der Studierendenkonvent der ELKN

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Zinnowitz, 05.11.2011
Der Studierendenkonventsrat
der zukünftigen ELKN,
AnsprechpartnerIn:
Anne Plagens, Crottendorfer Str. 11, 04317 Leipzig
Michael Weber, Mönchgasse 4, 69117 Heidelberg
[email protected]
Die Studierendenschaft der PEK, ELLM, NEK
bzw. der zukünftigen ELKN
Mitteilung über das Konstituierungstreffen des Studierendenkonventes der zukünftigen ELKN
vom 04.–06. November 2011 auf Usedom
Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen,
die Studierendenschaft der drei Landeskirchen Pommerns (PEK), Mecklenburgs (ELLM) und
Nordelbiens (NEK) traf sich ja wie Ihr wisst vom 04.–06.11.2011 in Zinnowitz:
Die anwesenden Studierenden beschlossen die Bildung eines Nordkirch-Studierendenkonventes mit
gemeinsamer Vertretung und regelmäßigen Treffen. Damit ist in Teilbereichen die Auflösung und
Ersetzung bisheriger Strukturen landeskirchlicher Studierendenkonvente durch neue Strukturen
beschlossen. Dies steht unter der Bedingung, dass die Synode im Januar für die Bildung der ELKN
stimmt.
Alle Diskussionspunkte und –ergebnisse, Forderungen und Ideen, die im Verlauf der konstituierenden
Tagung relevant waren, leiten wir in dem Anhang dieses Briefes erinnernd bzw. informierend an Euch
weiter:
Neben dem Kennenlernen stand in Zinnowitz die Beschäftigung mit verschiedenen inhaltlichen
Themen, welche uns als Studierende oder spätere VikarInnen und PastorInnen betreffen,im
Vordergrund. Im Rahmen dessen haben verschiedene Arbeitsgruppen getagt, deren Ergebnisse im
Plenum diskutiert und in verschiedene Beschlüsse eingefasst wurden.
Die ersten Festlegungen zur Konstituierung des Studierendenkonventes (in der Anlage unter Punkt 1.)
werden sich sicher im Austausch mit dem Ausbildungsreferenten der ELKN und im Verlauf der
Vorbereitungen für bzw. im Verlauf des ersten Vollkonventes nach Pfingsten 2012 konkretisieren. Die
Beschlüsse zu den in der Anlage unter Punkt 2. folgenden drei Themen haben wir bereits u.a. an
unsere Bischöfe herangetragen und möchten sie mit Nachdruck in die weitere Diskussion zum
Strukturierungsprozess der ELKN einfließen lassen. Bei den unter Punkt 3. präsentierten
Informationen bitten wir um Kenntnisnahme.
Mit freundlichen Grüßen,
der Studierendenkonvent der ELKN
Anlagen:
1. Konventskonstituierung
2. Beschlüsse, Forderungen des Konventes
3. Informationen zu weiteren inhaltlichen Themen des Konstituierungstreffens
1. Konventskonstituierung
Es wurde festgelegt, dass jährlich ein mehrtägiges Treffen stattfinden soll, wie es bisher in
Mecklenburg und Pommern als Rüste üblich war, nach Möglichkeit an wechselnden Orten. Wir hoffen
dabei auf logistische und finanzielle Unterstützung durch die drei Landeskirchen bzw. die ELKN.
Um den ordentlichen Gesamtkonvent und den Beschluss einer Konventsordnung im Rahmen
desselben vorzubereiten und zu organisieren wurde ein Interimsrat gebildet, der auf dem ersten
Nordkirchstudierendenkonvent durch einen gewählten Konventsrat abgelöst werden soll. Die
landeskirchlichen Konvente wählten in den Interimsrat: Johanna Lembcke (NEK), Inga Kreusch (NEK),
Frederike Tauscher (NEK), Christian Ehrens (NEK), Hauke Mahlburg (PEK), Michael Weber (PEK),
Anne Plagens (ELLM), FabienneFronek (ELLM).
Weiterhin ist der Interimsrat als Kontaktorgan zwischen der werdenden Nordkirche und den
Studierenden eingesetzt. AnsprechpartnerIn sind Michael Weber und Anne Plagens, erreichbar z.B.
über das eingerichtete Email-Fach <[email protected]>, das auch auf der Webseite
<www.mitten-im-web.de/Konstituierung_des_Nordkirchstudierendenkonventes/index.html> zu finden
ist. Interimsbezeichnung des Konventes ist folglich „SKELKN“ bzw. Studierendenkonvent der ELKN.
Der erste Nordkirchkonvent soll von einem Donnerstag bis zum folgenden Sonntag stattfinden und
u.a. Raum geben, die bisherigen Festlegungen inkl. der Zeitspanne noch zu modifizieren und weitere
neue Fragen/Themen aufzunehmen. Die Festlegung eines übergeordneten Themas, das sich an dem
Reader der „Open-Space-Einheiten“ orientieren soll, wird an den Interimsrat delegiert, ebenso die
kommissarische Beauftragung eines/r KassenwartIn.
2. Anlage: Beschlüsse, Forderungen des Konventes
2.a. Forderungen und Vorschläge zum 1. Kirchlichen Examen
 Als Erstes Theologisches Examen sollte in der Nordkirche nur das Fakultätsexamen, d.h. der
Abschluss des Theologiestudiums an einer evangelisch-theologischen Fakultät wie z.B. das Diplom,
erforderlich sein. Damit würde eine eigene kirchliche Prüfung zum Abschluss des universitären
Studiums entfallen und der Zugang zum Vikariat mit entsprechenden Abschlüssen aller theologischen
Fakultäten ermöglicht – die Eignungsprüfung speziell (zur Ausbildung) für den kirchlichen Dienst
erfolgt bereits gegenwärtig im sog. “screening” bzw. “assessment-center”. Dies entspräche auch der
Rahmenstudienordnung, die vom Fakultätentag und der EKD beschlossen worden ist über die
Möglichkeit der Rückgabe der Examina an die Fakultäten. (Die zukünftige Nordkirche hat die
Möglichkeit, mit der Umsetzung dieser Möglichkeit ein wichtiges Zeichen zu setzen.) Unabhängig von
dieser Forderung wünschen wir uns die Möglichkeit einer engen Anbindung an die Landeskirche
schon während des Studiums.
 Sollte die Nordkirche an einem eigenen kirchlichen Examen festhalten, votiert die
Studierendenschaft für eine mindestens innerhalb der Nordkirche einheitliche Prüfungsordnung, der
gemäß halbjährlich an allen vier Fakultäten der Nordkirche (Hamburg, Kiel, Rostock, Greifswald) das
Theologiestudium abgeschlossen werden kann. Dieses kirchliche Examen sollte jedoch auf keinen
Fall den Charakter eines Regelexamens haben, sondern die Wahl zwischen kirchlichem Examen und
universitärem Studienabschluss muss gewährleistet bleiben.
 Die Prüfungszeiträume der vier Fakultäten sollten dementsprechend vereinheitlicht und an den
Vikariatsbeginn angepasst werden, um lange Wartezeiten von etwa einem Jahr nicht Allen
obligatorisch aufzuerlegen.
2.b. Forderungen zum Thema „Vikariat und Familienfreundlichkeit“
Gerade das Thema des Vikariats war in den Diskussionen während des konstituierenden
Studierendenkonventes in Zinnowitz für uns Studierende von besonderem Interesse. Der
Personalreferent der Nordelbischen Kirche, OKR Ulrich Tetzlaff, informierte uns über das
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Ausbildungsmodell, das entworfen wurde und ab dem nächsten Jahr in Kraft treten soll. Obgleich die
Intentionen dieser Veränderungen erkennbar sind, erschienen uns doch gewichtige Punkte unbeachtet
und lösten bei vielen Studierenden erhebliche Zweifel darüber aus, ob sie unter diesen Umständen
das Vikariat antreten können. Insbesondere die Familienfreundlichkeit bzw. Familienunfreundlichkeit
dieses Modells wurde immer wieder thematisiert. Das derzeitige Modell der Vikariatsausbildung
suggeriert die Botschaft, dass die Kirche zwar einerseits das Leitbild der Ehe und Familie vertritt, für
angehende PastorInnen dieses Thema aber frühestens in der PzA-Zeit eine Rolle spielen darf, um
nicht im Ausbildungsprozess das Auseinanderbrechen einer Familie zu riskieren. Dies wiederum
bedeutet aber auch, dass Frauen altersbedingte Risikoschwangerschaften in Kauf nehmen müssten.
Wir sind der Meinung, dass eine solche Belastung von der(n)Landeskirche(n) nicht verlangt
werden kann und auch nicht verlangt werden sollte. Durch ihre Gegensätzlichkeit lassen sich der
ideelle Wunsch der Kirche nach „heilen“ Familien und die derzeitigen Pläne nicht vereinbaren, z.B.:
– Sollte es nicht möglich sein, eine Vikariatsstelle in der Nähe des aktuellen Wohnortes zu bekommen, käme
dies beinahe einer Aufgabe der Partnerschaft gleich, weil durch die Einbindung der VikarInnen in ihre
Gemeinden auch an den Wochenenden bei Bindung des/r Partners/in durch den Arbeitsplatz selbst die Option
einer Wochenendbeziehung nicht bestünde. Käme die Partnerin/ der Partner mit in die Vikariatsgemeinde,
bedeutete dies für sie/ihn mit großer Wahrscheinlichkeit mindestens zu Beginn der Vikariatszeit
Arbeitslosigkeit, da der Einsatzort erst kurz vor Antritt des Vikariats bekannt gegeben wird. Das Vikariatsgehalt
reicht allerdings nicht aus, um eine Familie allein zu finanzieren.
– Eine Wartezeit, bis die eigene Region an der Reihe ist, kann mit der Gefährdung der Verbeamtung bis 35
verbunden sein. Denn zusätzlich zu den Wartezeiten kann die Familienplanung/-gründung die Ausbildung
verlängern. Während Frauen mindestens für die Zeit des Mutterschutzes zu einer Unterbrechung ihrer
Ausbildung gezwungen sind, ergibt sich für Männer die gleiche Schwierigkeit, sollten sie von ihrem Recht
Gebrauch machen, ebenfalls in Elternzeit zu gehen. Diesbezüglich blieb für uns auch die Frage ungeklärt, wie
die zukünftige Landeskirche mit VikarInnen verfahren möchte, die während ihres Vikariats Kinder bekommen.
Müssten die Betroffenen in diesem Fall nach Beendigung des Mutterschutzes bzw. der Elternzeit in die
Region wechseln, die zum entsprechenden Zeitpunkt mit der Vikariatsausbildung betraut ist oder sind die
Betroffenen gezwungen, 2 Jahre zu pausieren, bis ihre Region wieder an der Reihe ist? Aus all diesen
Überlegungen ergeben sich erneut genau jene Problemstellungen, die bereits oben thematisiert wurden.
– Darüber hinaus bleibt die Frage, wie mit Ehepaaren verfahren wird, bei denen beide Partner Theologie
studieren, aber zu unterschiedlichen Zeiten ins Vikariat gehen wollen, bisher unbeantwortet. Müssen diese es
schlichtweg in Kauf nehmen, ihr Vikariat in unterschiedlichen Regionen antreten bzw. Wartezeiten einplanen
zu müssen?
– Die Kinderbetreuung, die während eines Vikariatskurses an den Ausbildungsstätten angeboten wird, kostet
VikarInnen in der Regel 10 bis 20 Euro pro Tag zzgl. zu den Kosten, die bereits durch eine Betreuung – sei es
durch einen Kindergartenplatz oder eine Tagesmutter – in den Vikariatsgemeinden entstehen. Auch an dieser
Stelle eröffnet sich erneut die Frage, wie Ausbildung einerseits und Familie andererseits zusammen gedacht
werden können, wenn zusätzlich noch eine hohe finanzielle Belastung auf die zukünftigen Vikariatsfamilien
zukommt.
– Ebenso ist die bisherige Tagesstrukturierung der Vikariatskurse – gerade wenn Kinder mit im
Predigerseminar sind – noch sehr unbefriedigend und sollte zeitlich so angepasst werden, dass Eltern und
Kinder mindestens in den Abendstunden Zeit miteinander verbringen können
Wenn die Nordkirche das von der EKD formulierte Leitbild von Ehe und Familie ernst nimmt, sollten
folgende Möglichkeiten dringend eingeräumt werden:
 Wir fordern, dass es die Möglichkeit gibt, eine Vikariatsgemeinde in der Nähe des aktuellen
Wohnortes angeboten zu bekommen, auch wenn dieser Wohnort nicht in der Region liegt, in
welche die VikarInnen zu diesem Zeitpunkt gesammelt geschickt werden sollen. So soll den
VikarInnen bzw. ihren PartnerInnen ein zumutbares Pendeln zwischen Arbeitsplatz und Familie
ermöglicht werden.
 Wir fordern Flexibilität von Seiten der Landeskirche(n) bei der Unterbrechung des
Vorbereitungsdienstes durch Mutterschutz und Elternzeit.
 Wir fordern kostenlose Kinderbetreuung im Predigerseminar.
 Wir fordern eine familienfreundliche Anpassung der Tagesstruktur im Predigerseminar.
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Bei all den Hindernissen, denen sich Viele von uns derzeit durch die geplanten starren Strukturen der
Vikariatsausbildung in der ELKN ausgesetzt sehen, stellt sich für Einige die Frage nach Alternativen.
Die Landeskirchen in Deutschland suchen nach Nachwuchs. Entgegen der Heimatliebe und dem
Willen, dieser neuen Nordkirche ein Gesicht zu verleihen und sie mit Leben zu füllen, würden sich
qualifizierte Theologiestudierende gezwungen sehen, in eine Landeskirche zu wechseln, welche die
Vikariatsausbildung familienfreundlicher gestaltet. Wir erhoffen uns von der Nordkirche ein Signal,
dass sie diese Gefahr nicht leichtfertig in Kauf nimmt.
2.c. Arbeitsanregungen und Forderungen zu „Networking & Support“
Die Arbeitsgruppe formierte sich aus zwei Motivationen. Die erste lag im persönlichen Bereich, da sich
zu Beginn des Pfarramtes die evtl. unvorbereitete Konfrontation mit vielem Neuen, die
Überarbeitungsgefahr und der fehlende Austausch ergeben könnten. Die zweite lag in der „Befragung
der Pastorinnen und Pastoren im Norden“. Die Vorstellung dieser Studie im Rahmen unseres
Konstituierungstreffens durch Hilmar Warnkross wurde in höchstem Maße als alarmierend empfunden.
 Wir wünschen uns von der Kirche, dass diese Ergebnisse nun nicht nur zur Kenntnis genommen
und abgeheftet, sondern zum Anlass genommen werden, tatkräftig auf die Behebung der offenbar
gewordenen Probleme hinzuwirken.
 Im Konkreten fordern wir, folgende Ideen zur Verbesserung der Lage aufzunehmen, umzusetzen
und in einen weiteren Kommunikationsprozess mit uns zu treten:
1. Forum für Studierende, VikarInnen, PastorInnen, dieses Forum teilt sich auf in:
1.1. Eine Internet-Plattform
1.2. Treffen zu persönlichem Austausch/Weiterbildung
1.1. Internet-Plattform
Die Internet-Plattform soll Folgendes leisten:
•
Austausch (z.B. im Kreativbereich, Probleme, …);
•
Wissenssammlung (z.B. Materialsammlung,…);
•
Organisation (überregionale Treffen).
Zugänglich soll die Plattform für Theologiestudierende, VikarInnen, PastorInnen zur Anstellung und
PastorInnen der zukünftigen Nordkirche sein. Der Zugang müsste mit vorheriger Anmeldung und
Passwort verbunden sein. Verschiedene Berechtigungsstufen (in Bezug auf den Zugriff und das Lesen
der Inhalte) wären sinnvoll. Konkrete Formen können als Forum, Wiki, Datenbank und Kalender
gedacht werden. Ein Kombinierter Aufbau in Eigenverwaltung und (hauptamtlicher) Administration
schwebt uns vor.
1.2. Persönliche Treffen
Wir überblicken die momentan schon vorhandenen Initiativen und Treffen (z.B. VikarInnengruppen,
Regionaltreffen) natürlich nicht, sprechen uns aber dafür aus, sie unter einem Dach zusammen zu
fassen und zu intensivieren. Bei den Treffen steht zum Einem der persönliche Austausch im
Vordergrund. Zum Anderen ist aber auch an gezielte Qualifizierungen zu denken (z.B. bzgl.
Zeitmanagement, Leitungskompetenz, Konfliktlösung). Bei der Ermöglichung dieser Treffen sehen wir
auch und vor Allem die Kirche in der Verantwortung. Dies bedeutet:
•
evtl. Anrechnung als Fortbildungszeit;
•
Gewährleistung von Vertretung am Arbeitsplatz;
•
evtl. Stellung von ReferentInnen;
•
Stellung von Räumlichkeiten;
•
Kostenerstattung.
2. Ideen zur Ermöglichung der Teilnahme
2.1. Springer-PastorInnenstellen
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Ausbau spezieller gemeindeunabhängiger PastorInnen-Stellen zur Vertretung bei Teilnahme/Urlaub/
(Mini-)Sabbaticals. Damit soll einer zusätzlichen Belastung von PastorInnen entgegen gewirkt werden.
2.2. Wahlpflicht zur Teilnahme an Fortbildungs-/Reflexions-/Austauschseminaren/Supervision
Eine Teilnahme an allen Veranstaltungen kann realistischerweise nicht gewährleistet oder gefordert
werden. Die Landeskirche könnte jedoch eine Wahlpflicht zur Teilnahme an genannten Treffen
einführen. Damit wäre zum Beispiel die Teilnahme an einer Aktion, welche von den PastorInnen
entsprechend ihrer Vorlieben frei aus den verschiedenen Angeboten gewählt werden könnte,
verpflichtend.
3. Anlage: Informationen zu weiteren inhaltlichen Themen des Konstituierungstreffens
3.a. Nordkirche, eine Rolle vorwärts oder eine Rolle rückwärts?
In der Gruppe wurden verschiedene Aspekte zum Thema Nordkirche besprochen, es ging unter
Anderem um die Situation der Gemeindearbeit im demographischen Wandel und die Dringlichkeit des
Dialoges mit nichtchristlichen Menschen. Befürchtungen ergeben sich in Hinblick auf die evtl.
zunehmend fehlende Bereitschaft, auch unkonventionelle Ideen durchzuführen.
Die Nordkirche wird in Hinblick auf die Ost-West-Beziehungen als “Rolle vorwärts”
wahrgenommen. Es überwiegt insgesamt der Eindruck, dass die Nordkirche eine “Rolle rückwärts”
sei, wobei jedoch angemerkt wird, dass man leichter die Gefahren der derzeitigen (unsicheren)
Situation sieht als die Chancen.
3.b. Vision jenseits von Strukturen
Ausgehend von der Beobachtung, dass die Struktur meist das erste (und oft das letzte) ist, woran bei
der Kirchenfusion gedacht wird, beschäftigte sich diese Open-Space-Gruppe mit verschiedenen
Gedanken zu Visionen bzw. Profil einer zukünftigen Evangelischen Landeskirche im Norden. Was ist
tragende Vision der Nordkirche jenseits des Finanziellen und Strukturellen? Im Folgenden eine kurze
Zusammenfassung der Ergebnisse:
In einem ersten Schritt näherten wir uns der Thematik des Alten und des Neuen:
­
Was geschieht mit den Identitäten der einzelnen Landeskirchen? Was wird angeglichen, was
bleibt?
­
Wo können Traditionen bewahrt werden? Wo kann sich von überkommenen Traditionen
verabschiedet werden? Was ist das jetzt Notwendige?
Die Chance für Reformen und eine gleichzeitige Bewahrung von bewährtem Altem sollte in
einem Identitätsfindungsprozess gleichermaßen berücksichtigt werde.
Als großes Thema für die Zukunft der Nordkirche wurde die Ost-West-Dimension ausgemacht:
Diese Dimension wurde als vielleicht größte Chance der kommenden Nordkirche ausgemacht, wobei
gleichzeitig das Konfliktpotential gesehen wurde. Es handelt sich (neben dem Sonderfall der EKBO)
um die erste Landeskirche, welche die Gebiete der neuen und alten Bundesländer verbindet. Hier
treffen verschiedene Identitäten, geschichtliche Entwicklungen und Prägungen aufeinander. Die
bleibende „Mauer in den Köpfen“ wurde als Stichwort genannt, welches die immer noch oft vollzogene
Unterscheidung zwischen Ost und West auf den Punkt bringt. Gleichzeitig stellt sich aber die Frage,
inwieweit wirklich Unterschiede vorhanden sind oder inwieweit diese nicht eingebildet sind.
Verbindend identitätsstiftend über Ost-West hinaus ist in jedem Fall die Identität als Küstenraum.
Abschließend hoffen wir, dass das Thema nicht nur als Marketing-Begriff verwendet wird, sondern
in seiner weitreichenden Dimension wirklich angegangen wird. Wie wird ein „West-Pfarrer“ im „Osten“
aufgenommen? Wie im Entsprechenden umgekehrten Falle? Werden die Ressentiments
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angesprochen? Wird entsprechendes Wissen über geschichtlich vollkommen
Voraussetzungen vermittelt? Wo gibt es Möglichkeiten der Thematisierung?
verschiedene
Darüber hinaus wurde über ein theologisch-inhaltliches Profil nachgedacht:
Die Dimension konfessioneller Verschiedenheit (VELKD – UEK) wurde beleuchtet. Es wurde
angefragt, inwieweit die Kirche in die Reformprozesse der EKD involviert ist.
Bei der Gegenüberstellung Liberal-Konservativ würde sich die Studierendenschaft auf der liberalen
Seite verorten. Wir wünschen uns eine zur Ökumene orientierte Kirche. Die Ausrichtung der Kirche
sollte auf die Gesellschaft und ihre Bedürfnisse/Fragen zielen. Was bewegt die Menschen? Wie treten
wir in den Dialog mit ihnen? Welche Antworten hat die Kirche zu Ehe, Homosexualität,
Interreligiosität? Welches PfarrerInnenbild vertritt die Kirche? Wie wird Volkskirche verstanden und
welche Bedeutung wird ihr beigemessen? Es wurde die These eines offenen Luthertums formuliert,
welches sich nicht in sich selbst verbeißen soll, sondern offen sein soll für die Anliegen der
Gesellschaft. Welche Modelle von Kirchenmitgliedschaft hat die Kirche?
3.c. „Sprache des Nordens“
Als gleichzeitig einendes und individualisierendes Identitätsmerkmal ist das Plattdeutsche (gerade im
Kontakt mit älteren Gemeindemitgliedern) Hilfsmittel für offenes, persönliches Gespräch. Die
europäische Sprachencharta (13,2c) setzt den Gebrauch von Regional- und Minderheitensprachen im
sozialen Arbeitsbereich voraus.
Wünschenswert ist, dass die Nordkirche:
 Plattdeutsch-Kurse (Wochenende-, e-learning- etc.) für Studierende, VikarInnen (Bestandteil in
der Vikariatsausbildung), PfarrerInnen anbietet;
 Kenntnis über die Bugenhagen-Bibel vermittelt und sie in Gebrauch nimmt bzw. eine Neuauflage/
Überarbeitung der Bugenhagen-Bibel angeht;

die Über- bzw. Erarbeitung von Plattdeutsch-Wörterbüchern anregt und unterstützt

plattdeutsche Beiträge in der/den Kirchenzeitung/en unterstützt und ausbaut;
 über eine Interessen-AG den Austausch mit plattdeutschen Vereinen/Projekten (an Schulen)
fördert;
 eine Prozentstelle „SprachenbeauftragteR der ELKN“ einrichtet, die sich um den Austausch mit
und das Erlernen von Regional-/Minderheitensprachen durch Angestellte/Ehrenamtliche der ELKN in
den betreffenden Gebieten bemüht (auch z.B. polnisch/dänisch in den Grenzgebieten).
3.d. Interreligiosität
Besonders wichtig erscheint uns die Ermöglichung des Erfahrungsaustausches. Dieser sollte sowohl
zwischen den Studierenden, als auch zwischen den Pastoren, Gemeinden und Gemeindegliedern
gegeben sein. Es gilt dabei die Offenheit und das Interesse für dieses Thema zu wecken. Ein/e
Beauftragte/r für Interreligiosität innerhalb der Landeskirche wäre dazu äußerst hilfreich. Im Gespräch
ergab sich, dass uns neben dem Thema der Interreligiosität (also dem Dialog mit dem Judentum, dem
Islam), auch das Thema der „Intrareligiosität“ (also der Dialog mit dem Katholizismus, der Orthodoxie
und den Freikirchen) sehr am Herzen liegt.
3.e. Die unterschiedlichen geographischen Regionen der ELKN
In der Gruppe wurde über die Beliebtheit einzelner Gebiete der ELKN und über das Pfarramt auf dem
Land gesprochen. Dabei wurde kontrovers diskutiert, wobei einige Pro- und Gegenargumente bzgl.
des „Dorfpfarramtes“ gesammelt wurden. Dafür sprechen unter Anderem der direktere Kontakt zu den
Menschen und die höhere Akzeptanz des Pastors. Dagegen hielten Andere, dass sie in einigen
ländlichen Regionen, in denen die NPD populär ist, Angst vor Konfrontationen mit Neo-Nazis hätten.
Zudem wurde herausgestellt, dass das Aufbauen eines Freundeskreises auf dem Lande schwer ist, da
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dort vielleicht weniger Gleichaltrige/Gleichgesinnte zu finden sind. Dennoch war erkennbar, dass es
der Wunsch vieler Gesprächspartner ist, später eine Pfarrstelle im ländlichen Gebiet zu erhalten.
3.f. Zweitberuf Pfarrer?
Ausgangsfrage: Könnte gerade im ländlichen Raum die pfarramtliche Zukunft in der zweitberuflichen
Beschäftigung von Menschen bestehen, die in Anlehnung an das Modell des Prädikanten
gottesdienstliche Feiern und Sakramentsverwaltung ermöglichen und ausgestalten?
Ergebnisse der Gruppenphase: Es wurden viele mögliche Aspekte angesprochen, wie zum
Beispiel die Aufgabenverteilung auf viele verschiedene Mitarbeiter, die sich abwechseln könnten. Das
Umsetzungspotential dieser Idee ist umstritten, da das gesamte Studien- und Pfarramtskonzept auf
den Kopf gestellt werden würde und die Grenzen zwischen Ehrenamt, Pfarramt und Prädikant genau
und neu definiert werden müssten. Es wurden auch Fragen gestellt, die sich auf die Finanzierung
bezogen und darauf, ob es Konflikte mit den verbleibenden vollberuflichen PfarrerInnen in den Städten
geben könnte. Es kristallisierte sich jedoch heraus, dass einE vollberuflicheR PastorIn zur Bündelung
der verschiedenen Mitarbeiter in dem Gemeindeverband verbleiben und Leitungsfunktionen
übernehmen sollte.
3.g. Erwartungen und Aufgaben an uns Studierende als zukünftige PastorInnen der Nordkirche
In dem Gespräch kristallisierte sich heraus, dass das Bild eines oder einer „perfekten“ PastorIn immer
noch besteht. Das heißt erstens, dass wir eigene Erwartungen erfüllen wollen, die nicht immer zu
erfüllen sind. Zweitens sehen wir uns auch dem Druck von außen ausgesetzt, für die Gemeinde eine
Vorbildfunktion zu haben. Dabei werden als fehlerhaft deklarierte Dinge, wie Scheidung,
Patchworkfamilien, Ehelosigkeit, homosexuelle Ehen oder konfessionell übergreifende
Partnerschaften, eigentlich nicht akzeptiert. Zum Anderen müssen wir enorme Bereitschaft zur
Flexibilität und Mobilität mitbringen, um dem weiten Raum einer Gemeinde auf dem Land gerecht zu
werden.
Wir wünschen uns die Möglichkeit für mehr Gespräch untereinander, aber auch mit den
Gemeinden. Auf diesem Weg wollen wir den Austausch über die Erwartungen erreichen, der uns den
Druck nehmen kann (siehe z.B. 2.c. und 3.h.)
Gegenüber einer Stadtgemeinde führt so oft Unwissenheit über die Aufgaben, die in einer
Landgemeinde zu erfüllen sind, und die Angst vor sehr verschlossenen Gemeinden zu Unsicherheit
und deswegen zur Ablehnung einer Landgemeinde. Hier wünschen wir uns mehr
Erfahrungsaustausch mit GemeindepastorInnen, um Wissenslücken und Ängsten entgegen zu wirken.
In diesem Zusammenhang sehen wir uns damit konfrontiert, die Vergangenheit – die NS-Zeit und
deren Auswirkungen, die Zeit der Besatzung – aufzuarbeiten, um sowohl sensibel mit den Gemeinden
inklusive deren Traditionen umgehen, als auch um die „Ist-Situation“ und die Entwicklung einer
Gemeinde ausreichend verstehen zu können.
3.h. Gemeinschaft, Gemeinde, Kirche
Gesammelt wurden Ideen, um die Gemeinschaft/Gemeinde der Studierendenschaft der zukünftigen
Nordkirche zu stärken. Persönliches, Spirituelles wurde dabei fokussiert. Dazu wird vor Allem das
Engagement der Studierenden, aber auch die ideelle sowie finanzielle Unterstützung durch die
Nordkirche nötig sein. Vorschläge/Wünsche, die durchaus einzeln oder aber alle kombiniert denkbar
sind, wurden erarbeitet.
Einige davon sind:

regelmäßige Treffen aller Nordkirchstudierenden;
 Gemeindeexkursionen mit Übernachtung und geselligem Abend im Kreis der Gemeinde (dienen
dazu, Gemeinden verschiedener Regionen der Nordkirche kennen zu lernen);

Einkehrtage für die Studierenden;
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 „Portrait im Gespräch“ (Treffen mit ausgewählten Personen, die an eine Fakultät o.Ä. eingeladen
werden um mit ihnen über persönliche, spirituelle und theologische Fragen ins Gespräch zu kommen);
 der/die AusbildungsreferentIn sollte innerhalb eines Jahres einen Nachmittags-Workshop an allen
vier Fakultäten der ELKN durchführen.
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