Zerfälle von B-Mesonen in Baryonen bei BaBar Arbeitsgruppe Elementarteilchenphysik Institut für Physik - Uni Rostock B Motivation Die Untersuchung der Zerfälle von B-Mesonen ist ein zentrales Forschungsgebiet in der Teilchenphysik. Das internationale BaBar Experiment beschäftigt sich seit 1999, unter Beteiligung der Rostocker Arbeitsgruppe, mit der Untersuchung dieser Teilchen. Aufgrund ihrer hohen Masse ist es B-Mesonen erlaubt in Endzustände mit mindestens einem Baryon-Antibaryon Paar zu zerfallen. Dies geschieht in etwa 7% aller B-Zerfälle wobei bisher nur 1/7 davon bekannt ist. Die Rostocker Arbeitsgruppe für Teilchenphysik beschäftigt sich speziell mit der Erforschung der Mechanismen der Baryonenproduktion in B-Zerfällen. Dafür werden aus den aufgezeichneten Daten des BaBar-Detektors B-Mesonen rekonstruiert. Experimentelle Beobachtungen b 1.Verzweigungsverhältnisse U Das B-, eines von vier B-Mesonen, besteht aus dem schweren bottom-Quark und dem leichten anti-up-Quark Einen direkten Zugang zur Erforschung der baryonischen Produktionsmechanismen in B-Zerfällen ist die Messung von Verzweigungsverhätlnissen und die Untersuchung der kinematischen Eigenschaften der Tochterteilchen (Zerfallsdynamik). Da das b-Quark vorwiegend in ein c-Quark zerfällt, wird in der Rostocker Arbeitsgruppe der Fokus auf Übergänge von einem B-Meson zu charmed Baryonen wie dem Lc oder dem Sc gelegt. Das sind z.B. Zerfälle der Sorte B g Lc p + X, wobei X für weitere leichte Teilchen wie Pionen oder K-Mesonen steht. Aus den gemessenen Verzweigungsverhältnissen der verschiedenen Zerfälle lassen sich dann Rückschlüsse ziehen auf den Einfluss der unterschiedlichen Typen von Feynmandiagrammen, mit denen man die baryonischen Produktionsmechanismen theoretisch beschreiben kann. Das BaBar-Experiment Grundlage des BaBar-Experiments ist die Erzeugung von B-Mesonen. Dafür werden am SLAC, dem Linearbeschleunigerzentrum der Stanford Universität in Kalifornien, Elektronen und Positronen beschleunigt und in einen Speicherring eingespeist. Hier vernichten sich die Elektronen und Positronen im Zentrum des BaBar-Detektors. Die Energie der Teilchen ist dabei so eingestellt, dass sich aus einer Vernichtung mit möglichst großer Wahrscheinlichkeit die Y(4S)-Resonanz bildet, einem äußerst kurzlebigen (~10-23s) Teilchen bestehend aus einem bottom-antibottom Quarkpaar. Dieses zerfällt zu praktisch100% in zwei B-Mesonen ( B- und B+ oder B0 und B0). e+ b u g e u b Y(4S) B Feynmangraph für den Produktionsprozess von B-Mesonen aus Elektron-Positron Kollisionen. Die Schwerpunktsenergie des e+e- Paares von 10,58 GeV begünstigt die Entstehung der Y(4S) Resonanz. + B Nach einer Lebensdauer von ca. 1,6 ps zerfallen die B-Mesonen durch die schwache Wechselwirkung auf viele verschieden Arten in mehr oder weniger kurzlebige Teilchen. Am Ende der Zerfallskette existieren dann nur noch langlebige Teilchen wie z.B. Protonen, Elektronen oder K-Mesonen. Geladene Teilchen hinterlassen im Vertex-Detektor, der Driftkammer und dem Tscherenkov-Detektor eine messbare Spur die durch das angelegte Magnetfeld gekrümmt ist. Auf diese Weise ist eine Teilchenidentifizierung sowie die Berechnung kinematischer Größen wie Impuls und Energie möglich, woraus sich jedem Teilchen ein Viererimpuls zuordnen lässt. Neutrale Teilchen wie Photonen werden im elektromagnetischen Kalorimeter absorbiert und nachgewiesen. Die gesammelten Daten werden anschließend gespeichert und für die weitergehende Analyse aufbereitet. Insgesamt wurden bei BaBar von 1999-2008 in ca. 22 Billionen Kollisionen rund 470 Millionen B-Paare aufgezeichnet. 0 BF(B g Lc K p+) = 2.0 . 10-4 +p - 2. Threshold enhancement Ein interessantes Phänomen bei diversen B-Zerfällen ist die erhöhte Zerfallsrate an der Baryon-Antibaryon Massenschwelle, was als threshold enhancement bezeichnet wird. Diese Erscheinung wurde bereits bei vielen, aber nicht allen, Zerfallsanalysen beobachtet werden und könnte eine Schlüsselrolle im Verständnis um die baryonischen Produktionsmechanismen spielen. Threshold enhancement im Zerfall B0 g Lc+p p0 Schematischer Aufbau des BaBar-Detektors Rekonstruktion von B-Mesonen Ereignisse / 3 MeV/c2 Für die Rekonstruktion eines bestimmten B-Zerfalls werden in jeder aufgezeichnenten e+e- Kollision die Viererimpulse aller Tochterteilchen addiert. Der Betrag der aufsummierten Viererimpulse entspricht der invarianten Masse des rekonstruierten B-Kandidaten. Betrachtet man den kompletten Datensatz, so ergibt sich ein breites Spektrum mit einer charakteristischen Signalanhäufung bei der aktzeptierten B-Masse von 5,279 GeV/c2, sofern der gesuchte Zerfall statt gefunden hat. Ein Ziel ist es nun aus der Verteilung die Signalanzahl zu bestimmen und daraus das Verzweigungsverhältnis, also den Anteil des gesuchten Zerfalls an allen Zerfällen, zu berechnen. mB = 5,279 GeV/c2 1400 Die Modellierung baryonischer B-Zerfälle fußt im Wesentlichen auf der Theorie der starken Wechselwirkung. Prinzipiell ist es zwar möglich solche Prozesse zu berechnen, z.B. durch die sogenannte Gittereichtheorie, jedoch übersteigt der Programmier- und Rechenaufwand für einen dynamischen Prozess wie einem B-Zerfall nach Baryonen mit vielen Quarks die derzeitigen Kapazitäten. Somit bleibt vorerst nur die phänomenologische Untersuchung solcher Zerfälle. Ein Ansatz für die Entstehung von Baryonen aus B-Zerfällen ist das Phasenraummodell. Demnach bilden Quarks vor allem dann Baryonen, wenn sie nahe beieinander sind und nur wenig Impuls tragen (kleiner Phasenraum). Das würde B-Zerfälle mit schweren und somit langsamen Endprodukten favorisieren. Ein Beispiel dafür sind die unten dargestellten Dreikörper-Zerfälle. Sie unterscheiden sich hier nur durch den Übergang des virtuellen W- in anti-up- und down-Quark (A) bzw. anti-charm und strange Quark (B) welche mit fast der gleichen Wahrscheinlichkeit auftreten. Insgesamt wird der schwerere Endzustand (B) etwa drei mal häufiger beobachtet. Dies widerspricht der “Daumenregel”, dass Phasenraumgröße und Zerfallsrate proportional sind und ist somit ein Hinweis auf die Richtigkeit des Phasenraummodells. 1200 Rekonstruierte B-Masse für den Zerfall B- 6 Sc++ p p- p- . Das Sc++-Baryon zerfällt am Ende in die nachweisbaren Teilchen K- p p+ p+ . In dieser Signalanhäufung befinden Sich etwa 4000 Ereignisse. 800 600 400 W 5.15 5.2 5.25 5.3 5.35 5.4 mB / GeV/c2 Zur besseren Trennung von Signal und Untergrund werden bei BaBar anstelle der invarianten Masse zwei spezielle Größen verwendet, mES und DE. Dabei nutzt man die bekannte Schwerpunktsenergie s = 10,58 GeV/c2. mES - c d u B 200 0 5.1 energiesubstituierte Masse : mES2 = s2/4 - pB2 6 Im Vergleich zur invarianten Masse minv2 = EB2 - pB2 ist mES unabhängig von der rekonstruierten, und damit fehlerbehafteten, Energie des B-Kandidaten. DE - Energiedifferenz : DE = EB - s/2 , für korrekt rekonstruierte B-Mesonen liegt DE bei 0 Threshold enhancement - + 0 + im Zerfall B g Lc p K p Theorie b 1000 BF(B0 g Lc+p p0) = 2.0 . 10-4 u (A) u d u d u + Lc b B p p c d u W u u d c s u + Lc L c K (B) Weitere Ansatzpunkte, die eine theoretische Beschreibung mit ein gehen könnten, sind der Einfluss des Isospin und der Multiplizität auf das Verzweigungsverhältnis. Die Isospinabhängigkeit würde sich z.B. dadurch bemerkbar machen, dass der o.g. Zerfall mit einer anderen Zerfallsrate ein Sc (Isospin=1) statt eines Lc (Isospin=0) enthält. Die Multiplizität beschreibt die Zahl der Teilchen im Endzustand. Beispielsweise ereignet sich der Zerfall in (A) etwa sechs mal häufiger mit einem weiteren p0 das durch eine weitere Quark-Antiquark Paarbildung ensteht.