Heidelberger Taschen biicher Band 184

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Heidelberger Taschen biicher Band 184
Otto Forster
Riemannsche
Flachen
Mit 6 Figuren
Springer-Verlag
Berlin Heidelberg New York 1977
Prof. Dr. Otto Forster
Westflilische Wilhelms-Universitiit, Mathematisches Institut,
Roxeler StraBe 64, D-4400 Miinster/Westfalen
AMS Subject Classification (1970): 30-01; 30 A 14, 30 A 46, 30 A 48,
30 A 52, 30 A 68, 32 L 10, 34 A 20
ISBN -13 :978-3-540-08034-3
e- ISBN -13 :978-3-642-66547-9
DOl: 10.1007/978-3-642-66547-9
Library of Congress Cataloging in Publication Data. Forster, Otto, 1937 -. Riemannsche Flachen. (Heidelberger Taschenbticher; Bd. 184) Bibliography: p. Includes index.
1. Riemann surfaces. I. Title. QA333.F67
515'.223
76-30358
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Verlag zu vereinbaren is!.
© by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1977
Herstellung: Oscar Brandstetter Druckerei KG, 62 Wiesbaden
2144/3140-543210
Vorwort
Dieses Buch ist aus Vorlesungen uber Riemannsche Flachen
entstanden, die der Verfasser an den Universitaten Munchen,
Regensburg und Munster gehalten hat. Das Ziel war, einerseits eine Einftihrung in dieses vie1faltige und schOne Gebiet
zu geben und andrerseits Methoden der Theorie der komplexen Mannigfaltigkeiten im Spezialfall der komplexen
Dimension eins vorzustellen, wo sie besonders einfach und
durchsichtig sind.
Das Buch gliedert sich in drei Kapitel. 1m ersten Kapitel betrachten wir die Riemannschen Flachen vom Standpunkt der
Uberlagerungstheorie aus und entwicke1n dazu in knapper
Form die n6tigen topologischen Grundbegriffe. Es werden
dann die Riemannschen Flachen konstruiert, die durch analytische Fortsetzung eines Funktionskeims entstehen, insbesondere auch die Riemannschen Flachen algebraischer
Funktionen. AuBerdem beschaftigen wir uns genauer mit
analytischen Funktionen, die ein spezielles Mehrdeutigkeitsverhalten aufweisen, wie Stammfunktionen von holomorphen Differentialformen und L6sungen linearer Differentialgleichungen.
Das zweite Kapitel ist der Theorie der kompakten Riemannschen Flachen gewidmet. Es werden die klassischen Hauptsatze behandelt, wie Satz von Riemann-Roch, Abelsches
Theorem und lacobisches Umkehrproblem. Ein wichtiges
technisches Hilfsmittel ist die Cohomologietheorie mit
Werten in Garben. Wir beschranken uns dabei auf die Betrachtung der Cohomologiegruppen der Ordnung eins, die
verhaltnismaBig e1ementar zu behande1n sind. Die Haupt-
VI
Vorwort
satze folgen (nach Serre) alle aus der Endlich-Dimensionalitat der ersten Cohomologiegruppe mit Werten in der Garbe
der holomorphen Funktionen. Der Beweis dieses Satzes
wiederum beruht auf der lokalen Losbarkeit der inhomogenen Cauchy-Riemannschen Gleichungen und auf dem
Schwarzschen Lemma.
1m dritten Kapite1 werden der Riemannsche Abbildungssatz
fUr einfach zusammenhangende Riemannsche Flachen sowie
die Hauptsatze von Behnke-Stein fUr nicht-kompakte Riemannsche Flachen (Runge scher Approximationssatz, Satze
von Mittag-Lerner und WeierstraB) bewiesen. Dabei bentitzen wir die Perronsche Methode zur Losung des Dirichletschen Randwertproblems und die Malgrangesche Methode zum Beweis des Rungeschen Approximationssatzes mithilfe des Weylschen Lemmas. AuBerdem bringen wir in
diesem Kapite1 in Erganzung zu Betrachtungen aus Kapitel I
den Steinschen Satz tiber die Existenz von holomorphen
Funktionen zu vorgegebenen Automorphiesummanden 80wie die Rohrlsche Losung des Riemann-Hilbertschen Problems auf nicht-kompakten Riemannschen Flachen.
Es wurde versucht, die erforderlichen Vorkenntnisse moglichst gering zu halten und die notigen Hilfsmittel im Buch
selbst zu entwicke1n. Vom Leser wird jedoch erwartet, daB er
Grundkenntnisse in der Funktionentheorie einer Veranderlichen, der allgemeinen Topologie und der Algebra besitzt,
wie sie tiblicherweise in einsemestrigen Vorlesungen geboten
werden. In den Kapiteln II und III werden auBerdem einige
Tatsachen aus der DifTerentialtopologie und Funktionalanalysis verwendet, die im Anhang zusammengestellt sind.
Nicht benotigt wird die Lebesguesche Integrationstheorie;
es werden nur holomorphe oder difTerenzierbare Funktionen
bzw. DifTerentialformen integriert. Auch haben wir es vermieden, irgendwe1che Satze aus der Flachentopologie ohne
Beweis zu verwenden.
Der Umfang des dargestellten Stoffes entspricht insgesamt
etwa drei einsemestrigen Vorlesungen. Die Kapitel II und III
setzen jedoch nur Teile der vorangehenden Kapitel voraus.
Vorwort
VII
So kann man etwa nach den §§ 1, 6 und 9 (Definition der
Riemannschen FHichen, Garben und Differentialformen)
sofort zu Kapitel II tibergehen. Hiervon wiederum sind nur
die §§ 12-14 n6tig, urn danach in Kapitel III die Hauptsatze der Theorie der nicht-kompakten Riemannschen
FIachen behandeln zu k6nnen.
Ich danke den folgenden Herren fUr ihre Unterstiitzung:
Herr G. Kraus hat eine Vorlesung tiber kompakte Riemannsche Flachen, die ich 1968 in Mtinchen gehalten habe, ausgearbeitet. Die Herren K. Knorr und D. Leistner haben
beim Lesen der Korrekturen geholfen; Herr Leistner hat
auBerdem den Index zusammengestellt.
Mtinster/W., im Dezember 1976
o. Forster
Inhaltsverzeichnis
Kapitel I. Uberlagerungen
§ 1. Definition der Riemannschen FHichen . . . . .
§ 2. Einfache Eigenschaften holomorpher Abbildungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§ 3. Homotopie von Kurven. Fundamentalgruppe. .
§ 4. Verzweigte und unverzweigte Uberlagerungen . .
§ 5. Universelle Uberlagerung, Decktransformationen
§ 6. Garben . . . . . . . .
§ 7. Analytische Fortsetzung .
§ 8. Algebraische Funktionen.
§ 9. Differentialformen . . .
§ 10. Integration von Differentialformen
§ 11. Lineare Differentialgleichungen. .
1
8
11
18
29
36
40
44
54
62
74
Kapitel II. Kompakte Riemannsche Fliichen
§ 12. Cohomologiegruppen . . .
§ 13. Das Dolbeaultsche Lemma.
§ 14. Ein Endlichkeitssatz. . . .
§ 15. Die exakte Cohomologiesequenz
§ 16. Der Satz von Riemann-Roch. .
§ 17. Der Serresche Dualitatssatz. . .
§ 18. Funktionen und Differentialformen zu vorgegebenen Hauptteilen. . . . . . .
§ 19. Harmonische Differentialformen . . . . . . .
88
95
99
109
116
120
130
136
x
Inhaltsverzeichnis
§.20. Das Abe1sche Theorem . . . .
§ 21. Das Jacobische Umkehrproblem
141
147
Kapitel ID. Nicht-kompakte Riemannsche Flachen
§ 22. Das Dirichletsche Randwertproblem.
§ 23. Abzahlbarkeit der Topologie . . . .
§ 24. Das Weylsche Lemma. . . . . . .
§ 25. Der Rungesche Approximationssatz .
§ 26. Die Satze von Mittag-Leffler und WeierstraB .
§ 27. Der Riemannsche Abbildungssatz. . . . .
§ 28. Funktionen zu vorgegebenen Automorphiesummanden . . . . . . . . . . . .
§ 29. Geraden- und Vektorraumbiindel .
§ 30. Trivialitat von Vektorraumbiindeln
§ 31. Das Riemann-Hilbertsche Problem
155
164
169
175
179
183
190
195
202
205
Anhang
A. Teilungen der Eins . . . .
B. Topologische Vektorraume .
209
210
Literaturhinweise . . . . .
Symbolverzeichnis . . . . .
Namen- und Sachverzeichnis .
214
217
219
Kapitel I. Uberlagerungen
Die TheOl-ie der Riemannschen Fliichen verdankt ihren Ursprung der Tatsache,
daB bei der analytischen Fortsetzung holomorpher Funktionen liings verschiedener
Wege verschiedene Funktionswerte entstehen konnen. Setzt man deshalb einen
holomorphen Funktionskeim unbegrenzt analytisch fort, so entsteht eine i. a.
mehrdeutige Funktion. Urn wieder zu eindeutigen Funktionen zu gelangen, ersetzt
man den Defmitionsbereich durch eine tiber der komplexen Ebene gelegene mehrbliittrige Fliiche, die tiber jedem Grundpunkt sovie1e Punkte besitzt, wie die fortgesetzte analytische Funktion verschiedene Funktionskeime aufweist. Auf dieser
,;Oberiagerungsfliiche" wird die analytische Funktion dann eindeutig. Abstrahiert
man von der Tatsache, daB die Flache tiber der komplexen Ebene (oder Zahlenkuge1) ausgebreitet ist, erhiilt man den allgemeinen Begriff der Riemannschen
Fliiche als Definitionsbereich analytischer Funktionen einer Veranderlichen.
Wir besprechen in diesem Kapitel zuniichst den allgemeinen Begriff der Riemannschen Fliiche und dann den Begriff der Uberiagerung von topologischen und
analytischen Standpunkt aus. Die Theorie der Oberiagerungen wird dann angewendet auf das Problem der analytischen Fortsetzung, die Konstruktion der
Riemannschen Fliichen algebraischer Funktionen, die Integration von Differentialformen und die Lasung linearer Differentialgleichungen.
§ 1. Defmition der Riemannschen Fliichen
In diesem Paragraphen definieren wir die Riemannschen Flachen, den Begriff der
holomorphen und meromorphen Funktionen auf ihnen sowie holomorphe Abbildungen zwischen Riemannschen Fliichen.
Riemannsche Fliichen sind zweidimensionale Mannigfaltigkeiten mit einer noch
zu definierenden zusiitzlichen Struktur. Bekanntlich versteht man unter einer
Kapitel I. Dberlagerungen
2
n-dimensionalen Mannigfaltigkeit einen Hausdorff-Raum X mit der Eigenschaft,
daB jeder Punkt aEX eine offene Umgebung besitzt, die zu einer offenen TeiImenge des JR" homoomorph ist.
1.1. Defmition. Sei X eine zweidimensionale Mannigfaltigkeit. Eine komplexe Karte
auf X ist ein Homoomorphismus <P : V -> Veiner offenen Teilmenge VeX auf
eine offene Teilmenge Ve<c. Zwei komplexe Karten <Pi : ~ -> Vi, i=1,2, heiBen
biholomorph vertraglich, falls die Abbildung
<P2
0
<pi I
: <PI
(VI n V2)-><P2 (VI n V2)
biholomorph ist (vgl. Fig. 1).
Figur 1
Ein komplexer Atlas auf X ist ein System 21 = {<Pi : ~-> Vi, i EI} paarweise biholomorph vertraglicher Karten, die X iiberdecken, d. h. U ~ = X.
ie I
Zwei komplexe Atlanten 21 und 21' auf X heiBen biholomorph vertriiglich, falls
jede Karte von 21 mit jeder Karte von 21' biholomorph vertraglich ist.
1.2. Bemerkungen. a) 1st <P : V-> V eine komplexe Karte, ~ offen in V und
VI : = <p(VJ, so ist <p I~ -> f-l eine mit <P : V->V biholomorph vertragliche Karte.
b) Unter Benutzung der Tatsache, daB die Zusammensetzung biholomorpher
Abbildungen wieder biholomorph ist, rechnet man leicht nach, daB die biholomorphe Vertraglichkeit zwischen komplexen Atlanten eine Aquivalenzrelation ist.
1.3. Defmition. Unter einer komplexen Struktur auf einer zweidirnensionalen Mannigfaltigkeit X versteht man eine Aquivalenzklasse biholomorph aquivalenter
AtIanten auf X.
§ 1. Definition der Riemannschen Fliichen
3
Eine komplexe Struktur auf X kann also durch Angabe eines komplexen Atlas
defmiert werden. Jede komplexe Struktur 1: auf X enthiilt einen eindeutig bestimmten maximalen Atlas W*: 1st W ein beliebiger Atlas aus 1:, so besteht W*
aus allen komplexen Karten auf X, die mit jeder Karte von W biholomorph vertriiglich sind.
1.4. Defmition. Eine Riemannsche Flache ist ein Paar (X,l), bestehend aus einer
zusammenhiingenden zweidimensionalen Mannigfaltigkeit X und einer komplexen
Struktur 1: auf X.
Man schreibt meist nur X statt (X,l), wenn klar ist, welche komplexe Struktur 1:
gemeint ist. Manchmal schreibt man auch (X,21), wenn der Atlas W ein Repriisentant von 1: ist.
Vereinbarung. 1st X eine Riemannsche Flache, so verstehen wir unter einer Karte
auf X immer eine komplexe Karte des maximalen Atlas der komplexen Struktur
vonX.
Bemerkung. Lokal ist eine Riemannsche Flache X nichts anderes als eine offene
Menge in der komplexen Ebene; durch eine Karte cp : U --> V c: CC wird die offene
Menge Uc:X bijektiv auf V bezogen. Jedoch ist ein vorgegebener Punkt von X
in vielen Karten enthalten, und keine ist vor der anderen ausgezeichnet. Deshalb
lassen sich nur solche Begriffe aus der Funktionentheorie der komplexen Ebene
auf Riemannsche Fliichen iibertragen, die invariant gegeniiber biholomorphen
Abbildungen sind, d. h. bei denen es nicht darauf ankommt, welche spezielle Karte
man wahlt.
1.5. BeispieJe Riemannscher FIiichen
a) Die Gau,Psche Zahlenebene CC. Ihre komplexe Struktur wird defmiert durch den
Atlas, dessen einzige Karte die identische Abbildung CC-->CC ist.
b) Gebiete. Sei X eine Riemannsche Fliiche und Y c: X ein Gebiet (d. h. eine offene
und zusammenhiingende Teilmenge). Dann wird Yin natiirlicher Weise wieder
zu einer Riemannschen Flache, wenn man die komplexe Struktur durch den Atlas
defmiert, der aus allen komplexen Karten cp : U --> V auf X besteht, fUr die U c: Y.
Insbesondere ist jedes Gebiet Y c: CC eine Riemannsche Flache.
c) Die Riemannsche ZahlenkugellPl • Wir setzen 1P1 : =CCu{oo}, wobei 00 ein
Symbol ist, das nicht in CC liegt. Wir fUhren folgende Topologie auf 1P1 ein: Die
offenen Mengen seien einerseits die iiblichen offenen Mengen Uc: CC und andererseits die Mengen der Gestalt Vu {oo}, wobei Vc: CC das Komplement einer kompakten Menge Kc:CC ist. Dadurch wird 1P1 zu einem kompakten Hausdorff-Raum
(der zur 2-Sphiire S2 homoomorph ist). Wir setzen
Kapitei 1. Uberiagerungen
4
CIt: =lPl\{OO}=CC,
lh.: =lP1 \{ O}=CC*v{oo}.
Die Abbildungen ({Ji :
Abbildung und
Z . _{liZ
({J2( ) . -
0
~->CC,
i= 1,2, seien wie folgt defmiert: ({Jl ist die identische
fUr ZECC*,
fi·
ur z=oo.
({Ji : ~->CC sind Homoomorphismen. Dies zeigt, daB lPl eine zweidimensionale
Mannigfaltigkeit ist. Da CIt und lh. zusammenhiingen und nichtleeren Durchschnitt
haben, ist auch lPl zusammenhiingend.
Die komplexe Struktur von lPl werde nun durch den Atlas definiert, der aus den
Karten ({Ji : ~->CC, i = 1,2, besteht. Dazu haben wir uns noch zu tiberlegen, daB
die beiden Karten biholomorph vertriiglich sind: Es ist ((Jl(U1n U2)=({J2(CltnU2) =
CC* und
biholomorph.
Bemerkung. Die Bezeichnung lPl kommt daher, daB man lPl als den l-dimensionalen projektiven Raum tiber dem Korper der komplexen Zahlen auffassen kann.
d) Tori. Seien Wl, W2 ECC tiber IR linear unabhiingige Zahlen und
r: =
ZWl
+Zw2={nwl +mw2: n,mEZ}.
Man nennt r das von Wl und W2 aufgespannte Gitter (Fig. 2). Zwei komplexe
Zahlen Z,Z'ECC heiBen iiquivalent modr, falls Z-Z'Er. Die Menge aller Aquivalenzklassen wird mit CCIr bezeichnet. Es sei 1t : CC-> CC(F die kanonische Projektion,
die jedem Punkt ZECC seine Aquivalenzklasse modr zuordnet.
Wir fUhren auf CClr folgende Topologie ein (die Quotienten-Topologie): Eine
Figur 2
§ 1. Definition der Riemannschen Fliichen
5
Teilmenge Uc(;/r heiBt offen genau dann, wenn n- 1 (U)c(; offen ist. Dadurch
wird (;/r zu einem Hausdorff-Raum und die Quotientenabbildung n: (;-(;/r
stetig. Da (; zusammenhlingt, ist auch (;/r zusammenhlingend. (;/r ist sogar
kompakt, denn es ist unter n Bild des kompakten ParalIelogramms
P: = {A.ah + JlW2 : A.,Il E [O,1]}.
Die Abbildung n ist offen, d. h. das Bild jeder offenen Menge V c (; ist offen.
Dazu hat man zu zeigen, daB V: =n- 1 (n(V)) offen ist. Es gilt
V=U(w+V).
",er
Jedes w + V ist offen, also auch
V.
Wir fUhren nun folgendermaBen auf (;/r eine komplexe Struktur ein: Sei VC (;
eine offene Menge, die kein Paar voneinander verschiedener, modr liquivalenter
Punkte enthlilt. U: =n(V) ist offen und nl V-U ein Homoomorphismus. Seine
Umkehrabbildung qJ : U- Vist eine komplexe Karte auf (;/r. Sei 21 die Menge
alIer Karten, die sich so erhalten lassen. Wir zeigen jetzt, daB je zwei Karten
qJj: Uj- fI, i= 1,2, aus 21 biholomorph vertrliglich sind. Wir betrachten die Abbildung
t/J:
=qJ2
0
qJ11 : qJ1(VinU2)-qJ2(U1nU2 )·
Fur jedes ZEqJ1 (Vi n Vi) gilt n (t/J(z) }= qJ1 1(z) =n(z), also t/J(z) -zero Da r diskret
und t/J stetig ist, folgt, daB t/J(z)-z auf jeder Zusammenhangs-Komponente von
qJ1(VinVi) konstant ist. Also ist t/J und ebenso t/J-1 holomorph, q.e.d.
Es trage nun (;/r die durch den komplexen Atlas 2l defmierte komplexe Struktur.
Bemerkung. Sei Sl = {ZE(; : zl = 1} die 1-Sphlire. Ordnet man dem durch
Awl +IlW2,(A.,IlEIR), reprlisentierten Punkt von (;/r den Punkt
1
(e2 ni \ e2 nifJ) ES1 X Sl
zu, so erhlilt man einen Homoomorphismus von (;/r auf den Torus Sl x Sl.
1.6. nefmition. Sei X eine Riemannsche Flliche und Y eX eine offene Teilmenge.
Eine Funktion f: Y - (; heiBt holomorph, wenn fUr jede Karte qJ : U - V auf X
die Funktion
fo qJ-1 : qJ(UnY)-(;
im ublichen Sinn auf der offenen Menge qJ( Un Y) c (; holomorph ist. Die Menge
alIer auf Y holomorphen Funktionen werde mit (!) (Y) bezeichnet.
1.7. Bemerkungen. a) Summe und Produkt holomorpher Funktionen sind wieder
holomorph, ebenso die konstanten Funktionen. Dadurch wird (!) (Y) zu einer
(;-Algebra.
b) Die in der Definition gestellte Bedingung braucht natiirlich nicht fUr aIle Karten
Kapitel I. Dberlagerungen
6
des maximalen Atlas von X nachgepriift zu werden, sondern nur fUr eine Farnilie
von Karten, die Y iiberdeckt. Dann ist sie fUr alle anderen Karten automatisch
erfUllt.
c) 1st qJ: U-+ V eine Karte auf X, so ist qJ insbesondere eine komplexwertige
Funktion auf U. Sie ist trivialerweise holomorph. Man nennt qJ auch lokale Koordinate oder Ortsuniforrnisierende und (U, qJ) Koordinatenumgebung jedes Punktes
aEU. In diesem Zusammenhang verwendet man statt qJ gern den Buchstaben z.
1.S. Satz (Riemannscher Hebbarkeitssatz). Sei U eine offene Teilmenge einer
Riemannschen Flache und aEU. Die Funktion IE(!)(U\{a}) sei in einer gewissen
Umgebung von a beschriinkt. Dann laftt sich 1 eindeutig zu einer Funktion
jE(!)(U)lortsetzen.
Dies folgt unrnittelbar aus dem Riemannschen Hebbarkeitssatz in der komplexen
Ebene.
Wir kommen jetzt zur Definition der holomorphen Abbildungen zwischen Riemannschen Fliichen.
1.9. Defmition. Seien X und Y Riemannsche Fliichen. Eine stetige Abbildung
I: X -+ Y heiBt holomorph, wenn fUr jedes Paar von Karten qJ1 : Ut -+ Vi auf X
und qJ2 : llz-+ Ii; auf Y mit I(Ut)c llz die Abbildung
qJ2
01 0qJl 1 : Vi -+ Ii;
holomorph im iiblichen Sinn ist.
Eine Abbildung I: X -+ Y heiBt biholomorph, wenn sie bijektiv ist und sowohl
I: X-+Y als auch 1- 1 : Y-+X holomorph sind. Zwei Riemannsche Fliichen
X, Y heiBen isomorph, wenn es eine biholomorphe Abbildung I: X -+ Y gibt.
1.10. Bemerkungen. a) 1m Spezialfall Y = CC sind offenbar holomorphe Abbildungen/: X-+CC dasselbe wie holomorphe Funktionen.
b) Sind X, Y, Z Riemannsche Fliichen und I: X -+ Y und g : Y -+ Z holomorphe
Abbildungen, so ist auch die Komposition g 01: X -+ Z holomorph.
c) Eine stetige Abbildung I: X -+ Y zwischen zwei Riemannschen Fliichen ist
genau dann holomorph, wenn fUr jede offene Menge V c Yund jede holomorphe
Funktion qJE(!)(V) die "zuriickgeliftete" Funktion qJ l:r1(V)-+CC in (!) (J-1(V))
liegt. Dies folgt direkt aus den Definitionen und den Bemerkungen (1.7.c) und
(1.10.b).
Eine holomorphe Abbildung I: X -+ Y induzielt deshalb eine Abbildung
0
!*: (!)(V)-+(!)(r 1(V)), !*(qJ)=qJ of
prillt leicht nach, daB 1* ein Ring-Homomorphismus
Man
ist. 1st g: Y-+Z
eineweitereholomorpheAbbildung, WoffeninZ, V: =g-l(W)und U:=j1(V),
§ 1. Definition der Riemannschen Fliichen
7
so ist (g ° /)* : (!) (W)-->(!)(U) die Zusammensetzung der Abbildungen g* : (!)(W)-->
(!)(V) undf* : (!)(V)-->(!)(U), d.h. (g ° /)*=/* ° g*.
1.11. Satz (Identitlitssatz). Seien X, Y Riemannsche Fliichen und A,12 : X --> Y
zwei holomorphe Abbildungen, die auf einer Teilmenge A c X, die einen Hiiufungspun/a aEX besitzt, iibereinstimmen. Dann sind it und 12 iiberhaupt identisch.
Beweis. Sei G die Menge aller Punkte XEX, die eine Umgebung W besitzen mit
Nach Definition ist G offen. Wir zeigen, daB Gauch abgeschlossen
ist. Sei dazu b ein Randpunkt von G. Aus der Stetigkeit von A und h folgt
A(b) = h(b). Es gibt deshalb Karten cp : U--> V auf X bzw. I/! : U' --> V' auf Y mit
bEU und 1(u)c U'. Wir durfen auBerdem annehmen, daB U zusammenhlingt.
Die Abbildungen
AI W=hl W.
gi:=I/!0hoCP-l: V-->V'cCC
sind holomorph. Da U nG =I- 0, stimmen gl und g2 nach dem Identitlitssatz flil:
holomorphe Funktionen in Gebieten von CC uberein. Deshalb gilt AI U=hl U.
Daraus folgt bEG, also ist G abgeschlossen. Da X zusammenhlingt, folgt G=0
oder G=X. Der erstere Fall kann aber nicht eintreten, da (wiederum nach dem
Identitlitssatz in der Ebene) aEG. Also stimmen A und 12 auf ganz X liberein.
1.12. Defmition. Sei X eine Riemannsche Flliche und Yeine offene Teilmenge
von X. Unter einer meromorphen Funktion auf Y versteht man eine auf einer
offenen Teilmenge Y' c Y defmierte holomorphe Funktion f: Y' -->CC mit folgenden Eigenschaften:
i) Y\ Y' besteht nur aus isolierten Punkten.
ii) Flir jeden Punkt pE Y\ Y' gilt
liml f(x) I =
00.
X~P
Die Punkte von Y\Y' heiBen die Polstellen von f Die Menge aller auf Y
meromorphen Funktionen werde mit Jt (Y) bezeichnet.
1.13. Bemerkungen. a) Sei (U,z) eine Koordinatenumgebung einer Poistelle p von
fmit z(P)=O. Dann lliBt sichfin einer Umgebung von pin eine Laurentreihe
00
f=
L c.z'
v=-k
entwickeln.
b) Jt (Y) ist in natlirlicher Weise eine CC-Algebra. Die Summe bzw. das Produkt
zweier meromorpher Funktionen j,gEJt( Y) ist zunlichst als holomorphe Funktion
dort definiert, wo fund g gemeinsam holomorph sind; nach dem Riemannschen
Hebbarkeitssatz wird dann f+g bzw. fg liber evtl. hebbare Singularitliten fortgesetzt.
Kapitel I. OberJagerungen
8
1.14. Beispiel. Sei n:?1 und
F(z)=z"+Clz"-l + ... +c., (Ck ECC),
ein Polynom. Dann definiert F eine holomorphe Abbildung F: CC-->CC. FaBt
man CC als Teilmenge von 1Pl auf, so gilt lim IF(z)1 = 00. Also ist FE.,I{(1Pl)'
z~oo
Wir werden jetzt meromorphe Funktionen als holomorphe Abbildungen in die
Riemannsche Zahlenkugel interpretieren.
1.15. Satz. Sei X eine Riemannsche Flache und IE.,I{(X). Fur eine Polstelle p
von 1 definiere man 1(P) : = 00. Dann erhalt man eine holomorphe Abbi/dung
I: X --> 1Pl . 1st umgekehrt I: X --> 1Pl eine holomorphe Abbi/dung, so ist entweder
1 konstant gleich 00 oder 1- 1(00) besteht nur aus isolierten Punk ten und
I: X\(-l(oo)-->CC ist eine meromorphe Funktion auf X.
Wir werden ktinftig eine meromorphe Funktion IE.,I{(X) und die ihr zugeordnete
holomorphe Abbildung I: X -->1Pl identifizieren.
Beweis. a) Sei IE.A(X) und P die Polstellenmenge von f Die durch 1 defmierte
Abbildung I: X -->1Pl ist jedenfalls stetig. Seien cp : U--> Vund l/I : U'--> V' Karten
auf X bzw. 1Pl mit I(u)c: U'. Wir haben zu zeigen, daB
g:=r/lolocp-l: V-->V'
holomorph ist. Da 1 auf X\P holomorph ist, folgt, daB g auf V\cp(P) holomorph
ist. Nach dem Riemannschen Hebbarkeitssatz ist g auf ganz V holomorph.
b) Die Umkehrung folgt aus dem Identitatssatz (1.11).
1.16. Bemerkung. Aus (1.11) und (1.15) folgt, daB der Identitiitssatz auch fUr
meromorphe Funktionen auf einer Riemannschen Flache X gilt. Deshalb hat
eine Funktion IE.,I{(X), die nicht identisch null ist, nur isolierte Nullstellen.
Daraus folgt, daB .,I{ (X) ein Korper ist.
§ 2. Einfache Eigenschaften holomorpher Abbildungen
In diesem Paragraphen beweisen wir einige elementare topologische Eigenschaften
tiber holomorphe Abbildungen zwischen Riemannschen Flachen und zeigen, wie
sich daraus bekannte Satze der Funktionentheorie in der Ebene, wie Satz von
Liouville und Fundamentalsatz der Algebra, einfach ableiten lassen.
§ 2. Einfache Eigenschaften holomorpher Abbildungen
9
2.1. Satz (Lokale Gestalt holomorpher Abbildungen). Seien X, Y Riemannsche
Fliichen, f: X--+Y eine nichtkonstante holomorphe Abbi/dung, aEX und b :=f(a).
Dann gibt es eine naturliche Zahl k ~ 1 und Karten <P: V--+ V auf X bzw.
'" : U'--+ v' auf Y mit folgenden Eigenschaften,'
i) aEV, <p(a) =0; bEV',"'(b) =0.
ii) f(U)c V'.
iii) Fur die Abbildung F: = '" 0 f
0
<P -1 : V --+ V' gilt
F(z) =:1' for aile ZE V.
Beweis. Zuniichst lassen sich Karten <Pl : ~ --+ VJ. auf X und '" : V' --+ V' auf Y
fmden, so daB die Eigenschaften i) und ii) mit (~, <Pl) anstelle von (V, <p) erflillt
sind. Nach dem Identitiitssatz ist die Funktion
It : ='" f <Pl 1 : VJ. --+ V' C::: <C
nicht-konstant und es gilt It (0) =0, also gibt es ein
0
0
k~1, so daB It(Z)=Zkg(Z),
wobei g eine in VJ. holomorphe Funktion mit g(O) # 0 ist. In einer gewissen
Umgebung von 0 gibt es deshalb eine holomorphe Funktion h mit hk=g. Die
Zuordnung zl-+zh(z) liefert eine biholomorphe Abbildung 0( : J-;--+ V einer ofTenen Umgebung J-; c VJ. der Null auf eine ofTene Umgebung V der Null. Sei
V: =<Pl 1 (J-;). Wir ersetzen nun die Karte <Pl : ~ --+ VJ. durch die Karte <P : V--+ V
mit <P =0( <Pl' Flir die Abbildung F='" f <p-l gilt dann nach Konstruktion
F(Z)=Zk, q.e.d.
0
0
0
2.2. Bemerkung. Die Zahl k in Satz (2.1) kann folgendermaBen charakterisiert
werden: Zu jeder Umgebung Vo von a gibt es Umgebungen VC Uo von a und
W von b=f(a), so daB flir jeden Punkt YEW mit y#b die Menge f-l(y)nV
genau k Elemente hat. Man nennt k die Vielfachheit, mit der die Abbildung f
den Wert b im Punkt a annimmt.
2.3. Beispiel. Sei f(z)=:I'+Cl:l'-l+ ... +Ck ein Polynom k-ten Grades. Dann
kann f als holomorphe Abbildung f: lPl--+lPl mit f(oo) =00 aufgefaBt werden
(vgl. § 1). Durch Benutzung von Karten urn 00 rechnet man leicht nach, daB 00
mit der Vielfachheit k angenommen wird.
2.4. Corollar. Seien X, Y Riemannsche Fliichen und f: X --+ Y eine nicht-konstante
holomorphe Abbildung. Dann ist f offen, d.h. das Bild jeder ofJenen Menge ist
offen.
Beweis. Aus Satz (2.1) folgt unmittelbar: 1st V Umgebung eines Punktes aEX, so
ist feU) Umgebung des Punktes f(a). Daraus ergibt sich die OfTenheit.
10
Kapitel I. Uberlagerungen
2.5. Corollae. Seien X, Y Riemannsche Flachen und I:
X~Y eine injektive holomorphe Abbi/dung. Dann lielert I eine biholomorphe Abbi/dung von X aull(x).
Beweis. 1st I injektiv, so muB in der lokalen Beschreibung von Satz (2.1) stets
k= 1 sein. Deshalb ist die Umkehrabbildung 1-1 :/(x)~X holomorph.
2.6. Corollar (Maximumprinzip). Sei X eine Riemannsche Flache und I: X~<C
eine nicht-konstante holomorphe Funktion. Dann nimmt I das Maximum seines
Betrages nicht an.
Beweis. Angenommen, es gebe einen Punkt aEX mit
R : = I/(a) I = sup {1/(x)1 : XEX}.
Es gilt dann
1(X)cK:={ZE<C: Izi :=;;R}.
Da I(x) offen ist, liegt es ganz im Innern von K. Dies ist ein Widerspruch zu
l(a)EaK.
2.7. Satz. Seien X, Y Riemannsche Flachen, X kompakt und I: X~Y eine nichtkonstante holomorphe Abbi/dung. Dann ist Y kompakt und I surjektiv.
Beweis. Nach (2.4) ist I(x) offen. Da X kompakt ist, ist I(x) kompakt, also
abgeschlossen. Da ir.. eine~ zusammenhangenden Raum die einzigen gleichzeitig
offenen und abgeschlossenen Mengen die leere Menge und der gesamte Raum
sind, folgt I(x) = Y. Also ist I surjektiv und Y kompakt.
2.8. Corollae. Aul einer kompakten Riemannschen Flache ist jede holomorphe
Funktion/: x--+cr konstant.
Dies folgt aus Satz (2.7), da cr nicht kompakt ist.
2.9. CorolIar. Jede meromorphe Funktion I aul lPl ist eine rationale Funktion,
d.h. Quotient zweier Polynome.
Beweis. Die Funktion I hat nur endlich viele Pole. Denn andernfalls hatten die
Poistellen einen Haufungspunkt und I muBte nach dem Identitatssatz konstant
gleich 00 sein. Wir konnen annehmen, daB in 00 kein Pol von I liegt; sonst betrachten wir III statt f Seien alo' .. ,anEcr die Polstellen von lund
h.(z)=
-1
I
CVj(z-av)j, v=l, .. . ,n,
j=-k v
die Hauptteile von I in avo Dann ist die Funktion g : =1- (hI + ... + hn) auf ganz
lPl holomorph, also nach Corollar (2.8) konstant. Daraus folgt, daB I rational ist.
§ 3. Homotopie von Kurven. Fundamentalgruppe
11
2.10. Satz von Liouville. Jede beschriinkte holomorphe Funktion I: <C-><C ist
konstant.
Beweis. Nach dem Riemannschen Hebbarkeitssatz (1.8) laBt sich I zu einer holomorphen Abbildung I: IPI -><C fortsetzen, die nach Corollar (2.8) konstant ist.
2.11. Fundamentalsatz der Algebra. Sei n"? 1 und
l(z)=Z"+CIZ"-1 + ... +c"
ein Polynom mit Koelfizienten CvE<C. Dann gibt es wenigstens ein aE<C mit I(a) =0.
Beweis. Das Polynom I laBt sich als holomorphe Abbildung I: IPI ->IPI mit
1(00)=00 auffassen. Nach Satz (2.7) ist diese Abbildung surjektiv, also ist
OE/(<C)·
2.12. Doppeltperiodiscbe Funktionen. Seien Cllt, W2 E<C tiber IR. linear una bhangige
Zahlen und r: =1:Wl +1:W2 das von ihnen aufgespannte Gitter. Eine meromorphe Funktion/: <C->IPI heiBt doppeltperiodisch bzgl. r, falls
l(z)=/(z+w)
flir aile ZE<C und WEr.
Dazu gentigt es offenbar, daB l(z)=/(z+Wl)=/(z+W2) flir aile ZE<C. Sei
n: <C-><C/r die kanonische Quotientenabbildung. Dann induziert die doppeltperiodische Funktion I eine Funktion F: <C/r->1P1 mit I=Fo n. Aus der Definition der komplexen Struktur von <C/r folgt unmittelbar, daB F eine meromorphe Funktion auf <C/r ist. Geht man umgekehrt von einer meromorphen
Funktion F: <C/r->IPI aus, so ist die Komposition I=F n : <C->IPI eine bzgl. r
doppeltperiodische meromorphe Funktion. Die meromorphen Funktionen auf
dem Torus <C/r entsprechen also umkehrbar eindeutig den bzgl. r doppeltperiodischen meromorphen Funktionen auf <C. Deshalb folgt aus Satz (2.7):
0
2.13. Satz. Jede doppeltperiodische holomorphe Funktion I: <C-><C ist konstant.
Jede nichtkonstante doppeltperiodische meromorphe Funktion I: <C->IPI nimmt
jeden Wert CEIPI an.
§ 3. Homotopie von Korven. Fnndamentalgmppe
In diesem Paragraphen stellen wir einige topologische Hilfsmittel bereit, die mit
dem Begriff der Homotopie von Kurven zusammenhangen.
Kapitel 1. UberJagerungen
12
Unter einer Kurve in einem topologischen Raum X verstehen wir eine stetige
Abbildung u: 1-> X, wobei I: = [0,1] c IR das Einheitsintervall ist. Der Punkt
a: =u(O) heiBt der Anfangspunkt und b: =u(l) der Endpunkt der Kurve. Man
verwendet hierflir auch die folgenden Sprechweisen: u ist eine Kurve von a nach b;
die Kurve u verbindet a mit b.
Ein topologischer Raum X heiBt bekanntlich kurvenzusammenhangend, wenn je
zwei Punkte a,bEX durch eine Kurve verbunden werden konnen. Ein kurvenzusammenhiingender Raum X ist auch zusammenhiingend, d. h. es gibt keine
Zerlegung X = VI U V2 mit nichtleeren, punktfremden offenen Mengen VI und V2 .
Ein topologischer Raum heiBt lokal kurvenzusammenhiingend, wenn jeder Punkt
eine Umgebungsbasis aus kurvenzusammenhiingenden Mengen besitzt. Dies ist
insbesondere bei Mannigfaltigkeiten der Fall. Ein zusammenhiingender, lokal
kurvenzusammenhiingender Raum X ist (global) kurvenzusammenhiingend, denn
man beweist leicht, daB die Menge aller Punkte XEX, die mit einem vorgegebenen
Punkt aEX durch eine Kurve verbunden werden konnen, zugleich offen und
abgeschlossen ist.
3.1. Definition. Sei X ein topologischer Raum und seien a, bEX. Zwei Kurven
u, v : 1-> X von a nach b heiBen homo top, in Zeichen u ~ v, wenn es eine stetige
Abbildung A : I x 1-> X mit folgenden Eigenschaften gibt:
i) A(t,O)=u(t) fliralle
tEl,
ii) A(t,1)=v(t)
tEl,
iii) A(O,s)=a
fliralle
und
A(1,s)=b
flir aile
sE/.
Bemerkung. Setzt man us(t) : = A(t, s), so ist jedes Us eine Kurve von a nach b und
es gilt Uo=U und Ul =v. Man sagt, die Schar (u s)O';s';l sei eine Deformation der
Kurve u in die Kurve v, vgl. Fig. 3.
3.2. Satz. Sei X ein topologischer Raum und seien a,bEX. Die Homotopie ist eine
A'quivalenzrelation auf der Menge aller Kurven von a nach b.
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