psychosozialerkrisendienst

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Psychosozialer Krisendienst
für die Region Trier
gegründet im November 2009
Stand: April 2016
www.psychosozialerkrisendienst-regiontrier.de
Einführung
Mit dem Landesgesetz für psychisch kranke
Personen (PsychKG), das am 01.01.1996 in
Kraft trat, war die rechtliche Grundlage für die
Reform der Psychiatrie in Rheinland-Pfalz geschaffen worden.
Die Planung und Steuerung einschließlich der
Koordination psychiatrischer Hilfen durch die
Landkreise und kreisfreien Städte sowie die
Schaffung Gemeindepsychiatrischer Verbünde,
in denen die Leistungserbringer durch Absprachen über eine fachgerechte Erbringung ihrer
Leistungen zusammenarbeiten, sind wesentliche Bestandteile dieses Reformprozesses, der
in den letzten Jahren grundlegende Entwicklungen im Bereich der Psychiatrie in den
kommunalen Gebietskörperschaften angestoßen hat.
Mit der Neuschaffung von psychiatrischen
Abteilungen in Krankenhäusern, der Gründung
psychiatrischer Tageskliniken sowie der Etablierung komplementärer Angebote mit Tagesstätten, Kontakt- und Beratungsstellen, Betreutem Wohnen und Wohngruppen sind die
strukturellen Voraussetzungen zur Einlösung
der Ziele der Psychiatriereform gelegt worden
und die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass
über die implementierten verschiedenartigen
Hilfsangebote weitestgehend eine bedarfsgerechte, gemeinde- und wohnortnahe Versorgung gewährleistet werden kann.
Stationäre Klinikaufenthalte sollten nur dann
erfolgen, wenn das Ziel der Hilfen nicht auf
anderem Wege erreicht werden kann. In plötzlich auftretenden Krisen- und Notfällen kommt
es jedoch immer wieder zu unnötigen, kostenaufwendigen
und
nicht
gewollten
Klinikeinweisungen, weil nicht alle Hilfen zu
jeder Tages- und Nachtzeit sowie an Wochenenden oder Feiertagen zur Verfügung stehen
und die Entstehung eines Notfalles meist nicht
mit Öffnungs- oder Bürozeiten korrespondiert.
Zu ungünstigen Zeiten stehen vielfach nur solche Dienste zur Verfügung, die über keinerlei
oder nur über wenig psychiatrische Erfahrung
verfügen. Das ist zum einen der ärztliche Notdienst, der mit Ärzten aller Fachrichtungen
besetzt ist und zum anderen Polizei und Feuerwehr, zu deren normalem Handwerkszeug
nicht primär der Umgang mit psychisch kranken Menschen gehört.
Wenn auch seitens der Leistungserbringer so
genannte Hintergrunddienste, meist als Telefondienste konzipiert, bestehen, so wird der
Teil der erkrankten Menschen, der nicht in das
Hilfsangebot des jeweiligen Trägers eingebunden ist, nicht erreicht. Insbesondere aber auch
die Angehörigen, die mit einem psychisch
kranken Familienmitglied zusammenleben
oder anderweitig einen engen Kontakt zu diesem haben, forderten immer wieder die Einrichtung eines flächendeckenden Krisendienstes und verwiesen darauf, dass gerade nicht in
jeder Krisensituation ein Arzt oder eine Klinikeinweisung notwenig ist, sondern ebenso Mitglieder von Berufsgruppen aller anderen Felder psychiatrischen Handels in der Lage seien,
selbstständig und eigenverantwortlich Krisenlösungen herbeizuführen. Was tagsüber
selbstverständliches Tun ist, könne nicht am
Wochenende plötzlich verkehrt sein. Oftmals
können gerade unbeteiligte Außenstehende
wirksam zur Entspannung der Notfall- oder
Krisensituation beitragen und die gegebenen-
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falls weiteren erforderlichen Hilfen einleiten.
Eine enge und kooperative Zusammenarbeit
mit den Sozialpsychiatrischen Diensten hat
sich bei verschiedenen bestehenden Krisendiensten in Deutschland gut bewährt. Dies
wurde durch den Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker ebenso festgestellt
wie der Umstand, dass ein zuverlässiger Krisendienst allein schon durch seine bloße Existenz entlastend wirken kann. Umgekehrt können Krisensituationen durch das Wissen dramatisiert werden, dass in den nächsten Stunden oder Tagen keine bedarfsorientierte Hilfe
zur Verfügung stehen wird.
Die Bedeutung und Wirksamkeit von Krisendiensten ist deshalb nicht nur danach zu beurteilen, wie oft der Dienst innerhalb eines bestimmten Zeitraumes in Anspruch genommen
wird. Das Bestehen eines Krisendienstes als
solcher vermittelt bereits ein hohes Maß an
gefühlter Sicherheit.
In Rheinland-Pfalz existierte im Gegensatz zu
mehreren anderen Bundesländern, abgesehen
von zwei zeitlich beschränkten reinen Telefondiensten, bisher kein Psychosozialer Krisendienst.
Erfahrungen in Städten wie beispielsweise
Bielefeld, Stuttgart, Münster und auch im
Landkreis Herford haben gezeigt, dass mit vertretbarem organisatorischem, personellem
und finanziellem Aufwand ein Krisendienst
eingerichtet und durchgeführt werden kann.
Eine unzweifelhaft bestehende Lücke im System der ambulanten Versorgung kann geschlossen und unnötige stationäre Einweisungen vermieden werden.
Als Orientierungshilfe für den Aufbau eines
Psychosozialen Krisendienstes in der Region
Trier diente die Konzeption des Landkreises
Herford bei Bielefeld. Dieser ist bereits seit
mehr als 15 Jahren tätig und umfasst eine Versorgungsregion ähnlich der des Landkreises
Trier-Saarburg und der Stadt Trier.
Unter Vorsitz des Landrates hat der Kreisausschuss des Landkreises Trier-Saarburg mit Datum vom 21.04.2008 die Gründung eines Psychosozialen Krisendienstes gemeinsam für
Landkreis und Stadt Trier auf der Basis der von
der Psychiatriekoordination erstellten Sachdarstellung befürwortet und der Verwendung
der erforderlichen Haushaltsmittel aus der
jährlichen
Zuwendung
des
Landes
(„Psychiatriemark“) zugestimmt. Ein ebensolches Votum ist durch das zuständige Gremium
der Stadt erfolgt.
Mit Datum vom 14. November 2009 hat der
Psychosoziale Krisendienst für die Region
Trier seine Arbeit aufgenommen.
Konzeption
Fachkompetente Hilfe und Beratung für Betroffene und/oder Angehörige in psychosozialen Krisen oder anderen seelischen Notsituationen. Krisen können beispielsweise entstehen
wegen • Einsamkeit • Ängsten • familiärer
Konflikte • Trennungen und Verlusten • Panikzuständen • psychischer Erkrankungen • Suizidgedanken. Die Hilfe erfolgt • am Telefon
• aufsuchend zu Hause oder • persönlich in
den Räumen des Krisendienstes.
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Hilfe und Beratung sind kostenfrei, anonym
und vertraulich.
Die ehrenamtlich Tätigen erhalten eine nach
Stunden bemessene Aufwandsentschädigung.
Der Krisendienst ist an Samstagen, Sonntagen
und Feiertagen in der Zeit von 12 bis 24 Uhr
besetzt. Er findet statt in den Räumlichkeiten
des Gesundheitsamtes Trier, Paulinstr. 60.
Die Telefonnummer des Krisendienstes in Trier
Der Landkreis Trier-Saarburg stellt dem Krisendienst im Gesundheitsamt die erforderlichen
Räumlichkeiten und Kommunikationsmittel zur
Verfügung. 2012 finanziert die AOK RheinlandPfalz/Saarland dem Krisendienst ein eigenes
Fahrzeug.
ist die
0651 71 55 17.
Organisation
Träger des Psychosozialen Krisendienstes für
die Region Trier ist das Haus der Gesundheit
Trier/Trier-Saarburg e.V.
Finanziert wird der Krisendienst zu gleichen
Teilen durch den Landkreis Trier-Saarburg und
die Stadt Trier.
Anzeigen-/Plakatkampagne 2015
Der Krisendienst wird jeweils durchgeführt von
einem so genannten „Tandem“. Dieses besteht
zum einen aus Fachkräften, die überwiegend in
gemeindepsychiatrischen Institutionen der
Region arbeiten, so z. B. Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Psychologen, Heilerziehungspfleger, Fachkrankenpfleger der Psychiatrie. Zum
anderen aus Studentinnen und Studenten des
Fachbereichs Psychologie der Universität Trier.
Der PSKD macht mobil …
Die gesamte Steuerung des Krisendienstes
über die Einsatzplanung, Mitarbeitergewinnung, Fort- und Weiterbildungen, Öffentlichkeitsarbeit, fachlichen Austausch mit Externen,
Finanzierung etc. erfolgt durch die Koordinierungsstelle beim Haus der Gesundheit in enger
Abstimmung mit einer hierzu gebildeten
Steuerungsgruppe, der neben den Psychiatriekoordinatoren der Kommunen auch Vertreter
aus dem Bereich der Angehörigen psychisch
Kranker und dem Sozialpsychiatrischen Dienst
angehören.
Fortbildungsmaßnahmen für die Mitarbeiter
des Krisendienstes werden regelmäßig angeboten: In 2012 referierte Dr. med. Manuel Rupp
aus Basel zum Thema „Notfälle meistern“ über
grundlegende Prinzipien der Krisenintervention, Fragestellungen und Praxisbeispielen. In
2013 fand ein Austausch mit verschiedenen
Krisendiensten, insbesondere aus Norddeutschland in Trier statt. 2014 referierte Prof.
Dr. Sigrun-Heide Filipp von der Universität
Trier über das Thema „Kritische Lebensereignisse und Lebenskrisen – den «Untergang»
verhindern, den «Neuanfang» erleichtern!“. An
einem Samstagvormittag 2015 in Trier stellten
sich Einrichtungen der Gemeindepsychiatrie
aus Trier und der Region den MitarbeiterInnen
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des Krisendienstes vor. Der Schönfelderhof
Zemmer, das Raphaelshaus Trier, das RobertWalser-Haus Saarburg, der SKF Trier, der SPDI
Trier, die Tagesklinik/Mutterhaus der Borromäerinnen, der Club Aktiv und das Markushaus
Trier gaben Einblicke in ihre Einrichtungen und
deren Arbeit.
Jubiläumsfeier 12. November 2014
Von links nach rechts: Geschäftsbereichsleiter Soziales,
Joachim Christmann, Landkreis Trier-Saarburg, Dr.
Richard Auenheimer, Verein Gemeindepsychiatrie RLP,
Frau Marianne Modrok, HdG, Dieter Ackermann, Psychiatriekoordinator Landkreis Trier-Saarburg, Prof. Dr.
med. Bernd Krönig, HdG
Im November 2015 feierte der Krisendienst
sein 6-jähriges Bestehen.
Erfahrungsberichte aus der Praxis
Ein Wochenende im PSKD
„Samstag ist der schlimmste Tag der
Woche, dann ist es noch so lange bis
Montagmorgen“
Frau E., inzwischen 60 J alt, vermutete Diagnose nach ICD: affektive Verstimmung aus dem
Formenkreis der Depressionen. Frau E. geht
regelmäßig zum Arzt und nimmt zuverlässig
ihre Medikamente. Sie lebt im „betreuten
Wohnen“ in ihrer eigenen Wohnung. Vor drei
Jahren lebte sie in einer zweier WG, ihre Ansprüche und ihr Verhalten der Mitbewohnerin
gegenüber waren sehr anspruchsvoll, eigen-
sinnig und oft übergriffig. Nun trauert sie dieser offenen Beziehung extrem nach.
Seit Beginn des PSKD meldet sich Frau E. fast
jedes Wochenende. Ihre Stimmung ist fast
immer gedrückt. Sie klagt über ausgeprägte
Müdigkeit und Schlafstörungen und Einsamkeit. „Zwei Tage ohne mit jemanden zu reden,
ist furchtbar. Dann weine ich, bis es mir besser
geht. Kann ich nicht weinen, ritze ich mich bis
ich Blut sehe, dann bin ich erleichtert“. Mit
Frau E. führen wir entlastende Gespräche, geht
es ihr schlecht, ruft sie am Wochenende auch
öfter an, selten kommt sie auf einen Kaffee
vorbei (10 Gehminuten). Wird die Situation
vom Team vor Ort als schwerwiegend eingeschätzt, wird sie zuhause aufgesucht.
Frau E. geht von montags bis freitags in eine
psychiatrische Einrichtung. Sie betont immer
wieder, dass sie sehr froh ist, an den Wochenenden mit den Mitarbeitern vom PSKD reden
zu können.
„Meine Familie und ich“
Frau K. ist 49 J alt, hat nach ICD vermutlich eine
dissoziative Störung.
Familie: Ehemann früh berentet, trinkt zeitweise zu viel Alkohol, Sohn 24 J. Abitur, Studium
abgebrochen, ist auf der Suche nach einer
Ausbildung, Tochter ca. 30 J. mit 9 j. Tochter
arbeitet unregelmäßig.
Frau K. führt ihre Erkrankung auf traumatische
Kindheitserlebnisse und die Familienkonflikte
zurück. In den ersten Gesprächen vor fünf und
sechs Jahren litt sie noch unter starkem Zittern, berichtete von Atemnot, hatte Herzrasen
und Schwindelgefühle. Zeitweise steigerten
sich ihre Ängste und führten zu Panikattacken.
Sie war in stationären Behandlungen, nahm
verschiedene Medikamente, nahm teil an einer
Trauma-, Gesprächs- und Soziotherapie. In den
letzten beiden Jahren traten die zuvor beschriebenen Symptome selten auf.
Zurzeit (2015) beschränkt sich die psychiatrische Behandlung auf Kontakte zu ihrem Psychiater in längeren Zeitabständen und ohne
Medikamente. Nun belastet Frau K. mehr, die
Familienangelegenheiten zu regeln und sich zu
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konzentrieren. Die Kontakte zum Krisendienst
in den sechs Jahren waren kontinuierlich zwei
bis dreimal im Monat. Hausbesuche in Krisensituationen sind unsererseits nicht möglich, da
sie außerhalb des Einzugsgebietes lebt – ca.
100 km entfernt. Frau K. teilt mit, dass die Gespräche ihr persönlich und ihrer Familie sehr
helfen, sie „brauche die wohltuenden und beratenden Gespräche“, insbesondere, wenn sie
– wie in den letzten beiden Jahren - ohne therapeutische Begleitung ist. Wenn sie in der
Woche Probleme hat, denkt sie daran, dass sie
am Wochenende mit einer Person des PSKD
alles besprechen kann. Sie glaubt, dadurch
keine Medikamente mehr zu brauchen und sei
auch nicht mehr stationär behandelt worden.
Manchmal ruft sie an um kurz mitzuteilen, dass
es ihr gut gehe.
1. Januar nochmals ein entlastendes Gespräch
im PSKD. Zwei Wochen später meldet sich die
Mutter und bedankt sich für die Unterstützung, durch die eine stationäre Aufnahme
vermieden werden konnte.
Informationsmaterialien
in Form von • Flyern • Plakaten • Taschenkalendern in Scheckkartengröße können kostenfrei über das Haus der Gesundheit Trier/TrierSaarburg e.V. bezogen werden.
„Vermeidung eines
stationären Aufenthaltes an Silvester“
30 J. Frau arbeitet im Bankwesen. Sie leide lt.
Mutter an einer organisch katatonen Störung.
Bei regelmäßiger Medikamenten-Einnahme
komme sie im Beruf und im privaten Leben gut
zurecht,
Wegen der starken Nebenwirkungen wurden
die Medikamente mit Absprache des Arztes
reduziert. Zwischen Weihnachten und Neujahr
traten negative körperliche Symptome auf die
so gravierend waren, dass der Freund sie nicht
mehr alleine in der Wohnung lassen konnte.
Die Mutter kam aus einer entfernten Stadt um
bei der Tochter zu sein.
An Silvester rief die Mutter im PSKD an und bat
um Hilfe weil die Tochter unter keinen Umständen stationär behandelt werden wollte.
Das Team machte einen Hausbesuch, nahm
Kontakt zur Klinik auf und konnte mit dem
diensthabenden Arzt (auch ihr behandelnder)
die Medikation besprechen. Der Arzt war zuerst für eine stationäre Aufnahme, die Betroffene lehnte strikt ab.
Ergebnis: Die Medikamente werden erhöht,
Mutter und Freund lassen die Erkrankte nicht
alleine und geben regelmäßig Rückmeldung
ans Krankenhaus. Die Mutter sucht am
Taschenkalender 2016
Die Internetadresse lautet:
www.psychosozialerkrisendienst-regiontrier.de
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Resümee
Der Psychosoziale Krisendienst für die Region
Trier ist angekommen und er ist angenommen.
Angenommen wurde er von der großen Zahl
Hilfesuchender, die ihn seit Beginn telefonisch
oder persönlich kontaktiert haben und angekommen ist er in der psychiatrischen Landschaft, wo er weit über die Grenzen der Region
Trier hinaus Lob und Anerkennung erfahren
durfte. Wenn an Samstagen und Sonntagen,
wenn an Heiligabend und Ostermontag, an
Pfingsten und Allerheiligen „Tandems“ ihren
Dienst tun und für hilfesuchende Menschen „in
der Nähe“ sind, dann ist dies gelebte gemeindenahe Psychiatrie.
Krisendienst-Statistiken 2010 bis 2015
14.11.2009
13.11.2010
14.11.2010
13.11.2011
Summe Kontakte:
405
462
515
591
674
669
allgem. Beratung:
Probleme im Umfeld:
akute Krise (mit Suizidgedanken):
pers. Probleme/Symptomatik:
41
21
79
264
56
22
64
320
54
28
99
334
70
36
114
371
36
31
136
471
28
37
94
510
2012
2013
2014
2015
Anlass der Kontakte
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Anzeigen-/Plakatkampagne 2015 in und um Trier
Verantwortlich für den Inhalt:
Herr Dieter Ackermann
Psychiatriekoordinator des Landkreises Trier-Saarburg
Willy-Brandt-Platz 1
54290 Trier
Telefon: 0651 715 324
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