus
Rücken. Dies machte ihn aber nur um so wütender.
Sein gewaltiger Kiefer suchte sich seinen Weg an den Hals des
Angreifers, die Arme seines Gegenübers in einem eisernen Griff
John und Adiamus traten nebeneinander, Lomasi direkt hinter ihnen.
Auf ihrem eben noch so freundlichem Gesicht zeichneten sich
Sorgenfalten ab. Ihre Augen begannen hell zu Leuchten. Weisse
Schwaden drangen aus ihren Augenhohlen heraus, ähnlich wie zuletzt
bei dem Vampir im Bergwerk, nur in einer anderen Farbe.
gehalten. Er biss ihm die Kehle durch, riss wild blutige Teile aus dem
Hals heraus. Bisse die gegen ihn gerichtet waren und auch Adiamus so
manche tiefe Wunde hinterliess ignorierte dieser. Er liess sogar die
Arme seines Gegenübers los, nur um sie einen Augenliedschlag später
im Brustkorb des anderen Wolfes zu vergraben. Immer wieder
schnellten seine Pranken hervor, griffen wahllos nach Muskeln,
Innereien, letztlich nach dem Herzen seines Gegenübers und zog sie
einfach heraus. Nachdem er das Herz un der Hand zerquetsch hatte, viel
auch sein Gegner leblos zu Boden.
Unterdessen versuchte Lomasi die Schatten in Schach zu halten. Mit
weit aufgerissenen Augen, einer bis zum zereissen angespannten
Körperhaltung hielt sie zwei Kraftfelder aufrecht, die sich um die
Schatten schlossen.
Alicia und Max sahen verängstigt dem Treiben aus ihrem Versteck zu.
Der zweite Wolf sah in John wohl das leichtere Opfer und stürzte sich
auf ihn. Dem ersten Prankenhieb konnte John noch ausweichen, aber
der Zweite traf ihn mitten auf der Brust. Ihm blieb die Luft weg, so hart
schlugen die Krallen ein. Er spürte, wie warmes Blust seine Brust
hinunter lief. Aber er blieb tapfer stehen, versuchte es zumindest.
In ihm regte sich etwas und versuchte mit aller Macht durchzubrechen,
aber es gelang John diesmal ein wenig besser die Bestie im Zaun zu
halten.
Stattdessen gelang es John sich wieder auf sein Gegenüber zu
konzentrieren, wirbelte in einer schnellen Bewegung um den Werwolf
herum und versetzte ihm einen Schwerthieb über den gesamten Rücken.
Dieser schrie vor Schmerz, drehte sich herum und holte in der
Bewegung mit seiner riesiegen Krallenhand aus. John allerdings duckte
sich unter dem Hieb hinweg und stiess die Klinge mehrmals in die
Bestie vor ihm hinein. Der Wolf war geschwächt, denn mit jedem Hieb,
der ihn traf, sog das Schwert einen Teil der Kraft aus seinem Körper
heraus.
Mit einer, aus der Drehung heraus geführten, Bewegung trennte er den
Kopf des Wolfes vom Körper.
Der Kopf rollte davon und der massige Körper fiel wie ein nasser Sack
zu Boden.
John und Adiamus wandten ihre Blicke zur Decke, an denen die
wabernden Schatten langsam anfingen Gestalt an zu nehmen.
Ein Schrei drang an ihre Ohren. Die Blicke von John und Adiamus
wanderten zu Alicia, die in der Ecke, nahe der Tür ihr Versteck gesucht
hatte und auf die Gestalt die sich auf sie zu bewegte.
Ein über zwei Meter hohes etwas bewegte sich langsam auf sie und
Max zu. Geschützt von einer Art Knochenpanzer, über und über
gespickt mit hervorstehenden Dornen aus Knochen, bewegte sich das
Monstrum unaufhörlich auf die beiden zu. Max sprang mutig auf sein
Gegenüber zu. Verbiss sich am Arm des Angreifers, riss sogar einen
Knochen aus dem Verbund heraus, kam wieder mit den Pfoten auf dem
Boden auf, nur um direkt nachzusetzten.
Mit einer gewaltigen Kraft rammte ein Arm den Hund. Dieser wurde
sofort in der Bewegung gestoppt und quer durch den Raum
geschleudert. In der anderen Ecke, wo sie eben noch Tee getrunken
hatten, wurde der Aufprall von den Kissen gebremst. Benommen blieb
er liegen.
"Los, geh schon!!!", schrie Adiamus ihn an und sofort machte er sich
auf den Weg zu Alicia.
Die Schatten über Adiamus und Lomasis Köpfen hatten nun endgültig
ihre ursprüngliche Form angenommen und mit einem Mal standen zwei
Vampire vor ihnen. Schattennebel drangen aus ihren Augenhöhlen
heraus, von den Kraftfeldern war keine Spur mehr zu sehen.
Schwarze Armanianzüge kleideten die beiden Männer, die nun vor
ihnen standen. Ohne auch nur eine Sekunde zu warten spang Adiamus
auf den Ersten zu, der Zweite hingegen ging langsamen Schrittes auf
Lomasi zu.
Die monströse Gestalt in ihrem angsteinflössenden Knochenpanzer
hatte sein Opfer erreicht. Mit nur einem Arm riss er Alicia, am Hals
gepackt,in die Höhe. Er drückte zu, doch nichts tat sich. Seine Hand
legte sich noch fester um ihren Hals, doch der Schutz des Talismans
funktionierte.
Mit einem Schrei sprang auch schon John heran, das Schwert über sich
haltend. Die Klinge suchte ihren Weg durch Knochen und totes Fleisch.
Alicia fiel mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden.
Hinter John war auch Kampflärm zu hören, aber er konzentrierte sich
auf seinen Gegner. Noch während der Vampir sich herum drehte,
konnte John sehen, wie Knochen nachwuchsen, sich Haut und Muskeln
neu bildeten und auch der Panzer um den Arm neu entstand.
Mit gespreizten Beinen stand John ihm gegenüber, zu allem
entschlossen.
Blitzschnell, so dass sein Blick der Bewegung kaum folgen konnte, griff
das Monstrum zu, packte ihn und riss ihn in die Höhe. Er versuchte sich
los zu reissen, irgenwie mit dem Schwert an ihn heran zu kommen, aber
alle Versuche scheiterten.
Wieder gab er einen Teil seiner Kraft an das Schwert weiter, die Klinge
begann hellblau zu leuchten, Blitze tanzten auf dem Zwergenstahl.
John war kurz davor Bewusstlos zu werden, denn eine Pranke schloss
sich um seinen Hals und versuchte zu zu drücken.
Mit letzter Kraft liess er die ungeheure Kraft durch die Klinge heraus,
der so entstandene Blitz durchbohrte sein Opfer. Wankend wurde die
Umklammerung gelöst, er stand wieder auf festen Boden. Er rang nach
Luft.
Sein Gegenüber sah an sich herunter, dort wo einmal sein Bauch war,
klaffte ein qualmendes Loch.
John hingegen kam nicht wirklich zu Atem, sondern stürze sich auf
seinen Gegner. Immer wieder schlug er auf den Vampir ein. Doch jeder
verlorene Arm, jeder durchtrennte Muskel wurde zügig ersetzt, oder
wurde schnellstmöglich geheilt. Sein Schwert zog nun eine andere
Variante vor. Wo eben noch eine stahlähnliche Klinge zu sehen war,
befand sich eine Klinge aus lodernden Flammen. Sofort schlug John
wieder zu. Diesmal zeigte sich eine effektivere Wirkung. Die Wunden
schlossen sich nicht, abgetrennte Teile erneuerten sich wesentlich
langsamer. Feuer war offensichtlich eine wirksame Waffe. Immer
grösser wurden die Aschehaufen um den Vampir herum, bestehend aus
Teilen seines Körpers, die John ihm abgetrennt hatte.
Mit einem gewaltigen Kraftakt sprang John in die Höhe, liess dabei sein
Schwert senkrecht hinunterfahren und teilte den Vampir in zwei
Hälften.
Hinter John erklang ein Gemurmel, welches einer Melodie glich. Als er
sich herum drehte, sah er Lomasi, die aus vielen Wunden blutete, mit
weit aufgerissenen Augen. Das Singen kam von ihr!
Adiamus hatte seinen Gegner offensichtlich im Griff, war so zu sagen
kurz vor der Ziellinie, als ein Leuchten von Lomasi Besitz ergriff.
Immer heller schien das Leuchten zu werden.
John kniff die Augen zusammen, konnte seinen Blick nicht abwenden.
Lichtstrahlen schossen aus ihrem Körper. Dort wo sie auf vampirische
Wesen trafen, lösten sich die betroffenen Körperteile in Asche auf.
Immer mehr Strahlen durchfluteten den Raum, bis auch das letzte
bisschen Vampir sich in Staub verwandelte.
Als sie spürte, das ihr Opfer alle Gegner in Staub verwandelte, brach sie
kraftlos zusammen.
Alicia stand auf und rannte zu ihr hinüber, John und Adiamus taten ihr
gleich.
Aus zahlreichen Wunden ronn ihr Blut und somit auch der letzte
Funken Kraft heraus.
John kniete sich neben sie, wollte ihr die Hände auflegen, doch Lomasi
schob sie zurück," Ich wandelte nun lange genug auf Erden, habe für all
meine Sünden gebüsst. Nun kann ich meinem Stamm in die Ewigkeit
folgen!" sie sah zu Adiamus, der auf der anderen Seite kniete," Mein
Liebster Mingan, mein alter grauer Wolf. Sei nicht traurig, ich werde
auf der anderen Seite auf Dich warten!"
Sie gab ihm einen letzten Kuss auf die Wange, niemals zuvor sah das
Gesicht des Wolfes so traurig aus.
"Alicia, ich habe noch etwas für Dich.", auch ihr gab sie einen Kuss auf
die Wange. Ein kleiner, kaum wahrnehmbarer Funken traf sie, worauf
sie Ohnmächtig zur Seite fiel.
Max, de mittlerweile wieder auf den Pfoten war, trottete zu ihr hin.
"Adiamus, pass mir auf Deinen jungen Freund auf...." mit diesen
Worten löste sie sich in Millionen kleiner hell leuchtender Funken auf.
Sprachlos sahen sie auf den Boden, der nun leer war.
Alicia kam langsam zu sich und John half ihr auf die Beine.
"Was hat mich denn da getroffen?", stammelte sie vor sich hin.
"Und wo ist Lomasi?"
"Sie ist ihrem Stamm ins nächste Leben gefolgt.", seufzte Adiamus.
Eine kleine Träne rann über sein Fell zur Schnauze hin....
Fassungslos schaute sich John in dem Zimmer um und dann wieder zu
der leeren Stelle, wo Lomasi eben noch gelegen hatte. Max war auch
ganz verwirrt, und ging vorsichtig schnuppernd um die Stelle herum,
die Nase ganz fest an den Boden gepresst...
Adiamus stand auf, ging wortlos zu einem kleinen Schränkchen, öffnete
die reich verzierte Flügeltür und nahm etwas kleines hinaus. Es war ein
kleiner Stab, mit vielen Federn dran. Er sah diesen kleinen Gegenstand
mit so viel Liebe an, daß es John kalt den Rücken runterlief. Er war ein
Werwolf, eine gefährliche Bestie, und er konnte Gefühle haben? Ganz
tiefe offensichtlich...irgendwie geriet sein Bild über diese Geschöpfe
immer wieder aus dem Gleichgewicht...
Adiamus ging schweigend ins Nebenzimmer und währenddessen
verwandelte er sich wieder in den alten Mann, diesem Schauspiel
schaute John immer wieder aufs Neue fasziniert zu. Er wagte es nicht
Adiamus anzusprechen, er wollte ihn nicht stören bei dem, was immer
er da auch tat.
Er wandte sich zu Alicia und Max und lauschte mit einem Ohr ins
Nebenzimmer. Etwas wurde quietschend geöffnet, wie der schwere alte
Deckel einer großen Truhe. Dem Ächzen der Scharniere nach, war sie
schon sehr lange nicht mehr geöffnet worden. Er hörte, wie Adiamus
etwas aus der Truhe holte und dann ein leises Schaben, als wenn
Kleidung über die Haut gestreift wird. Dann nochmal ein Griff in die
Truhe und etwas weiches, aus samtenen Stoff, kam fast lautlos aus der
Truhe zum Vorschein. Adiamus kam zurück ins Zimmer und schaute
die drei traurig an. Er sah in dem Moment einem alten Mann ähnlicher,
als jemals zuvor. Er ging irgendwie gebückt, als würde eine große Last
auf seinen starken Schultern lasten, und ganz und gar nicht wie der
stolze, unbezwingbare Wolf...
Er hatte diesen kleinen Federnstab in der einen Hand und ein kostbar
verziertes Samtkostüm in der anderen Hand. "Ich werde einige Zeit weg
gehen, John. Du mußt alleine auf Alicia und unseren kleinen Fellfreund
achten, es wird nicht lange dauern. Aber diese Sache muß ich alleine
tun, daß bin ich ihr einfach schuldig."
John nickte verständnisvoll, er nahm Alicia bei der Hand und Max
stellte sich aufmerksam neben das Pärchen. "Ich werde mit ihnen zu
unserem Hotel zurückfahren. Es dauert eh nicht mehr lange bis zum
Morgengrauen, und ich denke, wir werden kurze Zeit alleine
zurechtkommen." Er zögerte, bevor er ansetzte, noch etwas zu sagen:"
Adiamus, ich...es...tut mir leid...ich kannte sie zwar nicht so wie Du,
aber ich mochte sie..." Adiamus winkte ab, man sah ihm den Schmerz
deutlich an..."Geht! Und pass mir gut auf , John. Nutze Deine neuen
Sinne! Sei aufmerksam!"
Alicia flüsterte leise:" Was wirst Du tun, Adiamus?" Dieser senkte den
Blick und sprach kaum hörbar:"Ich werde sie zu ihrem Volk bringen!"
der weiten Steppe. Er öffnete die Augen und ein kühler Nachtwind
streifte sein Gesicht...er erkannte im Mondlicht die Berge, die dieses
Tal einrahmten und sah zu dem weitläufigen Gelände, wo einst das
Volk von Lomasi zuhause gewesen war...
Sie wollte noch etwas fragen, aber John deutete zur Tür und zog sie
sanft mit sich. Max folgte auf dem Fuße, und sie traten durch die Tür in
die kühle Nachtluft, in der schon der sanfte Morgenduft schwebte. Sie
gingen schnellen Schrittes zum Auto und John sah sich in alle
Richtungen und mit allen Möglichkeiten seiner Sinne aufmerksam um,
aber sie wurden weder verfolgt noch sonst irgendwie belangt. So stiegen
sie ins Auto ein, bogen auf die Autobahn ab und machten sich auf den
Weg zurück zu dem kleinen Städtchen zu ihrem Hotel...sie sprachen
kein Wort, selbst Max ließ keinen Laut von sich hören...Alicia ließ sich
die letzten Minuten vor Ihrer Ohnmacht nochmal in inneren Bildern
ablaufen und strich sich mit ihrer Hand über die Stelle auf der Wange,
wo ihr Lomasi eben noch einen Kuss gegeben hatte...und eine kleine
Träne rann lautlos an ihrer Wange herab...
Er schritt andächtig durch das kniehohe Gras und wandte sich zu einem
Bergkamm. Diesen erklomm er ohne größere Mühe, bis er oben am
Gipfel auf eine kleine Lichtung kam. Dort erhoben sich mehrer kleine
Erdhügel, sogenannte Mound`s, wo viele der Ahnen und
Stammesmitglieder ihre Ruhestätte hatten und ihr Geist beerdigt war.
Diese Hügel waren kreisförmig angeordnet und in einem klaren Muster
waren dazwischen viele kleinere Steinhügel angesiedelt, ebenfalls
Ruhestätten.
Adiamus hielt das Indianergewand auf dem Arm und den kleinen
Federstab in der rechten Hand. Traurig sah er sich in dem kleinen Raum
um und sog noch die restliche Wärme und Energie die von Lomasi in
der Luft hing in sich auf und dann schloss er die Augen. Er stellte sich
bildlich den westlichen Teil der USA vor, dort auf der weiten Steppe,
wo einst das Dorf von Lomasi gewesen war. Er konzentrierte sich und
trat mit einem kleinen Seufzen in die Schattenwelt ein. Er bewegte sich
durch ein paar Schritte in der nebligen Welt und mehrere kleine Geister
traten ershrocken vor ihm zurück, und wagten es nicht, ihm in die Quere
zu kommen.
Er schritt durch eine dichte Nebelwand und im nächsten Moment trat er
aus der Zwischenwelt hinaus, mitten unter den klaren Sternenhimmel
Adiamus ging in die Mitte der Anordnung, legte die mitgebrachten
Gegenstände vorsichtig auf einen kleinen Grashügel und suchte sich aus
dem Rande der Lichtung mehrere längere, dickere Äste, die er in den
Boden rammte...aus kleineren Ästen flechtete er mit der Hilfe von Farn
ein Netz, welches er über den langen Stämmen befestigte. Es sah aus,
wie ein Altar, nur gute 2 Meter über der Erde.
Er nahm vorsichtig das Gewand, verbarg noch einmal tief die Nase
darin und atmete den noch daran haftenden Geruch von Lomasi ein.
Dann legte er das Gewand auf den gebauten Altar und hob den
Federstab auf. Fast zärtlich strich er mit seinen großen Händen über die
weichen Federn und murmelte alte indianische Riten...
Er schloss die Augen, hob den Stab in die Höhe, sein Gemurmel wurde
lauter und er legte den Stab auf das Gewand oben drauf...er nahm sich
einen stabilen Ast und fing an, um den Altar Zeichen und Symbole in
die Erde zu zeichnen, dabei verfiel er in einen rhytmischen
Singsang...als er sein Werk vollendet hatte, setzte er sich im
Schneidersitz unter den Altar, schloss die Augen und begann zu
beten...er steigerte sich in diese indianischen Gebete mit seinen ganzen
Körper hinein, wiegte seinen Oberkörper im Takt, grub seine Hände in
die Erde neben sich, und ließ sie durch seine Hände rieseln...
Etliche Zeit später, als er sein Ritual beendet hatte, stand er auf, stellte
sich vor den Altar und warf eine Handvoll Erde darauf...er konzentrierte
sich und als er die Augen wieder öffnete, da entflammte eine glühend
rote Flamme auf dem Altar und verschlang gierig die dargebotenen
Gaben...eine kleine Träne bahnte sich ihren Weg durch sein Gesicht,
und hinterließ auf der, mit Staub beschmutzten Haut, eine glänzende
Spur von Leid und Trauer...
Die Flammen loderten und er hob den Kopf in den Nacken und blickte
in den klaren Sternenhimmel hinauf...er atmete den Geruch des Feuers
ein und blickte mit großen Augen zum Mond, er konnte sehen, wie sich
ein kleiner Nebel zu bilden begann, in den kleine Funken stoben und um
ihn herum tanzten. Etwas flüsterte ihm aus dem Nebel zu, ein
gehauchtes Dankeschön des Geistes von Lomasi...Adiamus fuhr sich
über die Wange, als der Nebel ihn wie zum Abschied zärtlich streifte,
dann erloschen die Funken und der Nebel löste sich auf.
Er verschwand im Mondlicht und auch das Feuer erlosch von selbst...
Adiamus warf den Kopf ruckartig in den Nacken und ließ ein langes,
ohrenbetäubendes Heulen ertönen...er fiel auf die Knie und schrie sich
seinen Schmerz von der Seele...Hass stieg in ihm auf, sein Heulen
wurde zu einem markerschütterndem Brüllen...Kleidung zerfetzte, als er
die Muskeln anspannte, sich das Fell über seine Haut schob...er konnte
gar nicht aufhören zu brüllen, seine Nase verformte sich zur Schnauze,
sein Kiefer schob sich nach vorne und mächtige Zähne bildeten sich...er
verwandelte sich voller Wut in das Geschöpf, welches so viele in ihm
sahen, den mächtigen Werwolf, der keine Gnade kannte, der Rache
schwor und sich in seiner ganzen, beeindruckenden Größe aufrichtete,
und gebieterisch in den Nachthimmel zum Mond hinauf brüllte...
In der Zwischenzeit waren die anderen drei stillschweigend in ihrem
Hotel angekommen. Alicia war total erschöpft und wollte sich direkt
hinlegen, obwohl sie wohl nicht schlafen würde können.
John gab ihr einen Gutenachtkuss auf die Wange und deckte sie
beschützerisch zu, als sie im Bett kuschelte. "Ich werde mich noch ein
wenig auf den Balkon setzen", raunte er ihr zu, "Versuch ein wenig zu
schlafen..."
Sie drehte sich gehorsam auf die Seite und schloss die Augen...John
öffnete die Balkontür und trat hinaus in die frische Luft in der gerade
ein neuer Tag zu erwachen begann...
Max war an seiner Seite und als John am Geländer stand, drängte er
sich mit seinem kleinen felligen Körper dicht an ihn. John schloss die
Augen und konzentrierte sich, er versuchte irgendwie Kontakt zu
Adiamus aufzubauen, seine Fähigkeiten waren zwar noch
unausgebildet, aber ein Versuch konnte nicht schaden.
Aber es klappte nicht...er stand wie vor einer Mauer, durch die er nicht
brechen konnte. Adiamus hatte ihn wohl bewusst ausgeschlossen...
Er versuchte es gar nicht weiter, sondern nahm sich eine Decke und
hockte sich auf den kleinen Schemel, der vor der Wand stand. Er
wickelte sich in der Decke ein und lehnte seinen Oberkörper gegen die
Wand. Max rollte sich zu seinen Füssen zusammen und es dauerte nicht
lange bis John eingeschlafen war.
Er wurde von einem Sonnenstrahl gekitzelt und als er die Augen
aufschlug, war es bereits hellichter Tag. Die Luft roch aber noch frisch,
allzu spät konnte es noch nicht sein...
Er blinzelte und er spürte eine mächtige Präsenz, die plötzlich in seinem
Inneren auftauchte. Aber er verspürte keine Angst, denn die Präsenz
kannte er mittlerweile nur zu gut, es war Adiamus.
Er stand auf, streckte sich und spähte über den Rand des
Balkongeländers. Da sah er Adiamus aus dem Wald heraus treten, und
seine Erscheinung ließ John einen kalten Schauer über den Rücken
laufen. Adiamus trat mit einem verbissenen Gesichtsausdruck in das
Sonnenlicht hinaus, seine Kleidung hing in Fetzen herunter und er war
über und über mit Blut besudelt...
Was John nicht wissen konnte, Adiamus hatte einen kleinen Teil seiner
Rachegelüste gestillt, aber nur einen kleinen Teil...er war durch die
Schattenwelt zurück in die reale Menschenwelt getreten, und sah sich
noch einmal an dem Ort um, wo Lomasi ihr Leben lassen musste...
Er roch den Gestank der Wesen, die vor kurzem hier noch gewütet, oder
es zumindest versucht hatten. Er hatte sie genau erkannt, den Clan der
Werwölfe, die hier gewesen waren, es waren Wölfe aus dem Clan der
Schattenlords gewesen...er folgte seiner feinen Nase und durchforstete
das Städtchen nach dem ortsansässigen Rudel, denn niedere
Schattenlords waren dumme Krieger, die stumpf den Befehlen ihrer
Anführer folgten und wohl sich nicht die Mühe gemacht hatten, von
weit her anzureisen, sondern einfach welche aus dem Rudel um die
Ecke in den Kampf schickten.
Er durchstreifte die Gegend und er wurde fündig.
In einem leerstehenden Haus am Rande der Stadt roch er den abfälligen
Gestank, der aus den Gemäuern stieg. Es waren vier Rudelmitglieder
anwesend, die restlichen hatten ja schon ihr Leben aushauchen müssen.
Diese würden ihnen gleich folgen, sie wußten nur noch nichts von
ihrem Glück.
Adiamus machte sich nicht die Mühe anzuklopfen oder seinen Besuch
in irgendeiner Form anzukündigen, er brach mit einem gewaltigen Satz
durch die Kellermauer und platzte mitten unter das Rudel.
"Komme ich etwa ungelegen?", brüllte er in die Runde. Einer hob
verdutzt den Kopf, er hatte wohl ein Rudelmitglied erwartet und musste
gleich sein Leben lassen, bevor er auch nur die Chance hatte zu
reagieren. Adiamus ließ seine gewaltigen Krallen durch seinen
Brustkorb fahren und riss ihm sogleich das noch pulsierende Herz raus.
Der Werwolfkörper sank leblos in sich zusammen...während sich zwei
Rudelmitglieder erst noch zu Kampfmaschinen verwandeln mussten,
wagte es der vierte im Bunde, ihn anzugreifen. Adiamus stürzte sich mit
einem wütenden Gebrüll auf ihn, jagte ihm seine Zähne in den Hals und
griff gleichzeitig mit den Krallen um den Körper herum, er drückte mit
Leichtigkeit zu und brach dem Wolf die Wirbelsäule. Als dieser sich
versuchte aus der Umklammerung zu lösen, trennte Adiamus ihm mit
einem gewaltigen Hieb den Kopf vom Rumpf...
Genüsslich seine Rache auskostend, drehte er sich zu den anderen
beiden um...
"Na, wer will, wer hat noch nicht...?", grollte er die beiden an. Beide
sprangen ihn an und versetzten ihm tiefe Wunden mit ihren scharfen
Krallen...Adiamus genoss diesen Schmerz und schöpfe nur noch
weitere Kraft daraus...er schleuderte einen der beiden mit einem
gewaltigen Prankenschlag in die hinterste Ecke des Kellers und wandte
sich dem anderen zu. Er ließ seine Krallen abwechselnd durch das
Fleisch seines Gegners schneiden und fügte ihm grässliche Wunden
zu...er trieb ihn blutend vor sich her und zerstückelte ihn regelrecht mit
seinen Krallen...
Als er des Spiels übertrüssig geworden war, schnellte er mit einem Satz
vor und zerfetzte ihn mit seinen Zähnen die Kehle und trank das Blut,
welches in roten pulsierenden Fontänen aus dem besiegten Wolf schoss.
Der andere hatte sich mittlerweile aufgerappelt und versuchte das Weite
zu suchen, anstatt Adiamus erneut anzugreifen.
"Du bleibst schön hier, Du Feigling!!", brüllte Adiamus mächtige
Stimme wütend durch den Keller, er sprang vor und zerschnitt dem
Schattenlord mit seinen Krallen beide Achillesfersen...dieser sackte in
sich zusammen und versuchte vor seinem Peiniger wegzukriechen.
"Elendes Pack!", dröhnte Adiamus`Stimme, "Sag, wer hat den Angriff
befohlen?" Als er keine Antwort bekam, stieß er beiden Krallen
zugleich in den Rücken des Schattenlords und fuhr mit ihnen nach
außen...Muskeln rissen, Knochen knackten und Blut strömte in Massen,
als Adiamus seine Pranken nach oben schnellen ließ und somit den
Werwolf von innen her spaltete..."Ich kann es mir auch so denken",
raunte er, als er auf den toten Wolf herab sah...er warf seinen Kopf in
den Nacken und heulte ohrenbetäubend in den Raum hinein...
Er schüttelte sich und trat aus dem Keller heraus, nun ging es ihm etwas
besser...der Befehlshaber würde auch noch seine Wut zu spüren
bekommen...aber nun musste er sich erst einmal zurück ins Hotel
schaffen, denn so besudelt wie er nun aussah, könnte er bei
Tagesanbruch, der sich mittlerweile ankündigte, doch etwas zu sehr
auffallen...
Adiamus gelangte schnell und ohne grosses Aufsehen in sein Zimmer.
Dort angekommen zog es ihn direkt unter die Dusche. In Anbetracht der
Wunden, die ihm vor kurzen von den Wölfen beigebracht wurden,
schienen seine Selbstheilungskräfte stärker denn je zu sein. Denn von
den Tiefen Kratzern, herausgerissenen Fleisch und Muskelfetzen war
nichts mehr zu sehen...
In seiner Sommerresidenz, einer Villa am Rande von München gelegen,
standen zwei Männer in überaus teuren Anzügen und hielten ein
Meeting über die aktuellen Geschäfte ab.
"...im mittleren Osten steigen unsere Umsätze in ungeahnte Höhen.
Ähnlich sieht es in Japan und China aus. Das Wachstum geht dort
ungebremst voran. In Dubai sieht es noch nicht so gut aus, die Scheichs
weigern sich noch, mit uns zusammen zu arbeiten, aber daran arbeiten
wir. Unsere Firmen in den USA und Canada arbeiten gleichbleibend
zuverlässig..."
Es klopfte an der hohen Türflügeln, " Einen Moment...JA Bitte?", rief
die Gestalt, die hinter dem Schreibtisch stand und locker auf seinen
Sessel gelehnt war.
Die Tür schwang einen Spalt auf und eine junge Dame trat herein,"
Meister Claudius, Besuch für sie. Es ist der Kundschafter für den
Bereich Westerwald und Nordhessen."
"Soll hereinkommen!", sagte er zu seiner Empfangsdame," Bleiben sie
ruhig sitzen, es dauert nicht lange.", an seinen Gesprächspartner
gerichtet.
Ein gut gekleideter Mitfünfziger mit leichtem Bauchansatz betrat den
Raum. Als er die Tür hinter sich schloss, erinnerte er an einen Hobbit,
der in einem, für Menschen gebauten Schloss, die Tür hinter sich liess.
Er durchschritt das weitläufige Arbeitszimmer, vorbei an alten Vasen
aus der Ming Dynastie, alten Samuraipanzerungen, getragen von
untergebenen, die sich den Kuss ihres Meisters erhofften und
unbeweglich wie Puppen da standen. Seine Schuhe schwebten fast über
einen edlen Perserteppich, der eigens für diesen Raum angefertigt
wurde. Er trat an den schweren Marmortisch heran, der direkt vor einer
riesigen Fensterfront stand, durch die gefiltertes Sonnenlicht schien und
den Raum in ein unwirkliches Licht tauchte.
Er senkte seinen Kopf vor Ehrfurcht und sprach," Oh ehrwürdiger
Claudius, mein Herr und Gebieter, Bezwinger der Ungläubigen, Herr
über das Reich der..."
"Ja,Ja, alles schön und gut! Erspar mir die Floskeln. Was gibt es zu
berichten?", unterbrach ihn Claudius.
"Herr, die gestrige Aktion der Werwölfe, der Neugeborenen und des
Attentäters war ein Fehlschlag...", hob der Kundschafter an.
"WAS?"
"Zu meinem Bedauern ja mein Herr. Die Zielpersonen sind unbeschadet
entkommen. Bis auf die indianischstämmige Dame. Sie hat den Tod
unserer Neugeborenen mit dem Leben bezahlt."
"Wenigstens etwas erfreuliches."
"Ähm,ja...Desweiteren behielt...wie heisst er nochmal...ahja...Adiamus
sich das Recht der Blutrache vor und löschte das restliche Rudel der
Schattenlords in Limburg aus."
"Oh, noch ein paar erfreuliche Mitteilungen. Er schlachtet wieder unter
den eigenen Reihen. Sehr erfreulich!", mit einem wohlgefälligen
Lächeln auf den Lippen nahm er auf seinem majestätischen Sessel platz.
"Das ist noch nicht alles Mylord, er ist wieder unbeschadet in
diesem...Ransbach-Baumbach angelangt.", schloss der Mann seinen
Vortrag.
"Das ist doch schön, das mein alter Freund gesund und munter ist. Alles
andere hätte mich auch durchaus enttäuscht. Wollen wir doch einmal
abwarten, wie sich die Sachen entwickeln. Haben sie weiter ein Auge
auf die Gruppe und geben sie mir Nachricht, sobald sich etwas ereignet.
Danke, das war alles."
Der Kundschafter senkte nocheinmal seinen Kopf und verschwand
möglichst leise aus dem Raum.
Nachdem die Geschäftsberichte abgeschlossen waren und sein
Gegenüber den Raum verliess, wandte sich Claudius mit seinem Sessel
in Richtung Fenster und schaute hinaus.
"Haben sie alles verstanden, die Kunde aus dem Westerwald?", fragte
Claudius in den Raum hinein.
Aus dem Schatten der prunkvoll verzierten Vorhänge schälte sich eine
Gestalt. Ganz in schwarz gekleidet, mit einem Sarazenensäbel an der
linken Hüfte, einer schwarzen, leichten Maske, die ein wenig an die der
Ninja erinnerte, stand der Mann nun hinter Claudius.
"Ich möchte dass die Beweise auf unseren Kontaktmann bei den
Schattenlords als Auftraggeber für den Mordanschlag verweisen.
Schalten sie diesen zum geeigneten Zeitpunkt aus und bringen sie mir
den Kopf dieses Fellträgers. Das Blut dieses Wolfes dürfen sie sich
behalten und ihren Blutzoll an den Alten vom Berg damit entrichten.",
gab Claudius die Anweisungen an den Mann im Hintergrund. Seine
zedernfarbene Haut unter dem Augenschlitz schien ein lächeln
anzudeuten, seinen schwarzen Augen schienen zu glitzern. Denn
Werwolfblut war unter den Vampiren eine seltene Delikatesse und ein
Anreiz zugleich.
"Wie ihr es wünscht!", verabschiedete sich der Vampir und verschwand
lautlos aus der Tür. Auf dem Weg dort hin schienen seine Füsse nicht
einmal den Boden zu berühren. Mit der Geschmeidigkeit einer Katze
glitt er durch die Tür und liess sie lautlos ins Schloss fallen.
Mit einem wissenden Lächeln auf den Lippen folgte sein Blick dem
Verlauf der Morgensonne. Die Investitionen in neue Werkstoffe hatten
sich schon für diesen Anblick, der ihm so viele Jahre verwehrt blieb,
bezahlt gemacht....
Adiamus stand lange auf dem Balkon, wie lange wusste er nicht, aber
dem Sonnenstand nach zu urteilen war es mittlerweile kurz vor Mittag.
Er hatte John mit Max und Alicia in den Wald laufen sehen, auch wie
sie zurück kamen blieb ihm nicht verborgen.
Er hatte sich eine Kanne Tee und etwas Gebäck aufs Zimmer bringen
lassen, von dem er nur den Tee angerührt hatte.
Nur mit einem Handtuch um die Hüften stand er da, nippte gelegentlich
an seinem Tee und sah hinaus über die Häuser und dem Treiben in den
Strassen , als es klopfte.
"Komm nur herein, die Tür ist offen!", rief er mit gedämpfter Stimme.
John trat in den Raum, der mit ihrem starke Ähnlichkeit hatte.
"Stör ich Dich?", fragte er, als er auf den Balkon trat.
"Keineswegs, was kann ich für Dich tun?
"Naja, ich habe Dich heute Morgen aus dem Wald kommen sehen.
Gestern Abend, als wir und von dannen gemacht hatten, sahst Du noch
nicht so aus. Was ist passiert?", John betrachtete Adiamus genauer, als
er sich zu ihm herum drehte, erkannte aber keinerlei Regung in seinen
Gesichtszügen.
"Ich hatte noch ein kleines Treffen mit dem Rest des Rudels, welches
uns angegriffen hatte. Danach gab es sie nicht mehr!", brummte
Adiamus.
"Oh, sowas hätte ich mir denken können. Was denkst Du, wie geht es
jetzt weiter?", wollte er wissen.
"Ich würde sagen, vorerst sind wir hier sicher. Deshalb bleiben wir am
besten noch ein paar Tage hier. Trainier doch heute ohne mich oben im
Schwimmbad. Du kennst die Übungen, verinnerlich sie Dir
genauestens. Morgen gehts dann weiter. Ich muss heute noch ein paar
Erkundigungen einholen, ein wenig telefonieren. Und hat Alicia noch
Zugang zum Internet?", erkundigte sich der Wolf in seiner
Menschengestalt.
Ein wenig verwundert sagte John," Natürlich, sie hat ihr Lap auf
unserem Zimmer. Aber wie...Du kennst Dich mit sowas aus?"
"Natürlich, ich bin immer auf dem Laufenden, auch wenn ich aus einer
Zeit stamme, als die grossen Werwolfclans noch ein Stamm waren. Als
es nur eine Handvoll Vampire gab. Es waren gute Zeiten. Aber ich
schweife ab. Ich gehe später mal rüber zu den beiden und surfe mal ein
bisschen.
Du solltest aber langsam los. Auf, da wo kein Glatteis ist darf auch
gerannt werden.", zum ersten mal erschien ein Lächeln auf seinen
Lippen, wenn es auch ein wenig gespielt aussah, aber es war ein
Anfang. John verliess den Raum, ging noch kurz bei Alicia vorbei, holte
seine Badesachen und machte sich auf den Weg.
Mitten im Ostpark stand eine Gestalt und genoss die Mittagssonne auf
seinem Gesicht.
"Wie gut die Menschen es doch hier haben. Sie sind so sehr mit sich
und ihren Problemen beschäftigt, dabei verlieren sie die wirklich
schönen Dinge im Leben aus den Augen. Sie verdienen dies alles
einfach nicht. Dazu sind sie noch so leicht zu beeinflussen.", dachte
Varius bei sich.
"Langsam wird es wohl Zeit, darüber nach zu denken, wie ich in diesem
Kaff in Erscheinung trete. Ein Fahrbarer Untersatz wäre nicht schlecht."
Er machte sich auf den Weg Richtung Innenstadt. In einem Bistro der
gehobenen Klasse setzte er sich an einen Tisch, bestellte sich einen
Kaffee und überlegte gerade, welches Fahrzeug denn nun angemessen
wäre. Er durchforstete gerade die Erinnerungen seines Gastgeber, als er
von der Theke einen Gast prahlen hörte,"...genau, einen Hummer H3,
aufgeblasen auf 500 Pferdchen. Das Teil schiebt wie nix gutes. Wie
wäre es mit einer Probefahrt Schätzchen?" Der Mann an der Theke
mochte um die 60 Jahre sein, gehüllt und angezogen wie ein
Mustertexaner, in Begleitung eines 20 jährigen Modells.
Varius durchforstete Tobis Erinnerungen und sah das Bild eines
schwarzen Monsterautos. "Jaaa, das ist genau das was ich suche.", sagte
er leise, erhob sich von seinem Tisch und ging zu den beiden an der
Theke.
Er legte dem Mann die Hand auf die Schulter, als Zeichen seiner
Anwesenheit.
Dieser reagierte nicht sofort, er war mit der Blondine mit der grossen
Oberweite beschäftigt.
"Entschuldigen sie, ich würde gern ihr Auto sehen", störte Varius die
Unterhaltung.
"Was willst Du?", der Texaner drehte sich auf seinem Stuhl herum und
sah ihn mächtig säuerlich an. Als sich ihre Blicke trafen, war es binnen
Sekundenbruchteilen um ihn geschehen.
"Aber natürlich zeige ich Dir gern mein Auto. Hier Schätzchen, trink
noch was.", er liess einen 200 Euroschein auf den Tresen fallen und
folgte Varius auf die Strasse. Die Blondine schaute den beiden nach,
schüttelte den Kopf, steckte das Geld ein und bestellte sich noch etwas.
Auf der Strasse angekommen, führte der Texaner ihn in eine
Nebenstrasse und dort stand wonach es den Dämon gelüstete. Ein
Monstrum von einem Auto in tiefsten schwarz, mit viel Chrom und
riesigen Rädern.
Er nahm ihn genauer unter die Lupe und auf seine Frage, nach den
Fahrzeugschlüsseln, bekam er diese auch anstandslos ausgehändigt.
Auf dem weichen Ledersitz sass er wie ein Feldherr auf seinem Hügel,
wie er mit einem Auto umzugehen hatte, erfuhr er schnell durch das
umgraben von Tobias Erinnerungen.
Dort wo eigentlich ein Schlüsselloch sein sollte, war nichts.
Bereitwillig gab der Texaner ihm Auskunft über die Spielereien an
seinem Liebling. Ein kurzer druck auf den Startknopf erweckte die
Pferde unter der Haube zum Leben.
Ein paar kurze Gasstösse später wurde ihm bewusst, dass seine Wahl
die Richtige war.
"Du möchtest mir doch sicherlich dieses Prachtstück schenken, Dich
dann in ein Taxi setzen und mit freudiger Erinnerung an Deine
Schenkung nach Hause fahren, oder?", er sah dem Mann dabei tief in
die Augen.
Dieser zeigte ihm, wo er den Fahrzeugschein finden würde, drehte sich
um, rief ein Taxi und fuhr in ihm davon.
Varius genoss noch ein paar exzessive Gasstösse, legte den Gang ein
und fuhr los.
Er neues Gefühl, in solch einer Kutsche unterwegs zu sein, aber die
Automatik des Hummer vereinfachte seinen Drang sein neues Spielzeug
Probe zu fahren.
Nach einer ausgiebigen Testfahrt beschloss er zurück zu seinem Hotel
zu fahren, ein Festmahl zu sich zu nehmen, seinem Gastgeber, genauer
gesgt dessen Körper, ein wenig Ruhe zu geben und sich am nächsten
Tag erst auf den Weg zu machen.
Als er Stunden später im Sheraton angekam, stellte er selbst den Wagen
im Parkhaus ab, gab dem Wachmann noch ein ordentliches Trinkgeld,
damit dieser noch mehr auf seinen fahrbaren Untersatz aufpassen würde
und ging ins Hotel...
John hielt sich an die Übungen, die Adiamus ihm beigebracht hatte und
wurde von Tag zu Tag besser.
Er musste sich nicht mehr so stark konzentrieren, um seine Gedanken
auf Reisen zu schicken. Auch einen grösseren Umkreis zu erspüren war
kein Problem mehr. Er schickte seinen Geist auf reisen, in die
Wohnung von Lomasi, aber er fand nichts mehr, ausser Schutt und
Asche. Jemand hatte dort ganze Arbeit geleistet. Er folgte einer ganz
schwachen Präsenz, einer Art Aura, die einem leichten Duft glich,
Parfumschwaden gleich, die aber durch die Verwirbelung mit Luft sich
auflöst.
Er zog durch die kleinen Gassen, der Aura folgend, bis zu einem Haus,
an dem ein Menschenauflauf, mehrere Polizei und Leichenwagen
standen.
Er sah auch das Loch in den Backsteinmauern, welches Adiamus wohl
letzte Nacht in seinem Rachefeldzug hinterlassen hatte.
Er tauchte hindurch, und sah, weshalb der Auflauf an Polizei und
Sondereinsatzwagen vor Ort waren. Immer wieder stürzten Polizisten
zur Tür heraus, mussten sich übergeben.
Der Raum glich einem Schlachtfeld. Es sah aus als hätte jemand die
Körper in einen gigantischen Mixer gestopft hätte und bein einschalten
den Deckel vergessen hätte.
Haut und Muskelfetzen, Unmengen Blut und sonstige undefinierbare
Teile klebten an den Wänden, der Boden war Blutgetränkt.
Die "Leichen" waren nur rudimentär zu erahnen.
Er atmete unbewusst aus und musste hustend auftauchen. Selbst für ihn
war dieser Anblick ein wenig zu viel gewesen. Er als alter
Horrorfilmfan hatte solch ein Gemetzel noch nie in "Wirklichkeit"
gesehen.
Nachdem er den Würgreflex niedergerungen und wieder seine Fassung
zurückerlangt hatte, tauchte er wieder ab. Zu was Adiamus fähig ist,
war ihm nun mehr als bewusst geworden. Selbst unter seinen eigenen
"Brüdern" kannte er weder Freund noch Feind, wenn er ersteinmal das
Tier in sich heraus liess.
Da musste er sich merken, um nicht selbst irgendwann mal so zu enden,
wie die Überreste, die er eben gesehen hatte....
Wieder gingen seine Gedanken auf reisen, aber diesmal in ihr
Hotelzimmer, in dem Alicia gerade Adiamus die Funktionsweise ihres
Laptops erklärte. Offensichtlich kannte er sich doch nicht so gut mit
allem aus, wie er behauptet hatte.
Er spürte die unbändige Kraft und Macht, die von Asiamus ausging,
irgendetwas faszinierte ihn an den Wolf.
Max lag auf dem Balkon, genoss die Nachmittagssonne, die ihm auf das
glänzende Fell schien.
Alicia stand auf und machte dem Werwolf in Menschengestalt platz,
damit dieser sich auf den Weg ins Internet machen konnte. Sie ging aus
Höflichkeit zu dem Schäferhund auf den Balkon. Irgendetwas war aber
anders war aber anders an ihr, aber er konnte nicht sagen was. Gut, sie
war sein gestern Abend ein wenig nachdenklicher und ruhiger wie
sonst, aber das konnte auch mit den Geschehnissen des gestrigen
Abends zu tun haben.
Unbewusst tauchte er in ihr Unterbewusstsein ein und wurde fündig.
Lomasi hatte ja kurz vor ihrem Tod etwas von einem Geschenk erzählt,
aber nicht woraus es bestand.
Sie hatte einen Teil ihrer Erinnerungen in Alicia übertragen. Einen Teil
ihres Wissens über den Wolf, ihr damaliges Leben und ihre Kräfte.
Aber dort war noch etwas, ein kleiner Funken einer ihm noch
unbekannten Kraft strömte durch Alicias Adern. Etwas keimte in ihr,
wovon sie aber offensichtlich keine Kenntnis hatte. Es war früher noch
nicht da gewesen, das war wohl Lomasis Geschenk an sie.
Er musste dringend ins Hotel zurück und ihr die Neuigkeiten
unterbreiten....
Während John wieder auftauchen wollte drang eine Stimme zu seinem
Bewusstsein durch. Er spürte förmlich wie eine mächtige Stimme zu
ihm sprach und er vergass dabei ganz das Auftauchen. "John, du hast
gesehen was der Wolf getan hat. Möchtest du wirklich so werden wie
er? Vor allem nachdem du die Veränderung deiner Freundin bemerkt
hast? Ja, sie besitzt eine Gabe! Aber sei vorsichtig! Adiamus darf davon
niemals etwas erfahren, würde er es, er würde Alicia töten. Bist du
bereit zu sehen, was passieren würde, würde Adiamus von der Gabe
deiner Freundin erfahren? fragte die Stimme, welche so klang wie die
von Claudius. Ja, antwortete John. Plötzlich erschien vor seinem Geist
das Zimmer seines Hotels. Adiamus saß am Laptop und John trat ein.
Er sah, wie er auf den Balkon ging und Alicia erzählte was er entdeckt
hatte. Direkt danach drehte sich Adiamus um und verwandelte sich
wieder in den Wolf und ging auf Alicia zu. Sie wurde blaß um die Nase
als sie sah das Adiamus auf sie zugerannt kam. Alicia wurde binnen
Sekunden von dem Wolf in Stücke gerissen und ihr Überreste im
ganzen Zimmer verteilt. Als danach Adiamus auch auf John zuging,
wurde dieser wieder wach und saß immer noch auf dem Boden des
Schwimmbades. Völlig verstört tauchte John auf um festzustellen, das
sein letzter Tauchgang satte 27 Minuten gedauert hatte. Während er an
den Beckenrand schwamm, glaubte er in einem Winkel seines
Verstandes ein Echo zu hören. "Denke an meine Worte! Er wird sie
töten, früher oder später! Trenne dich von ihm!" Dann wurde es still.
Ein wenig erschöpft ging er unter die Dusche, genoss das heisse Wasser
auf seiner Haut.
Claudius Worte schallten in seinem Bewusstsein noch lange nach.
Er war sich nicht sicher, was er tun sollte.
Letztendlich beschloss er, Adiamus ersteinmal nichts von dem ganzen
zu sagen. Wenn, dann würde er es schon selbst rausfinden und dann
würde John ja sehen, was passieren würde.
Frisch geduscht machte er sich auf den Weg zu den Anderen. "Mal
sehen was es neues gibt.", dachte er sich.
Der Weg war nicht weit, zu Fuss keine fünf Minuten. Als er den Raum
betrat, war Adiamus noch im Internet unterwegs. Hinter dem Wolf in
Menschengestalt stehend, sah er diesem über die Schulter, "Hallo
Adiamus, schon was Neues rausgefunden?"
"Nicht so wirklich.", brummte dieser," ich suche noch nach Informanten
die mir etwas zum gestrigen Abend sagen können."
"Im Internet?"
"Ja wo denn sonst?", der Wolf drehte sich herum," Was denkst Du
denn? Die Leute mit denen wir es hier zu tun haben sind zwar sehr alt
und unter Umständen auch sehr Mächtig, aber das Internet ist zu gross
um alles überwachen zu können. Da schlüpfen Informationen schonmal
unter deren wachsamen Augen hinweg. Wie weit bist Du eigentlich mit
Deinem MiniPC gekommen? Halledahl hatte mich per Mail gefragt."
"Genau genommen stehe ich immernoch an dem Punkt, wo ich auch
schon am Anfang stand. Ich werde später nochmal schauen ob ich es
diesmal schaffe. Wo sind die anderen beiden denn?"
"Alicia ist mit Max spazieren, ihr war es zu langweilig hier...",
antwortete Adiamus.
"Ich werde mal nach ihnen schauen. Bis später!", John warf seine
nassen Badesachen in die Dusche und machte sich auf den Weg aus
dem Hotel.
Die Stimmung eben wirkte zu gerückt auf John, als dass er zu lange in
Adiamus Nähe bleiben wollte. Der Vorfall mit Lomasi hing ihm wohl
noch sehr nach, was er durchaus verstehen konnte, denn ihr plötzliches
Dahinscheiden war nicht mal einen Tag her.
Es war mittlerweile früher Abend, denn die Sonnenstrahlen nahmen
langsam ab. Lange würde es nicht mehr dauern bis der Abend
hereinbrechen würde, bis die letzten Strahlen der Dunkelheit nachgeben
mussten. Den letzten Tagen zu Folge verblieben ihm noch ungefähr
zwei Stunden, bis dies der Fall wäre.
Adiamus hatte ihm zwar nichts gesagt, deshalb wusste er auch nicht wie
lange sie schon fort war.
Zuerst überlegte er sich, auf gut Glück den Wald zu durchstreifen, kam
aber von dieser Idee ab und zog es vor sich von seinen neuen Sinnen
leiten zu lassen.
Kurz schloss er die Augen und liess seine Gedanken um Alicia
schweben. Ein Waldweg erschien langsam vor seinem geistigen Auge.
Über Kreuzungen hinweg, immer tiefer in den Wald hinein, in immer
tiefere, undurchdringlichere Regionen, folgte er einer schwachen Aura.
Bis auf eine Lichtung. Was er dort sah, liess ihm kalte Schauer über den
Rücken laufen. Alicia sass mit Max in der Mitte der Lichtung, um sie
herum uralte Tannen und Laubbäume, die sicherlich Geschichten aus
grauer Vorzeit erzählen könnten. Aber da war noch mehr...
Die beiden sassen auf dem Boden, der mit zarten Gras überwuchert
war. Um die beiden herum sassen Vögel, genauer gesagt zwei Eulen
und zwei Falken. Unweit von ihnen standen zwei Hirsche mit
gewaltigem Geweih. Auf Alicias Schulter hockte ein Eichhörnchen,
welches Max nicht aus den Augen liess. Ein Fuchs und eine weiter Eule
gesellten sich zu der Gruppe. Sie standen und sassen im Halbkreis um
seine Bekannte und ihren Begleiter herum.
Fassungslos sah er dem Treiben ein wenig zu, auch wenn er kein Wort
von dem ganzen gepfeife und den Lauten der anderen Tiere verstand, so
schienen sie sich mit Alicia irgendwie zu verständigen. Das musste er
mit eigenen Augen sehen!
Er machte sich auf den Weg.
Die meiste Zeit lief er, so dass sein Ziel schnell näher kam.
Er hatte nicht nachgemessen, aber es mochten schon ein paar Kilometer
gewesen sein die er hinter sich gebracht hatte, bevor er langsamer
wurde und schliesslich in ein Schleichen überging.
Die vielen Äste auf dem Boden vereinfachten die Sache nicht, denn er
musste aufpassen, kein Geräusch zu machen, denn er wollte die Runde
nicht stören.
In einem sicheren Abstand blieb er hinter einem Baum stehen und sah
in der Ferne das selbe Bild, welches sich eben noch vor seinem
geistigen Auge wiederspiegelte. Mit klopfenden Herzen, noch immer
darauf bedacht keinen Mucks von sich zu geben, stand er da und sah zu
der Gruppe herüber. Ein überaus unwirkliches Bild, aber irgendwie
hatte es etwas wunderschönes an sich, mit der schwindenden Sonne, die
alles in ein warmes Rot tauchte.
Er lauschte noch ein wenig den Geräuschen des Waldes, als eine
Bewegung seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Ein kleiner, fast nicht erkennbarer Punkt bewegte sich über die dunklen
Stellen den Hundefells. "Ein Laserpunkt!!!", schoss es durch sein Hirn.
Er folgte der ungefähren Luftlinie des Punktes und spürte die
Anwesenheit einer weiteren Person, weit entfernt, schräg hinter ihm, die
mit einem Scharfschützengewehr auf die Flanke des Hundes zielte.
Um Max zu warnen war es zu spät, so tat er das, was ihm als einzige
Möglichkeit in den Sinn kam, er rannte los.
Ein gedämpfter Schuss durchschnitt die frische Waldluft, John konnte
sie spüren, wie sie ihren Weg suchte.
Unterdessen überflog ein schwarzer Helikopter den Grossraum
Frankfurt und flog mit seinem Passagier weiter in Richtung RheinlandPfalz.
Der ganz in schwarz gehüllte Mann überprüfte nochmals seine
Ausrüstung. Er hatte alles dabei, was er für seine Mission benötigte. Er
setzte eine Brille auf, die der eines Fallschirmspringers glich, nur mit
dem unterschied, dass sich auf den Gläsern eine Art Satellitengestützte
Landkarte auftauchte. Er sah genauestens wo sie sich gerade befanden.
Es dauerte nicht mehr lange, bis er abgesetzt würde und sich dann um
seine Zielperson kümmern würde.
Er rückte nochmals seinen Säbel zurecht, den er diesmal auf dem
Rücken trug und schloss bis zur Ankunft die Augen. Die eigens für
solche Transporte eingebauten Scheiben sorgten dafür, dass er Tagsüber
unbeschadet reisen konnte.
Unaufhaltsam nahm suchte sich die Kugel ihren Weg.
Die Kraft der Verzweiflung verlieh John unmenschliche Kräfte und
dadurch auch eine Geschwindigkeit, der das menschliche Auge kaum
folgen konnte.
Er setzte zum Sprung an, streckte seine Hand so weit aus, wie er nur
konnte. Ein Schmerz durchzog seine Hand, als die Kugel durch seine
Haut, Fleisch und Muskeln drang, nur um letztlich seinen
Mittelhandknochen zu durchschlagen und mit unvermittelter
Geschwindigkeit weiterzufliegen.
Noch im Sprung drehte er sich herum und sah ihr nach.
Noch ehe er den Boden berührte, schlug die Kugel ein.
Aber nicht in ihrem Ziel, sondern ein paar Zentimeter von Max entfernt
im Boden.
Das Geräusch, welches das Projektil dabei machte, liess die Tiere des
Waldes, sowie Max und Alicia, aufhorchen. Sofort verliessen sie die
Lichtung, was fliegen konnte, erhob sich in die Lüfte der Rest suchte
sein Glück in der Flucht.
Max und Alicia suchten hinter einem Baum Schutz, als ein stechender
Schmerz Alicias rechte Schulter durchzuckte, wandte sie ihren Kopf
sofort zu besagter Schulter.
Das Eichhörnchen, was eben noch so friedlich auf ihrer Schulter
gesessen hatte, hing noch an ihr, bohrte ihr die Krallen in die Schulter,
auf der Suche nach Halt.
Sie nahm es in die Hand und setzte es vorsichtig neben Max auf den
Boden. Unsicher von wo das Geschoss kam, kauerten die drei hinter
dem Baum.
Nachdem John auf dem weichen Waldboden aufkam, stand er auch
sofort wieder auf. Blut ronn seine Hand hinunter, aber das störte ihn
nicht. Er ballte sie zu einer Faust. Das Gefühl , was in ihm aufstieg,
überwog alles bisher dagewesene in seinem Leben.
Rachedurst trieb ihn in die Bewegung. Er begann zu laufen. Immer und
immer schneller wurden seine Schritte.
Ziellos feuerte der Schütze in seine Richtung, als dieser die Flucht
antritt.
In Johns Inneren hingegen konnte er spüren, wie zwei Urkräfte
versuchten auszubrechen. Die Wunde in seiner Linken Hand hatte
aufgehört zu bluten.
Er bahnte sich seinen Weg durch das Unterholz, als ihn etwas in die
rechte Schulter traf und er auf den Rücken geschleudert wurde. Eine
Kugel hatte ihn getroffen und steckte nun fest.
Aber das war ihm egal. Er biss die Zähne zusammen, stand auf und lief
weiter. Diesmal beschränkte er sich nicht darauf, Sträucher und Büsche
zu umlaufen, sondern rannte einfach hindurch, ohne jede Rücksicht.
Sein Zahnfleisch im Unterkiefer schmerzte, ein Geschmack nach Blut
machte sich breit. Als er mit der Zunge seinen Mund abtastete, waren
seine Eckzähne fast doppelt so lang wie normal und schnitten mit ihren
scharfen Spitzen in das unten liegende Fleisch.
Um sich um solche Sachen Gedanken zu machen, fehlte ihm die Zeit.
Seine Beine verfielen in Rotation und er fegte durch den Wald, dem
Schützen hinterher. Diesem war wohl die Munition ausgegangen und
beschränkte sich wohl aufs laufen.
Doch John war schneller. Wie ein Raubtier sprang er den Mann an, riss
ihn von den Füssen und schleuderte ihn auf den Boden. Er rollte noch
drei Meter weiter, nur um sich wieder aufzurappeln und wieder nach
seinem Gegner zu schauen.
Dieser war mit dem Rücken auf einer grossen Wurzel aufgekommen
und rang stöhnend nach Luft.
John stand in windeseile auf, trat neben den Mann und kniete sich
letztendlich auf ihn. Mit einer Hand umklammerte John die Kehle
seines Gegenübers und schrie diesen an: " Was sollte das? Wer hat Dir
das befohlen?"
"Niemals werd ich Dir irgendwas sagen!", keuchte der Schütze hervor,
riss dabei sein Gewehr nach oben und versuchte John damit zu
schlagen. Dieser sah die Bewegung im Augenwinkel und reagierte
blitzschnell. Mit einem Ruck entriss er ihm die Waffe und drückte sie
mit immer grösseren Druck an dessen Hals.
In Johns Inneren tobten mittlerweile die beiden Bestien und versuchten
die Oberhand zu gewinnen. Fast wäre er ihnen unterlegen, doch er rang
sie nieder, konnte sie noch im Zaun halten.
"Los jetzt, rede!!!", schrie er sein Gegenüber an.
"Nie..."
Er erhöhte den Druck auf den Hals," Das hattest Du schon gesagt, ich
will was Neues hören!!" dabei ploppte das Projektil aus seiner Schulter
und fiel neben den Kopf seines Gegners. Sein Körper heilte wirklich
schnell, denn die Wunde begann sich auch langsam zu schliessen.
Den Druck ein wenig nachlassend rief er," Was ist jetzt???"
"Ich, ich kann nicht...", sofort wurde das Gewicht wieder schwerer.
Der Mann drohnte Ohnmächtig zu werden, als langsam Blut aus seinem
linken Ohr auf den Waldboden tropfte. Ein leises brummen wurde
immer lauter, leises kratzen klang in seinen Ohren.
Als er genauer hinsah, traute er seinen Augen nicht. Ein fetter Käfer
krabbelte aus dem Ohr, schüttelte sich kurz und brummte davon. John
sah ihm ungläubig nach.
Eine Hand legte sich auf seine, mittlerweile verheilte, Schulter und eine
bekannte Stimme erklang in seinem Kopf," Lass es gut sein, der
Mensch konnte nichts dafür, er war nur ein Werkzeug!", es war
eindeutig die Stimme von Lomasi, die er dort vernahm.
Er drehte sich herum und sah Alicia hinter sich. Sie nickte ihm zu," Es
ist gut, lass ihn laufen, er war nur eine Marionette."
Langsam stand er auf, den Kolben noch an die Kehle seines Gegenübers
gepresst, der ihn mit ängstlichen, weit aufgerissenen Augen, anstarrte.
"Aber was....?"
"Ich weiss es nicht, aber irgendwie ist noch ein Teil von ihr in mir.",
antwortete sie," Lass ihn gehen, er konnte nichts dafür. Ich weiss nicht
warum, aber ich weiss es."
Er nahm das Gewehr hoch und deutete dem Mann an zu gehen, welches
er schnell tat, dabei die Hand an sein noch blutendes Ohr gedrückt.
Alicia umarmte John, als ob sie sich schon ewig nicht mehr gesehen
hatten. Freude und Erleichterung strahlte sie aus.
Ein "Wuff" erklang neben ihm. Als er hinunter sah, wusste er nicht ob
er sich freuen, lachen, den Hund begrüssen, oder sich einweisen lassen
sollte. Denn zwischen den Ohren des Hundes lugte ein Eichhörnchen
hervor, dass ihn mit grossen Augen ansah und sich mit seinem kleinen
Pfoten an Max Ohren festhielt.
Die Nacht hatte ihre Herrschaft über die Stadt eingenommen, als über
Koblenz ein Hubschrauber hereinschwebte. Der Pilot hatte einen
Umweg gemacht, damit sie nicht zu früh eintrafen.
In ca. achthundert Metern schwang die Tür zur Seite, der Lärm der
Rotoren schwall an und eine dunkle Gestalt sprang in die Dunkelheit
hinaus. Das Geräusch machte schnell dem des Windes platz, welcher
den Mann umstriff, der dem Erdboden entgegen raste.
Er breitete seine Arme und Beine aus, so das seine weite Kleidung
augenblicklich seinen Sturz ein wenig abbremste.
Seine Brille wies ihm den Weg ins Zielgebiet.
In einem weiten Winkel schwebte er in die Altstadt hinein.
Geschützt von der Dunkelheit glitt er über ein Dach hinweg, vollführte
eine Drehung, so dass der mit den Beinen voran in einen Nebenhof fiel.
Ohne auch nur irgendein Geräusch zu machen, schlug er auf den
Betonplatten auf, wovon ein Teil unter seinem Gewicht nachgab und
zerbrach.
Ohne auch nur den geringsten Schaden zu nehmen ging er einfach
weiter.
Im Schutze der vielen Schatten und Hauseingänge schlich er sich durch
die Altstadt, auf der Suche nach seinem Ziel.
Er wich einigen wenigen Passanten aus, die sich noch in den Strassen
tummelten, erklomm ein Regenrohr und verschwand lautlos in einem
Fenster. Die Scherben, die dabei entstanden regneten lautlos zu Boden,
machten nicht das geringste Geräusch.
Selbst die alten Dielen, auf denen er sich jetzt bewegte, liessen nicht
das kleinste Geräusch verlauten.
Die Thermalerkennung in seiner Brille zeichnete in dem Nebenraum
eine warme Gestalt ab. Sein Opfer war wohl zu Hause.
Aus einer seiner Armtaschen hohlte er ein schwarzes Röhrchen, legte
einen Pfeil hinein und schritt langsam auf die Tür zu.
Er konnte einen Fernseher im Nebenraum hören und die Person schien
in einer entspannten Haltung in etwas zu sitzen.
Als er die Tür auftrat, war kein Laut zu hören. Sein Opfer sprang aus
dem Sessel, in dem er es sich eben noch gemütlich gemacht hatte. Eine
Verwandlung seines Gegenübers setzte ein. Doch ehe er sich auch nur
ansatzweise in einen Werwolf verwandeln konnte, griff er sich an den
Hals. An die Stelle, wo der Pfeil ihn getroffen hatte und verlor sofort
das Bewusstsein.
Als er wieder die Augen öffnete, fand er sich kopfüber hängend in
seinem Wohnzimmer wieder.
Sein PC war eingeschaltet, ein, ihm unbekanntes, Programm lief dort
ab. Fotos waren wahllos verteilt, mit Skizzen und , offensichtlich,
Stadtplänen.
Er konnte sich nicht bewegen, seine Muskeln waren zum zerreissen
gespannt, aber je mehr er sich wehrte, um so mehr schnitt sich das feine
Seil in seine Haut ein.
Jemand drehte ihn herum, kurz darauf sah er in ein paar pechschwarze
Augen. Sein Peiniger trug eine Maske und war in tiefes schwarz
gekleidet. Die Haut die er sah, war ebenholzfarbend.
Seine Verwandlung war dort unterbrochen worden, als er sein
Bewusstsein verlor. Vereinzelt waren Fellansätze zu erkennen, aber er
konnte sich nicht weiter verwandeln.
"Was willst Du?", schrie er sein Gegenüber an.
Nichts.
"Was willst Du?", ein wenig verzweifelter.
Nichts.
"Sag mir endlich was...", Ruhe kehrte ein.
Er schrie, aber es war nichts zu hören. Die Augen des Attentäters
wurden zu Schlitzen. Er schien zu lächeln.
Der Wolf sog Luft durch seine Nase ein und ein bekannter Geruch
erschreckte ihn bis ins Mark. Ein Vampir war sein Gegenüber.
Vermutlich von Claudius geschickt, um ihn zu erledigen.
Der Vampir wandte sich in Richtung Küche und schien nach etwas zu
suchen.
Der Werwolf rief, schrie aus Leibeskräften, wandt sich wie wild. Aber
kein Laut war zu hören, dafür vernebelte Schmerz seine Sinne.
Der Vampir kam zurück, stellte etwas unter ihn, griff in seine Haare und
riss seinen Kopf nach hinten.
Ein Dolch, orientalischer Herkunft, blitzte auf. Sekundenbruchteile
später ergoss sich der warme Lebenssaft in einen Behälter, der unter
ihm stand.
Das letzte was er sah war ein Licht auf das er sich zu bewegte.
Der Vampir leckte die Klinge ab, genoss die Kraftwellen, die seinen
Körper durchströmten.
Darauf hin schnitt er sich selbst in die Zunge, so dass sein eigenes Blut
an der Klinge haftete. Es sorgte dafür, dass die Selbstheilungskräfte des
Wolfes nicht mehr einsetzen konnten. Er trennte den Kopf vom Rumpf
und verpackte ihn sorgfältig in seiner mitgebrachten Tasche.
Er kniete sich vor den Eimer, gefüllt mit seinem Lohn, sprach ein paar
Zeilen und das Blut verwandelte sich in kürzester Zeit in ein Pulver,
welches er in einer art Tüte verschwinden liess und auch verstaute.
Er sah sich um, trat den Eimer in die Küche zurück und verliess das
Haus, wie er gekommen war. Geschmeidig, wie eine Katze, kletterte er
auf das Dach, sprang von Haus zu Haus, liess sich zwei Strassen weiter
wieder an einem Regenrohr hinab, lief noch eine Gasse, im Schutze der
Dunkelheit weiter und stieg in eine Limousine, die mit laufendem
Motor am Strassenrand stand und ihn erwartete.
Kaum sass er auf den Lederpolstern, setzte sie sich auch schon in
Bewegung....
Der Wagen verliess Koblenz und bog auf die Schnellstrasse ein, die
zuerst an der Polizeiwache und später an dem Ortsnahen Industriegebiet
vorbei führte.
Ruhig glitt der Wagen dahin, bog an einer Ausfahrt in besagtes
Industriegebiet ab und fuhr auf den Parkplatz eines grossen
schwedischen Möbelhauses. Die Limousine hielt an. Von dem
Scheinwerferlicht und beleuchtet von den angrenzenden
Strassenlaternen stand wieder der schwarze Helikopter, den er vor nicht
all zu langer Zeit verlassen hatte. Der Fahrer öffnete ihm die Tür und
der Vampir stieg aus. Den Beutel mit dem Kopf in der rechten und dem
Beutel mit dem Blutpulver überschritt er den restlichen Weg bis zu
seinem neuen Transportmittel, als hinter ihnen Lichter aufflammten und
eine Sirene kurz aufheulte.
"Stehenbleiben und keine Bewegung!", erklang eine Männerstimme aus
einem Lautsprecher.
Der Streifenwagen war ihnen schon seit der Tankstelle gefolgt, die sie
auf ihrem Weg passiert hatten, denn eine Limousine amerikanischer
Bauart waren in diesen Breitengraden recht selten. Ausserdem wurde
ihnen ein tieffliegender Hubschrauber gemeldet, der irgendwo im
Industriegebiet niedergegannen sein sollte. Die beiden Polizisten
rechneten eins und eins zusammen und behielten auch recht.
Die Hand an der Dienstwaffe stieg der Beifahrer aus, setzte sich seine
Mütze auf und Schritt vor den Streifenwagen. Seine Kollegin war
gerade dabei, Meldung zu machen.
"Hände hoch, alle zusammen!!!", rief der Polizist," Was ist hier los?"
Sein Chauffeur nahm lässig die Hände hoch und nachdem der Vampir
die Beutel rechts und links von sich ins feuchte Gras gelegt hatte, tat es
ihm gleich.
Langsam drehte er sich herum, sah wie sein Fahrer wortlos mit den
Achseln zuckte.
Auch die Polizistin hatte mittlerweile den Wagen verlassen und baute
sich links vom Streifenwagen auf.
Sie war schlanker, sportlicher Gestalt, hatte ihre dunklen Haare zu
einem langen Zopf geflochten, die Mütze mittlerweile auch aufgesetzt.
Ihr Kollege war kräftiger gebaut, aber hatte eine durchaus auch noch
annehmbare Körperfülle.
"Wollt ihr mich verarschen, spricht keiner von euch meine Sprache oder
was???", schrie ihr Kollege, ging langsam auf den Wagen zu.
Die beiden Männer zeigten sich unbeeindruckt.
dem Vampir wurde das Spiel nun doch zu langweilig. Kurzentschlossen
sprang er loss, war mit einer unglaublichen Geschwindigkeit bei dem
Polizisten. Packte mit beiden Händen nach seinem Kopf, ehe dieser
auch nur auf die Idee kam seine Waffe zu ziehen.
Mit einer kräftigen Bewegung und einem Markerschütternden
"KNACK" gab das Genick des Polizisten nach und er sackte zu Boden.
Langsam drehte er sich zu der Polizistin um und schritt langsam auf sie
zu.
Es machte ihm manchmal einfach eine Freude, mit den Menschen zu
spielen...
Er liess ihr genügend Zeit um ihre Dienstwaffe zu ziehen und
durchzuladen. Langsam kam er immer näher.
"Bleiben sie stehen, oder ich schiesse!!!", schrie sie, sah ihren Kollegen
leblos auf dem Boden liegen und war unentschlossen, was nun zu tun
war.
Langsam wanderte der Arm des Vampirs nach hinten, umklammerte
den Griff seines Schwertes und zog es gaaanz langsam, mit einer weit
ausholenden Bewegung, hervor. Es zerschnitt dabei förmlich die Luft.
"La...Lassen sie die Waffen fallen!!!", befahl sie ihm. Frauen konnten ja
so süss sein, wenn sie nicht mehr weiter wussten...
Unaufhörlich kam er näher. Zwanzig Meter in etwa war er noch von ihr
entfernt...neunzehn...achtzehn...
Ein Schuss ertönte.
Doch bevor die Kugel ihr Ziel finden konnte, machte der Vampir einen
schnellen Ausweichschritt nach rechts und die Kugel flog an ihm
vorbei. Weit hinter ihm Schlug sie ein, der metallische Klang, als sie in
den Kofferraum der Limousine einschlug, drang an sein Ohr.
"Verdammt noch mal, was soll denn der Schei...", hörte er seinen
Fahrer fluchen, doch der nächste Schuss übertönte sein Geschrei.
Wieder wich er der Kugel aus.
Die Polizistin leerte ihr Magazin auf ihn aus, während er immer wieder
aufs neue den Kugeln einen Schritt voraus war, oder sie mit seinem
Schwert ablenkte.
Eine, die letzte Kugel, traf in ihr Ziel, aber auch nur deshalb, weil er es
Müde war, das Spielchen weiter zu führen.
Ehe sie noch irgendetwas tun konnte, war er auch schon bei ihr. Schlug
ihr die Waffe aus der Hand, umrundete sie und riss ihr die Arme zurück.
Er roch an ihrem Haar, der Duft stieg sogar durch seine Marke
hindurch.
"Du könntest ihm gefallen...", flüsterte er ihr ins Ohr.
Das Schwert wurde nach oben erhoben, nur um dann mit dem Griff auf
ihren Hinterkopf aufzutreffen.
Augenblicklich verlor sie das Bewusstsein, drohte nach hinten zu
kippen.
Rasch verstaute er sein Schwert, fing die Polizistin auf und warf sie sich
über die Schulter.
Ruhig ging er auf die schwarze Limousine zu, an dessen Kofferraum
sein Fahrer herumfluchte und versuchte etwas weg zu
wischen,"Scheisse Mann, der Wagen ist Nagelneu. Jetzt auch noch die
Scheisse!! Dabei ist mein letztes Auto erst zusammengeschossen
worden."
Ihn ignorierend schritt der schwarze Mann auf den Helikopter zu,
öffnete die hintere Tür lud zuerst die Polizistin ein, holte noch die
beiden Taschen, die ihrem Beispiel folgten.
Er passierte wieder die Limousine, griff nach dem Mann am Boden und
schleifte ihn mit zum Streifenwagen und setzte ihn hinters Steuer.
Er schloss die Tür, ging auf die andere Fahrzeugseite, schloss auch hier
die Tür und ging weiter zum Tankstutzen.
Dieser war schnell geöffnet. Ein langes Stück Stoff war schnell aus
seiner weiten Kleidung herausgetrennt und in das Loch in der
Wagenseite hineingestopft.
Er ging zwei Schritte zurück, schloss die Augen und erhob seine rechte
Hand, die leicht geschlossen war. Als diese geöffnet wurde, befand sich
ein kleiner Feuerball darin. Diese Art von Flamme konnte seiner Haut
nichts anhaben, aber sie reichte aus, um den Fetzen Stoff zu entzünden.
Mit einer Kleinen, geübten, Handbewegung flog der kleine Feuerball
auf den Lappen zu und die Flammen frassen sich sofort durch den
Stoff.
Mit einer Seelenruhe ging er zu seinem Fahrer, legte dem schimpfenden
Etwas die Hand auf den Rücken und sprach," Wenn Du nicht willst,
dass Deinem Wagen noch mehr passiert, solltest Du langsam losfahren.
Die Rechnung für diese Kleinigkeit...naja, Du weisst an wen Du sie
schicken kannst." Mit ein wenig beschleunigteren Schritten ging er auf
den wartenden Hubschrauber zu. Die Maschinen waren bereits
angeworfen und die Rotoren begannen sich langsam zu drehen.
"Was ist los??, der Fahrer schaute sich um und erblickte die Flammen,
die aus der Seite des Streifenwagens heraus loderten.
"Ach du Scheisse!!!", rief der Chauffeur, rannte um sein Auto herum,
startete so schnell es ging und raste mit quietschenden Reifen davon.
In dem Moment, als die dunkle Gestalt den Griff der Helikoptertür
berührte, wurde es hinter ihm schlagartig taghell. Die Schallwellen der
Explosion liessen nicht lange auf sich warten.
Zufrieden nahm er auf einem der hinteren Sitze platz, schaute nochmal
das Geschenk für seinen Meister an, sah das mit ihr alles in bester
Ordnung war und wies den Piloten an, abzufliegen.
Nach einer kurzen Runde, über dem lichterloh brennenden
Streifenwagen drehte er ab und flog in die Nacht hinfort...
Es klopfte an der schweren Holztür zu seiner Schreibstube.
"Herein!", rief er.
Ein älterer Mann, mitte sechzig betrat den Raum, seine Braune Robe
schwang bei jedem Schritt den er tat, als er zu dem Schreibpult auf dem
sich Schriftrolle auf Schriftrolle stapelte. Das Gesicht und sein
verbliebener Haarkranz zeigten die Zeichen seines Alters.
Die Hände in den Ärmeln versteckt blieb er stehen.
"Eure Eminenz, es gibt wichtige Neuigkeiten."
"Ehrwürdiger Bruder Thaddäus, was kann ich für euch tun? Was gibt es
denn so wichtiges?", der kräftige Mann hinter dem Pult sah zu seinem
Gegenüber auf, blickte fragend über den Rand seiner runden Lesebrille.
"Es hat begonnen, die dunklen Mächte beginnen sich zu verbünden. Ja
sogar unter ihren eigenen Reihen zu wüten. Es ist die Rede das wieder
ein "Auserwählter" auf Erden wandelt. Den die einzelnen Kreaturen
sich zu nutze machen wollen!", erzählte Bruder Thaddäus.
"Vielen Dank erst einmal, ihr dürft euch zurück ziehen, ich kümmere
mich darum."
Er blickte wieder auf seine Papiere hinab, die vor ihm lagen. Der Bruder
verliess den karg eingerichteten Raum.
Ein neuer Auserwählter wandelt wieder auf Erden, so so...
Das ausgerechnet dann, wenn die Alten Vampire anfangen unter den
Dünnblütigen aufzuräumen. Unglaublich!
Seit Jahren schon trug er alle Informationen über die Wesen zusammen,
die sich neben den Menschen tummelten. Sowohl diejenigen, die in
friedlicher Koexistenz mit ihnen lebten, aber auch die, die sich von
ihnen nährten.
Die Welt war schon seit Jahrhunderten im wandel, immer wieder gab es
Berichte von solchen Wesen, die immer wieder einmal auftauchten,
aber auch genauso schnell wieder verschwanden. Aber das sich jetzt
eine solche Person wieder zeigte, ob es ein Zeichen war?
Sicherlich nicht, aber er brauchte mehr Informationen. Auch die
Übergriffe auf Menschen häuften sich in den letzten Jahren. Es wurden
immer "natürliche" Tode angegeben, aber das auch nur, um die
Bevölkerung nicht in Aufruhr zu versetzen.
Er hatte sich zu lange in den Kellergewölben versteckt und nur Beweise
für das Übersinnliche gesammelt. Es wurde Zeit das er wieder nach
draussen kam, unter Menschen. Unter den anderen Bewohnern des
abgelegenen Klosters in der Provence hiess es schon, er wäre gestorben
und nur sein Geist würde hier unten hausen.
Er ging zu der gegenüberliegenden Wand, die, genauso wie alle
anderen hier, aus groben Stein gemauert waren und Geschichten aus
uralten Zeiten erzählen konnten.
Sein Finger fuhren über das kühle, raue Gemäuer. Eine kurze
Bewegung mit seiner Hand und vier Steine schwebten schwerelos
hinaus und verharrten neben ihm in der Luft.
Er griff in das entstandene Loch, zog einen kleinen Koffer heraus. Mit
ihm ging er zu seinem Bett, einer einfachen Pritsche, mit Leinen
bezogen, einer einfachen Decke und Kissen darauf.
Als er darauf Platz genommen hatte, öffnete er den Koffer. Ein langer
grauer Mantel war all die Jahre in dem Fach verborgen gewesen. Ein
einfacher, ebenfalls grauer, Anzug, ein weisses Hemd, seine Geldbörse
und ein paar schwarze Schuhe befanden sich auch in dem Koffer.
Notizbücher und einen kleinen schwarzen Kasten legte er fein
säuberlich neben seine Kleider, die er für seine Reise ausgepackt hatte.
Er zog sich um, verstaute noch ein paar vertrauliche Papiere in dem
Loch in der Wand und verschloss es wieder mit Kraft seiner Gedanken.
Wieder an seiner Pritsche angekommen wandte er sich dem kleinen
Kästchen zu und klappte es auf.
Ein paar Tastendrücke später leuchtete der Bildschirm seines Pocket
PCs auf und wählte eine Nummer.
Auf der anderen Seite blickte er in ein alt bekanntes, wenn auch
zerknittert dreinschauendes Gesicht.
"Wenn das jetzt nichts wichtiges ist, lege ich direkt wieder auf. Weiss
der Kerl denn nicht, wie spät es ist??", fluchte eine Stimme am anderen
Ende der Leitung.
"Thaldur, alter Freund. Wie geht es Dir?", sagte er mit beruhigender
Stimme.
"Emmerich, Magister Emmerich? Ist das Dein altes Gesicht, was ich da
sehe?", fragte Thaldur.
"Genau der und kein anderer!"
"Hast Du mal auf die Uhr gesehen? Bei uns ist es mitten in der
Nacht!!!"
"Habe ich mein Freund, das habe ich!", erwiderte Emmerich.
"Womit kann ich Dir helfen, was gibt es so dringendes, das Du meinen
Schönheitsschlaf störst?", grummelte der Zwerg.
"Die Geschehnisse der letzten Tage haben mich aus meinem...naja...aus
meinem Urlaub aufgeweckt. Ich fragte mich, was dies alles zu bedeuten
hat und wollte mir selbst einen Überblick verschaffen."
"Dann pack doch Deine sieben Sachen und komm vorbei. Es gibt nichts
so schlimmes im Moment, was mich von meinem Schönheitsschlaf
abhalten könnte!", brummte er.
"Nun hab Dich nicht so. Wie oft hast Du mich schon aus dem Bett
geholt? Das letzte mal war es, weil Du auf der Flucht vor einem
gehörnten Ehemanns ein Versteck gebraucht hast!", erinnerte er
Thaldur.
"Ja,Ja,Ja...das ist aber schon ein Leben lang her!", der Zwerg gähnte
ausgiebig.
"Das schon, aber wenn man die letzte Ewigkeit in solch einer
Behausung verbringt und sich der Lektüre verschreibt, gibt es nicht viel,
an das man sich erinnern kann.", erklärte Emmerich.
"Dann schaff Deinen Hexenhintern halt hier hin, dann können wir uns
in Ruhe unterhalten."
"MEINEN WAAAS???"
"Ha, ich weiss immernoch womit ich Dich zur Weissglut treiben kann.",
grinste der Zwerg," Spass bei Seite, komm einfach mal vorbei, wenn Du
in der Nähe bist."
"Ich mache mich auf den Weg, aber ich denke es dauert noch so ein,
zwei Tage. Denn hier eine Kutsche oder sowas zu bekommen ist gar
nicht so einfach.", witzelte der Magier," Bis bald mein Freund!"
"Aber dann zu einer vernünftigen Uhrzeit!!!", gähnte der Zwerg erneut
und der Bildschirm wurde wieder dunkel.
Als er alles eingepackt hatte, was er brauchte, warf es sich den Mantel
um, entstaubte seinen Hut, setzte ihn auf und verliess seine Unterkunft.
Der verbliebene Mondenschein und die Sterne leuchteten ihm seinen
Weg durch die Weinberge, hinab ins Dorf...
Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als John erwachte.
Er schaut auf die Uhr und sah, das es schon elf Uhr war. Seit er hier
war, hatte er zum ersten mal ausgiebig schlafen können. Frei von
Albträumen, Störungen oder sonstigen, unfreiwilligen
Unterbrechungen.
Er sah sich im Zimmer um. Es war leer. Alicia und Max mussten schon
voraus gegangen sein.
Sein erster Gang führte ihn unter die Dusche. Als er mit nassen Füssen
vor dem Spiegel stand und sich begutachtete, vielen ihm die Worte des
Vampirs ein. "...wenn er rausfindet was mit Alicia ist...."
Dann kamen ihm die Bilder in den Sinn, die ihm Claudius vor Augen
geführt hatte und er sprintete los.
Auf den glatten Fliesen fanden seine nassen Füsse keinen Halt und er
fiel der Länge nach, Rücklings auf den Boden.
"Scheisse!!!", entfuhr es ihm.
Er rappelte sich auf, beeilte sich in den benachbarten Raum zu kommen
und zog rasch seine Sportkleidung an.
In windeseile erreichte er die Treppe, nahm gleich zwei Stufen auf
einmal und war wenig später schon im Eingangsbereich.
Ein Blick in den leeren Frühstücksraum schürten seine Befürchtungen.
Ein Zimmermädchen das vorbeikam sprach ihn an," Ihre Bekannten
sind draussen auf der Terrasse am frühstücken, wenn sie die suchen."
John wurde augenblicklich ruhiger," ähm,ja...Vielen Dank." und ging
hinaus.
Noch ehe er sie sehen konnte, hörte er die beiden lachen.
Als er sie endlich sah, alberten beide lustig drauf los.
Max bemerkte ihn zuerst und begrüsste ihn freudig wedelnd.
"Puh, alles in bester Ordnung.", hörte er seine Stimme im Hinterkopf
sagen.
John setzte sich neben Alicia an den Tisch und begrüsste sie kurz. Max
legte sich auf seine Füsse und er spürte die Wärme, die von dem Hund
ausging, durch seine Sportschuhe.
Während er Kaffee aus einer Warmhaltekanne in seine Tasse fliessen
liess und er sich noch überlegte, womit er sein Brötchen belegen sollte,
lauschte er dem Gespräch der beiden anderen Anwesenden.
Irgendwie war ihm im Moment nicht nach Reden zu mute.
Das Gespräch handelte von Adiamus früheren Jahren, seiner Beziehung
zu Lomasi, sowie ihre gemeinsame Zeit und letztendlich ihr
dahinscheiden.
Als John gerade den Rast aus seiner Tasse mit einem grossen Schluck
leerte, hörte er Adiamus sagen,"...und das Geschenk, das sie Dir
gemacht hat, ist eine Gabe. Sieh sie nicht als Fluch oder sowas. Sie wird
Dir und uns allen vielleicht einmal von nutzen..."
Zum ´sein´kam er nicht mehr, denn in diesem Moment prustete John
den Schluck seines Koffeingetränks quer über den Tisch.
Die braunen Spritzer verfehlten Adiamus um Haaresbreite.
"Alles in Ordnung?", wollte Alicia wissen.
"Bestens, Bestens.", keuchte John.
"Vielleicht ist der Kaffee zu stark für Dich, möchtest Du nicht lieber
einen Tee? Er schmeckt vorzüglich!", witzelte Adiamus.
Wenn Johns Blicke töten könnten, wäre der Wolf in Menschengestalt in
diesem Moment rücklings vom Stuhl gefallen und wäre mausetot liegen
geblieben.
"Nein Danke!"
Alicia stand auf und versuchte die Flecken auf dem Tischtuch mit einer
Serviette zu trocknen, während Adiamus und John ein Duell der Blicke
begannen.
´Glaubst Du denn allen ernstes ich hätte die Veränderungen an ihr nicht
bemerkt und mir meine Gedanken darum gemacht? Ausserdem hat sie
mir vorhin so einiges Erzählt, während Du noch auf der Matratze
gelegen hast.´, hörte er eine Stimme in seinem Hinterkopf.
´Die Gedanken die Du Dir machst sind absolut aus der Luft gegriffen.
Denn sie trägt auch viele Erinnerung meiner früheren Gefährtin in sich.´
Hatte der Vampir ihm etwas vorgemacht? Wollte er John mit seinen
Visionen nur auf seine Seite ziehen?
´Was hat Claudius Dir denn genau gesagt? Das ich sie töten würde,
wenn Du mir etwas verrätst? Wenn sie mir gefährlich werden könnte,
dann ja...
Aber unter diesen Voraussetzungen, warum sollte ich?´
Eine leichte Scham stieg in John auf.
´Seine Erklärungen und die Bilder, die er mir zeigte... es sah alles so
real aus.´, versuchte er eine Entschuldigung zu finden.
"Das kann ich auch, ich kann es Dir gern zeigen, wie einfach das geht!"
"Lass das!!! Wehe Du spuckst jetzt auch noch hier rum!!", fuhr Alicia
den Werwolf an und drohte mit der klebrigen Serviette.
"Was? Ach nein, das meinte ich nicht. Ich wollte John etwas anderes
zeigen, aber wenn Du möchtest kannst Du es auch sehen. Setz Dich und
schliesst dann beide die Augen."
Wie ihnen gesagt, sassen die beiden neben einander, schlossen die
Augen und atmeten tief die warme, frische Luft des Waldes ein.
Zuerst geschah nichts, vor ihren Augen war nichts als die dunkle Nacht
ihrer geschlossenen Lieder.
"Und was ist jetzt?", fragte Alicia ungeduldig.
"Öffnet doch eure Augen, dann seht ihr es!"
Beide öffneten fast gleichzeitig ihre Augen und John erkannte die
Umgebung sofort. Sie waren in dem Schwimmbad, welches er
mittlerweile sehr gut kannte. Vielleicht zehn Personen,
unterschiedlichen Alters zogen ihre Bahnen in dem Becken direkt vor
ihnen. Die drei standen direkt hinter einer Hecke, mit einem weit
ausschweifenden Blick über das Bad.
"Toll, Du kannst uns auch hin und her beamen, warum hast Du das
nicht schon das letzte mal gemacht?", nörgelte John wie ein kleiner
Junge.
"Können wir jetzt wieder zurück, ich wollte gerne noch fertig essen!"
"Ruhe jetzt! Und sieh genau hin!"
Als Johns Blick von Adiamus wieder zu Alicia wanderte, sah er, wie sie
mit weit geöffneten Mund, ungläubig auf das Schwimmbecken sah.
John wandte seinen Blick ebenfalls genervt auf das Wasser.
Aus der gegenüberliegenden Wand unter Wasser, schälten sich
schlanke, lange Schatten, die sich im Wasser verteilten,
umherschwammen und sich langsam an die Oberfläche begaben.
"WOW!!! Was ist denn das???", kam es, wie aus einem Mund.
Gewaltige Rückenflossen ragten aus dem Wasser heraus und mit
schnellen Bewegungen schienen sie schwerelos durchs Wasser zu
gleiten.
"Haie!!! Raus da!!!", schrien beide, sprangen umher und wedelten wie
wild mit den Armen.
Adiamus hingegen verdrehte nur die Augen und sah dem Schauspiel zu.
Keiner der Badegäste schien auch nur Notiz von ihnen zu nehmen,
geschweige denn von der Gefahr, die dort auf sie zukam.
Kurz vor ihren Opfern stiessen ihre Mäuler durch die
Wasseroberfläche, entblössten gewaltige Mäuler mit schier endlosen,
messerscharfen, Zahnreihen.
Für die Schwimmer kam jede Hilfe zu spät. In kürzester Zeit erreichten
die Haie ihre Opfer, die riesigen Kiefer klappten zu und die scharfen
Zähne durchschnitten mühelos Haut, Fleisch und Muskeln.
Binnen Sekunden schäumte das Wasser auf und nahm eine rötliche
Färbung an, während die Haie ihre Mahlzeit im Maul, von Seite zu
Seite schwangen.
Alicia und John konnten das Geschrei und Wasserplanschen hören, ja
sogar fast spüren.
Einen Wimpernschlag später öffneten sie die Augen und sassen wieder
an dem Tisch, den sie nie verlassen hatten.
Wortlos schoben sie ihre Teller mit den angebissenen Brötchen von
sich weg. John rief die Kellnerin an den Tisch und bestellte zwei
hochprozentige Schnäpse, die ihnen auch umgehend, brennend, serviert
wurden...
Max hatte die gespannte Stimmung am Tisch wahrgenommen und saß
nun mit hochgestellten Ohren neben dem Tisch und sah neugierig erst
John dann Alicia an.
Die beiden kippten die Schnäpse regelrecht hinunter, nachdem sie die
Flamme gelöscht hatten. Alicia schüttelte sich, als hätte sie kiloweise
Schnee auf den Schultern, aber John ließ das Gebräu sichtlich kalt, noch
nicht einmal die feinen Haare an den Unterarmen stellten sich auf. Er
blickte etwas mehr gefasst wieder Adiamus an, der seelenruhig und mit
einem großen Appetit in sein belegtes Brötchen biss.
„Wie hast Du das gemacht??“, fragte John.
„Es war so real“, keuchte Alicia, „so unglaublich real.“
„Kann ich das auch?“, fragte John weiter, ohne eine Antwort von dem
Wolf abzuwarten,“Zeig mir wie das geht!“
„Langsam, langsam“, erwiderte Adiamus, „Ja, Du könntest das auch, ja,
ich kann Dir zeigen wie das geht, aber erst sind andere Sachen
wichtiger. Wir sollten mit Deinem Training nach dem Frühstück
weitermachen.“
„Aber ich gehe heute bestimmt nicht in dieses Schwimmbad“, schüttelte
John den Kopf, „Vergiss es!“
„Sind wir heute etwas sensibel?“, witzelte Adiamus, sagte aber
daraufhin in einem etwas ernsteren Ton:“Ich denke, wir könnten heute
mit körperlichem Training fortfahren, ich werde Dir einige
Kampftechniken zeigen. Ich habe im Wald eine ruhige Lichtung
gefunden, da können wir ungestört üben.“
Er schaute fragend in die Runde und deutete auf die halb aufgegessenen
Brötchen:“ Eßt Ihr die nicht mehr?“
Viele Kilometer südlicher bahnte sich Magister Emmerich seinen Weg
durch die Provence. Er hatte in dem kleinen Dörfchen Marchampt
unterhalb des Klosters leider keine Mitreisegelegenheit gefunden und
marschierte zu Fuß durch die Landschaft auf dem Weg zu dem kleinen
Städtchen Belleville, um da auf eine Mitfahrgelegenheit zu hoffen.
Das Marschieren durch die schöne Natur der Provence tat dem alten
Mann ganz gut, nach der langen Zeit in den Kellergewölben. Und er
freute sich darauf, seinen alten Freund Thaldur wiederzusehen, aber es
war ja keine Vergnügungsreise, denn Sie mussten sich beratschlagen,
was sie zu unternehmen gedachten, um den neuen Auserwählten zu
schützen und zu unterstützen.
„Er ist bestimmt in der Gesellschaft von Adiamus“, dachte Emmerich so
bei sich, „der alte Streuner!“
Unverhofft hopste ein kleines Eichhörnchen auf den Feldweg vor ihm,
und sah ihn mit großen Augen an. Emmerich verstand die Sprache der
Tiere und das leise Gurren des Waldbewohners sagte ihm, das es
Hunger hatte, und wohl die Nüsse in seiner Manteltasche gerochen
hatte. Lächelnd bückte er sich, wobei er sich schwer auf seinen alten
Wanderstab stützte, den er in der rechten Hand hielt. Er hielt die Hand
auf und das Eichhörnchen sprang hinein, und während er leise auf es
eingurrte, führte er die Hand zu seinem Hut, wo sich das kleine braune
Fellknäul niederlies. Er griff in seine Manteltasche und zog eine
prächtige Nuss hervor und hielt sie dem Nager hin. Mit kleinen Pfoten
wurde die Nuss freudig in Empfang genommen und sofort wurde gierig
und mit großem Appetit daran genagt.
Emmerich ging langsam weiter seines Weges und sog die frische Luft
der Natur ein…vor ihm lag ein kleines Wäldchen, welches er pfeifend
betrat. Er ging tiefer und tiefer in das Wäldchen hinein, und irgendwie
veränderte sich seine Umgebung. Er hörte von der Hutkrempe
ängstliche Laute und er sprach dem kleinen Gast beruhigende Worte zu.
Plötzlich fiel ihm auf, daß das Licht weniger strahlend durch die
Baumkronen fiel und leichter Nebel aufzog…
“Oh nein, keine unliebsamen kleinen Störenfriede, nicht bei dem
schönen Sonnentag“, entfuhr es ihm, denn er ahnte schon, wer da vorne
auf ihn lauerte. Denn dafür wandelte er schon zu lange auf dieser
schönen Erde umher, als daß er nicht die Vorboten der Trolle
erkannte…
Und tatsächlich, Emmerich bog um die nächste Wegbiegung und da
stürze sich auch schon einer der Plagegeister auf ihn. Emmerich zückte
seinen Wanderstab, murmelte ein paar lateinische Worte und es schoss
ein hellblauer Blitz aus der Spitze des Stabes und traf den Troll frontal.
Dieser wurde von der Wucht des Blitzes zurückgeschleudert und
verschwand rauchend im Unterholz.
Das Eichhörnchen kauerte sich ängstlich unter die schützende
Hutkrempe und Emmerich fasste seinen Stab fester, denn Trolle kamen
niemals alleine. Und er sollte Recht behalten.
Gleich drei der zwergengroßen Geisterwesen traten aus dem Unterholz
und bedrängten ihn. Der Magister wirbelte die linke Hand in der Luft
herum, laut lateinische Formeln vor sich hin singend und es bildete sich
eine große blaue Lichtkugel, die über seiner Handfläche schwebte und
mit einer rasanten Stoßbewegung schleuderte er diese auf gleich zwei
der Trolle zu…die Lichtkugel raste mit einer unglaublichen
Geschwindigkeit auf ihre Gegner zu, kurz vor ihrem Ziel entfaltete sie
sich zu einer flachen Scheibe und streckte somit gleich beide Trolle
nieder.
Der dritte Troll zückte kleine Speere aus seinem Gürtel und ließ ein
wahres Feuerwerk davon auf den Magier einprasseln. Sogleich streckte
Emmerich beide Handflächen nach außen und schrie:“ URDAR
LOKKOR HALDI THER OLOM !!“
Dieser Schutzzauber baute im gleichen Atemzug eine riesige wabernde
Wand um den Magier und seinen kleinen Freund auf dem Hut auf, an
der die Speere abprallten, ohne Schaden anrichten zu können.
Grummelnd trat der Troll auf der Stelle und schoss kleine Feuerblitze
auf den Schutzwall zu, die aber ebenfalls abprallten, vorläufig
jedenfalls.
Der Magier hatte genug von dem Spielchen und streckte die linke Hand
aus, in Richtung eines mächtigen alten Baumes. Er murmelte eine
kleine Formel und zeigte mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf einen
großen, sehr großen Ast, der mächtigen Eiche.
Und im selben Moment, als er den Finger niedersausen ließ, sauste
dieser mächtige Ast auf den Troll herab und begrub ihn unter sich.
Es gab einen kleinen Rauchball und der Troll war verschwunden…
Der Magister löste den Schutzzauber auf und trat einen Schritt vor…er
hörte wieder die Vögel zwitschern und auch das Licht drang wieder mit
heller Intensität durch die Baumkronen, und die Nebelschwaden lösten
sich auf. Das Eichhörnchen entspannte sich merklich und krallte sich
nicht mehr in seinen Hut fest…
Emmerich seufzte tief und brummelte:“ Wäre ich doch nur in meinem
Keller geblieben…“
Mit beschwingten Schritten setzte er seinen Weg in Richtung Belleville
fort…
Sie standen auf der Lichtung, von der Adiamus John und Alicia erzählt
hatte.
Sein "Können" hatte John ja erst vor kurzem unter Beweis gestellt, aber
es reichte bei weiten noch nicht aus, um sich im Fall der Fälle gegen
mächtigere Wesen behaupten zu können. Nicht nur Adiamus war sich
dessen Bewusst, sondern auch John selbst.
Alles begann damit, dass der Werwolf seinen Schüler testete. Fall, Wurf
und Schlagtechniken beherrschte John bereits, es lag entweder in seiner
Natur, oder in ihm war etwas erwacht, das ihn um jeden Preis
beschützen wollte. Denn John war noch nie ein Schläger gewesen,
wenn dann hatte er meistens Prügel bezogen, so war es wenigstens in
seiner Jugend gewesen.
Aber nun waren es andere Vorzeichen.
Es waren nicht mehr die Streitereien um irgendwelche Spielzeuge, oder
das Pausenbrot. Auch ging es nicht um irgendwelche Schulkameraden,
die meinten beweisen zu müssen, wer der Stärkere war.
Nein, mittlerweile ging es wirklich darum, sich im Ernstfall verteidigen
zu können.
Obwohl die natürlichen Geräusche des Waldes sie umgaben, Licht und
Schatten die kleine Lichtung in eine Art Arena verwandelten. Der
weiche grasbewucherte Waldboden jeden ihrer Schritte weich
abfederte. Alicia und Max am Rand des Waldes sassen und ihnen
bewundernd zuschauten.
Das alles bemerkte John nicht wirklich, denn er konzentrierte sich mit
aller Kraft seiner Gedanken auf seinen Gegenüber. Dieser hingegen
setzte ihm immer wieder aufs Neue unerbittlich zu.
John wich aus, wehrte Schläge und Tritte ab. Versuchte selbst den ein
oder anderen Treffer zu landen, doch für jeden Erfolg musste er das
Doppelte oder Dreifache einstecken.
Er wusste nicht, wie lange es nun schon dauerte, aber John kam es wie
eine Ewigkeit vor. Sein Körper war gezeichnet von den Treffern die
Adiamus ihm versetzt hatte. Er benötigte dringend eine kurze Pause, die
ihm auch gewährt wurde. Kaum hatte er sich auf dem Baumstumpf,
neben Max, niedergelassen und die ersten Schlücke Wasser rannen
seine trockene Kehle hinunter, verblassten auch schon die ersten blauen
Flecke wieder.
"Wie spät ist es eigentlich?", die Frage war an Alicia gerichtet.
"Es ist kurz vor vier, ihr seid schon seit 3 Stunden dran. Werdet ihr denn
garnicht müde?"
"Er kann es sich nicht leisten. Denn sollte ich einmal nicht zur Stelle
sein, muss er sich auch selbst verteidigen können.", auch Adiamus
nahm einen tiefen Schluck aus seiner Wasserflasche," Ich kann ihm
nicht alles an einem Tag beibringen, aber er weiss auch schon
verdammt viel, auch wie man es einsetzt."
Mit einem offensichtlich gespielten Schmerz griff er sich an den
Rücken und schnaubte schwer.
"Ausserdem muss ja auch jemand auf Max und Dich aufpassen und
verteidigen können.", ergänzte John.
Der Schäferhund hob den Kopf an, legte ihn ein wenig schief, nahezu
fragend. Es sah fast so aus als ob er alles verstanden hätte was John
gerade gesagt hatte.
Doch genauso schnell legte er wieder den Kopf auf die Vorderpfoten
und schloss die Augen.
"Dann sieh mal zu das Adiamus Dir noch ein bisschen was beibringt!!"
Die beiden Männer schauten sich fragend an, zuckten mit den Schultern
und machten sich wieder in die Mitte des improvisierten Rings.
Nach einer weiteren Stunde begann Adiamus das Tempo an zu ziehen.
Er bewegte sich von mal zu mal schneller. Auch John versuchte das
Tempo zu steigern, Angriffe abzuwehren. Doch mit jeder Steigerung
wurde der Werwolf noch schneller. Plötzlich verschwand er kurzzeitig,
nur um John kurz darauf von hinten anzugreifen.
Kaum hatte dieser sich herum gedreht, war Adiamus auch schon wieder
verschwunden.
Mit einer Schnelligkeit, die dem Menschlichen Auge verschlossen
blieb, schien er sich hin und her zu bewegen.
In John stieg ein Funke der Verzweiflung auf, denn es wurde immer
unmöglicher, den Schlägen des Wolfes auszuweichen.
Es wurde ihm zu bunt. Anstelle sich auf Augen und Ohren allein zu
verlassen, griff er auf seine niederen Instinkte zurück. Versuchte zu
spüren wo und wann Adiamus zuschlagen würde.
Anfangs war es ihm kaum möglich sich zu konzentrieren, aber mit
einem Mal war es da. Noch bevor die Faust auf ihn zuschnellte ergriff
er diese und warf Adiamus in einem weiten Bogen von sich.
Dieser rollte sich blitzschnell ab und war im nächsten Moment auch
schon wieder verschwunden.
Dieses Spiel ging immer wieder hin und her. Keiner der beiden
schenkte dem Anderen etwas.
Alicia schaute ganz verwundert dem hin und her zu, konnte kaum
glauben was sie dort vor sich sah. Auch wenn in den letzten Tagen so
viel geschehen war, so war dieser Anblick atemberaubend. Max
hingegen schien das alles kalt zu lassen. Ruhig hebte und senkte sich
sein Fell unter Alicias Hand.
Doch nach einigen Stunden des Sitzens und schliesslich Liegens
reichten aus, dass ihre Augenlieder immer schwerer wurden und sie
letztlich in einen Traum entglitt.
Zwei Förster schritten durch den Wald, machten gerade
Bestandsaufnahme beschädigter und kranker Bäume und kamen an der
Lichtung vorbei, auf denen Adiamus und John zu Gange waren.
"Ganz schön ruhig heute.", der etwas untersetzte Förster sah sich um.
Denn die Geräusche des Waldes, der Wind der durch die Blätter der
Bäume haucht, das Zwitschern der Vögel, das Knacken der Äste unter
ihrem Gewicht, war in diesem Teil ungewöhnlich ruhig, nahezu
gedämpft.
"Stimmt. Aber lass uns schnell fertig werden, es wird bald Zeit Schluss
für heute zu machen.",entgegnete sein kleinerer Kollege. Dieser sah
hinüber zur Lichtung, die, erhellt von den warmen Sonnenstrahlen des
späten Nachmittags, ruhig da lag.
"Wir rennen nun schon den halben Tag hier rum, lass uns doch endlich
Feierabend machen. Morgen ist auch noch ein Tag!"
So gingen die beiden an der kleinen Arena vorbei, auf der John immer
mehr zur Höchstform auflief. Mittlerweile schien er immer besser zu
werden, konnte sogar immer öfter einen Treffer bei seinem Gegenüber
landen. Wenn auch keinen ernsthaften.
Der beginnende Abend schickte seine Vorboten voraus. Die Schatten
wurden länger, das Licht färbte sich langsam rötlich. Kleine
Lichtpunkte schälten sich aus dem Dunkeln der Baumkronen, liessen
sich auf den umliegenden Sträuchern nieder. Schienen dem Treiben der
Kontrahenten gebannt zu folgen.
Janine erwachte aus einem tiefen Schlaf. Sie fuhr über die Bettseite
neben sich, doch sie war leer.
Erinnerungen an die vergangene Nacht und den folgenden Tag stiegen
in ihr auf. Ihre Bekanntschaft von der Bar hatte sie mit auf sein Zimmer
eingeladen. Die halbe Nacht und fast den ganzen Tag hatten sie mit
einander verbracht. Doch immer wieder ergriff eine Schwere von ihr
Besitz, die sie einschlafen liess. Noch nie hatte ein Mann sie so
gefordert, wie dieser. Erschöpft stand sie auf, schaute sich in dem
spärlich beleuchteten Hotelzimmer um, wickelte eine Decke um sich
und suchte den Weg zum Bad.
Sie fühlte sich ausgelaugt.
Im Badezimmer angekommen schaltete sie das Lich an, ging zum
Waschbecken, befüllte es und schaute verträumt in den Spiegel und sah
in das Gesicht einer alten Frau.
Falten durchzogen ihr Gesicht, die Haare wirr und grau auf dem Kopf.
NEIN, das konnte nicht sein! Das war nicht sie!!!
Sie versuchte zu schreien, doch kein Ton entsprang ihre Kehle, die wie
zugeschnürt schien.
Ungläubig tastete sie sich über Wangen, Stirn und Lippen, die letzte
Nacht noch voll und weich waren, so wie sie bei jemanden in den
Zwanzigern sein mochten, es nun aber nicht mehr waren.
Stattdessen die Lederhaut einer Neunzigjährigen. Das war zu viel für
sie.
Bevor ihr Verstand die Information verarbeiten konnte, ergriff
Ohnmacht Besitz von ihr. Die schelmisch grinsende Fratze, die
mittlerweile hinter ihr in der Tür stand, sah sie schon nicht mehr.
Aus den kleinen leuchtenden Punkten schälten sich kleine Flügel.
Körper formten sich. Kleine Köpfe mit spitzen Ohren und lustig
dreinschauenden Gesichtern formten sich aus den Lichtern.
Geschöpfe, deren Grösse einer Barbiepuppe entsprachen, erhellten den
Kreis in dem sich John und Adiamus schon seit Stunden bewegten.
Max Ohren bewegten sich als erstes, noch bevor er seine Augen
öffnete, denn merkwürdiges Wispern und piepsen erhellte die
Abendluft.
Auch John und Adiamus blieben die Anwesenheit der Neuankömmlinge
nicht verborgen und hielten inne.
Ein der leuchtenden Geschöpfe schwebte heran und blieb kurz vor
Adiamus in der Luft stehen, zischte und piepste in einer Sprache, die
John nicht verstand.
"Auch euch einen schönen Abend.", der Wolf senkte seinen Kopf kurz
zum Gruss.
Wieder erhellte die Stimme des Wesens die Abendluft.
"Und vielen Dank nochmals, das ihr uns in Eurem Reich habt Schutz
und Unterschlupf gewährt. Ich hoffe dass wir ab und an wieder hier
verweilen dürfen.", John war diese Ausdrucksweise des Wolfes nicht
gewohnt.
Alicia wurde durch das Gespräch wach, schaute sich noch
gedankenverloren um und erschrak mit einem kurzen Schrei, als sie
direkt in ein leuchtendes Gesicht schaute, das sie eben noch gemustert
hatte, sich aber dann schnell von ihr entfernte.
"Was....Was...Wer sind die?", rasch schaute sie sich um und erkannte
rund um sich herum mehrere der kleinen Wesen, in verschiedenen
Grössen, die mit raschen Flügelbewegungen in der Luft schwebten, auf
Ästen und Blättern sassen und deren Anzahl sie nicht beziffern konnte.
"Ja genau, sein Name ist John. Dort drüben, die Frau und der
Schäferhund gehören auch zu mir. Ihr Name ist Alicia und der Kleine
heisst Max.", erklang wiederum Adiamus Stimme.
Das Wesen wandte sich kurz um und musterte die anderen Anwesenden
genauestens, die wiederum ihren Gastgeber begrüssten.
Dieser wandte sich wiederum an Adiamus und schien noch etwas zu
erzählen, in einer unbekannten Sprache, die wohl nur der Wolf verstand.
"Vielen Dank nochmal für eure Gastfreundschaft. John und Alicia, wir
sollten aufbrechen. Schon allein aus dem Grund, weil ich Hunger habe
wie ein Wolf!!!"
Die Angesprochenen bemerkten ebenfalls, ein grummeln in der
Magengegend. Auch Max sprang wedelnd auf und schubste dabei eins
der kleinen Wesen von seinem Rücken. Dieses ruderte wie wild mit
seinen Flügeln um nicht abzustürzen und piepste dabei etwas, was sich
fast einer Art fluchen glich.
John half Alicia auf und die Gruppe machte sich zurück auf dem Weg
zum Hotel.
Begleitet von einigen der Lichtwesen fanden sie schnell den Rückweg.
Kurz vor dem Waldrand verabschiedete sich Adiamus von ihren
Gastgebern und sie traten auf den Weg hinaus.
"Wer waren denn die?", fragte Alicia neugierig und kam somit John
zuvor, der gerade die selbe Frage stellen wollte.
"Es sind Geschöpfe des Waldes und des Lichts. Sie kümmern sich ein
wenig um die Bedürfnisse derer die im Wald leben und sie um Schutz
und Hilfe bitten.
Sie waren schon immer dort und werden es wohl auch immer sein. Ihr
habt sicherlich schon in Märchen von ihnen gelesen und kennt sie als
Feen.", erklärte Adiamus.
"Sollte ich das Ganze hier überleben, schreibe ich vielleicht ein Buch
darüber. Wen Du nicht so alles kennst.", witzelte John.
"Warum auch nicht? Ich helfe Dir gern dabei.", bestätigte Alicia seine
Idee.
Gemeinsam betraten sie das Restaurant des Hotels und fielen über das
kalt/warme Buffet her.
Es dauerte auch nicht lange, bis sie sich, kugelrund gegessen, nach
hinten fallen liessen, wo die Stuhllehne sie auffing.
John erinnerte sich an die aufräumende Wirkung, des alkoholischen
Getränks vom Morgen und bestellte erst einmal eine Runde für alle
drei.
Als sich zum fünften mal seine Armhaare, als Reaktion auf den
ungewohnt starken Schnaps, kräuselten und sein Köper, erschöpft von
den Anstrengungen des Tages, langsam nach Ruhe verlangte, begaben
John, Alicia und Max sich auf ihr Zimmer, Adiamus blieb noch ein
wenig sitzen, folgte ihrem Beispiel aber nach zwei weiteren Runden
brennenden Alkohols.
Hexen, Rittern in stählernen Rüstungen… Eigentlich genau das, worin
er sich mittlerweile befand.
Doch wo sollte das alles ihn noch hin führen?
Er beschloss sich einfach treiben zu lassen, sehen was das Schicksal für
ihn bereit hielt.
John erwachte lange vor Alicia an diesem Morgen. Ein warmer
Sonnenstrahl hatte sich seinen Weg über die Baumwipfel, durch einen
Spalt in den Vorhängen des Fensters und kitzelte ihn an seiner Nase.
Er hatte einen tiefen und Traumreichen Schlaf gehabt, dem er noch ein
wenig hinterher hing.
Sein früheres Leben dominierte die Erinnerungen, die Traumsequenzen,
wie ein Dokumentarfilm darüber , was er einmal war. Wie es früher
war, in dem doch so sorgenfreien Leben.
War, War, War…ja wie ist es denn überhaupt gewesen?
Langweilig, im Gegensatz zu den letzten Wochen. Weitaus
ungefährlicher.
Unwissend zu sein, schütze einen doch. Zumindest eine Zeitlang, denn
auch Max ehemaliges Herrchen hatte vielleicht, bis zu ihrem
Zusammentreffen, ein sorgenfreies Leben geführt. Bis er mit seinem
Leben für die Unwissenheit mit dem Leben bezahlen musste.
Weiter südlich Stand eine Frau auf einer Anhöhe. Das Gesicht in die
erwachende Morgensonne Gerichtet. Ein Anblick bot sich ihr, den sie
noch schon so lange nicht mehr geniessen konnte.
Die aufgehende Sonne, die bereits ihre Strahlen weit voraus schickte.
Die Maske und Kleidung, die sie trug, schützte sie vor der
mörderischen Kraft dieses weit entfernten Sterns.
Die Maske war eine Weiterentwicklung, ein Test so zu sagen.
Ob das was die Wissenschaftler versprochen hatten auch wirklich
funktionierte.
Was ihr leider nicht gesagt wurde, war der Fakt, dass sie entbehrlich
war. In den Augen der alten Vampire ein Dünnblut, welches auch zum
Bauernopfer bestens geeignet war.
Oh mein Gott, dachte er, zuerst werde ich fast Wahnsinnig und nun
stürze ich mit selbst noch bald in eine Depression.
Das durfte und würde auch nicht geschehen!
Denn dafür hatte er nun zu viel gesehen.
Von einer Welt, von der er bisher noch nicht einmal zu Träumen gewagt
hatte.
Er liebte die alten Geschichten, Märchen und Mythen die von fernen
Welten erzählten. Erzählungen über Fabelwesen wie Zwerge, Feen
Durch den Spezialstoff ihres Anzuges spürte sie die wärmende Kraft,
die von den Sonnenstrahlen ausgingen. Seit fast einer ganzen Stunde
stand sie regungslos da und genoss einfach nur die Stille, die sie umgab
und diese verzaubernden Gefühle, die von ihr Besitz ergriffen.
Ein Schuss aus weiter Ferne durchschnitt die ansonsten kühle
Morgenluft.
Das Tuch um den Kopf der Frau wurde hinten eingedrückt und zerriss
letztlich unter dem Druck des eindringenden Projektils.
Es dauerte nicht lange, bis die Kugel die schützende Maske auf der
anderen Seite beschädigte und diese in tausenden Scherben zu Boden
fiel.
Sie erblickte ein letztes mal die Sonne auf ihrem Weg, während ihr
Körper sich in Sekunden in Funken und Asche verwandelte.
„Test erfolgreich beendet! Doch an der Haltbarkeit der einzelnen
Komponenten müssen wir noch ein wenig arbeiten.“, klang die Stimme
durch das Telefon.
„Vielen Dank, machen sie weiter.“, Claudius legte den Hörer auf.
Ein zufriedenes Lächeln erschien auf den Lippen des Vampirs.
Die Arbeit der letzten Jahre würden in absehbarer Zeit ihre Früchte
tragen.
Zufrieden schaute er noch einmal durch das Sicherheitsglas in den
Garten hinaus und schlenderte durch die Hallen in sein Schlafgemach.
Es war noch zu früh um endgültig das warme, weiche Bett zu verlassen.
Deshalb beschloss John den Pocket PC zu holen und sich ein wenig
damit zu befassen.
Nach schier unzähligen Versuchen, Zugriff auf den kleinen Rechner zu
bekommen, gelang es ihm schliesslich.
Fast hätte er laut aufgeschriehen, doch im letzten Moment fiel ihm ein
das Alicia neben ihm noch schlief.
Wieder einmal fiel ihm auf, was für einen tiefen und festen Schlaf sie
doch hatte.
Ein Blick zur Seite bestätigte seine Meinung, denn in einem
gleichmässigen Rhythmus schlummerte sie vor sich hin.
Etwas fiel ihm ins Auge, sabberte sie im Schlaf das Kissen voll?
Er schaute nochmals genauer hin und dabei fiel ihm auf, dass die
Gardine an dieser Stelle nur einen etwas merkwürdigen Schatten warf.
Obwohl ihm die andere Variante besser gefallen hätte. Wieder eine
Möglichkeit sie auf zu ziehen. Er lächelte bei dem Gedanken in sich
hinein.
Wieder wandte er sich dem Gerät in seiner Hand zu.
Das Betriebssystem war ihm unbekannt, obwohl er schon so einige
kennengelernt hatte.
Aber das störte ihn nicht weiter, denn die Benutzeroberfläche war
intuitiv schnell zu beherrschen.
Er fand diverse Daten und Übersichten zu diversen Wesen, von denen
er noch nie etwas gehört hatte.
Strukturen, wie verschiedene Vampir und Werwolfclans zu einander
standen.
Eine Art Enzeklopädie über Fachbegriffe, Magiesprüche, und und
und…
Bis er sich durch alles durchgelesen hätte, würde er alt und grau sein.
Im linken oberen Teil des Displays wurde eine eingehende Nachricht
angezeigt. John öffnete diese und las zuerst einmal den Absender.
Es war Thaldur, der sich meldete und ihn beglückwünschte zu seinem
Erfolg. Ausserdem hoffe er, dass John etwas damit anfangen und es
ihm auf seinem weiteren Weg helfen könne.
„Ich hoffe doch…“, entfuhr ihm eine leise Antwort.
„Was hoffst Du doch?“, gähnte Alicia leise in ihr Kissen.
„Das ich mit dem Teil hier und den Informationen darauf etwas
anfangen kann. Ich bin endlich drin!!!“
„Schön, hast Du gut gemacht.“, und wieder fielen ihr die Augen zu.
Er durchforstete die Informationen der Zwerge zu den einzelnen
Wesen, die ihnen bekannt waren, deren Vorlieben und Wer mit Wem in
Verbindung stand.
Da hatte er schon mal einiges vor sich.
Nach einer viertel Stunde klopfte es an der Tür.
Alicia vergrub ihren Kopf noch tiefer in den Kissen als John aufstand
und hinüber ging.
„Ja Bitte?“
„Ich bin es, Adiamus!“
„Einen Moment, ich mach auf.“
Er öffnete die Tür. Adiamus wartete erst gar nicht eine Einladung ab,
sondern stiefelte direkt ins Zimmer. In der Hand einen grossen Karton
auf dem ein Monitor abgebildet war.
Vermutlich war früher ein solcher auch in dem Karton verpackt
gewesen, aber dem Gesichtsausdruck von Adiamus nach zu urteilen
befand sich etwas mehr darin.
Er stellte die Kiste auf dem kleinen Beistelltisch neben dem Bett ab.
„Dieses Paket ist eben für mich abgegeben worden. Nun rate mal was
da drin ist?“
„Ich habe gerade mein Passwort für Thaldurs Geschenk heraus
gefunden, da musste ich mich schon genug anstrengen. Nun sag schon
was drin ist?“
„Sieh doch selbst.“, er machte einen kleinen Schritt zurück und machte
John platz.
Er öffnete die obere Abdeckung, schaute hinein und blickte direkt in ein
paar leblos wirkende Augen.
„Was ist das denn???“, stöhnte John.
„Ein Geschenk, was denkst Du denn? Aber ausser dem Kopf ist dort
noch mehr drin. Schau mal.“, Adiamus hob die Plastiktüte aus dem
Karton heraus, in dem der Kopf fein säuberlich verpackt war.
Darunter kamen Fotos, Dokumente und Berichte, sowie zwei DVD´s
zum Vorschein. John nahm den restlichen Inhalt aus der Kiste und bat
Adiamus den Kopf wieder zu verstauen.
Als der Kopf gerade über der Öffnung schwebte, wurde Alicia wach
und sah sich um.
Ungläubig zwinkerte sie einmal mit den Augen, dann ein weiteres
mal…
„Was ist das denn?“, fragte sie noch ganz verträumt.
„Der Kopf eines toten Werwolfes in einer Tüte, was denkst Du denn?“
„Der Kopf eines WAAAAS?“, hastig schlug sie sich die Hand vor dem
Mund und versuchte nicht zu schreien.
Strampelnd und teilweise auch rollend schob sie sich so weit wie
möglich von der Kiste weg. Bis sie am Ende des Bettes ankam und die
Erdanziehungskraft unerbittlich Besitz von ihr ergriff und sie vom Bett
fiel.
„Seid ihr beiden jetzt total bescheuert???“, erklang eine Stimme hinter
dem Bett.
„Ich habe den Kopf als Geschenk bekommen, von wem auch immer.
Zusammen mit einigen, wohl wichtigen Informationen…“
„Ist mir Scheissegal!!! Pakt das Ding weg!!!“
„Ok,Ok…kein Problem.“, besänftigte John sie und stellte die
Verpackung mit dem unheimlichen Inhalt neben die Tür.
„Ist weg!“ erklang Johns Stimme von weiter weg.
Zuerst erschienen ein wirrer, blonder Haarschopf am Rande des Bettes,
gefolgt von einer zierlichen Stirn und dann ein paar Augen, die mit
ihrer grünlichen Färbung an Katzenaugen erinnerten, die allerdings
erschrocken dreinschauten.
Misstrauisch begutachtete sie den Raum und legte letztlich das Kinn auf
die weiche Matratze. Ihre Augen musterten ihre beiden Gegenüber,“
Könntet ihr nicht lieber Frühstück ans Bett bringen, anstelle von so was
da hinten?? Seid ihr denn noch ganz dicht???“, fluchte sie.
Max stand mittlerweile neben ihr und stubste sie von der Seite an.
Fast automatisch wanderte ihre Hand über sein Fell, dessen Berührung
sie langsam wieder beruhigte.
Kritisch sah sie die beiden Männer an, die sich gegenseitig,
offensichtlich ratlos, ansahen.
„Ok, ich werde es mir merken.“, versprach John.
Adiamus hielt sich kluger weise zurück.
Langsam stand Alicia auf, sah noch mal hinüber zur Tür und dem
Karton daneben.
„Ich glaube ich muss mal dringend duschen.“, sagte sie und
verschwand, nur mit einem langen T-Shirt bekleidet, einen grossen
Bogen um das Geschenk nehmend, im Bad.
„Sie trägts mit Fassung“, lächelte der Wolf, griff sich den Aktenstapel
und die Fotos und breitete sie auf dem Bett aus.
"Mal sehen was ich denn da bekommen habe..."
Es waren Fotos von dem Besitzers des Kopfes, der wohl verstaut, im
Karton neben der Tür stand.
Detaillierte Aufzeichnungen über Orte und Namen, Zeiten, wo er sich
wann aufgehalten hatte. Eine CD mit Tonbandaufzeichnungen, wo eine
Stimme den Angriff auf Lomasis Wohnung befahl.
Doch wer mochte ihm all diese Sachen zugespielt haben?
Adiamus hatte bereits eine Idee, aber wollte ganz sicher gehen.
Als erstes musste er zu dem Wohnsitz des Kopfes gelangen, dessen
Adresse auch in den Unterlagen vorhanden war.
"Ich muss nach Koblenz.", grübelte der Wolf in Menschengestalt.
"Wir kommen natürlich mit!", schoss es aus Alicia heraus.
"Genau!", ergänzte John.
Nach einem kurzen Frühstück und dem beseitigen des Kopfes, machten
sie sich in ihrem Mietwagen auf den Weg.
Einige Kilometer südlich lehnte sich Claudius gemühtlich in seinem
Sessel zurück und lächelte zufrieden. Endlich, dachte er, endlich kommt
die Sache ins Rollen und alles so wie ich es geplant haben.
Die drei bestiegen das Auto und fuhren los in Richtung Koblenz ohne
zu ahnen das sie aus luftiger Höhe beobachtet wurden.
Was ihnen dort oben, hoch über den Autodächern,folgte, war Claudius
Lieblingsghoul. Der Käfer eignete sich perfekt für diese
Überwachungsaufgaben.
Er war klein genug, um in jede Ritze zu krabbeln, konnte fliegen und
war intelligent genug, um kleinere Aktionen selbst durch zu führen.
Bekräftigt, durch das Blut des Vampirs, in ständiger Verbindung
stehend, war es Claudius möglich zu sehen, was er sah und ihn kleinere
Anweisungen ausführen lassen.
Er folgte ihnen über die Autobahn, Schnellstrassen und dem
Strassengewirr in Koblenz selbst.
John bog mit dem Wagen in ein Parkhaus nahe der Altstadt ein und
wollte geraden den Wagen ausmachen, als eine Meldung im Radio
erklang:
"...Überlebenden zufolge fielen viele der Gäste wild über einander her.
Die Polizei ist zur Zeit noch ein wenig Ratlos, denn der Unbekannte,
der den Vorfall ausgelöst haben soll, ist zur Zeit noch auf der Flucht..."
Der Motor und das Radio erstarben gleichzeitig.
Was für eine komische Welt, dachte sich Alicia auf dem Beifahrersitz.
Varius hörte beim aufstehen, auf einem anderen Sender eine ähnliche
Nachricht.
"Auf der Flucht??? Was soll das denn heissen?? Mir wurde es nur zu
langweilig dort!", regte er sich über die Meldung auf," Wartet nur ab,
ihr werdet früh noch genug sehen und erfahren, wer euer neuer Herr
und Meister wird!"
Karl flog auch in das Parkhaus hinein und erblickte die Personen, die er
überwachen sollte.
Einen Moment blieben sie noch sitzen, doch dann stiegen die beiden
Männer, die Frau und das Tier aus.
Scheinbar kannten sie den Weg und machten sich auf kürzesten Weg zu
der Wohnung des vermeindlichen Verräters....
davonrennen können. Aber sie begriff, daß sie das auch selbst dann
nicht gekonnt hätte, wenn sie auf der weiten Steppe von Australien
stehen würde...
Claudius war zufrieden und rauchte genüsslich eine Zigarre...er wollte
sich die Wartezeit, bis seine unter Beobachtung stehenden Objekte in
der Wohnung ankamen, etwas versüssen, solange konnte Karl
selbstständig seinen Job tun.
Er rief einen seiner Untertanen herbei und befahl ihm: "Bring mir
unseren Gast her!"
Dieser entschwand durch die Tür und Claudius hatte gerade einmal drei
Züge der Zigarre entlockt, als es klopfte und die Polizistin
hereingebracht wurde.
Der Untertan schob sie ins Zimmer, verbeugte sich vor seinem Gebieter
und zog sich geräuschlos zurück und schloss hinter sich die Tür...
Dafür hatte sie zuviel gesehen...sie konnte immer noch nicht glauben,
was passiert war, man hatte ihrem Partner einfach so das Genick
gebrochen, als wäre es ein Streichholz gewesen.
Und dann dieser düstere Kerl, der ihren Kugeln so unglaublich
ausgewichen war...dann erinnerte sie sich nur an eine Schwärze, sie sie
übermannt hatte und als sie die Augen wieder aufgeschlagen hatte, fand
sie sich in einem Kellerraum wieder. Es war zwar annehmlich
eingerichtet gewesen, aber es hatte keine Fenster gegeben und der
Wächter ließ ihr keine Chance, an eine Flucht auch nur zu denken.
Aber man hatte sich gut um sie gekümmert, sie wurde mit köstlichem
Essen versorgt und an Trinken mangelte es auch nicht. Man hatte sie
geradezu fürstlich bedient...
Zittern vor Angst schaute sich die Polizistin in Claudius`Schlafgemach
um. Es war dunkel, ein paar kleine Lichtquellen verströmten eine
Gemütlichkeit heuchelnde Atmosphäre. Es gab ein großes, mit rotem
Samt bezogenes Bett, kleine Kommoden und eine Sitzgruppe mit drei
Sesseln und einem kleinen antik aussehenden Tisch in der Mitte.
In einem der Sessel saß dieser große, düster aussehende Mann, der
kleine Rauchwölkchen ausstieß und sie mit gierigen Augen musterte.
Dieser Blick war ihr sehr unangenehm, und instinktiv trat sie einen
Schritt zurück. Diese Geste zauberte ein Lächeln auf Claudius` Gesicht,
und er legte die Zigarre zur Seite und erhob sich von seinem
Ohrensessel.
"Da hat man mir aber ein wirklich schönes Geschenk mitgebracht...",
flüsterte er. "Tut mit leid, aber die Zeit unter Verschluss im Keller
musste sein, wichtige Geschäfte warten nicht..."
Sarah trat immer weiter zurück, der Raum war groß, sehr groß, aber
trotzdem würde sie irgendwann die Wand erreichen und nicht vor ihm
Was hatte Claudius auch von einem Snack, der ausgehungert und
runtergekommen war...?
Langsam schritt Claudius immer näher an sie heran. Fast schwerelos
bewegte er sich über den weichen Teppichboden...er roch den Duft
ihres Haares, als er an der Stelle ankam, wo sie vor ein paar Sekunden
noch gestanden hatte. Er sog die Aromen tief in sich hinein, der Duft
ihres Haares, der Geruch der Angst, der von ihr ausging.
Er sah sie mit leuchtenden Augen an und war mit einem mal plötzlich
sehr nahe neben ihr...erschrocken stieß sie die Luft aus ihren Lungen
und sah ängstlich im Raum umher, sie wollte diesen unheimlichen Kerl
nicht ansehen...Sarah zuckte zusammen, als Claudius mit seiner Hand
verträumt durch ihr Haar strich und mit einer Strähne spielte..."Wir
beide könnten viel Spaß zusammen haben...Du könntest mich begleiten,
mir treu zur Seite stehen, ich kann Dir alles bieten, was Du Dir
wünschst...", hauchte er dicht neben ihrem Ohr.
Entsetzt drehte Sarah ihren Kopf zur Seite und schrie:" Laß mich in
Ruhe Du Schwein! Lieber wäre ich tot, als Deine Gespielin!!"
"Das kannst Du schneller haben, als Dir vielleicht lieb ist, meine kleine
Raubkatze...", erwiderte Claudius unbeeindruckt. "Ich mag wilde
Frauen, ihr schmeckt so gut!"
Er nahm fest ihre Hand, drehte sie einmal um ihre eigene Achse und
fing sie auf, als würden sie zusammen Tango tanzen, er schaute ihr tief
in die Augen und plötzlich erstarb das wütend-ängstliche Glitzern in
ihren Pupillen, und machte einem verträumten Blick Platz. Plötzlich
ertönte leise Musik und er hielt sie willenlos wie eine Puppe in seinen
Armen und fing an, wirklich mit ihr durch den großen Raum zu tanzen.
Sie war eine fabelhafte Tänzerin, ihr schlanker Körper fühlte sich gut an
in seinen kräftigen Händen. Jede Spur von Widerspenstigkeit war
verflogen, er wirbelte sie herum und sie schwebten förmlich über den
Boden...
Die beiden hätten jeden Weltklassetänzer blass vor Neid in der Ecke
stehen lassen können.
Claudius drehte sie schwungvoll, und Sarah hing ergeben in seinen
Armen und schaute ihn ausdruckslos an. Er schnupperte an ihrer
Halsbeuge und hörte das ruhige Pulsieren ihres Blutes...
"Hmh, wild steht Dir besser", flüsterte er und schnippte mit dem Finger
und plötzlich kehrte das Grauen in ihre Augen zurück. Sie zitterte in
seinen Armen und sah ihn voller Angst an, Todesangst.
Claudius warf lachend den Kopf in den Nacken und hörte, wie das Blut
wieder aufgeregt durch ihre Adern gepumpt wurde...Sie spannte ihren
Körper an und versuchte sich strampelnd zu befreien, aber es würde ihr
nichts nützen...Claudius sah sie hungrig an, seine Augen veränderten
sich, sein Gesicht und seine Wesenszüge veränderten sich, er zeigte ihr
den gefürchteten Vampir, in seiner vollsten Pracht. Sie blickte ihm mit
weit aufgerissenen Augen und mit einem Schrei auf den Lippen
entgegen und sah dabei dem Tod ins Auge.
Claudius beugte sich tief zu ihr herunter und hielt sie dabei unerbittlich
fest, die pulsierende Halsschlagader vor seinen Augen, zischte er:" Nun
wird Deinem Wunsch entsprochen, Schätzchen!"
Er öffnete seinen Mund und stieß seine spitzen Zähne tief in Sarah`s
Hals, er trank gierig das köstliche warme Blut, welches voller
Todesangst noch süsslicher schmeckte, und fühlte, wie nach und nach,
jeglicher Widerstand in seinen Armen abebbte und schliesslich ganz
versiegte.
Als er fertig gespeist hatte, ließ er die blutleere Hülle fallen wie eine
heisse Kartoffel und rief nach seinem Untertan.
Dieser betrat prompt das Zimmer. "Schaff sie hier weg", befahl
Claudius.
Als er wieder in seinem Sessel saß, genüsslich an der Zigarre zog,
vermischte sich der rauchige Dunst mit dem süssen kupfernen
Nachgeschmack seines Snacks und Claudius seufzte zufrieden...
"Mal sehen, was meine kleinen Menschen machen...", brummte er und
schaute durch Karl`s Augen auf Adiamus, John und Alicia herab.......
Im heruntergekommenen Hinterhof eines Altbaus aus Vorkriegszeiten
durchschritten Adiamus, John, Alicia und Max den Weg in die
Schattenwelt. Dort gab es keine verschlossenen Türen und so konnten
sie ungestört die Wohnung des vermeindlichen Verräters betreten.
In der Wohnung angekommen, wechselten sie wieder in die diesseitige
Welt und schauten sich um.
Bei dem überwechseln spürte Adiamus ein kurzes kribbeln, schenkte
ihm aber keine weitere Beachtung.
Denn der Geruch, welcher sich in der Wohnung befand, vernebelte allen
die Sinne.
Wenige Tage erst hing der leblose Körper erst kopfüber an der Decke,
doch der Geruch war kaum auszuhalten.
Die Wärme der letzten Tage waren dem raschen Verfall durchaus
förderlich gewesen.
Max schnüffelte zuerst noch neugierig umher, wandte sich dann doch
angeekelt von dem Toten ab und suchte sein Glück in anderen Teilen
der Wohnung.
Ein Laptop stand auf dem Schreibtisch an der gegenüber liegenden
Wand. John konnte es sich nicht nehmen lassen und ging neugierig
darauf zu.
Alicia hingegen hielt sich so weit wie nur irgend möglich von der
Leiche fern, suchte sich schon mal den Weg zum Ausgang, nur für den
Fall der Fälle.
John fand in dem noch eingeschalteten Laptop ganz ähnliche Daten und
Fakten, die sie auch schon per Post erhalten hatten.
Adiamus durchsuchte Schränke, sah auf Tischen nach und durchstöberte
die Post, auf der Suche nach irgendwelchen Hinweisen, doch bisher
erfolglos.
Die Wohnung war nur noch ein heilloses durcheinander.
Der Schäferhund war mittlerweile in der Küche angelangt, genau so,
wie es der Hunde Natur ist, ständig neugierig und auf der Suche nach
Fressen.
Alicia stand immernoch in der Nähe in der Nähe der Tür, die ins
Treppenhaus führte, als Adiamus sich hinter John stellte und ihm über
die Schulter sah.
"Na, hast Du schon was gefunden?"
"Nicht wirklich. Es ist nicht viel da, ausser dem, was wir schon kennen.
Obwohl, was ist das?"
Er öffnete ein Bild, ein Stadtplan von Limburg, in dem ein Kreis um das
Versteck der Werwölfe gezogen war.
"Ok, auch nichts wirklich neues", sagte John ein wenig zerknirscht.
Er wollte sich gerade zu dem Wolf in Menschengestalt umdrehen, als
sein Blick ein neues Fenster auf dem Bildschirm sah. Ein Countdown
begann langsam herunter zu zählen.
"Was soll das..." 18...
"Eine Falle!!!", grollte eine tiefer werdende Stimme hinter ihm," Raus
hier, ich hole Max!". Kleidung zerriss, er konnte wieder hören wie der
Werwolf seine Form veränderte. 15...
John sprang auf und rannte zur Tür, an der Alicia auf die beiden
anderen wartete. 13...
Adiamus war fast in der Küche angekommen. 10...
John war bei ihr angekommen, riss die Tür auf und schob Alicia nach
draussen. 8...
Adiamus hatte Max gefunden, der ihn ganz erstaunt anschaute. 6...
Der grosse Wolf hatte Max auf dem Arm und wollte in die Schattenwelt
wechseln, um schnellstmöglich hier raus zu kommen. 5...
Es schien, als ob er gegen eine Barriere stiess, die ihn nicht
überwechseln liess. 3...
Bis zur Türe würde er es nicht mehr schaffen, das Fenster war zu klein.
Also nahm er das, was ihm am nächsten war. 2...
Er rannte mit dem Fellbündel in den Armen los, spannte die Muskeln
an und erwartete gleich den Aufprall. 1...
Die Wand, die in den Hinterhof führte, gab unter dem massiven
Gewicht und der unglaublichen Wucht nach, die Adiamus erzeugt
hatte.Er durchbrach nahezu mühelos die Wand. 0...
John und Alicia nahmen noch eine Stufe und liessen sich fallen, als die
Hölle im Stockwerk über ihnen losbrach.
Die Hitze der Explosion und der Druck der dabei entstand drückte sie
zu Boden. Kleine silberne Geschosse tanzten in der Luft, schlugen
überall in den Wänden ein.
Hund und Werwolf schienen zuerst schwerelos in der Luft zu schweben,
nur um dann der Schwerkraft nach unten zu folgen. Silberkugeln
schossen ihnen um die Ohren, Donnerschläge und Hitze stoben aus dem
Fenster und der Öffnung, welche Adiamus in der Wand hinterlassen
hatte.
Der Druck schleuderte sie gegen die gegenüberliegende Hausmauer, es
roch nach verbrannten Fell. Er spürte wie einige Silberkugeln tiefe
Furchen in seine Haut rissen. Zwei schienen sogar ihn seinem Rücken
stecken geblieben zu sein. Vier Stockwerke tiefer landete er wiederum
gekonnt auf seinen Beinen.
Langsam entliess er das Fellbündel aus seiner Umklammerung.
Der Schäferhund schüttelte sich kurz, war aber, bis auf ein wenig
Orientierungslosigkeit, unversehrt.
Kurz darauf kamen auch schon John und Alicia um die Ecke gerannt.
Sie schien völlig ausser Atem zu sein, während John keine Miene
verzog. Max begrüsste die beiden mit einem Schwanzwedeln, er schien
es besser überstanden zu haben, als der Wolf.
Dieser verzog ein wenig Schmerzverzerrt die Lefzen.
"Ist Dir was passiert, hast Du etwas abbekommen?", fragte Alicia.
"Silberkugeln!", brummte Adiamus, "Jemand wusste genau das wir,
oder wenigstens ich, hier auftauchen würden."
"Hat es Dich erwischt?", wollte John wissen.
Von fern erklangen Sirenen.
"Ja, zwei Kugeln haben mich getroffen, kannst Du sie rausholen?",
Alicia schluckte kräftig, als sie den geschundenen Rücken des
Werwolfes sah, auf den John gerade zuging.
"Ich bin kein Arzt, aber..."
"Ist meinem Rücken egal, Hauptsache die beiden Kugeln kommen da
raus. Sonst schliessen sich die Wunden nicht."
"Und das ganze etwas schneller, die Sirenen kommen näher.", ergänzte
Alicia.
Ohne auch nur ein weiteres Wort zu verlieren griff John unter seine
Jacke und holte das Schwert hervor. Es befand sich allerdings in dem
geschrumpften Zustand, so dass er es als Messer nutzen konnte.
Die erste Kugel war nicht tief eingedrungen, schnell hatte er sie entfernt
und das bluten hörte Augenblicklich auf.
Die Zweite steckte aber ein wenig tiefer und er musste die Wunde ein
wenig vergrössern, damit er mit den Fingern hineingreifen und das
silberne Etwas herausholen konnte.
Adiamus presste seine gewaltigen Kiefer auf einander, bis John seine
Finger und die Kugel heraus hatte.
Alicia hatte längst den Kopf zur Seite gedreht, denn die Operation an
dem Rücken des Wolfes war fast so magenschonend, wie die
Körperreste und der Gestank in der Wohnung.
Als die Wunde auch begann sich zu schliessen und die Sirenen immer
näher kamen, versuchte Adiamus nochmals mit seinen Begleitern in die
Schattenwelt überzuwechseln, was ihm diesmal auch wieder mühelos
gelang.
Zurück in ihrem Hotelzimmer fiel Ihnen sofort eine Veränderung auf.
Mitten auf dem Bett saß eine Person, mitte Dreizig vieleicht, kurze
schwarze Haare mit Jeans und Pullover bekleidet und schien die Vier zu
erwarten. "Na endlich", sprach er und stand auf. "Ich bin Patrick, mein
Meister Claudius schickt mich um Euch folgendes auszurichten! Die
Bombe war nicht von Ihm und er wollte Euch auch noch warnen, leider
ward ihr zu schnell fort! Er will sich mit euch treffen und noch einmal
ganz vernünftig mit euch über die ganze Situation reden. Er will euch
morgen Abend um 23 Uhr in dieser Kneipe "Marktschänke" treffen.
Welche Antwort darf ich ihm überbringen?" Dabei schaute er fragend
die drei nacheinander an.
Fragende Blicke von Alicia und John wanderten zuerst zu einander,
dann zu Adiamus.
Doch dieser kam allen Fragen zuvor.
"Natürlich werden wir dort sein. Richte es Deinem Meister aus!"
Der Wolf schien Patrick mit seinen Blicken zu durchbohren, seinen
Verstand auf links zu drehen. Doch entweder war er ein ausgezeichneter
Lügner, oder Claudius hatte ihm wohl weisslich nicht alles gesagt.
"Vielen Dank, mein Meister ist wird über euer kommen sicherlich hoch
erfreut sein."
Mit diesen Worten verliess er das Hotelzimmer und die Vier waren
wieder unter sich.
"Glaubst Du ihm?", fragte Alicia als erste.
"Ich bin mir nicht ganz sicher. Claudius war schon immer ein
Perfektionist, im spinnen von Intrigen. Aber lasst es uns doch Morgen
einfach herausfinden."
Er streckte sich und machte keinen Hehl daraus, wie müde er war.
John und die anderen beiden gingen auf ihr Zimmer und liessen
Adiamus ein wenig seine Ruhe.
Dieser war ein wenig angeschlagen, denn die Magie einer silbernen
Kugel tötet Werwölfe nicht so schnell, wie oftmals erzählt wird. Aber
sie fügen ihnen ernsthafte Verletzungen zu, die schmerzhaft sind und
nicht, so lange die Kugel noch in der Wunde ist, geheilt werden können.
John machte sich wieder mit Max auf den Weg zum Wald. Ein wenig
Training würde sich vielleicht auch positiv auf seine Kombinationsgabe
auswirken und Max tat laufen alle mal gut.
Alicia hingegen wollte noch ein bisschen arbeiten, was sie auch immer
darunter verstand.
In Frankfurt unterdessen wachte gerade Varius aus einem angenehmen,
langen Schlaf auf.
Sein Auftritt, mitten in einem Kino in der Innenstadt hatte ihn mit
reichlich Kraft versorgt. Er spürte wie seine Kräfte langsam
zurückkehrten, ja sogar wuchsen. Aber bis er es mit den anderen Wesen
aufnehmen könnte, fehlte es ihm noch ein wenig.
Viel zu lange hatte er in der Schattenwelt auf seinen grossen Moment
gewartet, wurde sogar aus seinem Heim vertrieben. Doch hier, in der
wirklichen Welt hatte er einen neuen Spielplatz gefunden...
Am frühen Abend zog es ihn durch das Strassengewirr von Frankfurt.
Die vielen Einbahnstrassen erinnerten ihn immer wieder an die Irrwege,
die sich durch seine eigentliche Heimat zogen. Dort wo die vielen
verlorenen Seelen ihren letzten Weg antraten.
Vor einem grossen Club hielt er kurz inne. Das schwarze Monster
zügelte seine Pferde, die unter der Haube gierig nach Auslauf
schnaubten.
Doch Varius hatte andere Pläne.
Eine Menschentraube stand vor dem Club, der seine Aufmerksamkeit
auf sich zog.
"Freunde der Nacht" war der Name, der ihm ins Auge stach.
"Ja wenn das nicht passend gewählt ist!!", lachte er in sich hinein, liess
die Pferde laut aufschreien und parkte den nachtschwarzen Hummer so
nah dem Eingang, wie es nur ging... Er stieg aus und bewegte sich
elegant auf den Eingang des Clubs zu, er beachtete die Menschentraube
davor erst gar nicht, sondern ging schnurstracks auf einen bulligen
Glatzkopf zu, der breitschultrig vor der Tür thronte...als er vor ihm
stand genügte ein kurzer Blick und der Glatzkopf trat unterwürfig zur
Seite und ließ Varius widerstandslos eintreten. Das Gemurre und
Geschimpfe hinter sich, von den anderen Wartenden, die um Einlass
begehrten, interessierte ihn nicht im Geringsten.
Varius schob sich durch den schweren samtroten Vorhang hindurch, der
hinter der Tür hing und es drang schon laute Musik an sein Ohr...
Er ging dem Lärm nach und trat auf eine Empore hinaus, von der er
nach unten in den Club hineinsehen konnte. Er blickte sich mit wachen
Augen um und ließ seinen Blick auch zur Tanzfläche
hinüberschweifen...
Was er da erblickte, ließ ihn lächelnd seine Mundwinkel nach oben
ziehen...
Auf der Tanzfläche zuckten unkontrolliert Leiber umher, Männer sowie
Frauen, die Gesichter grell geschminkt, meist in Schwarztönen. Sie
bewegten sich zum Takt der düsteren Musik, der DJ ließ den Raum
passend zur Musik in blutrotes Licht tauchen, was mit den Möchtegern
Vamps da unten, für Varius ziemlich lächerlich aussah.
Er rieb sich die Hände, mit einem dämonischen Grinsen und
flüsterte:"Hier könnte ich eine Menge Spaß haben!"
Er drehte sich um, wandte sich zu der kleinen Wendeltreppe aus Eisen,
die runter in den Club führte, und schritt die Stufen herab.....
Lässig an die Theke gelehnt sah er dem Treiben zu. Immer mehr Gäste
baten um Einlass und zusehends füllte sich der Club.
An der Bar wurde das Gedränge grösser, die Stehtische und
Sitzgelegenheiten waren gut besucht. Auch auf der Tanzfläche stieg die
Anzahl der sich windenden und zuckenden Körper, die im Rhythmus
der Musik schwitzten.
Varius nahm den letzten Schluck seines Drinks, zog sich nochmal
seinen Anzug zurecht und ging in Richtung Tanzfläche. Diese befand
sich in der Mitte des Clubs.
Seine, in schwarz gehüllte, Erscheinung fiel in dem Gewimmel erst
garnicht auf.
Doch als sich die ersten Blicke kreuzten, traten der ein oder andere mit
gesenkten Blick zurück.
Die Bässe aus den grossen Lautsprechern erzeugten ein merkwürdiges
kribbeln in seiner Magengegend.
Es tat gut wieder unter Menschen zu sein.
Langsam begannen seine Augen rot zu glühen, als er die Mitte der
Arena erreicht hatte.
Er hob die Arme, breitete sie weit aus. Auf einen Wink hin schlossen
sich ,wie von Geisterhand, alle Türen. Eine zähe rotglühende Masse
begann langsam an den Türen und Fenstern hinab zu laufen. Auch von
Varius Händen tropfte die Masse, verband sich mit der, die auch seine
Beine hinab floss. Wie kleine Bäche, aus schwarzrot wabernder Masse
ergoss sie sich. Als sie die ersten Schuhe der Tanzenden erreichte,
schienen diese langsam zu schmelzen. Zu heiss schien sie zu sein, als
ob das Gummi der Sohlen ihnen auch nur das geringste entgegen zu
setzen hätten.
Die ersten Flammen stoben auf, Schreie wurden immer lauter, als die
Ersten auf ihre brennenden Füsse hinab sahen.
Es klang wie Musik in seinen Ohren.
Andere waren zuerst noch begeistert, hielten alles für einen Showeffekt,
doch als das erste Mädchen komplett in Flammen stand, wurden vielen
bewusst, dass dies hier ernst war.
Die Ersten standen vor den verschlossenen Ausgangstüren, versuchten
sie zu öffnen. Doch als sie die wabernde Masse berührten, begann die
Masse über ihre Finger zu laufen, sich am Fleisch fest zu krallen und
weiter zu fliessen. Flammen hüllten ihre Finger ein. Schreiend traten sie
zurück, mit schmerzverzerrten Gesichtern. Wo immer sie auch andere
berührten, ja selbst die Gegenstände, alles begann langsam Feuer zu
fangen.
Lichtröhren explodierten. Bildschirme zeigten Menschen, die sich
panisch auf dem Boden wanden.
Doch Varius stand noch immer in der Mitte der Tanzfläche, die frisch
polierten Zähne entblösst.
Ein breites Lächeln entstand auf seinem Gesicht, als er das Chaos und
die Schmerzensschreie genoss.
Flammensäulen loderten bis zur Decke hinauf. Getränke begannen zu
brodeln, die Alkoholischen unter ihnen gingen sofort in Flammen auf,
explodieren regelrecht.
"Jaaa, schreit ihr nur!!!", genoss Varius die Show. Er labte sich an der
Angst, der Todesangst und der Schmerzen, die die Menschen um ihn
herum erlebten.
Seine Kräfte nahmen zu, das spürte er deutlich.
Blitze zuckten durch den Saal, sobald sie einen der Anwesenden trafen,
explodierten diese förmlich.
Was die Besucher des Nachtclubs für die Hölle hielten, war für Varius
ein wahrer Genuss.
Ja, es war sein neuer Spielplatz...
Am frühen Abend noch hatte Emmerich seine Reise hinter sich gebracht
und spazierte auf seinen Stock gestützt durch den Eingang des Stollens.
Er beschritt die langen Wege durch den Staub der Jahrzehnte und
schloss nach etlichen Metern die Augen und ließ sich von seinen Sinnen
den Weg durch das Labyrinth zeigen.
Nach langer Zeit des Wanderns spürte er eine Wärme die vom Boden
nach oben drang. Er öffnete die Augen, die schon soviel auf der Welt
gesehen hatten und sah die kleinen Leuchtfeuer im Boden, von der
Erdwärme angeheizt…er hatte den Weg wieder einmal gefunden.
Er ging noch ein paar Schritte den Feuern nach, dann stand er vor einer
grauen Wand aus massivem Stein. Es dauerte ein paar Sekunden bis das
Grau der Wand verschwand und sie transparent wurde, bis sie sich
völlig aufgelöst hatte und den Blick auf die imposante Zwergenstadt
freigab.
Emmerich stieß erfreut die Luft aus, er war wieder hier, er hatte fast
vergessen, wie atemberaubend und beeindruckend dieser Ausblick war.
Voller jugentlicher Vorfreude, seinen alten Freund Thaldur
wiederzusehen, spazierte er leichtfüßigen Schrittes den abschüssigen
Weg hinab, Richtung Stadt.
Plötzlich erkannte er etwas kleines den Weg hoch, ihm entgegen
kommen. Er konnte es noch nicht genau erkennen, aber es dauerte nicht
lange und das sich bewegende Etwas stand fast vor ihm. Es war sein
alter Freund Thaldur, der auf einem kleinen Holzkarren saß, es als
Kutsche zu beschreiben,wäre übertrieben gewesen, und vor den kleinen
Karren waren zwei kleine Ponys gespannt.
„Emmerich, mein alter Freund!“, begrüßte Thaldur ihn, „Schön, Dich
zu sehen!“
Thaldur sprang von dem Karren und Emmerich nahm die warme Hand
des Zwerges in seine und sie begrüßten sich.
„Ja, es ist lange her, viel zu lange“, ertönte Emmerichs Stimme, als sie
sich von der Umarmung lösten, „Schön, mal wieder hier zu sein!“
Er deutet auf den Karren:“ Sag mal, im hochtechnischen Zeitalter
konntest Du nicht ein moderneres und bequemeres Transportmittel
besorgen um einen Freund abzuholen? Denkst Du denn gar nicht an
meine alten Knochen??“
„Du weißt, ich hänge an den guten alten Zeiten“, lächelte Thaldur,
„Aber ich habe extra ein Kissen für Dich auf den Sitz gelegt.“
Emmerich tätschelte die beiden schnaubenden Ponys und bewegte
seinen Körper ächzend auf die Holzbank, die Thaldur hochtrabend Sitz
genannt hatte. Thaldur schwang sich neben ihn und schnalzte mit der
Zunge und die Ponys trabten los, Richtung Zwergenstadt.
„Wir haben natürlich etwas vorbereitet, um Deine Ankunft nach so
langer Zeit gebührend zu feiern“, sagte Thaldur.
„Oh, ich habe es befürchtet“, brummte Emmerich und fasste sich an den
Kopf, bei dem Gedanken an das Zwergenbier,“ Weißt Du denn nicht
mehr, was das letzte Mal passiert ist? Sei etwas nachsichtig, ich bin
schließlich keine 400 mehr!“
„Oh doch, ich weiß noch genau, was damals passiert ist. Es war der
230. Geburtstag von Engerling und wir haben gebührend gefeiert. Du
hast fast den ganzen Abend mit Tindra getanzt und dann später versucht
mit uns beim Trinken mitzuhalten. Bis Du beschlossen hast, unseren
Brunnen zu besuchen…“, lachte Thaldur. Emmerich verzog unauffällig
die Mundwinkeln nach oben, auch er musste lachen, bei den
Erinnerungen. „Besuchen ist gut“, er konnte sich nicht nehr beherrschen
und lachte drauf los, „Ich konnte mich gar nicht mehr von ihm
trennen…“
An dem besagten Abend hatte Emmerich nach dem Trinkgelage mit den
standfesten Zwergen einen übermächtigen Durst nach frischem Wasser
verspürt. Er war zu dem besagten Brunnen getorkelt und wollte mit dem
Eimer frisches Wasser heraufholen. Leider tat der Genuss des
Zwergenbieres sein Übriges, Emmerich war über einen kleinen Stein
gestolpert, fiel nach vorne, konnte sich aber im letzten Moment an dem
dicken Seil festhalten, welches den Eimer prallgefüllt unten im Brunnen
hielt. Sein Gewicht beförderte den vollen Eimer halb nach oben,
Emmerich verfing sich mit dem Fuß im Seil und hing schließlich
kopfüber im Brunnen.
Fluchend hing er da, kam weder frei noch an den Eimer mit Wasser
ran…
Nach einiger Zeit hatte sich Thaldur auf die Suche nach seinem Freund
gemacht, der ewig nicht wiedergekommen war. Er tapste durch die
Gegend, rief den Namen des Gesuchten und schließlich führten ihn
ausgestossene Flüche zum Ziel, die von dem Inneren des Brunnens zu
kommen schienen.
Da entdeckte er auch das Bein, daß zappelnd im dicken Seil hing, er
beugte sich über den Brunnenrand und schaute in die Tiefe. Als er
Emmerich entdeckte, der fluchend kopfüber im Brunen hing, konnte
sich Thaldur vor Lachen kaum einkriegen. Er lachte und lachte und
verlor das Gleichgewicht, was wohl auch auf den Genuss des vielen
Bieres zurückzuführen war, und er stürzte noch immer lachend in den
Brunnen. Mit einem lauten Klatschen landete er im mit Wasser
gefüllten Eimer…
„Hey, das ist mein Wasser“, maulte Emmerich und beide brüllten vor
Lachen.
Das lockte andere Zwerge an den Ort des Geschehens, die bald die
grinsenden Gesichter über den Brunnenrand streckten.
Was sie erblickten, strapazierte die Bauchmuskeln nur noch
mehr…Emmerich, der am Seil festhing und kopfüber im Brunnen
baumelte und Thaldur, der triefnaß im Eimer hockte und sich vor
Lachen den Bauch hielt.
Einer der Zwerge, auch etwas benebelt vom Gerstensaft, fragte mutig:
„Was macht Ihr beide denn da??“
Emmerich verdrehte die Augen, was nur Thaldur sehen konnte und
antwortete:“ Na, Brötchen backen, sieht man doch!!“
Das verleitete Thaldur zu einem neuerlichen Lachanfall und als er sich
beruhigt hatte, raunte er nach oben:“ Quatscht nicht so viel, bringt uns
mal lieber zwei Bier!“
Über alte Zeiten quatschend rollten die beiden Richtung Innenstadt. Bei
den ersten Häusern angekommen, winkte immer mal wieder der ein
oder andere Zwerg Emmerich zu und rief begrüßende Worte. Als sie
am großen Marktplatz ankamen, wurden sie Zeuge der letzten
Feiervorbereitungen. Es blieb keine Zeit mehr, sich zu zweit ein ruhiges
Plätzchen zu suchen und über ernste bevorstehende Dinge zu reden,
denn der Besuch, der lange nicht da gewesen war, wurde sogleich als
die beiden vom Karren abgestiegen waren, in Beschlag genommen.
Emmerich wurde mit Fragen bombadiert und war in sekundenschnelle
von Zwergen umringt.
Kurze Zeit später begannen die Feierlichkeiten. Thaldur sprach ein paar
begrüßende Worte und das Fest wurde eröffnet.
Es wurde Musik gespielt, getanzt, es gab ein großes Festessen. Ja, die
Zwerge verstanden es immer noch gut, zu feiern. Emmerich wurde
schmerzlich bewußt, wie lange er doch nicht mehr hier gewesen war.
Aber so richtig in Feierlaune war er nicht. Thaldur, der ihm immer mal
wieder wissende Blicke zuwarf, ebenso wenig.
Aber die beiden wollten die Zwergenschar nicht vor den Kopf stoßen
und tranken das ein oder andere Bier mit, und erzählten von den alten
Zeiten.
Später am Abend, seilten sich die beiden alten Freunde ab und suchten
sich ein ruhigeres Plätzchen, etwas abseits der feiernden Meute.
„Es sind schwere Zeiten angebrochen, mein Freund“, sagte Thaldur.
„Ja, auch ich habe meine Quellen, die mir nichts erfreuliches berichtet
haben“, antwortete Emmerich, „Er wird von Adiamus unterrichtet und
mir wurde zu Ohren getragen, daß der Neue sehr viel mächtiger ist, als
der alte Schüler des Wolfes“.
„Das ist richtig, denn er war hier, zusammen mit seiner Freundin und
einem süssen knuddeligen Hund, Namens Max“, eröffnete Thaldur die
Erzählung von dem Besuch der Vierergruppe in der Zwergenstadt.
Als er seinen Bericht angeschlossen hatte, tauschten die beiden sich aus,
was sie sonst noch über die Ereignisse wußten, die sich im Verborgenen
abspielten, auch über den Tod Lomasis und über Adiamus` Wüten in
seinen eigenen Reihen.
„Über den alten Streuner mache ich mir keine Gedanken, ich kenne ihn,
genauso gut wie Du Thaldur, er ist ein sehr guter Lehrer. Leider war
sein letzter Schüler nicht stark genug. Claudius wird auch diesmal nicht
locker lassen und alle seine Tricks versuchen.“
Thaldur nickte zustimmend:“ Und ich glaube auch nicht, daß der
Werwolfkopf, der Adiamus geschickt wurde, wirklich der Schuldige
war, an dem Überfall. Claudius ist sehr gerissen, aber er konnte seinen
Anschlag auf Adiamus nicht zuende führen, das war viel zu blauäugig
von ihm. Er müsste den Wolf doch besser kennen.“
Emmerich spielte mit seinem Glas in der Hand:“ Ich glaube, wir sollten
noch einmal unsere Quellen anzapfen und dann einen Plan machen, wie
wir den beiden helfen können.Da steckt viel mehr dahinter, als wir uns
erträumen.“
„Den Vier, alter Freund, den Vier helfen können“, verbesserte Thaldur
ihn,
„Aber ich muß Dir zustimmen, da steckt viel mehr dahinter. Und ich
glaube, wir kriegen noch ein Problem. Hast Du noch nichts von den
seltsamen Dingen gehört, die sich in Hessen abspielen? Menschen
verhalten sich seltsam und fallen unerklärlich übereinander her…und so
weiter, und so weiter…Ich glaube, ich ahne wer das sein könnte,
welcher Bastard aus seiner Hölle gekrochen ist. Aber wir sollten erst
noch etwas recherchieren…“
Emmerich stimmte ihm zu, und beiden war klar, daß sie schnell
handeln mussten. Und sobald wie möglich mit den Vier Kontakt
aufnehmen mußten…
Schwere Zeiten warfen ihre bedrohliche Schatten voraus….
Alicia befand sich, umgeben von dunkelster Nacht, im freien.
Obwohl ein Vollmond hoch oben am Himmel zu sehen war, sah sie
kaum die Hand vor Augen.
Das Gras kitzelte sie an ihren Füssen, als sie sich vorsichtig vorwärts
tastete.
Ein kaum sichtbarer Lichtschein drang durch die Nacht. Voller
Hoffnung, aus diesem schwarzen Nichts entkommen zu können, zog sie
das Tempo ein wenig an.
Äste und Zweige versperrten ihr ein wenig die Sicht und den Weg.
Nachdem sie sich hindurch gezwängt hatte, schweifte ihr Blick über
einen kleinen Friedhof.
Überall waren Gräber. Auf dem ein oder anderen flackerten kleine
Kerzen, wodurch sie alles gut erkennen konnte.
In der Mitte des Friedhofes jedoch erkannte sie eine Schemenhafte
Gestalt.
Ihr Körper schien zu pulsieren, die Arme weit ausgebreitet. Grosse,
pechschwarze Schwingen unterstrichen das schauerliche Bild, das sie
dort sah. Die Augen des Wesens schienen rot zu leuchten, ja fast zu
brennen.
Von den Handflächen und Teilen des Körpers schien ein Strom einer
wabernden, rötlich glühenden Masse zu tropfen und in kleinen
Rinnsalen davon zu fliessen. Fast überall erkannte sie nun kleine
rötliche Fäden, die sich über das gesamte Areal zogen.
Plötzlich spürte sie, wie die Erde unter ihren Füssen zu vibrieren
begann. Aus dem Vibrieren wurde ein Beben.
Grabsteine kippten, Statuen vielen unter lautem Getöse um. Die Erde
schien stellenweise nachzugeben oder warf sich auf.
Hände reckten sich dem Himmel entgegen, schlugen durch die
Grasdecke.
Alles erinnerte sie an einen der vielen Horrorfilme, die sie schon
gesehen hatte. Doch dies hier schien alles zu real.
Alles was irgendwie noch Haut oder Muskelfasern hatte, schien sich der
Erde entreissen zu wollen, denn so weit sie sehen konnte versuchten
immer mehr Körper aus ihren Gräbern auf zu stehen.
Sie versuchte weg zu laufen, doch ihre Beine reagierten nicht. Panisch
versuchte sie sich zu bewegen.
Von der Mitte des Platzes her drang lautes, verzerrt klingendes Lachen
an ihr Ohr. Ein Lachen das nicht von dieser Welt zu sein schien. So wie
eigentlich das ganze Bild, welches sich ihr bot.
Sie hörte das Schlagen von gewaltigen, ledernen Schwingen und als sie
zu der Gestalt hinüber sah, konnte sie sehen, wie diese sich in die Lüfte
erhob.
Das Lachen wurde immer lauter. Das Wesen schien eine Runde über ihr
Werk zu drehen, um dann genau auf sie zu zu fliegen.
Angsterfüllt musste sie zuschauen, wie das Ding immer näher kam.
Kurz bevor es sie erreichte tat sie das einzige, wozu sie noch im Stande
war. Sie schloss die Augen. Ein Geruch, der an verbranntes Fleisch
erinnerte, drang in ihre Nase. Auf ihrer Haut spürte sie den kühlen
Windhauch, den die Flügel erzeugten.
Noch immer voller Angst riss sie die Augen auf und schaute auf eine
weiss getünchte Decke.
Schweissgebadet war sie erwacht. Noch immer klingelte das
fürchterliche Lachen in ihren Ohren.
John lehnte sich über sie, schaute sie ein wenig verträumt, aber
sorgenvoll an," Hey, alles Ok bei Dir?"
"Ich....Ich....Ich weiss es nicht." Sie schaute sich noch immer voller
Angst um. Das Amulett von Thaldur lag neben ihr auf dem Nachttisch,
sie hatte es vor dem Schlafengehen zum Duschen ausgezogen und es
hinterher dort vergessen.
"Was stinkt denn hier so komisch?" John schnupperte wie ein Hund
umher.
"Es riecht....irgendwie nach verbrannten Fleisch."
Als John sie beim umherschnüffeln an der Schulter anstiess entfuhr
Alicia ein leiser Schmerzensseufzer.
Sie fuhr sich unter der Decke über die blanke Schulter. Alicia fühlte ine
schmerzende , raue Stelle.
"AUA, was ist das denn??", fluchte sie.
John schaltete das kleine Nachtlich an und Augenblicklich war der
Raum von einem warmen Licht erhellt.
Erstaunt sah er auf die Stelle, auf die Alicia deutete.
"Da ist ein Kratzer, sieht irgendwie verbrannt aus..." staunte John.
Und tatsächlich zog sich ein zehn Zentimeter langer und etwa ein
Zentimeter breiter Kratzer über ihre Schulter.
"Aber...Aber...das war doch nur ein Traum....oder....oder etwa nicht?"
Sie sahen sich zweifelnd an und sie erzählte ihm von ihrem Traum.
Erst als sie geendet hatte, fiel ihr auf, das sie mit freiem Oberkörper
neben John sass. Schweissperlen rannen ihr noch immer über Gesicht,
Brust und Rücken.
Jede Berührung des Kratzers schmerzte, als John ihn genauer
untersuchte.
Sanft legte er ihr die Hände auf den Striemen. Sie zuckte zuerst, doch
als sie eine leichte wärme spürte, erkannte sie auch sein Vorhaben.
Ein kribbeln durchfuhr ihre Schulter. Nach und nach wurde der Kratzer
kleiner, bis nur noch ein Schatten davon zu sehen war.
"Vielen Dank!"
Sie schaute ihn mit grossen, dankbaren Augen an.
Mit einem sanften Lächeln antwortete er," Stets zu Diensten Mylady."
Schnell streifte sie ihr Amulett über und lehnte sich zurück.
"Kann ich vielleicht in Deinem Arm schlafen", mit einem flehenden
Blick schaute sie ihn an.
"Aber klar doch."
Alicia zog die Decke bis zum Kinn und kuschelte sich in seinen Arm.
John liess das Licht noch ein wenig brennen. Doch es dauerte nicht
lange, bis beide wieder eingeschlafen waren....
Varius öffnete die Tür des Clubs und trat hinaus in die noch dunkle
Nacht.
Er streckte die Arme zur Seite aus und atmete tief die frische Luft ein.
Er schob mit dem rechten Fuß die Clubtür wieder zu, bevor ein kleines
Rauchwölkchen sich den Weg nach draußen bahnen konnte.
„Das war ein schöner Zeitvertreib! Sehr erfrischend…“, grinste er
zufrieden. Er ignorierte die Sirenen, die in der Ferne erklangen und ging
beschwingten Schrittes zu dem nachtschwarzen Hummer, der friedlich
auf dem Parkplatz stand. „Zu spät Jungs“, flüsterte er zu sich selbst,
„Die Party ist schon vorbei…aber ihr dürft gerne hinter mir
aufräumen…“
Grinsend setzte sich hinter das Steuer und ließ den Motor aufheulen.
„Erstmal eine Mütze voll Schlaf, soviel Spaß ist anstrengend…“, pfiff
er vor sich hin und stellte die Musik auf volle Lautstärke. Mit einem
Affentempo macht er sich auf den Weg zu seinem Hotel…
Kurz darauf trafen die ersten Polizeiautos vor dem Club ein.Ein
besorgter Bürger hatte sich an die Freunde und Helfer gewandt, als er
beim Spazierengehen mit seinem Hund am Club vorbeigekommen war.
Daß es laut zuging war nicht ungewöhnliches, aber die schreienden
Leute und Hilferufe waren ihm doch spanisch vorgekommen. Er hatte
sich auch mutig ein Herz gefasst und war zu der Eingangstür gegangen
und hatte versucht, sie zu öffnen, aber er konnte nur kurz dran rütteln,
feststellen, daß sie verschlossen war und dann hatte er den Griff auch
schon schmerzlich losgelassen, denn er war irre heiß gewesen und er
hatte sich die Hand verbrannt.
Irrsinnig klingendes Gelächter aus dem Inneren des Clubs hatte ihn
dann dazu gebracht, die Polizei anzurufen. Und als er wie Lava
ähnliche Masse unter der Tür hervorquellen sah, war er panisch davon
gerannt und wartete in sicherer Entfernung auf das Eintreffen der
Polizei.
Rot-Blaues Licht durchzuckte flackernd die Nacht und ein
Polizeiwagen nach dem anderen fuhr auf den Vorhof des Clubs.
Die Polizisten stürmten mit gezückten Waffen auf die große
Eingangstür zu und gerade als sie diese rammen wollten, ging die Tür
einen Spalt nach innen auf, wie von Geisterhand. Und ein beißender
Qualm drang nach draußen an die frische Nachtluft.
Die ersten Männer wandten sich hustend ab und traten ein paar Schritte
zurück und hielten sich schützend die Hände vors Gesicht.
Der nächste Trupp rückte mit Atemschutzmasken vor und brach durch
die Eingangstür.
Als sie im Inneren des Clubs eintrafen, bot sich, ins Visierlicht ihrer
Waffen getaucht, ein Bild des Grauens.
Überall quoll beißender Qualm hervor, hier und da loderte noch ein
kleines Feuer in den Ecken, sämtliche Einrichtungsgegenstände waren
geschmolzen, die Wände waren rußschwarz und der ganze Boden war
verkohlt. Polizist Glenn Doginski sah sich mit aufmerksamen Augen
um und fragte sich, wo zum Geier die schreienden Leute waren.
Draußen hatten sie keinen aufgegabelt…er ging vorsichtig um
Feuerstellen herum und stieß in den Nebenraum vor. Er berührte mit
dem Ende seiner Waffe die verkohlte Tür, die nach nebenan führte, und
im selben Moment fiel sie zu Asche zusammen. Kaum war er einen
Schritt weitergegangen, schlug ihm auch schon ein unglaublicher
Gestank entgegen, der starke und unbeschreibliche Gestank nach
verbranntem Fleisch.
Und im selben Moment, als er diesen bestialischen Gestank wahrnahm,
sah er es auch schon.
Verbrannte, verkohlte Leiber, die wie Aschestatuen dastanden, an dem
ein oder anderen loderte noch eine kleine Flamme…Glenn schlug sich
die Hand vor die Maske und unterdrückte nur mit Mühe einen Schrei.
Er war schon seit 25 Jahren im Dienst, aber sowas hatte er bis heute
noch nicht gesehen.
Seinen Kollegen ging es nicht anders, als sie ihm folgten. Einer riss sich
die Maske vom Gesicht und übergab sich beim hinausrennen…
Glenn schritt entsetzt weiter und betrachtete eine aschgraue Leiche
genauer…bildete er sich das nur ein, oder ? Nein, das war doch
unmöglich…
Er konnte auf dem Gesicht, wo einmal eins gewesen war, noch das
Entsetzen und das Grauen ablesen, was dieses einst menschliche Wesen
in der Stunde seines Todes wohl zu erleiden gehabt hatte…
„Was ist hier nur passiert???“, fragte er sich selbst, „Was in Gottes
Namen ist hier nur passiert…???“
Nach dem kurzen aber wichtigen Gespräch, spazierten Thaldur und
Emmerich wieder zurück zur feiernden Zwergenschar.
Sie lauschten der Musik, Emmerich frischte alte Bekanntschaften auf
und tanzte auch einen Tanz mit Tindra. Aber er konnte seine Gedanken
nicht so sorgenfrei schweifen lassen und verstohlene Blicke zu Thaldur
sagten ihm, daß es dem alten Freund nicht anders ging.
Die Empfangsfeier war nicht so feucht fröhlich, wie andere Feste, die
sie schon miteinander gefeiert hatten, jedenfalls nicht für die beiden
älteren Herren.
Sie zogen sich bald entgültig zurück, Emmerich bezog ein gemütliches
Zimmer, welches für ihn hergerichtet wurde, und beschloss, erstmal ein
paar Stunden zu schlafen, er brauchte Kraft für Ihr Vorhaben und
musste am nächsten Tag fit und ausgeruht sein.
Thaldur zog sich ebenfalls in sein kleines Häuschen zurück, er setzte
sich gemütlich in seinen Sessel, zog sich eine Decke über die Beine und
gönnte sich ein paar Stunden Schlaf.
Morgen lag für ihn und seinen alten Freund viel Arbeit bereit…
Die Sonne ging über dem Waldrand auf und verströmte ein warmes,
leuchtendes Rot.
Adiamus lief in einem Mordstempo durch den Wald und lockerte seine
Muskulatur. Wie eine Maschine trabte er in einem gleichmässigen
Tempo durch den Wald. Er wollte seine Gedanken ordnen, die Ruhe
geniessen, die des Morgens zwischen den Bäumen lag.
Als er nach einer guten Stunde zurückkam, und sich nach einer
erfrischenden Dusche zum Frühstücksraum begab, entdeckte er dort die
anderen drei. John sah besorgt Alicia an, die einen Kaffee nach dem
anderen in sich hineinschüttete. Adiamus trat an den Tisch heran und
merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Er fragte ohne
Umschweife:“Was ist passiert?“ Und Alicia berichtete von ihrem
Traum. Adiamus hörte ruhig zu und als sie den Bericht beendet hatte
und ihn gespannt ansah, sagte er …nichts…
Erst nach einer Weile, einem Biss in sein Brötchen und einem grossen
Schluck Kaffe sagte er in einem beruhigenden Tonfall, „Es beginnt…“,
und legte Alicia die Hand auf die Schulter. “Lomasi hat Dir ein
Geschenk gemacht und das gehört dazu.“ Alicia seufzte schwer und
liess den Inhalt der nächsten Tasse ihre Kehle hinab laufen.
Ich weiß, es ist nicht besonders angenehm, solche seherischen
Fähigkeiten zu haben,“ sprach der Wolf weiter, „aber sie könnten uns
von grossem Nutzen sein. Ich denke mittlerweile sind wir ein Team und
wir brauchen jeden davon…“, beschwor er die Anderen.
„Aber was ist mit den Striemen, wo dieses Wesen mich berührt hatte?
Was ist wenn ich nicht aufgewacht wäre? Wenn dieses Vieh das nächste
mal was weitaus schlimmeres mit mir veranstaltet? Könnt ihr mir auch
in meinen Träumen helfen???“
John legte seine Hand auf die andere Schulter von Alicia, „Wir sind bei
Dir und werden Dich beschützen.“, sein Blick wanderte Fragend zu
Adiamus.
„Bisher habe ich von noch keinem Fall gehört, wo jemand in seinen
Träumen, oder Visionen ernsthaft verletzt wurde. Es sollte wohl
vielmehr eine Warnung sein. Dich nicht einzumischen.“, Adiamus
Stimme klang irgendwie…fast Väterlich.
„Mich nicht einmischen? Wo rein denn? Ich habe mir nicht ausgesucht
diesen düsteren Ort zu betreten. Geschweige denn diesem Monster zu
zu schauen!“
„Es war vielleicht mehr ein Zufall, dass Du dort gelandet bist. Wohl
möglich auch ein Wink des Schicksals. Aber ich verspreche Dir, wir
werden auf Dich aufpassen, alle!“ Selbst Max sprang an Alicia hoch
und bellte aufmunternd. Sie lächelte tapfer und versuchte den Traum
nach hinten in ihrem Gedächtnis zu schieben.
Nach einem kleinen Frühstück fragte John, “Was steht heute auf dem
Programm?“ Adiamus schaute ihn ernst an, “Ersteinmal Training! Und
heute Abend hören wir uns an, was der alte Blutsauger von uns will.
Sicher hat er einen triftigen Grund sich mit uns zu treffen.“
Thaldur und Emmerich trafen sich am frühen Morgen und saßen bei
großen Bechern Kaffee zusammen und waren in Ihre Arbeit vertieft.
Überall türmten sich Bücher, beide Laptops waren am rotieren, eine
Satelitenverbindung zu Emmerichs Kontaktmann stand und nebenher
liefen Fernseher mit Nachrichtensender.
Beide waren hochkonzentriert, machten sich eifrig Notizen und
sprachen mit Verbündeten in aller Welt.
Mal hörte man hier und da ein Grummeln, ein „Ich hoffe, ich habe
Unrecht“, oder „Ich habe es befürchtet“…
„Ich glaube, meine Befürchtungen haben sich bewahrheitet“, seufzte
Thaldur tief, „Aber ganz sicher bin ich mir noch nicht!“
Emmerich ließ sich in den Sitz zurückfallen…“Die Informationen, die
ich bislang zusammentragen konnte, lassen nichts Gutes erhoffen!“
Im gleichen Moment knackte das Satlitentelefon und eine krächzende
Stimme sagte:“Master Emmerich, schaltet auf N24, das müssen Sie sich
unbedingt ansehen!!“
Gleichzeitig drehten beide die Köpfe nach dem TV, wo der Kanal schon
eingeschaltet war und Thaldur drehte den Ton lauter.
Das was sie da zu sehen bekamen, ließ ihre schlimmsten Befürchtungen
wahr werden.
Sie sahen einen Bericht über einen Club in Frankfurt, der völlig
ausgebrannt erschien, und einen aufgeregten Passanten, der nervös von
einem Fuss auf den anderen trat und versuchte in die Kamera das zu
berichten, was er gesehen und erlebt hatte.
Als er erwähnte, der Türgriff habe geglüht und war höllisch heiß,
kratzte sich Thaldur bedenklich am Kopf. Als er von dem irren
Gelächter erzählte, schloss Emmerich in weiser Voraussicht die
Augen…
Das durfte nicht wahr sein!
Man bekam leider nur wenige Bilder von dem Inneren des Clubs zu
sehen, die auch nur wenige Sekunden im Bild blieben, aber die
Erzählungen und Beschreibungen reichten vollkommen aus.
„Ich habe Dir noch nie so ungern Recht gegeben, alter Freund!“, sagte
Emmerich mit schweren Herzen zu Thaldur, der ihn traurig ansah.
„Aber ich glaube, Deine Befürchtungen haben sich soeben
bewahrheitet! Er ist tatsächlich aus der Hölle gekrochen und treibt
wieder sein Unwesen! Varius !!“
„Und ich glaube, er wird stärker werden, als jemals zuvor!“, beendete
Thaldur Emmerichs Gedanken…
Nach und nach füllte sich die kleine Kneipe.
Sie war an diesem Abend gut besucht. Was wohl kein Wunder war,
denn es war mittlerweile Freitagabend. Wie doch die Zeit verging,
wenn man nicht mehr darauf achten musste.
Ein oder zwei Gläser später kam ein wenig Aufregung in die Kneipe,
denn eine grosse Limousine hielt vor der Tür. Der Beifahrer stieg rasch
aus dem Wagen aus und öffnete mit einer gekonnten Bewegung die
Hintertür.
Ein Mann im fortgeschrittenen Alter stieg aus, nickte ihm kurz zu und
kam auf den Eingang zu.
Überall klebten Gesichter an den Fensterscheiben, um zu sehen was vor
der Tür los war.
Claudius Aufmachung schien garnicht zu dem üblichen Publikum zu
passen. Dieses bestand zum grössten Teil aus Jugendlichen, die sich
hier gern trafen, aber Jemanden im feinsten Armanianzug hier zu sehen.
Sachen gabs...
In der Kneipe angekommen fiel sein Blick direkt auf die Empore, wo
die anderen schon auf ihn zu warten schienen.
Den zuerst noch freundlich drein schauenden Kerl mit den Verzehrbons
ignorierte er völlig und setzte sich schnurstracks zu der wartenden
Gruppe.
"Schön euch zu sehen, meine Freunde..." , begrüsste er sie freundlich,
als der junge Mann vom Eingang neben ihn trat.
"Hier, das haben sie vergessen!" , sagte dieser und warf ihm den Zettel
direkt vor den Tisch.
"Was soll ich denn damit?"
"Is für die Getränke. Werden hier aufgeschrieben und vor dem
Verlassen gezahlt." , sagte dieser in einem unfreundlicheren Ton.
Die Augen der anderen drei am Tisch ruhten auf den beiden, wartend
was denn dort nun passieren würde.
"Mein junger Freund, ich möchte Dir mal eins verraten. Wenn mir
danach ist, kauf ich mir kurzerhand den Laden. Da brauch ich nicht so
einen Zettel." , wären seine Worte mit Geschmack ausgestattet
gewesen, so würde es nun nach Honig, süss wie Zucker schmecken.
Ein wenig verwirrt sah der Bonverteiler sein Gegenüber an. Schaute
fragend zum Wirt, der das Spiel auch schon mitbekommen hatte.
Schnell bahnte er sich seinen Weg nach oben.
"Was gibt es denn? Kann ich euch irgendwie helfen?", freundlich, aber
bestimmt hingen die Fragen im Raum, die der freundliche Wirt soeben
ausgesprochen hatte.
"Der Herr möchte keinen Bon, aber...."
"Dafür die Zeche für alle zahlen!", unterbrach ihn Claudius.
Er griff unter sein Jackett, zog seine Brieftasche hervor und reichte dem,
ein wenig irritiert drein schauenden, Wirt ein paar hundert Euroscheine.
"Wenn es nicht mehr reicht, sagen sie bitte bescheid. Und sammeln sie
doch bitte die Zettel ein, die machen mich ganz nervös!"
Nachdem der Wirt sich von der Echtheit der Scheine vergewissert hatte,
zog er auch schon alle Bons aus dem Verkehr und machte sich an die
erste Lokalrunde.
Freudenschreie, Danksagungen und Prostrufe überschlugen sich.
Nachdem Claudius mit seinem Glas allen zugeprostet hatte, wandte er
sich wieder seinen Gästen zu. Adiamus ignorierte ihn zuerst, denn sein
Kopf lag auf seinem Unterarm gestützt, zweifelnd auf dem Tisch.
"Musste die Show hier sein?", brummelte er.
"Warum, was war denn da jetzt so falsch dran? Wenn die anderen Gäste
mich feiern beschäftigt sind, kümmern sie sich wenigstens nicht um
uns!"
Der Wolf in Menschengestalt hob den Kopf, sah zuerst zu der feiernden
Menge, dann zu Claudius. "Wenn Du einfach nur in Jeans und mit
einem einfachen Auto gekommen wärst, hättest Du Dir den Zauber auch
sparen können. Aber nun zu Deiner Einladung, warum wolltest Du Dich
mit uns treffen?"
"Oh, da hat es aber jemand eilig."
"Ist das so falsch zu verstehen? Ich erinnere Dich ja nur an Deinen
Besuch im Schwarzwald."
"Ach das, vergeben und vergessen. Es waren junge Vampire, die sich
beweisen wollten."
"...die Du aber geschickt hast."
"Natürlich, aber wie ich schon sagte, vergeben und vergessen. Es gibt
wichtigeres."
"Vergeben und.....?"
"Bitte, lass ihn doch ausreden. Was ist so wichtig, das wir uns hier
treffen sollten?", unterbrach John das hin und her.
"Ganz meiner Meinung, junger Freund. Wie euch sicherlich zu Ohren
gekommen sein dürfte, sind in den letzten Tagen vermehrt Ereignisse
eingetreten, die durchaus zur Besorgnis anregen sollten."
"Wir haben davon in den Nachrichten gehört.", mischte sich auch
Alicia mit ins Gespräch ein.
Adiamus Handy klingelte. Ein wenig verwundert sah Claudius sein
Gegenüber an. "Du hast ein Handy? Seit wann das denn? Ich dachte
immer, Du magst dieses Zeug nicht?"
"Es ist ein Geschenk von einem Freund, Moment."
Er klappte das Handy auf und nahm den Anruf entgegen.
"Ja....was....ja....wir sind noch in Ransbach....in der Marktschänke.....ja,
da warst Du auch schonmal.....was?", verwirrt schaute er auf Handy und
steckte es kopfschüttelnd wieder ein. "Aufgelegt. Dieser Zwerg,
unglaublich!"
Ein, vielleicht Anfang zwanzig Jähriger, männlicher, Besucher stand,
mit dem Kopf an die Fliesen gelehnt, am Pissoir und war dabei sein
Geschäft zu tätigen. Als das Licht anfing zu flackern, die Erde unter
seinen Füssen anfing sich leicht zu bewegen und die Spülung sich ein
und aus schaltete.
Verwirrt sah er sich um.
Ein bläuliches Licht drang unter der Tür der angrenzenden Toilette
hinter ihm hervor. Schnell packte er sein bestes Stück wieder ein und
meinte auch noch ein paar Blitze unter der Tür hervorschnellen zu
sehen, als kurz danach zwei Herren aus den Raum für grosse Geschäfte
traten.
"Musste das denn sein, schau doch mal wie ich aussehe. So kann ich
doch nicht unter die Leute gehen!"
"Es war das Einzige, was mir in dem Moment als angemessen
erschien."
Ein etwas älterer Herr im Anzug und ein dickbäuchiger, bärtiger,
Rocker traten heraus. Letzterer zog sich im hinteren Bereich die
Lederhose zurecht. "Aber das das immer so zwicken muss. Da ist mir
meine Kutte wesentlich lie...." Erstaunt wanderten die Blicke der beiden
zu dem anderen Gast in dem stillen Räumchen, der sie irritiert musterte.
Auf eine Geste des Älteren mit seiner Hand, sprach dieser nur, "Vergiss
es...vergiss was Du gerade gesehen hast."
Und somit verliessen sie die Toilette und gingen schnurstracks zum
Gastraum.
Noch immer meckernd folgte der Rocker dem älteren Herrn.
Als die beiden die Empore erreicht hatten, schauten auch Claudius und
Adiamus zu ihnen auf.
"Meister Emmerich!", erklangt es von beiden, wie aus einem Mund.
Noch immer fluchte der Rocker hinter ihm.
"Thaldur?", fragte Adiamus.
"Wer sonst?"
"Was ist denn mit Dir passiert?"
John und Alicia konnten ein beginnendes Lächeln nicht unterdrücken.
"Emmerich ist passiert. Ich wollte mich selbst verwandeln, mein
Äusseres ein wenig anpassen, doch da hat unser Supermagier schon
einen Spruch losgelassen und....Hallo, hier bin ich. Und leider kann ich
nichts dran ändern und er will es nicht...", fluchte Thaldur.
"Jetzt lass es doch gut sein, es passt doch ein wenig hier hin, oder nicht?
Ich mache es ja nachher ungeschehen, doch lass uns nun erstmal in
Ruhe reden."
Sie setzten sich zu den Anderen und erzählten ihnen von den
Neuigkeiten aus Frankfurt und den Erkenntnissen, die sie bisher aus
allem gezogen hatten.
"Varius also.", begann der Wolf.
"Ja, die Idee hatte ich auch schon.", ergänzte der Vampir," Er scheint
wieder Kräfte zu sammeln. Für was auch immer."
"Genau, die Zeichen sprechen dafür. Es ist wie damals, doch nun findet
er mit Leichtigkeit mehr und mehr Opfer. Damals waren die Dörfer
kleiner und lagen weiter auseinander. Doch die moderne Welt bietet
ihm alle Möglichkeiten zum wachsen seiner Kräfte braucht."
"Und ihr meint er ist wieder auf der Suche nach dem ´Auserwählten´?"
"Mit Sicherheit! Warum sollte er denn sonst, ausgerechnet jetzt, hier
auftauchen?", fragte Emmerich.
Alicias und Johns Blicke wanderten hin und her. Wer war dieser
Emmerich? Wer war Varius?
Fragen über Fragen, die sich so langsam aufklären sollten....
Emmerich stellte sich den beiden erst einmal vor und nachdem auch die
beiden Neuankömmlinge etwas zu trinken bekommen hatten, stellte
John nochmal die Frage:“Wer ist denn nun dieser Varius, von dem ihr
redet!“
Thaldur folgte dem Gespräch nur mit halbem Ohr, da er ständig damit
beschäftigt war, die Lederhose zurecht zu zupfen.
Erst lange nachdem Claudius seine Erzählung über Varius Kund getan
hatte, sah der Zwerg in Rockergestalt auf und zu Claudius herüber.
Seine Augen weiteten sich.
"Was macht der Blutsauger denn hier???"
"Oh, schön das Du Dich nun doch an unserem Gespräch beteiligst.",
sagte
Emmerich, " Hättest Du früher mit dem Fluchen aufgehört, so wäre es
Dir
sicher schon früher aufgefallen."
In Thaldurs Augen spiegelte sich die Abscheu gegen den Vampir
wieder. Er mochte diese Wesen der Nacht nicht, sie waren ihm schon
seit Jahrhunderten unheimlich. Menschengleich und doch etwas ganz
anderes, auch wenn seine Überlegungen doch eigentlich auch Werwölfe
einbeziehen sollten, denn auch sie waren ganz etwas anderes, als sie
nach aussen schienen.
"Ich mag diese Blutsauger nicht und ihn ganz besonders!!"
Claudius, der mit dem Rücken zu den anderen Gästen der Kneipe sass,
entblösste seine ausgefahrenen Fangzähne," Wenn Du so weiter machst,
könnte ich mich durchaus dazu durchringen Dich auch zu einem der
unseren zu machen!"
"RUHE JETZT!!!", erklang die Stimme Emmerichs, wie ein
Donnerschlag in den Köpfen der beiden.
Claudius räusperte sich, zog die Fangzähne wieder ein und richtete sein
Wort an John:“Er ist einst ein mächtiger Dämon gewesen! Und zwar
einer von der allerübelsten Sorte. Er ist aus seiner Hölle emporgestiegen
um Dich zu suchen und Dich auf seine Seite zu ziehen!“
„Niemals! Das wird ihm niemals gelingen!“, erwiderte John empört.
Claudius grinste:“ Das hat schon einmal einer vor Dir behauptet!
Unterschätze Varius nicht!“
Thaldur erklärte beschwichtigend weiter:“Varius möchte die Menschen
sich Untertan machen, bzw. das was von ihnen übrig bleibt, nach einer
Begegnung mit ihm. Und Du stehst ihm dabei im Weg, wenn Du nicht
auf seiner Seite bist.“
Emmerich ergänzte:“ Wir haben schon einmal ihm gegenüber
gestanden, und dachten, wir hätten ihn ein für alle mal besiegt. Aber,
wir haben uns wohl getäuscht…“
Er seufzte…
Claudius übernam das Wort und erzählte in groben Zügen, was sich
damals, vor Jahrhunderten zugetragen hatte.
„Tja, wäre der Umstand nicht so tragisch gewesen, dann hätte diese
Zusammenarbeit Spaß machen können, oder Du alter Vierbeiner?“,
schloss er seinen Bericht und schlug Adiamus auf die Schulter. Dieser
ließ ein leises, aber drohendes Knurren von sich hören, in das sofort
Max einstimmte und den Vampir aus seinen Hundeaugen anfunkelte.
Claudius zog die Hand zurück. „Nana, wer wird denn hier bissig
werden? Hätte ich gewusst, daß so viele Hunde anwesend sein würden,
dann hätte ich Hundekekse mitgebracht.“
Adiamus grollte zurück:“ Komm mit vor die Tür und ich zeig Dir, was
ein alter Vierbeiner mit einem einzigen Hieb bei einem kleinen
stinkenden Vampir anrichten kann!“
Emmerich erhob erneut die Stimme, diesmal aber so, daß alle am Tisch
sie hören konnten:“Hört auf! Alle beide! Wir sind nicht zum Spaß
hier!“
Er graulte Max beruhigend den Kopf.
Thaldur schloss sich ihm an:“Wir müssen etwas unternehmen und zwar
wir alle!“
„Das heißt, unser Team vergrößert sich“, stimmte Alicia Thaldur zu.
Emmerich sprach leise weiter:“Wir müssen herausfinden, was er genau
im Schilde führt und wir brauchen einen Plan, um ihn aufzuhalten. Und
wir werden wohl oder übel zusammenarbeiten müssen. Ob es uns passt
oder nicht!“ Und dabei sah er scharf den Wolf, den Vampir und seinen
rockigen Freund Thaldur an…
John ließ sich nach hinten an die Sitzlehne fallen und fuhr sich mit den
Händen durchs Gesicht. Das durfte doch alles nicht wahr sein, warum
passierte das ausgerechnet ihm, fragte er sich mitlerweile wohl schon
zum hundertsten mal…
Und dann auch noch mit einem Traumteam, welches besser wohl nicht
sein konnte…
Er ließ seinen Blick in die Runde schweifen…
Da wären ein Rockerzwerg, ein Magier, ein Vampir und ein Werwolf,
die sich nicht besonders gut riechen konnten, Alicia, in der noch
verborgene Künste schlummerten, Max sein treuer Gefährte, der neben
dem Tisch saß und sehr aufmerksam in die Runde blickte, und seine
Wenigkeit…
Er seufzte!
"Noch zwei Kumpanen und wir könnten losmarschieren wie in einer
Verfilmung von J. R. R. Tolkien", dachte er leise bei sich...
"Das ist doch ganz leicht! Zufällig kenne ich da noch Zwei!", hörte John
eine Stimme in seinem Kopf! Er sah in die Runde, aber keiner der
Anwesenden schien mit ihm zu reden. "Okay, wer von Euch war das?"
fragte er in die Runde. Alle sahen ihn erstaunt an und fragten was er
denn meine.
"Einer von euch hat gerade in meinen Gedanken gelesen! Das ist nicht
lustig!!!"
Alle am Tisch schüttelten mit dem Kopf.
Alle bis auf Eine.
Alicia grinste von einem Ohr zum anderen.
"Entschuldigung, aber ich konnte nicht anders!"
"Sehr witzig, ich dachte schon ich hätte sie langsam nicht mehr alle."
"Hast Du auch nicht. Aber das würde ich Dir natürlich nie so sagen!"
"So, können wir jetzt wieder vom Kindergarten in die Realität
wechseln, oder kommt da noch was?", fragte Thaldur ein wenig
genervt. Unruhig rutschte er vor und zurück. "Diese verdammte Hose
bringt mich noch um!"
"Dann sollten sie sich vielleicht eine in ihrer Grösse kaufen."
Mit einem breiten Lächeln auf den Lippen stand ihre Bedienung neben
dem Tisch. "Darf ich noch etwas zu trinken bringen?"
Nachdem sie wieder in der Masse von feiernden Gästen verschwunden
war, widmeten sich die Anwesenden wieder dem eigentlichen Problem.
Varius!
"Ok, sammeln wir also weiterhin Fakten und halten Kontakt. Sollte sich
etwas Neues ergeben, werden wir uns treffen und beratschlagen was wir
dagegen tun können. Alle einverstanden?" , schlug Emmerich vor.
Alle stimmten nickend zu.
"Wie wäre es, wenn alle Aktivitäten gegen Mitglieder der Gruppe
vorerst auf Eis gelegt würden, können wir uns auch darauf einigen?" ,
fragte Alicia.
Die Blicke wanderten zwischen Adiamus, Thaldur und Claudius hin
und her. Aber von allen war ein einstimmiges "JA!" zu hören.
"Gut, dann lasst uns diese Friedensvereinbarung mit einem Gläschen
feiern!", Emmerich stand auf und erhob sein Glas.
Alicia, John und die anderen taten es ihm gleich.
Nur Max sass aufgerichtet auf seinen Hinterpfoten und quittierte die
Abmachung mit einem vernehmlichen "WUFF"....
Vierundzwanzig Stunden war es nun fast her, das er den Club verlassen
hatte. Fast den ganzen Tag genoss er es, die Nachrichten zu schauen,
die von einer Katastrophe unbekannten ausmasses berichteten.
Ja, er fand langsam gefallen an der modernen Welt.
Deren Städte so gross waren. In deren Kinos, Kneipen und Clubs so
viele Leute anwesend waren, wie früher in einer kleinen Stadt.
Er konnte in einer Nacht so viele Seelen vernichten, so unzählig viel
Leid verbreiten, wofür er früher Tage brauchte.
Nur noch wenige Tage und seine Macht würde so gross sein, wie nie
zuvor.
Dann endlich könnte er sich aufmachen und seinen Plan in die Tat
umsetzen. Er verliess sein Zimmer, stieg vor dem Hotel in seinen
bestellten Hummer und machte sich wieder auf den Weg in die Nacht.
Lange hatten sie in der Nacht noch getagt. Kamen erst kurz vor dem
Morgengrauen in ihr Hotelzimmer zurück. Diese alten Wesen, die schon
sei Jahrhunderten auf der Erde wandelten konnten Geschichten aus
vergangenen Tagen erzählen. Geschichten die sie aus Büchern und dem
Geschichtsunterricht kannten. Doch durch diese Erzähler, die das alles
miterlebt hatten, wurden sie lebendig.
John und Alicia hörten ihnen gebannt zu, hingen Claudius, Thaldur,
Adiamus und Emmerich förmlich an den Lippen.
Doch hier, in ihrem Hotelzimmer verflog der Zauber wieder.
John und Alicia hätten ihnen noch Stunden oder gar Tage weiterhin
zuhören können. Doch wie es mit schönen Abenden nun mal so war, sie
gehen irgendwann zu Ende.
"Meinst Du, wir kommen irgendwann nochmal so zusammen wie
Heute? Ich meine so friedlich...", fragte Alicia.
"Ich weiss es nicht. Schön wäre es durchaus. Wenn ich auch des öfteren
das Gefühl hatte, Thaldur und Adiamus wären am liebsten auf Claudius
los gegangen."
"Er ist immerhin ein Vampir!", stellte sie unumstösslich fest.
"Na und? Schau Dir doch mal unsere Bekannten der letzten Tage
genauer an. Denkst Du Adiamus hätte nicht auch schon den ein oder
anderen Menschen angefallen. Oder Emmerich einen Gegner aus Zorn
getötet?"
"Ich...Du meinst...", John fand sie richtig niedlich, wenn sie nach
Worten suchte.
"Naja, überleg doch mal. Was würdest Du machen, wenn Du nahezu
unsterblich bist? Dazu bist Du noch angewiesen auf rohes Fleisch oder
Blut. Du hast alle Möglichkeiten die Du Dir nur denken kannst.
Verstehst Dich in Magie, oder lebst seit Jahrhunderten in Höhlen.
Irgendwann denkst Du sicher nicht mehr in Schwarz oder Weiss.
Irgenwann gibt es nur noch Grau!"
Erledigt und leicht angetrunken sprang Alicia aufs Bett, zog sich ihre
Schuhe aus und warf sie einfach in die Ecke. Sie setzte sich in den
Schneidersitz und sah John zu, wie er es ihr gleich tat.
Auch Max sprang auf das frisch bezogene Bett und legte sich dezent,
wie es nur Hunde können, zwischen die Beiden. Er stubste Alicia an
und sie folgte seiner Aufforderung, ihn zu kraulen.
"Hmm, Du hast schon irgendwo recht. Aber wer böses tut, ist nun mal
böse."
"Natürlich, klar. Aber ist es böse etwas zu tun, was Dich am Leben
erhält? Sind wir Menschen ihnen denn nicht in gewisser Weise ähnlich?
Wir töten auch zum überleben. Dabei gibt es kaum einen unterschied,
ob es sich nun um das tägliche Essen handelt oder im Krieg seinen
Gegner zu töten..."
"Mir ist dieses komplizierte denken heute Abend zu viel, mir schwirrt
sowieso schon der Kopf...bssssss..." , mit einer kurzen Bewegung fiel
sie einfach nach hinten um. Sie hatte jedoch zu viel Schwung und fiel
haltlos vom Bett. Fast wäre sie auch auf den Boden aufgekommen,
wäre nicht John blitzschnell aufgesprungen und hätte sie vorher
aufgefangen.
Ein wenig beduselt schaute sie ihm ihn die Augen. "Dankeschön!"
"Kein Problem!" , gab er ihr zur Antwort und gab ihr sanft einen Kuss
auf die Stirn. Er zog sie zurück ins Bett, schob Max zur Seite und legte
sie quer über das Doppelbett.
"So, jetzt versuch nochmal da raus zu fallen."
Doch John lag falsch. Sie schaffte es doch, sich irgendwie, kurz nach
Sonnenaufgang, aus dem Bett zu rollen.
Er hatte es sich neben dem Bett gemütlich gemacht, da im Bett eine
ganze Flasche Tequila versuchte in Nebelschwaden aus Alicias Mund
zu kriechen.
Da war ihm dann doch der harte Boden des Zimmers lieber.
Aber immerhin betäubte der Alkohol ihre Sinne so weit, dass sie einem
tiefen Schlaf erlag.
Bis sie aus dem Bett kullerte und mit dem Rücken auf Johns Bauch fiel.
Seine Blase war durch die Biere des Vorabends zum zerplatzen
gespannt und ihr Gewicht auf seinem Bauch tat das übrige.
Nicht gerade vorsichtig schob er sie von sich herunter und rannte
fluchend zum stillen Örtchen.
Als er von dort zurück kam erblickte er einen halbnackten Körper,
eingerollt in seiner Decke, schnarchend auf seinem Kissen liegend.
Max lag im Halbkreis um ihren Kopf, die feuchte Hundenase direkt vor
der ihren liegend.
"Wow, wie der das nur aushält...", seufzte John erstaunt und fiel ohne
weitere Umschweife in das mittlerweile freie Bett.
Adiamus hatte sich mittlerweile einer ausgiebigen Körperpflege
hingegeben, als er beim anziehen den Fernseher einschaltete.
Neuigkeiten der vergangenen Nacht liefen über die Mattscheibe.
Der Bericht begann mit dem aktuellen Ermittlungsstand über das
Massaker im Kino in der Innenstadt Frankfurts. Den etwaigen
Zusammenhängen und Ähnlichkeiten mit der Flammenhölle in einem
Nachtclub. Und endete mit den letzten Ereignissen. Ein Brand in einem
grossen Pub in der Nähe des Bahnhofs, der Zerstörung zweier
Nachtclubs im einschlägigen Viertel und mehreren Dutzend Toten in
einer U-Bahn Station.
Dazu wurden immer die gleichen Meldungen im unteren
Bildschirmrand angezeigt.
Es gab keinen einzigen Verletzten, nur Tote. Zeugenberichten nach, mit
merkwürdigen Verbrennungen. Salzsäulenähnliche Körper, die bei der
geringsten Berührung zu staub zerfielen.
Mit den Worten, "Die Polizei und Feuerwehren tappen noch im
dunkeln, aber eine Verbindung ist nicht mehr von der Hand zu
weisen!", endete der Bericht.
"Die Polizei schon, mir wird so einiges klar!"
Schnell zog er sich an, verliess sein Zimmer und stand kurz darauf vor
dem von John und Alicia.
Es klopfte an der Tür.
Vom Fusse des Bettes hörte John nur ein missmutiges Grunzen.
Er stand auf und ging zur Tür. Noch ehe er die allseits beliebte Frage
stellte, spürte er schon die Anwesenheit des Wolfes.
Ohne ein Wort zu verlieren öffnete er die Tür.
Noch ehe er sie richtig geöffnet hatte, stand Adiamus im Raum und
schaltete den Fernseher ein.
"Guten Morgen John. Wie geht es Dir, hast Du gut geschlafen? Oh,
vielleicht ein wenig kurz. Ich habe eine Schnapsleiche vorm Bett, die
Schnarch wie ein ganzes Rudel russischer Seeleute nach dem Landgang
und mein Mentor rast wortlos an mir vorb....", sein Nörgeln verstummte
augenblicklich, als er auf den Bildschirm sah.
"Was zum Teufel ist das?"
"Die Nachrichten. Sie zeigen erstmals Bilder der letzten Tage. Der
Brände und Morde. Letzte Nacht waren es noch mehr Tote wie am
Abend vorher. Varius Kraft auftanken wird immer schneller."
Mit offenem Mund setzte er sich wieder aufs Bett, um den Nachrichten
weiter zu folgen, als das Schnarchen am Fussende erstarb und ihm ein
lautes Meckern folgte.
"Bäh Max, lass das!! Nein, geh weg!"
Letztendlich gab sie auf und setzte sich.
Als sie Adiamus erblickte, wurde ihr wieder bewusst, wie wenig sie
doch an hatte. Sie zog die Decke wieder bis zur Nase und griff sich
rasch an den Kopf. "Oh Mist, kann man hier nicht einmal normal wach
werden?"
Sie liess sich nach hinten fallen, doch dort wo ein Kissen sein sollte,
war nur der harte Boden. "AUA!!!"
Nach unzähligen Flüchen und undefinierbaren Sprachfetzen kam doch
mal ein verständlicher Satz über ihre Lippen," Hat von euch jemand
eine Kopfschmerztablette? Oder irgendetwas um den Käfig voller
Löwen in Zaum zu halten?"
"Entschuldige, aber der Zoowärter ist leider ausser Haus!", sagte John,
der noch immer gebannt die Bilder verfolgte und den Ton lauter
stellte...
Thaldur und Emmerich saßen ebenfalls grübelnd vor dem
Nachrichtensender, der die Schreckensszenarien sendete und nicht
ahnte, was diese wirklich bedeuteten.
"Er hats mächtig eilig", seufzte Thaldur.
"Und er wird immer mächtiger, es ist kein Problem mehr für ihn,
Nahrung für seine Stärke zu finden. Wir haben ein großes Problem, daß
mächtig schnell anwächst!", pflichtete Emmerich ihm bei, "Wir müssen
mehr Informationen einholen und zwar schnell!"
Adiamus und John saßen nebenan und als die Nachrichten zu Ende
waren, schaute John verzweifelt zu seinem Mentor auf und fragte: "Was
sollen wir nur tun?"
Adiamus schaute entschlossen drein und grollte:"Ihn dahin
zurückschicken, wo er hingehört, in die Hölle! Und zwar endgültig!!"
Auch Claudius war auf dem Laufenden und ließ seine Kontakte spielen,
man muss schließlich über seinen Gegner gut informiert sein.
"Der wildert in meinen Gebieten, das kann ich nicht länger dulden!", er
schlug mit der Faust so stark auf den Tisch vor ihm, daß dieser
zerbarst...
"Aber geniesse es solange Du noch kannst", prophezeite er Varius,
"Denn bald wirst Du nicht mehr unter uns weilen"...
Noch während die Anderen darüber grübelten, was Varius denn nun vor
hatte, klopfte es an dessen Zimmertüre.
Erst nach dem dritten Klopfen begab er sich zur Tür und öffnete sie.
Vor ihm stand ein älterer Herr, sehr gepflegt in feinstem Anzug.
"Einen schönen guten Tag Herr Maier. Entschuldigen sie bitte die
Störung, aber es gibt ein paar kleine Unstimmigkeiten, was die
Zahlungen für ihr Zimmer betreffen. Sicher ist es nur ein kleiner Fehler,
aber hätten sie gleich kurz Zeit und schauen am Empfang kurz vorbei?"
"Aber natürlich komme ich gleich kurz runter. Ich mache mich nur kurz
frisch und bin dann bei ihnen."
Alicia hatte sich im Bad versteckt und versuchte Herr über ihre
Kopfschmerzen zu werden. "Selbst schuld Mädchen, wenn Du auch mit
Jahrhundertalten Leuten Alkohol trinken musst, die hatten alle länger
Zeit zum üben...", flüsterte sie zu sich selbst, als sie in den Spiegel
blickte...
"Vielen Dank für ihr Verständnis. Bis gleich dann."
Wie er es dem Portier bereits gesagt hatte, mache er sich ein wenig
frisch. Genau genommen dauerte es schon ein wenig länger, denn bevor
er auch nur die geringsten Anstalten machte, hinunter zu gehen, nahm
er ein ausgiebiges Schaumbad. Mochten die dort unten doch erst einmal
auf ihn warten, er hatte alle Zeit der Welt.
Unterdessen Hatten John, Alicia und Adiamus genug gesehen. Die
Nachrichten wiederholten sich nur noch und es gab keine wirklichen
Neuigkeiten mehr.
Stattdessen führte sie ihr Weg erst an der Küche vorbei, wo sie ein paar
"Fresspakete" bekamen und sich dann auch gleich in den angrenzenden
Wald aufmachten. Für John sollte es wieder ein harter Trainingstag
werden.
Doch diesmal nicht Körperlich. Denn Adiamus fand das es an der Zeit
war, auch seine Sinne zu schärfen. In John schlummerte noch so viel
Potential, von dem er selbst nicht einmal zu träumen wagte.
Sie betraten wieder die kleine Lichtung, die für Aussenstehende nicht
einzusehen war. Denn der Zauber, der dort wirkte, zeigte ihnen immer
eine leere, ruhig daliegende Lichtung. Es war ein magischer Ort, der seit
vielen Jahren der Ausbildung verschiedenster Wesen diente.
Früher schon erzählten sich die Alten, das etwas Unheimliches in diesen
Wäldern vor sich geht. Doch niemand konnte mit Bestimmheit sagen
worum es sich handelte.
Menschen verschwanden dort, tauchten erst Tage später wieder auf.
Doch niemand konnte, oder wollte, sich daran erinnern, was in diesen
Tagen dort vorging.
Nur die Eingeweihten wussten, und wissen es bis heute, Wer an diesen
Stellen gewirkt hatten und Weshalb.
In den Wäldern findet man viele solcher Orte, unterschiedlich in ihrer
Beschaffenheit.
Manche sind zur Entspannung da, oder auch zur Meditation.
Andere wiederum gelten der Kommunikation mit den Vorfahren, den
Ahnen und Geistern.
Aber es gibt auch solche, wie diesen, wo Wesen auf die Probe gestellt
werden können. Sowohl körperliches Training, als auch das auffinden
verborgener Talente und Fähigkeiten.
Dies war auch der Grund, warum es die kleine Gruppe hier hin
verschlug.
Fern ab der Zivilisation und ihr doch gleichzeitig so nah.
Die Feen hatten hier ganze Arbeit geleistet. Diese kleinen, immer
hektischen Wesen des Lichts. Niemand vermochte auch nur die
geringste Ahnung zu haben, was sie als nächstes taten. Sie kommen und
gehen, wie es ihnen beliebt. Ihr Verstand scheint einem Bahnhof zu
gleichen. Immer beschäftigt, immer unterwegs, aber doch besteht unter
ihnen eine Ordnung, die wohl niemals ein Sterblicher verstehen wird.
Und wenn sie etwas erschaffen, dann von Bedeutung und Dauer.
Alicia, die noch immer mit ihrem ausgewachsenen Löwen zu kämpfen
hatte, machte es sich wieder neben Max gemütlich. Es dauerte auch
nicht lange und die frische Waldluft nahm sie mit, auf eine Reise ins
Traumland.
Max allerdings folgte dem Geschehen vor ihm mit wachsamen Blick.
Nicht eine Sekunde verlor er John und Adiamus aus den Augen. Auch
nicht als sich wieder kleine Lichtpunkte zu ihnen gesellten und mit
kritischen Blicken über alles wachten.
Sie waren es, die die Aufgabe hatten, im Wald über alles zu wachen.
Denn auch in den Wäldern, rund um das kleine Städtchen, galten die
selben Regeln wie in der Stadt selbst. Den Frieden zwischen den
verschiedenen Wesen wahren, die sich in dem Städtchen und den
angrenzenden Wäldern aufhalten.
Varius hatte seine Körperpflege mittlerweile beendet, war fertig
angezogen und stand auch in der Lobby des Hotels.
Der Portier und der Verwaltungsangestellte standen ihm gegenüber und
zerbrachen sich die Köpfe, warum die Kollegin so fest darauf beharrte,
das alles schon bezahlt sei, obwohl in ihren Unterlagen und im
Computersystem keine passenden Einträge zu finden waren.
Varius hingegen stand, mit einem angedeuteten Lächeln, da und
betrachtete die Menschen die im Hotel ein und aus gingen.
Es erinnerte ihn irgendwie an einen Bienenstock, wo Arbeiterinnen ein
und aus flogen.
Eben noch ein wenig in Gedanken schwelgend, wurde er auch schon
wieder herausgerissen.
"So leid es uns auch tut, aber wir können leider nichts finden.", sagte
der Portier zu ihm.
"Das macht auch nichts, denn ich muss auch langsam weiter, wichtige
Geschäfte warten auf mich."
"Das verstehe ich, aber leider können wir sie so leider nicht gehen
lassen. Dürfte ich vielleicht ihre Kreditkarte noch einmal bekommen,
vielleicht ist es ja ein elektronisches Problem..."
"Sie können mich nicht gehen lassen? Habe ich das gerade richtig
verstanden?" , sein eben noch freundlicher Ton schlug hörbar um.
"Wie meinen sie?"
"Sie sagten doch gerade, das sie mich nicht einfach gehen lassen
können. Doch wer hindert mich daran, einfach zur Tür hinaus zu
gehen?"
Ein wenig verwundert sahen die beiden Männer und die Empfangsdame
einander an. So einen Ton waren sie von ihrem Gast noch gar nicht
gewohnt. Doch sie ahnten worauf es hinauslaufen sollte. Aber solch
peinliche Zwischenfälle kannten sie schon.
"Möchten sie in etwa andeuten, ihre Rechnung nicht zahlen zu
wollten?", fragte der Portier, noch freundlich.
"Wenn ich es mir recht überlege....Ja!"
"Dann sehe ich mich leider gezwungen den Sicherheitsdienst zu rufen!",
mit diesen Worten griff er auch schon zum Telefonhörer und begann
eine Taste zu drücken.
Noch ehe die Verbindung hergestellt war, begann der Hörer zu
schmelzen.
Qualm drang aus der Ohrmuschel und das fliessende Plastik verbrannte
ihm die Hand.
Schnell warf er den Hörer weg, hielt sich unter schmerzen die Hand,
auf der noch immer Plastikrückstände zu sehen waren.
"Was zum....."
"Teufel?"
"Was?", fluchte er und hielt sich noch immer die schmerzende Hand.
"Wollten sie das nicht gerade sagen? Was zum Teufel?"
Wortlos sah ihn der Mann an.
Währenddessen griff die Empfangsdame zu einem anderen Telefon und
versuchte die selbe Nummer anzurufen, wie ihr Kollege.
Varius sah sie nur an. In ihre Augen trat eine Leere. Sie legte den Hörer
bei Seite. Sie begann zu schwitzen. Dicke Schweissperlen rannen ihre
Gesicht hinunter.
Ihre beiden Kollegen, standen da, wie zur Salzsäule erstarrt.
Ein eiliger Bewohner des Hotels drängelte sich an Varius vorbei, wollte
schnell seinen Schlüssel abgeben, verharrte dann aber in der Bewegung.
"Was haben wir es denn so eilig? Sie werden gleich schon bedient,
keine Angst!"
Er sah Varius nur einen kurzen Moment an, doch was sich darauf hin
auf seinem Gesicht wiederspiegelte, war ein Anblick des Grauens. Sein
Mund stand weit auf. Das Gesicht zu einer Maske verzerrt,
bewegungslos stand er da. Sie alle konnten kein Wort mehr sagen.
Hinter dem Dämon begannen leise Stimmen zu tuscheln. Denn den
anderen Gästen, die sich noch in der Lobby aufhielten, war das
merkwürdige Schauspiel nicht entgangen.
Ein wenig gelangweilt drehte er sich um.
Sah in ihre Gesichter und erkannte Neugier darin, gepaart mit ein wenig
Angst.
"Wenn ihr schon mal da seid, können wir eure Neugier befriedigen und
euch eine kleine Zaubereinlage bieten."
Er hatte die Worte noch nicht ganz ausgesprochen, da hob er seine
Arme nach oben und die Vier Personen am Tresen gingen in Flammen
auf.
Schmerzensschreie, gepaart mit den Schreckensschreien der Zuschauer
mischten sich zu einem Chor, der wie Musik in seinen Ohren klang.
Ihn zog es in die entgegengesetzte Richtung. Die Autobahn war sein
Ziel.
Es warteten noch so viele Aufgaben auf ihn, bevor er John und seinem
Gefolge gegenüber treten würde.
Die leise, klassische Musik, die schon die gesamte Zeit im Hintergrund
zu hören war, wurde auf einen Wink des Dämons lauter und mischte
sich zu den Schreien.
Langsam begann er zu tanzen und mit jedem Schlag der grossen
Trommel des Musikstückes zeigte sein Finder auf einen anderen Gast,
der sofort darauf in Flammen aufging.
Eine schwarze Masse tropfte wiederum von seinen Hosenbeinen herab,
sammelte sich zu seinen Füssen und verbreitete sich wie ein
Spinnennetz. Wo immer sie auf brennbare Materialien traf, egal ob
Einrichtungsgegenstände oder Körper der Anwesenden. Alles fing
sofort Feuer und brannte lichterloh.
Die Masse suchte sich eigenständig ihren weg in Fahrstühle, die Treppe
entlang und es sollte auch nicht lange dauern, bis sie in die entlegensten
Winkel des Stockwerks gezogen war und alles entflammte.
Nur um dann zum nächsten Stockwerk weiter zu ziehen.
Thaldur und Emmerich durchschritten suchend die durchaus
beeindruckende Bibliothek, die der Zwerg stolz sein Reich nannte.
Varius hingegen zog es langsam nach draussen. Denn was noch folgte
kannte er nur zu gut.
Menschen, die normalerweise davonrannten, standen wie Salzsäulen da,
ferner jeder Bewegung. Doch sie waren noch immer in der Lage zu
fühlen und zu schreien.
Sein Weg führte aus dem Hotel und zum angegliederten Parkhaus. Dort
angekommen fand er auch zügig sein Gefährt und stieg ein.
Die gaffende Menschenmasse, die sich vor dem Hotel angesammelt
hatte, interessierte ihn schon nicht mehr.
Emmerich zog, von neugier getrieben, einen grossen Folianten aus dem
Regal, schlug ihn auf und als er nichts brauchbares fand, schlug er ihn
auch wieder zu.
Eine Staubwolke schlug ihm entgegen und liess ihn husten.
"Sag mal,", er musste nochmals husten," ihr habt hier mittlerweile so
viel bedeutende Technik. Hab ihr denn nichts gegen den Staub?"
"Doch, es nennt sich Staubsauger. Aber er nützt nichts, wenn man ihn
nicht benutzt!", witzelte der Zwerg.
Emmerich schob das Buch wieder an seinen Platz zurück.
"Von der Seite aus gesehen hast Du natürlich recht." Er schmunzelte.
Denn seit dem gestrigen Abend schien Thaldur ein wenig missmutig zu
sein, da er es ihm immer noch nicht verziehen hatte, in einen
Greisrocker verwandelt worden zu sein.
Doch das er wieder Scherze machen konnte, war ein durchaus positives
Zeichen.
"Ehrlich gesagt weiss ich nicht so ganz wonach wir suchen sollen. Es
gibt so viele Abhandlungen über Dämonen, aber sie wurden meistens
von Menschen geschrieben. Menschen die sich mit diesen Wesen nicht
so richtig auskennen. Selbst wenn ein brauchbares Werk existieren
sollte, so wissen wir bis heute noch nicht zu welcher Gattung er
gehört."
Thaldur sah, von einer Leiter aus, auf den Magier herab. Er legte den
Band zurück, den er mit grosser Mühe aus seinem Fach herausgezogen
hatte.
"Hmm, da muss ich Dir wohl recht geben. Ich dachte bloss, wenn wir
schon warten müssen, dann könnten wir auch etwas nützliches tun."
"Stimmt, aber ich denke es ist sinnlose Zeitverschwendung."
Thaldur wollte gerade etwas dazu sagen, als sein Telefon zu klingeln
anfing. "Ja....Ja....Vielen Dank....Ja...Mach ich, danke nochmals..."
Fragend schaute Emmerich ihn an.
"Komm mit! Ich muss mal nach eine EMail schauen. Ein Informant hat
mir eben Videoaufzeichnungen aus Frankfurt gemailt.
Sie sind von einer Überwachungskamera. Angeblich wären ein paar
gute Aufnahmen darauf."
So gingen sie zügig nach nebenan, setzten sich vor den Bildschirm und
ein paar Mausklicks später erschienen auch schon bewegte Bilder auf
der Mattscheibe.
Wäre Emmerich in den letzten Jahrhunderten hängen geblieben, hätte er
diese Maschine als Teufelswerk abgetan und hätte sie mit einem Blitz
zu Toast verwandelt. Doch auch wenn er den technischen Dingen nicht
ganz folgen konnte, so war er immer wieder aufs neue dafür zu
begeistern.
Immerhin besass er auch ein Handy, wenn auch ein Älteres, was ihm
der Zwerg vor Jahren geschenkt hatte.
Er besass es zwar, doch dies hiess nicht, das er es auch nutzte, ausser als
ein Etwas, das fast immer mit einem Kabel an einer Steckdose um laden
hing.
Die Bilder zeigten einen gläsernen Eingang. Offensichtlich den eines
Hotels, denn die Schrift über der Tür war noch teilweise zu sehen.
Immer wieder verfärbte sich im Innern etwas in den Farben eines
Feuers. Doch niemand flüchtete. Was schon merkwürdig genug war.
Nach einiger Zeit verliess eine einzige Person das Hotel. Sehr gut
gekleidet, in einem schwarzen, offensichtlich, teuren Anzug. Dunkles
Haar und unauffällige Statur. Es hätte fast jeder sein können.
Doch bevor die Tür sich wieder schloss, konnte man erkennen, das im
inneren ein wahres Inferno loderte und die Person für einen solchen
Anblick zu ruhig davon ging.
So gut es ging zoomte Thaldur auf den Mann, spulte vor und zurück,
schaute sich jede Szene genauestens an.
"Was meinst Du, ist er das?", fragte Emmerich nach einer weile
gebannten wartens.
"Ich denke ja. Ein gut gekleideter Mann, in der Blüte seines Lebens.
Der in aller Seelenruhe aus einem Flammenmeer spaziert. Wer sollte es
sonst sein?"
"Lass uns die Anderen informieren und ihnen die Bilder zeigen. Ich
denke es ist wirklich Varius, in seiner menschlichen Gestalt."
Claudius legte sein Handy auf die neue Marmorplatte seines neuen
Schreibtisches.
Im Laufe des Tages hatten fleissige Helferlein die Beweise seines
Wutausbruches beseitigt und einen neuen Tisch aufgestellt.
Der Steinmetz, bei dem seine Ergebenen in fast regelmässigen
Abständen neue Tische orderten, konnte mittlerweile gut von seinem
Grosskunden leben. Denn es war wirklich nicht der Erste, der sein
Leben lassen musste.
Adiamus zu erreichen war schon schwieriger, denn lange waren er,
John, Alicia und Max im Wald zu Gange gewesen.
John auf die bevorstehende Aufgabe, ihren Gegner vorzubereiten, war
ihm im Moment wichtiger als alles andere. Seine Gedanken wanderten
in der Zeit zurück.
Zurück zu seinem letzten Schützling. Dieser hatte sich damals
bereitwillig geopfert und war Varius in die Schattenwelt gefolgt. Seither
hatte niemand mehr etwas von ihm gehört. Es lag schon so weit in der
Vergangenheit, das ihm die ganze Angelegenheit wie ein fast
vergessener Albtraum vorkam.
Er erinnerte sich noch an seinen Namen, doch über seinen anderen
Erinnerung waren Schleier des Vergessens gelegt. Stephán war sein
Name gewesen. Im zarten Alter von 14 Jahren hatten seine Eltern ihn in
Adiamus Obhut gegeben, in der Hoffnung, der Werwolf könnte ihn
leiten.
Er war ein verschlossener Junge gewesen. Nie hatte er sich über die
Aufgaben und die Ausbildung beschwert, doch als er sich damals, im
Alter von 21 von ihm verabschiedete, schien er durchaus erleichtert.
Adiamus war damals schwer verwundet gewesen, Verrat aus seinen
eigenen Reihen hatte dafür gesorgt, das es Varius damals leicht viel, ihn
und viele andere zu überwältigen.
Sie wären damals durchaus in der Lage gewesen Varius und seine
Vasallen aufzuhalten. Doch bis heute hatten sie nicht herausgefunden,
wer sie verraten hatte.
"Worüber denkst Du nach?"
"Was?"
"Worüber Du nachdenkst?", hakte Alicia nach.
Sie waren auf dem Weg zurück zum Hotel. Die Sonne stand schon tief
über dem Horizont, als der Wald immer lichter wurde und die Schemen
des Hotels durch die Bäume bereits zu erkennen waren.
"Über die Vergangenheit. Den Weg, der noch vor uns liegt...."
"Oh, Du wirst poetisch.", mischte sich John ein.
"Eher ein wenig nachdenklich, würde ich es nennen."
"Es wird schon alles gut werden.", sie bemühte sich so überzeugend wie
nur möglich zu klingen.
"Wollen wir es hoffen."
Den Rest des Weges schwiegen sie.
Als der Werwolf in Menschengestalt aus dem, noch dampfenden,
Badezimmer trat, zappelte sein Handy schon wie wild über den
Nachttisch. Bei seiner Rückkehr hatte er es keines Blickes gewürdigt,
sondern war direkt im Bad verschwunden.
"Bei Lokis Haarspitzen, endlich gehst Du mal rann!!! Wurde aber auch
Zeit! Da behaupte nochmal einer ihr Wölfe seid so schnell!"
"Ich war....vergiss es. Was gibt es denn so dringendes?"
"Emmerich und ich haben Neuigkeiten für euch. Er hat sich auch schon
mit dem Blutsauger in Verbindung gesetzt und wir treffen uns heute
Abend in Koblenz. Nahe des Deutschen Ecks ist ein Biergarten. Dort
wollen wir uns gegen zweiundzwanzig Uhr treffen. Ich hoffe ihr kommt
auch!"
"Aber natürlich, was für eine Frage! Bis später!"
Adiamus informierte kurzerhand John und Alicia. Es dauerte keine
Stunde, bis Alicia den Wagen auf einem grossen Parkplatz nahe dem
Rheinufer einparkte.
Eine viertel Stunde später standen sie vor dem Eingang des Biergartens.
Emmerich winkte ihnen zu, zu seiner Linken sass Claudius und zu
seiner Rechten ein Mitdreissiger, mit vollem Haar, einem markanten
Gesicht, ganz in legeren Jeans gekleidet.
"Wie ich sehe, scheinst Du Dich diesmal wohler zu fühlen.", bemerkte
Adiamus, als sie an den Tisch kamen und er den Zwergenmagier in
seiner "normalen" Tarnung erblickte.
"Ja, es ist viel besser als das, was mir dieser eingestaubte Zauberer das
letzte mal angetan hat.", grinste Thaldur fröhlich zurück.
Als alle mit Getränken versorgt waren, packte Thaldur seinen Laptop
aus und spielte ihnen das Video vor, welches ihm im Laufe des Tages
zugesandt wurde.
"Seit er das Hotel verlassen hat, gibt es keine Anzeichen dafür, wo er
sich jetzt aufhält.", schloss Emmerich seinen Bericht.
"Tja, es lässt sich aber auch schwer erraten, welches sein Ziel sein
dürfte. Alicias Vision zu Folge wird er sich aufmachen und eine Armee
rekrutieren.", erklärte der Wolf.
"Das würde sein plötzliches untertauchen auch erklären. Doch was
sollen wir nun tun?", fragte Thaldur.
"Abwarten.", sagte Claudius kurzum.
"Warten? Worauf?", diesmal war es John, der sich zum ersten mal, seit
ihrem eintreffen, an dem Gespräch beteiligte.
"Wie er weiter vorgeht. Auf Anzeichen für seine nächsten Schritte.
Sollte er wirklich auf dem Weg zu Dir sein, hätte er sein Ziel längst
erreichen können. Aber er tat es bisher noch nicht."
"Und was ich bisher von ihm gehört hatte, überlegt er sich genau seine
Schritte, bevor er sie tätigt.", ergänzte der Magier.
"Also können wir nur abwarten und Tee trinken?", fragte Alicia.
"Bier!"
"Was?"
"Abwarten und Bier trinken! Ich hätte gern noch eins, Wie schaut es bei
euch aus?"
Kurzerhand stand Thaldur auf und besorgte noch eine Runde Bier für
alle.
"Dieser Zwerg bringt mich noch ins Grab.", nörgelte John, der sich mit
Kopfschmerzen an das letzte Trinkgelage erinnerte.
"Ins Grab? Na da kenn ich aber einen, der Dich da wieder raus holen
kann. Er entstammt einer alten italienischen Familie. Sie befassen sich
schon seit Uhrzeiten mit dem Tot. Er schuldet mir sowieso einen
Gefallen. Wenn ich ihn freundlich frage, dann erweckt er Dich
sicherlich wieder. Wenn Du dann aber auch die Intelligenz einer
Kartoffel hast.", schoss es aus Claudius heraus.
"Niemand hier wird hier in eine Kartoffel verwandelt. Du hast genug
Diener, die Dir den faltigen Hintern nachtragen.", protestierte Adiamus.
"So faltig wie Du denkst ist der garnicht. Alt, ja. Aber keineswegs
faltig!"
Thaldur erschien mit einem prall gefüllten Tablett mit Bierhumpen.
"Was, wer ist alt und faltig?"
John schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn.
"Was denn?", er blickte in die Runde, doch die anderen Anwesenden
schauten sich nur an. Bis dem ein oder anderen ein leises Lachen heraus
rutschte.
Ein wenig verbittert liess er sich auf den Stuhl sinken und Blickte
vorwurfsvoll in die Runde.
Claudius war der Erste, der sich wieder schnellstens im Griff hatte.
"Nein kleiner Mann, es ging nicht um Dich. Aber es hatte gerade so gut
gepasst. Vor allem wenn man Deine wahre Gestalt betrachtet. Der
Jüngste bist Du ja wahrlich nicht mehr!"
"Na und? Aber alle mal jünger als Du oder unser unser Ältester am
Tisch. Er wurde ja schon vor jeder Geschichtsschreibung geboren.",
verteidigte sich der Zwerg.
"Tja, da muss ich ihm leider Recht geben. So ungern ich es auch tue.
Du, Adiamus, bist offensichtlich der Rundenälteste. Daher müsstest Du
auch den faltigsten aller Hintern haben."
Adiamus schwieg dazu. Nur ein leises knurren verriet die Meinung des
Wolfes.
"Oh, da haben wir wohl einen wunden Punkt getroffen. Würde ich mich
jetzt entschuldigen, so wäre es nicht ehrlich gemeint, daher lasse ich es
einfach. Prost!"
Nachdem die Situation wieder in ruhigeren Bahnen verlief, war es
Alicia, die zum Sprung ins Fettnäpfchen antrat.
"Wie alt bist Du denn nun wirklich?"
Alle Augen wanden sich ihr zu.
"Das war doch nur eine Frage, nun schaut mich doch nicht an, als ob
ich eine Bombe gelegt hätte! Diese Andeutungen nerven langsam
tierisch!"
Es war diesmal Adiamus, der ihr die Antwort gab.
"Als ich geboren wurde, gab es noch keine Zeitrechnung. Ein genaues
Jahr fest zu legen ist leider nicht möglich. Aber ich kann Dir sagen, es
waren unzählige Monde, bis die Zeitrechnung begann. Ja, meine Liebe,
ich bin schon Steinalt.", seufzte er.
"Und wie sieht es mit dem Rest von euch aus?"
Claudius sah sie fasziniert an, die Ruhe, mit der Adiamus ihr
geantwortet hatte, überraschte ihn.
"Nun ja, offensichtlich bin ich der jüngere, denn zum Zeitpunkt meiner
Geburt steckten die Zivilisationen noch in den Kinderschuhen. Noch
bevor das Babylonische Reich erschaffen wurde."
Alicia war noch nie so gut in Geschichte gewesen, aber sie schätze das
es wohl fast 4000 Jahre her sein musste. Ihr fragender Blick wanderte
zu Thaldur und Emmerich.
"Ich wurde im elften Jahrhundert geboren und unser zwergischer
Freund im vierzehnten."
"Mensch, da bist Du ja der Jüngste!", John klopfte Thaldur
freundschaftlich auf den Rücken. Doch dieser hustete in diesem
Moment Bier quer über den Tisch.
Es lag allerdings nicht an Johns Aussage, sondern eher an dem Rudel
Werwölfe, die sich gerade hinter den Versammelten aus der
Schattenwelt schälten.
John folgte Thaldurs Blick und entdeckte ebenfalls die Horde
Werwölfe, die gerade dabei war, in die wirkliche Welt überzutreten.
Alicia sah mit angstgeweihteten Augen in dieselbe Richtung und fing an
zu stammeln:“ Ach…ach…Du heilige Scheiße!“
Claudius war nicht überrascht, Emmerich blieb ebenfalls gelassen und
Adiamus drehte sich noch nicht einmal in die Richtung aus der ganz
leises Knurren kam.
„Noch nicht mal ein Bier kann man in Ruhe trinken, ohne daß diese
Flohträger einen behelligen!“ Er erhob sich seufzend und wandte sich
an Emmerich:“Wärst Du bitte so nett?“ Dieser wußte was der alte Wolf
von ihm wollte und nickte nur kurz. Claudius stellte sich ebenfalls
seinen Bierhumpen auf den Tisch und erhob sich,“Wenn Du nichts
dagegen hast, werde ich mich auch einmischen, denn wir haben ja nicht
ewig Zeit, ich esse zeitig!“
„Tu Dir keinen Zwang an, ich habe ja den ganzen Spaß nicht alleine
gepachtet!“, grollte ihm Adiamus entgegen.
Als die beiden aufgestanden waren, schaute Emmerich sich unauffällig
um, von den anderen Gästen im Biergarten hatte noch niemand etwas
von der drohenden Gefahr gemerkt, dies war ja auch kein Wunder, denn
die Werwölfe waren noch nicht ganz durch das Tor der Schattenwelt
getreten, sondern nur verschwommen und transparent hinter einer
wabernden durchsichtigen Masse zu erkennen. Emmerich hob die
Handflächen, und murmelte ein paar alte Zaubersprüche, dann hob er
die Arme, stellte sich aufrecht hin und ließ die Arme kreisen und drehte
sich um seine eigene Achse. Dort wo seine Arme kreisten bildete sich
ein leichter Nebel auf dem Boden der langsam emporkroch, und
ringsum begangen die Leute mitten in der Bewegung zu verharren und
als sich Emmerich sekundenbruchteile später wieder hinsetzte, da
waren alle außer ihnen am Tisch wie eingefroren. Alicia schaute sich
um und konnte nicht glauben, was sie sah:“Du…Du…hast die Zeit
angehalten? Einfach so…??“
„Es hält nicht allzu lange an“, erklärte Emmerich,“und die Menschen
müssen nicht alles sehen, sie würden es sowieso nicht verstehen!“ „So,
nun seid ihr beide dran“, sagte er zu Claudius und Adiamus gewandt.
Die Transparenz der Schattenwelt wurde sichtbarer und Max stellte sich
zähnefletschend und knurrend beschützend vor John und wollte
Adiamus zur Hilfe eilen, dieser schüttelte nur den Kopf und John hielt
Max sanft aber bestimmt zurück,“Komm mein Junge, laß das mal die
beiden machen, die sind ne`Nummer zu groß für Dich!“
Wiederstrebend ließ sich Max zurückhalten und Thaldur setzte sich
ganz entspannt zurück, wohl zufrieden damit, daß die anderen beiden
die Störung beseitigen würden.
Alicia schaute sich immernoch mit offenem Mund um, und schüttelte
verwundert den Kopf:“Das glaubt mir keiner!“
Claudius schlug seinen Mantel zurück und schritt neben Adiamus zu der
wabernden Masse, die nun immer mehr Transparenz verlor und hörte
neben sich Kleidung zerreissen und ein immer tiefer werdendes Grollen.
Er sah zu Adiamus, der sich in den mächtigen Wolf verwandelte, sah
Muskelberge wachsen, Fell zwischen den zerrissenen Kleidungsstücken
hervorquellen und große Klauen sich bilden und das riesige Wolfsgebiss
sich formen.
„Tja, da hab ich`s doch einfacher“, brummelte Claudius und ließ die
langen Fangzähne aufblitzen. Adiamus`Verwandlung war
abgeschlossen, gerade zur rechten Zeit, denn der erste Werwolf trat in
die wirkliche Welt hinaus und stürzte sich sogleich auf seinen pelzigen
Gegner.
Adiamus trat ihm entgegen und nahm mit seiner mächtigen Pranke aus
und verpasste dem heranstürmenden Werwolf einen wuchtigen Hieb,
daß der Kopf vom Rumpf getrennt wurde und zur Seite rollte. Claudius
war ebensowenig zimperlich, er stieß dem nächsten Angreifer seine
Hände in den Leib und riss ihm das Herz raus und warf den leblosen
Kadaver achtlos zur Seite.
Immer mehr Werwölfe stürmten brüllend aus der Schattenwelt und die
beiden wüteten ohne Gnade unter ihnen. Die Angreifer waren ihnen
zwar zahlmäßig überlegen, aber sie hatten trotzdem keine Chance.
Während Claudius versuchte, aus einem der Hordenmitglieder
rauszuquetschen, wer sie beauftragt hatte, metzelte Adiamus regelrecht
unter seinen Brüdern.
Er stürmte mit einem lauten Geheul auf gleich zwei Angreifer zu,
sprang den ersten mit aller Wucht an, vergrub seine mächtigen Zähne in
dessen Kehle und riss sie ihm hinaus. Ein mächtiger Blutschwall ergoss
sich auf sein Fell, und er wandte sich blitzschnell dem zweiten Wolf zu.
Er stieß seine Klauen in den struppigen Leib des Gegners und fuhr die
Krallen aus und zog mit einem mächtigen Ruck die Klauen nach oben,
zur Fratze des Werwolf…seine Krallen wühlten sich durch Gedärme
und Blut ergoss sich dampfend auf den Boden, triumphierend jaulte
Adiamus, als er den anderen buchstäblich zerrissen hatte.
John sah aus sicherer Entfernung zu und beobachtete seinen
Lehrmeister genau. Er nahm jede Bewegung in sich auf, studierte seine
Technik und lernte. Er spürte etwas in sich… War es Angst? Angst vor
dem, was er da vor sich sah, was sich da abspielte? Respekt vor
Adiamus, das ganz sicher, aber es war mehr, Angst vor dem, zu was
Adiamus gerade geworden war.
Er kämpfet, nein, er metzelte, unter Feinden ja, aber es waren doch
auch seine Brüder. War es das, was sein Mentor damit meinte, daß er
Menschlichkeit einbüßen würde, wenn er dem Tier in sich nachgab? Er
verfolgte mit seinen geschärften Sinnen jeden Prankenhieb, sah jeden
Knochen der brach, sah einen Werwolf nach dem anderen sterben, auf
brutale Art und Weise. Könnte sowas auch aus ihm werden, fragte er
sich leise, denn schließlich bildete Adiamus ihn aus. Er hatte den Wolf
zwar anders kennengelernt, aber im Moment empfand er große Angst
vor dem, den er da vor sich kämpfen sah, mit einer ungeahneten
Schnelligkeit und Brutalität, so wie er ihn noch nie gesehen hatte.
Er hatte sich oft vorgestellt, was damals passiert war, als er Adiamus
blutverschmiert aus dem Wald kommen sah, als er seine Wut und
Trauer über Lomasis Tod an dem Rudel Wölfe ausgelassen hatte, aber
so brutal und grausam waren seine Vorstellungen nicht gewesen, er
hatte seinen Mentor wohl unterschätzt, und dies gründlich.
Und während diese Überlegungen in sekundenbruchteilen durch seinen
Kopf schossen, spürte er neben dieser Angst noch etwas anderes in sich,
etwas mächtiges begann sich zu regen, etwas böses und gieriges.
Er sah plötzlich nur noch…Blut!!...vor seinen Augen
Die ganze Kampfszene war blutrot gefärbt, er sah und spürte die
pochenden Herzen der Angreifer, roch förmlich das kupferne Blut, wie
es durch die Adern schoss, und wie es durch die Wunden nach draußen
rann.
Er spürte die Gier in sich aufsteigen, wie das Tier sich in ihm
aufbäumte, und sein Verlangen kundtat, nach Blut!!
Er wollte kämpfen, aber er wollte auch was anderes…er
wollte…Trinken!! Er wollte das Blut nicht nur riechen, sehen, er wollte
es schmecken. Er spürte, wie sich lange spitze Zähne in seine Zunge
bohrten, wie sich das Tier in ihm sich immer mehr aufbäumte und nach
Blut schrie.
John bemerkte nicht, wie Alicia ihn plötzlich ängstlich von der Seite
ansah und wohl bemerkte, daß gerade etwas mit ihm passierte. Max
wandte die aufmerksamen Augen von dem Kampf vor sich ab und hob
den Kopf, und sah seinen Herrn an. Er bellte John an, aber es war kein
fröhliches Max-Bellen, er bellte drohend, als ob er die Gefahr spürte,
die von John plötzlich ausgestrahlt wurde.
John ignorierte alles um sich herum, er sah nur noch Adiamus vor sich,
sah nur noch Blut, daß den Boden bedeckte, wo der Wolf und Claudius
Seite an Seite kämpften, dies alles schien in Zeitlupe abzulaufen. John
hatte nur den einen Gedanken:Blut!!
Er mußte trinken, den Geschmack auf seiner Zunge schmecken, zu
geniessen wie es seine Kehle herabrinnt…......
„DU KANNST DAGEGEN ANKÄMPFEN !!!!!!!“, hallte es plötzlich
in seinem Kopf….
„DU BIST STARK; KÄMPFE DAGEGEN AN,JOHN !!“
Er blinzelte mit den Augen und erkannte die Stimme Emmerichs
wieder, aber die Gier zu trinken blieb, das Tier ließ sich nicht so leicht
in den Käfig zurückdrängen. Emmerich bemerkte, ein leichtes Flackern
in der angehaltenen Zeitzone und sah hilfesuchend Alicia an. Die
verstand, was er von ihr wollte und drang in John`s Geist ein, um ihm
beizustehen, sich wieder unter Kontrolle zu bringen. Emmerich
kümmerte sich derweil mit dem Murmeln von Zaubersprüchen um den
erhalt des Zeitfensters, was er geschaffen hatte.
Es waren bisher keine 10 Minuten vergangen, aber der Zauber war sehr
kurzlebig und kräftezehrend.
„John, ich bitte Dich!! Kämpfe dagegen an!!“, Alicia`s Stimme erklang
in seinem Kopf. „Du kannst es, ich weiß es !!!!!!!“
John fasste sich mit beiden Händen an den Kopf, als ob er riesige
Kopfschmerzen hätte und rang im Inneren einen Kampf mit sich selbst.
Dies alles kam ihm wie Stunden vor, doch vergingen in Wirklichkeit
nur wenige Sekunden, bis er wieder klar denken konnte und die Gier
unter Kontrolle hatte. Er hatte es geschafft, das Tier in den Käfig
zurückzudrängen, wenigstens dieses Mal.
Er drehte den Kopf und blickte Alicia dankbar an, Max setzte vorsichtig
eine Pfote vor die andere und tapste an ihn heran und leckte ihm die
Hand ab.
Im selben Moment kamen auch die beiden Kämpfer zurück. Adiamus
sah aus, als ob er in rote Farbe gefallen wäre. Er war blutbesudelt und
hatte noch ein gieriges, genugtuendes Glitzern in den Wolfsaugen.
Claudius klopfte sich die Hände am Mantel ab und schielte zu seinem
Partner rüber:“War doch ein Mordsspaß, oder??“
Thaldur und Emmerich taten sich zusammen und räumten das
Schlachtfeld auf, welches die beiden hinterlassen hatten, denn das
Zeitfenster würde nicht mehr lange anhalten.
Sie öffneten ein großes Portal zur Schattenwelt und Thaldur sprach eine
Zauberformel und ließ somit sämtliche Überreste von dem Kampf durch
das Portal saugen.“Wie in alten Zeiten“, murmelte er, „Die beiden
machen Sauerei und wir sind das Aufräumkommando!“
Dann schlossen sie die Tür zur anderen Welt und bedachten Adiamus
noch mit frischer Kleidung und einer Reinigung, als dieser sich bereits
zurückverwandelte.Keine Sekunde zu früh, denn die ersten Leute fingen
an, sich wieder zu bewegen, als die letzen Fellstücke an Adiamus Hand
verschwanden.
Claudius begann zu erzählen, was er von dem einem Werwolf erfahren
hatte, als er ihn mehr oder weniger freundlich um Auskunft gebeten
hatte.
Adiamus bemerkte den veränderten Blick von John, der auf ihm haftete,
und sah ihn fragend an. John schüttelte nur den Kopf:“ Später“, flüsterte
er, „Wir sind wegen etwas anderem hier!“
"Viel hatte er nicht gesagt, nur das sie von einem unbekannten erfahren
haben, wer ihre Brüder umgebracht hatte. Dieser Jemand wäre unter
uns."
"Das hat er Dir doch nicht aus freiem Willen erzählt, oder?", wollte
Alicia wissen.
"Natürlich nicht, aber er hat so seine Mittel und Wege, damit die Worte
nur so sprudeln...", erläuterte Emmerich.
"Genau. Auf jeden Fall war es wohl eine geleitete Blutrache gewesen,
was diese Wölfe dazu verleitet hatte, sich hier zu versammeln und als
Rudel anzugreifen. Drei mal dürft ihr raten, wer denn für diese
Unpässlichkeit verantwortlich war."
Alle Augen wanderten zu Adiamus, der aber auch keinen Hehl daraus
machte, das er Derjenige war.
"Tja, wenigstens wissen sie nun woran sie sind.", entgegnete der Wolf
knapp und trank sein Bier aus.
"Aber immerhin würde mich noch interessieren, wer sie denn geleitet
hatte.", warf Alicia in die Runde.
"Ich denke mal Varius. Er versucht uns sicherlich zu beschäftigen,
damit er sich weiterhin vorbereiten kann. Worauf auch immer.",
mischte sich nun auch John ein, der mittlerweile wieder seiner Sinne
mächtig war.
"Wir müssen vorsichtiger werden, denn dies war sicherlich nicht sein
letzter Einfall! Vor allem müssen wir herausfinden wo er ist und was er
plant. Nur so können wir ihn früh genug entgegen treten und ihn
aufhalten.", ergänzte Emmerich.
Sie sassen noch bis tief in die Nacht zusammen. Jeder brachte seine
Ideen ein. Doch sie waren sich fast sicher, das Alicias Traum etwas zu
sagen hatte. Er würde sich gut vorbereiten, bevor er sich ihnen stellen
würde.
Als Letzter des Abends nahm Claudius John noch kurz bei Seite.
"Ich habe eben etwas gespürt, eine Aura, die von Dir ausging.
Irgendwann , mein Freund, kannst Du das Tier nicht mehr zurück halten
und dann musst Du Dich entscheiden!"
"Niemals. Ich habe eben gesehen, was aus denen wird, die sich nur
noch durch ihre Instinkte leiten lassen. Niemals werde ich das
zulassen!"
"Das haben schon viele vor Dir gesagt. Glaub mir, die Verlockung wird
immer in Deiner Seele sein und Deinen Namen rufen, ganz gleich was
Du auch tust."
"Aber ich..."
"Denk an meine Worte!"
"John?", rief Alicia herüber, die mit Adiamus und Max schon auf dem
Weg zum Wagen waren
"Ja ich komme sofort!", antwortete er.
"Und Denk Du an meine Worte.", sagte er an Claudius gewand," Ich
werde niemals so werden wie Ihr!", dabei warf er auch einen Blick zu
Adiamus.
Mit einem Lächeln verabschiedete sich der Vampir und ging seines
Weges. John folgte den anderen zu ihrem Auto.
Alicia hatte den Wagen noch nicht aus der Parklücke heraus gesteuert,
als John und Adiamus die Blicke wechselten. Max sass vorn neben
Alicia und sah gebannt durch die Seitenscheibe nach draussen.
"Wolltest Du mir noch etwas erzählen?", fragte der Wolf.
John druckste ein wenig herum, sprach aber dann doch aus, was hm auf
der Seele lag.
"Naja, als Du eben gegen Deine eigenen Brüder gezogen bist, die Härte
und Brutalität. Es hat mir nicht unbedingt Angst gemacht, aber es hat
mich doch zum nachdenken angeregt. Was ist, wenn ich das Tier in mir,
oder was sich dort auch immer befindet, irgendwann einmal nicht mehr
zurückhalten kann. Du sagtest, das ich ein Stück von mir selbst aufgebe,
wenn dies geschieht. Aber was ist das?"
"Ich kann es Dir nicht sagen.", seufzte der Wolf," Doch Du hast selbst
gesehen wie unberechenbar jemand wird, der sich schon so oft dem Tier
hingegeben hat. Nicht nur ich, auch Claudius haben dies oft genug
getan."
"Das ist es ja, Du hast unter den Deinen gewütet, als wären es Deine
schlimmsten Feinde, dabei seid ihr von gleicher Abstammung."
Adiamus liess den Kopf kurz sinken, nur um ihn dann mit einem
Lächeln wieder an zu sehen.
"Also von gleicher Abstammung würde ich nicht sagen. Wir sind uns
ähnlich, ja. Aber das war es dann auch schon."
"Warum das denn? Seid ihr denn nicht alle Werwölfe?"
"In gewissem Sinne schon, aber unsere Vorfahren sind so
unterschiedlich, wie Tag und Nacht!"
"Häh? Wie das denn?"
"Ich erkläre es Dir beizeiten, wenn Du dafür reif bist."
"Puh!", John seufzte tief, irgendwie sagten ihm diese Wesen immer
wieder alles und gleichzeitig garnichts. Er fragte sich wann denn dieser
Ominöse Zeitpunkt sein würde.
Aber statt noch weiter zu fragen, sah er lieber aus dem Fenster und sah
der Umgebung zu, wie sie an ihnen vorbei raste.
"Warum führen Menschen Kriege gegeneinander?" hörte John die
Stimme von Claudius in seinem Kopf. " Genau wie wir Vampire zu
unterschiedlichen Familien gehören, wir nennen sie Clans, genauso
gehören die Werwölfe ebenfalls unterschiedlichen Clans an. Jeder Clan
hat seine Eigenarten, ähnlich denen der verschiedenen Menschlichen
Völker! Aber um das wirklich zu verstehen, musst du schon einen der
unseren werden, sonst kannst du dir das nicht wirklich vorstellen oder
verstehen. Es hat auch Vorteile kein Mensch zu sein. Wenn du es erst
einmal verstanden hast das Tier in dir zu benutzen, es in gerichtete
Bahnen zu lenken, dann kannst du sehr viel Kraft daraus schöpfen.
Schau mich an, ich kontrolliere das Zier in mir, und wenn du ehrlich zu
dir selbst bist wirst du merken das es nur Vorurteile sind die du gegen
mich hast. Wir sind uns ähnlicher als du es glaubst. Lerne von mir.....“
"Verschwinde, Du elender Blutsauger!!!!", ertönte plötzlich die Stimme
von Adiamus scharf in seinem Kopf...
Und als die Stimme von dem Vampir in seinem Kopf leise am
verklingen war, sprach der Wolf sanfter, aber sehr eindringlich auf ihn
ein:"Laß Dich nicht von ihm verführen!! Ich warne Dich vor ihm!! Er
ist ein genialer Lügner und versteht es sehr gut, jemanden mit süssen
Verlockungen auf seine Seite zu ziehen...Leider!"
"Ich weiß, Du kämpfst gegen die Gier und die Verlockung in Dir an,
und ich hoffe, ich kann Dich dabei unterstützen und Dich
beschützen...ich habe schon einmal versagt und meinen Schützling in
die offenen Arme eines anderen Wesens laufen lassen..."
John schaute seinen Mentor betroffen an, irgendwie hatte ihm noch
keiner gesagt, was mit seinem Vorgänger passiert ist.
"Ich bin stark, und ich habe es vorhin geschafft, ich kann es wieder
schaffen. Und mit Deiner Hilfe kann ich auch Claudius widerstehen",
sagte er leise.
Adiamus seufzte..."Ich hoffe es! Ich werde nicht noch Jemanden
verlieren, auch nicht an Claudius."
Der Wolf drehte seinen Kopf zum Fenster und flüsterte sehr leise:" Eher
werde ich Dich selbst töten!"
John schaute Adiamus erschrocken an, trotz des Flüsterns hatte er sehr
deutlich verstanden, was der Wolf gesagt hatte.
Die Geschehnisse des Abends hielten John noch lange wach. Alicias
leises brummeln und Max gleichmässiges Schnarchen geleiteten ihn
aber irgendwann doch in die Welt der Träume.
Doch Anstelle der erhofften Erholung plagten ihn Albträume.
Wieder und wieder sah er sich mit den Geschehnissen, in dem
Biergarten, konfrontiert. Doch jedes Mal endete sein Traum anders. Auf
einmal nahm er Adiamus Platz ein und wütete unerbittlich unter den
anderen Werwölfen, ein anderes Mal kämpfte er an dessen Seite, in
Form von Claudius. In einem anderen Traum war er einer der Wölfe,
die sie angegriffen hatten.
Aber eines hatten alle gleich. Er spürte förmlich, das dies nur Träume
waren.
Was ihn allerdings erschrocken auffahren liess, war sein letzter Traum.
Es war tiefste Nacht. Der Regen durchnässte seine Kleidung bis auf die
Haut.
John erkannte kaum die Hand vor den Augen.
Obwohl Es regnete wie aus Eimern, war die Erde verdorrt. Trocken.
Kaum berührten die prallen Regentropfen die Erde, verdampften sie
auch schon.
Er sah genauer hin, kniete sich hin und streckte seine Hand aus. Doch
die Erde fühlte sich keineswegs warm an.
Von Fern drangen Geräusche an sein Ohr. Ein Gemurmel schätzte er.
Langsam setzte er sich in Bewegung. Er erreichte einen alten, stark
verwitterten Zaun. Eisenstäbe mit grossen Spitzen an deren Enden
ragten aus dem Boden heraus und bildeten eine schwer zu
überwindende Hürde.
John entschied sich dafür, seinen Weg nach rechts fortzusetzen, immer
dem Zaun entlang.
Nach einer Weile erreichte er ein Tor.
Eine leise Stimme in seinem Hinterkopf ermahnte ihn nicht dort
hindurch zu gehen. Aber seine Neugier siegte über die Warnungen.
Mit einem leisen Quietschen schwang eine Torhälfte bei Seite,
nachdem er die Klinke nach unten gedrückt hatte und mit einem Mal
wurde das Murmeln lauter.
Als er das Tor ein paar Meter hinter sich gelassen hatte, hörte es mit
einem Schlag auf zu Regnen. Der Mond stand hoch am Himmel und die
Sterne lachten ihm zu.
Erhellt vom Mondlicht lag ein Friedhof vor ihm.
Sein Blick wanderte umher. Der Weg und die Grabreihen verliefen
seitlich abschüssig, was ihm ein wenig Merkwürdig vorkam, da er eben
noch in einem ganz anderen Winkel, genauer gesagt horizontal,
gelaufen war.
Als er einen Weg zwischen den ganzen Gräbern hindurch gefunden
hatte, folgte er ihm und auch das Gemurmel wurde lauter.
Je näher er kam, um so mehr erinnerte es ihn an einen Sprechgesang, in
einer Sprache die ihm völlig unbekannt war.
Ihm war es, als ob ein leichter Lichtschein, ein pulsierendes
Flackerndes Licht von weiter vorn kam und so ging er schnurstracks
darauf zu.
Zu seinem erschrecken Endete sein Weg plötzlich. Wie aus dem Nichts
stand er an einem Abgrund. Noch einen Schritt weiter und er wäre in
die tiefe gestürzt.
Als er hinab sah, erkannte er ein Plateau, vielleicht zwanzig Meter unter
ihm. Es war übersaht von Gräbern, die offen waren. Aber es war
niemand zu sehen. John kam es vor, als wären sie frisch ausgehoben
worden.
Doch in der Mitte des Plateaus stand einzig und alleine eine Gestalt.
Sie hatte mächtige Schwingen, die ihn an die Flügel von Fledermäusen
erinnerte. Nur um ein vielfaches grösser.
Die Kreatur sah ihn an.
Als John ihren Blick erwiderte, kam Bewegung in die Sache.
Mit gewaltigen Flügelschlägen erhob sich das Wesen in die Luft, schien
für ein paar Sekunden regungslos in der Höhe zu verharren...
Und flog letztlich auf ihn zu.
John trat ein paar Schritte zurück, wollte sich schon herumdrehen, um
davon zu laufen, aber aus irgendeinem Grund konnte er es nicht.
Er stand da, wie angewurzelt.
"Willkommen! Schön dich zu sehen.", zischte ihn das Wesen an.
"Ob es wirklich so schön ist, wage ich noch zu bezweifeln.", brummelte
er leise vor sich hin.
"NaNaNa, wer wird denn gleich pessimistisch sein. An einem so
schönen Abend. Was führt Dich zu mir?"
"Wenn ich das wüsste.", die Antwort war eigentlich mehr an sich selbst
gerichtet."Aber ich denke ich träume gerade."
"So...So...", das Wesen fuhr sich nachdenklich über sein Kinn. "Dann
wollen wir doch mal sehen, ob es wirklich ein Traum ist."
Noch ehe John regieren konnte, war die überdimensionale Fledermaus
bei ihm. Ihre Finger endeten in langen Krallen, die sie mit einem
schrillen Lachen über seine Brust zog.
Es brannte wie Feuer und dort, wo sie seine Haut berührten, quoll kein
Blut hervor, sondern sie hinterliessen Brandspuren.
Noch ferner jeder Bewegung spürte er, wie sein Fleisch an diesen
Stellen verbrannte und es roch, als ob irgendwo ein Barbeque
veranstaltet würde.
John erwachte aus seiner Starre, wollte sich losreissen, doch sein
Gegenüber bohrte seine Krallen tief in Johns Schultern, riss ihn in die
Höhe und schwebte kurz darauf über dem Abgrund.
"Ach eins noch. Richte dem Fellknäuel und dem Blutsauger einen
schönen Gruss von mir aus!"
Mit diesen Worten liess es los. John schwebte noch einen Herzschlag
lang in der Luft, nur um dann der Erdanziehungskraft nach unten zu
folgen.
Kurz bevor er den unvermeidlichen Kontakt mit dem harten Boden
aufnehmen sollte, erwachte John schweissgebadet.
Seine Brust und Schultern brannten noch immer wie Feuer.
Leise schaltete er das Licht an, um Alicia nicht zu wecken. Neben sich
am Bett erkannte er eine Bewegung, einen Schatten der langsam auf ihn
zu kam.
Eine feuchte Hundeschnauze stubste ihn an. Es war Max, der vom
Lichtschein geweckt wurde.
John sah sich seine Brust an und was er sah, gefiel ihm ganz und gar
nicht.
Vier lange Striemen zogen sich, der länge nach, von der Bust bis zum
Bauchnabel. Sie sahen aus, als hätten ihn vier Schürhaken die Haut
versenkt und seine Schultern zeigten ein ähnliches Bild.
Nur langsam begannen sie zu heilen.
Er ging leise ins Bad, um sich im Spiegel zu betrachten. Aber auch dort
sah es nicht besser aus, im Gegenteil.
Er verbrachte fast eine halbe Stunde in dem kleinen Raum und sah zu,
wie sein Körper langsam die Wunden heilte.
Nun wusste er, wie sich Alicia gefühlt hatte, als sie dem Dämon in
ihren Träumen begegnet war...
Nach einer kurzen Nacht erwachte John am nächsten Morgen. Die
Schmerzen in der Brust waren fast ganz verschwunden. Als er gerade
ins Bad gehen wollte, klopfte es an der Tür. Der Zimmerservice brachte
einen Brief für ihn. Als Absender stand da "ein Freund" auf dem
Umschlag. Er ließ sich von dem Zimmerservice die Person beschreiben
die diesen Brief abgegeben hatte, konnte aber mit der Beschreibung
nichts anfangen. Also öffnete er den Umschlag und begann zu Lesen.
Lieber John, mein Freund, heute Nacht ist es dir ja nicht sehr gut
gegangen. Wenn du willst, das dir das nicht noch einmal widerfährt,
komm heute Mittag um 12 Uhr an die auf der Karte angegeben Stelle im
Wald......Ein Freund
John schaute auf die Karte, eine Parkbank an der Eisenbahntrasse war
dort markiert...
Aber er konnte nirgends erkennen wer der Absender war. Er ging ins
Bad und grübelte was er mit dieser Einladung anfangen sollte.
Adiamus, John und Alicia trafen sich wieder zum Frühstück. John hatte
nicht gerade den grössten Hunger, denn die vergangene Nacht und die
Nachricht über ein Treffen mit einem Unbekannten zerrten ein wenig an
seinen Nerven.
Nur kurz berichtete er über sein Erlebnis der letzten Nacht. Zu Alicias
Erleichterung, oder auch nicht, erzählte er auch von den Wunden auf
seiner Brust, die allerdings nach kürzester Zeit auch wieder verheilt
waren.
"Varius wurd also wirklich immer mächtiger. Nun treibt er sein
Unwesen auch schon in den Träumen. Das ist nicht gut. Ganz und gar
nicht!", grübelte Adiamus.
"Also gut fand ich das Erlebnis nicht gerade, das muss ich schon
sagen!"
"Ich werde mich später mit Thaldur, Emmerich und meinem speziellen
Freund in Verbindung setzen. Mal schauen was die davon halten."
"Unserem speziellen Freund?", warf Alicia ein.
"Claudius natürlich, er hat doch immer damit angefangen uns als seine
Freunde zu bezeichnen."
"Was ist das eigentlich zwischen euch beiden?", fragte John interessiert.
Denn der Wolf schien normalerweise schon bei der Erwähnung des
Namens kurz vor einer Explosion zu stehen.
Adiamus drehte nachdenklich seine Kaffeetasse in beiden Händen, sah
der Flüssigkeit zu, wie sie immer wieder neue Formen annahm und sah
letztendlich auf.
"Es ist mal wieder eine Geschichte aus alter Zeit. Claudius war damals
noch ein junger Vampir, von seinem Mentor allein gelassen. Damals
kannte er die gesamten Auswirkungen des "Vampirdaseins" noch nicht.
Das er zum Überleben Blut trinken musste, ja es auch heute noch muss,
das hatte er hart spüren müssen. Er hatte das Tier in sich noch nicht so
unter Kontrolle, wie heute vielleicht.
In einem kleinen Dorf, nahe dem Tiber hatte ich meine Zelte
aufgeschlagen, Freundschaften geknüpft. Ja, ich hatte damals fast das
Gefühl für immer dort Leben zu können. Bis zu jener Nacht, als ein
Unbekannter in den Ort einritt. Er schien krank zu sein und so
versuchten die Bewohner ihn Gesund zu pflegen, doch daraus wurde
nichts. Das Tier in ihm übernahm sein handeln und er verfiel in einen
Blutrausch. In dem er fast das gesamte Dorf auslöschte. Als ich von
einer Wanderung mit dem Dorfältesten zurück kam, war der Spuk
schon vorbei und der Vampir schon verschwunden."
"Aber woher weisst Du das er es war?", John sah ihn mit grossen
Augen an.
"Er hatte es mir gesagt!"
"Wie...Wo...Wann?", Alicia begann wieder zu stottern. Eine
Eigenschaft, die John immer wieder auf Neue gefiel.
"Nachdem er mir das Leben gerettet hatte!"
"Bitte was?", John konnte nicht glauben was er da hörte.
"Er hielt es wohl für den besten Zeitpunkt dafür. Wie auch immer, er
hatte mir das Leben gerettet und somit stand ich tief in seiner Schuld.
Schon allein meine Ehre hatte es mir verboten, nach diesem Erlebnis
Rache für meine verlorenen Freunde und deren Familien zu nehmen."
Alicia schluckte tief.
"Dann kann ich Deine Abneigung ihm gegenüber ein wenig
verstehen..."
"Aber wann war das, ich meine wie kam er dazu Dir das Leben zu
retten?"
"Das ist eine lange Geschichte, ich werde sie euch bei Zeiten einmal
erzählen.", Adiamus blickte zur Uhr. Es war kurz nach elf.
"Musst Du nicht langsam los? Du hast doch noch eine Verabredung.",
der Blick des Wolfes wanderte zu John.
"Ja klar....ähm...woher weisst Du davon?"
Wohl wissen, fast väterlich sah er ihn an.
"Warum sollte ich es nicht wissen?"
Ein wenig verwirrt wanderte Johns Blick zu dem Werwolf und Alicia.
"Weil ich euch davon nichts gesagt habe?"
"Gut, das ist ein Grund, aber kein Hindernis! Du solltest los und
herausfinden, was dieser "Freund" von Dir will."
John verabschiedete sich von der Runde, nahm Max mit und ging zur
Rezeption um noch nach einer Wegbeschreibung zu fragen.
Als sein Wissensdurst gestillt war, machte er sich, mit dem Schäferhund
an seiner Seite, auf den Weg.
Sie traten in den Wald ein und Max trottete ein paar Schritte vor John.
John schloss die Augen und atmete die frische Luft ein...er ließ die
Gedanken noch einmal zu den Erlebnissen der letzten Nacht schweifen,
bis ein kleines freudiges Bellen von Max ihn die Augen aufschlagen
ließ. Max hatte wohl einige Feen begrüßt, die mit flinken
Flügelschlägen um seine Nase tanzten. John lächelte und sah dem
Schäferhund zu, wie er spielerisch versuchte, einige der kleinen
Waldbewohner mit der großen feuchten Hundenase anzustupsen. Ein
paar der fliegenden Gesellen ließen sich auf Max`Haupt nieder und ein
paar schwirrten zu John hinüber, der die Hand aufhielt und sie Platz
nehmen ließ. "Hallo, meine kleinen Freunde. Ihr wollt uns also
Gesellschaft leisten,hmh?"
So spazierten sie durch den Wald und kamen dem vorgeschriebenen
Treffpunkt immer näher, und John`s Neugier wuchs, sowie sein
Unbehagen. "Ich hätte wohl doch lieber den alten Wolf mitnehmen
sollen", dachte er so bei sich.
"Ich bin bei Dir!!", ertönte es in seinem Kopf. "Immer wenn Du mich
brauchst, bin ich da!" Adiamus` Stimme in seinem Kopf beruhigte ihn
etwas. "Aber Du bist stark und wirst diese Aufgabe schon alleine
schaffen", sprach er seinem Schützling Mut zu. "Und, so alt bin ich
noch gar nicht!!"
John musste schmunzeln, dieses Gedankenlesen war nicht immer so
praktisch.
Und mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen trat er aus dem Wald
auf die Lichtung heraus, wo die Parkbank in der Sonne glänzte.
Er schaute sich mit aufmerksamen Augen um, seine geschärften Sinne
arbeiteten auf Hochtouren. Max war ebenfalls angespannt und spitzte
aufmerksam seine Ohren und ließ die dunklen Hundeaugen über die
Lichtung streifen.
Es war niemand anwesend. Langsam ging John zur Parkbank und
drehte sich immer wieder um, er wollte nicht von hinten überrascht
werden.
Er schaute auf seine Uhr, es war eine Minute nach zwölf, aber es war
immer noch niemand auf der Lichtung zu sehen. Er stand vor der
Parkbank und schloss die Augen und horchte mit seinen Sinnen in die
Umgebung hinaus. Er machte ein kleines Geräusch aus, es klang wie
ein Ast, der unter zu großem Gewicht zusammenbricht, und er öffnete
die Augen. Er blinzelte in die Sonne und sah eine Gestalt am anderen
Waldrand aus dem Schatten treten.
Max spannte die Muskeln an und ließ die Gestalt nicht aus den Augen.
John beobachtete sie ebenfalls genau, als sie auf die beiden zukam.
Als die Sonne ihr Licht auf den Körper warf, stieg in John eine Ahnung
auf, wer sein geheimnisvoller Freund war. Er kannte diesen Gang, und
die kraftvolle und stürmische Ausstrahlung, die von der Gestalt ausging.
Er blinzelte mit den Augen, das konnte doch nicht sein. Das war doch
unmöglich, oder...??
Die Gestalt, die mit schnellen Schritten auf ihn zukam, war niemand
geringeres als sein ehemaliger Chef, Matt Mc Clausen!
Als die Mischung aus Schotte und Ire ein paar Meter entfernt vor ihm
stand, brachte er keinen vollständigen Satz heraus, vor lauter
Überraschung. "Sie...????? Was...wie kommen Sie....warum?"
Max stellte sich beschützend vor John, dieser beruhigte ihn mit kleinen
Kraulbewegungen am Kopf. Er konnte immer noch nicht glauben, wer
da vor ihm stand.
Mc Clausen hielt ihm begrüßend die Hand hin und zögernd ergriff John
sie und drückte sie kurz. Er spürte zwar, was sein Chef in Wirklichkeit
war, aber er spürte auch, daß keine Gefahr von ihm ausging, und dies
schien auch Max zu spüren und er entspannte sich etwas.
Die beiden setzten sich auf die Parkbank und Max setzte sich
aufmerksam davor, so ganz schien er dem Frieden doch noch nicht zu
trauen. John sah Matt Mc Clausen erwartungsvoll an. Dieser ergriff
auch gleich das Wort.
"John, wir haben nicht víel Zeit, es war für mich ein großes Risiko
hierher zu kommen, aber ich musste es wagen. Mittlerweile weißt Du ja
über so einiges Bescheid, und damals ist alles etwas blöd gelaufen. Wir
wollten Dir nichts böses, aber andere kamen uns zuvor. Und als wir
hörten, daß sich Adiamus Deiner angenommen hatte, da waren unsere
Bedenken gänzlich zerstreut. Aber auch wir, daß heißt mein Clan und
ich, sind im Bilde über das, was Euch bevorsteht. Wir recherchieren
schon lange über Varius und verfolgen seine Aktivitäten. Wir sind auch
genau darüber im Bilde, was die letzte Zeit passiert ist, auch was Dich
und Deine Freundin betrifft."
John kam aus dem Staunen nicht mehr raus, er erinnerte sich, was
damals passiert war, auf der Party seines Chefs, danach im
Krankenhaus. Dies alles schien schon so lange her zu sein.
"Was wollen Sie hier? Was wollen Sie von mir??", fragte er gespannt.
"Wir möchten Dir helfen!", sagte Mc Clausen. "Wie gesagt, wir
recherchieren schon sehr lange, wir kennen Varius schon, als er damals
versuchte, seine Macht auszudehnen und wir wissen, was mit dem
anderen Schüler von Adiamus passiert ist."
John wollte die Chance nutzen und fragen, was denn damals passiert
ist, aber Mc Clausen schien zu wissen, was er fragen wollte und winkte
ab. "Das kann Dir Dein Mentor zu passender Zeit erzählen. John, wir
haben nicht viel Zeit. Ich glaube, Varius weiß bescheid über meinen
Besuch. Er wird mächtiger und mächtiger."
Mc Clausen stand auf und ging nervös vor der Parkbank auf und ab.
Seine Augen blickten gehetzt umher, und suchten Verfolger.
Seine Stimme klang sehr nervös als er weitersprach:" Wir haben viele
Kontakte und haben etwas sehr interessantes herausgefunden. Etwas
was Ihr unbedingt wissen müsst, es könnte Euch sehr nützlich sein."
John sah seinen ehemaligen Chef gespannt an und hing an seinen
Lippen.
"Varius hat eine Schwachstelle, die Ihr nutzen könntet. In der
Schattenwelt gibt es......."
Er konnte den Satz nicht mehr zu Ende führen, in sekundenschnelle
verwandelte sich der Himmel, die Sonne wurde von schwarzen Wolken
verdeckt und Max sprang auf und fing an zu bellen. John sprang
ebenfalls auf und sah, wie sich hinter Matt Mc Clausen die Luft
veränderte, ein Strudel entstand und schwarze Nebelschwaden stiegen
empor. John konnte förmlich das Böse riechen, welches sich hier den
Weg in die Realität bahnte. Er sah, wie sich Mc Clausen begann zu
verwandeln, Fell strömte durch sein Hemd, Muskelberge begannen zu
wachsen. In Sekundenbruchteilen schoss John der Gedanke durch den
Kopf, daß die Verwandlung nicht so beeindruckend wie bei Adiamus
war, aber der Werwolf kam leider nicht mehr dazu, sich zu voller Größe
aufzubauen.
Eine dunkle, furchterregende Stimme grollte aus den schwarzen
Nebelschwaden:" Geschwätziger, stinkender Aasfresser !!"
John zog geistesabwesend sein Schwert, Max bellte in die
Nebelschwaden hinein und Mc Clausen ließ seine Klauen durch den
Nebel fahren...
"John, es ist Varius!", dröhnte die Stimme seines Chefs, "Bring Dich in
Sicherheit!"
Kaum hatte er zu Ende gesprochen, kamen aus dem pechschwarzen
Nebelschwaden zwei gewaltige Flügel zum Vorschein. Ein Dröhnen
erfüllte die Luft, John blieb wie angewurzelt stehen und sah atemlos
dem Schauspiel zu. Den mächtigen Schwingen machten riesige Klauen
Platz und eine angsteinflössende Dämonfratze tauchte aus dem Nebel
auf. John konnte seinen Augen nicht trauen, es war, als ob sich sein
Traum gerade in Wirklichkeit verwandelte. Hinter Mc Clausen tat sich
buchstäblich die Hölle auf. Dieser versuchte, trotz unvollständiger
Verwandlung, einen Kampf mit Varius aufzunehmen, doch es sollte
nicht soweit kommen.
Die mächtigen Schwingen umarmten den Werwolf, die Klauen legten
sich um seinen Hals und ein Knacken ertönte, als Varius dem Werwolf
mit Leichtigkeit das Genick brach.
"Um Dich kümmere ich mich später!!", eine Klaue von Varius zeigte
auf John und der Dämon verschwand so schnell, wie er erschienen war
und nahm Mc Clausen mit in die Schattenwelt.
Die Nebel verschwanden, der Himmel hellte sich auf, die Sonne nahm
wieder ihren Platz ein. Dies hatte alles nur sekundenbruchteile
gedauert...aber es kam John wie Stunden vor...
Außer Atem ließ er sich auf den Boden fallen und Max hörte auf, die
Stelle anzubellen, wo Varius gerade verschwunden war.
"Ich glaube das nicht!", stöhnte John...er riss sein Shirt hoch, und sah
mit geweiteten Augen auf seine Brust, die Striemen von letzter Nacht
waren wieder aufgetaucht und taten höllisch weh.
Mühsam rappelte John sich wieder auf und trottet langsam Richtung
Hotel. Während er durch den Wald ging fiel ihm auf, das er verfolgt
wurde. Da er aber nirgends eine Bewegung erkennen konnte, versuchte
er mit seinen Sinnen seinen Verfolger zu entdecken, und siehe da, in
der Schattenwelt gab es eine Person die ihn ganz offensichtlich
folgte....er konnte leider nicht genau erkennen wer es war aber er
versuchte sich das Aussehen genau einzuprägen um später Adiamus zu
fragen.
Er überquerte noch einige kleinere Strassen, immer dicht gefolgt von
Max. Dieser schaute gelegentlich nach oben, sah ihn fast fragend an.
Auch der treue Schäferhund schien zu spüren, das ihnen jemand folgte.
John schickte seine Gedanken auf reisen, versuchte zu fassen, was sich
in der Parallelwelt neben ihm her bewegte. Doch soviel stand fest, es
war weder ein Vampir, noch ein Werwolf.
Mit einem Mal spürte er die Präsenz eines weiteren, durchaus
mächtigeren Wesens. Noch ehe er genaueres erspüren konnte, war jedes
miese Gefühl wie weggeweht.
Ein wenig später, noch immer seinen Gedanken nachhängend, kam er
auch wieder im Hotel an.
Als erstes zog ihn sein Weg an die Theke, im hinteren Bereich des
Hotels. Die gemütlichen Sitzgruppen aus den frühen achtzigern luden
zum verweilen ein, doch er steuerte geradewegs die Theke an, bestellte
sich einen Single Malt und spülte damit sein Unbehagen in einem Zug
hinunter.
John war noch nie ein grosser Trinker, aber einen guten Whiskey hatte
er noch nie stehen lassen.
Kurz darauf erreichten sie ihr Zimmer.
Alicia sass noch vor ihrem Laptop und zauberte Zahlenkolonnen auf
den Bildschirm. Als sie seine Gegenwart bemerkte, hörte sie auf, drehte
sich zu ihm herum und sah ihn fragend an.
"Was ist los?"
Eine sanfte Rauchnote wogte ihr entgegen, gepaart mit dem Duft nach
alten Hölzfässern und einem Hauch Alkohol.
Und John begann zu erzählen. Von seinem ehemaligen Chef, Varius
und den Geschehnissen der letzten Stunden.
"Wir sollten mit Adiamus reden, vielleicht weiss er was zu tun ist.",
warf Alicia ein.
"Diese Idee hatte ich auch schon, hast Du ihn gesehen?"
"Nach dem Frühstück ist er....."
"...Dir nachgegangen." Fast lautlos trat Adiamus aus der Schattenwelt
heraus. Seine Kleidung hing in Fetzen, was die Vermutung nahelegte,
das er noch vor kurzem in Werwolfgestalt unterwegs gewesen war.
Zudem haftete der Geruch nach nassem Fell an ihm.
"Also lässt er uns überwachen?"
"Genauso wie wir ihn."
Alicias Kopf wanderte wie bei einem Tennisspiel hin und her.
"Wäre einer der Herren eventuell so freundlich und würde mich auch
mal darüber in Kenntnis setzten, was denn los war?"
"Oh, Du hattest also auch einen schönen Tag gehabt, oder wie soll ich
Deine Aufmachung verstehen?"
Auf den Lippen des Wolfes in Menschengestalt spiegelte sich ein
Lächeln.
"Naja, so könnte man es auch nennen. Während Du zum Hotel spaziert
bist, habe ich einen von Varius Botengeistern beseitigt. Er war mir zu
neugierig geworden."
"Was denkst Du, John, haben wir überhaupt eine Chance aus dem
Ganzen wieder heil raus zu kommen?"
"Ich weiss es nicht. Ich hoffe doch, das unsere `Freunde`noch einiges
auf Lager haben, denn nachdem ich gesehen habe was er mit dem
Werwolf gemacht hatte, schätze ich ihn ziemlich heftig ein. Auch die
Erzählungen über die frühere Begegnung mit Varius bauen mich nicht
gerade auf. Warten wir mal ab, was die Anderen noch zu berichten
Und sie taten es auch.
John berichtete von seiner Begegnung mit dem Dämon, Mc Clausen
und Adiamus endete damit, wie er in der Parallelwelt über den
Botengeist gestolpert war und ihn vernichtete.
"Und diese Geister können uns in unserer Welt nichts anhaben?" Ein
leises Unbehagen schwang in ihrer Stimme.
"Nein, können sie nicht. Nur in ihrer Welt können sie uns etwas. Doch
diese Boten, oder Späher, befolgen meist nur kleinen Befehlen, wie z.B.
das Beobachten oder aushorchen."
"Das beruhigt mich jetzt aber ungemein."
"Sollte es auch nicht unbedingt. Aber wenn sich Varius so unverfroren
hier zeigt und mit seinen Kräften spielt, dann sollten wir auf der Hut
sein. Denn er schert sich nicht um irgendwelche Abmachungen, die in
diesem Ort gelten. Wir sollten uns auf das Schlimmste vorbereiten!"
Mit diesen Worten verliess er die anderen und begab sich in sein
Hotelzimmer.
haben."
"Dieses warten ist nicht wirklich meine Stärke." , seufzte Alicia und
klappte ihr Laptop wieder auf. Sie versuchte sich mit ihrer Arbeit
abzulenken.
John hingegen zog es kurz ins Badezimmer und untersuchte nochmals
seine Brust.
Die Striemen waren wieder verschwunden. Sein Körper regenerierte
mittlerweile immer schneller.
Ein wenig beruhigt kam er wieder in den Raum zurück und warf sich
auf das Bett.
Er rollte sich auf den Bauch und streckte die Hände über den Bettrand,
so dass er Max erreichen konnte, der es sich vor dem Bett gemütlich
gemacht hatte. John kraulte das Fell des Schäferhundes und seine Blicke
wanderten zu Alicia, die noch immer, manchmal auch fluchend, die
Hände über die Tastatur flitzen liess.
Das gleichmässige Tippen und die Ruhe, die Max ausstrahlte, liessen
ihn langsam müde werden. Bis ihm nach kurzer Zeit die Augen zu
fielen.
Er träumte.
Seit langer Zeit mal wieder ein angenehmer Traum. Er stand am Strand.
Eine sanfte Brise wehte ihm um die Nase. Palmen bogen sich,
angetrieben von dem leisen Wind, der vom Meer heran getragen wurde.
Max tollte in den Wellen umher, versuchte sie zu fangen.
Ein warmer Körper schmiegte sich zärtlich von hinten an ihn. Hände, so
wunderschön zart, schlungen sich um seine Taille und Brust.
Er erkannte den Geruch, der von ihr ausging. Es war Alicia.
"Ist es nicht wunderschön hier?", hauchte sie ihm ins Ohr.
Ja, das war es. Er seufzte zufrieden.
Doch von irgendwo her drang ein Geräusch an sein Ohr. Etwas, das
überhaupt nicht hier hin gehörte.
Ein Klingeln.
Langsam wurde er wach. Sein Handy leutete.
Verträumt sah er auf den Nachttisch, nahm das Handy und begutachtete
das Display.
`Arbeit Büro` blinkte in grossen Buchstaben darauf.
John ging ran.
"Hallo?"
"John? Bist Du es?", es war eine bekannte Stimme am anderen Ende.
Es war die Sekretärin, Frau Rogers.
"Ja, ich bin dran. Was kann ich für sie tun?"
"Es ist etwas passiert." , ein trauriger Unterton schwang in ihrer
Stimme.
"Ein Unfall."
John schossen die Bilder durch den Kopf, als Varius mit Mc Clausen
verschwand.
"Was ist passiert?"
"Matt...Matt und seine Familie..." , sie schluchzte, " Sie hatten einen
Unfall. John, sie sind beide tot!" , nun schien sie endgültig in Tränen
aus zu brechen.
"Ich weiss, dass es nicht einfach ist, aber versuchen Sie sich zu
beruhigen. Was ist denn genau passiert?"
"Sie hatten einen Unfall mit dem Auto. Matt ist in einen entgegen
kommenden LKW gerast. Seine Frau war bei ihm. Beide sind
zusammen im Auto verbrannt."
In John wuchs ein Unbehagen heran. Es erinnerte ihn an seine Jugend,
als er erfuhr, das seine Eltern den Tod in einem Autounfall gefunden
hatten.
"Das ist schrecklich.", er klang so wie immer, wenn er schlechte
Nachrichten bekam. Kühl.
"Wie geht es ihnen?"
Sie rang offensichtlich nach Fassung.
"Es tut mir leid, wenn ich Dir etwas vor jammere. Aber ich kannte die
beiden schon eine halbe Ewigkeit. Seit nunmehr fünfzehn Jahren arbeite
ich für Matt. Er war immer so freundlich und hilfsbereit zu mir. Und
jetzt...jetzt ist er..." , sie schluchzte wieder.
Fünfzehn Jahre, eine Ewigkeit? Da hast Du noch nicht meine neuen
Bekannten kennengelernt, dachte er. Matt Mc Clausen nett und
hilfsbereit, da hatte John ganz andere Seiten an seinem Chef kennen
gelernt.
"Das ist wirklich eine lange Zeit."
"Oh, ich muss Schluss machen, es klingelt auf der anderen Leitung.
Wenn es etwas neues gib, sag ich Dir bescheid, Ok?"
Noch ehe John etwas sagen konnte, hatte Frau Rogers schon aufgelegt.
John schaute zum Fenster hinaus. Die Sonne stand schon tief über den
Wäldern und tauchte alles in ein sanftes Rot.
Er hatte den halben Nachmittag verschlafen.
Noch ein wenig grüblerisch drehte er sich herum und sah Alicia, wie sie
gerade ihre Arbeit beendete. "Schlechte Neuigkeiten?", sie drehte sich
zu ihm herum.
"Das kann man wohl sagen."
Und er erzählte ihr von dem Telefonat.
Als John geendet hatte, sagte Alicia.
"Das ist traurig."
"Ja, das ist es wohl. Nur zu Schade, dass er überhaupt nicht gefahren
sein konnte. Varius hatte ihm vor wenigen Stunden, im wahrsten Sinne
des Wortes, den Hals umgedreht."
"Du meinst also, das dieser Unfall inszeniert war?"
"Genau das! Es wäre ansonsten auch ein merkwürdiger Zufall."
Seine Gedanken wanderten zu dem Tag, als er von dem Unfall seiner
Eltern erfuhr. Sie hatten auch einen Autounfall. Es waren mittlerweile
einige Jahre ins Land gezogen, aber er spürte damals schon, das etwas
nicht gestimmt hatte. Doch er konnte dieses Gefühl nie wirklich in
Worte fassen. Doch mittlerweile, nun wo er so viele "Sachen" gesehen
hatte, wurde ihm klar, dass ihnen vielleicht auch etwas ganz anderes
passiert sein könnte.
Doch diese Gedanken verscheuchte er ganz schnell wieder, denn er
hatte keine Beweise, wusste auch nicht wonach er suchen sollte.
Ausserdem hatten sie im Moment ein ganz anderes Problem.
Varius!
Über kurz oder lang würden sie sich ihm stellen müssen.
Es dauerte nicht lange, da stand auch Adiamus in der Tür und
verkündete, das in ungefähr einer Stunde ein Treffen in den Höhlen der
Zwerge beginnen würde.
Noch ehe jemand auch nur ansatzweise etwas dazu sagen konnte, war
er auch schon verschwunden.
"Was war das denn?", fragte sich John.
"Eine Einladung? Ganz offensichtlich. Ich gehe mich dann mal frisch
machen."
Johns Blick folgte Alicia, die sich geradewegs auf den Weg ins Bad
machte.
Als sie die Badezimmertür erreichte, fiel ihre Bluse hinter ihr zu Boden
Und John sah, das sie nichts darunter trug.
Sein Blick klebte an der offen stehenden Tür, als sich ihre Finger um
den Türholm legten und sie noch einmal kurz hervor lugte.
"Zieh Dir etwas feines an, wer weiss wann wir das nächste mal
Ausgehen können."
Mit einem breiten Lächeln verschwand sie vollends in dem kleinen
Raum, schloss die Tür hinter sich und es erklang das typische
rauschende Geräusch einer Dusche.
Er sah zu Max hinunter, der noch immer zu seinen Füssen lag. Dieser
sah zu ihm auf.
"Tja, dann werden wir doch mal schauen, was unser Kleiderschrank
noch her gibt. Vielleicht sollten wir Dir eine Schleife ins Fell stecken.
Oder wie wäre es mit einer Krawatte? Immerhin bist Du ja ein
männlicher Vertreter Deiner Rasse."
Der Schäferhund legte den Kopf schief, sah ihn mit schief stehenden
Ohren an. So als ob er sagen wollte, John sollte sein Oberstübchen mal
durchchecken lassen.
Als Alicia nach zwanzig Minuten noch immer nicht aus dem Bad kam,
schlenderte John, schon fertig umgezogen, zu dem Laptop und surfte
noch ein wenig durch das Internet. Er wusste das Frauen manchmal ein
wenig länger in der Nasszelle brauchen, als Männer.
Nochmals zwanzig Minuten später erklang ein aufgeregter Schrei im
Bad, gefolgt von Poltern, Fluchen und einer aufgeregten Alicia, die mit
einem Handtuch um die Hüften aus der Tür sprang.
Emmerich folgte ihr mit einer entschuldigenden Geste.
"Entschuldigung, es tut mir ja so leid. Ich wusste ja nicht, dass das Bad
besetzt ist. Ich wollte...ich sollte....Thaldur bat mich euch abzuholen."
Mit einem breiten Grinsen schloss John das Laptop und verfolgte nun
aufmerksam das Schauspiel vor dem Badezimmer.
Er faltete die Hände zusammen und legte sie nahezu andächtig über
dem Computer.
Alicia gestikulierte wie wild, fuchtelte so wild mit den Armen umher,
das sie fast ihr Badetuch verloren hätte.
"Dieser Gandalf für Arme kam einfach durch den Spiegel gelaufen, als
ich mich am Schminken war!"
Sie sah dabei hilfesuchend zu John und zeigte dabei aufgeregt mit dem
Finger auf Emmerich. John hingegen versuchte sich ihr Gesicht
vorzustellen, als Emmerichs Gesicht sich aus dem Spiegel schälte. Ein
Lachen konnte er sich nur mit grösster Mühe verkneifen.
"Können sie nicht, wie andere Leute, die Tür benutzen?", fauchte sie
ihn an.
"Naja, es war der kürzeste Weg zu euch. Doch wenn ich gewusst
hätte..."
"Ja, Ja, Ja. Das hatten wir schon."
Mit einem durchbohrenden Blick sah sie John an, ging zum
Kleiderschrank, holte sich frische Kleidung und verschwand mit hoch
erhobenen Haupt wieder im Bad.
Die Blicke der beiden Männer folgten ihr und als sie die Tür hinter sich
geschlossen hatte, trafen sich ihre Blicke.
"Es tut mir wirklich leid." , der Magier stand noch immer mit hoch
rotem Kopf da, "Aber sie ist aber auch ein hübsches Ding."
"Ja, das ist sie durchaus. Auch wenn sie tierisch sauer ist."
Er lächelte sein verschmitzes Verschwörerlächeln.
Die Badezimmertür wurde aufgerissen.
"Das habe ich gehört!" Und mit einem lauten schlag fiel die Tür wieder
ins Schloss.
Was die beiden allerdings nicht sahen, war Alicias Mundwinkel, die
nach Johns Bemerkung weit nach oben gewandert waren.
Irgendwann, nachdem auch Alicia fertig war, klopfte es an der Tür und
Adiamus trat ein. Er begrüsste Emmerich mit einem herzlichen
Händeschütteln und sie begaben sich gemeinsam auf den Weg zur
Zwergenstadt. Natürlich nutzten sie dafür wieder den Weg, den
Emmerich vorher genommen hatte. Jenen ominösen Spiegel im
Badezimmer.
Der Werwolf in Menschengestalt und John waren schon durch den
Spiegel hindurch getreten. Alicia war an der Reihe, aber drehte sich
noch einmal zu Emmerich um.
"Entschuldigung für meinen Ausbruch eben, es war nicht so gemeint.
Ich wollte nicht zickig erscheinen, aber sie haben mich zu Tode
erschreckt."
"Kein Problem, ich habe im Laufe meines Lebens schon so einiges zu
hören bekommen. Und mit einer Romanfigur von Tolkien verglichen zu
werden... Naja, ich mochte Gandalf. Die Bücher waren nicht so gut, ein
wenig umständlich geschrieben. Dafür waren die Filme um so besser."
Ein wenig irritiert sah Alicia den Magier an. Ein solch alter Mann, der
"Herr der Ringe" als Film gesehen hat? Doch mittlerweile hatte auch sie
schon so einiges gesehen und erlebt, so das sie dieser Umstand nicht
wirklich wunderte.
Der Weg durch den Spiegel, das kleine Portal, welches Emmerich
erschaffen hatte, führte sie geradewegs in die Zwergenstadt.
Dort war emsiges Treiben auf den Strassen. Denn es gab wohl wieder
einen Geburtstag zu feiern. Doch Emmerich führte sie Abseits des
Getümmels in einen Stollen. Die Wände waren fast spiegelglatt poliert
und überall umgab sie das warme, rote Licht, welches ihnen schon beim
ersten Besuch aufgefallen war.
Der Gang endete an einer grossen, altmodisch wirkenden, Holztür.
Adiamus öffnete sie und trat auch als erster ein.
Der Anblick, der sich ihnen hinter der Tür bot, raubte John und Alicia
fast den Atem.
Ein grosser, geräumiger Saal erstreckte sich dahinter.
Er erinnerte John an die gute alte Zeit, als noch Ritter und Helden die
Erde bevölkerten. An König Arthurs Tafelrunde.
Denn in der Mitte war ein hölzerner, massiver Tisch, um den hohe
Stühle standen, die ebenso massiv und schwer wirkten.
Überall hingen Schwerter und Schilde an der Wand und der gesamte
Raum sah aus, als ob er aus einem Erol Flynn Film aus den 40-ern,
stammte.
Alles wirkte auf ihn, wie eine Filmkulisse.
Prachtvoll, aber doch irgendwie künstlich.
Auf die Neuankömmlinge wartete bereits Thaldur und ein altbekannter
Gast.
Claudius war bereits eingetroffen.
Duftende Speisen, wie aus alter Zeit, standen schon zum Verzehr bereit
und der Zwergenmagier bot ihnen, mit einer einladenden Geste, sich zu
setzen.
"Herzlich willkommen. Setzt euch doch und esst erst einmal etwas.
Dann reden wir über die Neuigkeiten, die sich ergeben haben."
Sie setzten sich alle, Max legte sich unter den Tisch, zu Johns Füssen
und es wurde gegessen.
Alte Geschichten, aus vergangenen Tagen wurden hervorgezogen, aus
den Tiefen der Zeit.
Geschichten, die äusserst amüsant waren und jedem ein Lächeln oder
gar Lachen entlockte.
Nahezu vergessen war die Bedrohung, die sich im Westerwald
zusammenbraute. Sogar der Vampir, den Thaldur gelegentlich kritisch
musterte, sorgte für den ein oder anderen Lacher.
Es war eine ausgelassene Stimmung in dem Rittersaal, tief unter der
Erde.
Sie genossen die Ruhe vor dem Sturm, denn niemand konnte sagen, ob
sie jemals wieder so zusammensitzen würden.
Als sich alle gestärkt hatten und die lustigen Geschichten abgeebbt
waren, kamen sie zu dem ernsten Anlass dieses Treffens.
John berichtete von seinem realen Traum und seiner Begegnung mit
seinem Exchef und dem Auftritt von Varius. Als er schilderte, wie
unverfroren Varius in der realen Welt aufgetreten war und seine Macht
demonstriert hatte, ging ein Raunen durch die Reihen. Er ließ auch
nicht das ominöse Telefonat mit der Sekretärin seiner Firma aus.
Emmerich war der erste, der nach John das Wort ergriff:“ Wenn er so
ungeniert auftaucht und in aller Öffentlichkeit wütet, dann hat er schon
mehr Kraft und Macht gesammelt, als wir vermutet haben! Und
Adiamus, Du hast Recht, er wird sich einen Dreck um die Regeln
scheren, die an diesem Ort gelten!!“
John stellte die Frage in die Runde, die ihn schon seit der Begegnung
mit seinem Exchef nicht mehr aus dem Kopf ging:“ Was hat Mc
Clausen gemeint, mit der Bemerkung, Varius hätte eine
Schwachstelle?“
„Gibt es etwa eine Chance für uns?“, fragte auch Alicia.
Thaldur seufzte, und zog einen Berg von losen Blättern, Notizzetteln
und Kritzeleien unter dem Tisch hervor…“Ich habe etwas recherchiert“,
murmelte er und es nahm kein Ende, was er da unter dem Tisch
hervorzauberte, er stapelte unermüdlich Blätter um Blätter, zahllose
kleine Büchlein, alte Pergamentrollen vor sich. Alicia guckte mit großen
Augen und rutschte auf ihrem Stuhl etwas nach unten und lugte
unauffällig unter die schwere Tischplatte, um zu sehen, wie viel davon
noch dort unten schlummerte, während Thaldur fortfuhr:“ Ich habe mir
von mehreren Quellen bestätigen lassen, daß es tatsächlich eine
Schwachstelle geben könnte.“
„Du glaubst doch nicht etwa an die Legende, die überall rumerzählt
wird, alter Freund?“, brummte Adiamus vom anderen Tischende.
„Legende?“, sagten John und Alicia wie aus einem Mund, „Welche
Legende??“
Weit weit entfernt von der Zwergenstadt kreuzte ein nachtschwarzer
Hummer durch die schöne Landschaft des Oberwesterwaldes…Varius
saß gut gelaunt am Steuer, hatte die Musik laut aufgedreht und brauste
mit atemberaubender Geschwindigkeit über die Straße.
Er hatte seinen Spaß mit Mc Clausen gehabt und ihm dürstete nach
mehr Unterhaltung. Außerdem war er etwas verärgert, daß Adiamus,
dieser verlauste Köter, seine Lakaien um die Ecke brachte. Er trauerte
ihnen nicht hinterher, er konnte sich genügend Nachschub besorgen,
aber es war sein Eigentum, da hatte dieses stinkende Fellknäul seine
dreckigen Klauen davon zu lassen.
Er pfiff zu dem dröhnenden Technosound und drückte noch ein bischen
mehr aufs Gas, als er in nahender Entfernung einen Mann mit Hund die
Strasse überqueren sah. Er brauste heran und der Mann konnte gerade
noch von der Strasse springen und sich mit einem Satz über die
Leitplanke retten, seinen Hund an der leine hinter sich her ziehend.
„Beim nächsten Mal erwische ich Dich“, lachte Varius laut auf. Ja, ihm
gefiel die neue Welt, man konnte so verdammt viel Spaß haben.
„Hast Du das gesehen, Horst??“ rief ein Polizist in seinem
Streifenwagen, als Varius an Ihnen vorbeiraste, und stieß seinen Partner
an, der erschreckt seinen Kaffee über seine Hose kippte.. „Der Irre hat
fast den Mann über den Haufen gefahren.“
„Was für eine Scheisse!“, fluchte Horst, „Meine Hose….Mann das ist
vielleicht heiß!“
Klaus achtete nicht auf seinen fluchenden Partner und startete den
Wagen, schaltete das Blaulicht und die Sirene ein, legte eilig den Gang
ein und raste hinter dem Hummer her. „Dieses Arschloch schnappen
wir uns!!“
Plötzlich tauchte hinter Varius ein blau-silbernes Auto auf, mit wild
rotierendem Blaulicht auf dem Dach.
„Das sieht nach Spaß aus!“, pfiff er durch die Zähne und verlangsamte
auch brav das Tempo.
Als er an einem kleinen Waldstück auf einer Notspur zum stehen kam,
schaute er prüfend in den Spiegel, ließ kurz die Dämonenaugen
aufblitzen und schnalzte zufrieden mit der Zunge. „Man will ja auch gut
aussehen, wenn Besuch kommt“, trällerte er.
Er öffnete die Fahrertür und sah die beiden Polizisten auf ihn
zukommen.
Lässig lehnte er sich an seinen Hummer und steckte sich eine Zigarre
an. „Was kann ich für sie tun?“, empfing er die Gesetzeshüter.
„Guten Tag!“, sagte der etwas korpulentere der beiden zornig, und
wischte noch an einem dunklen Fleck an seiner Hose herum. Der andere
schaute ihn ebenfalls nicht sehr erfreut an. „Sind sie wahnsinnig?“,
fragte er ohne einen Gruß auszusprechen.
„Jep!“, erklang ganz locker Varius`Antwort. Er zog an der Zigarre und
blies den beiden den Rauch entgegen.
„Sie sind gefahren wie ein Irrer und haben beinahe einen Mann
überfahren!“, erboste sich der Schlankere der Polizisten.
„Ich habe ihn leider nicht erwischt, ist das nicht bedauerlich!“, flötete
Varius.
Horst schnappte nun auch zornig nach Luft:“ Sagen Sie mal, sind sie
denn noch bei Sinnen? Führerschein und Ausweis, wenn ich bitten darf,
aber etwas flott!“
Varius lächelte ihm ins Gesicht:“Du kannst mir einen blasen!“, und zog
tief an der Zigarre.
Der Polizist lief vor Zorn rot an und wußte im ersten Moment nicht, was
er darauf erwidern sollte, sowas hatte er noch nicht erlebt.
Sein Partner Klaus hatte als erstes die Sprache wiedergefunden, und
schrie Varius an:“ Ausweis und Führerschein, sofort!“
„Ah, dieser Ton ist Musik in meinen Ohren!“, witzelte Varius.
Als der Schlanke wieder ansetzen wollte, während sein Partner die
Pistole zückte, schaute Varius gelangweilt zu ihm rüber, und flüsterte:“
Überlege Dir das nächste Mal, wie Du mit Deinem Meister sprichst!“,
und schlagartig änderte sich der Gesichtsausdruck des Schlanken,
Klaus`Blick wurde trüb und eine dunkle Leere trat in seine Augen.
Freundlich sah Varius zu Horst rüber, der immer noch die Pistole auf
ihn richtete, aber auch schnelle verstohlene Blicke zu Klaus warf. „Hey,
was ist los mit Dir?“, sagte er verwirrt und stieß Klaus von der Seite an.
Doch dieser starrte nur leer vor sich hin…
„Er wartet auf Befehle“, sagte der Dämon mit einem zuckersüssen
Lächeln auf den Lippen,“Sei froh, daß ich ihn nicht auf Dich hetze!
Und nun schieß endlich oder nimm dieses alberne Ding aus meinem
Gesicht!“
Horst sah ängstlich zu dem seltsamen Typen, und tat instinktiv das
einzig richtige, er schoss!
Es gab einen lauten Knall, als die Pistole abgefeuert wurde, und er traf
Varius an der rechten Schulter, es bildete sich ein Loch und etwas Blut
trat aus. „Au!“, brummte Varius, schaute auf die Wunde, steckte den
Finger rein und leckte das Blut daran ab.
Horst traten die Augen über, als er dem Schauspiel zusah…
Seine Hand mit der Waffe begann zu zittern und Varius fixierte ihn mit
seinen Augen.“ Sieh, mit wem Du Dich angelegt hast!“
Varius begann sich zu verwandeln, das schöne menschliche Gesicht
verschwand und machte der hässlichen Dämonenfratze Platz. Seine
Augen wurden schwarz und grässliche Zähne wuchsen aus den
Mundwinkeln…Horst riss die Augen auf,“Was….was…“, stotterte
er,“Was zum Teufel….“
„Das ist zuviel der Ehre…“ grollte die furchterregende Stimme des
Dämon…“aber es schmeichelt mir“…
Horst begann panisch das ganze Magazin auf die Fratze vor ihm
abzufeuern und ging hektisch rückwärts. Varius lachte nur und grinste
ihn dämonisch an. Er machte einen kleinen Wink mit der Hand und
Horst ließ die Waffe in seiner Hand fallen, sie glühte rot und war
höllisch heiß geworden…er stand da, mit weit aufgerissenen Augen und
starrte Varius voller Todesangst an. Dieser sog diese stinkende Angst
genüsslich ein und labte sich daran…
Er schritt langsam auf Horst zu, der plötzlich in schmelzendem Teer
stand, und versuchte, seine Füsse aus der dickflüssigen Masse
hochzuheben um weiterhin vor dem Monster
zurückzuweichen…stotternd stieß er ängstliche Laute aus, er brachte
keine ganzen Wörter mehr zusammen, er schwitzte und sah sein ganzes
Leben vor seinem inneren Auge ablaufen…
Varius kam immer näher und als er kurz vor ihm stand, zückte er eine
grässlich lange Kralle und wedelte damit vor Horst`Gesicht herum, der
mit panisch aufgerissenen Augen der Kralle folgte.Varius machte sich
einen Spaß, und schnitt mal hier mal da, er kratzte die Haut an Horst
Wangen auf, der schrille Schmerzensschreie ausstieß…
Varius schloss die dunklen Augen und genoss es sichtlich…er ließ die
Kralle immer weiter kreisen und stieß mit der ganzen Klaue in die
Magengegend und riss ein Stück Gedärme heraus. Horst starrte auf das
blutige Bündel, welches der Dämon in der Hand hielt und verlor das
Bewusstsein. Das störte Varius nicht weiter, wie von unsichtbaren
Händen gehalten, schwebte Horst Körper vor ihm und er konnte in
Ruhe sein Schnitzwerk vollenden. Als Varius blutbesudelt von dem
leblosen Körper ablies, sackte der wie ein nasser Sack zu Boden.
Varius verwandelte sich wieder in den menschlichen Schönling, klopfte
sich die Hände ab, und drehte sich um. „Was liegst Du hier so faul rum,
steh auf, Du hast noch was zu tun!“, ertönte die strenge Stimme eines
Herrschers, der seine Untertanen befehligt. Er schnippte mit den
Fingern und der leblose Körper von Horst erhob sich und stand etwas
schief und unkoordiniert vor ihm, seine Augen waren leblos und
erwarteten Befehle. Varius flüsterte etwas in einer alten schon
vergessenen Sprache und setzte sich wieder in seinen Hummer. Er
startete den Motor, der laut aufheulte und brauste davon.
Hinter ihm torkelten die beiden Polizisten wieder zu ihrem
Streifenwagen. Klaus setzte sich mit leeren Augen ans Steuer und
wartete, bis sein Partner, bzw. das, was von ihm übrig war, ebenfalls
auf seinem Sitz saß. Klaus startete den Wagen, drehte ihn auf dem
engen Platz herum, überfuhr dabei ein Stück von Horst`Dickdarm, der
auf dem Boden lag und so brausten die beiden zombieähnliche Wesen
zurück zu der Kleinstadt. Sie hatten von ihrem Meister einen Auftrag
bekommen, und der lautete, neue Untertanen zu rekrutieren.
„Und Du bist sicher, daß es mit diesem Schwert funktioniert??“, fragte
Alicia ungläubig. Sie sah in die Runde, wo alle ihren eigenen Gedanken
nachhingen, nach der Geschichte, die Thaldur ihnen eben erzählt hatte.
John konnte nichts sagen, er dachte noch über die Worte des
Zwergenmagiers nach. Adiamus ergriff leise das Wort:“ Es ist eine
Legende, Thaldur! Bist Du sicher? Denn ein Irrtum wäre…ich möchte
gar nicht aussprechen, was dann passiert, wenn Du oder Deine Quellen
sich irren…“
Emmerich erhob sich und ging nervös in dem Saal auf und ab:“Es ist
unsere einzige Chance, alter Freund. Wir müssen es versuchen!
Ansonsten sind wir sowieso verloren, so oder so…“
Alicia nickte zustimmend und Max legte sich unter dem Tisch die
Pfoten über die Augen, er spürte die Verzweiflung, die in der Luft lag.
Claudius sprach mit fester Stimme:“Dann holen wir uns dieses
verfluchte Schwert und hauen der stinkenden Fledermaus damit den
Schädel runter!!“
Er schlug mit der Faust auf den Tisch, daß dieser erzitterte, aber er war
stabiler, als der in seinem Büro und hielt dem Ausbruch von dem
Vampir stand.
„Also, alter Freund, wie und wo kriegen wir das Teil?“, fragte der Wolf
an Thaldur gewandt.
„Das ist leider nicht ganz so einfach…“, setzte Thaldur zur Erklärung
an. Adiamus unterbrach ihn:“Sag schon, welchem Dämon muß ich
dafür in seinen faltigen Arsch treten???“
"So einfach ist es nicht, denn so eine machtvolle Waffe ist äusserst
selten.", sprach Thaldur weiter.
"Und ihr Einsatz ist auch nicht ganz ungefährlich. Schon zu oft erlagen
ihre Träger der Macht des Schwertes und bezahlten dafür einem hohen
Preis.", ergänzte Emmerich.
"Das sind ja tolle Aussichten.", entfuhr es dem Vampir.
"Da bin ich einmal ganz Deiner Meinung!", seufzte der Werwolf.
"Wollen wir hoffen das es erst gar nicht so weit kommt!", sagte
Thaldur, mehr an sich selbst gewand.
Die drückende Last auf den Schultern der Anwesenden wuchs mit jeder
Stunde, denn mit jeder Seele, die Varius, nicht unbedingt freiwillig, auf
seine Seite zog vergrösserte sich auch dessen Macht.
"Wir sollten so viel Unterstützung, wie nur möglich um uns
versammeln, damit wir im Fall der Fälle gewappnet sind."
Alle stimmten dem Zwergenmagier zu, denn auch die anderen ahnten
nun was dort, aus dem Dunkeln der Zukunft, auf sie zu kam.
"Varius wird sicherlich dort auftauchen, wo er John am ehesten
vermutet, dort sollten wir uns zum geeigneten Zeitpunkt treffen."
Auch hierfür erntete er das zustimmende Kopfnicken der Anderen.
"Tun wir nun also, was getan werden muss.", forderte Emmerich die
Runde auf.
Und so wurde es auch getan.
Claudius stand auf, verabschiedete sich von der Runde und
sagte,"Adiamus, ich werde noch ein paar spezielle Freunde von mir
verständigen, sei du bitte so gut und raste nicht aus wenn du sie siehst!"
Dann verschwand er. Der Rest der Gruppe schaute sich fragend an.
Adiamus blickte böse in die Runde und sagte, ehe jemand ihn fragen
konnte" Fragt nicht, ich glaube ich weiß wen er meint und wenn es die
sind an die ich denke, könnte das wirklich ein Problem werden. Ich
hatte zuletzt vor ungefähr 200 Jahren das Vergnügen ihnen zu
begegnen, es hat mir gereicht." Daraufhin stand er auf und ging fort.
Auch Max erhob sich und folgte Adiamus.
Seiner Nase folgend hatte er ihn auch schnell gefunden. Doch er war
nicht allein. In seiner Gegenwart war auch dieser Vampir, der vor ihnen
den Raum verlassen hatte. Max verstand kein Wort von dem, was die
beiden Sprachen. Aber es klang schonmal nicht unfreundlich.
Deshalb trottete er auch gemütlich auf die beiden zu und bekam auch
das wonach er in diesem Moment suchte. Streicheleinheiten und ab und
zu mal hinter dem Ohr gekrault zu werden. Der Himmel für einen
Hund. Neben Hundekekse und Knochen natürlich.
In dem Saal, tief unter der Erde, wo die Hinterbliebenen noch sassen,
erklärte Emmerich John und Alicia, wovon der alte Wolf gesprochen
hatte.
Denn die "speziellen Freunde", die Claudius hinzuziehen wollte, kannte
auch er zur genüge.
Auch wenn sie nicht unbedingt die schlimmsten Vertreter ihrer Rasse
waren, wohlmöglich aber durchaus einige der Mächtigsten.
Wie auch Claudius selbst waren sie an der Erhaltung ihrer Macht
interessiert.
Doch den Durst, den sie manchmal verspürten, mochte nicht einmal das
Blut eines Menschen stillen.
Ab und an musste es auch mal das Blut eines Vampirs, Magiers oder
sogar das eines anderen Vampirs sein.
Unter ihnen befanden sich alte Clans, die sich schon seit Urzeiten mit
Magie und Thaumaturgie beschäftigten.
Knochenformern, die sich nach belieben ein anderes Aussehen geben
konnten, sogar Körperpanzer und Waffen aus Knochen.
Eine weitere Art waren diejenigen, denen der Ruf der lautlosen Killer
vorauseilte.
Einst waren sie Söhne der Wüste, doch nach all den unzähligen Jahren
waren es unbarmherzige Tötungsmaschinen, die, für einen guten
Tropfen mächtigen Blutes, so manchen Auftrag annahmen.
Clans, die sich mit dem Tot in allen möglichen Formen und Weisen
auseinander setzten und deren Rituale so manches mal auch einem alten
Dämon wie Varius Tränen in die Augen treiben würden.
Aber auch Schöngeister und Denker waren unter diesen Wesen, die sich
von dem roten Saft des Lebens nährten.
Noch während Emmerich erzählte, kehrte der alte Wolf mit seinem
kleinen Begleiter zurück und setzte sich wieder ruhig auf seinen Platz.
Lauschte den Worten des alten Magiers und wusste wie recht dieser
doch hatte.
John und Alicia kamen die Ausführungen vor, als wären sie einem
wirren Albtraum entsprungen. Einen bösen B-Movie, das es niemals in
die Kinos schaffen würde.
Unterdessen, viele viele Kilometer entfernt, bahnte sich etwas seinen
Weg durch die rabenschwarze Nacht und das Unterholz. Auf
Heimlichkeit mussten sie nicht achten, denn hier, in den entlegenen
Wäldern, würde niemand auf sie aufmerksam werden. Beseelt durch
von einem einzigen Gedanken, auferweckt von einer uralten Macht,
stampften sie über den feuchten Waldboden.
Manche von ihnen schlurften zu langsam voran, fielen über die ein oder
andere Wurzel, die aus dem Boden lugte. Wurden von den Folgenden
niedergetrampelt.
Wie eine unaufhörliche Lavine, zwar langsam aber dafür genauso
unaufhörlich, drückten sich Leib an Leib zwischen den Bäumen
hindurch.
Ihnen folgte eine unheimliche Stille.
Die ersten erwachten schon vor wenigen Tagen. Doch mit jedem, den
sie angefallen hatten, wurden ihre Reihen gestärkt.
Der kleine Samen, den Varius vor kurzem gepflanzt hatte, bildete
mittlerweile schon einen grossen Stamm.
Die Massen, die sich nun durch die uralten Wälder drängten, schienen
kein Ende zu nehmen. Das ein oder andere, kleine oder grössere, Dorf
war bereits von ihnen überrannt worden. Und das Bild war jedes mal
dasselbe gewesen. Menschen, die in panischer Angst vor ihnen
geflüchtet waren. Die sich in ihren Häuser versucht haben, sich zu
verstecken, aber letztlich doch dem Ansturm erlagen. Menschen, deren
Autos und elektrische Anlagen ihren Dienst aufgaben, die starben und
kurz darauf wieder aufstanden und sich dem Tross anschlossen.
Waffen wurden gezückt, abgefeuert. Doch nichts half ihnen, dem
Unvermeindlichen zu entgehen.
Nur wer schnell genug war und sich noch ausserhalb der Reichweite der
Untoten befand, dem wurde ein Geschenk zu Teil. Das des
Weiterlebens. Ein Leben in der Gewissheit, ihre Liebsten allein
gelassen zu haben.
Allein in den schlimmsten Stunden ihres Lebens.
Allein mit Bestien, entsprungen aus den Untiefen der Hölle.
Allein mit einem fleischgewordenem Albtraum.
Eiskalte Hände griffen nach den Lebenden. Zerrten an ihnen, labten
sich
an Fleisch und Blut. Sogen ihnen den letzten Funken Menschlichkeit
aus den Eingeweiden. Zogen sie auf ihre Seite. Immer wieder
beobachtet von einem Wesen, das sie bei ihren Taten genüsslich
beobachtete. Ein Dämon, der sich an der Angst, der Todesangst, welche
sich wie ein Nebel durch die Strassen zog, labte.
Varius war schlau genug gewesen, sich von den Massen fern zu halten,
denn ihnen folgte nicht nur der Tod, das störte ihn nicht.
Er hielt sich deshalb von ihnen fern, weil er wusste, das sein,
mittlerweile geliebtes schwarz/chromfarbenes Fortbewegungsmittel,
seinen Dienst verweigern würde, sollte er der Szenerie zu nahe
kommen.
Denn der Fluch, den er mit ihnen auf Reisen geschickt hatte, zerstörte
jegliche elektronischen Hilfsmittel, die die Menscheit erfunden hatte.
Und ohne die sie verwundbar waren, wie ein Neugeborenes.
Er lachte in sich hinein. Denn über kurz oder lang würden sie ihr Ziel
erreichen.
Und er würde auf sie warten, in der Gewissheit dass sie ihn, nach
seinem Willen unterstützen würden. Seine eigene Armee!
Von Alldem ahnten die Versammelten im Rittersaal noch nichts.
„Nur damit ich das richtig verstehe. Unter den Vampiren gibt es auch
Unterschiede? In dem was sie können, was sie tun und wie sie drauf
sind?“, fragte John.
„Ganz richtig. Im Grossen und Ganzen verfolgen sie ihre eigenen Pläne.
Und dafür setzten sie unterschiedliche Mittel ein.“
„Ein nur zu Menschlicher Zug.“, warf Thaldur ein.
„Tja, Vampire sind halt auch nur Menschen!“, lächelte Emmerich.
„Aber wir sollten wachsam sein. Ständig auf der Hut, das Unerwartete
zu erwarten. Kommt, lasst uns zurück ins Hotel gehen und uns ein
wenig ausruhen. Wer weiss wann wir das nächste Mal dazu kommen.“
John und Alicia folgten, zusammen mit Max, Adiamus durch das Portal
und traten Augenblicke später in ihrem Hotelzimmer durch den Spiegel.
Misstrauisch warf Alicia noch mal einen Blick darauf, wartend.
Wartend das sich noch eine Person hindurch schälte. Aber nichts
geschah.
Adiamus verabschiedete sich in die Nacht, liess die drei mit sich allein
zurück.
John warf sich auf das Doppelbett, nahm seinen Pocket- PC zur Hand
und versuchte noch das Ein oder Andere in Erfahrung zu bringen,
während seine freie Hand den Schäferhund hinter den Ohren kraulte.
Alicia verschwand nahezu lautlos im Bad. Erneut.
„Die Kleine traut sich was!“, grinste John breit in sie hinein. Mit der
Erinnerung an das verdatterte Gesicht von ihr und dem Magier,
nachdem dieser seine Nase durch den Spiegel gestreckt hatte.
Es dauerte nicht lange, bis das Licht um ihn herum seinen Dienst
versagte. Einzig und allein ein kleiner Lichtschimmer spendete ein
wenig Helligkeit.
Der Lichtschimmer entsprang dem Badezimmer.
Genauer gesagt, dem geöffneten Durchgang dort hin.
Doch dort wo normalerweise die Tür war, stand nun Alicia.
Gekleidet in einem schwarzen Hauch von Nichts.
Das Licht, welches sie von hinten anstrahlte, schmeichelte ihren
Kurven. Sie wirkte noch anziehender, noch aufregender auf ihn.
John starrte sie mit weit offen stehendem Mund an.
Hätte er sich selbst sehen können, wäre ihm sicherlich zuerst sein
absolut dämlicher Gesichtsausdruck aufgefallen, der nur so vor nicht
vorhandener Intelligenz strotzte.
Besagte Intelligenz machte sich gerade in einer anderen Gegend seines
Körpers gemütlich. Überall, bloss nicht mehr in seinem Oberstübchen.
Schon zu lange war es her, dass sich John in einer ähnlichen Situation
befand.
Er sah wirklich nicht übel aus, war auch nicht gerade ein Kostverächter.
Aber in letzter Zeit fand er seltener Gelegenheiten, sich fleischlichen
Gelüsten hinzugeben.
Dafür hatte ihm die Zeit gefehlt.
Der Job zu sehr an seinen Reserven gezehrt.
Zu viele neue Dinge waren auf ihn eingeströmt, als das er auch nur an
etwas wie Sex denken konnte.
Aber nun…
Er kannte Alicia nun schon eine geraume Zeit.
Er kannte den Duft, den sie verströmte, die Wärme und Herzlichkeit,
die von ihr ausging. Die Ehrlichkeit und Direktheit.
Wie sie sich bewegte.
Nachts leise Töne von sich gab, Geräusche die er mittlerweile zu
niedlich fand.
Aber was sich nun in seinen Lenden regte ging in eine ganz andere
Richtung.
Er stand langsam auf.
Aus einem kleinen Radio im Badezimmer ertönte leise Musik. Ein
wenig kratzend, aber man konnte nun mal nicht alles haben.
Aber wenigstens Sie!
Johns Blick wanderte zum Tisch, in der Mitte des Zimmers, auf dem
eine kleine Ansammlung Kerzen stand.
Mit einer beiläufigen Handbewegung, fast so als ob er es schon immer
gekonnt hätte, entzündeten sie sich. Er schloss die Augen, tastete in
Gedanken nach dem Lichtschalter und mit einem Mal erhellte nur das
warme Licht der Kerzen den Raum. Tauchte ihn in ein warmes Licht.
Immer wieder wanderten seine Hände über ihre warme und weiche
Haut.
Immer wilder wurden ihre Liebkosungen.
Er schloss sie in die Arme, nahm sie zärtlich hoch und trug sie zum Bett
hinüber.
Dort angekommen liess er sie sanft auf das Laken gleiten, legte sich
ebenfalls dazu und entkleidete sie.
Die nun folgenden Stunden enpfand er als die schönsten seines Lebens.
Noch nie hatte er jemanden mit einer solchen Hingabe geliebt.
Und er hatte bisher noch Keine, die seine Gefühle in solch einer Art
und Weise mit ihm teilte.
Er warf den Minicomputer achtlos bei Seite.
Als dieser scheppernd auf den Boden aufschlug zuckte er leicht
zusammen und hoffte, dass dieser den Flug überlebt hatte.
Langsam ging er auf sie zu.
Sie bewegte sich leicht zu der Melodie.
Schritt ebenfalls langsam auf ihn zu, fast tanzend.
Als sie sich berührten, schienen zwischen ihnen die Funken zu sprühen.
Max zog sich in die hinterste Ecke zurück, rollte sich zusammen, wie
Hunde es tun, wenn sie etwas ignorieren und schloss die Augen.
Als John später in der Nacht erwachte, lag Alicia leise brummelnd in
seinen Armen. Eng um ihn geschlungen.
Er strich ihr zärtlich durchs Haar, gab ihr einen sanften Kuss auf die
Stirn und gelangte wieder in kürzester Zeit ins Traumland.
Fern von allem, was ihn die letzten Tage, Wochen beschäftigte.
Dies Alles war ihm diese Nacht egal!!
John und Alicia hingegen zogen sich gegenseitig mit Blicken aus.
Küssten und streichelten einander.
Erforschten den Körper des Anderen.
Die Kerzen waren lange abgebrannt, als John erst spät am nächsten
Morgen erwachte.
Ein Hauch von frischen Kaffee, Croissants und diverser anderer
Leckereien zog ihm um in die Nase. Behutsam öffnete er ein Auge nach
dem anderen, in der Hoffnung nun nicht nackt im Frühstücksraum
stehend, zu erwachen.
Er fühlte die, eigentlich viel zu steife, Hotelbettwäsche und ein Blick in
seine Umgebung verriet ihm auch, das er sich in der Nacht nicht ein
einziges mal bewegt hatte.
Ganz anders als Alicia.
Sie sass auf dem Bett vor ihm und wedelte freudig mit einem
abgebissenen Croissant vor seiner Nase herum.
"Na, auch schon wach?"
John streckte sich erst einmal genüsslich.
"Jep."
Er sah sich um und erkannte, dass der Tag bereits im Begriff war vom
Morgen zum Mittag zu wechseln.
Ein wenig verwundert fragte er.
"Bist Du denn schon lange auf?"
Mit halbvollem Mund antwortete sie.
"Schon eine geraume Zeit. Ich dachte mir, Du könntest ein wenig Schlaf
vertragen, deshalb bin ich schon mit Max raus gegangen und habe auch
Frühstück organisiert. Max und Adiamus sind unten geblieben. Thaldur
ist bei ihnen. Sie halten wohl so eine Art Kriegsrat."
"Oh, dann sollten wir vielleicht...."
Keine Panik, wir haben noch ein wenig Zeit. Wir wollen erst einmal
gemütlich Frühstücken, haben sie gesagt, und dann runter kommen."
John musste breit grinsen, als ihr ein Bröckchen fast aus dem Mund
gerutscht wäre.
"Du weisst schon, ab 100 Gramm wird die Aussprache meistens ein
wenig undeutlich!"
"Danke für den Tip!", lachte sie ihn an und gab ihn einen kräftigen
Stubs.
"Komm, ess erstmal was."
Nach einem ausgiebigen Frühstück, John hätte eine halbe Kuh auf Toast
verspeisen können, einer noch ausgiebigeren Dusche, gingen sie nach
unten.
"Hallo ihr beiden, schön euch zu sehen.", begrüsste sie Thaldur, wieder
in einem neuen Outfit. Diesmal als smarter Geschäftsmann. Gekleidet
in teurem Anzug, Rolex und Designerbrille. Nur die Stimme konnte er
nicht ablegen, die dafür sorgte, ihn aus tausend Personen heraus zu
erkennen.
Als sie sich sicher sein konnten, allein zu sein, begann Adiamus zu
erzählen.
"Es gibt Neuigkeiten von unserem speziellen Freund. Er scheint wie
vom Erdboden verschwunden zu sein. Dafür häufen sich die
Meldungen über Gebiete hier in der Nähe, die von der Aussenwelt
abgeschnitten sind. Jeder Versuch eines Kontakts liefen bisher ins
Leere. Späher kamen nicht zurück. Und die Tiere des Waldes wispern
Geschichten von etwas Unheimlichen das durch die Wälder streift."
"Er wird doch nicht so dumm sein und sich allein, dazu noch durch den
Wald, auf den Weg hier hin machen.", fand John.
Thaldur legte die hohe Stirn in Falten.
"Das ist ja das Problem. Die Gebiete, die auf misteriöse Weise nicht
mehr zu erreichen sind, sind Orte mit unterschiedlichen
Einwohnerzahlen. Und was sich seinen Weg durch die Wälder sucht,
kann Varius nicht allein sein. Denn dafür sind es zu viele verschiedene
Richtungen. Wir müssen weiterhin aufpassen und auf Verstärkung
hoffen, wenn wir ihn dieses mal endgültig besiegen wollen."
"Vernichten trifft es wohl besser.", donnerte die Stimme des Werwolfes
in Menschengestalt.
"Wir entsenden noch ein paar Beobachter zusätzlich, vielleicht können
die noch etwas herausfinden."
"Nur mal so eine kleine Frage am Rande.", auch Alicia nahm gespannt
an der Unterhaltung teil, "Könnt ihr nicht per Satellit die Gegend
überwachen? Ist doch ungefährlicher und effektiver."
"Guter Einwand, aber die Idee hatten wir schon. Doch leider sind Bilder
aus dieser Gegend im Moment nirgends zu bekommen. Angeblich zu
viel Nebel und Interferenzen."
"Interferenzen? Was soll denn der Quatsch? Die Jungs mit ihren
Satelliten können doch sonst einem Floh beim putzen zuschauen. Jetzt
bekommen die nicht einmal eine vernünftige Auflösung eines ganzen
Dorfes hin. Wer soll denn das bitteschön glauben?", John war alles
andere als Erfreut.
"Wie dem auch sei, es ist leider wie es ist. Auch Claudius hat schon
Gott und die Welt in Bewegung gesetzt, doch leider mit dem selben
Erfolg. Naja, nicht ganz. Es hat ihn eine neue Tischplatte gekostet. Was
das auch immer heissen mag."
Adiamus schmunzelte, denn er kannte die Wutausbrüche des ansonsten
so zurückhaltenden Vampirs.
"Und was sollen wir jetzt machen, warten bis dieses unsagbar Böse sich
endlich zeigt?", Alicia wirkte durchaus sehr aufgebracht, zurecht.
"Ich hoffe doch, dass wir schon vorher wissen, worauf wir uns dort
einlassen. Ich muss los, es gibt für mich noch einiges zu tun."
Mit diesen Worten verliess Thaldur die Gruppe und verschwand auf der
Herrentoilette.
John sah ihm noch kurz nach und sah verwundert zu Adiamus.
"Ist dort..."
"Jawohl, ein Portal. Ich hatte mich eben schon gewundert, wo er so
schnell her kam. Zum Glück sass zu Zeiten seines Eintreffens niemand
auf dem stillen Örtchen. Sonst wäre es ähnlich ergangen wie einer
gewissen Person unter uns."
Sein Blick wanderte zu Alicia, lächelnd.
"Ja, Ja, Ja. Macht euch nur lustig. Ich hätte euch gern gesehen, wenn
euch dasselbe passiert wäre."
Wie aus einem Mund folgte die Antwort, "Ist es aber nicht!!!"
"Was machen wir denn jetzt?", wollte John wissen.
"Vorerst abwarten, aber wir sollten immer bereit sein. Bereit für das
Schlimmste."
"Und wie sieht das aus?"
"Ich glaube das wollen wir nicht wissen. Aber ich vermute das er sich
wieder Verstärkung besorgt. Wo und Wie auch immer. Aber es hat auf
jeden Fall mit diesen ominösen Dörfern zu tun, soviel steht schon mal
fest!"
"Sollten wir uns nicht auf den Weg machen und schauen, was denn dort
vor sich geht?", fragte Alicia.
"Es ist sicher besser wenn wir uns von dort vorerst fernhalten, bis wir
genaueres wissen. Thaldur möchte sich heute Abend mit uns allen hier
im Hotel treffen. Wir haben eben den Tagungsraum reserviert, so dass
wir ungestört sind. Vielleicht gibt es bis dahin auch Neuigkeiten."
Am frühen Abend waren die Festivitäten im vollen Gange. Ein grosses
Bierzelt in dem kleinen Ort war prall gefüllt. Von den jüngeren
Einwohnern liebevoll "Dog City" genannt, war es in diesem Dorf
immer eines der Highlights des Jahres, wenn die Kirmes anstand.
Ein kleines Karussell für die Jüngsten, ein, fast doppelt so grosser,
Bierpils für die Erwachsenen. Eine Bude für die Scharfschützen des
Dorfes, ein kleiner Imbissstand und ein fast immer gut besuchtes
Bierzelt waren ihr Markenzeichen. Eine typische Kirmes auf dem Dorf.
Klein aber gemütlich. Jeder kennt jeden und trinkt auch gerne mit
seinem Banknachbarn Einen.
Eine Band spielte auf der Bühne, gegenüber der Theke. Jung und Alt
sangen und tanzten.
Es hätte ein schöner Abend werden können, wenn...
Ja, wenn nicht dieses tiefe sonore Brummen einer entfesselten Urgewalt
gewesen wäre.
Ein nachtschwarzes Monstrum mit gewaltigen Scheinwerfern.
Varius sass hinter dem Steuer seines geliebten Hummer.
Die letzten Tage hatte er so manche Feier, Menschentraube, einen
Marktplatz und noch viel mehr, in ein Blutbad verwandelt.
Er freute sich schon hämisch, denn auch diese Kirmes würde er ins
Chaos tauchen.
Keine vierhundert Meter von dem Treiben entfern stand er, mit
laufendem Motor und lauter, wummernder Musik.
Er fühlte, das ihm nicht viel Zeit blieb, denn sein Heer, seine Truppen
waren nicht mehr weit. Sollten sie zu früh eintreffen, wäre es aus mit
seinem Spielzeug. Daher liess er die Pferde laut und unüberhörbar
aufschreien.
Das Lenkrad fest umklammert wichen die weichen Gesichtszüge davon
und machten der grausamen Dämonenfratze platz.
"Du bist Dir also ganz sicher?", fragte Adiamus, er konnte, oder wollte
nicht glauben was er da hörte.
"Doch, leider. Wie Thaldur euch schon berichtete, gelang es seinem
Späher nur mit grösster Mühe seinen Häschern zu entkommen. Fast
hätte er mit seinem Leben bezahlt. Ihm gebührt der Dank, das wir nun
wissen was dort durch die Wälder zieht.", Emmerich seufzte betroffen.
"Auch meine Informationsquellen kommen zu ähnlichen Ergebnissen.
Was sich dort durch die Büsche drängt ist eine grosse, ständig
wachsende Armee von Untoten. Zombies, wenn euch der Ausdruck
besser gefällt. Das Problem mit der modernen Zivilisation ist nun mal
der Umstand, dass immer mehr Menschen auf kleinem Raum
zusammenleben. Und wenn Varius in diesen Ballungsräumen zuschlägt,
stehen ihm mit einem Schlag hunderte, oder sogar tausende Opfer zur
Verfügung. Es ist nicht mit seiner kleinen Privatarmee von damals zu
vergleichen.
Das war ein Kindergartenfest im Vergleich zu dem, was dort kommt."
"Was können wir dagegen tun?", man konnte fast die Angst greifen, die
in Alicias Stimme mit schwang.
Claudius wandte sich direkt an sie.
"Kämpfen meine Liebe. Was denkst Du denn? Sie kommen
mittlerweile aus etlichen Dörfern auf uns zu. Alles was die moderne
Welt ihnen entgegen setzen konnte waren...lass mich
überlegen...Nichts?"
"Wie sieht es denn mit Bomben aus, Waldbränden, was weiss ich..."
"Die Zünder würden versagen, bevor sie den Boden erreichen würden
oder zerstören unschuldiges Leben. Waldbrände oder ähnliches würde
sie zwar aufhalten, aber dann würde er sich Neue Opfer suchen und sie
auf uns hetzen. Nein, ich muss Claudius recht geben, wir müssen ihm,
ihnen, entgegen treten. Kontaktiert alle die ihr kennt. Die in der Lage
sind zu kämpfen und gewillt sind für alles einzustehen, was Leben
bedeutet. Hier wird es Enden, so oder so!", beschwor der Werwolf die
Anwesenden.
"Ich habe schon den ein oder anderen Freund, der sich bereits hier im
Ort umschaut. Keine Angst, mein Freund, sie sind friedlich. Noch,
möchte ich behaupten. Sie hassen Dämonen genauso wie wir und haben
mir mit ihrem Leben geschworen, an unserer Seite zu stehen."
Luftlinie, keine fünf Kilometer entfernt, heulten die Pferde unter der
Haube erneut auf.
Varius freute sich bereits auf das, was nun folgte.
Er legte den Gang ein, ging von der Bremse und trat das Gaspedal bis
zum Anschlag durch.
Der Wagen schien sich zu weigern, fast sah es so aus, als ob er sich
aufbäumen wollte. Nur um kurz darauf weissen Rauch in den
Radkästen entstehen zu lassen.
Die Räder drehten durch.
Kurz darauf setzte sich der gewaltige Geländewagen in Bewegung.
Varius durchbrach einen Gartenzaun, pflügte den Vorgarten um und
beschleunigte immer weiter. Auch der Zaun am anderen Ende des
Grundstücks, hinter dem die Festwiese begann, musste weichen.
Der Hummer flog schleudernd auf die Imbisshütte zu, traf sie am
äussersten Ende, riss sie einen Teil mit sich und liess sie, um die eigene
Achse drehend, zurück.
Sein Ziel war das grosse Festzelt dahinter.
Menschen sprangen in Panik davon, andere gerieten unter die grossen
Räder, klebten noch ein kurzes Stück am Kühlergrill, nur um darauf hin
den selben Weg wie ihre Freunde und Bekannte zu gehen.
Die Zeltwand dehnte sich nach innen, bis sie, den Bruchteil einer
Sekunde später, in tausend Fetzen gerissen wurde und dem Druck des
Geländewagens nachgab.
Die Fratze des Dämons grinste immer breiter, während Tische
zerbrachen, Banke umher geschoben wurden und sich die Wagenfarbe
in ein dunkles Rot färbte. Achtlos steuerte er unaufhaltsam auf die
Bühne zu.
Die Menschen in seinem Weg, teilweise schon ein wenig trunken,
wurden gnadenlos niedergewalzt. Bis der Wagen mit den Vorderrädern
auf der Bühne parkte.
Viele standen geschockt da, konnten sich nicht rühren. Waren
fassunglos, über das Bild das sich ihnen bot.
Freunde, Verwandte, geliebte Menschen. Alle mit einem Male aus dem
Leben gerissen.
Die Fahrertür öffnete sich einen Spalt und ein schwarz roter Schleim
troff aus dem Wageninnern. Suchte sich auf unheimliche Art und Weise
den Weg.
Wieder heulte der Motor auf, die Tür fiel ins Schloss und der
blutüberströmte Hummer hoppelte über die Bühne hinweg, durchbrach
die hintere Zeltwand und verschwand in der Nacht.
"Kannst Du es auch fühlen?", die Frage war an John gerichtet.
"Ja, meinst Du er ist es?", antwortete er Adiamus.
"Ich bin mir sicher!"
John schickte seinen Geist auf Reisen. Durchforstete die angrenzenden
Wälder. Konnte spüren, wie der Waldboden unter den Schritten
unzähliger Beine bebte.
Er konnte die Todesangst derer fühlen, die im Ort nebenan knapp dem
Tod entkommen waren, sich nun aber gegen die Untoten erwehren
mussten. Menschen die sie einst kannten und nun nach ihrem Leben
trachteten.
Varius durchstreifte mittlerweile die Strassen von Ransbach.
Sicher steuerte er den riesigen, schwarzen Hummer eine Strasse
hinunter. Ihm folgte die Nacht, denn jedes noch so kleine elektrische
Bauteil versagte seinen Dienst, wenn Varius es so wollte.
Über kleinere Umwege fuhr er zu dem Hotel, in dem John, Adiamus
und Alicia wohnten.
Allerdings kam er nicht all zu weit.
Wie aus dem Nichts schoss ein Feuerball auf den Geländewagen zu. Er
versuchte ihm noch auszuweichen, doch es war zu spät. Mitten auf der
Haube zerplatzte er und Funken stoben in die nächtliche Luft.
Er hinterliess einen tiefen Krater und eine beschädigte
Winschutzscheibe.
Doch die Überraschung liess ihn das Lenkrad verreissen und kräftig
Gas geben. Mit einem kleinen Satz überfuhr er einen Bordstein, schoss
über ein kleines Wiesenstück und durchbrach eine Hauswand, die
seinen Weg endgültig stoppte.
Varius war es egal, mit einer kräftigen Bewegung schleuderte er die Tür
auf und stieg aus.
Er liess seinen Blick schweifen, suchte nach demjenigen, der seinen
Weg auf so absonderliche Weise unterbrochen hatte. Ja, der für die
Schäden an seinem schönen Spielzeug verantwortlich war. Doch
nirgends war auch nur die geringste Bewegung zu sehen.
Ohne noch eine weitere Sekunde zu verschwenden wuchsen seine
Schwingen an, verformte sich sein Gesicht wieder zu der hässlichen
Dämonenfratze, die sich unter dem einst so schönen Gesicht versteckte
und erhob sich in den Abendhimmel.
Die Flammen, die ganz eindeutig magischen Ursprungs waren, waren
längst erloschen, als die beiden Bewohner des Hauses, in der Mitte ihrer
Strasse, selbiges verliessen.
Sie wurden von der Erschütterung und dem unglaublichen Knall
geweckt und vors Haus getrieben.
Fassungslos standen sie vor dem Monstrum, welches sich gerade eben
in die Mauer gebohrt hatte.
„Ups, wo kommt der denn her?“, sagte der eine, etwas Schlankere.
Der Blick des etwas Fülligeren folgte den Spuren in der Wiese und den
Reifenspuren auf dem Asphalt.
„Ich würde mal sagen von da oben. Aber was mich viel mehr
interessieren würde, wie kommt dieses Teil da hin, wo es jetzt steht.
Und warum ist das hier so scheisse dunkel?“
Die Strassenlaternen waren erloschen, nirgends war mehr ein einziger
Lichtschein zu sehen. Kein Fernseher, keine Lampe, die ihren Schein
durch die geschlossenen Rollläden der Nachbarschaft schickte.
Alles um sie herum war….ruhig. Unheimlich ruhig.
„Und was machen wir jetzt? Offensichtlich haben wir ein Problem.“
„Achnee, haben wir das?“, die Stimme des Dickeren klang ein wenig
gereizt. „Da parkt ein Hummer in unserem Haus. Was meinst Du was
meine Freundin dazu sagt, wenn ich es ihr erzähle? Die hält mich dann
für total bekloppt!“
„Denkt sie das nicht sowieso schon von Dir?“
„Arschloch!“ Dieser Ausdruck war offensichtlich nicht ganz ernst
gemeint, denn die beiden begannen zu lachen. Irgendwie war der
Anblick zu komisch gewesen.
„Wo ist eigentlich der Fahrer?“
Die beiden gingen zur Fahrerseite des Wagens, doch nirgends war auch
nur die geringste Spur des Besitzers.
„Wie wäre es, wir rufen erst einmal die Polizei. Sollen die sich damit
rum schlagen, wer denn der Fahrer ist.“
„Kein Problem, ich gehe kurz mein Handy holen.“
Es dauerte auch nicht lange, bis der Dickere wieder zurück war.
„Tja, hat sich was mit telefonieren. Es ist wie verhext, es ist alles tot.
Telefon, Handy, Strom. Es klappt überhaupt nichts mehr.“
(Abgesehen von der Gasleitung, die keines Stromes bedurfte und die
der Erschütterung nachgegeben hatte)
Um sie herum war es noch immer still wie auf einem Friedhof. Nein, es
war schlimmer, denn nicht einmal die normalen Geräusche der Nacht
waren zu hören. Die Grillen waren verstummt und aus den umliegenden
Bäumen und Büschen war nicht der geringste Laut zu hören.
„Was machen wir denn Jetzt?“
„Ich habe zwar gerade erst aufgehört, aber das hier…Hast Du mal eine
Zigarette?“ , fragte der Schlankere.
„Klar doch!“
Die Glimmstengel waren gerade verteilt, das Feuerzeug gezückt, der
Finger an dem kleinen Drehrädchen, welches über den Zündstein
ratschte und ein zuerst entstand ein Funke, dann eine kleine Flamme.
Und in diesem Moment drang der stechende Geruch nach Gas an ihre
Nasen.
Zu einer Reaktion kamen die beiden nicht mehr.
Eine gewaltige Explosion folgte, deren Druckwelle die Beiden über die
Strasse hinweg in die Hecke ihres Nachbarn schleuderte.
Das Fundament des Hauses wurde an der Front auseinander gerissen,
Steine und Glassplitter flogen umher und aus der Nacht wurde Tag. Die
angeschlossene Garage wurde ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen, das
Tor platzte regelrecht auseinander, als die Flammen und der entstehende
Druck sich ausbreiteten.
Schon Sekunden später war es auch schon vorbei.
Zwei Gestalten rappelten sich zusammen, krabbelten ungläubig aus der
Hecke heraus, den Blick auf das ehemalige Wohnhaus gerichtet, dessen
Front in sich zusammengefallen war und aus dessen beiden
Stockwerken und dem Dachstuhl die Flammen schlugen.
„Du Depp hast die Hütte gesprengt!“ , entfuhr es dem Hageren.
„Naja, Du wolltest Eine rauchen!“
Wie gebannt sahen sie auf die andere Strassenseite. Noch immer
fassungslos, über das, was denn dort eben geschehen war.
Der Dickere kratzte sich am Kinn, am Hinterkopf und suchte nach einer
Stelle, die eventuell noch ganz war, doch die Front war zu sehr
beschädigt.
„Mist, vor kurzem geht der Küchentisch in Flammen auf und jetzt das
da!“
„Ähm Dicker, wie willst Du DAS eigentlich Deinem Dad erklären?“
Der Angesprochene sagte nur trocken, „Naja, wenn wir das Teil
komplett herum gedreht bekommen, fällt es ihm sicherlich nicht auf.“
Ein Schlag traf ihn am Oberarm.
„Jetzt hatte ich gerade Linux auf die Server gespielt!“
„Na und? Wen interessiert das? Das komplette Haus ist im kaputt!!!“
„Ja jetzt wo Du es so sagst.“
Ein Schlurfen und Schmatzen drang an ihre Ohren. Der Dickere schaute
zuerst in die Richtung, aus der die Geräusche kamen.
„Heil der Welt, was ist das?“
„Was meinst…“
Den Rest sprach der Schlankere nicht mehr aus, als er dem Blick seines
Freundes folgte.
Aus der Nacht und den Schatten, die sie umgab, schälten sich düstere
Gestalten. Menschen, teilweise nur mit leeren Augen, aber Manche
auch bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Doch die Meisten wiesen
deutliche Kampfspuren auf.
„Was jetzt?“
Sie sahen sich um, suchten nach einem Ausweg.
„Sind wir hier in einem Horrorfilm gelandet?“
Die erste Kreatur streckte schon die Hände nach ihnen aus, Es sah nicht
so aus, als ob sie ihnen guten Tag sagen wollten.
„So was in der Art.“
Unter dem Carport stand noch der Wagen des Dickeren.
Die ersten beiden Monster hatten sie erreicht. Von ihnen ging ein
Geruch aus, der von faulen Fleisch und beginnender Verwesung
herrühren mochte.
Hände griffen nach ihnen. Versuchten sie in ihre Reihen zu zerren.
Doch die Beiden konnten sich den Griffen entziehen und stiessen die
Angreifer statt dessen noch einmal zurück.
„Schnell, hauen wir hier ab!“
Sie erreichten fast gleichzeitig das Auto, sprangen hinein und der
Zündschlüssel wurde herumgedreht….
Doch nichts geschah. Kein Klack, gar nichts.
„Mist, heute geht aber auch alles schief!“
Die sich dahin schleppenden Leiber hatten sie fast erreicht.
„Komm Dicker, wir müssen wohl laufen!“
Gesagt, getan.
Wie von der Terantel gestochen sprangen sie wieder aus dem Wagen
heraus und rannten los.
Was ihnen auffiel, war das nirgends auch nur ein einziges Licht
brannte. Strassenlaternen und selbst die Leuchtreklamen blieben
dunkel.
Und überhaupt war alles irgendwie…ruhig… Kein Anwohner, der
fluchend auf der Strasse stand. Keine Motorengeräusche der nahe
gelegenen Autobahn. Absolute Stille, bis auf ihren eigenen Atem.
Die beiden versuchten die Autobahn zu erreichen, doch auf halben Weg
wurden sie schon der Geräusche gewahr, die sie erst vor kurzen gehört
hatten. Als im Schein des brennenden Hauses diese Monster
aufgetaucht waren.
Die Gestalten, die sich auf sie zu bewegten, konnten sie nur erahnen.
Doch eins war sicher, dies war der falsche Weg.
John riss erschrocken die Augen wieder auf, er konnte nicht glauben,
was er vor seinem inneren Auge gefühlt hatte.
„Es müssen hunderte sein!“ Adiamus sah ihn ernst an: „Ich befürchte,
das reicht nicht! Dieser elende Höllengnom hat sich gut vorbereitet für
seinen großen Auftritt!!“
„Ja, er hat zweifellos dazugelernt“, stimmte Claudius ihm zu.
Alicia flüsterte zaghaft und voller Furcht, denn auch sie hatte eine
Ahnung, was da auf sie zukam, dank Lomasis Geschenk: „Und…was
machen…“
Sie drehten auf dem Absatz um und liefen wieder zurück in die kleine
Siedlung, aber auf anderem Wege als sie gekommen waren. Der
Schweiß lief ihnen in Strömen hinunter, voller Panik liefen sie Meter
um Meter…
„Scheiße, wo kommen die denn her??“, keuchte der Schlankere. Der
Dickere drehte seinen Kopf nach hinten:“Woher soll ich das denn
wissen? Jedenfalls sind sie nicht die Schnellsten.“
„Aber das bügeln sie durch die Masse wieder aus!“
„Wo sollen wir hin?“, Panik ergriff auch die Stimme des Dickeren.
„Keine Ahnung! Nix funktioniert, uns bleibt nur laufen. Also, schwing
die Hufe!“
Weiter kam sie nicht, denn im selben Moment grollte wütendes Gebrüll
durch den Tagungsraum. Adiamus hatte den Kopf in den Nacken
geworfen und ließ die Muskelpakete unter den Kleidern wachsen, die in
der selben Sekunde zerrissen.
Fell quoll durch die Risse und sein mächtiges Gebiss bildete sich in
Sekundenschnelle. Er zückte seine gefährlichen Krallen und seine tiefe
Stimme dröhnte durch den Raum:“Sie sind hier!!“
Claudius ließ die langen Fangzähne aufblitzen und schob seinen Mantel
beiseite. „Na, kommt, meine kleinen Zombies! Papa wartet…“
Sie rannten und rannten, denn es ging um ihr Leben! Und sie hatten
weiß Gott genug Filme gesehen, um zu wissen, was passieren würde,
wenn diese, diese Dinger, sie einholen sollten.
So hetzten sie panisch durch die Siedlung und suchten händeringend
nach einer Idee, wo man sich verstecken konnte. Sie mussten immer
wieder ausweichen und ihren Kurs korrigieren, denn von überall
strömten torkelnd, diese leblosen und geschundenen Körper auf sie zu.
John zog sein Schwert unter seinem Stuhl hervor und auch Thaldur und
Emmerich zückten ihre Waffen und standen angespannt neben ihren
Gefährten.
Nicht weit entfernt hörte man Glas zerbersten und Menschen schrien
auf……
Die erste Welle der leblosen Armee von Varius hatte sich einen Weg zu
dem kleinen Hotel gebahnt und hatte sich durch die Glasfenster an der
Terrasse geschoben. Die ersten die den Essensraum betraten, stolperten
und fielen hin, rissen sich die Haut, die noch intakt war, an den
herumliegenden Glassplitter auf, und wurden von ihren Kumpanen
achtlos niedergetreten. Die Masse schob sich durch den Raum, Richtung
Barbereich. Die ersten Gäste, die durch den Lärm in die Richtung der
Zombies blickten, schrien erschrocken auf und trauten ihren Augen
nicht.
Zeit zum nachdenken oder fliehen blieb ihnen leider nicht, denn die
ersten Untoten hatten sie erreicht und fielen gnadenlos und gierig über
sie her. Verkrümte Finger bohrten sich durstig in Kehlen und rissen sie
auf, erstickten so die entsetzten Schreie.
Faulige Zähne zeigten sich in weit aufgerissenen Mündern und bissen
zu, wo sie auch immer lebendes Fleisch zu fassen kriegen konnten.
Sie richteten ein Blutbad an, von überall spritze der rote Lebenssaft,
Hautfetzen mischten sich darunter, der ein oder andere Körperteil wurde
niedergetrampelt und ein Stöhnen und eintöniges Gestammel erfüllte
den nach Tod stinkenden Raum…
Die frisch Gestorbenen zuckten noch in den Fängen der Untoten, um
gleich darauf selber wieder aufzuerstehen und sich ihren Mördern
anzuschließen.
Die Armee wuchs unaufhörlich…
Claudius und Adiamus stürmten aus dem Tagungsraum und bahnten
sich mit Krallen und Muskelkraft ihren Weg durch die heranströmende
Meute von wandelndem toten Fleisch.
Hinter ihnen schlossen sich Thaldur und Emmerich an, die John und
Alicia in ihrer Mitte hatten. Was John nicht ganz passte, denn er wollte
sein Schwert kreisen lassen.
Max knurrte und bellte und lief beschützend um seine zwei liebsten
Herdenmitglieder herum.
Der Vampir und der Werwolf kämpfen mit Leichtigkeit einen Weg frei,
den sie nehmen konnten, um nach draußen zu gelangen.
Sie metzelten viele der Zombies nieder, doch ihre Zahl war wahrlich
erdrückend.
Thaldur ließ hier und da eine kleine Feuerkugel in seiner Hand
aufleuchten und schleuderte diese auf die angreifenden Zombies.
Emmerich sprach einen Zauberspruch und ließ seinen Stab kurz in die
Höhe gleiten, und eine blaue, wabernde Energiekugel leuchtete um die
kleine Gruppe herum auf und gab ihre Energie in einem Ruck nach
außen ab. Die Zombies, die in unmittelbarer Nähe standen, wurden
nach hinten gerissen und stießen noch etliche hinter ihnen mit um.
Leblose Körper stapelten sich zuckend aufeinander und versuchten,
wieder auf die Beine zu kommen.
Die Gruppe nutzte ihre Chance und suchte schleunigst den Weg nach
draußen.
Vor dem Hotel waren keine Zombies zu sehen, die waren alle im
hinteren Teil des Hotels beschäftigt sich Einlass zu verschaffen, und in
die Etagen zu strömen.
Qualvolle Schreie ertönten aus den Zimmern...
Draußen angekommen, stieß Alicia erleichtert die Luft aus den Lungen
und sah sich um. Torkelnde Körper tasteten sich an den Seiten des
Gebäudes vorbei, Richtung Hinterseite, es konnte aber nicht mehr lange
dauern, bis auch der winzige Verstand der Untoten begriff, daß es auch
eine Vorderseite gab.
„Das war ja ein Kinderspiel“, pfiff der Vampir durch seine langen
Fangzähne. Adiamus schaute ihn grimmig von der Seite an.
„Das war wohl nur ein klitzekleiner Aperitif!“, grummelte Emmerich
und stimmte in den Singsang von Thaldur mit ein, der ihnen die
Heerschaaren ein wenig vom Leib halten sollten.
John schaute sich gehetzt um und fragte:“ Wohin jetzt??“
Adiamus fiel in einen Laufschritt und die anderen folgten ihm. Der
Schutzzauber half ihnen, unbehelligt voran zu kommen. Max setzte sich
mit großen Sprüngen neben seinen großen Artgenossen an die Spitze
des Grüppchen…
Bald bogen sie um die Straßenecke und stießen fast mit zwei rennenden
Gestalten zusammen, die völlig atemlos um die Ecke bogen.
John stieß sein Schwert in die Richtung der beiden und auch Adiamus
ließ die Krallen nach vorne schnellen…
Ein entsetzter, von Ringen nach Luft unterbrochener Schrei, ertönte.
„Stop!“, stieß der Dickere erschöpft aus, „Wir sind normal!“
„Naja, normal würde ich nicht sagen…“, entschlüpfte es dem
Schlankeren, „Aber wir leben noch!“
„Ja, noch!“, der Dickere japste nach Luft.
„Das hätte ins Auge gehen können“, grollte Adiamus, „Reiht Euch ein!“
„Der…der…ich krieg die Krise…der is ja…“, kam nur ein Stottern.
„Jep, der isn Werwolf“, murmelte sein Freund, ohne die Blicke von der
einzigen Frau in der Gruppe abzuwenden.
Da durchschoss ihn in der selben Sekunde, wo er es ausgesprochen
hatte, die Erkenntnis. „Hab ich das gerade gesagt??“, verdutzt schaute
er nach vorne, wo Adiamus in mächtiger Wolfsgestalt mit Max die
Gruppe anführte, dann ließ er wie sein Freund die Blicke rundherum
kreisen. „Wo sind wir denn hier reingeraten?? Filmdreh von Peter
Jackson, oder was??“
Ihre Blicke streiften John mit seinem Schwert, Thaldur in seiner
richtigen Gestalt und Emmerich, der seinen Stab hochhielt und vor sich
hin murmelte…
„Naja, allemal besser, als die Alternative!“, sprach es der Dickere der
beiden laut aus, was sie dachten.
Das ließen die beiden sich nicht zweimal sagen, froh zu sein, noch
anderes Leben außer dem Ihren gefunden zu haben.
So setzte die angewachsene Gruppe ihren Weg fort…
Emmerich teilte in Gedanken Adiamus den Weg mit, denn es gab einen
hochgelegenen Berg, von dem sie sich einen Überblick verschaffen
konnten. Das heißt, wenn sie es bis dahin unbeschadet überstehen
sollten.
„Da habt ihr Recht“, mischte sich Alicia in das Gespräch der beiden
ein. Während sie weiter im schnellen Schritt durch die Siedlung trabten,
gab sie den beiden einen kurzen Einblick in die Situation.
Da momentan alle Zombies wie ferngesteuert auf das Hotel von John
und Co zutorkelten, hatten sie für gewisse Zeit leichtes Vorankommen
und so nahm sie sich die Zeit.
Sie erklärte ihnen, was sie selber über diese Wesen wußte, daß man sich
von ihnen weder verletzen noch beißen lassen sollte.
Dann stellte sie ihnen in schnellen kurzen Worten Adiamus vor, dicht
gefolgt von Claudius, nannte ihnen die Namen des Magisters und des
Zwergenmagiers, vergaß Max nicht und zuletzt zeigte sie auf John und
bedachte diesen für einen Moment mit einem verliebten Glanz in den
Augen.
Erst jetzt schaute sich der Dickere der beiden Neulinge ihren Anführer
etwas genauer an und stupste hektisch den Schlankeren von der Seite
an, der nur Augen für die schöne Alicia hatte.
So durchquerten sie schnellen Schrittes die Siedlung und als sie oben
auf dem Hügel angekommen waren, wo es wieder hinunter in die
Stadtmitte ging, drehten sie sich in alle Richtungen um und hielten die
Augen offen.
Die Siedlung schien wie ausgestorben vor Ihnen zu liegen, es hatten
sich wohl alle ungebetenen Besucher unten am Waldrand bei dem Hotel
versammelt.
Emmerich hörte mit dem Gemurmel auf und sog tief die Luft ein. „Es
stinkt nach Tod und Verderben!“, grollte die tiefe Stimme des
Werwolfs, bei der die beiden neuen Gruppenmitglieder
zusammenzuckten, alle anderen waren mittlerweile daran gewöhnt.
Thaldur zeigte in Richtung Stadtmitte:“Wir müssen wohl oder übel
durch die komplette Stadt, um auf diesen Berg zu kommen.“
Emmerich nickte zustimmend:“Nur leider wird es da nicht so ruhig und
unbehelligt zugehen, wie die letzten paar Minuten!“
„Na Gott sei Dank“, ließ Claudius verlauten, „Mir wurde schon
langweilig! Und unser Wölfchen hat sich ja auch nicht umsonst in
Schale geschmissen, oder?“, sprach es aus und klopfte Adiamus auf die
muskulöse Schulter.
„Mach das nochmal, Du elender Blutsauger, und ich werf Dich den
Zombies zum Fraß vor!!“, fauchte Adiamus zurück.
„Geht das schon wieder los!!“, donnerte Emmerichs Stimme in die
Dunkelheit.
„Los, wir müssen uns beeilen, vielleicht gibt es noch irgendwo
Überlebende. Wir müssen versuchen zu retten, wen wir können, wir
können bald jede Hilfe gebrauchen!“, schaltete sich Thaldur
dazwischen. John drängte ebenfalls zur Eile, denn er konnte spüren, daß
das Böse wieder näher kam.
Sie setzten sich wieder in Bewegung und trabten den Abhang hinunter,
Richtung Stadtmitte. Sie waren mit wachsamen Augen und Ohren
unterwegs und der Schlankere der beiden Freunde griff sich im
Vorbeigehen eine Schaufel, die an einer Hauswand lehnte. Der Dickere
brummte:“Daheim hab ich ne`ganze Waffensammlung. Ähm,
hatte…Aber wenn man mal was braucht!“ Seufzend bückte er sich und
hob einen dickeren Holzbalken auf, der vor einem Garagentor lag.
Jede Waffe konnte Leben retten…
Als sie die Straße hinuntergingen, hatten sie einen guten Blick auf die
Innenstadt. Es war ein beängstigender Anblick. Es war dunkel draußen,
aber die Stadt war nicht erleuchtet, sondern stockfinster. Nirgendwo
brannte Licht, man hörte keinen Autolärm, keine Musik drang aus den
Häusern.
Die einzigen Lichtquellen waren, hier und da, Feuer die brannten. Sie
sahen Rauch an vielen Stellen und hörten, je näher sie an die
Hauptstrasse kamen, Schreie von sterbenden Menschen.
Viele Häuser waren verwüstet, Fenster zerstört, Blut klebte an
Hauswänden und Autos...
Adiamus ging mit Claudius ein paar Schritte voraus, um mögliche
Angreifer auszuschalten.
Sie mussten auch nicht lange warten, bis ein paar der Untoten zu ihnen
stießen. Adiamus fegte gleich drei Angreifern mit mächtigen
Krallenhieben die Köpfe von den Schultern und auch Claudius war
nicht zimperlich, und hatte sichtlich Spaß daran.
Noch! Denn er wußte nicht, was sie noch alles erwarten würde…
Emmerich ließ ein flackerndes rotes Licht erscheinen, welches sich wie
eine Glocke über das Grüppchen stülpte, es war ein Schutzzauber, der
das schlimmste Übel abhalten sollte, zumindest bei denen, die sich
nicht mit so schlagkräftigen Argumenten wie der Wolf und der Vampir
ausdrücken konnten.
Alicia entdeckte ein paar Meter in einer Seitengasse neben einer Kirche
eine Frau, die schreiend vor einem torkelnden Etwas davonlief,
stolperte, und hinfiel. Der Zombie war nicht mehr weit entfernt, aber
Alicia war schneller, spurtete zu der hilflosen Frau und half ihr eiligst
auf die Beine, als eine kleine Feuerkugel an ihr vorbeischoss und den
Zombie in Brand setzte.
Thaldur lächelte ihr zu und nahm die Gerettete ihn Empfang.
Sie schlugen sich einen Weg über die Hauptstrasse und es war ein Weg
des Grauens.
Die Zombies kamen nun von allen Seiten, töteten Menschen, die sich
kurz danach der Armee von Varius anschlossen.
Sie konnten etliche retten, aber oft kamen sie auch zu spät.
Die Stadt war verwüstet. Es roch nach Tod und Verwesung, die
Brandherde nahmen zu und die Armee wuchs und wuchs.
Thaldur schrie: „Scheiße, wir könnten Hilfe……“
Weiter kam er nicht. Ein paar Meter vor ihrem Grüppchen fing die
dunkle Luft an zu wabern und ein Luftzug strömte ihnen entgegen.
Man hörte…ein Wiehern…?
Und es dauerte keine zwei Sekunden, da war ein Huf von einem Pony
zu erkennen, der aus einem Lichtkegel trat und somit von der
Schattenwelt in die reale Welt wechselte. Den Geretteten Menschen und
den beiden ersten Neuzugängen gingen fast die Augen über, als sie vier
ausgewachsene Ponys erblickten, die aus einem warmen Lichtkegel
trabten, und hinter sich her einen großen, aus Holzblanken gezimmerten
Wagen zogen. Auf dessen Bock vorne ein Zwerg hockte, Haledal.
„Wir dachten, ihr könntet im modernen Zeitalter der Technik ein
altmodisches Transportmittel gebrauchen!“, ertönte seine Stimme.
Thaldur stieß vor Erleichterung die Luft aus und nahm freudig zur
Kenntnis, das noch ein zweiter großer Wagen aus der Schattenwelt
wechselte, ebenfalls von Ponys gezogen, und von einem Zwerg gelenkt.
Er half den Geretteten und geschwächten Menschen auf die Wagen, die
von Fackeln erhellt wurden, sie hätten nie den langen Weg zum
angestrebten Berg geschafft, schon gar nicht unter solchen Umständen.
Während hinter dem zweiten Wagen noch weitere Ponys und auch ein
paar Esel aus dem Licht trabten, hielten Adiamus und Claudius mit
Unterstützung von Emmerich, die ranschlurfenden Zombies in Schach.
Es hatten sich auch ein paar von Claudius` Freunden zu ihnen gesellt,
die schon etwas länger in der Stadt waren und ihnen Bericht erstatteten,
während sie kämpften.
Sie berichteten, daß noch mehr Vampire in der Stadt unterwegs seien,
und sich vom anderen Ende auf sie zubewegten.
Alicia hielt sich an der Mähne eines Ponys fest und schwang sich
elegant auf dessen Rücken. Der Dickere machte es ihr nach, mehr oder
weniger elegant. Der Schlankere musste sich leider mit einem Esel
zufrieden geben und zog sich ächzend auf dessen Rücken.
John zog es vor, zu Fuß zu bleiben, so war er beweglicher und er
bildete mit Adiamus und Claudius die Spitze der Gruppe. Max war
dicht neben ihm, er hatte von seinem großen, haarigen Artgenossen
einen wichtigen Auftrag erhalten: „Paß auf John auf!!!!“
Und das tat er!
Die Wagen waren in der Mitte der Gruppe und am Ende waren Thaldur
und Emmerich, der immer noch den Schutzzauber aufrecht erhielt.
Thaldur feuerte seine Feuerkugeln auf näher kommende Untote und
auch der ein oder andere Gegenstand, wie Ziegelsteine, Mauerstücke
oder zerborstenes Glas wurde auf die Zombies mittels Magie
niedergeschleudert.
Der Wolf und der Vampir befanden sich vorne in einem regelrechten
Blutrausch. Sie metzelten unzählige der Zombies nieder, Claudius und
seine Freunde immer darauf bedacht, nicht das Blut dieser Kreaturen
zwischen die Zähne zu kriegen.
Auch John konnte zeigen, was er in der kurzen Zeit seiner Ausbildung
gelernt hatte, und schickte etliche der Untoten endgültig in das
Totenreich.
Auch der Schlankere und der Dickere, die neben den Wagen trabten und
versuchten, auf den wackligen Vierbeinern die Balance zu halten,
machten sich nützlich. Ein Zombie kam überraschend schnell aus der
Dunkelheit, hielt sich am Wagen fest und wollte sich hochziehen, um
ins Innere vorzustoßen, als der Dickere ihm eins mit dem Holzbalken
überzog und der Schlankere mit der Schaufel zustieß. Die zerrissenen
Hände, an denen Hautfetzen runterhingen, ließen ab vom Wagen und
der Untote fiel auf den harten Beton, wo ihn die Wagenräder
überrollten. Übrig blieb von ihm nur ein roter blutiger Klumpen...Die
beiden Freunde klatschten ab und spähten angespannt in die umliegende
Dunkelheit.
Die Armee wuchs und wuchs und keuchend stieß John hervor:“ Ich
kann etwas spüren! So alt, böse und unglaublich mächtig! Die Präsens
ist unheimlich stark! Ist er das??“
„Ja!“, grollte Adiamus zwischen zwei Hieben, die Zombies
enthaupteten und die Köpfe zur Seite rollen ließen, „Varius! Er ist hier!
Und beobachtet seine Schäfchen!“
„Meine Freunde haben berichtet, oben am Fuße des Berges sei die Lage
etwas entspannter. Fragt sich nur, wie lange noch. Wir müssen es zügig
bis dorthin schaffen. Er will uns schwächen, nur ich fürchte, bald wird
er des Spiels übertrüssig werden und….“, er unterbrach kurz, wendete
sich einem Zombie zu, brach dessen Rückrat inzwei und warf ihn
achtlos zur Seite,“dann wird er sich mit geballter Kraft auf uns
stürzen!“, brachte Claudius den Satz zu Ende.
Emmerich unterbrach das Gemurmel, gab Thaldur ein Zeichen und sie
schlossen ihre Magie zusammen, und schrieen einen kurzen
Zauberspruch.
Es formte sich wieder eine blaue Energiekugel, diesmal nur viel größer
und sie donnerte mit unglaublicher Kraft nach außen, daß in etlicher
Entfernung sämtliche Untote in Asche verwandelt wurden.
Das verschaffte ihnen etwas Luft und sie kamen zügiger voran…
Ja, sie hatten nicht mehr viel Zeit!
Varius wollte an die Macht, und er hatte nicht vor, noch lange zu
warten!!
Der Tross bewegte sich zügig vorwärts, aber es dauerte nicht lange, bis
die Zombies wieder näher an sie heran kamen und somit die erlittenen
Verluste der Energiekugel ausgeglichen hatten.
Adiamus, Claudius und dessen Vampirfreunde, kämpften unermüdlich
den Weg frei, sie beschritten die Hauptstrasse, die mittlerweile einen
Berg hinaufführte.
Die Spitzentruppe hatte die meiste Arbeit, denn rechts, links und hinter
den mit Überlebenden beladenen Wagen hielten die Zauberkräfte von
Thaldur und Emmerich die untote Meute soweit es ging ab.
Der ein oder andere Soldat Varius` gelang es hin und wieder doch sich
zu nähern, aber konnte ausgeschaltet werden, bevor er Schaden
anrichten konnte.
Somit hatte Alicia etwas Zeit, sich umzusehen. Die Stadt glich einem
Trümmerfeld. Eine in Dunkelheit getauchte Stadt hatte etwas
unheimliches, etwas unwirkliches und bedrohliches. Häuser waren
beschädigt, Autos demoliert, Brandherde und Rauchschwaden überall.
Man konnte das Blut förmlich riechen, das verdeckt im Schutze der
Dunkelheit überall klebte.
Und mittlerweile ertönte nirgendwo mehr ein Schrei eines Menschen,
der kurz vor dem Tode stand.
Die Armee des Dämons hatte wohl ganze Arbeit geleistet und war über
diese Stadt gekommen wie ein Schwarm hungriger Heuschrecken.
Die Menschen waren ausgelöscht, bis auf die, die bei den Zwergen in
den Wagen saßen.
Varius hatte ganze Arbeit geleistet, seine Armee zog von Dorf zu Dorf
und von Stadt zu Stadt und rekrutierte neue Untertanen. Ihre Zahl war
unschätzbar.
Und so genau wollte sie es eigentlich auch gar nicht wissen...
Sie schloss die Augen vor diesem Elend und war entmutigt. Wie sollten
sie diese Überzahl nur besiegen...???
Es kam wie ein Blitzschlag über sie! Es raubte ihr die Luft, die Vision
die sie hatte brannte sich in ihr Gehirn ein und war so unglaublich real
vor ihrem inneren Auge.
Zur selben Sekunde brach vorne in der Spitzentruppe John in sich
zusammen. Er kam nicht einmal dazu, einen Schrei auszustoßen, als
ihm ein ohrenbetäubendes Kreischen fast das Trommelfell zum platzen
brachte. Er ließ das Schwert fallen und fasste sich mit beiden Händen an
den Kopf. Mit schmerzverzerrtem Gesicht kniete er auf der Strasse.
Adiamus sah in den Augenwinkeln was mit seinem Schützling war und
seine Stimme dröhnte:"John!! Was ist los??", er war noch nicht einmal
außer Atem, trotz des lang anhaltenen Kämpfens gegen die Untoten.
Claudius schaute für Sekundenbruchteile zu John, wandte sich dann
aber wieder den Gegnern zu, die aber plötzlich zurückwichen. Claudius
staunte, als die Menge sich von ihnen entfernte und er sich die
blutverschmierten Hände an seinem Ledermantel abwischte.
Er schaute sich um, seine Freunde der Nacht waren ebenfalls überrascht
über diese Wendung und spähten in die Dunkelheit, in der sie
hervorragend sehen konnten.
Adiamus ließ die Krallen sinken und drehte sich zu seinem Schützling
um, der immer noch auf dem Boden kauerte und sich den Kopf hielt.
Fragend schaute er zu Emmerich, der das Murmeln ausgesetzt hatte und
die Schultern hob.
Thaldur brüllte von hinten:"Alicia geht es ähnlich! Ich glaube, sie
haben eine...", weiter kam der Zwerg nicht, denn plötzlich fing die
Dunkelheit vor der Gruppe an zu flimmern.
Nebelschwaden zogen über den Boden und wie aus dem Nichts floss
eine heiße, pechschwarze, zähflüssige Masse aus einer kleinen Öffnung,
die 3 Meter über dem Boden in der Luft anwuchs. Das Loch wurde
größer und größer...
Die Karawane hatte mittlerweile angehalten, die Ponys schnaubten
ungeduldig und scharrten mit den Hufen. Unruhig gingen ihre Köpfe
hoch und runter, und sie tänzelten umher, daß das Ledergeschirr
knarzte.
Alle Augen richteten sich auf das anwachsende Loch in der Dunkelheit
vor Ihnen. Alicia hatte die Augen wieder geöffnet und sah verstört
Thaldur an, der sie besorgt anblickte.
"Ich...es war...eine Version...so unglaublich real...er...war...er war
hier!!", stotterte sie.
Bevor Thaldur weiter fragen konnte kam aus dem Loch ein
ohrenbetäubendes Kreischen und die Luft riss auf und mächtige
schwarze, lederne Schwingen breiteten sich aus und eine monströse
Gestalt erhob sich.
Es war der Dämon, der sich seinen Widersachern in ganzer
furchterregender Gestalt präsentierte. Die Fratze grinste hämisch auf sie
herunter und er stand gebieterisch vor ihnen.
John war wieder auf den Beinen, wurde von Adiamus gestützt und Max
fletschte die Zähne und seine Muskeln spannten sich unter dem
weichen Fell.
Beschützend stellten sich Claudius und seine Freunde vor das Trio und
beobachteten ihren Gegner genau, der ein lautes dämonisches Lachen
von sich gab:"Ihr könnt ihn nicht vor mir beschützen!!"
Die Stimme dröhnte so laut, daß es in den Ohren schmerzte. Varius
zeigte mit seinem knochigen langen Finger auf John:"Ich werde Dich
sowieso bekommen! Du wirst an meiner Seite gegen Deine ehemaligen
Freunde kämpfen!!"
"Niemals!", versuchte John zu schreien, bekam aber nur ein Flüstern
zustande.
"Du elende Saat der Hölle!", Adiamus ließ ein wütendes Knurren
ertönen, zückte seine Krallen, spannte seine Muskeln, wechselte einen
kurzen Blick mit Claudius und in selbiger Sekunde preschten beide vor,
bereit sich auf den Dämon zu stürzen und das Ganze hier und jetzt zu
Ende zu bringen.
Doch als sie sekundenbruchteile später ihre Krallen in das faulige
Fleisch des Dämons graben wollten, löste sich dieser in Luft auf und
war verschwunden. Nur ein grauenvolles Lachen war noch zu hören,
welches in ihren Ohren verklang.
Selbst das Loch in der Dunkelheit war verschwunden, nur der Nebel
und die zähflüssige Masse waren geblieben.
Der Wolf und der Vampir drehten sich zu Emmerich um und Adiamus
brüllte vor Wut in die Dunkelheit.
"Dies war er nicht wirklich, es war vermutlich eine Projektion!", sprach
der Magister grübelnd aus. "Er wartet noch auf etwas! Irgendwas muß
ihm noch fehlen, zur Übermacht, sonst hätte er uns locker angreifen
können!"
Thaldur mischte sich ein:" Er wollte uns nur noch einmal den
Stinkefinger zeigen, bevor er über uns herfällt!"
Ein Vampir aus Claudius Clan sagte leise:"Wir sollten auf John
aufpassen!"
John schüttelte sich den Klang des Lachens aus den Ohren und stand
mit erhobenem Schwert da. Er ließ den Blick zu Alicia schweifen, die
ihm mit den Augen signalisierte, daß alles wieder ok war...
Soweit man das in der gegenwärtigen Situation sagen konnte.
Zu mehr Vermutungen kamen sie auch nicht, denn die
zurückgezogenen Zombies kamen wieder auf sie zu und die Gruppe
setzte ihren blutigen Weg fort, Richtung Bergkamm, wo sie ihre
Recourcen bündeln wollten um sich dem Dämon zu stellen.
Sie hatten die Stadtgrenze fast erreicht, als die unkontrollierten Angriffe
der Zombies langsam abebbten.
John befürchtete, dass sich der Dämon ihnen wieder zeigen würde, aber
die Schmerzen blieben aus.
Stattdessen überquerten vereinzelte Horden die Strasse hinter ihnen,
beachteten sie überhaupt nicht, denn Irgendetwas schien sie in den
Ortskern zu locken.
Etwas, oder besser jemand...
Ja, sie schienen die Gruppe sogar zu ignorieren.
Von links näherte sich ein Lichtschein.
Fackeln wurden geschwenkt, hielten die Untoten auf Distanz.
Claudius und Adiamus gingen unverminderter Sache weiter, fast als ob
es sie nicht weiter störte.
Aus eine kleinen Seitenstrasse traten ihnen drei Gestalten in den Weg.
Ihnen folgte ebenfals ein Tross aus Flüchtlingen, deren Anzahl der
Ihren zu gleichen schien.
Die mittlere Gestalt trat vor, blieb vor dem Vampir und dem Wolf
stehen und senkte den Kopf zum Gruss.
"Ehrwürdiger Claudius, wie ihr befohlen habt, haben wir uns in der
Stadt aufgehalten, Augen und Ohren weit aufgehalten und haben dem
Wind gelauscht, der von weit her die Kunde über die herannahenden
Krieger berichtete. Als die Aasfresser über die Stadt her fielen, durch
die Strassen und Behausungen der Menschen zogen, haben wir so viele
gerettet, wie wir nur konnten. Doch leider sind auch viele Verletzte
unter ihnen. Ältere und Kinder."
"Hadi Salaama Bahiim Albaraq, mein Freund, es tut gut euch und euer
Gefolge zu sehen. Es freut mich, dass ihr es bis hier her geschafft habt,
reiht euch ein, bringt die Verwundeten und die Kinder zu den Wagen."
Ein verwunderter Blick des Werwolfes blieb Claudius nicht verborgen.
Denn Eein Vampir, der sich um Menschen, Verwundete und Kinder
sorgte... Das passte garnicht zu dem Bild, was er sich im laufe der Jahre
von dem Blutsauger gemacht hatte.
"Dies hier ist übrigens Adiamus, ein alter Fr... Bekannter.", Claudius
war schlau genug gewesen, seine üblichen Bemerkungen herunter zu
schlucken.
" Is salaamu aleikum, Ehrwürdiger Lupus. Euer Ruhm eilte sogar in
mein Land. Die Wüste erzählt von einem mächtigen, tapferen Wolf, der
seit Anbeginn der Zeit auf Erden wandelt. Der sowohl Stark als auch
Weise ist. Der den heidnischen Göttern trotzte. Es ist mir eine Ehre, an
eurer Seite zu kämpfen!"
An seine Begleiter gewand deutete er auf die Wagen und die
Verwundeten. "Yalla!"
Adiamus hingegen war erstaunt, wie gewählt der Vampir sich
ausdrückte. Wie viel er von ihm wusste. Der Mann in den weiten
Gewändern und dem ebenholzfarbenen Gesicht. Er trug an seiner linken
einen grossen Scimitar, einen reich verzierten Krummsäbel und an
seinem Bauch prangte ein, nicht weniger reich verzierter Handschar, ein
Dolch.
"Vielen Dank! Auch mich freut es, euch an unserer Seite zu wiss..."
Er konnte den Satz nicht beenden, denn sein Gegenüber zog seinen
Dolch, tat so als schleuderte er ihn, doch nur die Klinge verliess seine
Hand, den Griff hielt er noch immer fest.
Wie ein Bumerang flog die Klinge auf Thaldur zu, machte einen
kleinen Bogen um ihn und trennte einem Untoten den Kopf vom
Rumpf, der dem Zwergenmagier zu nahe kam.
Nahezu geräuschlos flog sie zu ihrem Gebieter zurück. Dieser fing die
Klinge mit seiner Linken. Blut quoll aus seiner Faust, aber der Umstand
schien ihn nicht zu interessieren. Er steckte die Klinge wieder auf den
Schaft, bis ein hörbares "Klick" erklang und er seinen Dolch wieder
einsteckte.
"Asif.", er räusperte sich, "Entschuldigung, aber ich dachte das Wesen
wollte ihm etwas zu Leide tun."
Adiamus blickte zurück zu Thaldur, der merklich die Luft zwischen den
Zähnen einzog, aber trotzdem dankend den Kopf neigte.
Die Wagen waren beladen, auch der Esel und die Ponys wechselten die
Besitzer und wurden von dem Dickeren und dem Schlankeren geführt.
Diese wurden auch mit kurzen Katanern ausgestattet, die ihnen Hadi`s
Begleiter bereitwillig, mit einem mitleidigen Blick, überliessen.
"Das ist schon besser." , grinste der Dickere.
"Allemal besser als Dein Brett von eben!" , witzelte der Schlankere.
Jeder Mann, der in der Lage war, eine Waffe zu halten, erhielt etwas,
auch wenn es nur eine Eisenstange war. Hauptsache sie konnten sich
und die Wagen verteidigen.
Es erinnerte ein wenig an die Wagen, die sich in früheren Zeiten durch
die Prärien und Täler des wilden Westens schoben. Nur das ihre Gegner
ihnen wirklich feindlich gesonnen waren.
Sie setzten sich wieder in Bewegung. Die Überlebenden der Stadt
zogen mit ihren Beschützern weiter. Ihr Weg führte über eine
Autobahnbrücke. Im Dunkel der Nacht konnten sie nur verschwommen
sehen, wie sich zuckende, dahinschleichende Leiber über den Asphalt
schleppten, alle auf dem Weg in die Stadt, welche die Gruppe
mittlerweile hinter sich gelassen hatte.
Dort wo hoffentlich nicht ihre kürzlich ermordeten Eltern wieder
aufstanden und ihnen nach dem Leben trachteten.
Zur Verwunderung aller Anwesenden erreichten sie den Waldweg, der
sie zu dem Gipfel des kleinen Berges führen sollte, ohne weitere
Angriffe. Er war umgeben von dichten Tannenwäldern. Erhellt durch
die Fackeln der Neuankömmlinge und dem Schein des Mondes, in der
wolkenfreien Nacht, schritten sie den mühsamen Weg hinauf.
Andere hingegen schauten neugierig die Kreaturen an, die sie
begleiteten.
Noch nie sahen ihre Augen einen Werwolf. Vielleicht einmal im Film,
auf einem Poster, aber noch nie in Wirklichkeit. Ebenso erging es ihnen
bei dem Anblick der Vampire, oder der anwesenden Zwerge.
Alles schien eine wahr gewordene Geschichte zu sein.
Nicht all zu weit entfernt erklangen Kampfgeräusche. Mächtige Krallen
die sich durch Fleisch und Knochen arbeiteten. Doch auch diese
verebbten schnell und das Trampeln von Füssen und Tatzen, das
Zerbrechen von Ästen kam rasch näher.
Aus der Dunkelheit schälten sich Schatten. Doch John spürte schon, wer
sich ihnen dort näherte. Ein Rudel Werwölfe.
In ihrer Mitte befanden sich auch Bewohner des Städtchens. Sie waren
nicht ganz so schlimm verwundet, auch wenn sie hier und da den ein
oder anderen Kratzer aufwiesen.
Anscheinend waren sie früh genug aus der Stadt entkommen, bevor die
Horden in ihrer Überzahl über sie herfallen konnten.
Auch sie waren teilweise bewaffnet, mit dem was sie unterwegs finden
konnten. Stöcke, Stangen, Messer... Alles was ihnen irgendwie helfen
konnte, zu überleben.
Mit einem Kopfnicken, den Anführern gegenüber, reichten sie sich ein.
Kein Wort wurde gewechselt.
Alles war irgendwie...ruhig...gedrückt...
Nur gegenüber den anwesenden Kindern versuchten die Älteren eine
Stimmung zu erzeugen, die ihnen die letzten Stunden ein wenig in
Vergessenheit drängen sollten.
Vereinzelt fielen sie in einen unruhigen Schlaf, denn die vor sich hin
rollenden, schaukelnden, Wagen schickten sie auf den Weg in die
Träume.
Um sie herum war alles still, als sie das steilste Stück erklommen. Die
Wagen polterten über den teilweise unbefestigten Weg hinweg. Müde
Beine setzten einen Schritt vor den Anderen, doch kein Geräusch der
acht drang an ihr Ohr.
Das Zirpen von Grillen, die nächtlichen Rufe der Eulen.
Der Wald war wie ausgestorben.
Nur die Geräusche, die sie selbst erzeugten, klangen in der Dunkelheit.
John hoffte nur, das ihren Anführern noch etwas einfallen würde.
Sie hoffentlich Vorkehrungen getroffen hatten.
Ihnen noch ein wenig Unterstützung zukommen würde.
Denn die wenigen, mächtigen, Verteidiger der Gruppe würden einem
Angriff dieser gewaltigen, untoten, Armee nicht ewig standhalten
können.
Er sah Max zu, wie dieser unermütlich von Wagen zu Wagen lief, sich
hier und da ein paar Streicheleinheiten abholte und zum nächsten
trottete.
Alicia, die den ganzen Weg schweigend an seiner Seite verbrachte sah
dem Schäferhund aufmerksam zu.
"An was denkst Du?"
Alicia schreckte ein wenig zusammen, als Johns Stimme die Ruhe
durchbrach.
"Das kann ich Dir nicht einmal genau sagen." , antwortete sie ihm
wahrheitsgemäss.
Es war wirklich so.
Den ganzen Weg hindurch war ihr Kopf wie leer gefegt.
Auch jetzt, wo sie ein wenig zur Ruhe kamen, schien sie keinen klaren
Gedanken fassen zu können.
"Wir schaffen das schon!" , flüsterte John ihr leise, aufbauend, zu.
Er nahm sie in den Arm, drückte sie fest an sich und gab ihr einen Kuss.
Sie seufzte tief, sah ihm tief in die Augen. Zumindest versuchte sie es,
so gut es in der von Fackeln erhellten Nacht ging.
"Ich hoffe es..."
Sie kamen auf dem Gipfel des kleinen Berges an.
Der Turm, der dort schon seit vielen Jahen den Naturgewalten trotzte,
war zu einem Schutthaufen geworden.
Die Hütte, welche seit etlichen Jahren Besucher zum verweilen einlud,
war nur noch ein paar durcheinander liegende Stämme, wo hier und dort
noch ein kleines Feuer brannte.
"Du bist Dir sicher, das wir hier her kommen sollten?", fragte Adiamus
den Magier.
"Genau das. Von hier aus haben wir den besten Blick über das weite
Umfeld. "
Alicia versuchte etwas in der Ferne zu erkennen, aber bis auf ein paar
Feuer, die in der Stadt brannten, erkannte sie...Nichts.
Blitze zuckten.
Hier und da erschienen Lichtpunkte, die an Grösse zu nahmen und
Portale bildeten.
Weitere Magier traten aus ihnen heraus, gefolgt von Wesen, die
eindeutig zur Gattung der Vampire gehörten. Ihnen folgten ein paar
Verängstigte Menschen.
Kleinere Lagerfeuer wurden entzündet, um ihnen Trost und Wärme zu
schenken, während die Anführer, unter ihnen Adiamus, Claudius,
Emmerich, John und Alicia befanden. Max tollte mit ein paar Kindern
herum, verfolgt von einem kleinen, pelzigen, Etwas mit buschigen
Schwanz.
Thaldur und Halledahl verabschiedeten sich vorübergehend und
verschwanden kurz darauf in einem Portal.
Die Anzahl der Verteidiger nahm stetig zu, doch was sollte die Gruppe
der Menschen ihnen helfen, falls es zum Kampf kommt, überlegte John.
Auch der grosse Werwolf legte die Stirn unter dem Fell in Falten,
offensichtlich ging ihm ein ähnlicher Gedanke durch den Kopf.
John blickte sich um.
Aus den Portalen schlüpften ein paar Zauberer in ihre Welt und
versammelten sich gleich um Emmerich. Sie hatten eine große Aufgabe
vorzubereiten. Es waren schon einige Vampire anwesend, um ihnen im
Kampf beizustehen, es sollten auch noch mehr hinzustoßen, Claudius
hatte zusammengetrommelt, was die Clans hergaben. Aber diese Wesen
konnten nur in dem Schutz der Dunkelheit für sie kämpfen, sobald der
Tag heran brach, was nicht mehr allzu lange dauern sollte, würden sie
sich zurückziehen müssen.
Um dies zu verhindern, arbeiteten die versammelten Magier an einem
Schutzzauber, der diese Wesen vor der Sonne schützen sollte.
"Die Leute müssen hier weg! Nur wohin?", sprach er mehr oder
weniger zu sich selbst.
Adiamus trat neben ihn, "Darum kümmern wir uns später. Wir müssen
erst wichtige Vorbereitungen treffen, damit wir gewappnet sind, wenn
hier die Hölle losbricht!"
Gewappnet? Sollte das ein Scherz sein?
Diese Gedanken sausten durch seinen Kopf, bevor eine Stimme darin zu
ihm sprach:" Keine Sorge! Unterstützung ist unterwegs!" John zuckte
leicht zusammen, er hatte sich noch nicht daran gewöhnt, daß jemand in
seinem Kopf sprach.
Adiamus grinste breit, dann drehte er sich um und ging zu einer Horde
Werwölfe hinüber, um ihnen Anweisungen zu geben.
John sah dem mächtigen Wolf nach, der eindrucksvoll vor den anderen
Wölfen stand und sie auch um einiges an Größe überragte.
Sein schwarz-silbriges Fell glänzte im hellen Mondlicht.
Ja, er war zweifellos der Anführer der Wölfe, und John war froh, ihn
auf seiner Seite zu wissen.
So standen sie nun auf der Erhebung über der Stadt, die ihnen allen
einstmals Schutz bot.
Das Eintreffen des Dämons hatte das Stadtbild für immer verändert. Um
1000 n.Chr., das erste mal geschichtlich erwähnt, schlossen sich in den
Siebzigern dieses Jahrhunderts zwei Dörfer zusammen und gründeten
somit die Stadt. Zeitgleich wurde auch zwischen den Wesen, die sich
hier aufhielten, ein Pakt geschlossen, dass dies hier ein Ort der
Zusammenkunft wäre. An dem keinerlei übernatürliche Kräfte wirken
durften, geschweige denn jemand durch ein höheres Wesen zu schaden
kommen durfte.
All die Jahre hielt sich die Mehrheit daran und Diejenigen, die meinten
sich nicht daran halten zu müssen, wurden hart bestraft. Die meisten
davon bezahlten ihren Frevel mit dem Leben.
Doch was dort durch die Strassen zog war schlimmer als alles, was die
alten Häuser und Strassen bisher zu sehen bekommen hatten.
Die kurzen Erdstösse, die dafür gesorgt hatten, das die wandelnden
Toten aus ihren Gräbern befreit wurden, veränderten die umliegenden
Dörfer und die Strassenzüge für immer.
Das Städtchen, welches in den letzten Jahren immer mehr ausgebaut
wurde, glich nun einer Geisterstadt in Flammen und Trümmern.
Verängstigte Menschen liefen noch umher, suchten noch immer nach
Hinterbliebenen. Doch diese Suche wurde rasch durch das, über sie
hereinfallende, Heer der Untoten beendet.
John und Alicia hatten die anderen noch gebeten ihnen zu helfen, aber
irgendwann mussten auch sie einsehen, dass dies nun mehr unmöglich
war.
Von dem Aussichtspunkt, hoch über der Stadt konnten sie nur erahnen,
John es sogar spüren, wie Menschen grausam starben, nur um Minuten
später wieder in einer anderen Form „Leben“ eingehaucht zu
bekommen. Von hier oben sah die Stadt, erhellt von den Feuern in den
Häuserruinen, aus wie ein Ameisenbau, in dessen Gassengewirr sich
unzählige Körper und Leiber bewegten.
Varius zog mit einer wahren Streitmacht gegen sie in den Krieg, wie
selbst Claudius oder Adiamus sie selten erblickt hatten. In ihrem langen
Leben sahen ihre Augen schon so manchen Krieg, aber einen solchen
Aufmarsch gegenüber zu stehen, versetzte auch ihnen ein kribbeln im
Nacken.
Zugegeben, sonderlich intelligent waren diese wandelnden Toten nicht,
aber dafür machte ihre Anzahl dieses Manko wieder wett. Dazu stieg
ihre Anzahl mit jedem frisch gestorbenen an.
Der Morgen graute bereits und die anwesenden Magier hatten ihre
Vorbereitungen abgeschlossen, eine Art Schutzhaube über die
Umgebung zu legen, damit auch die Vampire ihren Beitrag zur Rettung
der Anwesenden und dem Kampf gegen die wandelnden Leichen
leisten konnten.
Diese standen ihnen wohl nur aus einem Grund zur Seite, sollte diese
Armee wirklich sie alle überrennen, sich weiter ausbreiten, so waren
ihre Nahrungsgrundlagen in Gefahr. Aber nicht nur das, ihre weltliche
Macht würde zusammenbrechen wie ein Kartenhaus.
Was immer Varius im Schilde führte, er musste um jeden Preis
aufgehalten werden.
sprangen nicht mehr an, Hilferufe über das Telefonnetz abzusetzen war
auch nicht mehr möglich, da jedes elektrische Bauteil auf merkwürdige
Weise zerstört wurde.
Fahrzeuge, die von außerhalb in die Stadt kamen, streikten plötzlich
und ihre Insassen stellten, über kurz oder lang, den Untoten nur noch
weitere Verbündete zur Verfügung.
Die Werwölfe waren noch damit beschäftigt, einen Grossteil des
umliegenden Waldes zu fällen, um das Gelände übersichtlicher zu
gestalten. Mit wenigen hieben ihrer mächtigen Pranken fielen auch die
letzten Bäume ihnen zum Opfer und bildeten eine natürliche Barriere.
Mit ihrer Arbeit durchaus zufrieden kehrten sie zu den anderen zurück.
Die zwei dutzend Magier, die sich aus verschiedensten Kulturen
zusammensetzten, standen im gewissen Abstand um diese Gruppe
herum.
Den äussersten Kreis bildeten Werwölfe und Vampire gleichermaßen.
Dicht an dicht standen sie da. Auch Claudius, Adiamus, Emmerich,
John, Alicia und Max.
Durch eine Art Portal kamen nach und nach noch Verstärkung hinzu.
Der Ruf den Adiamus ausgerufen hatte, war keine Bitte gewesen. Nein,
es war ein Befehl, dem sich die Werwölfe der Umgebung beugten.
Zu Alt und Mächtig war er, denn er stammte aus einer Zeit als die
Wölfe noch ein grosses Rudel waren. Schon damals bekleidete er einen
hohen Rang unter diesen Wesen, die wussten, dass Widerspruch keine
Antwort war.
Doch im direkten Vergleich zu dem Heer, welches sich dort vor ihnen
im Tal gruppierte war ihre Anzahl gering.
Vampire, die ganz offensichtlich aus dem nahen Osten kamen,
bedeckten einen Teil des Weges mit Pfützen aus Blut. Sie schienen es
aus zu würgen und es ergoss sich in Strömen auf dem Boden. Äste, die
eben noch frisch geschlagen wurden, lagen nun in einer Art brodelnden
Säure aus verwunschenem Blut.
Die Schwächsten, die ehemaligen Bewohner des Städtchens, bildeten
einen Kreis in der Mitte des Platzes. Es waren nur noch Wenige übrig
geblieben, denn von den einstmals mehreren Tausend Einwohnern
standen noch wenige hundert da. Viele unter ihnen waren Kinder und
Frauen, aber auch Verletzte, die Hilfe benötigten.
John und Alicia kümmerten sich hingebungs voll um sie, während Max
noch immer bemüht war, den Kindern ein wenig Spass zu bereiten, in
diesen schweren Zeiten. Leider konnten sie nicht alle retten, aber
wenigstens einem Teil der Einwohner.
Die wenigen Männer und Jugendlichen waren auch keine grosse Hilfe,
wenn das Unheil über sie hereinbrechen würde.
Einige der Anwohner hatten noch versucht zu fliehen, doch Autos
„Tja, mein alter Freund. Hier stehen wir wieder. Seite an Seite. Es ist
wieder wie damals…“, begann Claudius.
„Lass das mit dem „mein Freund“ getue. Ja, es ist wieder wie damals.
Bloss mit dem Unterschied, das ich ihn diesmal nicht ausliefere!“,
antwortete Adiamus.
Johns und Alicicas Augen wanderten zu den beiden Anführern,
“Ausliefern? Wen?“.
„John! Was meinst Du denn, mein Kind, warum dieses ganze
Schauspiel stattfindet?“
In Johns Hals begann sich ein Klos zu formen.„Deiner Aussage nach
seid ihr schon mal in einer ähnlichen Situation gewesen. Was ist denn
dort passiert?“, er hatte die Worte gerade ausgesprochen, als ihm die
bisherigen Andeutungen über ihr letztes Zusammentreffen mit dem
Dämon in den Sinn kamen, so glaubte die Antwort zu kennen.
„Vor langer Zeit standen wir ähnlich wie hier zusammen. Damals war
der „Auserwählte“ noch fast ein Kind gewesen, in meinen Augen
gesehen. Er war noch keine zwanzig, als es sich ereignete. Nachdem die
Untoten die letzte Bastion der Menschen zu überrennen schienen,
opferte er sich und ging, aus mehr oder weniger freien Stücken, mit
Varius in die Schattenwelt. Vermutlicht labte er sich über Jahrhunderte
an seiner Kraft.“, erzählte der Vampir.
„Oh.“, entfuhr es John, der Klos hatte mittlerweile eine stattliche Grösse
erreicht und er blickte ein wenig traurig zu Alicia.
Dies alles hier geschah also nur wegen ihm! All die Zerstörung und das
Leid, nur wegen ihm?
Deprimiert und voller Schuldgedanken senkte er seinen Kopf. Das war
wohl der vermeintliche Sieg den sie damals errungen hatten, als seine
Mitstreiter das letzte Mal auf den Dämon trafen, den „Auserwählten“
auszuliefern.
Würde es diesmal auch so weit kommen?
Würde er sich in einer solchen Situation auch selbst opfern?
Sein Gesicht wurde von einem heftigen Schlag getroffen,“ Denk nicht
mal dran! Den Scheiss hier stehen wir alle gemeinsam durch!“,
herrschte Alicia ihn an.
Er wurde wieder ins „Jetzt und Hier“ zurückgeholt, denn dort gab es
keinen Platz für Grübeleien. Stattdessen keimte neue Hoffnung in John
auf, während er sich gespielt die linke Wange streichelte.
Der Schutzmantel weit über ihnen war gerade noch rechtzeitig fertig
geworden. Der Morgen schickte seine ersten Boten voraus und die Welt
erschien in einem unwirklichen Licht. Alles war in einen leicht
bläulichen Ton gehalten. Das Wichtigste aber war, dass ihre
Verbündeten mit an ihrer Seite stehen konnten.
Ein weiteres Portal öffnete sich unweit der Gruppe. Zwei kleine
Gestalten traten aus dem Licht und kamen auf sie zu.
„Euch sollten wir eigentlich alleine lassen, ihr bekommt schon alles
kaputt!“, nörgelte Thaldur.
„Auch ich freue mich euch zu sehen!“, begrüsste Emmerich die beiden
Zwerge.
Halledahl schaute sich um und sah die Gruppe Menschen in der Mitte.
„Sollten wir sie jetzt nicht aus der Gefahrenzone bringen?“, fragte er.
Alle stimmten nickend zu, doch John brachte es auf den Punkt.
„Aber wo sollen sie denn hin?“
„Sieh und staune.“, sagte der Zwergenmagier und breitete die Arme
über seinem Kopf aus.
Sofort vergrösserte sich das Portal, durch das die beiden eben erst
gekommen waren.
„Rasch, wir haben keine Zeit zu verschenken!“, brummte Halledahl.
„ALLE DORT HINEIN!“, erklang Claudius Stimme. Sie schien von
überall her zu kommen.
Gehorsam folgten die Bewohner seinen Worten und gingen schnellen
Schrittes auf das Tor zu und hindurch.
Es dauerte nicht lange und die letzten schleppten sich durch den
Lichtbogen.
„Danke!“, rief ihnen eine ältere Dame noch zu, bevor sie sich, gestützt
von dem Dickeren und dem Schlankeren, den anderen Überlebenden
anschloss.
Ihr Weg führte direkt in die Zwergenstadt. Wo sich die Zwerge
umgehend liebevoll und geschickt um die Verwundeten kümmerten.
„Geh Du mit ihnen, das hier könnte unangenehm werden.“, sagte John
an Alicia gewandt.
„Vergiss es, mit gefangen mit gehangen. Ich will bei euch bleiben!“,
weigerte sie sich.
„Nein, geh jetzt…“, eine Hand, es war die von Emmerich, legte sich auf
seine Schulter.
„Lass sie, wohlmöglich können wir ihre Hilfe gebrauchen. Und denk
dran, widerspreche niemals einer Frau!“
Alicia sprang John an und umarmte ihn aufs heftigste. „So schnell lasse
ich Dich nicht allein.“, hauchte sie ihm ins Ohr und gab ihm einen
langen Kuss auf die Wange.
Der kleine Hoffnungsfunke wurde in diesem Moment kräftig genährt.
John wünschte sich, dieser Moment würde ewig dauern. An einem
anderen Ort, einer anderen Zeit vielleicht?
Seine Gedanken wanderten zu letzter Nacht, als sie sich geliebt hatten.
Es schien so, als ob sie für einander geschaffen seien.
In der Stadt kam langsam Bewegung ins Spiel und ein Blick ins Tal
sagte ihnen, das es nur noch wenige Stunden dauerte, bis die erste Welle
den Hügel erreichen sollte. Die Menschen waren in der Zwergenstadt in
Sicherheit und nun hing es an den Verbliebenen, alles zu einem guten
Ende zu bringen.
Magister Emmerich stand auf erhobenen Posten und begann
Schätzungen über die Anzahl der unwirklichen Gegner anzustellen.
Es waren tausende und abertausende, die sich durch die Strassen
schlängelten und nur eine Sache im Kopf hatten. Den Tod ihrer
Gegenüber, um die eigenen Reihen zu stärken.
„Wenn meine Ghoule eintreffen und die angeworbenen Söldner, dann
wird es schon besser aussehen.“, sagte der Vampir, als er sich neben
Emmerich stellte.
Auch Adiamus kam hinzu, “ Wie kommt denn Deine kleine
Privatarmee hier hin?“.
„Mit Transportern und meinen beiden bewaffneten
Hubschraubern…Warum?
Der Blick des Wolfes wanderte nach unten und zwischen seinen spitzen
Zahnreihen grollte ein dumpfes Brummen hervor,“ Du hast schon
gesehen, was mit elektronischen Geräten passierte, was die Autos
anstellten, die nur hier in die Nähe kamen? Alles ist ausgefallen!! Was
denkste Du denn, was mit Deinen Jungs passiert wenn sie hier
eintreffen und ihre ganzen Spielzeuge versagen? Wie viele hast Du
denn rufen lassen?“
„Es müssen zwischen fünfzig und hundert Mann sein. Alle bestens
ausgebildete Söldner. Du meinst doch nicht etwa….“
„Magister, rechnen sie noch hundert Bewaffnete mit ein.“, unterbrach
ihn der Wolf und drehte sich seufzend um.
Thaldur und Halledahl bauten sich in ihrer ganzen Grösse vor Adiamus
auf.
“ WIR haben aber noch Unterstützung mitgebracht!“ Vor lauter Stolz
bald platzend, erhöhte sich ihre Körpergrösse um den ein ,oder anderen,
Zentimeter. Und auf einen schrillen Pfiff hin durchschritt eine
Hundertschaft hoch gerüsteter Zwerge das noch immer offene Portal.
Alle waren bewaffnet mit wuchtigen Äxten und scharfen Schwertern.
Ihre matten Anzüge schimmerten metallisch in dem grünlich bläulichen
Licht des beginnenden Tages. Es mochten um die zweihundert sein, die
Adiamus dort zählte.
Ein dankbares lächeln zeigte sich bei diesem Anblick auf den Lefzen
des Werwolfes.
Ihre Chancen erhöhten sich mit jedem Mann, der in der Lage war zu
kämpfen.
„Nachdem wir sahen, was hier begann, haben wir unsere Freunde und
Verwandten kontaktiert und diese entsandten uns ihre besten Männer!“,
sagte Thaldur voller stolz.
wollte er das Chaos, wenn nicht sogar die Hölle auf Erden herauf
beschwören.
Er war auf dem besten Weg dort hin.
Diese zusammengewürfelte Schar war dazu bereit bis auf den letzten
Mann zu kämpfen, was da auch kommen mochte.
„Oh Toll, noch ein paar kleine Snacks für zwischendurch! Ihr hättet
euch aber nicht in Schale werfen müssten!“, spottete Claudius, als er die
Neuankömmlinge erblickte.
Thaldur sagte nichts, doch Halledahl regte sich fürchterlich über diese
Äußerung des Vampirs auf.
„Gebt mir einen Pflock, gebt mir einen Pflock!!!“, schrie er und suchte
den Boden nach etwas brauchbaren ab, was er dem Vampir ins Herz
stechen konnte.
„Immer mit der Ruhe, das hatte Claudius nicht so gemeint, ODER?“,
grollte Adiamus Stimme in Richtung des Vampirs.
„Oh, entschuldigt, aber das ist wohl mein Galgenhumor, der immer in
solchen Situationen ausbricht.“
Halledahl und Thaldur musterten den Vampir äußerst kritisch, gaben
sich aber mit der Entschuldigung vorerst zufrieden, denn auch sie
wussten wie wichtig ihre Anwesenheit war.
Ihre tapferen Krieger stellten sich zu den Vampiren und Werwölfen,
während die beiden Anführer in Johns Nähe blieben.
Der Anblick der Gruppe, die sich nun Kampfbereit machte, hätte
merkwürdiger nicht sein können.
Mächtig monströse Werwölfe standen Seite an Seite mit Vampiren
zusammen, umringt von einer Schar Zwerge. Die allerdings nicht
minder grimmig dreinschauten wie ihre pelzigen Mitstreiter.
Zwischendurch standen Magier, in dunklen, viel zu feinen Anzügen.
Bereit jederzeit ihren Verbündeten mit aller Macht zur Seite zu stehen.
Jeder von ihnen ahnte, selbst wenn sie den Auserwählten auslieferten,
würde Varius sich dieses mal nicht damit zufrieden geben. Dieses mal
Wie aus dem Nichts entstanden, schritten über drei dutzend schwarz
gekleideter Werwölfe aus der Schattenwelt in die Wirklichkeit und
gingen zu Adiamus.
„Seid gegrüsst, ehrwürdiger Adiamus. Der Hochwohlgeborene Lord
Gillard, Herr der Schattenlords, entsendet euch seine Grüsse und
schickt uns zu eurer Unterstützung! Auch er vernahm mit tiefsten
Bedauern, was sich in diesem Ort der Zuflucht ereignete. Wir hoffen
mit unserer Kraft , und unseren Krallen, euch eine Hilfe sein zu
können.“, sprach der Anführer der gerade Eingetroffenen.
„Vielen Dank, für eure Angebot. Natürlich nehmen wir es dankend an!“
Sie schritten an ihm vorbei und gesellten sich zu den anderen
Werwölfen.
„Siehst Du, mein Freund, unsere Aussichten werden doch immer…“
„Haaabe ich nicht eben erst etwas…“
„Ruhe jetzt ihr beiden Kampfhähne!!! Könnt ihr denn nicht wenigstens
für eine gewisse Zeit eure Feindschaft begraben? Wenigstens bis das
alles hier vorbei ist?“, schrie Alicia die beiden an. Wenn Blicke töten
könnten, wären in diesem Moment ein Werwolf und ein Vampir tot
umgefallen und ihre Überreste wären ins Tal gerollt.
Erstaunt schauten die beiden sich an. Noch niemals hatte ein Mensch es
sich erlaubt, so mit ihnen zu sprechen. Aber immerhin verstanden
beide, wie wichtig die Angelegenheit war und ihre Differenzen hinten
anstehen mussten.
Sie schauten auf ihre Verbündeten, deren Anzahl Stück für Stück
wuchs. Denn auch andere Anführer hatten wohl verstanden, wie wichtig
dieser Kampf für ihre weiter Existenz zu sein schien.
Kleine, durch die Luft tanzende, Lichtpunkte zogen Adiamus
Aufmerksamkeit auf sich, die sich rasch auf sie zu bewegten.
Offensichtlich wollten auch die Feen die Anwesenden unterstützen.
Diese kleinen Wesen des Lichts, mit ihren winzigen Schwertern würden
nicht gerade einen Krieg gewinnen, aber sicherlich das ein oder andere
Mal für genug Ablenkung sorgen.
Die sie umgebende Luft schien eine Musik zu spielen, wenn die kleinen
Flügel schlugen. Sie verbreiteten ein angenehmes Licht und strahlten
eine Wärme aus, die jedem menschlichen Wesen Hoffnung ins Herz
trug.
Hoffnung die sie in dieser Lage durchaus gebrauchen konnten, diese
Schlacht mit viel Glück gewinnen zu können.
Was zuerst aussichtslos erschien wandelte sich in ein kleines
Pflänzchen, dessen Name Zuversicht war.
In Mitten der nahenden Bedrohung stand Varius und schaute zu ihnen
hinauf.
Die Geschehnisse der letzten Tage hatten im genügend Kraft zugeführt,
die mit jedem Toten wuchs.
Dort wo einst das Gesicht eines Mannes in der Blüte seines Lebens war,
befand sich mittlerweile nur noch eine Fratze die nur noch rudimentär
an ein Gesicht erinnerte. Das Gesicht war eingefallen und die Haut hing
ihm in Fetzen vom Fleisch. Wo früher einmal Augen Menschlichkeit
ausstrahlten, befanden sich nun tiefe schwarze Löcher in denen sich
etwas zu bewegen schien. Eine Art wabernde Masse in glühenden Rot
und Schwarztönen.
Der teure Massanzug hatte sehr gelitten. Löcher, Risse und Dreck waren
mittlerweile die Hauptbestandteile.
Die schwarzen Schwingen, die aus seinem Rücken wuchsen, erinnerten
in ihrem Erscheinungsbild den Flügeln einer zu gross geratenen
Fledermaus.
Lange Krallen, blutverschmiert, befanden sich dort wo einst teuer
manikürte Hände und Füsse waren. Ärztlich gerichtete Zähne mussten
langen, spitzen Zähnen weichen, die zusätzlich für eine
furchteinflössende Fratze sorgten.
Durch sein Aussehen hob er sich weit von der Masse ab und somit war
er für seine Gegner auf dem Hügel bestens zu erkennen, denn auch
durch seine Körpergrösse überragte er seine Vasallen um ein vielfaches.
Auf ein Kreischen hin, das an den Ruf einer Hyäne erinnerte, setzte sich
der erste Trupp in Bewegung.
„Es geht los!“, rief Magister Emmerich den anderen zu, die nun auch
genauer hinschauten.
„Bei ihren langsamen Bewegungen dauert es noch ein bis zwei Stunden
bis sie hier sind.“
Und er hatte Recht.
Denn die Körper und Leiber der untoten Armee schienen sich nur
widerwillig in Bewegung zu setzten. Langsam aber stetig schleppten sie
sich ihres Weges.
Die Anführer auf dem Hügel schritten die Reihen ihrer Getreuen ab.
Unter den Feen für Ordnung zu sorgen war ein sinnloses Unterfangen,
wohlmöglich wäre es einfacher gewesen einen Sack Flöhe zu hüten.
Denn diese Wesen unterstanden keiner Ordnung. Wo immer es ihnen
beliebte liessen sie sich nieder und sahen sich in der Runde um.
Baumstümpfe, der Boden, Schultern der Werwölfe oder Magier…wo
immer es ihnen beliebte setzten sie sich hin oder standen in nervöser
Erwartung.
Da noch niemand genau wusste, was Varius dieses mal
heraufbeschworen hatte, lag eine schier erdrückende Stimmung in der
Luft.
Die vorderste Reihe der Verteidiger bestand nun aus Werwölfen,
verschiedenster Clans. Direkt an deren Seite befanden sich Vampire von
einem Clan der den Wölfen am nächsten stand. Mit ihrem
wolfsähnlichen Äusseren sahen sie ihren Mitkämpfern zum verwechseln
ähnlich. Nur die massiven Muskelpakete der wahren Werwölfe
unterschied sie rein äusserlich.
Auch Vampire anderer Herkunft reihten sich ein, die sich im Nahkampf
bestens auskannten. Auch die der leisen Killer, mit ihren weiten
grau/schwarzen Gewändern. Assasinen, die ihren Sold normalerweise in
Blut ausgezahlt bekamen, standen ihren Brüdern zur Seite. Den
Brüdern, deren Blut für sie so wertvoll war, wesentlich teurer angesehen
als das einfacher Menschen.
Jeder der Vampire hatte mindestens zwei oder mehrere Zwerge zur
Seite, die ihnen den Rücken frei halten sollten.
Hinter ihnen befanden sich Magier und Vampire, die mit Magie und
anderen Kräften eher aus der Ferne agieren konnten. Unter ihnen waren
auch John, Alicia, Adiamus, Claudius und natürlich Max, wobei
letzterer in Anwesenheit der Werwölfe und Vampire ebenfalls ein
dunkles, gereiztes, tiefes knurren von sich gab.
Auch ein Hund musste sich in solcher Umgebung und zu solcher Zeit in
Szene setzten können.
Sein kleiner Pelziger Freund hatte sich längst beim eintreffen der
kleinen Lichtwesen in den Schutz der umliegenden Wälder
zurückgezogen.
Doch alle Mitwirkenden befanden sich noch nicht in den Startlöchern.
Adiamus griff sich an sein Totem, das Thaldur ihm kürzlich, nach
langer Zeit des Wartens endlich geschenkt hatte, schloss die Augen und
konzentrierte sich.
Ein leichtes Beben erschütterte den Boden unter ihren Füssen, während
die Untoten den Fuss des Hügels erreichten.
Um die Verbündeten herum schien der Waldboden kleine Wellen zu
schlagen. Es sah mehr und mehr aus, als ob sich zuerst übergrosse
Maulwürfe einen Weg ans Licht suchten.
Doch die Hügel wuchsen, formten grosse Köpfe, Hälse, Schulterpartien
aus Lehm, Stein und Dreck.
Adiamus rief also die Golems wieder herbei. Doch dieses Mal einige
mehr. Die Anspannung war ihm deutlich im Gesicht anzusehen, denn
um diese Monster zum Leben zu erwecken brauchte es eine Menge
Kraft.
Wohin John auch sah, schälten sich die Ungetüme aus dem Boden. In
ihrer endgültigen Körpergrösse den Werwölfen weit überlegen.
Sie wurden nur mit einem Befehl, einer einzigen Anweisung beseelt,
dem endgültigen töten der eintreffenden Monsterarmee.
Als ihre Körper fertig ausgebildet waren versuchte John eine Schätzung
über deren Anzahl anzustellen. Es mussten mehrere hundert Golems
sein.
Ein Teil wurde zum rückwärtigen und seitlichen Schutz abgestellt, der
Rest bildete die ersten beiden Reihen der Angriffswelle.
„Hätte damals Kaiser Qín Shǐhuángdìs für seine Terrakottaarmee solch
ein Totem gehabt, hätte er alle Krieger zum Leben erwecken können.“,
bestaunte Claudius die neu eingetroffenen Helfer. „So ein Teil brauche
ich auch! Mein Freund im Geiste, aus dem Süden Italiens, würde sich
freuen.“
Der erste Teil der untoten Armee hielt weiter auf das Plateau des
Hügels zu. Alle schön brav in einer Traube von unwirklich
erscheinenden, dahinvegetierenden, seelenlosen Körpern.
Als das Heer die gefällten Bäume erreichten, begannen die Magier und
magisch begabten Vampire ihr Werk.
Flammen schossen aus den Händen der Magier, auf der Suche nach
ihren Opfern. Schattententakel schälten sich aus den umliegenden
Wäldern, tropften von den Vampiren herab und schwebten auf die
wandelnden Toten zu.
Die Flammenstrahle erreichten als erstes ihr Ziel. Lodernd und
züngelnd frassen sie sich durch die Kleidung und verbrannten die ersten
seelenlosen Körper und Leiber.
Schattententakel griffen nach Beinen, Armen und Köpfen der Gegner,
rissen und zerrten an ihnen, bis sie mit einem markerschütternden
Geräusch nachgaben.
Käfige, geformt aus Schatten schlossen viele der Angreifer ein. Wie
wild zerrten sie an den Gittern, versuchten übereinander, untereinander
irgendeinen Weg heraus zu finden, doch es gelang ihnen nicht.
Stattdessen begannen sie langsam und unter lauten, unwirklichen
kreischen, zu zerfallen.
Was den Verbündeten auf dem Hügel ebenfalls auffiel war die
Tatsache, dass, sobald der Kopf vom Rumpf getrennt wurde, der
komplette Körper einem raschen Verfall unterlag.
Es dauerte nicht einmal eine Minute, bis nur noch Staub von den
gänzlich getöteten Gegnern übrig blieb.
Asche stob auf, als die nachfolgenden Monster über die Reste ihrer
Vorgänger hinweg taumelten.
Die ersten fünfzig, hundert, zweihundert Untoten folgten diesem
Beispiel. Doch der erste Stosstrupp, dem die Verteidiger gegenüber
standen, bestand aus noch vielen, vielen mehr.
Wohin das Auge blickte, schaute man in leere Augen und
blutverschmierte Gesichter. Auch teilweise schon zerfallene Körper, der
bereits begrabenen Verstorbenen, waren darunter.
Doch die Künste der Magier und Vampire hielt das Heer auf Distanz
und wütete fürchterlich unter den eintreffenden Massen.
Nach und nach stiess die Armee vor. Wurde allerdings erneut
aufgehalten, als die durch Pfützen säurehaltigen Blutes stapfen mussten,
welche die osmanischen Vampire hinterlassen hatten.
Als aber die Anzahl der Angreifer immer gewaltiger wurde und die
Untoten sich gegenseitig überrannten schickte Adiamus die erste
Gruppe Golems los.
Wieder begann die Erde unter Johns und Alicias Füssen leicht zu
beben, unter dem getrampel der schweren Monster, die soeben
losgelassen wurden.
Was die Tentakel und die Flammen nicht auslöschte übernahmen nun
die Wesen aus Lehm und Stein. Unaufhaltsam schritten sie durch die
Reihen der Angreifer. Diejenigen, die den Fehler machten und sich an
den Geschöpfen der Erde festkrallen wollten, wurden entweder
abgeschüttelt oder glitten an dem feuchten Lehm ab und wurden
einfach niedergetrampelt.
Nach und nach zerfielen die eintreffenden Zombies zu Staub und
Asche.
Adiamus Plan ging vollends auf. Der Erste Ansturm war
niedergeschlagen.
Überall roch es nach verbrannten Blut, Fleisch, Staub und Asche.
Doch die Verbündeten auf dem Hügel hatten noch keinen Schaden
genommen.
Im Gegenteil, der erste Sieg war auf ihrer Seite. Das Pflänzchen in den
Herzen der Verteidiger, Namens „Zuversicht“, begann ein klein wenig
zu wachsen.
Lange hielt die Ruhe allerdings nicht an.
Wieder stampften und krochen Leiber auf sie zu, deren Kleidung in
Fetzen vom Leib hingen. Manche waren erst vor Stunden
umgekommen, andere waren aus ihren Gräbern erweckt worden.
Unter ihnen waren auch Kinder, bei deren Anblick es Alicia kalt den
Rücken herunter lief.
Sie sahen genauso erschreckend aus, wie ihre grossen Vorbilder, doch
die Tatsache, dass es nun mal Kinder waren, gegen die sie antreten
sollten…
Auch Adiamus wandte seinen Blick den noch unwirklicheren Gegnern
zu.
Zwischen den Massen an geschundenen Körpern fielen sie fast gar nicht
auf, aber auch ihm war es förmlich anzusehen, dass ihm die Situation
überaus unangenehm war.
Gegen erwachsene Gruselgestalten anzutreten machte keinem der
Verteidiger etwas aus, jedoch gegen Gestalten, die kaum in der Lage
waren zu laufen, stellenweise noch auf allen Vieren krochen.
Der Dämon hatte auf niemanden Rücksicht genommen.
Auch dafür sollte er bezahlen.
der unter ihnen fiel erschienen zwei Neue, die versuchten die Golems
zu schwächen, ja sogar nieder zu kämpfen.
Immer wieder krallten sie ihre Finger in den Lehm, schabten Brocken
aus den übermächtigen Wesen heraus, nur um sich wieder erneut zu
vergraben.
Die erste Reihe von Golems stand wie ein Fels in der Brandung, auf die
immer mehr und mehr Untote aufschwammen.
Wieder wütenden sie unter der anstürmenden Masse, gnadenlos und
seelenlos, fast schon wie Maschinen. Doch der ein oder andere Zombie
schaffte es, die lebende Wand aus Lehm und Steinen zu überwinden.
Aber die Welle an Blitzen, Flammen und Schattenarmen stoppten ihr
vorankommen im selben Moment, in dem sie im Sichtfeld erschienen.
Diese wandelnden Erdhaufen schienen fast ganz allein das
herannahende Heer aufzuhalten. Bis zu dem Moment, als die Untoten,
vielleicht durch einen Befehl von Varius hin, ihr Vorgehen änderten.
Durch die entstehenden Spalte drängten sich langsam Körper an
Körper, wohl in dem Glauben ihr Ziel endlich erreichen zu können.
Doch der nächste Golem rückte nach und schloss die entstandene Lücke
auch wieder, wütete noch verheerender als der vorherige.
Anstelle sich durch die Lücken zu quetschen, oder über ihre
Verwundeten zu steigen, versuchten sie die Golems direkt zu
bekämpfen.
Mit ihren Händen bohrten sie sich tief in die Erdschichten, aus denen
die Verteidiger bestanden. Rissen Steine und Äste aus ihnen heraus.
Fingernägel brachen an den scharfen Steinen ab, Fleisch wurde bis auf
die Knochen abgeschabt, doch das störte keinen der Untoten. Für jeden,
Es dauerte eine ganze Weile, aber irgendwann fiel der erste
Lehmhaufen in sich zusammen.
Auch die Pfützen, entstanden aus dem Blut der Vampire, verwandelt in
Säure, verfehlten nach und nach ihre Wirkung.
Das Auflösen in ihre Bestandteile dauerte immer und immer länger, so
dass auch schon die Nächsten Untoten ohne weitere Mühe über sie
hinwegsteigen konnten.
In dem Ort, unterhalb des Kampfgeschehens, sammelte Varius immer
mehr der schauerlich anzusehenden Truppen um sich. Dabei war es
egal, ob es nun Mann, Frau, Kind oder Greis war. Ihm waren alle
Recht, die in seinem Sinne in die Schlacht zogen.
Nachdem auch dieser Ansturm abflachte, konnten die Verteidiger ein
wenig aufatmen. Denn bis das Hauptheer bis zu ihnen gelangen würde,
vergingen noch die ein oder andere Stunde.
Nach Emmerichs Hochrechnungen waren es zehn Golems, die im Sinne
ihrer Sache dahingeschieden waren. Nicht das sie den seelenlosen
Wesen nachtrauern würden, aber er brauchte die Anzahl für seine
Statistiken.
Doch zehn gefallene Golems im Gegensatz zu über tausend
Untoten…würde der Tag so weiter gehen, hätte Varius herbe Verluste
in seinen Reihen, ohne dass ein fleischliches Wesen die Hand erheben
müsste.
Im Tal erhob sich ein Punkt mit zwei grossen schwarzen Schwingen,
drehte sich in ihre Richtung und wurde immer grösser je näher das
Wesen ihnen kam.
Als er über der Schneise war, die seine Armee in den Wald getrampelt
hatte, erkannte auch der Letzte unter den Verteidigern, wer da auf sie
zusteuerte. Es war Varius der dort auf sie zu steuerte.
Er breitete seine ledernen Schwingen zur Landung aus und segelte sanft
hinunter, zwischen die Reihen der Golems und der Werwölfe.
Die Kreaturen aus Lehm und Stein interessierte der Neuankömmling
nicht. Doch die Reaktion der Wölfe war eine ganz andere. Ein dumpfes,
markerschütterndes Grollen erklang aus ihren Kehlen. Die Muskeln
zum zerreissen gespannt, jederzeit bereit ihr gegenüber in tausend
Stücke zu reissen.
„Ich will mit euren Anführern reden!“, rief er über die Köpfe der
Werwölfe und Vampire hinweg.
Claudiaus, Adiamus, John und Thaldur schoben sich durch die Reihen
und blieben in gebührenden Abstand stehen. Auch Magister Emmerich
trat neben sie, lehnte sich auf seinen Wanderstab und sah zu dem
Dämon hinüber.
„Was willst Du?“, erklang ein tiefes brummen.
„Einen Handel vorschlagen!“
Claudius sah ein wenig verwundert zu Adiamus.
„Wie sollte dieser Aussehen?“
„Ihr überlasst mir euren Freund hier!“, sein Kopf deutete auf John.
„Dafür behaltet ihr euer Leben und dürft mit an meiner Seite
herrschen!“
„Klingt doch nach einem guten Angebot, oder?“, sagte Claudius an den
Anführer der Werwölfe gewandt.
„Hmm… Durchaus… Durchaus! Natürlich. Doch worüber sollen wir
mit Dir herrschen?“ die Blicke wanderten wieder zu Varius.
„Über das alles hier. Wenn ich erst mit all meinen Truppen und eurer
Hilfe die Welt unterjocht habe, werden wir sie unter uns aufteilen. Für
den grössten Teil der Arbeit erhalte ich natürlich auch den grössten
Anteil…“
Adiamus ergriff nun wieder das Wort, „ Nur damit ich das ganze richtig
verstehe. Du willst also John?“
„Ja!“
„Dafür lässt Du uns alle am Leben?“
„Ja!“
„Und Du bietest uns an, mit an Deiner Seite zu herrschen, über den Tod
und das Verderben, was Du über die Welt bringst?“
„Wenn Ihr es so nennen wollt…Ja!“
„Einen Moment bitte…“
Blicke wurden ausgetauscht, Augenbrauen wurden erstaunt nach oben
gezogen, nur um sich wieder herabzusenken. Einen Augenblick lang
wurde wild gestikuliert, Worte ausgetauscht…
…und wie aus einem Mund erklang es vor Varius: „Falsche
Antwort!!!“
Es war noch nicht ganz ausgesprochen, da tat sich unter dem Dämon
die Erde auf.
Wurzeln, Erde, Lehm und Matsch formten gewaltige Arme und griffen
zu. Hielten den Dämon fest.
Dieser versuchte mit gewaltigen Flügelschlägen sich in die Lüfte zu
erheben.
In diesem Moment flogen riesige Schattententakel aus den
angrenzenden Wäldern herbei und griffen nach den ledernen,
schwarzen Schwingen.
Claudius war die Konzentration anzusehen, denn die Tentakel
versuchten nicht nur an den Flügeln fest zu klammern. Sie zerrten und
rissen daran mit aller Kraft. Das Geräusch von auf einander reibenden
Leder wurde immer lauter, Sehnen gaben unter der gewaltigen Kraft
nach. Der Knorpel, der die Form der Flügel vorgab wurde zerquetscht
und auseinander gerissen.
Mit einem mal gaben die Schwingen nach und mit einem Geräusch,
welches Alicia den Hals zuschnürte, wurden sie vom Körper des
Dämons abgetrennt. Noch ehe sie den Boden berührten zerfielen sie zu
Staub.
An den Stellen, wo nun eigentlich Blut aus den Wunden treten sollte,
floss ein rotschwarzer, übel riechender Schleim heraus.
Gleichzeitig trafen ihn Feuerbälle und Blitze des Magiers, zerrten
Schattententakel an den anderen Körperteilen und zerquetschen dabei
Knochen in unzählige Teile.
Die Hände aus der Erde versuchten ihn hinab zu ziehen. Auch aus Johns
Schwert sprangen Funken und Blitze, trafen den Dämon überall an
seinem Körper. Versengten sein Haar, rissen Löcher in seine Brust.
Ein dunkler Schatten huschte an Varius und den Blitzen vorbei, blieb
für ein Augenzwinkern stehen. Säurehaltiges Blut schoss aus der Kehle
des Vampirs, dessen Bewegungen unglaublich schnell waren, und
ergoss sich über ihren Gegner, zersetzte langsam seine Haut und
Fleisch.
Unter Schmerzen krümmte und schrie ihr Gegenüber, stiess Flüche in
einer unbekannten Sprache aus.
Selbst der ein oder andere Zwergenkrieger schlug unvermittelt mit
seinem Schwert zu und hinterliess tiefe Wunden in Waden und
Oberschenkeln des Dämons.
Auch Adiamus gewaltige Krallen rissen Fleischfetzen aus dem
sterbenden Körper.
Zu guter Letzt sollte ihre gebündelte Kraft siegen.
In einem Schwarm von Asche und Rauch löste Varius sich auf.
Die Erde schloss sich wieder und die Arme aus Schatten verschwanden
wieder genauso schnell, wie sie auch gekommen waren.
Das auflösen des Dämons war wohl der Startschuss für seine untote
Armee.
Denn aus dem Tal unter ihnen erklang das stampfen von tausenden und
abertausenden Beinen, die sich nun auf den Weg zu ihnen machten.
Ungläubig trat Alicia zu der kleinen Gruppe,“ Ähm…sollten die nicht
jetzt umfallen, wieder zu Menschen werden, oder sich mit einem PUFF
in Staub auflösen?“
„Frag mich nicht, aber ich hatte es gehofft.“, sagte John.
Auch der Rest von ihnen schaute ins Tal, wo sich die Zombies ihren
Weg nach oben bahnten.
„Es wäre zu schön gewesen, aber etwas scheint sie noch am `Leben` zu
erhalten.“, sagte Halledahl mit finstrer Miene.
„Es ist immer noch Varius! Er muss genügend Kraft gesammelt haben,
um sie weiterhin kontrollieren zu können.“, vermutete Claudius.
„Mit Sicherheit! Wir müssen seinen Geist finden. Irgendwo in der
Schattenwelt hat er sich sicherlich ein Versteck gesucht, aus dem er sie
noch immer beherrscht.“, ergänzte Adiamus.
„Dann sollten wir ihn finden und ihn endgültig vernichten!“, herrschte
Alicia die anderen an.
„Die Idee ist nicht schlecht, doch wie sollen wir ihn finden und vor
allem WER?“
„Ich würde Vorschlagen Adiamus begibt sich auf die Suche, denn kein
Anderer kennt die Schattenwelt so gut wie er. Doch ein wenig
Unterstützung wäre nicht schlecht.“, schlug Emmerich vor, der ihrem
Gespräch gefolgt war.
„Ich komme mit!“, rief Alicia mutig.
„Ich bin auch dabei. Mit meiner Hilfe wird die Sache hoffentlich
beschleunigt!“, sagte der Zwergenmagier.
Ein wenig skeptisch schaute Adiamus in die Runde, willigte dann aber
ein, hier oben wurde zwar jede Hilfe gebraucht, aber seinen alten
Freund an der Seite zu wissen, würde ihm von grossen Nutzen sein.
„Bist Du Dir ganz sicher, das Du mit ihnen gehen möchtest?“, fragte
John. Sie nickte, „Bisher war ich euch keine grosse Hilfe und ich
möchte auch meinen Beitrag zu dem Ganzen hinzusteuern.“
Sie gab John noch einen Kuss, drückte ihn noch einmal fest an sich und
verschwand darauf hin mit Adiamus und Thaldur in der Schattenwelt.
Schweren Herzens und ohne seine Vertrauten stand er nun neben den
anderen Verbündeten und schaute in die Runde.
„Nun hängt es an uns, den Dreien Zeit zu verschaffen. Ich hoffe nur,
dass sie schnell Erfolg haben werden.“, sagte Emmerich an John
gewand und legte ihm ermutigend die Hand auf die Schulter.
„Keine Panik Leute, wir haben schon so Manches überstanden, das hier
bekommen wir auch noch hin. Wir übernehmen die linke Hälfte, ihr die
Rechte.“, rief Halledahl, das Gesicht zu einem Pokerface verzogen.
„Das Selbe wollte ich gerade vorschlagen.“, mischte sich nun auch
Claudius ein,“ Aber natürlich lassen wir euch auch gern den Vortritt
und suchen uns derweilen ein gemütliches Plätzchen für einen kleinen
Snack. Könntet ihr uns ein Portal in die Zwergenstadt öffnen? Ein
kleiner Imbiss für Zwischendurch tut sicherlich mir und meinen Helfern
ganz gut.“
Halledahl zog sein Schwert und rannte mit einem Schrei auf den
Vampir zu.
Dieser wiederum machte sich dafür bereit, ihn einen kleinen Empfang
zu bereiten.
Doch kurz bevor der Zwerg Claudius erreichen konnte, verlor er den
Boden unter den Füssen und befand sich kurz darauf in Augenhöhe von
Emmerich und dem Vampir.
Wild strampelnd und fluchend zappelte er in der Luft.
Claudius entspannte sich wieder und John sah die beiden Kampfhähne
an
„Sollten wir nicht aufhören einander zu bekämpfen und uns auf unseren
gemeinsamen Feind konzentrieren?“
Der Zwerg begann sich langsam zu beruhigen.
„Nun hör endlich auf hier so rum zu zappeln, es bringt nichts. John hat
Recht. Unser aller Feind kommt dort langsam den Berg rauf und ihr
streitet euch wie kleine Kinder. Helft einander oder geht eurer Wege.
Doch wenn ihr euch für Letzteres entscheidet, so sind wir alle
verloren.“
Halledahl senkte den Kopf. Blickte noch einmal misstrauisch zu
Claudius und nickte Emmerich zu. Dieser liess ihn auch wieder
anstandslos auf die Füsse. Das Schwert verschwand wieder in seiner
Scheide.
Zusammen mit John ging er ein paar Meter weiter und sah mit ihm ins
Tal.
Es dauerte nicht mehr lange, bis es wieder losgehen würde.
„Und Du mein Freund… Ich bitte Dich, lass diese spitzen
Bemerkungen. Es ist keinem von uns damit geholfen.“
Mit diesen Worten folgte Emmerich John.
Claudius schüttelte den Kopf und brummelte leise vor sich hin,
„Das hier auch niemand ein wenig Spass versteht.“, und folgte den
Anderen.
Auch dem kommenden Ansturm waren die Lehmkrieger durchaus
gewachsen. Wie eine sich bewegende Mauer hielten sie den
anrückenden Gegnern stand.
Nur langsam wurde ihre Anzahl dezimiert und die ersten Werwölfe
griffen in das Geschehen ein.
Die erste Linie der Golems fiel den unzähligen Monstern, die einst
einmal Menschen waren, zum Opfer. Adiamus hatte gut daran getan, so
viele Krieger zu erschaffen, denn ihre Gegner waren ihnen
zahlenmässig weitaus überlegen.
Der hintere Halbkreis der Golems schien zu schlafen, oder abzuwarten,
denn sie regten sich nicht im geringsten, als auch die zweite Wand nach
und nach bröckelte und nun auch die Zwerge, mit Hilfe der Feen ins
Schlachtfeld zogen.
Dicht an dicht drängten sich die Leiber der Untoten durch die langsam
entstehenden Lücken.
John befand sich mit Max in den Reihen der Magier und schleuderte mit
Hilfe seines Schwertes Blitze auf die anstürmenden Massen, immer
darauf bedacht keinen seiner Verbündeten zu treffen.
Doch nach und nach bekamen es die Wölfe, Zwerge und Vampire mit
immer mehr Gegnern zu tun, die es durch die Reihen der Lehmkrieger
geschafft hatten.
Immer mehr Leiber drückten sich dicht an dicht durch die Lücken,
trampelten einander nieder. Diejenigen, die wieder aufstanden und es
erneut versuchten, sahen noch verkrüppelter und missgestalteter aus als
vorher.
Die Reihen der Golems dezimierte sich zusehends, denn sie besassen
nicht die Fähigkeit, ihre Körper zu heilen und so fiel einer nach dem
anderen.
Auch John konnte sich nicht mehr auf den Fernkampf konzentrieren,
denn auch er wurde von dem ein oder anderen Untoten bedrängt und
wehrte sich mit der rasiermesserscharfen Klinge. Fast Problemlos
durchtrennte er Haut, Muskeln und Knochen. Jeder Hieb seines
Schwertes fand wie durch Zauberei sein Ziel und die Kraft, die er
einsetzte, wurde noch um einiges beim Auftreffen verstärkt.
Auch Johns treuer Freund bekam unliebsamen Besuch.
Den ersten sprang Max mutig an, zerrte wie wild an seiner Kehle. Doch
die drei Kreaturen hinter sich bemerkte dieser leider zu spät. Denn als
er von ihnen Notiz nahm, stürzten sie sich bereits auf ihn und begruben
ihn unter sich.
Max jaulte und hier und da sah man ein Fellbüschel aus dem Berg von
Körpern aufblitzen.
John sah es im Augenwinkel, köpfte in einer fliessenden Bewegung
seinen
Gegner und bewegte sich schnellstmöglich zu dem, unter den Zombies
begrabenen, Schäferhund hin. Immer wieder schlugen und traten sie auf
ihn ein, versuchten ihn zu beissen, ernsthaft zu verletzen.
Max bellte, knurrte und man hörte, wie er seine Zähne verzweifelt in
das Fleisch seiner Gegner grub.
Kaum war John bei dem Knäuel aus Fell und Leibern angekommen,
liess er sein Schwert auf den Hals des nächst besten Gegners sausen,
und wollte seinem treuen Vierbeiner zur Hilfe eilen,da ging mit Max
eine
Verwandlung vor.
Unterstützt durch den Talisman, den Thaldur ihm geschenkt hatte und
einer Kraft, die vermutlich von Johns Rettungsversuch vor etlichen
Tagen übertragen wurde, veränderte sich Max.
Er konnte sich etwas von seinen Gegnern freischaufeln und John konnte
einen Blick auf eine Vorderpfote erhaschen.
Klauen mit langen, furchteinflößenden Krallen entstanden dort, wo
einst
Hundepfoten waren.
John wich zurück und schaute ungläubig auf das, was sich da vor ihm
abspielte.
Max wühlte sich immer mehr von seinen Peinigern frei und gab den
Blick
frei auf das, was mit ihm passierte.
Sein Fell wurde dichter und struppiger, die Musterung, der Wechsel
zwischen braun und schwarz auf seinem Fell verformte sich. Auf
seinem
Rücken entstand ein durchgängiger schwarzgefärbter Fellstrich. Die
Schnauze des Hundes wuchs, sein Kiefer wurde gewaltig, ebenso seine
Zähne die nun bisskräftiger und spitzer waren. Die Muskelstränge
schienen sich unter dem mittlerweile strohigen Fell neu zu formen und
nahmen in ihren Ausmaßen stark zu. Starke, muskulöse Beine streckten
sich, der muskelbepackte Körper erhob sich langsam.
Der Schäferhund war kaum wieder zu erkennen, denn sein, mittlerweile
muskulöser, Körper ähnelte eher dem einer der Werwölfe. Auch wenn
Max
die annähernd menschlichen Züge fehlten, so sah John ihn den Augen
des
Hundes neben dem gütigen Leuchten seines treuen Hundeblicks auch
noch
etwas anderes aufblitzen, doch fand er keinen Sinn darin.
Die Verwandlung schien für John ewig zu dauern, doch tatsächlich
waren
es nur Sekunden.
Ein dunkles Grollen war zu hören. Plötzlich, mit seinen nun kräftigen
Pranken, schleuderte Max wütend die Angreifer von sich, fügte den
beiden genüsslich tiefe Wunden zu und richtete sich schüttelnd auf. Er
ließ ein tiefes, zufriedenes Knurren ertönen.
Der Hund, der John sonst bis kurz unter die Hüfte reichte, erinnerte
nun in seiner Grösse an ein ausgewachsenes Pony. Ein
angsteinflössendes
Pony, denn im Vergleich zu den Wölfen, die aufrecht gingen, nutzte
Max
immer noch alle Viere um sich fortzubewegen.
Im selben Augenblick stürzte sich einer der leblosen Soldaten Varius
auf den Hund, der in keinster Weise mehr einem Hund ähnelte.
Max schüttelte den Angreifer leicht von seinem breiten Rücken
herunter und zückte seine rechte Vorderklaue. Er stieß sie in den toten
Körper und wühlte sich von oben nach unten durch die Eingeweide
seines Widersachers.
Er stellte sich leichtfüssig auf die Hinterklauen und hieb dem toten
Körper mit der linken Kralle den Kopf vom Rumpf. Schnaufend drehte
sich Max in einer Staubwolke um und John klappte den Mund wieder
zu.
Er erinnerte sich in sekundenbruchteilen daran, daß er vor kurzem noch
mit dem Schäferhund im Bett geknuddelt hatte. Bei dem Gedanken lief
ihm nun ein eisiger Schauer den Rücken hinunter.
Ihre Blicke kreuzten sich, doch in den dunklen Augen erkannte John
keinerlei Regung.
Stattdessen versuchte er mit seinen anderen Sinnen in das Tier vor sich
hinein zu horchen, aber bevor er die Augen schliessen konnte, erkannte
er wie sich die Muskeln unter dem Fell sich spannten.
Max setzte zum Sprung an.
Noch ehe John wusste wie ihm geschieht, zog er auch schon instinktiv
das Schwert zum Schutz nach oben. Er wollte seinen Weggefährten
nicht
verletzten, aber wenn es nötig sein sollte, wäre er auch dazu bereit.
In den Augen seines Freundes erkannte er im letzten Moment noch eine
Spiegelung. Einen Untoten, der sich ihm von hinten näherte.
John ging ein wenig in die Hocke und drehte sich dabei, duckte sich
unter dem Sprung hinweg.
Fast gleichzeitig trafen Johns Klinge und Max Klauen ihren Gegner.
Das Schwert zerteilte den Angreifer in der Hälfte und Max Klauen
rissen
den Kopf von Rumpf.
Zuerst schien der Angreifer in sich zusammen zu fallen, doch bevor er
auf dem Boden aufkam, rieselte auch schon der Staub auf die Erde.
Als der nun ponygrosse, etwas entstellte, Schäferhund auf John
zugetrottet kam, erkannte dieser auf einmal auch den Auslöser für das
Aufblitzen in den Augen des Hundes. Es war die Freude sein Herrchen
wieder zu sehen, vor allem in einer solch misslichen Lage, gepaart mit
dem Beschützerinstinkt eines treuen Gefährten.
Viel Zeit zur Freude blieb den beiden nicht, denn Varius Heer schien
nicht nachzulassen. Unerbittlich fielen die Angreifer auf die
verbliebenen Verbündeten ein.
Doch jetzt hatten sie einen tatkräftigen und mächtigen Mitstreiter mehr
in ihren Verteidigerreihen, denn in seiner neuen Gestalt war Max sehr
viel nützlicher und effektiver, als in der des braven Schäferhundes.
doch deren Anblick Alicia Erschaudern liessen.
Die Wege, Strassen, Häuser, alles schien in die Umgebung zu passen,
doch der Mörtel, der dies alles zusammenhielt, bestand aus
Geisterplasma und verdammten Seelen, die sich hier einst verirrt hatten.
Adiamus letzte Information war, dass einer der oberen Dämonen Varius
aus seinem Reich vertrieben hatte, denn auch hier, in der Welt die
neben der unseren existiert, waren Machtkämpfe an der Tagesordnung.
Unzählige verlorene Seelen schwebten an ihnen vorbei, ohne auch nur
Notiz von ihnen zu nehmen. Denn so lange sie auf den Wegen blieben,
sollte ihnen nichts geschehen. So stand es zumindest in den alten
Büchern geschrieben, aus grauer Vorzeit, wo die Erde noch jung und
beide Welten eine waren.
Kreaturen lauerten hier überall. Wesen, die noch nie ein Mensch zu
Gesicht bekommen hatte. Von denen sie nicht einmal in ihren
Albträumen was wissen wollen.
John blieb nur die Hoffnung, das Adiamus, Thaldur und Alicia
erfolgreich sein würden, denn die untote Armee vor ihnen liess
niemanden lange zu Atem kommen.
Die Drei wanderten in kürzester Zeit durch Städte, Wälder, ganze
Länder, denn Zeit und Raum existierte hier in anderen Massstäben.
Vor einem der angrenzenden Dämonenreiche hielt Adiamus inne, bat
seine Begleiter in einer alten Hausruine auf ihn zu warten, denn er hätte
eine Idee, müsste es aber allein tun.
Diese drei wiederum durchwanderten die Schattenwelt auf der Suche
nach Varius Geist.
Dieser konnte ohne seinen Wirt in der wirklichen Welt nicht existieren.
Also musste er hier irgendwo sein.
In ihrer Grösse schien die Welt aus Nebel, die alles in ein unheimliches
Grau in Grau tauchte, der unseren ähnlich. Doch war sie um ein
vielfaches Grösser, denn viele der höher gestellten Dämonen hatten hier
ihre Reiche errichtet.
Es waren Landstriche die sie nahtlos in die Umgebung eingefügt hatten,
Das kleine Häuschen erwies sich als wenig schützender Hort, denn auch
hier zogen Geister und Nebelschwaden direkt durch das Gemäuer.
Alicias Zeitgefühl nach zu urteilen dauerte es nicht lange, vielleicht
zehn Minuten, als ein massiger Körper die Wand hinter ihnen
durchschlug und sein, von Fell überzogener, Körper hart auf dem
Boden aufschlug.
Adiamus war zurück und als dieser mit einem breiten Lächeln auf den
Lefzen aufstand, hatte es etwas langes, silbrig schimmerndes in der
Hand. Ein Schwert!
Ein wenig mitgenommen sah er aus.
„Was ist denn passiert? Du siehst aus, als ob Dich ein Zug angefahren
hätte!“, fragte Alicia.
Als Thaldur die Schwingungen spürte, die von dem vermeintlichen
Schwert ausgingen, ersparte er sich jede Frage.
„So etwas ähnliches!“, begann Adiamus.
Er berichtete ihr von einer starken Aura, die er gespürt, ja, eine
Ausstrahlung nach der er gesucht hatte.
„Dieses Schwert ist eins von Wenigen, die den Wesen in diesen
Gefilden ernsthaften Schaden zufügen können.
Ein so genanntes Seelenschwert.
Geschmiedet in mystischen Feuer, bestärkt von hunderten gefallenen
Seelen, die die Schmiede bei ihrer Arbeit in die Klinge mit einwoben.“,
erklärte Adiamus.
Nachdem die beiden anderen Schutz in der alten Ruine gefunden hatten,
führte ihn die Schwingungen des Schwertes tiefer in das Reich eines
dieser Dämonen.
Adiamus fand ihn bei einer Art Parade, in einer Kutsche sitzend.
Die Parade führte durch eine Arena. Ähnlich dem Colosseum in Rom,
nur um einiges gewaltiger und prächtiger in der Ausstattung.
Die Wände schienen aus Gold zu sein, durchzogen mit prachtvollen
Runen.
Lange Teppiche hingen von den Balkonen herab, gefertigt aus feinster
Seide.
Vier schwarze Rösser zogen die Kutsche. Sie war geschlossen, bis auf
ein Seitenfenster durch das der Dämon in feinster Manier seinen Arm
hinaus hielt und sich auf diese Weise bei seinen Untertanen bedankte,
für die Ehrerbietungen, die sie ihm zukommen liessen.
Jeder Tritt der Hufe hinterliess Brandspuren in dem feinen Sandboden.
Aus den Nüstern der schwarzen Ungetüme stieg Rauch auf.
Der Werwolf sah unbeeindruckt dem Schauspiel zu, unbemerkt, denn
die anderen Anwesenden hatten nur Augen für ihren Meister.
Adiamus stand hinter der letzten Reihe von Untertanen, als die Kutsche
einige hundert Meter unter ihm vorbeifuhr.
Als sie sich fast auf seiner Höhe befand, sprintete er kurz entschlossen
los.
Niemand fiel die massive Gestalt auf, die die Stufen nahezu hinunter
flog. Seine Füsse schienen beim rennen nicht einmal den Boden zu
berühren. Mit einem gewaltigen Satz übersprang er die letzten Stufen
und den Rand des Balkons und stürzte weiter in die Tiefe.
Mit den gewaltigen Beinen voran durchbrach der Wolf das Dach des
Wagens, entriss dem Dämon das Schwert, bevor dieser überhaupt
erkannte was geschah und tötete den Dämon mit einem einzigen Hieb
seines eigenen Schwertes.
Mit einem Satz war er auch wieder aus der Kutsche heraus gesprungen,
mit einem noch gewaltigeren auf dem nächstliegenden Balkon und
sprintete die Treppe hinauf.
Die Gefolgschaft des Herrschers blieb wie angewurzelt auf den
goldenen Bänken sitzen.
Doch der Tod des Dämons hatte zur folge, das sich sein Reich in
Bruchteilen von Sekunden auflöste. Sogar zu explodieren schien.
Die Druckwelle, die darauf hin freigesetzt wurde, schleuderte Adiamus
den ganzen Weg, bis hier hin, wo die Mauer seinen Flug aufhielt. Denn
Raum und Zeit existierten in dieser Welt in einer anderen Form.
Durch leichte Neigungen, nach rechts oder links, seines gesamten
Körpers, konnte er ein wenig die Flugrichtung bestimmen, das war aber
auch schon alles, denn den Rest kannten sie ja.
Nun schien sich sein Reich aufzulösen, denn war sein Geist, sein
Wesen erst einmal dahingeschieden, so lösten sich auch seine
erschaffenen Landstriche in nichts auf.
So wie auch sein Geist. Er entschwand nicht in irgendeine andere
Sphäre, nein, er löste sich auf, als ob er niemals existiert hätte und das
von ihm Erschaffene gleich mit ihm.
eine halbe Drehung und wieder rieselte Russ und Asche zu Boden.
Alicia konnte das Wehklagen und leise Schreie hören, die aus der
langen glänzenden Klinge zu kommen schienen. Immer wieder
erklangen langgezogene Seufzer, als sich irgendwelche Gesichter in der
Klinge spiegelten.
Sie versuchte es zu überhören, denn offensichtlich war dies eine Waffe,
die Adiamus im Kampf gegen Varius durchaus von grosser Hilfe sein
könnte.
Grübelnd stand er da. Das Schwert in den Boden gepiekt, lässig daran
gelehnt und überlegte wie er denn diese wichtige Information
bekommen könnte.
„Soll ich Dir vielleicht noch was zu trinken besorgen, oder geht es
noch?“, rief Halledahl ihm in einem gestressten Ton zu, denn mit seiner
kurzen Klinge dauerte es ein wenig länger einen Gegner nieder zu
ringen.
John hingegen war nun voll und ganz vom Kampfgeschehen umringt.
Max wich nicht von seiner Seite und wütete fast genauso verheerend
unter der unwirklichen Armee, wie jeder andere der Verteidiger.
Adiamus Stimme war es, die ihn aus dem Gemetzel aufwachen liess,
“John….John…hörst Du mich?“
Er schaute sich um, köpfte einen Untoten hier, zerteilte einen in zwei
Hälften dort.
Doch nirgends war etwas von dem Werwolf zu sehen.
„John, wir brauchen Deine Mithilfe!!“, erklang wieder die Stimme des
Wolfes.
Gerade versuchte ein neuer Gegner auf ihn zu zu stürmen, doch John
liess sich nach hinten fallen, griff mit seiner freien Hand zu und
schleuderte ihn meterweit davon.
Wieder sah er sich um.
Er versuchte im Geiste eine Antwort zu geben,“ Ja, ich höre Dich! Wie
kann ich euch helfen?“
„Die Wesen müssen irgend eine geistige Verbindung zu Varius haben,
versuch bitte raus zu finden, wo in etwa er sich befindet!“
Ohne auch nur hin zu sehen, riss er sein Schwert in die Höhe, vollführte
Ein Funke, eine winzige Idee wurde in Johns Hinterkopf geboren.
„Ja, das könnte klappen…“, sagte er leise vor sich hin.
Max letzten Gegner noch den Rest gebend lief er auf Claudius zu.
Dieser Stand mit verschränkten Armen in einer Traube aus Untoten, die
ihn umringt hatten. Doch diese Tatsache schien dem Vampir nicht das
geringste aus zu machen, denn seine Schattenarme kämpften für ihn
und hielten die Gegner auf Distanz.
„Einen Moment noch!“, erklang Johns Stimme im Kopf des Wolfes, der
immer noch suchend mit seinen Gefährten durch das Schattenreich lief.
Die verdorbenen Seelen, vergessene Geister machten einen grossen
Bogen um ihn und seine Begleiter, denn auch sie spürten die mächtige
Waffe in seiner Hand.
Als John Claudius erreichte, war von der Traube nichts mehr da, noch
ein Rest Staub rieselte langsam zu Boden.
Er unterbreitete dem Vampir seine Idee. Dieser nickte nur zustimmend
und schickte zwei Schattententakel los.
Diese fanden auch auf Anhieb ein passendes Opfer, schlungen sich um
ihn und zerrten ihn zu John.
Für wenige Augenblicke schien die Kreatur in der Luft zu schweben,
bis sie vor John stand.
Als sich ihre Blicke trafen, lief John ein Schauer über den Rücken.
In den Augen seines Gegenübers sah er schwärze, eine Dunkelheit, wie
er sie noch nie vorher gesehen hatte. Tief in dieser Dunkelheit schienen
sich Flammen und Eis zu spiegeln. Doch nirgends sah er noch etwas
menschliches in ihnen.
Kurz entschlossen stellte er sich hinter dieses Wesen aus tausend und
einem Albtraum. Claudius hielt ihm den Rücken frei und auch Max
unterstützte den Vampir aus Leibeskräften.
Gleich zwei Gegner auf einmal riss der ehemalige Schäferhund zu
Boden, zerfleischte sie in windes eile und hinterliess nichts weiter als
Staub.
John hätte sich niemals träumen lassen, zu was der Hund im Stande
war. Sie kannten sich kaum, doch hatte er wohl einen grossen Platz in
dem kleinen Hundeherz eingenommen, so dass dieser sein Leben für ihn
geben würde.
Stolzerfüllt wandte er sich wieder dem Untoten zu.
Er stand breitbeinig hinter ihm, legte ihm seine Hände flach auf die
Schläfen und schloss seine Augen.
Im Kopf seines Opfers suchte er etwas. Das was ihn am Leben erhielt.
Dieser kleine Funke, der den leblosen Körper wandeln liess.
Zuerst war nur abgrundtiefe Dunkelheit vor ihm, gefolgt von einem
Gefühl. Unsäglicher Hass auf alles Lebende.
Blitze zuckten durch die Nacht, bildeten Erinnerungen an ferne Orte des
Lichts. Doch sie hielten nur kurz an, als dass John in ihnen irgendetwas
erkennen konnte.
Doch dann fand er wonach er suchte…
Adiamus, Thaldur und Alicia standen inmitten der Welt aus Nebel,
Schatten und dem allgegenwärtigen Grau in Grau. Als Adiamus von
Fern eine Stimme in seinem Kopf vernahm.
„Es geht los!“, hallte Johns Stimme in seinem Kopf.
Adiamus hatte gehofft das John ihm einen Hinweis auf einen Ort liefern
würde, doch was nun geschah war noch um vieles Besser.
Ein Strahl aus Feuer und Flammen durchschnitt die Nebel, schoss
direkt auf sie zu. Die Gruppe sprang aus einander und sie alle schauten
dem heissen, roten Flammenstrahl hinterher.
„Was ist das?“
„Unser Weg zu Varius!“, grollte der Wolf. „Folgt mir!!!“
Lange konnte er diese Verbindung nicht aufrechterhalten, denn John
spürte wie das Wesen in seinen Armen schwächer wurde.
Mit einem Mal zerplatzte der Untote in feinsten Ascheregen und war
einfach nicht mehr da.
Der vorher noch so unbändige Feuersturm, der ihnen den Weg wies,
wurde schmäler, feiner. Bis nur noch ein hauchdünner Faden sich durch
die Schattenwelt zog und plötzlich ganz verschwand.
Doch die Wege in dieser Sphäre waren kurz, wusste man die Wege zu
nutzen.
Adiamus wusste es, denn dies hier war seine zweite Heimat.
Varius mochte sich in seinem Versteck sicher fühlen, doch um seinen
Schutzschild, seinen Kokon aufrecht zu erhalten benötigte er viel Kraft,
Magie und Seelen, von denen er sich nährte. Genau das war sein
Schwachpunkt.
Dieses hohe aufkommen an Energien, gepaart mit dem „heissen“
Wegweiser, den John ausgesandt hatte…beides würde ihm und seinen
Begleitern den Weg zeigen.
So war es auch.
Ein grauer, fast unscheinbarer Kokon lag versteckt hinter einer Reihe
von Felsen. Unscheinbar sah er aus. Von der Ferne kaum auszumachen,
aber doch zog er Adiamus an. Wie ein Metallteil, das den Ruf des
Magneten folgte, so folgte auch der Werwolf dem Ruf der verdammten
Seelen.
Zusätzlich wies auch noch eine Brandstelle auf dem Stein, hinter dem
Varius in seiner Hülle lag, darauf hin, dass Johns Zeichen ihnen den
rechten Weg gewiesen hatte.
Der Schutzmantel um den Dämon war verbunden mit Verdammten, mit
verlorenen Seelen, die leise vor sich hin seufzten. Es war wie ein Chor,
der die schreckliche Melodie des Todes spielte. Unheimlich ertönte das
Klagen derer, die dazu auserkoren waren, ihm als Nahrung zu dienen.
Adiamus wies den beiden anderen zurück zu bleiben, denn niemand
konnte ahnen was passieren würde, wenn der Dämon aus seinem Schlaf
erwachte.
Er schwang das Schwert hin und her.
Es zischte bei jeder Bewegung ein leises, dunkles Lied.
Nebelschwaden wichen verängstigt zurück, als die Klinge scharf durch
sie hindurch glitt.
Der Werwolf durchtrennte mit mehreren Hieben die Nabelschnüre, mit
denen die Gefangenen mit Varius verbunden waren.
Mit einem wagemutigen Hieb schlug er auf den vor ihm befindlichen
Kokon ein. Die Klinge durchtrennte mühelos das metallähnliche
Äussere der Hülle. Wie ein halbiertes Ei fielen die Hälften auseinander.
Eine graue, wabernde Masse ergoss sich auf den Boden. Übel riechend,
tropfte sie aus den beiden Hälften.
Einen Schritt zurück weichend, das Schwert jederzeit einsatzbereit sah
der Wolf dem Geschehen vor sich zu.
Aus der gallertartigen Masse wuchs ein Körper, breite Flügel bildeten
sich. Lange Arme wuchsen, ebenso ein langer, echsenartiger Schwanz.
Dornen entstanden auf dem Rücken und den Schultern des Monstrums.
Schwarze, an Leder erinnernde, Haut überzog ihn von Kopf bis Fuss.
Als der Dämon den Mund zu einem breiten Grinsen verzog, waren
rasiermesserscharfe Zahnreihen zu erkennen. Als dieser seine Augen
öffnete war ein Feuer darin. Rauch stieg aus den Augenwinkeln seines
Gegenübers.
„Hallo Adiamus, es wurde auch Zeit das Du hier auftauchst. Ich hatte
schon viel früher mit Dir gerechnet.“, ertönte eine tiefe, verzerrte
Stimme.
„Ich musste Unterwegs noch ein paar Besorgungen machen. Was zum
essen einkaufen, frische Unterhosen, was zum Dämonen töten…..Das
übliche halt.“
Die Flammenaugen erblickten das lange, silbrige Etwas in Adiamus
Händen. Verschwommene Gesichter zeichneten Schatten auf der
Klinge und wenn man genau hinhörte, konnte man auch wieder das
seufzen und wehklagen hören.
„Glaubst Du allen ernstes, Du könntest mich in meiner Welt verhöhnen
Du Wurm?“
„Wurm? Hast Du mich einen Wurm genannt?“, er sah Tief in die
Augen des Dämons und grollte,“ Die genaue Bezeichnung meiner Art
ist Wolf!“
Mit einer senkrechten Aufwärtsbewegung hob er das Seelenschwert an
und zog die Klinge einmal von unten nach oben durch das Monster
hindurch.
Zuerst sah es so aus als würden beide Hälften auseinander klappen,
doch wie durch Zauberei fügten sie sich wieder zu einem Ganzen
zusammen.
Als die Heilung abgeschlossen war, sah Varius an sich herab.
Es hatte den Anschein als wenn es ihn ein wenig mitgenommen hätte,
aber er überspielte es gekonnt.
Wieder und wieder schlug Adiamus auf ihn ein, trennte ihm Körperteile
ab, die sich immer wieder zusammenfügten.
Die schwarze, gallertartige Masse tropfe aus vielen Wunden, die bei
jedem Kontakt mit dem Boden kleine Flammen hinterliessen.
Auch der Werwolf wurde getroffen, die langen Fingernägel des
Monstrums hinterliessen tiefe Fleischwunden auf Armen, Brust und
Rücken des Werwolfes.
Aber er ignorierte jede Art Schmerz. Jede Wunde spornte ihn nur noch
mehr an, härter und schneller zu zu schlagen.
Ein heftiger Schmerz durchfuhr seinen Körper, als ein Kurzschwert in
seinen Oberschenkel stach. Blut quoll aus der tiefen Wunde hervor und
der Geruch von frischem Blut zog ihm in die Nase.
Irritiert schaute John an sich hinunter und erblickte einen Zwerg, der
gerade wieder die Klinge aus dem ihm zugefügten Schnitt herauszog.
Zuerst dachte er, der kleine Kerl hätte ihn aus versehen getroffen, doch
als er ihm ins Gesicht schaute, wusste er, dass dem nicht so war.
In den Augen des Zwerges war tiefe Nacht eingezogen.
Offensichtlich war er ein Opfer von mittlerweile vielen geworden. John
glaubte das Gesicht schon mal gesehen zu haben, in der Zwergenstadt.
Er war eines der „Geburtstagskinder“ gewesen, dessen Ehrentag sie
damals gefeiert hatten. Doch in dem einst fröhlichen Gesicht stand nur
noch Schmerz und Irrsinn.
Noch ehe dieser zu einem weiteren Schwertstreich ausholen konnte,
durchtrennte John ihm den Schwertarm, um ihn in einer weiteren
Bewegung zu Asche zerfallen zu lassen.
„Entschuldige.“, seufzte er leise.
Aus der Ferne war ein lautes Brummen zu hören, einem landenden
Helikopter gleich.
Doch Claudius wusste mittlerweile, dass dies nicht möglich war, da
keine Maschinen, kein elektronisches Gerät in diesen Breiten
funktionierte.
Als er allerdings den Blick auf den Horizont hinter sich wandte,
erblickte er eine grosse, dunkle Wolke die auf sie zu hielt. Auf seinem
Gesicht war ein angedeutetes Lächeln zu erkennen.
Auch John sah nach hinten und erkannte einen riesigen Schwarm von
Käfern auf sie zu fliegen. Offensichtlich hatte Claudius kleines
Mistvieh seine ganze Verwandtschaft zusammengetrommelt.
Wie die Heuschrecken zogen sie an den Verbündeten vorbei und
stürzten sich im Tiefflug auf die Untoten und begannen damit, was sie
am besten konnten. Müll und Abfall fressen.
Wie Termiten frassen sie sich durch Hautschichten, krabbelten in offen
stehende Münder und sonstigen Körperöffnungen und frassen sich von
innen nach aussen und wieder zurück, durch unzählige Körper.
Viele ihrer Gegner fielen den Käfern zum Opfer.
Asche regnete hernieder und alles was von dem einen oder anderen
Wesen übrig blieb, war ein Haufen Staub und ein paar Käfer die den
nächsten Gegner ansteuerten.
Das sich nun auch die Gefallenen gegen ihre einstiegen Brüder
richteten, beschränkte sich nicht nur auf die Reihen der Zwerge.
Auch der erste Werwolf war der Nacht in seinen Augen verfallen und
begann sich gegen seine Verbündeten zu richten.
Schnell hatten die Wölfe ihn niedergerungen, denn ein Verhältnis von
drei zu eins konnte selbst er nicht überwinden.
Auch seine Fähigkeiten waren durch Varius nicht so leicht zu
kontrollieren und so besass er nichts weiter als seine übermenschliche
Kraft.
Sie nutzte ihm aber nichts und er zerfiel letztendlich zu Staub.
Doch die Möglichkeit, dass auch noch weitere mächtige Wesen gegen
sie wandten löste eine Unruhe in John aus.
Wieder kam ihm Alicia in den Sinn.
Wäre dieser Albtraum nicht gewesen, hätte er sie nie kennen gelernt.
Ihr Vertrauen in ihn, ihm einfach zu folgen, ohne gross Fragen zu
stellen. Ihre Opfer und Einsatzbereitschaft waren beispiellos.
Was sie wohl gerade tat, lebte sie überhaupt noch?
Diese Fragen hatten einen schalen Beigeschmack, denn eigentlich
kannten sie sich noch gar nicht richtig.
Zu wenig wusste er von ihr, denn wenn sie sich unterhielten steuerte
regelmässig das Gespräch auf John zu.
Wie seine Fähigkeiten wuchsen, wie es ihm ging…immer nur John,
John, John.
Sollten sie hier lebend aus der Sache rauskommen, würde er diesen
Punkt ändern.
Er erinnerte sich an den kleinen wirren Blondschopft, der hinter dem
Bett kauerte nachdem sie den abgetrennten Wolfskopf gesehen hatte.
Ihre Augen, die verängstigt über die Bettdecke lugten.
Erst jetzt wurde ihm klar, dass etwas an seiner Seite fehlte.
Alicia kauerte hinter dem Felsen und sah zu dem Wolf und dem Dämon
hinüber.
Thaldur wurde nach einem vergeblichen Versuch, Varius anzugreifen,
einfach davon geschleudert und landete unvermittelt auf ihr.
Immer wieder schlug Adiamus zu und sein Gegenüber steckte alles ein,
ohne die geringste Gegenwehr.
Offensichtlich musste er sich konzentrieren, um seine Truppen
weiterhin zu befehligen und wehrte sich nicht wirklich.
Der Zwergenmagier stand an ihrer Seite und schaute den beiden auf der
anderen Seite gebannt zu.
Ein wenig Ratlos sah er aus, die lustigen Sprüche, die sich sonst von
seinen Lippen lösten, waren verstummt.
Zu unwirklich war das Schauspiel anzusehen, welches sich ihren
Blicken bot.
Zwei gefallene Werwölfe lagen am Boden, regungslos schienen sie da
zu liegen.
Emmerich trat auf sie zu.
Ihre bepelzten Körper hatten einige Kampfspuren und Blut floss aus
unzähligen Wunden und sickerte ins Erdreich.
Ungläubig stand er vor den beiden, stiess sie mit der Fussspitze an.
Doch keinerlei Bewegung.
Er kniete sich neben sie und schaute ihnen in die Augen.
Es war nichts zu sehen als die fahlen Augen von Toten.
Keine Nacht, kein entfernter Feuerschein, nichts mystisches.
Sie waren einfach nur…Tot!!
Varius wurde es zu bunt, begann sich aus Leibeskräften gegen den
Werwolf zu wehren, der ihn bedrängte.
Immer wieder krallte er sich im Fell des Wolfes fest, fügte ihm tiefe
Wunden zu.
Diese schlossen sich aber rasch wieder.
Doch er besass leider keine Waffe wie Adiamus, stattdessen versuchte
er seinen Gegner mit seinem dornenbewachsenen Echsenschwanz und
Klauen zu treffen, was ihm auch das ein oder andere Mal gelang.
Doch dem Wolf schien das nichts auszumachen, stattdessen wich er
ihm immer wieder aus, nur um im nächsten Moment wieder einen
genau platzierten Schwerthieb auszuführen.
Immer mehr der schwarzroten Masse sammelte sich unter Varius
Füssen, bildete kleine brennende Pfützen.
Auch John fiel es auf, ebenso Claudius und all den anderen, die noch
auf seiner Seite waren.
Die Untoten griffen nicht mehr so massiv an, wie vorher.
Ihre Anzahl war immer noch beeindruckend und sie stürzten sich noch
immer auf ihre vermeintlichen
Opfer, doch die Schärfe, Konsequenz und Geschwindigkeit in ihren
Bewegungen liess nach.
Auf diesen Moment hatte Emmerich gewartet…
Er gab Claudius ein Zeichen zum Sammeln.
Eine Stimme, einem Donnerschlag gleich, erklang von allen Seiten des
Schlachtfeldes, schallte hin und her. Ein kurzer Befehl wurde
ausgesprochen, „SAMMELN!!!“.
Und die Verbündeten hörten auf die Stimme von fern und zogen sich
langsam zurück.
Die Zwerge hatten herbe Verluste einstecken müssen.
Von der ehemaligen Hundertschaft war nicht einmal mehr die Hälfte am
Leben.
Auch die Werwölfe hatten fünf ihrer Brüder verloren.
Den kämpfenden Vampiren erging es nicht viel besser.
Nur die Magier und magiebegabten Vampire waren noch vollzählig.
Kein Wunder, denn sie standen auch, wie von alters Sitte her, in der
hintersten Reihe.
„Wir müssen einen gezielten Schlag ausrichten.“, begann Emmerich,
wobei er „einen“ ganz besonders betonte. „Ihre Reihen werden von mal
zu mal schwächer, vermutlich hat der Dämon einen Teil seiner Macht
einbüssen müssen. Wenn wir gemeinsam zuschlagen, könnten wir
Adiamus vielleicht einen Vorteil verschaffen.“
Alle Anwesenden, abgesehen von denen, die das untote Heer auf
Distanz hielten, stimmten ihm zu.
Sie bildeten eine Kette, Magier und Vampire, in deren Mitte Emmerich,
Claudius und John standen.
Magier erhoben die Hände zum Himmel und erschufen aus dem Nichts
riesige Feuerbälle, die über ihren Köpfen zu schweben schienen.
Kugeln aus gleissend weissen Blitzen erschienen daneben.
Sie erinnerten an ein Gewitter in einem Schneekugelglas.
Vampire sogen jeden Schatten in der Umgebung in sich auf. Aus ihren
Augen und Mundhöhlen schienen sie heraus zu züngeln.
Sogar an den Enden ihrer Finger waberten Schatten, wartend.
Auch John konzentrierte sich mit geschlossenen Augen.
Er versuchte so viel Kraft wie möglich in diesen einen Strahl zu
stecken. Die Klinge seines Schwertes schien rot zu glühen.
Immer heller und heller wurde sie. Flammen spiegelten sich in dem
Metall, züngelten hier und dort sogar hervor.
Alle warteten auf ein Kommando.
Emmerich sah sich um, alles schien bereit zu sein.
Er schaute zu Claudius, nickte nur kurz und wartete ab.
Wieder donnerte die Stimme des Vampirs von allen Seiten über das
Plateau, “LOOOS!!!“
Die Kämpfer, die bisher die Zombies in Schach gehalten hatten, liessen
sich, wo sie gerade standen, fallen und kauerten sich zusammen.
Noch ehe ein Einziger, der unwirklichen Armee, irgendwie reagieren
konnte, brach für sie die Hölle auf Erden los.
Gewaltige blitzende Kugeln rollten hinunter zu den Angreifern.
Feuerbälle, die mit jeder Rotation zu wachsen schienen, folgten ihnen.
Flammenstrahlen erhellten die Umgebung, tauchten die Umgebung mit
dem bläulichen Tageslicht in unwirkliche Schemen.
Schattenarme und Tentakel aus ewiger Nacht griffen nach denen, die
noch standen.
Zerquetschend, reissend bahnten sie sich ihren Weg ins Tal.
Selbst die Käfer ergossen sich in einem einzigen Strom auf ihre Opfer.
Alles was nicht lebendig war und sich trotzdem bewegte, fiel den
Verteidigern zum Opfer.
John meinte stumme Schreie zu hören, von den sich windenden
Körpern, kurz bevor sie zu Staub und Asche zerfielen.
Der Dämon krümmte sich vor Schmerzen. Kurz schien es, als ob er sich
auflösen würde. Doch dann nahm er, einen Liedschlag später, wieder an
Form und Substanz zu.
Noch immer den Oberkörper gebückt, die Hände vor den Bauch
geschlagen, sah er zu Adiamus auf.
Unsäglicher Hass loderte in seinem Blick. Flammen züngelten in den
Augenhöhlen.
„DUUU!“, spieh er förmlich das Wort aus.
Wortlos, um Luft ringend, sah Adiamus sein gegenüber an.
Das Schwert fest umschlungen, suchte er in seinem Innersten noch nach
verbliebenen Kraftreserven.
Seufzend bat er sein Schattentotem um Kraft.
Bereitwillig floss diese mystische Kraft in seine Arme.
Von dort aus weiter in den Schaft und letztlich in die Klinge des
Schwertes. Dort verband sie sich mit den seufzenden Seelen, deren
Gesichtsausdruck von hoffnungsloser Resignation zu einem grimmigen,
hasserfüllten Blick wandelte.
Auch einen Teil seiner eigenen Macht fügte er dem Seelenschwert
hinzu. Bereit alles zu geben, für nur einen einzigen, endgültigen,
tödlichen Treffer.
Er atmete nochmals tief ein.
Seine Arme waren schwer.
Die Beine fühlten sich an als wären sie aus Gummi.
Sein Gegenüber richtete sich langsam wieder auf.
Die schreckliche Grimasse zu einem verzerrten Grinsen verzogen.
In einer, für das menschliche Auge, kaum wahrnehmbaren
Geschwindigkeit hechtete Adiamus auf sein Gegenüber zu.
Er drehte sich im Sprung, um noch mehr wucht in den Schwerthieb zu
legen.
Adiamus konnte regelrecht spüren, wie die Klinge den Hals des
Dämons durchtrennte.
Der Werwolf drehte sich noch einmal, mit den letzten Kraftreserven,
um die eigene Achse, riss ein letztes Mal die Klinge in die Höhe und
zerteilte Varius der Länge nach und fiel schwer atmend auf die Knie.
Das struppige Fell des Werwolfs wechselte in kürzester Zeit seine
Farbe. Von einem kräftigen schwarz, mit silbrig grauen Strähnen, zu
einem strahlenden weiss.
Binnen Sekunden schien er gealtert zu sein.
Jede Bewegung schmerzte, doch er hob noch einmal seinen Kopf und
blickte zu dem Dämon auf.
Sein eigenes Blut färbte das Fell des Wolfes an etlichen Stellen rot.
Die Narben die die Klinge im Dämon hinterlassen hatte, schlossen sich
nicht, wie es vorher der Fall gewesen war.
Stattdessen floss etwas aus ihnen hinaus.
Es erinnerte Alicia an Lava, wenn sie in langen Bahnen dem Berg
hinunter floss.
Wo sie den Körper des Dämons verliessen und den Boden berührten,
stoben immer wieder kleine Flammen auf.
Thaldur schickte ein wahres Feuerwerk los, um seinen alten Freund zu
unterstützen.
Blitze und Strahlen aus Feuer schlugen auf den Dämon ein.
Dessen ganzer Körper begann zu pulsieren.
Varius setzte zu einem Schrei an, doch kein Laut kam mehr über seine
unförmigen Lippen.
Kein Geräusch durchschnitt die Luft, als er sich in Nichts auflöste.
Keine Explosion, kein zerplatzen oder dahinschmelzen.
Dort wo der Dämon eben noch gestanden hatte, war einfach…nichts
mehr.
Nur ein Werwolf, weiss, wie Schnee der an einem sonnigen Wintertag
hernieder rieselt, lag auf der Erde.
Als Thaldur und Alicia ihren Schützenden Felsen verliessen und zu
Adiamus eilten, ging sein Atem langsam und ruhig.
Kaum sichtbare Bewegungen waren es, die Alicia Angst machten.
Sein Puls war kaum mehr spürbar und seine Atmung war flach aber
regelmässig.
Weder schubsen, noch schütteln oder seinen Namen rufen halfen in
irgendeiner Art.
Traurig sah sie zu dem Zwerg hinüber, dessen Miene ein Abbild der
ihren war.
Land der Träume.
Von ferne klang ein bekanntes Geräusch an sein Ohr. Ein Lied. Ein ihm
bekanntes Lied.
Die Titelmelodie zu „der Pate“?
Hatte er alles nur geträumt?
Musste er einfach die Augen öffnen und der ganze Spuk hätte ein
Ende?
Die Melodie erstarb und es war ihm auch schon wieder egal gewesen.
Erschöpft sank John auf die Knie.
Überall war noch Staub und Asche in der Luft.
Sein Körper fühlte sich ausgelaugt und leer an.
Max trottete herbei, sah ihn an und liess sich in den Dreck fallen.
Ehe er alle Viere von sich gestreckt hatte, setzte auch wieder die
wundersame Rückverwandlung ein.
Claudius ging an sein Handy, welches wie Wunder wieder
funktionierte.
„Ja?“
„Erhabener Meister, Schulze hier. Endlich erreiche ich sie!“, erklang
eine Stimme. “Alle elektrischen Geräte waren ausgefallen, die
Hubschrauber sind abgestürzt. Wir konnten nur verbrannte Überreste
bergen. Es gab kein durchkommen zu ihnen. Ausserdem wurden wir
angegriffen. Ein Grossteil meiner Jungs sind bei dem Versuch, zu ihnen
durchzukommen leider umgekommen. Aber unsere Autos laufen nun
wieder und wenn sie mir sagen, wo sie sind, kommen wir sie abholen!“
Die moderne Welt hatte ihn wieder.
„Ich melde mich später.“, sagte Claudius und legte auf.
Sie hatten es geschafft. Mit vereinten Kräften hatten sich vermutlich
Adiamus und den anderen die Zeit und Möglichkeit verschafft, die von
Nöten war um Varius zu vernichten.
Denn Diejenigen, die ihr Angriff nicht zu Staub verwandelt hatte,
zerfielen nach kurzer Zeit ohne ihr zutun.
Nun hiess es für ihn erst einmal warten.
Warten auf Alicia, Adiamus und Thaldur, die hoffentlich gute
Neuigkeiten zu berichten hatten.
John fiel nach vorn über und rollte sich zu Max.
Jede Bewegung war zu viel für ihn.
Alles was er jetzt brauchte, war ein wenig Ruhe.
Er spürte den warmen, weichen Hundekörper an seiner Seite.
Ein leises Schnarchen erklang aus seinem Rachen.
Normalerweise hätte er ein Kissen nach dem Schäferhund geworfen,
doch dieses gleichmässige Atmen und Röcheln wiegte ihn langsam ins
John wandelte durch einen dichten Nebel. Feuchte, salzige Meeresluft
umgab ihn.
Als sein Fuss ins leere trat hielt er sofort inne und schaute sich um.
Die Nebel verzogen sich langsam und gewährten ihm einen Blick
hinunter in die Tiefe, wo die Wellen sich an schroffen Klippen brachen.
Als John sich umdrehte sah er eine Art Begräbnisritual.
Er kannte es aus vielen Western, oder auch Wikingerfilmen.
Ein Körper, aufgebahrt auf Holzscheiten. Stroh lugte immer wieder
zwischen den Scheiten hervor.
In der Luft hing der kalte Geruch nach Öl und Kräutern.
Eine Person, ganz in weisses Fell gekleidet lag hoch oben auf dem
Altar.
Ein kleines Männlein kam andächtig auf den Altar zugegangen, eine
Fackel in seiner rechten Hand.
Er glaubte den Zwergenmagier zu erkennen, aber war sich nicht sicher.
Eine weiter Person, eine Frau offensichtlich, stand mit gesenktem Kopf
schluchzend neben dem Holzbau.
Der Zwerg trug die Fackel bis kurz vor das Gebilde, sprach ein paar
Worte in einer Sprache, die er nicht verstand und entzündete den Altar.
Flammen frassen sich durch das ausgetrocknete Holz.
Hier und dort zischte es, wenn Wasser aus den noch teilweise feuchten
Holzscheiten quoll.
Immer heller und heller wurde es.
Nun konnte er auch die beiden Personen erkennen, die Trauernd auf die
Person hoch oben in den Flammen blickten.
Es waren Alicia und Thaldur!!!
Die Erkenntnis traf ihn wie ein Blitz.
Adiamus war tot!!!
Er erwachte. Traumverloren schaute er sich um.
Max lag noch immer zusammengerollt neben ihm, während die anderen
Verbündeten in grossen Gruppen zusammen sassen und über die
vergangenen Geschehnisse beratschlagten.
John war wieder hellwach und sprang mit einem Satz auf.
Der Schäferhund tat es ihm gleich, blickte aber noch ein wenig
schlafversunken drein.
Sofort schloss John die Augen, suchte nach einer Aura in den Weiten
des Hier und auch in der Schattenwelt.
Wie einem roten Faden folgte er einem schwachen Licht, das noch
langsam immer und immer schwächer zu werden schien.
Sein Geist durchforstete die Welt, die nicht die seine war in
Sekundenbruchteilen, doch erschien es ihm wie eine Ewigkeit.
Dann fand er, wonach er gesucht hatte.
Der schneeweisse Wolf lag auf dem Rücken, umgeben von Alicia und
Thaldur, die ratlos dreinblickten.
All das Wissen, dass Thaldur sich in den vielen Jahren seines Lebens
angeeignet hatte, schien hier nichts ausrichten zu können.
John verlor keine Zeit, den Hund an seiner Seite trat er über in die Welt,
die neben der seinen Existierte.
Sein Ziel genau vor Augen lief er los und Max folgte ihm auf dem
Fusse.
Wenige Augenblicke später erreichte er diejenigen, die er gesucht hatte
und ging langsam auf sie zu.
Als Alicia die Anwesenheit der beiden bemerkte, schaute sie zu ihnen
auf.
Von Tränen aufgequollene Augen schauten zu ihm auf, „Er liegt im
sterben!“ , seufzte sie leise.
In ihrer Stimme klang Verzweiflung mit.
Auch John kniete sich nun neben den Werwolf.
Trauer begann Besitz von ihm zu ergreifen, als er den, einst so
mächtigen, Adiamus dort liegen sah.
Er wollte ihm gerade die Hände auflegen, als gleissend helles Licht in
seinen Augen brannte. Schützend hob er die Hand vor seine Augen,
versuchte irgend etwas zu erkennen.
Doch das Licht war so rein und klar, das es sogar durch seine
geschlossenen Lieder zu dringen schien.
Das Leuchten liess nach, bildete nach und nach einen Körper.
Weiche Züge nahmen Formen an und als auch noch Farben mit ins
Spiel kamen, erkannte er die Person, die nun vor ihnen Stand.
Es war Lomasi.
Sie schien halb durchsichtig zu sein, wie ein Geist.
Doch sie bewegte sich auf sie zu und ihr Indianerkleid schien im Wind
zu wehen und raschelte bei jeder Bewegung.
„Kannst Du ihm helfen?“, schluchzte Alicia, den Blick auf den Geist
der Indianerfrau gerichtet, die Adiamus offenbar einmal geliebt hatte.
„Tut mir leid, das kann ich leider nicht…“ ,wisperte ein Windhauch
ihnen zu, „…aber ihr seid in der Lage ihm zu helfen!“
„Aber wie?“
„Ich helfe euch dabei.“, sagte sie in einem sanften Ton.
Thaldur, Alicia und John knieten um Adiamus herum.
John neben Alicia und ihnen gegenüber der Zwerg.
Max beobachtete alles mit einigem Abstand.
Ein wehklagen, einem Ruf der Wölfe gleich drang aus seiner Kehle.
Den Kopf zum Himmel gereckt.
Es klang wie eine Trauermelodie, die Nachts in den weiten Steppen zu
hören war, wenn Wölfe von ihrem harten Leben erzählten und den
Mond um Hilfe anriefen.
Lomasis Geist kniete über Adiamus Kopf, das Seelenschwert über beide
Hände gelegt.
Sie hatte die Augen geschlossen und schien alte Formeln zu sprechen,
in einer Sprache die keinem der Anwesenden vertraut war, ausser ihr
selbst.
Mit einem mal öffnete sie die Augen, nahm das Schwert in die rechte
Hand, wirbelte es gekonnt herum und stach es dem Werwolf in die
Stelle, wo sein Herz sein sollte.
Erschrocken schauten sie alle Lomasi an, hatte sie den Verstand
verloren???
Sie legte sanft ihre Hand auf den Knauf des Seelenschwertes und bat die
Anderen es ihr gleich zu tun.
Als alle Hände auf dem Knauf lagen, schloss sie wieder die Augen und
begann ein Lied anzustimmen, ebenfalls aus alter Zeit.
Sie spürten, wie eine sich Wärme in ihren Handflächen ausbreitete.
Sie begannen, zuerst ein wenig, dann immer stärker zu pulsieren.
Die Seelen, die in dem Schwert gefangen waren stimmten in ihr Lied
mit ein.
Das pulsieren wurde immer stärker, sie fühlten wie nach und nach die
Verlorenen die Klinge verliessen.
Mit jeder Seele die davon schwebte gewann das Fell des Wolfes mehr
und mehr an Farbe.
Adiamus Fell begann rot zu glühen.
Zuerst war es kaum wahrzunehmen, doch nach und nach wurde es
stärker.
Von unten schien etwas gegen das Schwert zu drücken und schob es
Stück für Stück aus Adiamus Brust.
Plötzlich leuchtete auch das Metall in einem sanften rötlichen Ton und
verschwand einfach unter ihren Händen.
Es löste sich in Nichts auf.
Kaum war dies geschehen öffnete der Werwolf langsam die Augen und
sah sich um. Noch ein wenig schwach versuchte er sich aufzusetzten.
Mit Johns und Thaldurs Hilfe gelang es ihm auch.
Er war noch ein wenig schwach auf den Beinen, aber nach und nach
kehrten seine Kräfte zurück.
„Was ist passiert?“, fragte er die Anwesenden.
John sah zu Lomasi und sagte, „ Ich denke hier ist jemand, der es Dir
am besten erklären kann.“ An die anderen beiden gerichtet sagte er nur,
„Kommt.“
Und sie entfernten sich ein paar Meter von dem, auf dem Boden
sitzenden Werwolf.
Lomasi trat um ihn herum und setzte sich neben ihn.
Unaussprechliche Freude funkelte in seinen Augen, als er seine
verstorbene Liebe erblickte.
Sie hatten sich noch einiges zu sagen, bevor sie wieder gehen musste.
Ein letztes Mal umarmten sie sich.
Sie gab ihm noch einen Kuss auf die behaarte Wolfsschnautze und
verschwand, die Hand winkend zum abschied erhoben, im gleissenden
Licht.
John war sich nicht ganz sicher, aber er meinte in den Augen des
Wolfes Tränen gesehen zu haben, als dieser sich wieder aufrichtete.
Er kam zu ihnen herüber. Lässig an den Fels gelehnt warteten sie auf
ihn.
„Wie geht’s Dir, alter Freund?“, fragte der Zwerg.
„Dank euch wieder recht gut. Ich bin vielleicht noch ein wenig schwach
auf den Beinen, aber das wird schon wieder.“
„Dann lasst uns doch zurückkehren und sehen was die Anderen
machen.“, schlug Alicia vor.
Sie folgten Adiamus, der zwar noch ein wenig langsam war, aber er
kannte immer noch die Wege, die ihn schnellstens an sein Ziel führten.
Wenige Augenblicke später standen sie wieder in ihrer Welt, auf der
Anhöhe über der Stadt.
Jetzt, so kurz nach dieser überstandenen Schlacht, halfen sie noch
einander.
Doch wie würde es Morgen, oder nächste Woche aussehen, wenn
langsam die Nebelschleier des Vergessens über das Erlebte ziehen
würden?
Einige beglückwünschten sogar einander zum Sieg.
Sogar Claudius trat neben Adiamus und der Wolf reichte ihm die Hand.
Freiwillig!
Als der Werwolf, John, Alicia, Thaldur und Max auf der Kuppe des
Berges ankamen, dort wo sich früher einmal ein beliebter Ausflugsort
befand, sammelten sich ihre Mitstreiter bereits.
In mehreren kleinen Gruppen standen diese zusammen.
Allerdings war es nicht so wie früher, als die einzelnen Rassen, Wesen
der gleichen Herkunft, unter sich blieben.
Nein, Vampire standen mit Magiern, Zwergen und Werwölfen
zusammen. Dabei schienen sich ganz normal zu unterhalten und
einander zu helfen wo es notwendig war. Feen flatterten aufgeregt
umher, schienen zu einer Melodie zu tanzen, die wohl ausser ihnen
niemand vernahm.
Alles in allem war es ein merkwürdiger Anblick.
John und Alicia sahen sich weiter um.
Der Anblick, welcher sich ihnen bot, war ernüchternd.
Überall sah man Aschehaufen liegen. Grosse Lehmhaufen, die
stummen Zeugen der wandelnden Golems, reckten sich hier und dort
noch in die Höhe.
Auch der ein oder andere tote Mitstreiter lag noch dort, wo er gefallen
war.
John sah fragend zu Adiamus und den Blick den dieser erwiderte,
schien Bände zu sprechen. Denn dieser Blick verriet ihm, dass der Wolf
ähnlichen Gedanken nachging.
Ihr Blick wanderte auch hinunter zu dem Ort selbst, der nun ruhig vor
ihnen lag. Allerdings war die Stadt selbst ein Ort der Verwüstung.
An einigen Stellen loderten noch Feuer. Aschehaufen lagen auch hier
Auch Alicia schloss John nun endlich in die Arme, überglücklich das
Vergangene gesund und munter überstanden zu haben.
Max hingegen wuselte aufgeregt, kreuz und quer, zwischen den
Gruppen der Überlebenden umher.
Er hatte mittlerweile wieder die normale Grösse und das Aussehen
eines ganz normalen Schäferhundes.
Doch die Freude über ihren Sieg war weitaus grösser, als die Trauer
über den Verlust geliebter Freunde.
Noch, denn irgendwann würde auch diese Stimmung umschlagen. Auch
wenn es noch ein wenig dauern würde.
weit verstreut. Die Häuser und Strassen boten keinen sonderlich
wohnlichen Anblick.
Es schien als wären Gevatter Tod und seine Freundin Chaos Hand in
Hand hindurch gewandert.
Nach einiger Zeit versammelten sich die verbliebenen Magier und
bildeten einen großen Kreis. Sie schlossen alle die Augen, erhoben die
Arme in den vernebelten Himmel und es wurde ein rhythmisches
Gemurmel laut.
Der Singsang drang in die Luft ein und ein Windhauch sammelte sich
über den Köpfen der Mächtigen, die murmelnd im Kreis standen.
Der Windhauch wurde zu einem kleinen Sturm, der sich erhob und
durch die Stadt fegte...
Er zog durch die Gassen, wirbelte durch kaputte Fenster in die
zerstörten Häuser hinein. Nebelwaden begleiteten den Sturm, legten
über die Stadt ein Schleier des Vergessens...
Nach geraumer Zeit, ließen die Magier die Arme erschöpft sinken und
der Gesang verstummte.
John blickte verwundert in das Tal hinab und staunte nicht schlecht, als
er entdeckte, was die Magier geleistet hatten.
Häuser waren wieder in ihren alten Zustand gebracht, sie hatten sogar
ganze Straßenzüge wieder hergestellt.
Das Chaos war beseitigt, nichts erinnerte mehr an den Kampf, an die
Verwüstung, die soeben noch in der Stadt geherrscht hatte.
Noch ein wenig erschöpft trat Emmerich neben ihn und folgte Johns
Blick ins Tal.
"Wo seid ihr denn nur gewesen, als meine Mutter mich immer mein
Zimmer aufräumen liess?"
"Das, mein Freund, ist eines der Geheimnisse, die wir niemals erfahren
werden.", antwortete der Magier.
In der Zwergenstadt wurden zwischenzeitlich die letzten Verwundeten
versorgt und ein wahres Festmahl aufgetischt.
Ein wenig Abseits des Festbanketts standen zwei Personen im Schatten
des Brunnens, lässig an dessen alten, aus massiven Steinen errichteten,
Rand gelehnt.
"Was meinst Du, haben wir schon gewonnen?", fragte der dickere der
Beiden und nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Krug.
Der Schlankere sah auf seine Uhr, die wieder, wie durch ein Wunder,
wieder ihren Dienst tat.
"Ich würde mal sagen...ja."
Ein Schwarm kleiner Feen hüllte die beiden ein.
Nahezu geräuschlos waren die Flügelschläge, nachdem sie das Portal
durchflogen hatten und auf sie zugesteuert waren.
Das Portal, welches Thaldur erschaffen hatte wies auch den anderen
Mitstreitern den Weg in die Zwergenstadt.
Verwundert sahen die beiden dem Trupp nach, der dem Weg ins
Zentrum folgte.
"Hmm," überlegte der Schlankere laut, " siehst Du auch was ich sehe?"
"Was meinst Du, die Wölfe, Zwerge, Vampire..."
"Letztere zum Beispiel, es müsste draussen noch ein wenig
Sonnenschein herrschen, aber die rennen hier rum wie Falschgeld,
anstelle sich in Staub, oder was auch immer aufzulösen."
"Frag doch unseren Freund von eben, den mit den weiten Klamotten,
vielleicht erklärt er Dir warum sein Hintern nicht in Flammen
aufgegangen ist."
"Es war das Werk der Hexenmeister, oder besser gesagt Magier, wie ihr
sie nennt!"
Die Feen zischten erschrocken in alle Himmelsrichtungen davon, als
die Gestalt hinter ihnen den Satz angefangen hatte.
Auch die beiden, die eben noch so locker an dem Brunnen gelehnt
hatten, taten einen schnellen Schritt nach vorn und drehten sich erst
danach um.
"Entschuldigt, es ist nun mal eine alte Angewohnheit von mir."
"Was, das Belauschen, oder das Anschleichen?", fragte der Dickere.
"Beides, so fürchte ich. Aber sagt mir, fürchtet ihr euch nicht vor Wesen
wie uns?"
Mit einem Satz Stand er auch schon hinter den beiden, hielt lächelnd
sein Glas mit einer dickflüssigen, roten, Flüssigkeit in der Hand,
welches nicht einen Tropfen seines Inhalts bei dem Sprung verlor.
Seine Gegenüber sahen einander kurz an, zuckten mit der Schulter und
es war der Schlankere, der ihm antwortete.
"Naja... Werwölfe, Vampire, Rechtsanwälte, GEZ-Eintreiber.
Irgendwann gewöhnt man sich an alles."
Ein breites Lächeln zog über das Gesicht des Vampirs.
"Eine durchaus gute Antwort. Hätte ich nicht erwartet." Er sah zu den
Anderen hinüber.
"Ich muss weiter, wohl möglich sehen wir uns noch, ansonsten wünsche
ich euch ein langes und friedliches Leben."
Mit diesen Worten verliess er die beiden.
"Sag mal, hast Du sie noch alle?", fragte der Dickere, als der Vampir
weit genug entfernt war.
Sein Freund nahm einen tiefen Schluck aus seinem Krug und antwortete
knapp.
"Warum?"
"Die Jungs hier mit Anwälten und GEZ- Jungs auf eine Stufe zu stellen?
Bist Du Lebensmüde? Ich an seiner Stelle hätte uns die Köpfe
abgerissen und dann als Tetrapack benutzt!"
"Er fand es wohl lustig...Prost!"
"Ja, Prost!"
Alicia, John, Adiamus, Claudius, Thaldur und Emmerich sassen
zusammen an einem Tisch inmitten des Treibens. Überall wanderte
Essen und Trinken umher, in den verschiedensten Formen und
Varianten.
Alicia sah zu den Überlebenden des kleinen Städtchens hinüber.
"Was wird mit ihnen geschehen?"
"Wir werden sie später zurückschicken und ihnen die Erinnerungen an
den heutigen Tag nehmen. Das Verschwinden ihrer Angehörigen und
Nachbarn werden wir ihnen wohl nie erklären können, vielleicht
schieben wir es am besten auf Aliens, die sind in den Staaten auch
immer der Grund für alles." Erzählte Emmerich.
"Wahrlich eine gute Idee mein Freund. Doch ein Erdbeben oder eine
andere Naturkatastrophe wäre eine bessere Alternative. Noch ein paar
beschädigte Häuser dabei und es wirkt glaubhaft."
Thaldur und der Magier sahen sich an.
"Dann hätten wir uns einiges ersparen können, aber es klingt wirklich
besser als die Alienvariante. Wir werden später darüber nachdenken.
Doch lasst uns erst noch ein wenig unseren Sieg feiern."
Es dudelte Musik aus allen Ecken, es duftete nach leckerem Gebäck,
Ausgelassenheit und Fröhlichkeit lag in der Luft...die Überlebenden
vergaßen für ein paar Stunden, was geschehen war und waren froh,
alles überstanden zu haben, und genossen die Gastfreundschaft der
Zwerge.
Die beiden lustigen Gesellen vom Brunnen hatten sich auch etwas
leckeres zum essen organisiert, hatten zwischenzeitlich das ein oder
andere mal ihre Krüge nachfüllen lassen und waren wieder, nach einem
kleinen Rundgang durch die Zwergenstadt, am Brunnen angelangt...
"Wasss für...hicks... ein Tag...!", lallte der Schlankere der beiden, er
vertrug nämlich nicht ganz so viel Alkohol wie der Dickere, aber selbst
den haute das Zwergenbier um.
"Jo...", ertönte es aus dessen Mund, "Erst fliescht die Hütte in die
Luft...", er nahm einen tiefen Schluck aus dem gut gefüllten Krug,
"dann noch dieses...dieses...ganze Viechzeugs hier...hicks..."
"Jenau!! Fell und laaaange Zähne wohinn man guckt....!", pflichtete der
Schlankere seinem besten Freund bei.
Laut krachten die Krüge aneinander, als sie anstießen...die Wucht des
Zusammenstossens der massiven Bierkrüge ließ die beiden zurück
torkeln, denn ganz so standhaft waren sie dann doch nicht mehr.
Es ertönte ein lauter Schrei, als der Schlankere in den Brunnen stolperte
und kopfüber drin hängen blieb, denn sein rechter Fuß hatte sich
glücklicherweise in einem Seil verfangen, und so baumelte er in dem
Steinbrunnen und fluchte vor sich hin.
Der Dickere der beiden stolperte außen am Brunnen noch umher und
schaute suchend umher:" Ja, wo isser denn hin...?" Und es dauerte nicht
lange, da verlor auch er die Balance und fiel kopfüber in den Brunnen
hinein, rauschte mit einem fluchenden "Scheisse" an seinem Freund
vorbei, konnte auch den hölzernen Trog nicht mehr fassen und landete
klatschend unten im Brunnenwasser...
"Hascht Du noch etwas Bier...?", tönte es von dem kühlen Nass nach
oben zu dem Hängenden..."Nee, meins hat sich auch iiiirgendwie
verabschiedet...hicks...", kam prompt die Antwort...
"Scheisse!", kam von beiden und ein lautes Lachen ertönte aus dem
Brunnenschacht...
Da hingen sie nun, genauso wie Emmerich und Thaldur schon
Jahrhunderte vor Ihnen...aber auch Ihnen wurde geholfen, nachdem man
die Feierlichkeiten beendet hatte und die Überlebenden schon wieder in
ihrem kleinen Städtchen zurück waren.
Man hatte das Geschehene vergessen gemacht, ihnen neue
Erinnerungen eingepflanzt.
Es wurden sogar von Ausserhalb neue Familien in das kleine Städtchen
gebracht.
Ihnen, ihren Angehörigen und den alten, neuen Nachbarn wurden die
Erinnerungen so verdreht, als ob die Neuankömmlinge schon lange Zeit
dort leben würden.
Sogar neue, alte Arbeitsstellen und Stätten wurden eigens für sie
eingerichtet.
Es war ein gewaltiges, logistisches Unternehmen, welches rasant
schnell ablief.
Einige Ruinen und zerstörte Bauten waren aber wieder rekrutiert
worden...denn es sollte ja eine glaubwürdige Geschichte gestrickt
werden...
Insgesamt war es eine Meisterleistung, zwischen Magiern, Vampiren
und auch Teilen der Regierung, die über die Geschichte im Bilde war.
Man musste nur die richtigen Menschen, oder wohl eher Vampire, an
den richtigen Stellen sitzen haben, denn sonst hätte diese
Vertuschungsaktion wohl kaum so über die Bühne laufen können.
Später würde alles als Erdbeben, mit nachfolgendem Stromausfall
abgetan.
Doch zwei der Bewohner des Städtchens, wussten noch immer um die
Geschehnisse, die sich in den letzten Tagen zugetragen hatten.
Als die Rückführaktion stattfand, hingen sie ja im besagten Brunnen
fest.
Alle anderen beteiligten Menschen beseitigten bereits die kleinen
Schäden, welche das Erdbeben, oder genauer gesagt die Magier, ihnen
hinterlassen hatten.
Niemand von ihnen ahnte auch nur, was dort in den letzten Tagen
passiert war.
Niemand, ausser den beiden Brunnenbesuchern.
Doch diese beiden zog es ein wenig später in die Ferne. Weit weg von
den Geschehnissen in der kleinen Stadt, den Werwölfen, Vampiren,
Dämonen und was sich dort sonst noch alles traf.
John, Alicia, und Max standen mit Adiamus, Thaldur und Emmerich auf
einem Hügel über der Stadt und schauten auf das Werk der Magier
hinunter.
Noch immer saßen die Ereignisse tief im Herzen fest und man konnte
nicht glauben, dass es wirklich vorbei sein sollte.
Emmerich war erschöpft von den magischen Leistungen und
verabschiedete
sich mit seinem alten Freund Thaldur von den anderen. Er würde noch
etwas zur Erholung in der Zwergenstadt bleiben, bevor er wieder zu
seinem Kellergewölbe in der Provence zurückkehren würde.
Er umarmte Adiamus in seiner menschlichen Gestalt und flüsterte ihm
ein
paar Worte in einer unverständlichen Sprache zu...
Dann beugte er sich zu Max herunter und streichelte über dessen Kopf,"
Machs gut mein kleiner Freund, und pass mir schön auf Dein Herrchen
auf, ja?"
Max bellte laut, er hatte seine Aufgabe schon verstanden.
Alicia wurde umarmt und John herzlich gedrückt. "Pass auf Dich auf,
John!"
Thaldur verabschiedete sich ebenfalls und steckte Max noch schnell ein
Leckerchen zu, "Hast Dich prima geschlagen da draußen, mein
Großer!"
Max zog seine feuchte Zunge einmal quer über Thaldurs Gesicht, das
sollte als Antwort genügen. Lachend wischte sich Thaldur trocken und
verabschiedete sich von den anderen.
Dann ertönte ein leiser Pfiff durch seine Lippen, sofort öffnete sich
ein kleines Portal und ein kleiner Holzwagen mit zwei davor gespannten
Ponys trabte hindurch. "Oh nein, Thaldur!", klagte Emmerich, "Nicht
schon wieder!"
Thaldur grinste nur, schwang sich auf den Wagen, zog ein extra dickes
Kissen hervor und legte es auf den Sitz neben sich, und klopfte darauf,
"Na komm, alter Miesepeter, schwing Dich neben mich."
Und so trabten die Ponys durch das Portal, zurück in ihre Heimat, und
Thaldur und Emmerich verschwanden in der immer kleiner werdenden
Öffnung.
Max sah seinen großen Verwandten an, der sein Wort an John richtete:
"Ich denke, vorerst haben wir Ruhe! Aber wir sollten an Deiner
Ausbildung arbeiten. Das dürfen wir nicht zu weit weglegen. Aber erst,
ruht Euch ein wenig aus. Ich habe noch einiges in der Schattenwelt zu
tun, wir bleiben in Kontakt."
John nickte, und reichte dem Wolf seine Hand.
Tiefe Blicke wurden getauscht, die mehr sagten, als tausend Worte.
Adiamus verabschiedete sich auch von Alicia und sah auf Max hinab.
Die Lippen des Wolfes bewegten sich, aber man hörte keinen noch so
leisen Laut, aber als Adiamus beendete, was er dem Schäferhund zu
sagen
hatte, da bellte Max mehrmals, er hatte genau verstanden!
Adiamus drehte sich um, trat mit einem Fuß in die Schattenwelt,
schaute
noch einmal zurück zu seinem Schützling und nickte ihm zu. John hob
die
Hand zum Gruß und der mächtige Wolf verschwand vollends in der
Welt
neben der unseren.
Alicia kuschelte sich eng an John und sah ihn an: "Wie wärs mit drei
Tagen Schlaf?"
"Klingt gut!", antwortete dieser. "Aber erstmal hab ich mächtigen
Kohldampf! Und Max bestimmt auch, oder?"
Zustimmendes Bellen ertönte und die drei marschierten los...
Nach einem wohltuenden Essen spazierten sie ins Hotel zurück, und
ließen sich im Zimmer in die Betten fallen.
Alicia drückte ihrem warmen Körper wohlig seufzend an John heran
und
fing an, ihre Finger über seine Haut gleiten zu lassen...
Max lugte an der Bettkante nach oben, legte eine Pfote über die Augen
und drollte sich auf den Balkon, etwas Schlaf würde ihm auch gut tun...
Die beiden Verliebten gaben sich einem zärtlichen Liebesspiel hin und
erschöpft lagen sie danach in den Kissen...von Alicia hörte John bald
nur noch ein gleichmäßiges Atmen, "komisch, sonst haben wir Männer
den
Ruf danach einzuschlafen", dachte er still lächelnd bei sich.
Er roch den Duft Ihres Haares und verlor sich in seinen Gedanken...was
doch alles passiert war, die letzte Zeit. Was er alles gesehen und
erlebt hatte. Das glaubt ihm doch kein Mensch. Aber der wichtigste
Mensch in seinem neuen Leben war dabei gewesen, Alicia. Er grübelte
noch etwas darüber nach, wie sich sein Leben verändert hatte...
Und es dauerte nicht lange, bis auch er Alicia ins Traumland folgte...
Neblige Strasse, der Regen hatte erst vor kurzem aufgehört und der
Mond
schien nur sporadisch durch die dicke Wolkendecke.
Wo bin ich hier, fragte sich John immerfort.
Diese Gegend kam ihm irgendwie bekannt vor obwohl er noch nie hier
gewesen war.
Plötzlich hörrte er hinter sich ein tiefes Knurren, eines viel zu groß
geratenen Tieres.
Als er sich umdrehte sah er nur noch ein großes, schwarzes, mit Fell
bedeckte Tier mit
riesigen Krallen und Klauen auf ihn zuspringen. Schweißgebadet
wachte
John auf.
Er lag er im Bett, die Decke hatte er wohl auf den Boden gestrampelt.
Prüfend ließ er seine rechte Hand tastend neben sich gleiten...und...er
fühlte...Fell !!
ENDE TEIL 1.0
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