Teilzeitanspruch nach § 8 TzBfG

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Teilzeitanspruch nach § 8 TzBfG
1.Voraussetzungen (Abs. 1)
Das TzBfG verankert einen gesetzlichen Anspruch auf einen Teilzeitarbeitsplatz (§8
TzBfG)1. Allerdings gilt dieser Anspruch nur in Betrieben mit i.d.R. mehr als 15
Arbeitnehmern, wobei die Anzahl der Personen in Berufsbildung nicht mitgezählt wird (§
Abs.7 TzBfG). Ansonsten werden alle Arbeitnehmer mit dem Faktor 1 bewertet. Dieser
Stellenwert ist auch in § 15 Abs. 7 BerzGG vorgesehen, das ebenfalls seit 1.1.2001 einen
Anspruch auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit garantiert.2 Ein Anspruch auf
Teilzeitbeschäftigung ist seit dem 1.1.2001 ferner im Schwerbehindertenrecht enthalten.
Nach § 81 Abs. 4 SGB IX haben Schwerbehinderte einen Anspruch auf
Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der
Behinderung notwendig ist.
Mit der Verankerung eines Rechtsanspruchs auf einen Teilzeitarbeitsplatz greift das
Gesetz den Appell der EG-Richtlinie 97/81 auf, den Zugang zur Teilzeitarbeit zu erleichtern.
Die Richtlinie enthält zwar keinen Anspruch auf einen Teilzeitarbeitsplatz, lässt aber solche
günstigeren Regelungen auf nationaler Ebene ausdrücklich zu (§ 6 EG-Richtlinie 97/81).
Bisher sahen nur die Tarifwerke des öffentlichen Dienstes für die bereits beschäftigten
Vollzeitkräfte eine Option für einen Teilzeitarbeitsplatz (§15bBAT bzw. MTArb) vor. Dort
haben Vollzeitkräfte mit minderjährigen Kindern bzw. einem sonstigen pflegebedürftigen
Angehörigen einen Anspruch auf einen Teilzeitarbeitsplatz im Rahmen des dienstlich
Möglichen § 15b Abs. 1 BAT bzw. MTArb). Dabei werden an die Begründung einer
dienstlichen Unvereinbarkeit hohe Anforderungen gestellt.3
Demgegenüber sieht das TzBfG einen Anspruch auf einen Teilzeitarbeitsplatz ohne solche
familiäre Einschränkungen vor. Auf das Motiv für den Teilzeitwunsch kommt es nicht an.
Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob der Teilzeitwunsch auf vernünftige,
nachvollziehbare Gründe, z.B. familiärer Art gestützt werden kann. Folgerichtig hat deshalb
auch keine Interessenabwägung mit den Vorstellungen des Arbeitgebers stattzufinden.4
Nach § 8 Abs. 1 TzBfG ist lediglich Voraussetzung, dass ein Arbeitsverhältnis länger als
sechs Monate bestanden hat (Wartezeit). Das Verlangen nach Verringerung der Arbeitszeit
muss drei Monate vor deren Beginn geltend gemacht werden (§8 Abs.2 TzBfG). Zwar
entsteht ein Anspruch auf Verringerung erst nach Ablauf der sechmonatigen Wartezeit. Das
Verlangen nach Verringerung kann aber ohne weiteres auch hier drei Monate vor
Anspruchsbeginn geltend gemacht werden.5
2. Geltendmachung (Abs. 2)
Mit dem Verlangen auf Verringerung der Arbeitszeit muss der Arbeitnehmer gleichzeitig
erklären, wie die verringerte Wochenarbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage in der Woche
verteilt werden soll (§ 8 Abs. 2 Satz 2 TzBfG). Die Entscheidung über diesen Wunsch auf
Verringerung hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer spätestens vier Wochen vor dem
Beginn der Verringerung schriftlich mitzuteilen (§ 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG). Trifft er diese
Entscheidung nicht, so ist die Arbeitszeit entsprechend dem Wunsch des Arbeitnehmers zu
verringern (§ 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG). Die vereinbarte oder gewünschte Verteilung der
Wochenarbeitszeit kann vom Arbeitgeber geändert werden, wenn das betriebliche Interesse
daran das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung erheblich übersteigt (§8 Abs. 5
Satz 3 TzBfG), wobei der Betriebsrat entsprechend § 87 BetrVG zu beteiligen ist. Dieser
ausdrückliche Hinweis bezieht sich nur auf die Lage der gewünschten Arbeitszeit, nicht auf
den Umfang, was der gegenwärtigen Rspr. des BAG entspricht.6 Um den
Verwaltungsaufwand in Grenzen zu halten, kann ein Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit
frühestens nach Ablauf von zwei Jahren erneut gestellt werden (§ 8 Abs. 6 TzBfG).
Der Wunsch muss auf eine unbefristete Verkürzung gehen. Der Anspruch richtet sich nur auf
Verkürzung der Arbeitszeit auf dem bisher innegehabten Arbeitsplatz, nicht dagegen auf die
Zuteilung eines anderen, freien Arbeitsplatzes.7 Allerdings kann der Arbeitgeber
grundsätzlich frei bestimmen, auf welchem vergleichbarem Arbeitsplatz der Wunsch nach
Reduzierung am ehesten umgesetzt werden kann. Dabei hat er jedoch seine Entscheidung
nach billigem Ermessen zu treffen.
Der Verteilungsvorschlag der verkürzten Arbeitszeit kann nur aus betrieblichen Gründen
abgelehnt werden. Der Arbeitgeber kann somit nicht einen ihm gemäßer erscheinenden
Verteilungsvorschlag dem Arbeitnehmer entgegenhalten. Will der Arbeitnehmer eine
gleichmäßige Verkürzung der Arbeitszeit an den einzelnen Wochentagen, so kann der
Arbeitgeber nicht einwenden, ihm wäre eine Häufung freier Tage lieber bei einem ansonsten
ganztägigen Arbeitseinsatz.8 Eine solche Ablehnung muss vielmehr auf betrieblichen
Gründen beruhen und nachvollziehbar dargelegt werden (§ 8 Abs.4). Der Gesetzgeber hat
im übrigen jegliche Einschränkungen des Verkürzungsanspruchs auf bestimmte Modelle
vermieden.9 Deshalb fallen z.B. auch flexible, auf längere Zeiträume erstreckte
Arbeitszeitgestaltungen wie etwa die Reduzierung der Arbeitszeit für bestimmte Monate des
Jahres auf Null, oder variable Teilzeitgestaltungen wie die Beschäftigung an einigen Tagen
oder Wochen bzw. am Wochenende unter den Verkürzungsanspruch.
3. Verhandlung (Abs. 3)
Das Verfahren zur Realisierung des Teilzeitanspruchs und der Konkretisierung des
Verteilungswunsches hat 3 Phasen:
Es beginnt mit dem Verlangen des Arbeitnehmers auf Verringerung seiner Arbeitszeit und
einem Verteilungsvorschlag. Die zweite Phase ist die Erörterung dieser Vorschläge
gemeinsam mit dem Arbeitgeber (§ 8 Abs. 3 TzBfG). Der Arbeitgeber ist zwar nicht zu
Verhandlungen verpflichtet. Entsprechend sind keine Sanktionen vorgesehen, wenn die
Verhandlung unterbleibt.10 Allerdings können dann Zweifel an der Ernsthaftigkeit der
Ablehnungsgründe in einem späteren gerichtlichen Verfahren eingewandt werden. Eine
einvernehmliche Regelung kommt allerdings den Bedürfnissen der Praxis am meisten
entgegen.11 Der Arbeitnehmer kann ein Betriebsratsmitglied zu den Verhandlungen
heranziehen.
Als Ergebnis sind 3 Möglichkeiten denkbar:
-
Die Parteien einigen sich. Dann wird die gefundene Regelung Arbeitsvertragsinhalt.
Die sonstigen Vertragsbedingungen ändern sich entsprechend. Urlaubsansprüche
sind unter Berücksichtigung der neuen Arbeitszeitverteilung neu zu berechnen.
12
Jahressonderleistungen mit Entgeltcharakter sind entsprechend zu verkürzen und für
die Monate, in denen voll gearbeitet wurde, anteilig voll zu leisten.13
-
Der Arbeitgeber lehnt die verlangte Änderung ab. Hier kann der Arbeitnehmer gerichtlich überprüfen lassen, ob die vorgetragenen betrieblichen Gründe dem Teilzeitwunsch entgegenstehen. Bei der Ablehnung hat der Arbeitgeber eine
Dreimonatsfrist zu beachten. Die Ablehnung hat schriftlich zu erfolgen, wobei eine
Begründungspflicht nicht vorgesehen ist, allerdings wegen der Möglichkeit einer
gerichtlichen Auseinandersetzung sinnvoll erscheint.
-
Verletzt der Arbeitgeber dieses Frist- und Formerfordernis, dann gelten sowohl die
Verkürzung der Arbeitszeit als auch die vom Arbeitnehmer gewünschte Verteilung als
angenommen (§ 8 Abs. 5 S.2,3 TzBfG).
4. Zustimmungspflicht (Abs. 4)
a) Pflicht zur Zustimmung des Arbeitgebers
Nach Abs. 4 hat der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre
Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche
Gründe nicht entgegen stehen. Damit wird eine Pflicht zur Abgabe einer Willenserklärung
statuiert. Abs. 4 begründet einen Kontrahierungszwang des Arbeitgebers auf Verringerung
der vertraglich festgelegten Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Ausmaß.14
Die Pflicht zur Zustimmung entfällt nur bei Vorliegen objektiver betrieblicher Gründe.
b) Keine entgegenstehenden betrieblichen Gründe
aa) Anforderungen an betriebliche Gründe
Ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit und/oder gegen die Verteilung der konkreten
Arbeitszeit ist dann nicht gegeben, wenn der Arbeitgeber gem. § 8 Abs.4 S. 1 TzBfG
betriebliche Gründe darlegt, die den Wünschen des Arbeitnehmers entgegenstehen. Dabei
trägt der Arbeitgeber die Beweislast für das Vorliegen eines betrieblichen Grundes.15 Ein
betrieblicher Grund liegt insbesondere dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die
Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder
unverhältnismäßige Kosten verursacht (§ 8 Abs.4 S. 2 TzBfG).
Ursprünglich war im Referentenentwurf zum TzBfG noch vorgesehen, dass die vom
Arbeitgeber eingewandten betrieblichen Gründe "dringend" sein müssen. Das Adjektiv
dringend ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren dann jedoch gestrichen worden. Dafür
sind die ursprünglich nur in der Begründung vorgesehenen Beispiele für solche Gründe in
den Gesetzestext aufgenommen worden. Dass betriebliche Gründe nicht mehr "dringend"
sein müssen, heißt jedoch nicht, dass sie beliebig sein könnten. Die beiden gesetzlichen
Konkretisierungen ("wesentliche Beeinträchtigung" und "unverhältnismäßige Kosten")
machen vielmehr deutlich, dass betriebliche Gründe von erheblichem Gewicht vorliegen
müssen, um sich gegen den Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers durchzusetzen.
Der vom Arbeitgeber verlangte Nachweis einer "wesentlichen Beeinträchtigung" oder
"unverhältnismäßiger Kosten" bedeutet im Umkehrschluss, dass bei Umsetzung des
Teilzeitwunsches eine Beeinträchtigung des bisherigen Organisationsablaufs und zusätzliche
Kosten in Kauf zu nehmen sind, sofern sie in einem angemessenen Verhältnis zum
Teilzeitwunsch stehen. Bei dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung ist zu beachten, dass Ziel
des Gesetzes und der zugrunde liegenden EG-Richtlinie die Ausweitung der
Teilzeitmöglichkeiten ist.16 Der deutsche Gesetzgeber hat einen Teilzeitanspruch als
geeignet und erforderlich angesehen, um diese Ausweitung zu befördern. Dies liegt im
Rahmen seiner wirtschaftspolitischen Einschätzungsprärogative. Die Einlösung des
Anspruchs steht zwar unter dem Vorbehalt des Zumutbaren. Bei der Gewichtung, was dem
Arbeitgeber zumutbar ist, muss bei Organisationsfragen und den Kosten jeweils eine
diffenzierte Betrachtungsweise vorgenommen werden.
bb) Organisation, Arbeitsablauf, Sicherheit im Betrieb
Aus dem Erfordernis der wesentlichen Beeinträchtigung ist zu schließen, dass nicht bereits
jede Beeinträchtigung des Betriebsablaufs die Ablehnung des Anspruchs rechtfertigt.
Vielmehr muss der Arbeitgeber zumutbare Anstrengungen unternehmen, insbesondere
muss er von seinem Direktionsrecht insoweit Gebrauch machen, als es ihm möglich ist,
innerbetrieblich durch Umorganisation und andere Verteilung der Arbeitszeit die Störungen
im Arbeitsablauf sowie in der betrieblichen Organisation aufzuheben oder zu minimieren.
Alles andere würde dazu führen, dass der Anspruch gem. § 8 TzBfG in der Praxis leerlaufen
würde.
Zwar kann ein vom Arbeitgeber vorgetragenes organisatorisches Konzept i. S. eines
entgegenstehenden betrieblichen Grundes nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin vom ArbG
überprüft werden. Entsprechend der Rechtsprechung des BAG zum Kündigungsrecht und
der Organisationsgewalt des Arbeitgebers17 muss jedoch der Arbeitgeber konkrete Angaben
zu einem nachvollziehbaren unternehmerischen Konzept der Arbeitszeitgestaltung
vorlegen. Damit muss er betriebliche Gründe konkret substantiiert und nicht nur
schlagwortartig darlegen. Die Gründe müssen nachvollziehbar zu einer wesentlichen
Beeinträchtigung der Organisation oder Arbeitsablaufes führen. Damit ist durch das ArbG
voll nachprüfbar, ob die behaupteten betrieblichen Gründe tatsächlich vorliegen und zu einer
wesentlichen Beeinträchtigung des Arbeitsablaufs oder der Organisation oder der Sicherheit
im Betrieb führen. 18
Das Kriterium der "wesentlichen Beeinträchtigung" ist im übrigen aus § 111 BetrVG
bekannt und von der Rechtsprechung quantitativ in Bezug auf den Umfang des betrieblichen
Personenkreises ausgelegt worden. Hier wäre denkbar, daß der Umfang des
Teilzeitwunsches in Relation zum Umfang des vorhandenen Arbeitszeitvolumens gebracht
wird und dabei ein bestimmter Schwellenwert entwickelt wird. Das Kriterium der
"unverhältnismäßigen Kosten" findet demgegenüber keine Parallele in anderen Gesetzen
und dürfte deshalb in engem Kontext mit dem Kriterium der "wesentlichen Beeinträchtigung"
auszulegen sein.
Dies bezieht sich auch auf den Einwand, das unternehmerische Konzept sehe nur
Vollzeitkräfte vor19 sowie auf den Einwand, keine geeignete zusätzliche Arbeitskraft
finden zu können. Der erste Einwand trägt nur, wenn sich dies aus der bisherigen
Personalpolitik auch entnehmen lässt. Der letztere Einwand ist nur dann beachtlich ist, wenn
der Arbeitgeber (vorträgt und) nachweist, dass eine dem Berufsbild des Arbeitnehmers
entsprechende zusätzliche Arbeitskraft auf dem für ihn maßgeblichen Arbeitsmarkt nicht zur
Verfügung steht.20 Der bloße Hinweis auf Schwierigkeiten bei der früheren Suche nach
einem geeigneten Mitarbeiter kann nicht ausreichen.21
cc) Kosten
Dass durch die Einführung von Teilzeitarbeit und die Einstellung einer Zusatzkraft dem
Arbeitgeber Kosten entstehen können, ist vom Gesetzgeber gesehen und in Kauf
genommen worden. In der Gesetzesbegründung findet sich der Hinweis, dass dem
Mehraufwand laufende Kosteneinsparungen durch Produktivitätssteigerungen und bessere
Kapitalnutzung gegenüberstehen können.22 Der Arbeitgeber hat daher Ursache und Höhe
der Kosten sowie die Umstände nachvollziehbar vortragen, aus denen sich die
Unverhältnismäßigkeit ergibt. Erhöhte Kosten allein reichen nicht aus.
dd) Tarifliche Regelungen betrieblicher Gründe
Die Tarifvertragsparteien sind ermächtigt, die Gründe für eine Ablehnung der
Arbeitszeitverringerung tariflich zu konkretisieren und dabei den spezifischen Erfordernissen
des jeweiligen Wirtschaftszweigs Rechnung zu tragen (§ 8 Abs. 4 S. 3). Dabei können die
tarifvertraglich geregelten Ablehnungsgründe im Geltungsbereich des Tarifvertrags auch
zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vereinbart werden (§ 8
Abs. 4 S. 4 TzBfG)
5. Gerichtliche Durchsetzung des Teilzeitanspruchs
a) Leistungsklage
Rechtsdogmatisch ist die Geltendmachung einer Verringerung der Arbeitszeit ein Angebot
zur Änderung des Arbeitsvertrags.23 Der Anspruch eines Arbeitnehmers gem. § 8 Abs. 1, 4,
ist ein Anspruch auf Annahme des Angebots zur Vertragsänderung und somit ein Anspruch
auf Abgabe einer Willenserklärung (§ 894 ZPO)24. Bei prozessualen Streitigkeiten ist damit
die zutreffende Verfahrensart eine Leistungsklage, die auf Abgabe einer Willenserklärung
gerichtet ist.25 Wird dem Teilzeitanspruch statt gegeben, so beginnt die
Teilzeitbeschäftigung mit dem Zeitpunkt der Urteilsverkündung.26 Es handelt sich um
eine Vertragsänderung, die nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen kann, da das
Arbeitsverhältnis bis zur Urteilsverkündung als Vollzeitarbeitsverhältnis abgewickelt worden
ist.27
b) Einstweiliges Verfügungsverfahren
Bei einem einstweiligen Verfügungsverfahren zur vorläufigen Sicherung eines
Teilzeitanspruch besteht das grundsätzliche Problem, ob in einem Rechtsstreit über die
Abgabe einer Willenserklärung eine einstweilige Verfügung überhaupt zulässig ist.28 Dies
wird z.T. verneint, weil es keine vorläufige Vollstreckbarkeit eines auf Abgabe einer
Willenserklärung gerichteten Urteils gebe.29 Demgegenüber wird von Teilen der
Instanzgerichte auch im Falle der Abgabe einer Willenserklärung eine einstweilige Verfügung
nach den allgemeinen Maßstäben zugelassen. Es muss sich um eine auf Befriedigung
gerichtete Verfügung handeln, der Antragsteller muss dringend auf die Erfüllung des
Anspruchs angewiesen sein und eine Zurückweisung des Antrags muss einer
Rechtsverweigerung gleich kommen.30
Die Rechtsfolgen nach § 894 ZPO (Abgabe einer Willenserklärung) knüpfen an ein formal
rechtskräftiges Urteil, wobei kein bestimmtes Verfahren genannt wird. Aus § 895 ZPO ist bei
der Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung eine vorläufige Vollstreckbarkeit
grundsätzlich nicht gegeben. Allerdings lässt etwa § 885 Abs.1 BGB ausdrücklich eine
einstweilige Verfügung zur Erlangung der Abgabe einer Willenserklärung zu. Bei
Berücksichtigung des Verfassungsgebots effektiven Rechtsschutzes wird man deshalb
einstweiligen Rechtsschutz gerichtet auf zumindest vorläufige Befriedigung bei einem
Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung in Ausnahmefällen gewähren müssen.31
Der Arbeitnehmer muss dann allerdings dringende Gründe etwa familiärer Art darlegen,
weshalb er auf eine bestimmte Arbeitszeit angewiesen ist.32 Anders als im
Hauptsacheverfahren, wo die Motive des Arbeitnehmers für seinen Reduzierungswunsch
irrelevant sind33, ist im einstweiligen Verfügungsverfahren die Dringlichkeit nachzuweisen.
Bei Nachweis entsprechender Dringlichkeit kann demnach das ArbG dem Antrag auf
Arbeitszeitverringerung nach § 940 ZPO stattgeben, wenn der Arbeitgeber unter Berufung
auf im Verfahren nicht schlüssig dargelegte "betriebliche Gründe" den Wunsch ablehnt. Der
Antrag ist auf Beschäftigung zur verringerten Arbeitszeit zu richten.34 Damit wird die
Vorwegnahme der Hauptsache vermieden und der Arbeitnehmer erhält bei Erlass der
einstweiligen Verfügung einen vollstreckbaren TitelEr kann zur vorläufigen
Arbeitszeitverringerung bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren verpflichtet
werden.35
c) Streitwert
Der Streitwert bestimmt sich nach den Grundsätzen, die für die Streitwertfestsetzung in
Änderungsschutzverfahren (§§ 2, 4 KSchG) gelten, in denen das mit einer
Änderungskündigung verbundene Angebot unter Vorbehalt angenommen wurde. Es geht
auch hier um die Frage, o das Arbeitsverhältnis nach den Vorstellungen einer der
Vertragsparteien zu geänderten Arbeitsbedingungen fortgesetzt wird, obwohl die andere
Vertragspartei mit der angebotenen Änderung nicht einverstanden ist. Die Parteien streiten
demgegenüber weder über den Bestand des Arbeitsverhältnisses noch stellen sie in Frage,
dass sich die beiderseits geschuldete arbeitsvertraglichen Leistungen nach dem Ausgang
des Rechtsstreits richten.
Der Streitwert in Änderungsschutzverfahren richtet sich nach der dreijährigen
Vergütungsdifferenz, wobei die in § 12 VII ArbGG genannten Streitwertgrenzen nicht
überschritten werden dürfen. Ansonsten ist der Wert gem. § 3 ZPO nach freiem Ermessen
zu bestimmen. Bei einem Streit um den Umfang der arbeitsvertraglich geschuldeten
Leistungen ist in der Regel als Wert ein Betrag in Höhe dreier Bruttomonatsverdienste
festzusetzen.36
6. Hilfestellung des Betriebsrats bei der Durchsetzung des Teilzeitanspruchs
a) Sanktion bei unterlassener Ausschreibungspflicht
Nach § 7 Abs. 1 TzBfG hat der Arbeitgeber einen Arbeitsplatz, den er öffentlich oder
innerhalb des Betriebs ausschreibt, auch als Teilzeitarbeitsplatz auszuschreiben, wenn
sich der Arbeitsplatz dafür eignet. Unterbleibt ein solcher Hinweis, kann der Betriebsrat einer
Einstellung oder Versetzung nah § 99 Abs. 2 BetrVG widersprechen. Der Betriebsrat kann
sich dabei sowohl auf § 99 Abs. 2 Nr. 5 berufen37 als auch auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Das
BAG hat in einem vergleichbaren Fall, in dem der Arbeitgeber vor der Einstellung nicht die
Möglichkeit einer Besetzung mit einem Schwerbehinderten geprüft hatte (früher § 14 Abs. 1
SchwbG, jetzt § 81 Abs. 1 SGB IX), einen solchen Widerspruchsgrund bejaht.38
b) Unterstützung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nach § 85 BetrVG
Will der Betriebsrat das Teilzeitverlangen eines Arbeitnehmers unterstützten, mit dem dieser
sich gegenüber dem Arbeitgeber nicht durchsetzen konnte, dann kann er den Betroffenen
bei der Einlegung des Beschwerdeverfahrens nach § 85 BetrVG unterstützen.
Wird dem Wunsch eines im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmers (oder eines
zurückkehrenden Arbeitnehmers, etwa aus der Elternzeit) auf Teilzeitarbeit nicht
entsprochen, dann kann der Arbeitnehmer beim Betriebsrat eine Beschwerde vorbringen.
Hält der Betriebsrat die Beschwerde für berechtigt, kann er beim Arbeitgeber auf Abhilfe
drängen, wobei Abhilfe in diesem Fall ein Eingehen auf die Teilzeitwünsche beinhalten
muss. Bleibt der Arbeitgeber bei seiner ablehnenden Haltung, kann der Betriebsrat die
Einigungsstelle anrufen (§ 85 Abs.2 BetrVG).
Zwar kann die Einigungsstelle keinen verbindlichen Spruch fällen, seit es einen gesetzlichen
Anspruch auf Teilzeit gibt. Denn ein verbindlicher Spruch über Rechtsansprüche ist
ausgeschlossen (§ 85 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). Aber auch ein Beratungsverfahren der
Einigungsstelle unter Vorsitz eines neutralen Moderators kann für das Auffinden
einvernehmlicher Lösungen von großem Vorteil sein.
Prof. Dr. Udo R. Mayer
Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik
1
Vgl. dazu Kittner/Zwanziger (Hsg.), Handbuch des Arbeitsrechts, 2. Aufl. 2002 § 140
(Mayer)
2
3
Vgl. Düwell, AiB 2000, 649.
Vgl. BAG 29.11.1995, AuR 1996, 28.
4
ArbG Bonn 20.6.2001, NZA 2001, 973
5
Vgl. anders Bauer, NZA 2000, 1040.
6
BAG 13.7.1987, AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 24.
7
Hanau NZA 2001, 1169
8
ArbG Mannheim 20.11.2001 NZA-RR 2002, 79
9
ArbG Düsseldorf 31.7.2001 NZA-RR 2001, 571
10
Anders ArbG Düsseldorf 31.7.2001, NZA-RR 2001, 571, das eine schriftliche
Ablehung ohne vorherige Verhandlung als unbeachtlich ansah mit der Folge der
Zustimmungsfiktion nach § 8 Abs. 5
11
Vgl. Däubler, ZIP 2001, 219
12
BAG 28.4.1998, AP BUrlG § 3 Nr. 7
13
Kittner/Däubler/Zwanziger KSchR § 8 TzBfG Rn. 41
14
Buschmann/Dieball/Stevens-Bartol, TZA 2. Aufl. 2001, § 8 Rn. 30
15
Beckschulze, DB 2000, 2598 [2599]
16
Erwägungsgrund 11 der RL 97/81/EG
17
BAG [12. 8. 1999], NZA 2000, 30
18
ArbG Stuttgart 5.7.2001, AiB 2001, 728 (Anm. Mayer)
19
ArbG Freiburg 4.8.2001, AuR 2002, 77; ArbG Essen 19.6.2001, NZA 2001, 573
20
BT-Dr 14/4374, S. 17
21
ArbG Mönchengladbach 30.5.2001, NZA 2001, 970
22
BT-Dr 14/4374, S. 3
23
24
Lakies DZWIR 2001, 1; Hromadka NJW, 2001, 400; Preis/Gotthardt DB 2001, 145
Dille, NZA 2001, 589; Grobys/ Bram NZA 2001, 1175
25
ArbG Essen 19.6.200, NZA 2001, 573; ArbG Mönchengladbach 30.5.2001,
NZA2001, 970
26
ArbG Arnsberg 22.1.2002, NZA 2002, 563
27
BAG 28.6.2000, NZA 2000, 1997
28
Zum Meinungsstand Gotthardt NZA 2001, 1184
29
Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, vor § 935 Rn. 50 f
30
OLG Köln 17.12.1995, NJW-RR 1997, 59; LAG Bremen 17.11.1995 ARST 1996, 75
31
Gotthardt NZA 2001, 1183; Grobys/Bram NZA 2001, 1181
32
Gotthardt NZA 2001, 1187
33
ArbG Bonn 20.6.2001, NZA 2001, 973
34
Kittner/Däubler/Zwanziger , KSchR § 8 TzBfG Rn. 58; Mittag, AiB 2002, 350
35
ArbG Berlin 12.10.2001 AuR 2002, 77
36
LAG Berlin NZA-RR 2002, 104
37
so auch Kittner/Däubler/Zwanziger § 7 TzBfG Rn. 7; Rolfs RdA 2001, 141;
Buschmann/Dieball/Stevens-Bartol § 7 TzBfG Rn. 6
38
BAG 14.11.1989 NZA 1990, 368; ebenso Beckschulze DB 2000, 605
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