FEG Winterthur, 22.2.2015, Beat Ungricht, Serie: Geld oder Leben! was uns wirklich reich macht… Die Kraft von Besitz und Geld: Wenn Sorgen unser Denken bestimmen… Als wir im Herbst von den Gemeindeferien nach Hause kommen, liegt in der Post ein Briefumschlag aus Spanien - fehlerlos angeschrieben. Merkwürdig: Ich kenne niemand in Valencia. Freudig gespannt öffne ich das Couvert und lese: Millionengewinn! Sie haben 3.2 Mio Euro gewonnen. Dann wird genau erklärt, wie das gelaufen ist, Name und Adresse des Notars wird genannt, alles scheint wasserdicht zu sein: Ich habe eine riesen Summe Geld gewonnen! SF Schmunzelnd werfe ich den Brief ins Altpapier. Aber dann – einen Moment lang kommt so ein sticheliges Gefühl auf: Wow, das wäre ja schon cool, wenn man einfach so - so viel Geld zur Verfügung hätte. Was man damit alles machen könnte! Dann habe ich gegoogelt: Viele haben das auch gedacht und wurden reingelegt! Die Gauner leben davon, dass etwas Naive mehr als 1000 Euro Versicherungs- und Zollgebühren bezahlen, damit der Millionenbetrag überwiesen werden kann. Selbstverständlich wurde nie auch nur ein einziger Euro ausbezahlt. Aber irgendwie einen ganz kurzen Moment lang habe ich es gespürt: Dieses Kribbeln im Bauch: Was wäre wenn! Das ist so die Macht des Geldes, von der wir am letzten Sonntag gesprochen haben. Geld kann viel Platz in meinem Denken einnehmen und mich bestimmen! Heute nehmen wir uns ein weiteres Thema vor, welches die Kraft von Besitz und Geld auf eine andere Weise zeigt: Wenn Sorgen unser Denken bestimmen… Die Credit Suisse fragt regelmässig über 1000 Leute nach ihren Sorgen und erstellt daraus jedes Jahr ein aktuelles Sorgenbarometer. Die Resultate kann man kostenlos im Internet anschauen. Schaut einmal, wie viele der sechs Topthemen existentielle Themen sind, die letztlich mit unserer Versorgung und Sicherheit, mit Geld und Besitz zu tun haben. 22. Februar 2015 Arbeitslosigkeit und Altersvorsorge sind tiefe existentielle Sorgen. Aber auch Ausländerfragen und Asylwesen – da ist ja die Sorge, dass wir als Schweizer unsere Identität verlieren und wir für uns selbst nicht mehr genug haben. SF Schon Kinder leiden existentiell unter Sorgen, wenn sie nicht wissen, ob sie ins nächste Schuljahr versetzt werden oder was aus ihrer Familie wird, wenn die Eltern sich scheiden lassen. Jugendliche sind besorgt, welchen Beruf sie wählen sollen und ob sie eine Lehrstelle finden. Wir Erwachsene machen uns Gedanken, ob wir für alle Fälle ausreichend vorgesorgt haben, bei Unfall, Berufsunfähigkeit und für das Alter. Vorgestern habe ich in einer Buchhandlung gestaunt: Das Buch von Dale Carnegie: „Sorge dich nicht - lebe!“ wurde allein in Deutschland 2.8 Millionen Mal verkauft. „Sorge dich nicht - lebe!“ – über das hat Jesus längst gepredigt und sein Buch ist der absolute Bestseller aller Zeiten. In der sogenannten Bergpredigt, die Jesus oberhalb des Sees Genezareth hält, geht es genau um diese Lebenssorgen, die viel mit Geld zu tun haben. Mt 6,25-27 Macht euch keine Sorgen um das, was ihr an Essen und Trinken zum Leben und an Kleidung für euren Körper braucht. Ist das Leben nicht wichtiger als die Nahrung, und ist der Körper nicht wichtiger als die Kleidung? Jesus will hier sagen: Ihr seid besorgt um so viel Äusseres! Ist euch nicht bewusst, wie wertvoll euer Leben Gott dem Vater ist? In Bezug auf die Nahrung vergleicht er uns mit Vögeln: Seht euch die Vögel an! Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln keine Vorräte, und euer Vater im Himmel ernährt sie doch. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie? Die haben es schon gut die Vögel!? Die tun nichts und haben alles was sie brauchen! Meint Jesus, dass wir so frei von allen Verpflichtungen in den Tag hineinleben sollen? Soll ich - wie Vögel - so frei und federleicht meinen Tag gestalten, mich vom Wind tragen lassen, wo immer er mich hin bläst? So unbesorgt bin ich nicht mal in den Ferien. Was meint Jesus hier? 1 Und jetzt spricht Jesus ganz direkt vom Sterben - von der grössten Sorge, die wir mit uns tragen – spätestens dann daran erinnert werden, wenn wir uns mit Rückschmerzen und 40 Grad Fieber im Bett krümmen: Spätestens jetzt wäre ich still gestanden und hätte Jesus gefragt: Warum sagst du das in einer solchen Radikalität? Du sagst: Wenn ich mich um Alltägliches sorge, dann bin ich wie einer, der Gott nicht kennt. Wer von euch kann dadurch, dass er sich Sorgen Tatsächlich. Jesus sagt hier: Wer so vertrauensvoll wie ein Kind – Gott Vater nennen kann – der braucht sich nicht zu sorgen, weil er weiss: Mein himmlischer Vater versorgt mich! – Und jetzt sagt Jesus uns, in was wir unsere ganze Energie investieren sollen: macht, sein Leben auch nur um eine einzige Stunde verlängern? Stimmt – kann ich nicht. Ich kann mich noch so unendlich um meine Gesundheit sorgen, kann viel Zeit darauf verwenden als Veganer oder Frutarier zu leben und dann werde ich auf der Skipiste von einem Raser über den Haufen gefahren. Das stimmt. Das Ende unseres Lebens können wir mit keiner Sorge auch nur um eine Minute verlängern. Will uns Jesus hier einfach sagen, dass sich Sorgen nicht lohnt? Aber Jesus erzählt weiter: Ich nehme mal an, dass viele Frauen ihm zuhörten, weil es jetzt ums Thema Kleider geht: Und warum macht ihr euch Sorgen um eure Kleidung? Seht euch die Lilien auf dem Feld an und lernt von ihnen! Sie wachsen, ohne sich abzumühen und ohne zu spinnen und zu weben. Und doch sage ich euch: Sogar Salomo in all seiner Pracht war nicht so schön gekleidet wie eine von ihnen. Wenn Gott die Feldblumen, die heute blühen und morgen ins Feuer geworfen werden, so herrlich kleidet, wird er sich dann nicht erst recht um euch kümmern, ihr Kleingläubigen? Also: Wie schon die Vögel, arbeiten auch die Wiesenblumen nichts und sind trotzdem wunderschön – von Gott eingekleidet. Es ist eine ganz einfache Botschaft: Jesus läuft übers Feld und sagt: Der Vater versorgt euch freiheitsliebenden Männer doch viel besser, als er für die Vögel sorgt und er versorgt euch schöne Frauen doch viel besser als er für die wunderschönen „Blüemli lueget“! Macht euch also keine Sorgen! Fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen? Denn um diese Dinge geht es den Heiden, die Gott nicht kennen. Euer Vater im Himmel aber weiss, dass ihr das alles braucht. 22. Februar 2015 Es soll euch zuerst um Gottes Reich und Gottes Gerechtigkeit gehen, dann wird euch das Übrige alles dazugegeben. Macht euch keine Sorgen um den nächsten Tag! Der nächste Tag wird für sich selbst sorgen. Es genügt, dass jeder Tag seine eigene Last mit sich bringt.« Was meint Jesus damit? Unsere ganze Kraft, unsere ganze Sorge soll dem Gottes Reich gelten und Gottes Gerechtigkeit. SF Will er uns hier die Anleitung für einen radikalen Lebensentwurf vermitteln? Wer mit dem Himmel ernstmacht, der lässt alle irdischen Sorgen los! Entweder Himmel oder Erde! Entweder sorgt man sich um sein Leben, dann arbeitet man, für alles, was man braucht. Oder man trachtet nach dem Reich Gottes und Gottes Gerechtigkeit. Dann arbeitet man nicht für sich, besitzt das Minimum, vertraut nur auf den himmlischen Vater, der weiss, was wir brauchen – schliesslich haben auch die Vögel genug und sind die sorglosen Blumen wunderschön! Entweder bleibt man kleingläubig in den irdischen Sorgen stecken oder lebt frei wie die Vögel und prächtig wie die Blumen, ausgerichtet auf das Himmelreich, zu dem wir jetzt schon gehören und für immer gehören werden. Aber stimmt denn das Entweder-oder? Müssen wir dieser bissigen Aussage die Zähne ziehen, damit wir damit zu Recht kommen? Manchmal gehen wir über solch radikale JesusAussagen einfach hinweg, weil wir merken: Ich schaffe das gar nicht, das wirklich ernst zu nehmen. Ich kriege das mit meinem Leben nicht zusammen. 2 Wenn wir das machen, dann leben wir als Christen gefährlich. Es könnte nämlich sein, dass wir oberflächlich sagen: Das stimmt schon, aber überhaupt nicht danach leben. Ok, halten wir das mal aus! Versuchen wir hineinzuhören, was uns Jesus hier sagen will. Zuerst geht es nämlich mal gar nicht um uns. Zuerst zeigt Jesus mit dem Finger nach oben und sagt: 1. Der Schöpfer des Lebens ist fähig uns zu versorgen Wenn Gott fähig ist, uns das Leben zu schenken, dann ist ER auch fähig, dieses Leben zu versorgen mit allem Nötigen, was wir brauchen. Jesus sagt: Du musst dich nicht um dein Leben kümmern, weil dein Schöpfer und himmlischer Vater sich um dich kümmert. Du musst dich nicht um dich selbst drehen, dir Sorgen um deine Zukunft machen, weil ein anderer sich um dich sorgt und dich versorgen wird! Der, der dir das Leben gibt, ist auch fähig, dir dein Leben zu ermöglichen. Vertrauen bedeutet, die Sorge um mich selbst, dem Vater zu übergeben. Misstrauen bedeutet, dass ich für mich selbst weiterschauen muss und will. Das machen die, die Gott nicht kennen. Aber die, die einen liebenden Vater im Himmel haben, die haben das nicht nötig. Sie bleiben nicht bei sich selbst stehen, sondern geben ihre Sorgen ab. Und das tun sie nicht einfach naiv! Eine… 2. Eine kluge Vorsorge führt in heitere Gelassenheit Jesus sagt doch nicht, dass wir nichts mehr arbeiten und uns vom Wind des Nichtstuns über die herrlichen Blumenfelder blasen lassen sollen. Nein! Jesus will nicht, dass wir uns um selbst drehen und dabei alle Lebensfreude verlieren. Wer vertraut, der findet in eine heitere Gelassenheit! Der Mystiker Johannes Tauler (1361) erzählt von einer Begegnung mit einem Bettler, die ihn selbst nachhaltig verändert hat. Er grüsst den Bettler auf der Strasse: „Gott schenke dir einen guten Tag, mein Freund.“ Der erwidert: „Gott sei Dank, dass ich noch nie einen schlechten Tag erlebt habe.“ Das hat Tauler nie erwartet und bleibt stehen und testet den Bettler: „Gott schenke dir ein glückliches Leben!“ Der antwortet: „Gott sei Dank, dass ich noch nie unglücklich war!“ Jetzt weiss Tauler nicht mehr weiter: „Du bist 22. Februar 2015 doch Bettler, du meinst das nicht ernst, oder?“ „Nun“, antwortet der, „wenn das Wetter gut ist, danke ich Gott dafür; wenn es regnet, danke ich Gott dafür; wenn ich genug habe, danke ich Gott dafür; wenn ich hungrig bin, danke ich Gott dafür. Da Gottes Wille auch mein Wille ist und das, was ihm gefällt, auch mir gefällt, weshalb sollte ich dann unglücklich sein?“ Vielleicht meint Tauler, dass ein Engel vor ihm steht. Auf jeden Fall fragt er den Bettler: „Wer bist du?“ „Ich bin ein König!“ antwortet der. „Wo ist denn dein Königreich?“ will Tauler wissen. Darauf zeigt der Bettler auf seine Brust und sagt: „In meinem Herzen!“ Das meint Jesus: So mit dem Vater verbunden, werde ich sogar als Bettler zum König! So mit meinem liebevollen Schöpfer eins zu sein, dass ich nicht mehr um mich sorgen muss. Gestern beim Vorbereiten musste ich hier unterbrechen und Jesus sagen: Es tut mir so leid, wie rasch ich mich wieder um mich selbst drehe. Oh wir oft geht es um mich. So viel sorge ich mich, dass ich zu kurz komme, nicht genug Beachtung finde, andere etwas viel besser können, als ich. Ich habe gemerkt, wie leid mir das tut, dass ich so viel Gedanken und Kraft für mich verschwende, statt ihm einfach meine Liebe und mein Vertrauen auszusprechen. Und dann ist die Frage hochgekommen: 3. Wie viel ist genug, damit ich zufrieden bin? Wichtig ist, dieses schwierige Wörtchen „genug“ zu definieren? Was ist genug, damit ich zufrieden bin? Was zieht mich eigentlich ins Sorgen hinein? Was zieht mich nach unten? — wenn ich mich vergleiche mit andern und das Gefühl aufkommt: Ich komme zu kurz! Andere können, ich kann nicht! Andere haben, ich habe nicht! — wenn ich alles gebe und es doch nicht reicht! Wir können z.B. in der Prägung unserer Kinder alles geben und trotzdem kann es uns geschehen, dass ein Kind nicht zu Recht kommt, ausschert – sein eigenes und unser Leben durcheinander bringt. Das Lebensgefühl alles zu geben und es reicht doch nie, das stürzt mich in tausend Sorgen! — wenn ich auf andere angewiesen bin und immer von andern abhängig bin, dann kommen Sorgen auf: Werden die mich nicht 3 hängen lassen? Werden die weiter zu mir stehen, auch wenn ich die Leistung nicht mehr bringen kann? — sich Sorgen bedeutet, dass ich im Minus des Lebens kleben bleibe. Ich sehe alles aus der Perspektive des Minus: Ich kann zu wenig, ich bin zu wenig, ich habe zu wenig! Wie viel ist für dich genug, dass du zufrieden bist? Das gilt auch für das Besitz und Geld! Muss es immer mehr sein? Muss immer alles neu, besser, anders sein? Musst du dir immer alle Optionen offen lassen? Kannst du dich nicht entscheiden, weil du immer Angst hast, das noch etwas bessere zu verpassen? Wann ist genug genug? Wann bist du glücklich, zufrieden? Mir kommt in den Sinn, wie Bea und ich 1988 ein langjähriger Freund von mir in der DDR besucht haben. Seit Generationen betreiben sie nahe an der Tschechischen Grenze eine kleine Schmiede. 1988 waren sie richtig stolz darauf, dass sie innerhalb der DDR eine Privatfirma betreiben konnten. Sie sagte: Wir sind selbständig, haben ein eigenes Geschäft! Stolz sagten sie: Wir dürfen 7% unsers Gewinns behalten, 93% bezahlen wir dem Staat als Steuern. Ich weiss heute noch, wie ich mein inneres Schmunzeln über ihre Freude zurückhalten musste. Vier Generationen lebten unter dem gleichen Dach, kleinste Platzverhältnisse und viel Spannungen. Die junge Frau mit dem Kleinkind wusste, wie ihr Leben verlaufen würde. Alles war für sie vorgegeben. Die meiste Zeit ging es um die Frage: Wie schaffen wir es, dass wir über die Runden kommen? Und trotzdem freuten sie sich: Wir sind selbstständig! Da stellt sich wirklich die Frage: Wie viel ist genug, damit ich zufrieden bin? Es soll euch zuerst um Gottes Königreich und Gottes Gerechtigkeit gehen, dann wird euch das Übrige alles dazugegeben. Wenn Gott als König in meinem Leben regiert – was denkt ihr, was dann geschieht? Dann wird aus seiner Sorge, meine Sorge. Dann wird das, was ihn kümmert, auch mich kümmern. Dann wird sein Herz zu meinem Herzen. Dann habe ich als Bettler das Herz eines Königs – meines Königs. Und dann geht es nicht mehr so stark um mich. Dann geht es um ihn und sein Reich. Dann liebe ich die Welt, wie er sie liebt. Dann wird das Gebet: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden“ auf einem verständlich. Was er will, soll geschehen – durch uns. Dafür ist Jesus gekommen. Nicht um die Welt zu verurteilen, sondern um uns von unsern Sorgen, Ängsten – von diesem bösen Wesen, welches sich nur um sich selbst sorgt – zu erlösen. Abendmahl Phil 3,10-12 Ja, ich möchte Christus durch und durch kennen; ich möchte die Kraft, mit der Gott ihn von den Toten auferweckt hat, an mir selbst erfahren und möchte an seinem Leiden teilhaben, sodass ich ihm bis in sein Sterben hinein ähnlich werde. Dann werde auch ich – das ist meine feste Hoffnung – unter denen sein, die von den Toten auferstehen. Es ist also nicht etwa so, dass ich das ´alles` schon erreicht hätte und schon am Ziel wäre. Aber ich setze alles daran, ans Ziel zu kommen und von diesen Dingen Besitz zu ergreifen, nachdem Jesus Christus von mir Besitz ergriffen hat. 1Kor 11,23ff Fragen Sie doch, ob sie älteren Personen um sie herum das Abendmahl vorbeibringen können. Was denkst du, wäre es nicht gut, wenn du deine Sorgen heute Morgen entsorgen könntest? SF Halten wir nochmals fest: Jesus gibt uns eine Kernaussage mit: Wenn ihr eurem himmlischen Vater vertrauen, dann könnt ihr zufrieden aus seiner Hand nehmen, was er euch gibt und er gibt euch genug! Nämlich wirklich das, was ihr braucht! Doch Jesus macht eine zweite Kernaussage und damit schliesse ich: 22. Februar 2015 4