ZUSAMMENFASSUNG IIIB. ZUSAMMENFASSUNG Chemische Synapsen sind wichtige Strukturen, die eine schnelle und effiziente Kommunikation zwischen Nervenzellen ermöglichen. Sie bestehen im zentralen Nervensystem aus der Präsynapse, an der Neurotransmitter ausgeschüttet werden, dem synaptischen Spalt und der postsynaptischen Membran mit den passenden Neurotransmitter-Rezeptoren. Neurone sind im zentralen Nervensystem (ZNS) von Gliazellen umgeben, dabei sind speziell Astrozyten und ihre Fortsätze sehr nah an synaptischen Kontakten lokalisiert. Es konnte gezeigt werden, dass Astrozyten teilweise die Fähigkeit besitzen, die synaptische Übertragung zu steuern. Ferner sind Moleküle, die von Astrozyten produziert werden, in der Lage, die Formation und Reifung von Synapsen zu kontrollieren. Dazu gehört zum Beispiel Cholesterol oder Moleküle der extrazellulären Matrix (EZM), wie das Thrombospondin. Darüber hinaus gilt es als sehr wahrscheinlich, dass weitere Mitglieder der Familie der EZM-Proteine wie die Chondroitinsulfat Proteoglykane (CSPGs) und die Hyaluronsäure, an solchen Prozessen im zentralen Nervensystem beteiligt sind. Aufgrund dieser Befunde wurde in dieser Arbeit die Expression von CSPGs und interagierenden Molekülen während zwei kritischer Phasen der Synaptogenese im Hippocampus untersucht. Dabei konnte mit Hilfe der RT-PCR und der Immunhistochemie die Expression von verschiedenen CSPGs, Hyaluronsäure und Tenascin-C im E18- und P9-Gewebe des Gyrus Dentatus detektiert werden. Es wurde auch der Einfluss von Chondroitinsulfat Proteoglykanen und der Hyaluronsäure auf die Bildung von strukturellen Synapsen untersucht. Dafür wurden zwei verschiedene in-vitro Kokultur-Systeme für die Kultivierung von E18 RattenHippocampusneurone und primären Astrozyten etabliert. Im “Mikroinsel-Model”, in dem Neurone auf kleinen konfluenten Inseln von primären Astrozyten kultiviert wurden, konnte ebenfalls die Expression von CSPGs, Hyaluronsäure und von interagierenden Proteinen nachgewiesen werden. Im “Zell-Einsatz Kokultur System” dagegen konnten hippocampale Neurone ohne direkten Kontakt zu primären Astrozyten oder anderen Zellen für eine Zeitspanne von etwa drei Wochen kultiviert werden. Nach 10 Tagen konnte eine gleichzeitige Expression von prä- und postsynaptischen Proteinen dokumentiert werden. Zusätzlich deuteten viele Kolokalisationen des präsynaptischen Proteins Bassoon und des postsynaptischen Proteins ProSAP1/Shank2 auf die Bildung von strukturell intakten Synapsen hin. Es wurde ein Software-basiertes Verfahren entwickelt, mit der man in der Lage ist, die XV ZUSAMMENFASSUNG Anzahl der entstandenen synaptischen Punkte halbautomatisch zu quantifizieren. Mit Hilfe dieser Technik konnte festgestellt werden, dass sich die Effizienz der verschiedenen Zelltypen für das Überleben und die Bildung von Synapsen zwischen hippocampalen Neuronen signifikant unterscheidet. Dabei konnte gezeigt werden, dass ausschließlich primäre Astrozyten verschiedenen Ursprungs die Bildung von strukturellen Synapsen fördern. Neben den strukturellen Synapsen konnte auch die Bildung von perineuronalen Netzwerken verifiziert werden. Ferner konnte die Präsenz des 473HD Epitopes, welches eine spezielle Chondroitinsulfat-Struktur darstellt und des EZM-Glykoproteins Tenascin-C in diesen Netzwerken detektiert werden. Um den Einfluss von speziellen glialen Molekülen auf die Synaptogenese zu untersuchen, wurden die Kokulturen mit Hyaluronidase oder Chondroitinase ABC behandelt. Diese Enzyme entfernen definierte Kohlenhydrat-Strukturen der EZM. Die Behandlung mit beiden Enzymen erhöhte signifikant die Anzahl der strukturellen Synapsen im “Zell-Einsatz Kokultur System”. In beiden Systemen kann es sich initial bei vielen Synapsen um “stille Synapsen” handeln. Deswegen wurde anschließend die Existenz und dann die Eigenschaften von Miniatur exzitatorischen postsynaptischen oder miniatur inhibitorischen postsynaptischen Strömen untersucht. So konnte durch Ganzzell-Ableitungen von enzymbehandelten, im Vergleich zu Kontrollkulturen gezeigt werden, dass die Chondroitinase ABC-Behandlung zu einer signifikanten Reduktion der Amplituden führt. Ferner war auch die Ladung der Neurone in den behandelten Kulturen signifikant erniedrigt. Andere gemessene Parameter der Miniatur exzitatorischen / inhibitorischen postsynaptischen Ströme waren nicht signifikant verändert. Diese Ergebnisse sind insofern relevant, weil während pathophysiologischer Zustände, zum Beispiel in glialen Narben nach Verletzungen im ZNS vermehrt CSPGs produziert werden. Dabei wirken CSPGs inhibitorisch auf den Auswuchs neuer Neuriten. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass das Entfernen der Chondroitinsulfat-Glykosaminoglykan-Ketten zu einer höheren Regeneration nach Verletzungen im ZNS und zu einer gesteigerten Plastizität führen kann. Die molekularen Mechanismen und die Konsequenzen solcher Behandlungen auf die charakteristischen Eigenschaften von einzelnen Neuronen sind bis jetzt so gut wie gar nicht untersucht. Die Bedeutung der Ergebnisse dieser Studie wird erst deutlich, wenn man bedenkt, dass es geplant ist, Patienten, die eine Läsion im ZNS erlitten haben, mit Chondroitinase ABC zu behandeln. XVI