Sportkardiologie z Körperliche Aktivität bei Herzerkrankungen W. Kindermann H.-H. Dickhuth A. Nieß K. Röcker A. Urhausen Sportkardiologie Körperliche Aktivität bei Herzerkrankungen Zweite überarbeitete und erweiterte Auflage, mit 28 Abbildungen in 63 Einzeldarstellungen und 20 Tabellen ISBN-10 ISBN-13 3-7985-1706-1 Steinkopff Verlag Darmstadt 978-3-7985-1706-6 Steinkopff Verlag Darmstadt Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. 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Steinkopff Verlag Darmstadt ein Unternehmen von Springer Science+Business Media www.steinkopff.springer.de © Steinkopff Verlag Darmstadt 2003, 2007 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Redaktion: Dr. Annette Gasser Herstellung: Klemens Schwind Umschlaggestaltung: Erich Kirchner, Heidelberg Satz: K+V Fotosatz GmbH, Beerfelden SPIN 11861324 85/7231 – 5 4 3 2 1 0 – Gedruckt auf säurefreiem Papier Vorwort zur 2. Auflage Die sehr positive Resonanz auf die erste Auflage der „Sportkardiologie“ hat gezeigt, dass ein großer Bedarf an Informationen über sportkardiologische Probleme besteht, die sowohl die Wettkampfsporttauglichkeit als auch gesundheitssportliche Aktivitäten betreffen. Nach Erscheinen der ersten Auflage wurden die Empfehlungen der 26. Bethesda-Konferenz aus dem Jahr 1994 zur Wettkampfsporttauglichkeit reevaluiert. Die überarbeiteten Konsensus-Empfehlungen der 36. Bethesda-Konferenz wurden im Jahr 2005 im Journal of the American College of Cardiology publiziert. Im gleichen Jahr hat die Europäische Gesellschaft für Kardiologie ebenfalls Konsensus-Empfehlungen für Wettkampfsporttauglichkeit im European Heart Journal veröffentlicht. Aufgrund dieser Entwicklungen und auf Anregung des Verlages haben sich die Autoren zu einer Neuauflage des Buches entschlossen. Wie schon in der Vorauflage und in Erweiterung der amerikanischen und europäischen Empfehlungen werden auch gesundheitssportliche Aktivitäten berücksichtigt. Soweit notwendig werden in den einzelnen Kapiteln auch Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie kursorisch abgehandelt. Die vorliegende zweite Auflage wurde um drei neue Kapitel erweitert; alle bisherigen Kapitel sind überarbeitet und ergänzt worden. Den plötzlichen Todesfällen bei anscheinend gesunden Sportlern wird durch die Darstellung des aktuellen Standes und der Empfehlungen eines kardiovaskulären Screenings Rechnung getragen. Darin eingeschlossen ist auch die Beurteilung der Tauchtauglichkeit. Die Ausführungen zum Doping und dessen kardiovaskuläre Nebenwirkungen wurden erweitert. Neu hinzu kam ein Kapitel zur praktischen Durchführung und Interpretation von Belastungsuntersuchungen. Darin werden insbesondere Spiroergometrie und Laktatdiagnostik einschließlich ventilatorischer Schwellen und Laktatschwellen abgehandelt. In einem ebenfalls eigenständigen Kapitel werden belastungsabhängige Anstiege von kardialen Markern wie Serumenzymen, Troponinen und BNP und deren differenzialdiagnostische Abgrenzung VI z Vorwort zur 2. Auflage beschrieben. Schließlich wurde die zweite Auflage auch um ein Kapitel über die körperliche und sportliche Belastbarkeit bei Herzschrittmacherträgern und Patienten mit implantiertem Kardioverter/Defibrillator (ICD) erweitert. Wir möchten uns bei den Erstautoren bzw. Mitautoren einzelner Kapitel bedanken. Unser Dank gilt auch Frau Dr. Gasser und dem Team des Steinkopff-Verlags sowie Frau Sindermann vom Sekretariat des Instituts für Sport- und Präventivmedizin der Universität des Saarlandes. Saarbrücken/Freiburg/Luxemburg/Tübingen, im März 2007 Die Autoren Vorwort zur 1. Auflage Sportkardiologische Probleme sind häufig und erfordern die Berücksichtigung sowohl kardiologischer als auch leistungsphysiologischer Kriterien. Einem scheinbar gesunden, aber mit Risikofaktoren belasteten Patienten ist mit der globalen Empfehlung „Treiben Sie Sport“ genauso wenig gedient, wie einem hypertensiven Turniertennisspieler, dem der gut gemeinte Ratschlag gegeben wird, Belastungsspitzen zu meiden. Sportanfänger und Sporttreibende mit kardiovaskulären Anomalien und Erkrankungen erwarten differenzierte Hinweise zur Sportausübung. Während über das Beanspruchungsprofil der verschiedenen Sportarten und Belastungsformen gute Kenntnisse vorliegen, fehlen häufig systematische Studien zur Risikoabschätzung bei Sporttreibenden mit gleichzeitig bestehender Herzerkrankung, sodass die ärztliche Entscheidung in erster Linie auf der Basis von Konsensus-Konferenzen und Expertenmeinungen getroffen wird. Die bisher umfassendsten sportkardiologischen Empfehlungen zur Belastbarkeit bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurden auf der 26. Bethesda-Konferenz des American College of Sports Medicine und des American College of Cardiology 1994 erarbeitet (publiziert in Medicine and Science in Sports and Exercise und in Journal of the American College of Cardiology). Sie beziehen sich ausdrücklich auf die Tauglichkeit für Wettkampfsport und werden auch in diesem Buch berücksichtigt. Ziel der Autoren des vorliegenden Buches war es, das gesamte Spektrum von Sporttreibenden zu erfassen und konkrete Empfehlungen für deren körperliche bzw. sportliche Belastbarkeit zu geben. Das betrifft die regelmäßige körperliche Aktivität in der Prävention und Rehabilitation, die sportliche Betätigung im Freizeit- bzw. Breitensport und den Leistungssport bis hin zum professionellen Sport. Für ausschließlich gesundheitssportliche Betätigung werden anhand der Art und des Schweregrades der Herz-Kreislauf-Erkrankung differenzierte Empfehlungen gegeben, die zu positiven adaptativen Veränderungen führen, ohne zu schaden. Für den Wettkampfsport werden ebenfalls die VIII z Vorwort zur 1. Auflage sportkardiologischen Rahmenbedingungen dargestellt, die eine Entscheidung im Sinne von Pro oder Kontra erlauben oder die Wettkampftauglichkeit auf bestimmte Sportarten beschränken. Das schließt aber nicht aus, dass bei einzelnen Sporttreibenden bei Vorliegen von Besonderheiten davon abweichende ärztliche Entscheidungen getroffen werden können. Die Empfehlungen sollen auch helfen, kardiologische Befunde im Zusammenhang mit Sport nicht überzubewerten, um kein ungerechtfertigtes Wettkampfverbot auszusprechen. Die ersten vier Kapitel des Buches befassen sich mit grundsätzlichen Zusammenhängen und Wechselwirkungen zwischen Sport und Herz-Kreislauf-System. Das betrifft sowohl die physiologischen kardiovaskulären Anpassungen und pharmakologischen Interaktionen als auch das Beanspruchungsprofil der verschiedenen Sportarten und trainingsphysiologische Grundlagen. Beispielsweise erleichtert die Kenntnis kardialer Adaptationen an körperliches Training das Verständnis für die Belastbarkeit bei Herzerkrankungen, aber auch die Abgrenzung von pathologischen Befunden mit erhöhtem kardialen Risiko. Medikamente können mit Belastungsreaktionen interagieren oder bei Leistungssportlern zu schwerwiegenden juristischen Konsequenzen führen, wenn sie auf der Dopingliste stehen. Wir möchten uns bei den Erstautoren bzw. Mitautoren einzelner Kapitel bedanken. Ebenso gilt unser Dank Frau Ibkendanz und dem Team des Steinkopff Verlages. Die Autoren hoffen, mit dem vorliegenden Buch im deutschsprachigen Raum eine Informationslücke bei der ärztlichen Beratung und Betreuung von Sporttreibenden mit Herz-KreislaufErkrankungen zu schließen. Saarbrücken/Freiburg, im März 2003 Die Autoren Unser Dank gilt Herrn Benno Weiler, Diplomsportlehrer, Institut für Sport- und Präventivmedizin der Universität des Saarlandes, für die Gestaltung des Umschlagmotivs. Inhaltsverzeichnis 1 Physiologische Anpassungen des Herz-KreislaufSystems an körperliche Belastung . . . . . . . . . . . . . 1 Wilfried Kindermann 2 Plötzlicher Herztod beim Sport und kardiovaskuläres Screening . . . . . . . . . . . . . . . 21 Axel Urhausen, Jürgen Scharhag, Wilfried Kindermann 3 Belastungsuntersuchungen: Praktische Durchführung und Interpretation . . . . . 39 Tim Meyer 4 Trainingsempfehlungen im Gesundheitssport und Klassifikation der Sportarten . . . . . . . . . . . . . . 67 Axel Urhausen, Wilfried Kindermann 5 Kardiovaskuläre Pharmaka und körperliche Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Wilfried Kindermann 6 Kardiale Marker und körperliche Belastung . . . . . . 119 Jürgen Scharhag, Axel Urhausen 7 Angeborene Herzerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Hans-Hermann Dickhuth, Jürgen Scharhag, Christian Schlensak 8 Erworbene Herzklappenerkrankungen . . . . . . . . . . Kai Röcker 155 X z Inhaltsverzeichnis 9 Kardiomyopathien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Andreas Nieß 10 Entzündliche Herzerkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . 191 Axel Urhausen 11 Koronare Herzkrankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Kai Röcker 12 Arterielle Hypertonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Wilfried Kindermann 13 Herzrhythmusstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Daniel König, Manfred Zehender, Christian Mewis, Hans-Herrmann Dickhuth 14 Synkopen und Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 Martin H. Hust, Hans-Hermann Dickhuth 15 Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit von Patienten mit Herzschrittmacher und implantiertem Kardioverter/Defibrillator (ICD) . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Michael Kindermann 16 Chronische Herzinsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 Tim Meyer, Wilfried Kindermann 17 Herztransplantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Wilfried Kindermann Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 Autorenverzeichnis Univ.-Prof. Dr. med. Wilfried Kindermann Institut für Sport- und Präventivmedizin Universität des Saarlandes Campus Gebäude B 8.2 66123 Saarbrücken Univ.-Prof. Dr. med. Hans-Hermann Dickhuth Priv.-Doz. Dr. med. Kai Röcker Abteilung Rehabilitative und Präventive Sportmedizin Medizinische Universitätsklinik Hugstetter Str. 55 79106 Freiburg Univ.-Prof. Dr. med. Andreas Nieß Abteilung Sportmedizin Medizinische Klinik und Poliklinik Universitätsklinikum Tübingen Silcher Str. 5 72076 Tübingen Prof. Dr. med. Axel Urhausen Centre de l’Appareil Locomoteur de Médecine du Sport et de Prévention Centre Hospitalier de Luxembourg Clinique d’ Eich 78, rue d’ Eich 1460 Luxembourg Mitarbeiterverzeichnis Dr. med. Martin H. Hust Kardiologische Klinik Klinikum am Steinenberg Steinenbergstraße 31 72764 Reutlingen Priv.-Doz. Dr. med. Michael Kindermann Innere Medizin III/Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin Universitätsklinikum des Saarlandes Kirrberger Straße 66421 Homburg/Saar Priv.-Doz. Dr. med. Daniel König Abteilung Rehabilitative und Präventive Sportmedizin Medizinische Universitätsklinik Freiburg Hugstetter Straße 55 79106 Freiburg Priv.-Doz. Dr. med. Christian Mewis Innere Medizin III/Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin Universitätsklinikum des Saarlandes Kirrberger Straße 66421 Homburg/Saar Univ.-Prof. Dr. med. Tim Meyer Sportmedizin Department Sport & Gesundheit Universität Paderborn Warburgerstraße 100 33098 Paderborn Dr. med. Jürgen Scharhag Institut für Sport- und Präventivmedizin Universität des Saarlandes Campus Gebäude B 8.2 66123 Saarbrücken Priv.-Doz. Dr. med. Christian Schlensak Herz-Kreislauf-Zentrum Universitätsklinikum Freiburg Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie Hugstetter Straße 55 79106 Freiburg Prof. Dr. med. Manfred Zehender Medizinische Klinik III Abteilung Kardiologie und Angiologie Medizinische Universitätsklinik Freiburg Hugstetter Straße 55 79106 Freiburg 1 Physiologische Anpassungen des Herz-Kreislauf-Systems an körperliche Belastung Wilfried Kindermann Einleitung Körperliche Belastung erfordert eine Zunahme der Durchblutung, insbesondere der arbeitenden Muskulatur, da der Sauerstoffbedarf ansteigt. In Ruhe verbraucht der menschliche Organismus ca. 3,5 ml/min · kg Sauerstoff entsprechend 1 MET (metabolisches Äquivalent). Unter Belastung steigt die Sauerstoffaufnahme linear zur Intensität an. Im Bereich der maximalen Intensität flacht die Kurve der Sauerstoffaufnahme ab [33]. Dieses Phänomen des „levelling off“ gilt auch als Ausbelastungskriterium für die Ergometrie. Die Sauerstoffaufnahme kann unter Belastung beim gesunden Untrainierten um das 10- bis 12fache und beim Hochausdauertrainierten bis über das 20fache ansteigen [19]. Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) beträgt bei jüngeren Untrainierten im Mittel 40–45 (Männer) bzw. 35–40 ml/ min · kg (Frauen) und fällt oberhalb des 3. Lebensjahrzehnts um ca. 10% pro Lebensdekade ab [1]. Hochausdauertrainierte Männer können eine VO2max von über 80, im Einzelfall 85–90 ml/min · kg erreichen [33, 49]. Bei hochausdauertrainierten Frauen kann die VO2max über 70 ml/min · kg betragen (s. auch Kap. 3). Die VO2max ist das international am häufigsten benutzte Kriterium zur Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit [53]. Die wahre VO2max wird in der Regel nur beim Laufen bzw. bei einer Laufbandbelastung erreicht. Dementsprechend wird zwischen VO2max und VO2peak unterschieden. Letztere bezeichnet die testspezifische höchste Sauerstoffaufnahme, die definitionsgemäß gleich oder niedriger als die VO2max liegt. Hämodynamik unter körperlicher Belastung Der Anstieg der Sauerstoffaufnahme unter Belastung geschieht durch eine Zunahme des Herzzeitvolumens und der arteriovenösen Sauerstoffdifferenz (Abb. 1.1). Von 5 bis 6 l/min in Ruhe steigt das Herzzeitvolumen um ca. 6 l/min an, wenn die Sauerstoffaufnahme um 1 l/min zunimmt [46]. Das maximale Herzzeitvolumen beträgt bei jüngeren gesunden Personen 20–25 2 z W. Kindermann Abb. 1.1. Verhalten von Herzfrequenz (HF), Schlagvolumen (SV), Herzzeitvolumen (HZV) und arteriovenöser Sauerstoffdifferenz (AVDO2) bei Untrainierten ( ____ ) und Trainierten (- - - - - -) a 1 Physiologische Anpassungen des Herz-Kreislauf-Systems an körperliche Belastung z l/min und kann bei Hochausdauertrainierten bis über 40 l/min ansteigen [10]. In Ruhe und bei jeweils gleichen submaximalen Intensitäten besteht kein Unterschied zwischen Trainierten und Untrainierten. Die arteriovenöse Sauerstoffdifferenz steigt parallel zum Herzzeitvolumen von 5 ml/100 ml Blut in Ruhe auf 15–17 ml/100 ml Blut bei maximaler Belastung an [46]. Bei gleicher submaximaler Intensität liegt die arteriovenöse Sauerstoffdifferenz bei Untrainierten höher als bei Trainierten, die maximale arteriovenöse Sauerstoffdifferenz ist hingegen beim Trainierten etwas höher [46]. Das Schlagvolumen, das bei Untrainierten bei ca. 80 ml liegt, nimmt unter Belastung um ca. 30–50% zu und erreicht mit Ausnahme von Hochausdauertrainierten seinen Maximalwert bereits bei ca. 40–50% VO2max. Im Liegen ist der Anstieg des Schlagvolumens deutlich geringer als in aufrechter Position. Bei Hochausdauertrainierten werden Maximalwerte über 200 ml beschrieben [10, 68]. Bereits in Ruhe ist das Schlagvolumen beim Trainierten gegenüber dem Untrainierten erhöht. Die Herzfrequenz steigt linear zur Intensität an, bei hoher Intensität flacht der Herzfrequenzanstieg etwas ab. Während die submaximale Herzfrequenz beim Trainierten niedriger als beim Untrainierten liegt, zeigt die maximale Herzfrequenz, die nach der Faustformel 220 minus Lebensalter abgeschätzt werden kann, keinen signifikanten trainingsbedingten Unterschied [44] (s. Abb. 1.1). Im Einzelfall können aber Hochausdauertrainierte niedrigere maximale Herzfrequenzen aufweisen. Der arterielle Blutdruck ist eine Funktion des Produkts aus Herzzeitvolumen und totalem peripherem Gefäßwiderstand. Da das Herzzeitvolumen während Belastung stärker ansteigt als der Gefäßwiderstand abfällt, kommt es mit zunehmender Intensität zu einem linearen Blutdruckanstieg. Dabei ist der diastolische Blutdruckanstieg deutlich geringer (beim Dauerlauf kein diastolischer Anstieg) als der systolische, der mittlere arterielle Blutdruck steigt leicht an. Beim Trainierten kann der Blutdruck bei vergleichbaren Intensitäten niedriger liegen (s. auch Kap. 12). Unter Belastung ändern sich auch Volumina und Druckverhältnisse des Herzens. So wird die Auswurffraktion mit steigender Belastung zunehmend größer, was zunächst auf eine Verkleinerung des endsystolischen Volumens zurückzuführen ist. Bei höherer Belastung nimmt auch das enddiastolische Volumen bei weiterer Verkleinerung des endsystolischen Volumens ab. Die diastolischen Füllungsdrücke beider Ventrikel und die mittleren Vorhofdrücke sind auch bei maximaler Belastung nicht erhöht [22]. Die kardiovaskuläre Regulation während Belastung erfolgt hauptsächlich über das autonome Nervensystem, wobei peripher-muskuläre Ergorezeptoren wie Mechano- und Chemorezeptoren involviert sind [32]. Beim Gesunden dominiert in Ruhe der Parasympathikus. Der Herzfrequenzanstieg unter Belastung erfolgt zunächst über eine Abnahme der parasympathischen Aktivität, bei mittlerer und höherer Intensität bzw. oberhalb der intrinsischen Herzfrequenz über eine Zunahme der sympathischen Aktivität. Ebenfalls sympathisch reguliert ist die Kontraktilitätssteigerung des Herzens. Durch eine Umverteilung des Herzzeitvolumens wird die Durchblutung der arbeitenden Muskulatur unter Belastung zusätzlich gesteigert. Die Sym- 3 4 z W. Kindermann pathikusaktivierung bewirkt in der nichtarbeitenden Muskulatur und vor allem in den Baucheingeweiden über Alpharezeptoren eine kollaterale Vasokonstriktion. Die lokale Durchblutungsregulation via Metaboliten und weitere Einflussfaktoren wie Stickstoffmonoxid führen zu einem besonders großen Anstieg der Durchblutung in der arbeitenden Muskulatur. Die hämodynamische Antwort zeigt zwischen dynamischer und statischer bzw. isometrischer Belastung deutliche Unterschiede. Bei Belastungen mit vermehrtem Krafteinsatz werden die intramuskulären Blutgefäße komprimiert. Entscheidend ist die Intensität der Muskelkontraktion. Die Durchblutung verhält sich invers zur eingesetzten Muskelkraft. Das Herzzeitvolumen wird nur mäßig erhöht, der Herzfrequenzanstieg ist geringer als bei dynamischer Belastung, das Schlagvolumen bleibt unverändert oder fällt infolge Pressatmung ab. Der totale periphere Gefäßwiderstand sinkt nicht, sondern kann bei Einsatz großer Muskelgruppen sogar ansteigen. Parallel zur ausgeübten Kraft steigen systolischer und diastolischer Blutdruck deutlich stärker an als bei dynamischen Belastungen (s. auch Kap. 12). Statische Belastungen erhöhen die Druckarbeit, dynamische die Volumenarbeit des Herzens [15]. Kardiovaskuläre Trainingsadaptationen Regelmäßiges ausdauerorientiertes Training führt zu kardiozirkulatorischen Anpassungen, die vom Umfang und von der Intensität des Trainings abhängig sind. Grundsätzlich können zwei Formen von Anpassungen unterschieden werden. Funktionelle Adaptationen können bereits im Anfangsstadium eines Trainings auftreten und finden sich typischerweise bei einem gesundheitssportlichen Training entsprechend einem zusätzlichen wöchentlichen Energieverbrauch zwischen 1000 und 2000 Kilokalorien. Wird eine individuelle Grenze insbesondere an Trainingsumfang überschritten, können strukturelle Adaptationen im Sinne von dimensionalen Veränderungen auftreten. z Funktionelle Adaptationen Unabhängig von dimensionalen Veränderungen des Herzens wird durch ein dynamisches aerobes Training der myokardiale Sauerstoffverbrauch in Ruhe und für eine gegebene Belastungsintensität gesenkt, da bei unverändertem Herzzeitvolumen die Herzfrequenz ab- und das Schlagvolumen zunimmt [20]. Diese veränderte hämodynamische Konstellation, die die Herzarbeit ökonomisiert, ist sowohl zentral-kardial als auch peripher-muskulär bedingt. Über eine Beeinflussung der linksventrikulären Füllungsdynamik mit verbesserter diastolischer Funktion und einer Abnahme des peripheren Gefäßwiderstands steigt das enddiastolische Volumen an und a 1 Physiologische Anpassungen des Herz-Kreislauf-Systems an körperliche Belastung z fällt das endsystolische Volumen ab, sodass das Schlagvolumen größer wird. Wesentliche Bedeutung für die veränderte Hämodynamik haben Veränderungen in der Skelettmuskulatur wie vermehrte Kapillarisierung, Zunahme von Zahl und Größe der Mitochondrien und Zunahme der Aktivität oxidativer Enzyme. Als Ausdruck des verbesserten aeroben Stoffwechsels wird bei gleicher Belastungsintensität weniger Laktat produziert, sodass sich die Laktatleistungskurve nach rechts verschiebt. Der veränderte Impulsstrom aus der trainierten und belasteten Muskulatur durch die vergrößerte aerobe Kapazität modifiziert die autonome Regulation. Die konsekutiv reduzierte submaximale Sympathikusaktivität ist wesentlich an der Abnahme von Herzfrequenz, Kontraktilität und peripherem Gefäßwiderstand beteiligt. Da maximale Herzfrequenz und Kontraktionskraft unverändert bleiben, steigen Herzfrequenz- und Kontraktilitätsreserve an, sodass die Regulationsbreite des trainierten Herzens vergrößert wird. Die dargestellten funktionellen Adaptationen ohne gleichzeitige Herzvergrößerung werden durch ein ausdauerorientiertes gesundheits- oder breitensportliches Training erzielt. Ein ausschließlich statisches bzw. isometrisches Training, also Krafttraining, führt zwar über eine Muskelhypertrophie zu einer Zunahme der Muskelkraft. Außer einer leichten Abnahme der sympathischen Aktivität finden sich aber keine weiteren relevanten funktionellen Anpassungen, wie sie für ein überwiegend aerobes Training beschrieben worden sind [7]. z Strukturelle Adaptationen – Sportherz Das Stadium einer vergrößerten anatomischen Kapazität des Herzens ist nahezu ausschließlich dem leistungssportlichen Ausdauertraining vorbehalten. 1899 stellte der finnische Arzt Henschen perkutorisch bei Skilangläufern eine Herzvergrößerung fest und bezeichnete diese als Sportherz [18]. Seitdem ist im internationalen Schrifttum der Begriff „athlete’s heart“ etabliert. Jahrzehntelang wurde das Sportherz kontrovers beurteilt. Aufgrund einer Vielzahl von Untersuchungen an Herzen von Hochleistungssportlern gilt heute als gesichert, dass das Sportherz einen physiologischen Anpassungsvorgang darstellt [20–22, 43, 45, 51, 56]. Insbesondere Reindell aus Freiburg hat mit seinen röntgenologischen Untersuchungen wesentlich zu der Auffassung beigetragen, dass das durch Sport vergrößerte Herz gesund und besonders leistungsfähig ist [43]. z Herzgröße. Das Ausmaß der Herzvergrößerung wird von der Dauer, der Intensität und der Art der körperlichen Belastung bestimmt. Entscheidender Mechanismus ist die vermehrte Volumenbelastung, die zu einer Hypertrophie und Dilatation aller vier Herzhöhlen führt, sodass eine harmonische Herzvergrößerung resultiert [51]. Ein kritisches Herzgewicht von 7,5 g/kg Körpergewicht wird nicht überschritten [7], was im Mittel 500 g entspricht [25]. An diesem Wachstum sind neben den Herzmuskelzellen 5 6 z W. Kindermann auch die Mitochondrien und Kapillaren beteiligt, sodass eine ausreichende Sauerstoffversorgung gewährleistet ist. Eine Hyperplasie tritt nicht auf. Die Herzgröße wird in der Regel als absolutes und relatives Herzvolumen angegeben und kann sowohl röntgenologisch [36] als auch echokardiographisch [6, 55] bestimmt werden. Die normale Herzgröße beim männlichen und weiblichen Geschlecht liegt bei 10–12 (Grauzone bis 13) bzw. 9–11 (Grauzone bis 12) ml/kg. Ein oberer Grenzwert von 20 ml/kg scheint nicht überschritten zu werden [21, 45]. Die Absolutwerte liegen bei oder sogar über 1300 ml, in einem Fall werden sogar 1700 ml beschrieben [45]. Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Herzgrößenadaptation bestehen nicht. Da aber die Herzvolumina bei untrainierten Frauen körpergewichtsbezogen 10% niedriger als bei untrainierten Männern liegen, sind die Sportherzen von hochtrainierten Frauen im Mittel kleiner als jene von Männern. Herzvergrößerungen durch Sport sind bei entsprechendem Training bereits im Wachstumsalter möglich [22, 45]. Durch ein umfangreiches Ausdauertraining kann auch im mittleren und höheren Lebensalter noch eine sportbedingte Herzvergrößerung erreicht werden [62]. Sportherzen sind seltener als allgemein angenommen wird. Leistungssport führt nicht per se zu einer Herzvergrößerung. Ein Minimum an Ausdauertraining muss gegeben sein. Fünf Stunden Ausdauertraining pro Woche (z. B. mindestens 60–70 km Laufen oder 15 km Schwimmen oder 150 km Radfahren bei einer Mindestintensität) sind notwendig, um ein Sportherz zu entwickeln [62]. Andererseits gibt es erhebliche, wahrscheinlich genetisch bedingte individuelle Unterschiede hinsichtlich einer sportbedingten Herzvergrößerung, sodass selbst bei einem wöchentlichen Lauftraining von über 100 km das Herz nicht vergrößert sein muss. Dementsprechend besteht auch in Ausdauersportarten nur eine lockere Beziehung zwischen der Herzgröße und der Wettkampfleistungsfähigkeit (s. auch echokardiographische Parameter und Leistungsfähigkeit). Die größten Sportherzen haben Langstreckenläufer, Straßenradrennfahrer, Skilangläufer und Triathleten [22, 56]. Profifußballspieler oder -tennisspieler zeigen im Mittel eine leichte Herzvergrößerung, wobei im Fußball erhebliche interindividuelle Unterschiede in Abhängigkeit von der Spielposition bestehen. Ruderer haben absolut betrachtet ebenfalls große bis sehr große Herzen. Wegen des hohen Körpergewichts sind aber die körpergewichtsbezogenen Herzvolumina nur mäßig vergrößert. Sportarten, bei denen nur wenig Ausdauertraining durchgeführt wird wie Kraft- und Schnellkraftsportarten bzw. nicht primär ausdauerorientierte Sportarten wie Gewichtheben, Kunstturnen, die verschiedenen Sprint-, Sprung- und Wurfdisziplinen der Leichtathletik oder alpiner Skisport, führen zu keiner Sportherzausbildung. Dazu gehören auch Zehnkämpfer, die als vermeintlich „konditionsstark“ eingeschätzt werden. Da aber 9 von 10 Disziplinen anaerobe Belastungen darstellen, wird kein überproportional umfangreiches Ausdauertraining durchgeführt. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick in die vergleichende Zoologie. Ausgesprochene Lauftiere wie das Reh haben ein höheres körpergewichtsbezogenes Herzgewicht als hochaus- a 1 Physiologische Anpassungen des Herz-Kreislauf-Systems an körperliche Belastung z dauertrainierte Sportler, während der Hase und das Pferd mit ca. 7 g/kg etwa im Bereich von sehr gut Ausdauertrainierten liegen. Das deutlich bewegungsärmere Schwein liegt mit seinem relativen Herzgewicht gering höher als der gesunde untrainierte Mensch [43]. Diese vergleichende zoologische Betrachtung weist darauf hin, dass die strukturelle Anpassung des Herzens keine Besonderheit des Menschen ist. Der entscheidende Unterschied zwischen einer physiologischen Sportherzvergrößerung und einem krankhaft vergrößerten Herz ist die deutlich höhere Leistungsfähigkeit. Für das Sportherz bedeutet die Herzvergrößerung eine Leistungsreserve. Dagegen stellt die Herzvergrößerung bei Patienten häufig einen Kompensationsmechanismus bei erheblich eingeschränkter Leistungsfähigkeit dar. z Arbeitsweise. Technisch betrachtet arbeitet das Sportherz mit einem größeren Hubraum und einer erniedrigten Schlagzahl. Die dimensionalen Veränderungen führen zu einer deutlichen Schlagvolumenzunahme und Absenkung der Herzfrequenz, sodass bei unveränderter maximaler Herzfrequenz ein hohes maximales Herzzeitvolumen erreicht wird, das mit der Herzgröße korreliert. Das Schlagvolumen, das beim trainierten nichtvergrößerten Herz bereits bei 40–50% VO2max seinen höchsten Wert erreicht, scheint demgegenüber bei Hochausdauertrainierten progressiv zuzunehmen [13, 17, 54, 63, 68]. Die intrakardialen und pulmonalen Drücke sind nicht erhöht [22]. Die Arbeitsweise des trainierten, nichtvergrößerten und vergrößerten Herzens wird dadurch beeinflusst, ob die trainierte Skelettmuskulatur bei der körperlichen Belastung eingesetzt wird. Werden nichttrainierte Muskelgruppen bei der jeweiligen Belastung beansprucht, führt also z. B. ein Langstreckenläufer eine Handkurbelergometrie durch, steigen Herzfrequenz und Laktatkonzentration steiler an, sodass der ökonomisierende Trainingseffekt nicht voll wirksam wird. Hier zeigt sich, dass die Arbeitsweise des Herzens auch wesentlich peripher-muskulär über einen veränderten Impulsstrom reguliert wird. z Echokardiographische Befunde. Echokardiographisch entspricht das Sportherz einer exzentrischen linksventrikulären Hypertrophie [20, 21, 28, 39, 42, 52, 56, 57]. Der häufig angewandte klinische Grenzwert für die linksventrikuläre Muskelmasse von 130 g/m2 [3, 24] kann beim Sportherz überschritten werden [7, 57, 60]. Bei 75 Ruderern, die zum Teil der nationalen Spitzenklasse angehörten, hatten 31% eine linksventrikuläre Muskelmasse, die oberhalb von 130 g/m2 lag, im Einzelfall bei 170 g/m2 [60]. Der enddiastolische Durchmesser des linken Ventrikels liegt im Mittel 10% höher als beim normalgroßen Herz. Ein Innendurchmesser von 60 mm wird auch bei hochausdauertrainierten Sportlern selten überschritten. Andererseits bedeuten 60 mm bei großen Körperdimensionen (Körperoberfläche > 2,2 m2), wie sie bei Sportlern häufiger vorkommen, nicht zwangsläufig ein großes Herz. Die Kammerwände sind im Mittel ebenfalls 10% dicker. Nach dem Gesetz 7 8 z W. Kindermann von Laplace verhindert die Wanddickenzunahme einen Anstieg der myokardialen Wandspannung bei Größenzunahme des linken Ventrikels. Funktionsparameter, die die systolische und diastolische linksventrikuläre Funktion beschreiben, sind beim Sportherz normal. Die eindimensional gemessene Verkürzungsfraktion kann in seltenen Fällen leicht erniedrigt sein, die zweidimensional gemessene Auswurffraktion ist aber fast immer regelrecht. Bereits unter leichter Belastung normalisiert sich eine eventuell in Ruhe verminderte systolische Funktion. Die diastolische linksventrikuläre Funktion, gemessen über den transmitralen Blutfluss (E/A-Verhältnis), ist beim Sportherz häufig supranormal und immer größer als 1,0 [4, 12, 14, 29, 34, 42, 60]. z Echokardiographische Parameter und Leistungsfähigkeit. Mehrere Studien existieren, die die Beziehung zwischen echokardiographischen Parametern und der Wettkampfleistungsfähigkeit oder VO2max bei Ausdauersportlern untersucht haben. Die Befunde sind kontrovers. Es wird über eine positive Korrelation sowohl zwischen der linksventrikulären Muskelmasse [48, 64, 65] als auch des enddiastolischen linksventrikulären Durchmessers [23, 37] und der Ausdauerleistung berichtet. In einer weiteren Studie fand sich aber kein Zusammenhang zwischen echokardiographischen Parametern und der Wettkampfleistung [31]. Die linksventrikuläre Muskelmasse scheint mit der Leistung enger zu korrelieren als der enddiastolische Durchmesser [48, 64]. Hingegen findet sich kein Hinweis für einen Zusammenhang zwischen diastolischen linksventrikulären Parametern und Leistungsfähigkeit. Bei kritischer Durchsicht der Literatur und aufgrund eigener Beobachtungen scheint der Trainingsumfang ein besserer Prädikator der Leistungsfähigkeit in Ausdauersportarten zu sein als echokardiographische Parameter [11, 30]. Aus leistungsdiagnostischer Sicht liefern Herzgröße und dimensionale echokardiographische Parameter Hinweise auf noch vorhandene Anpassungsreserven, ohne aber klassische leistungsdiagnostische Kriterien ersetzen zu können. z Einfluss von Krafttraining. In der Literatur wird ein spezifischer Einfluss von Krafttraining auf das Herz diskutiert und eine konzentrische linksventrikuläre Hypertrophie bei vorwiegend isometrischem Training beschrieben [4, 16, 27, 35]. Als wesentliche Ursache wird der deutliche Blutdruckanstieg während statischer Muskelarbeit angenommen. Dem stehen Befunde gegenüber, die keinen Unterschied des Hypertrophieindex als Maß für das Verhältnis zwischen Wanddicke und Innendurchmesser des linken Ventrikels bei 230 Sportlern verschiedener Sportarten zeigen konnten. Verglichen wurden Untrainierte, Ausdauersportler, Kraftausdauersportler und Kraftsportler. Die in diesem Rahmen untersuchten 11 Gewichtheber gehörten der Nationalmannschaft an und unterzogen sich regelmäßigen Dopingkontrollen. Demgegenüber war der Hypertrophieindex der Bodybuilder, die Anabolika verwendeten, im Vergleich zu allen anderen Gruppen signifikant erhöht [57] (Abb. 1.2). a 1 Physiologische Anpassungen des Herz-Kreislauf-Systems an körperliche Belastung z Abb. 1.2. Vergleich des Hypertrophieindex (Mittelwert und Standardabweichung) zwischen Untrainierten mit unterschiedlichen Körperdimensionen, Ausdauertrainierten, kombiniert Kraft-/Ausdauertrainierten, Ballsportlern und Krafttrainierten. Nur die Gruppe der Bodybuilder mit Anabolikamissbrauch hat einen signifikant erhöhten Hypertrophieindex. (Nach [57]) Eine konzentrische linksventrikuläre Hypertrophie als Folge einer Anabolikaeinnahme ist bekannt [5, 47, 57] (s. auch Kap. 5). In einigen Studien wird außerdem eine eingeschränkte diastolische linksventrikuläre Funktion beschrieben [5, 22 a, 38, 59]. Es muss angenommen werden, dass die in der Literatur dargestellte konzentrische Hypertrophie bei Kraftsportlern nicht auf die sportbedingte vermehrte Druckbelastung des Herzens, sondern auf Missbrauch von Anabolika oder anderen Substanzen zurückzuführen ist. In den meisten Studien fehlen entsprechende Angaben. Kraftsport per se führt zu keinen verdickten Kammerwänden. Es ist nicht gerechtfertigt, von einem Kraftsportherz zu sprechen z Differenzialdiagnose. Zur differenzialdiagnostischen Abgrenzung pathologischer Veränderungen ist die Kenntnis individueller Grenzwerte des Sportherzens von Bedeutung (Tabelle 1.1). Der Innendurchmesser des linken Ventrikels und Septum- und Hinterwanddicke liegen auch bei sehr großen Sportherzen nicht über 20% der oberen Normalwerte [21, 39, 42, 56, 57]. Ein enddiastolischer Ventrikeldurchmesser von 67 mm ist nur möglich bei Ausdauertrainierten mit entsprechend großen Körperdimensionen. Kammerwanddicken oberhalb von 13 mm sind verdächtig auf eine pathologische Hypertrophie [21, 52, 56, 57]. Selbst ein mehrfacher Medaillengewinner im Gewichtheben mit einem Körpergewicht von knapp 150 kg wies lediglich eine Wanddicke von 12 mm auf. Beim Sportherz ist auch der linke Vorhof proportional zum linken Ventrikel vergrößert und kann im Extremfall – wiederum bei großen Körperdimensionen – 48 mm betragen. 9 10 W. Kindermann z Tabelle 1.1. Echokardiographische Grenzwerte des Sportherzens z z z z z z Herzvolumen [ml/kg] Herzgewicht [g/kg] LVMM [g/m2] EDD-LV [mm] LV-Wanddicken [mm] Verkürzungsfraktion [%] z E/A-Verhältnis z Linker Vorhof [mm] Männer Frauen 20 7,5 170 63(–67*) 13 > (22–)27 : Belastung > 1,0 45 (–48*) 19 7 135 60(–63*) 12 > (22–)27 : Belastung > 1,0 43 (–45*) LVMM linksventrikuläre Muskelmasse; EDD-LV enddiastolischer Durchmesser linker Ventrikel; E/A Verhältnis zwischen früh- und spätdiastolischer transmitraler Flussgeschwindigkeit * bei großen Körperdimensionen Zur Abgrenzung einer pathologischen Hypertrophie müssen insbesondere eine Hypertonie, eine hypertrophe und dilatative Kardiomyopathie und eventuell gleichzeitig bestehende volumenbelastende Vitien ausgeschlossen werden. Bei der Kombination Ausdauersport und Hypertonie wäre eine konzentrische Hypertrophie eindeutig als pathologisch zu werten, während bei einer exzentrischen Hypertrophie verdickte Kammerwände auf eine hypertoniebedingte Hypertrophie hinweisen würden. Nicht selten wird bei Sporttreibenden mit verdickten Kammerwänden oberhalb von 12–13 mm ein Sportherz diagnostiziert, obwohl der linke Ventrikel nicht vergrößert ist. Nach Ausschluss einer Hypertonie muss eine hypertrophe Kardiomyopathie in Erwägung gezogen werden [52]. Auch wenn Leistungssport betrieben wird, ist der Innendurchmesser des linken Ventrikels bei einer hypertrophen Kardiomyopathie in den meisten Fällen nicht vergrößert [9]. Bei jugendlichen Athleten in einem Alter von 14–18 Jahren muss bei einer linksventrikulären Wanddicke > 12 mm (Mädchen > 11 mm) und nicht dilatiertem linkem Ventrikel stets eine hypertrophe Kardiomyopathie ausgeschlossen werden [52]. Ein weiteres differenzialdiagnostisches Kriterium ist die bei pathologischer Hypertrophie gestörte diastolische Funktion (E/A < 1), die am zuverlässigsten mittels Gewebedoppler beurteilt werden kann [22 a]. Zur Abgrenzung einer (beginnenden) dilatativen Kardiomyopathie oder einer zusätzlich zur sportbedingten Volumenbelastung begleitenden pathologischen Volumenbelastung kann der Abstand der Mitralklappe (E-Punkt) vom Septum einen brauchbaren Hinweis geben. Der Mitralis-Septum-Abstand, der sich bei einer ausschließlichen Sportherzvergrößerung normal verhält, ist bei einer pathologischen Vergrößerung des linken Ventrikels häufig erhöht. Schließlich ist ein Missverhältnis zwischen ergometrischer a 1 Physiologische Anpassungen des Herz-Kreislauf-Systems an körperliche Belastung z Leistungsfähigkeit und Ventrikelgröße ein zuverlässiges Zeichen für eine pathologische Herzvergrößerung. z Sportherzrückbildung. Das Sportherz bildet sich nach Trainingsabbruch zurück [8]. Die Geschwindigkeit der Rückbildung ist unterschiedlich und möglicherweise davon abhängig, wie lange ein Sportherz bestanden hat. Bei Wiederaufnahme des Ausdauertrainings entwickelt sich eine Herzvergrößerung schneller als beim ersten Mal. Die linksventrikuläre Regression des Sportherzens ist häufig inkomplett. In einer Längsschnittstudie wurden 40 Spitzenathleten mit einem enddiastolischen Durchmesser des linken Ventrikels von ≥ 60 mm und/oder einer Wanddicke von ≥ 13 mm 1–13 Jahre nach Beendigung des Leistungssports erneut kardiologisch untersucht [41]. In über 90% kam es zu einer Abnahme der Ventrikelgröße, im Mittel wurde der enddiastolische Durchmesser um 7% entsprechend 4 mm reduziert, bei den meisten war er aber nach mehreren Jahren noch vergrößert (> 55 mm). Über 20% hatten einen enddiastolischen Durchmesser ≥ 60 mm. Die Wanddicken nahmen um 15% ab, von im Mittel 12,0 auf 10,1 mm, alle hatten nach Beendigung des Leistungssports Wanddicken ≤ 12 mm. Die Auswurffraktion blieb unverändert, das E/A-Verhältnis als Parameter der diastolischen linksventrikulären Funktion war zwar abgefallen, lag aber mit 1,5 im Normbereich. Signifikante Veränderungen der Größe des linken Vorhofs und Aortenwurzeldurchmessers fanden sich nicht. Es wird angenommen, dass das angestiegene Körpergewicht und die praktizierten gesundheitssportlichen Aktivitäten die unvollständige Rückbildung teilweise erklären. Ein relativ geringer Belastungsreiz scheint ausreichend zu sein, um eine leichte Herzvergrößerung aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus sind wahrscheinlich auch genetische Einflüsse von Bedeutung. In der Regel ist auch nach Beendigung der leistungssportlichen Karriere die Leistungsfähigkeit erhöht, sodass das Verhältnis zwischen Herzgröße und Leistungsfähigkeit regelrecht bleibt [8]. In der zitierten Längsschnittstudie betrug die maximale ergometrische Leistungsfähigkeit im Mittel 305 W [41]. Bei abruptem Trainingsabbruch kann bereits nach 1–4 Wochen ein akutes Entlastungssyndrom mit unangenehmer, meist vegetativer Symptomatik auftreten [58]. Herzbezogene Beschwerden wie Missempfindungen in der Herzgegend, Palpitationen oder auch Schwindel, verbunden mit innerer Unruhe und Schlafstörungen, sind dabei häufig. Die Beschwerden sind zwar unangenehm, stellen aber keine tatsächliche Gefährdung dar, da sie nicht Ausdruck einer Herzschädigung sind. Sie verschwinden meist nach Wochen bis Monaten oder nach Wiederaufnahme des Trainings. Deshalb ist es günstiger, systematisch abzutrainieren. Immer wieder wird spekuliert, langjähriges extremes Ausdauertraining und große Sportherzen könnten langfristig zu Schäden führen, sodass ehemalige Leistungssportler früher sterben würden. Diese Annahme konnte inzwischen widerlegt werden. Es wurde gezeigt, dass die Lebenserwartung ehemaliger Ausdauersportler, die national und international erfolgreich ge- 11 12 z W. Kindermann wesen sind, signifikant größer ist als die von gleichaltrigen, nicht sporttreibenden Personen einer Kontrollgruppe. Die Lebenserwartung ehemaliger Leistungssportler anderer Sportarten unterschied sich nicht von einer Kontrollgruppe [50]. Es gibt also keinen plausiblen Grund für die Annahme, wettkampfmäßig betriebener Ausdauersport würde langfristig zu kardialen Schäden führen. Elektrokardiographische Veränderungen des trainierten Herzens Veränderungen des Ruhe-EKG als Trainingsfolge sind häufig und können differenzialdiagnostische Schwierigkeiten bereiten [2, 40, 45, 66]. Mindestens 40% der Sportler haben abnormale EKG, davon haben nur wenige (ca. 3%) eine strukurelle Herzkrankheit [40]. Die Häufigkeit von EKG-Veränderungen ist bei Ausdauersportlern und beim Sportherz am größten. Sie können aber ebenso bei Sportlern anderer Sportarten und ohne Herzvergrößerung nachweisbar sein, sind aber bei Sportlern, die technische Disziplinen betreiben, deutlich seltener. Sportlerinnen haben seltener abnorme EKG als Sportler [40]. Außerdem muss darauf hingewiesen werden, dass sich das Ruhe-EKG des Sportlers nicht zur Beurteilung des Trainingszustandes eignet. In der Vergangenheit sind derartige Versuche wiederholt erfolglos unternommen worden. Das Ruhe-EKG, durchgeführt im Rahmen von Screening-Untersuchungen, dient dem Ausschluss von kardialen Erkrankungen. Trainings- bzw. sportbedingte EKG-Veränderungen sollten als Normvarianten, nicht aber als Störungen bezeichnet werden. Es handelt sich um physiologische Veränderungen, die häufig durch einen erhöhten Vagotonus verursacht werden. In diesen Fällen führt eine Abnahme der parasympathischen und eine Zunahme der sympathischen Aktivität beispielsweise durch Belastung zu einer Normalisierung des EKG. Als weiterer ursächlicher Faktor für EKG-Veränderungen wird das trainingsbedingte kardiale Remodeling diskutiert. Das könnte gelegentlich nachweisbar bizarrre EKG-Muster bei Sportlern ohne strukturelle Herzkrankheit erklären. Das EKG des Trainierten kann sowohl Veränderungen der Erregungsbildung und -leitung als auch Veränderungen des Kammerkomplexes und der Erregungsrückbildung zeigen (Übersicht in Tabelle 1.2). Unter dem Terminus Rhythmusveränderungen werden im Folgenden die Veränderungen der Herzfrequenz, des Herzrhythmus und der Überleitung des Herzens subsumiert, die meist als bradykarde Rhythmusstörungen imponieren. Sie sind teilweise im Kap. 13 zusammen mit den pathologischen Rhythmusstörungen beschrieben, sollen aber an dieser Stelle zusammenfassend dargestellt werden, so weit es sich um sportbedingte Veränderungen handelt (s. Tabelle 1.2). Die Sinusbradykardie ist der bei weitem häufigste Befund im EKG des Sportlers [26]. Frequenzen unter 30/min sind möglich (im Langzeit-EKG a 1 Physiologische Anpassungen des Herz-Kreislauf-Systems an körperliche Belastung z Tabelle 1.2. Veränderungen im Ruhe-EKG des trainierten Herzens Rhythmusveränderungen z Sinusbradykardie z Sinusarrhythmie (respiratorisch) z Sinuspausen (> 2 s < 3 s) z Wandernder Schrittmacher z AV-junktionaler Ersatzrhythmus z Ventrikulärer Ersatzrhythmus z Einfache AV-Dissoziation z Parasystolie z Ventrikuläre/supraventrikuläre Extrasystolen z Komplexe ventrikuläre Arrhythmien z AV-Block I8 z AV-Block II8, Typ Mobitz I oder Wenckebach häufig häufig weniger weniger weniger selten weniger selten weniger selten häufig weniger Veränderungen des Kammerkomplexes z Inkompletter Rechtsschenkelblock z Überhöhte Voltagen der R- und S-Zacken z Tiefe Q-Zacken häufig häufig weniger häufig Erregungsrückbildungsveränderungen z ST-Hebungen mit hohen spitzen T-Wellen z ST-Senkungen mit oder ohne T-Wellen-Veränderungen z Biphasische oder terminal negative T-Wellen mit oder ohne ST-Veränderungen häufig häufig häufig häufig häufig häufig häufig selten selten bis 25/min). Unter Belastung kann die Frequenz adäquat gesteigert werden. Ähnlich häufig, insbesondere bei jüngeren Sportlern, sind Sinusarrhythmien, meist respiratorische Arrhythmien, die bei der Pulspalpation Extrasystolen vortäuschen können. Längere Sinuspausen bei Ausdauertrainierten wurden wiederholt beschrieben. Sie können 2,0 s überschreiten, bleiben aber meist unter 3,0 s [61]. Bei langsamer Sinusknotenaktivität kann es zum ersatzweise Einspringen nachgeordneter Zentren im Sinne einer passiven Heterotopie kommen. Der aktuelle Schrittmacher kann zwischen Sinusknoten (positive P-Welle) und AV-Knoten (negative P-Welle) hin- und herwandern, oder es treten Ersatzrhythmen wie ein AV-junktionaler Rhythmus und in seltenen Fällen auch ein ventrikulärer Ersatzrhythmus, gekennzeichnet durch schenkelblockartig deformierte Kammerkomplexe, auf. Wenn zwei Zentren um die Führung konkurrieren, weil sich die Frequenz des Sinusknotens und des Ersatzzentrums nur gering unterscheidet, können Pararrhythmien wie die einfache AV-Dissoziation und Parasystolie auftreten [22]. Extrasystolen sind im Ruhe-EKG des Trainierten meist durch eine ausgeprägte Bradykardie bedingt. Häufig handelt es sich um monotope ventrikuläre Extrasystolen, seltener um supraventrikuläre. Bereits bei geringem Herzfrequenzanstieg verschwinden in der Regel die Extrasystolen. 13 14 z W. Kindermann Komplexe ventrikuläre Arrhythmien (≥ 3 konsekutive ventrikuläre Extrasystolen) werden bei Sportlern ebenfalls beobachtet [2] und scheinen ohne klinische Relevanz zu sein, wenn eine strukturelle Herzkrankheit ausgeschlossen ist. Atrioventrikuläre Überleitungsverzögerungen sind ebenfalls vagoton bedingt. Der AV-Block I8 ist ein häufiger Befund, die PQ-Zeit kann im Einzelfall über doppelt so lang sein wie normal und normalisiert sich unter Belastung [43]. Ein AV-Block II 8, Typ Mobitz I oder Wenckebach, ist weniger häufig, aber bei Ausdauertrainierten nicht ungewöhnlich. Nach Unterbrechung des Trainings oder unter Belastung verschwindet die eindrucksvolle EKG-Veränderung [67]. AV-Blockierungen II8 vom Typ Mobitz II und AVBlockierungen III8 wurden ganz vereinzelt bei Sportlern beobachtet, sind aber als Trainingsfolge umstritten. Häufigste Veränderung des Kammerkomplexes (s. Tabelle 1.2) ist der inkomplette Rechtsschenkelblock, der insbesondere bei Ausdauertrainierten, aber auch bei allen anderen Sportlern vorkommen kann. Komplette Schenkelblöcke (Rechts- und Linksschenkelblock) sind nicht sportbedingt und als pathologisch zu betrachten. Tiefe S-Zacken rechts- und hohe R-Zacken linkspräkordial sind bei Sportlern ebenfalls häufig. Sie sind aber kein zuverlässiger Hinweis auf eine Hypertrophie, da aufgrund des oft verminderten Körperfettanteils die Ableitungsbedingungen bei Sportlern besonders Abb. 1.3. Brustwandableitungen in Ruhe (links) und während Belastung (rechts) eines 26-jährigen, klinisch unauffälligen Fußballspielers. Farbdopplerechokardiographie und Herzmuskelbiopsie waren unauffällig a 1 Physiologische Anpassungen des Herz-Kreislauf-Systems an körperliche Belastung z günstig sind. Tiefe Q-Zacken sind im Sportler-EKG nicht ungewöhnlich und können Herzerkrankungen vortäuschen. Veränderungen der ST-Strecke und der T-Welle (s. Tabelle 1.2) führen nicht selten zu differenzialdiagnostischen Schwierigkeiten [45]. Als typisches Vagotonie-EKG gelten hohe, spitze T-Wellen, die meist mit ST-Hebungen einhergehen. Problematischer, weil hinsichtlich der Ätiologie schwierig einzuordnen, sind negative T-Wellen, meist mit bogenförmigen ST-Hebungen einhergehend und häufig in V2 bis V4 lokalisiert (Abb. 1.3). Diese Veränderungen der Erregungsrückbildung bei Sportlern sind in der Mehrzahl der Fälle ohne pathologische Bedeutung und möglicherweise Ausdruck einer physiologischen Hypertrophie. Darauf weisen Längsschnittuntersuchungen hin, die an einzelnen Ausdauersportlern mit Sportherz ein völliges Verschwinden der Veränderungen nach Beendigung des Trainings zeigen konnten [45]. Andererseits kann es sich um pathologische Rückbildungsstörungen handeln, beispielsweise im Rahmen einer pathologischen Hypertrophie bei hypertropher Kardiomyopathie, einer Perimyokarditis oder bei einem abgelaufenen Vorderwandinfarkt. Eine teilweise oder völlige Normalisierung der Kammerendteile unter zunehmender sympathischer Aktivität während Belastung kann zwar differenzialdiagnostisch verwertet werden, schließt aber eine pathologische Ursache nicht aus. In einzelnen Fällen ist die gesamte kardiologische Diagnostik einschließlich invasiver Untersuchungen notwendig. Die dargestellten Erregungsrückbildungsveränderungen treten nicht nur bei Hochausdauertrainierten auf. Im eigenen Untersuchungsgut fanden wir derartige Veränderungen bevorzugt bei dunkelhäutigen afrikanischen Fußballspielern (s. Abb. 1.3). 15 16 z W. Kindermann FAZIT 1. Die Sauerstoffaufnahme kann unter Belastung um das 10- bis 12fache (gesunde Untrainierte) bzw. über das 20fache (Hochausdauertrainierte) ansteigen. Die Zunahme geschieht durch einen Anstieg des Herzzeitvolumens und der arteriovenösen Sauerstoffdifferenz. Die kardiovaskuläre Regulation erfolgt durch das autonome Nervensystem. Die hämodynamische Antwort zeigt deutliche Unterschiede zwischen dynamischer und statischer Muskelarbeit. 2. Das trainierte Herz arbeitet in Ruhe und bei gleicher Belastungsintensität mit höherem Schlagvolumen und niedriger Herzfrequenz, während das Herzzeitvolumen unverändert bleibt. Daraus resultiert ein erniedrigter myokardialer Sauerstoffverbrauch. Maximales Herzzeitvolumen und maximales Schlagvolumen sind erhöht, die maximale Herzfrequenz zeigt keinen Unterschied. Die veränderte Hämodynamik wird sowohl zentral-kardial als auch peripher-muskulär verursacht. 3. Eine Sportherzvergrößerung wird nur durch ein umfangreiches Ausdauertraining, meist unter leistungssportlichen Bedingungen durchgeführt, erreicht. Echokardiographisch imponiert eine exzentrische Linksherzhypertrophie, wobei der Innendurchmesser des linken Ventrikels selten größer als 60 mm und die Kammerwände selten dicker als 13 mm sind. Krafttraining führt zu keinen spezifischen Adaptationen des Herzens. 4. Das Ruhe-EKG des Trainierten kann sowohl Rhythmusveränderungen als auch Veränderungen des Kammerkomplexes und der Erregungsrückbildung aufweisen. Die meisten Veränderungen sind auf einen erhöhten Vagotonus zurückzuführen und normalisieren sich während Belastung. Die Veränderungen der Erregungsrückbildung können sehr eindrucksvoll sein und differenzialdiagnostische Schwierigkeiten bereiten a 1 Physiologische Anpassungen des Herz-Kreislauf-Systems an körperliche Belastung z Literatur 1. Astrand I, Astrand P-O, Hallback I, Kilbom A (1973) Reduction in VO2max with age. 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