PRESSEINFORMATION Gatersleben/Quedlinburg, 27. Januar 2014 Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen erfolgreich – Gen für Virusresistenz in Gerste isoliert Gerste (Hordeum vulgare L.) ist weltweit eine der bedeutendsten Kulturarten. Insbesondere in Europa und Asien verursachen jedoch die Viren des Gelbmosaikviruskomplexes (Bymoviren) erhebliche Ertragsverluste von bis zu 50%, die aufgrund der Übertragung der Viren durch einen bodenbürtigen Pilz mit Pflanzenschutzmitteln nicht verhindert werden können. Forschern um Nils Stein (Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung, IPK) und Frank Ordon (Julius Kühn-Institut, JKI) ist es nun gelungen aus den ca. 5,1 Mrd. Basenpaaren des Gerstegenoms, welches damit deutlich größer ist als das Genom des Menschen (3 Mrd. Basenpaare), ein einzelnes Gen zu isolieren, welches für die Resistenz gegen diese Viren verantwortlich ist. Gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), gelang es den beteiligten Forschergruppen zu zeigen, dass natürlich auftretende Defekte (Deletionen, Basenaustausche) des auf dem vierten Gerste-Chromosom (Gerste besitzt sieben Chromosomen) lokalisierten Gens HvPDIL5-1, welches für eine Protein Disulfid Isomerase kodiert, für die Gelbmosaikvirusresistente (Mitte) und anfällige Gerste Resistenz der Gerste gegenüber Barley (rechts/links) auf einem BaMMV/BaYMV-Befallsstandort Ende des Winters. (Quelle: Antje Habekuß| yellow mosaic virus (BaYMV) und Barley gegen www.jki.bund.de) mild mosaic virus (BaMMV) verantwortlich sind. Protein Disulfid Isomerasen sind für die korrekte Faltung von Eiweißen verantwortlich und hoch konserviert im Pflanzen- und Tierreich. Möglicherweise stellen sie daher universelle Anfälligkeitsfaktoren für Virusinfektionen in unterschiedlichen Organismen dar – ihr Funktionsverlust bewirkt Resistenz, weil virale Eiweiße nicht mehr korrekt gefaltet, stabilisiert oder transportiert werden und das Virus seinen Entwicklungszyklus so nicht mehr vollenden kann. Mit der Isolierung dieses Gens konnte somit ein neuer Resistenzmechanismus gegen pflanzenpathogene Viren identifiziert werden, der zukünftig eine zielgerichtete Züchtung auf Resistenz gegen Bymoviren in Gerste, aber u.U. auch anderen Pflanze-VirusPathosystemen ermöglicht. Einzelheiten zur Isolation dieses Gens wurden diese Woche in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), USA, veröffentlicht. Hinweise für Journalisten: Die Gelbmosaikvirose der Gerste und ihre Bedeutung in Deutschland Gerste ist mit insgesamt ca. 1,57 Mio ha Anbaufläche in 2013, von denen ca. 360.000 ha auf Sommergerste entfallen, die nach Weizen bedeutendste Getreideart in Deutschland. Während Sommergerste insbesondere als Rohstoff in der Brauerei genutzt wird, dient Wintergerste überwiegend als Futtermittel. Die Gelbmosaikvirose der Gerste, die durch verschiedene Stämme des Barley yellow mosaic virus (BaYMV) und des Barley mild mosaic virus (BaMMV) verursacht wird, wurde erstmals 1978 in Deutschland nachgewiesen. Seit dieser Zeit hat sie sich, bedingt durch eine ständige Ausweitung der Befallsflächen und aufgrund erheblicher Ertragsverluste, die durchaus im Bereich von 40-50% liegen können, zu einer der bedeutendsten Krankheiten der Wintergerste entwickelt. Neben deutlichen züchtungsbedingten Ertragssteigerungen über die vergangenen Jahrzehnte ist es der Gerstenzüchtung gelungen, Resistenz gegen die Gelbmosaikvirose in deutsche Sorten einzulagern, so dass heute der überwiegende Teil der zugelassenen Wintergerstesorten resistent ist. Dies erlaubt einen ökonomisch sinnvollen Wintergerstenanbau auf Befallsflächen, was auch der weiteren Einengung der Fruchtfolge entgegenwirkt. Gegenüber dieser Resistenz, welche auf Mutationen in dem auf Chromosom 3 der Gerste lokalisierten Gen Hv-eiF4E beruht, wie von der obengenannten Forschergruppe bereits 2005 gezeigt werden konnte, sind jedoch inzwischen virulente BaMMV und BaYMV aufgetreten, so dass in der Nutzung von HvPDIL5-1 bzw. in der markergestützten Kombination beider Gene, die an unterschiedlichen Stellen in den Entwicklungszyklus der Viren eingreifen, eine Option zu sehen ist, den Wintergerstenanbau in Deutschland langfristig zu sichern. Über das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Das IPK wurde im Jahre 1992 neu gegründet und ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft (WGL). Es ist eine Nachfolgeeinrichtung des ehemaligen Zentralinstitutes für Genetik und Kulturpflanzenforschung der Akademie der Wissenschaften der DDR bzw. des KaiserWilhelm-Institutes für Kulturpflanzenforschung, welches bereits 1943 gegründet wurde. Das Institut betreibt weltweite Spitzenforschung in den mit einander verknüpften Disziplinen der Genetik, Physiologie und Zellbiologie der Kulturpflanzen. Das IPK betreibt die größte ex situ Genbank Westeuropas (ist unter den Top Ten weltweit) mit mehr als 150.000 Mustern und ca. 3.000 Arten von Kulturpflanzen und wildverwandten Formen. Die Mitarbeiterzahl des IPK liegt über 500, darunter sind ca. 80 Doktoranden. Die Forschungsaktivitäten des Institutes sind in drei Schwerpunkten organisiert: Erschließung, Erhaltung und Nutzbarmachung pflanzengenetischer Ressourcen, Dynamik pflanzlicher Genome und Integrative Biologie pflanzlicher Leistungen. Hierbei umfasst die Forschung in den 30 Forschergruppen des IPK (http://www.ipk-gatersleben.de) sowohl Grundlagenforschung als auch anwendungsorientierte Forschungsansätze an den Kulturpflanzen Gerste, Weizen, Mais, Raps und Erbse sowie den Modellpflanzen Ackerschmalwand (Arabidopsis), Tabak und Zwenke (Brachypodium). Darüber hinaus ist das Institut der Kern des Pflanzenbiotech-Campus Gatersleben. Verschiedene Firmen und Ausgründungen haben ihren Sitz oder Standorte auf dem Campus. Über das Julius Kühn-Institut (JKI) Das Julius Kühn-Institut (JKI) ist das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen. Es ist das größte von vier Instituten, die Agrarforschung für das deutsche Landwirtschaftsministerium betreiben. Unter dem Dach des JKI gibt es 15 spezialisierte Fachinstitute an derzeit 10 Standorten in Deutschland. Die JKI-Forschung zielt auf die Gesunderhaltung unserer Kulturpflanzen ab. Pflanzenkrankheiten, die Biologie der Schaderreger aber auch die genetische Ausstattung der Pflanzen selbst sind Gegenstand der Forschung. Angesichts des Klimawandels leistet das JKI mit seiner Züchtungsforschung einen wesentlichen Beitrag dazu, dass Sorten gezüchtet werden können, die weniger krankheitsanfällig sind bzw. mit extremer werdenden Witterungsbedingungen klar kommen. Die Suche nach den genetischen Grundlagen für die gewünschten Eigenschaften ist ein zentrales Arbeitsfeld am Hauptsitz des JKI in Quedlinburg. Kontakte: Dr. Nils Stein Abteilung Genbank / Leiter der Arbeitsgruppe Genomdiversität Vorsitzender des International Barley Genome Sequencing Consortium (IBSC), Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung Corrensstraße 3 06466 Stadt Seeland/OT Gatersleben Tel.: 039482-5522 Email: [email protected] Nicole Wahle Geschäftsstelle Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung Corrensstraße 3 06466 Stadt Seeland/OT Gatersleben Tel.: 039482-5427 Email: [email protected] Dipl.-Biol. Stefanie Hahn Pressereferentin Julius Kühn-Institut (JKI) Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen Messeweg 11-12 38104 Braunschweig Tel.: 03946-47105 oder Tel: 05312-993207 Email: [email protected] Dir. u. Prof. Prof. Dr. Frank Ordon Julius Kühn-Institut (JKI) Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen Leiter des Institutes für Resistenzforschung und Stresstoleranz Erwin-Baur-Str. 27 06484 Quedlinburg Tel.: 03946-47601 Email: [email protected]