Stellungnahme bne - Bundesnetzagentur

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bne
bne zum Gasmarktgebietsbericht:
Kosten werden zu hoch
geschätzt Nutzen wird
systematisch unterschätzt
l
bne-stellungnahme zur Konsultation der
BNetzA zum Marktgebietsbericht der
Fernleitungsnetzbetreiber - Az. BK7-12-214
Berlin, 15. Januar 20 13. Die Zusammenlegung der bestehenden zwei Gasmarktge­
biete zu einem einzigen Marktgebiet könnte einen positiven gesamtwirtschaftli­
chen Wohlfahrtseffekt bewirken - anders als von den Fernleitungsnetzbetreibern
im vorgelegten Marktgebietsbericht dargestellt. Nach Einschätzung des Bundes­
verbandes Neuer Energ ieanbieter e.V. (bne) vernachlässigt die erstellte Kosten­
Nutzen-Analyse unter anderem die Opportunitätskosten der bereits heute fehlen­
den Transportkapazität aus dem Marktgebiet NCG in das Marktgebiet GASPOOL.
Stattdessen rechnen die Fernleitungsnetzbetre iber Kosten für die Beseitigung des
Kapazitätsengpasses dem Szenario Marktgebietszusammenlegung zu, obwohl
dieser Investitionsbedarf unabhängig von einer we iteren Zusammenlegung be­
steht. Der Nutzengewinn wird im vorliegenden Bericht dagegen systematisch zu
gering bewertet: Die fehlende Berücksichtigung der abweichenden Daten für die
L-Gas-Versorgung schönt die Ergebnisse zugunsten der Netzbetreiber. Außerdem
wird der ermittelte Einspareffekt von rund 106 Millionen Euro bei der Ausglei­
chenergie und den Strukturierungsbeiträgen bei der Berechnung des Gesamtnut­
zens einfach weggelassen. Sowohl Kosten- als auch Nutzen-Analyse müssen von
den Fernleitungsnetzbetreibern daher überarbeitet werden. Eine Bewertung der
Analyse zum Alternativszenario "Market-Coupling" ist auf Basis der kurzen Aus­
führungen im Mar ktgebietsbericht nicht möglich. Fällt die Entsche idung gegen
die weitere Zusammenlegung von NCG und GASPOOL, kann durch die Abschaffung
des Konvertierungsentgeltsystems bereits kurzfristig ein erheblicher gesamt­
wirtschaftlicher Nutzengewinn erzielt werden .
bne
I Stellungnahme I Seite 2
Wir begrüßen die Vorlage einer Kosten-Nutzen-Analyse in einem Marktgebietsbe­
richt der Fernleitungsnetzbetreiber ausdrücklich. Leider kommt sie viel zu spät und
geht am Ziel vorbei. Die Evaluierungspflicht nach § 21 Abs. 1 GasNZV stellt auf die
Ausgestaltung des Ziels der zwei Marktgebiete ab: Zu evaluieren ist hiernach der
mit einer Marktgebietszusammenlegung durch Kapazitätsausbau oder Anwendung
von kapazitätserhöhenden Maßnahmen verbundenen Kosten sowie der damit ver­
bundene Nutzen.
Zwar wurde die Zielvorgabe der zwei Marktgebiete bereits zum 1. Oktober 2011
und damit fast zwei Jahre vor der gesetzlichen Frist erreicht - nach unserer Auffas­
sung allerdings nur de jure. Denn die Ausgestaltung der neuen qualitätsübergrei­
fenden Markgebiete mit dem Konvertierungsentgeltsystem verhindert, dass die
Verringerung auf zwei Markgebiete auch de facto erreicht wurde. Bei der Bildung
der qualitätsübergreifenden Marktgebiete wurden bislang keinerlei alternative
Ausgestaltungsmöglichkeiten zu dem gewählten Konvertierungsentgeltsystem ge­
prüft.
In ersten Teil dieser Stellungnahme möchten wir auf den Ist-Zustand der
Marktgebietszusammenlegung eingehen und im zweiten Teil die Kosten-Nutzen­
Analyse der Fernleitungsnetzbetreiber kommentieren.
I.
Zielvorgabe der zwei Marktgebiete nur ohne Konvertierungsentgelt erfüllt
Es ist durchaus denkbar, den Netzzugang im deutschen Gasmarkt mittelfristig wei­
terhin über zwei Marktgebiete anzubieten. Allerdings muss es sich dann tatsächlich
um zwei Marktgebiete handeln. Die Ausgestaltung der qualitätsübergreifenden
Marktgebiete mit dem Konvertierungsentgeltsystem gemäß der BNetzA-Festlegung
KONNI verschiebt jedoch die bisherigen Marktgebietsgrenzen lediglich in die Bi­
lanzkreise. Dies hat zur Folge, dass die durch die Zusammenlegung erwartete Li­
quiditätsverbesserung - insbesondere für L-Gas - ausgeblieben ist. Die explizite
Festlegung der Fernleitungsnetzbetreiber (im Ausgestaltungskonzept) , den Handel
mit L-Gas an der Börse (EEX) auszuschließen, verfestigt das niedrige Liquiditätsni­
veau im L-Gas-Segment zusätzlich.
Konvertierungsentgeltsystem verursacht hohe Transaktionskosten
Der Handel und die Belieferung von Letztverbrauchern mit L- und H-Gas in einem
qualitätsübergreifenden Marktgebiet erfordert doppelte Strukturen: Für jede Gas­
qualität ist ein Beschaffungsportfolio anzulegen und sind Bilanzkreise zu bewirt­
schaften. Mit Einführung des Konvertierungsentgelts ist die Bilanzkreisstruktur
"explodiert", um die Trennung der Gasqualitäten überhaupt im Bilanzkreissystem
abbilden zu können. Das Ergebnis ist eine komplexe Struktur aus Rechnungsbi­
lanzkreisen, Unterbilanzkreisen und Subbilanzkonten - zur Illustration die Regeln
für das Verbinden von Bilanzkreisen aus dem Leitfaden Geschäftsprozesse Bilanz­
bne
I Stellungnahme I Seite 3
kreismanagement Gas der Kooperationsvereinbarung (KoVV) vom 29. Juni 2012
(dort Seite 22) :
Foll1
~ol/ l
RBK BKV 1
RSI(; StcV 1
8
8
8 '8 8 8
­
UBI< BKV 1
Fol/ 3
8
e
R!JK BKV 1
RBK BKV 2
R8KBI(V I UBK BKV 1
Fall 4 8
l,Gas
/
8
U BK Bt..'V 1
8
UBK BKV 1
RBK SKV 1
8 e
:
8 8
UßK ßKV 1
8
RBK ßKV 1
RBK 8)(\' 2
Fall S
RBKBKVI
Gas
UBt< BKV 1
UBI( BKV 1
Abbildung .. ! Mögliche Verbindungen von BilMZkreiS€!o in einem qualil3lsübergrei. fenden M.xktQeb'iet Im Vergleich zur vorangegangenen Konstellation mit sechs Marktgebieten ist durch
die Bildung der beiden Markgebiete in ihrer jetzigen Ausgestaltung weder der Um­
fang der Verträge gesunken noch ist der Aufwand für die Vertragspflege, Vertrags­
abrechnung und Rechnungsprüfung geringer geworden. Händler und Lieferanten
sehen sich heute bei der Abwicklung des Netzzugangs de facto mit vier Marktge­
bieten konfrontiert und jedes der qualitätsübergreifenden Marktgebiete ist fak­
tisch durch zwei statt durch einen virtuellen Handelspunkt gekennzeichnet.
Zwischenfazit 1: Die Einführung des Konvertierungsentgeltsystems bei der Bil­
dung der zwei qualitätsübergreifenden Marktgebiete hat den positiven Nutzen
dieser Marktgebietszusammenlegung leider völlig verwirkt . Den Händlern und
Lieferanten entgehen dadurch die Portfolioeffekte bei der Beschaffung von Erd­
gas und Flexib ilität sowie im Bilanzkreis; sie müssen über die Regel- und Aus­
gleichsenergieumlage die höheren Regelenergiekosten der Marktgebietsverant­
wortlichen tragen. Die Liquidität des Gashandels - insbesondere die Entwicklung
im L-Gas - konnte durch das Konvertierungsentgeltsystem überhaupt nicht ge­
winnen. Allein der Wegfall der Kapazitätsbuchung an den ehemaligen Marktge ­
bietsg renzen stellt einen Nutzengewinn für die Transportkunden dar (Kosten in
den Netzentgelten nur umverteilt).
bne
I Stellungnahme I Seite
4
11.
Marktgebietsbericht: Kosten-Nutzen-Analyse muss überarbeitet werden
a. Ein Marktgebiet kann Nachteile bei der L-Gas-Versorgung verringern
Die Zusammenlegung von GASPOOL und NCG zu einem Marktgebiet würde den
Netzzugang noch einmal deutlich vereinfachen. Wie oben dargelegt, führt jede voll­
ständige Zusammenlegung von Marktgebieten zu sinkenden Transaktionskosten
und positiven Portfolioeffekten bei Händlern und Lieferanten. Darüber hinaus ent­
fiele das Buchungserfordernis für die Gastransportkapazitäten zwischen den ehe­
maligen Marktgebieten (MÜT). Heute kann jedoch mangels verfügbarer Kapazitä­
ten für den direkten Transport von L-Gas zwischen NCG und GASPOOL keine Ka­
pazität in dieser Richtung erworben werden, was den Handel und Austausch zwi­
sehen den Bilanzkreisen erschwert und erheblich verteuert.
Eine Auswertung der bisherigen Auktionen auf der Primärkapazitätsplattform
von TRAC-X ergibt hierzu folgendes Bild: Vier MÜT -Punkte für den Transport von
L-Gas verbinden heute NCG und GASPOOL-Ahlten, Drohne, Emsbüren und Nord­
lohne. Kapazität wird dort allerdings nur in eine Transportrichtung angeboten ­
aus Fernleitungsnetzen des Marktgebiets GASPOOL in das Marktgebiet NCG (Nord­
lohne allerdings nur Exit-Kapazität, keine Entry- Kapazität); für die Transportrich­
tung NCG zu GASPOOL werden von den Fernleitungsnetzbetreibern dagegen gar
keine Kapazitäten vermarktet.
Die Folge ist: der direkte Handel von L-Gas zwischen den beiden Marktgebie­
ten ist heute nur in eine Richtung (GASPOOL > NCG) möglich. Dagegen kann L-Gas
aus einem Bilanzkreis bei NCG nur über den Erwerb von H -Gas-Kapazitäten und
zweimaliger Inanspruchnahme der Konvertierung in einen Bilanzkreis im Markt­
gebiet GASPOOL geliefert werden. Das Konvertierungsentgelt wird in diesem Fall
gleich zweimal fällig.
Auch bei Aufrechterhaltung der zwei Marktgebiete sind die Fernleitungsnetz­
betreiber zur Bereitstellung ausreichender Netzzugangskapazitäten und zur effi­
zienten Ausgestaltung des Netzzugangs verpflichtet. Bislang werden sie dieser Ver­
antwortung jedoch nicht gerecht und wälzen das Risiko der fehlenden Kapazitäten
über das Konvertierungsentgeltsystem auf die Netznutzer ab. Diese Situation wi­
derspricht einem effizienten Netzzugang. Zwingender Schritt ist nach unserer An­
sicht die unverzügliche Abschaffung des Konvertierungsentgelts.
Zwischenfazit 2: Sofern das Konvertierungsentgeltsystem be i be~alten wird, müs­
sen auch die Opportunitätskosten der heute fehlenden L-Gas MUT-Kapazität von
NCG zu GAS POOL in der Nutzenanalyse vollständig berücksichtigt werden . Sofern
gegen die Zusammenlegung der Marktgebiete NCG und GASPOgL zu einem Markt­
gebiet entsch ieden wird, muss die Schaffung der fehlenden MUT-Kapazität min­
destens im nächsten Netzentwicklungsplan berücksichtigt werden.
bne
I Stellungnahme I Seite 5
b. Bewertung der Kostenanalyse
Eine Prüfung der ermittelten Kosten auf Richtigkeit können wir anhand des 13­
seitigen Teilberichts nicht leisten. Jedoch enthält die Verfahrensbeschreibung zum
Vorgehen bei der Kostenanalyse Unklarheiten sowie grundsätzlich falsche Annah­
men:
• Bestehende Kapazitätsengpässe zwischen NCG und GASPOOL: Im voran­
gegangenen Abschnitt haben wir gezeigt, wo bereits heute Engpässe zwi­
sehen den Marktgebieten bestehen. Die Netzbetreiber sind gesetzlich ver­
pflichtet, dauerhafte Netzengpässe durch Netzausbau zu beseitigen - auch
unter Verwendung der eingenommen Auktionsaufschläge aus den Kapazi­
tätsauktionen. Zwingende Folge ist: Die Kosten für die Schaffung der heute
fehlenden L-Gas MÜT-Kapazität von NCG zu GASPOOL müssen von dem
ermittelten Investitionsbedarf abgezogen werden. Alles andere wäre unzu­
lässig.
• Abgleich mit Netzentwicklungsplan Gas (NEP) : Wurde die vorliegende Kos­
tenschätzung mit dem Netzentwicklungsplan (NEP Gas 2012) abgeglichen?
Welche Investitionen der Kostenanalyse des Marktgebietsberichts sind
durch die dort festgelegten Maßnahmen (Netzausbau und Neubau Erdgas­
verdichter) bereits abgedeckt? Ausbaumaßnahmen zur Verbindung von
NCG und GASPOOL dürfen nicht den Kosten einer Marktgebietszusam­
menlegung zugerechnet werden, soweit sie bereits im Netzentwicklungs­
plan enthalten sind.
• Berücksichtigung gegenläufiger Lastflüsse: Bei der Ermittlung der fehlen­
denAustauschkapazitäten wird ein Bedarf für jede Transportrichtung auf­
geführt (Tabelle 1 bis 3) . Allerdings gibt es keine Angabe, wie der gegenläu­
fige Transportbedarf berücksichtigt wurde. Gegenläufige Handelsgeschäfte
mit zeitgleichen Transportnominierungen vom VHP NCG zum VHPGASPOO L und
in der umgekehrten Richtung gleichen sich aus - diese Handelsgeschäfte
lösen keine physischen Gasflüsse aus. Zeitgleich anfallende gegenläufige
Transportnominierungen sind daher bei der Ermittlung der Austausch­
kapazitäten abzuziehen. Eine Abbildung jeder einzelnen Transportnomi­
nierung zwischen den Markgebieten würde den tatsächlichen Transport­
bedarf der Netzbetreiber auf unzulässige Weise überschätzen.
Wir gehen davon aus, dass sich die tatsächlichen Gasflüsse durch die Marktge­
bietszusammenlegung kaum bis gar nicht verändern werden. Denn die Zusam­
menlegung verändert nicht die Entry- und Exit-Punkte an den Grenzen und die
Einspeisung wird weiterhin geprägt durch die Importstruktur - rund 90 Prozent des
in Deutschland verbrauchten Erdgases wird importiert. Allenfalls ändert sich die
Prognostizierbarkeit der Gasflüsse für den einzelnen Fernleitungsnetzbetreiber im
Marktgebiet. Dies muss dann jedoch durch eine bessere Abstimmung zwischen
bne
I Stellungnahme I Seite 6
Netzbetreibern gelöst werden, statt durch Ablehnung einer weiteren Marktgebiets­
zusammenlegung.
Zwischenfazit 3: In der Gesamtbetrachtung der angemerkten Kritikpunkte bewer­
ten wir die ermittelten Kosten einer Zusammenlegung von NCG und GASPOOL zu
einem Marktgebiet als überschätzt. Die allgemein formulierte Darstellung der
Alternative "Market Coupling" lässt keine sachliche fundierte Bewertung zu. Aus
diesen Gründen sollte die Kostenanalyse von den Fernleitungsnetzbetreibern er­
neut überarbeitet werden.
c. Bewertung der Nutzenanalyse
Die von PwC erstellte Nutzenanalyse im zweiten Teil des Marktgebietsberichts ist
sehr umfassend und enthält fast alle relevanten Nutzenkriterien. Leider fehlt in der
Betrachtung die Bewertung des Nutzengewinns der Transportkunden durch ge­
sunkene Transaktionskosten. Denn weniger Portfolien, weniger Bilanzkreise, we­
niger Verträge, weniger Kapazitätsbuchungen und der Wegfall noch bestehender
Marktgebietsüberlappungen (!) verringern den Transaktionsaufwand der Händler
und Bilanzkreisverantwortlichen bei der Abwicklung des Netzzugangs erheblich.
Für eine vollständige Berechnung des Gesamtwohlfahrteffekts der Zusammenle­
gung von NCG und GASPOOL muss auch dieser Nutzengewinn für Netznutzer be­
rücksichtigt werden.
Viel schwerwiegender betrachten wir allerdings zwei systematische Fehler in
der Nutzenberechnung:
Analyse ohne Berücksichtigung der abweichenden Daten für L-Gas
Heute werden rund 30 Prozent des Gasverbrauchs mit L-Gas gedeckt. Das Konver­
tierungsentgeltsystem schreibt jedoch die Trennung zwischen H - und L-Gas in den
qualitätsübergreifenden Markgebieten vor, ein standardisierter Handel für L-Gas
an der Gasbörse EEX wurde bisher von den Fernleitungsnetzbetreibern nicht zuge­
lassen. Auf die einzelnen Punkte sind wir bereits in Teil I unserer Stellungnahme
eingegangen.
In der Nutzenanalyse stellt PwC jedoch immer auf den deutschen Gasmarkt als
Ganzes ab bzw. zieht die jeweiligen Werte von GASPOOL und NCG heran. Eine wei­
tere Differenzierung nach der getrennten Handhabung der beiden Gasqualitäten
fehlt in der Analyse jedoch völlig. Stattdessen werden die lediglich für 70 Prozent
des Marktes geltenden Aussagen und Werte des H-Gas-Marktes auf den gesamten
deutschen Gasmarkt übertragen. Da das Marktsegment H-Gas in allen Kriterien
deutlich besser abschneidet als das L-Gas-Segment wird dadurch der Nutzenge­
winn einer Zusammenlegung der beiden Marktgebiete NCG und GASPOOL sys­
bne
I Stellungnahme I Seite
7
tematisch und erheblich unterschätzt. In der Bewertung der Wettbewerbssituation
macht sich dies bei folgenden Teilergebnissen der Nutzenanalyse bemerkbar:
• Wettbewerb auf Großhandelsebene - Churn-Rate (Seite 15 f.): Die Angaben
im Bericht ("NCG: 2,5 bis 3,5, GASPOOL: etwa 2,5") liegen über den Wer­
ten, die Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt in ihrem "Energie­
Monitoringbericht 2012" angeben: "Im Jahr 201 t erreichten die Churn­
Rates an den deutschen virtuellen Handelspunktenfür L-Gas kaum den
Wert 3. Wesentlich geringer waren die Churn-Rates für L-Gas, die einen Wert
von 1,8 nicht übersteigen (Seite 207)." Wie auch im Vorjahr2 erreicht die
Churn-Rate für den L-Gashandel nur wenig mehr als die Hälfte des Wertes
für den H-Gas-Handel. Der Unterschied zwischen den qualitätsspezifi­
schen Churn-Rates wird auch in der von NCG auf seiner Internetseite ver­
öffentlichten Graphik sehr deutlich3 :
• Wettbewerb auf Großhandelsebene - Herkunft des Angebots (Seite 17): Die
L-Gasversorgung in Deutschland wird nur aus zwei Quellen gedeckt­
durch inländische Förderung und dem Import aus den Niederlanden. Da­
mit erfüllt die L-Gasversorgung nicht das CEER-Kriterium, wonach für
I BNetzA schreibt ,,2010" - unter Berücksichtigung der Quellenangabe im Monitoringbericht
sowie der Werte im Monitoring des Vorjahres kann hier jedoch nur 2011 gemeint sein.
2 "Die erzielte Churn-Rate zeigt indes noch deutliches Verbesserungspotential. Mit durch­
schnittlichen Werten von 2,09 für die H-Gas-Marktgebiete und 1,26 für die L-Gas­
Marktgebiete sind die Handelsplätze am niederländischen TTF und am belgischen Zeebrügge
deutlich voraus (Monitoring 2011, Seite 188)."
3 Veröffentlichung "Churn-Rate" unter "Entwicklung VHP NCG": http:/ / datenservice.net­
connect-germany.de / ChurnRate.aspx?MandantId=Mandant Ncg&rdeLocaleAttr=de
bne
I Stellungnahme I Seite 8
funktionierenden Wettbewerb mindestens drei Anbieterquellen verfügbar
sein sollten.
• Wettbewerb auf Großhandelsebene - Herfindahl-Hirschmann-Index und
Residual Supplier-Index (Seite 16-18): Die beiden Konzentrationsmaße
müssen für H - und L-Gas getrennt ermittelt werden. Gerade mit der Be­
gründung der bestehenden hohen Marktkonzentration im L-Gas (und de­
ren Effekt auf Angebot und Preise der Regelenergie) beschafft NCG einen
Teil seines L-Gas-Regelenergiebedarfs über den niederländischen Han­
delsplatz TTF (siehe auch gemeinsames "Zielmodell Regelenergiebeschaf­
fung" von NCG und GASPOOL).
• Liquidität auf dem Gasmarkt (Kap. 2.2.3): Die Nichtberücksichtigung der
Werte für die L-Gasqualität schönt die dargestellten Churn-Rates und führt
zu falschen Ergebnissen beim Vergleich der Bid-Ask-Spreads.
In der Nutzenanalyse nach Einzelkomponenten (Kap. 3.3.) verzerrt die Nicht­
berücksichtigung der Preisdifferenz zwischen H- und L-Gas 4 auch die Berechnun­
gen zum Commodity-Preis (Kap. 3.3.1)sowie die der Flexibilitätskosten und der
Handelsmarge (Kap. 3.3.2). Flexibilität ist gerade wegen der geringen Anbieterzahl
von L-Gas heute noch immer sehr teuer. Auch hinsichtlich der im Vergleich teure­
ren Regelenergiebeschaffung in L-Gasqualität, müssten die eingesparten Re­
gelenergiekosten (Kap. 3.3.5) im Szenario Marktgebietszusammenlegung entspre­
chend höher ausfallen (Preis effekt Regelenergie).
"Unterschlagung" von 106,2 Mio. Euro Nutzengewinn
Die reduzierten Ausgleichsenergiekosten und Kosten aus Strukturierungsbeiträgen
durch den Portfolioeffekt infolge einer Marktgebietszusammenlegung werden in
Kap. 3.3.4 mit 80.718.000 Euro bzw. 25. 462.000 Euro beziffert. Zur Einordnung die­
ses Effekts schreibt PwC auf Seite 48: "Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine
Einsparung der volkswirtschaftlichen Kosten, da diese Senkung der Einnahmen
aufgrund der Kostenneutralität der Marktgebietsverantwortlichen durch eine Ver­
änderung der Regel- und Ausgleichsenergieumlage aufgefangen würde. "
Dies ist ein vollkommen verfehltes Verständnis der Zusammensetzung der
Gesamtwohlfahrt! Den beim Bilanzkreisverantwortlichen eingesparten Kosten für
Ausgleichsenergie und Strukturierungsbeiträge steht ein geringerer Ausgleichs­
energiebezug der Bilanzkreise gegenüber - zur Deckung dessen der Marktgebiets­
Insbesondere bei hoher Nachfrage und voll ausgelasteten Transportkapazitäten zwischen
den Niederlanden und Deutschland zeigt sich eine deutliche Preisdifferenz zwischen den H­
und L-Gas-Kontrakten im Handel an den deutschen VHP. Siehe hierzu Z.B. auch:
h np: ll \'v\vwoicis.coml herenl articles/20 12/05117 195608291 german-J-gash-gas-spread­
narfO\vs-as-naturaJ- gas -demand-drops. html
4
bne I Stellungnahme I Seite 9
verantwortliche weniger Regelenergie aufwenden muss. Das ist der Mengeneffekt
bei der Regel- und Ausgleichsenergie und alles zusammen würde nach GABi Gas
letztlich zu einer entsprechenden Senkung der RAE-Umlage führen. Daher ist die
in Kap. 3.3.4 ermittelte Einsparung von rund 106,2 Mio. Euro als Wohlfahrtseffekt
der Ergebnisrechnung der Szenarien (Kap. 3.4)noch unbedingt hinzuzurechnen ­
dort ist als Wohlfahrtseffekt bei der RAE-Umlage bislang nur die mögliche Einspa­
rung bei den Regelenergiekosten aufgeführt.
Alle im Rahmen dieser Nutzenanalyse errechneten Einspareffekte sind hypo­
thetischer Natur. Das ist kein Grund, die ermittelte Kosteneinsparung bei der Aus­
gleichsenergie und den Strukturierungsbeiträgen aus der Szenarioberechnung
komplett und mit der lapidaren Begründung zu streichen, es würde sich dabei um
eine reine Umverteilung handeln. Heute ist bereits die Mehrzahl der im deutschen
Gasmarkt aktiven Händler und Lieferanten in beiden Marktgebieten tätig. Sofern
die vereinfachte Modellrechnung dieses Einsparpotential unrealistisch überhöht­
wie auf Seite 53 des PwC-Berichts angedeutet - dann kann dies über eine Anpas­
sung der Berechnungsparameter ebendort berücksichtigt werden.
Zwischenfazit 4: Der Aufbau der Nutzenanalyse auf aggregierten Werten der
Marktgebiete und der nur für einen Teilmarkt (70 %) repräsentativen Daten des
H-Gas-Segrrients unterschätzt den Nutzengewinn des Szenarios Marktgebietszu­
sammenlegung systematisch und - so unsere Annahme - auch in signifikantem
Umfang. Die Einordnung der ermittelten Kostene insparung bei Ausgleichsenergie
und Strukturierungsbeiträgen als Umverteilungseffekt, der dem Gesamtwoh l ­
fahrtseffekt nicht hinzuzurechnen ist, ist schlicht falsch. Die Nutzenanalyse
muss entsprechend korrigiert werden.
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