1 Fachhochschule Wilhelmshaven Fachbereich Wirtschaft Arbeitszeitflexibilisierung Referat Prof. Dr. Helms SS 2003 Name: Mareen Berka Matrikelnummer: 4301008 Schwerpunkte: Personalwesen, Controlling Präsentationstermin: 25.04.2003 2 Arbeitszeitflexibilisierung 1 Grundlagen 1.1 Einleitung 1.2 Begriffe und Definitionen 1.2.1 Arbeit 1.2.2 Zeit 1.2.3 Flexibel 1.2.4 Arbeitszeitflexibilisierung 2 3 Ziele der Arbeitszeitflexibilisierung 2.1 Ziele der Arbeitgeber 2.2 Ziele der Arbeitnehmer 2.3 Gesellschaftliche Ziele 2.4 Zielkonflikte Modelle flexibler Arbeitszeit 3.1 Gleitzeit 3.1.1 Kernlose Gleitzeit 3.1.2 Vorteile der Gleitzeit 3.1.3 Nachteile der Gleitzeit 3.2 Teilzeit 3.2.1 Job Sharing 3.2.2 Teilzeit à la carte 3.2.3 Vorteile der Teilzeitarbeit 3.2.4 Nachteile der Teilzeitarbeit 3.3 Zeitautonome Gruppen 3.3.1 Vorteile zeitautonomer Gruppen 3.4 Arbeitszeitkonten 3.4.1 Sabbatical 3.4.1.1 Vor- und Nachteile des Sabbaticals 3.4.2 Gleitender Ruhestand 3.4.2.1 4 Fazit Vorteile des gleitenden Ruhestands 3 1 Grundlagen 1.1 Einleitung Die Diskussion über die Flexibilisierung der Arbeitszeit ist heutzutage in aller Munde. Die Vorstellungen, Erwartungen und Ziele, die an eine Arbeitszeitflexibilisierung gerichtet sind, sind jedoch so unterschiedlich und verschieden wie die denkbaren Gestaltungsmöglichkeiten flexibler Arbeitszeit. Um hier das richtige System zu finden sind die damit verbundenen Vorraussetzungen genau zu prüfen. Diese liegen in den Bedürfnissen des Betriebes und denen der Mitarbeiter als auch in tariflichen und gesetzlichen Bestimmungen. Die Organisation der Arbeitszeit ist so durch ihre Komplexität zur Managementaufgabe geworden. Da eine allumfassende Behandlung des Themas den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, wird sich diese im Folgenden besonders auf einige Begriffserläuterungen, die mit Arbeitszeitflexibilisierung verfolgten Ziele und auf einige ausgesuchte Modelle der flexiblen Arbeitszeitgestaltung konzentrieren. 1.2 Begriffe und Definitionen Sieht man sich den Begriff Arbeitszeitflexibilisierung an, so fällt auf, dass dieser sich aus den drei Wörtern „Arbeit“, „Zeit“ und „flexibel“ zusammensetzt. Diese sollen im Folgenden zunächst getrennt betrachtet werden, da auch deren Bedeutung im Einzelnen für die Gesamtthematik von Wichtigkeit sind. 1.2.1 Arbeit Arbeit ist neben Boden und Kapital einer der drei Produktionsfaktoren der Wirtschaft. Sie kann sogar als Bindeglied zwischen den anderen beiden Produktionsfaktoren aufgefasst werden. Nur durch Arbeit ist es möglich, mittels Rohstoffen und Produktionsanlagen Güter zu produzieren. So tritt auch schon die besondere Bedeutung des Produktionsfaktors Arbeit zum Vorschein und eine dementsprechend besondere Aufmerksamkeit und Behandlung dessen scheint unabdingbar. 4 Untermauert wird dies weiterhin durch die Tatsache, dass Arbeit in der BRD durch ein stark ausgebautes Sozialsystem, an dem auch der Arbeitgeber beteiligt ist, im Vergleich sehr teuer ist. Der Einsatz des Produktionsfaktors Arbeit ist also so effizient wie möglich zu gestalten. Ein weiterer zu beachtender Faktor speziell in der BRD ist eine oft sehr kapitalintensive Produktion. Das heißt, es kommen sehr teure Produktionsanlagen zum Einsatz, deren Anschaffung und Unterhalt für den Unternehmer mit einem gewissen Risiko verbunden ist. Dies lässt sich jedoch durch einen intelligenten und effizienten Einsatz des Produktionsfaktors Arbeit zum Teil auffangen, indem diese Anlagen dadurch optimal ausgelastet werden, was Stillstandzeiten verringert und die Amortisationsdauer verkürzt. 1.2.2 Zeit Zeit ist zunächst einmal die persönliche Lebenszeit eines jeden Individuums. Aber da unser Leben begrenzt ist und auch der Tag nur 24 Stunden, die Woche nur sieben Tage usw. hat, ist Zeit knapp. Knappe Güter erfahren Wertschätzung durch die Menschen, die oft in einem Preis dafür zum Ausdruck kommt. Unter dem Aspekt des hier behandelten Themas lässt sich Zeit vereinfacht unterteilen in Freizeit und Arbeitszeit. Diese stehen in einem konkurrierenden und inversen Verhältnis zueinander, dass heißt, nimmt die eine ab, nimmt die andere automatisch zu. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer hegen gegenüber der Arbeitszeit als auch gegenüber der Freizeit eine gewisse Wertschätzung. Für den Arbeitnehmer bedeutet Arbeitszeit Einkommenserwerb, Existenzsicherung und nicht selten auch Selbstverwirklichung und Profilierung. Die Freizeit dient jedoch meist in weit stärkerem Maße der Selbstverwirklichung durch Pflege von Hobbys, des Familienlebens oder anderer sozialer Kontakte. Nicht zu vernachlässigen ist auch die Erholung während der Freizeit, die es dem Arbeitnehmer ermöglicht am nächsten Arbeitstag wieder seinen Aufgaben nachzukommen. Für den Arbeitgeber ist Arbeitszeit die Zeit, in der der Arbeitnehmer unter seiner Weisungsbefugnis steht und ihm seine Arbeitsleistung entgeltlich zur Verfügung stellt. Es ist also die Zeit, in der der Arbeitnehmer produktiv für 5 seinen Arbeitgeber tätig ist. Aber auch an der Freizeit des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber ein Interesse, da in dieser, wie o.g., Erholung und Selbstverwirklichung stattfinden, also zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit und der Zufriedenheit des Arbeitnehmers dient. 1.1.3 Flexibel Flexibel im eigentlichen Wortsinn meint veränderbar, biegsam, anpassungsfähig und das Gegenteil von starr. Im heutigen Sprachgebrauch klingen aber häufig auch Bedeutungen wie modern und zeitgemäß mit. In Bezug auf die Arbeitszeit sind all diese Bedeutungen anwendbar. 1.1.4 Arbeitszeitflexibilisierung Arbeitszeitflexibilisierung bedeutet demnach der flexible Einsatz des Produktionsfaktors Arbeit, also jede Entscheidung über die Lage und Dauer der Arbeitszeit, die von der einheitlichen tariflichen Wochenarbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte und die gleichmäßige Verteilung dieser Arbeitszeit über fünf Werktage von Montag bis Freitag abweicht1. Eine Flexibilisierung der Arbeitszeit ist also hinsichtlich der Dauer und der Lage, bzw. der Verteilung der Arbeitszeit möglich. 2 Ziele der Arbeitszeitflexibilisierung 2.1 Ziele der Arbeitgeber Entscheidet sich ein Arbeitgeber für ein flexibles Arbeitszeitkonzept, so verfolgt er damit betriebliche Ziele, die sich u.a. aus dem aktuellen Wertewandel, den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen ergeben. Eine Notwendigkeit zur Flexibilisierung der Arbeitzeit ergibt sich aus der tendenziell sinkenden Wochenarbeitszeit und der zunehmenden Kapitalausstattung der Arbeitsplätze. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden ist eine Entkopplung von Arbeitzeit und Betriebszeit erforderlich. Die Arbeitszeit 1 Vgl. Brunz/Wolter, Flexible Arbeitszeit S. 12, 1988, München 6 umfasst die Zeit, in der der Arbeitnehmer dem Unternehmen seine Arbeitskraft entgeltlich zur Verfügung stellt. Unter Betriebszeit wird die Zeit verstanden, in der der Betrieb produktiv arbeitet2. Durch ein flexibles Arbeitszeitsystem lassen sich jedoch Betriebszeiten erreichen, die weit über die individuelle Arbeitszeit hinausreichen. Dies wiederum führt zu einer optimalen Nutzung kapitalintensiver Maschinen und Anlagen, woraus sich durch höhere produzierte Stückzahlen eine Stückkostendegression und vor allem auch eine kürzere Amortisationsdauer ergibt, die eventuell einen früheren Austausch der Maschinen erlaubt, um auf dem technisch neuesten Stand zu bleiben. Ein weiteres Ziel der Arbeitzeitflexibilisierung auf Arbeitgeberseite ist die Option der gezielten Anpassung der Arbeitszeit an den Arbeitsanfall. So entsteht bei einem vermehrten Arbeitsanfall die Möglichkeit diesen durch Nutzung zuschlagsfreier Zeiten zu bewältigen und so teure Überstunden zu vermeiden. Auch die Vertretung abwesender Mitarbeiter, z.B. durch Krankheit, Urlaub, Fortbildung o.ä. kann sichergestellt werden. Mittels flexibler Arbeitszeiten können jedoch auch personelle Überkapazitäten kurzfristig abgebaut werden, was zu einer durchschnittlichen Senkung der Personalkosten führt. Ein nicht zu vernachlässigendes Ziel ist dann natürlich auch die Erhöhung der Arbeitsmotivation und der Attraktivität der Arbeitsplätze. Nur motivierte Mitarbeiter führen zum Unternehmenserfolg, denn diese entwickeln eine höhere Identifikation mit dem Unternehmen, was sich unmittelbar in der Leistungsbereitschaft niederschlägt. Tugenden wie Flexibilität, Konzentration und Qualitätsbewusstsein kommen dann im besonderem Maße zur Entfaltung, wenn die Mitarbeiter spüren, dass das Unternehmen ihre Wünsche und Bedürfnisse ernst nimmt3. Ein weiterer Vorteil motivierter Arbeitnehmer ist zudem auch die Reduktion von Fehlzeiten und Fluktuation und damit auch die Einsparung dadurch verursachter Kosten. 2 vgl. Wildemann, Arbeitszeitmanagement S. 20 , 1992, St. Gallen 3 vgl. Gutmann, Arbeitszeitmodelle S. 7, 1999, Stuttgart 7 2.2 Ziele der Arbeitnehmer Auch aus Arbeitnehmersicht bieten flexible Arbeitszeitmodelle zahlreiche Vorteile. Zunächst einmal ist eine Einbeziehung der Wertvorstellungen der Mitarbeiter möglich. Durch die zunehmende Individualisierung in unserer Gesellschaft treten auch am Arbeitplatz Werte wie Autonomie und Ungebundenheit neben die traditionellen Werte wie Verdienst und Aufstiegsmöglichkeiten. Flexible Arbeitszeitmodelle bieten dem Arbeitnehmer Zeitautonomie verbunden mit Dispositions- und Selbstentwicklungsspielräumen, die diesem Wertewandel gerecht werden. Auf der Grundlage dieser Zeitautonomie ist es dem Arbeitnehmer dann zum Beispiel möglich, familiäre Interessen und Freizeitaktivitäten stärker zu berücksichtigen, was zu seiner Zufriedenheit beitragen dürfte. Des weiteren ist durch eine flexible Lage der Arbeitzeit eine Verkürzung der Wegezeit durch Meidung von Verkehrsspitzen möglich. Ein anderer wichtiger Punkt ist die Anpassung der Arbeitszeit an den individuellen Biorhythmus des Arbeitnehmers. Jeder Mensch verfügt über einen individuellen Zyklus von Leistungsspitzen und Leistungstälern im Tagesablauf. In Zeiten optimaler Leistungsfähigkeit fällt die Arbeit dementsprechend leichter und ist zudem auch effizienter. Nicht zuletzt wird durch Arbeitszeitflexibilisierung auch der Erhalt der Arbeitplätze gesichert. Dies geschieht zum einem durch die Kosten- und Wettbewerbsvorteile, die durch o.g. optimale Nutzung der Betriebzeit entstehen. Zum anderem können aber auch bei existenzbedrohten Unternehmen durch eine Verkürzung der Arbeitszeit eventuell Arbeitsplätze zumindest zum Teil erhalten werden. 2.3 Gesellschaftliche Ziele Über die Interessen der Unternehmen und Mitarbeiter hinaus sind auch gesellschaftliche und soziale Interessen und Ziele zu berücksichtigen. Diese beziehen sich vor allem auf die Beschäftigungswirkung der flexiblen 8 Arbeitszeitgestaltung, d.h. auf die Sicherung bestehender und eventuell auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze4. Des weiteren können durch flexible Arbeitszeitsysteme auch sozio-demographische Entwicklungen aufgefangen werden. Hier ist zunächst an die Entwicklung „weg von“der traditionellen Familienstruktur zu denken. Anstelle dessen treten Familien, in denen beide Elternteile sowohl arbeiten, als auch an der Erziehung des Nachwuchses teilhaben wollen. Auch ist eine immer größer werdende Zahl von Single-Haushalten zu beobachten, die verstärkt Wert auf eine freiere Disposition über den knappen Lebensfaktor Zeit legen. Arbeitszeitflexibilisierung kann beiden Entwicklungen gerecht werden. 2.4 Zielkonflikte Betrachtet man die verschiedenen Ziele und Erwartungen, die an die Arbeitszeitflexibilisierung gestellt werden, so fällt auf, dass diese zum Teil sehr unterschiedlich sind oder sich sogar gegenseitig ausschließen. Würde man nur die Arbeitszeitsouveränität in den Vordergrund stellen, bei der der Arbeitnehmer den Wechsel von Arbeits- und Freizeit autonom bestimmen könnte, wären für den Arbeitgeber untragbare Wirkungen die Folge. Diese lägen z.B. in der Unmöglichkeit einer kontinuierlichen Personaleinsatzund Produktionsplanung, in einer unrentablen Auslastung der Produktionsstätten als auch in einer Verkürzung der Ansprechzeiten für Kundenkontakte. Aber auch der gegenteilige Fall, eine alleinige Kapazitätsorientierung, hätte untragbare Wirkungen zur Folge, allerdings hier für die Arbeitnehmerseite. Diese lägen in einer unsicheren materiellen und sozialen Lebensgrundlage, in einer fehlenden Koordination zwischen beruflicher Sphäre einerseits und Familie, Freunde etc. andererseits, als auch eventuell in einer akkordähnlichen Arbeitsintensivierung. Weder das eine, noch das andere Extrem ist demnach die Alternative zur herkömmlichen Arbeitszeitorganisation. Der Zielkonflikt ist hier das Optimierungsproblem5. 4 vgl. Wildemann, Arbeitszeitmanagement S. 45 , 1992, St. Gallen 5 vgl. Bellgardt, Flexible Arbeitzeitsysteme S. 39/40, 1987, Heidelberg 9 Kurzgefasst lässt sich sagen, dass eine flexible Arbeitszeitregelung das Ziel hat, Marktgegebenheiten und betrieblichen Erfordernissen unter Wahrung der Interessen der Mitarbeiter optimal gerecht zu werden6. Kollektive Interessen Wettbewerbsfähigkeit Gesellschaftliche Belange Arbeitszeit Betriebszeit öö Einkommen Freizeit Individuelle Interessen Abb. 1: Ausstrahlungseffekte der Arbeits- und Betriebszeitgestaltung7 6 vgl. Kutscher/Weidinger/Hoff, Flex. Arbeitzeitgestaltung S. 3, 1996, Wiesbaden 7 Wildemann, Arbeitszeitmanagement S. 20, 1992, St. Gallen 10 3 Modelle flexibler Arbeitszeit 3.1 Gleitzeit Eine bereits weit verbreitete Form der flexiblen Arbeitszeit ist die Gleitzeit. „Modelle der gleitenden Arbeitszeit sind dadurch gekennzeichnet, dass der Mitarbeiter in gewissem Umfang Beginn und Ende seiner Arbeitszeit selbst bestimmt.“8 Gleitzeitarbeit ermöglicht eine flexible Lage der täglichen Arbeitszeit. Beginn und Ende seiner Arbeitszeit wählt der Arbeitnehmer innerhalb einer sogenannten Gleitzeitspanne. Zwischen diesen Gleitzeitspannen liegt die Kernarbeitzeit, in der Anwesenheitspflicht besteht. Wie lang Gleitzeitspanne und Kernarbeitszeit sind, ist variabel, kann aber wie im folgenden Beispiel gestaltet sein. Gleitspanne 7.00 Kernzeit 9.00 Gleitspanne 15.00 17.30 Indem die Gleitspannen von den Mitarbeitern mehr oder weniger ausgenutzt werden können sowohl Zeitguthaben, als auch Zeitschulden entstehen. Diese werden zunächst auf einem Zeitkonto gesammelt und zum Zwecke des Zeitausgleichs in die nächste Abrechnungsperiode übernommen. Die Abrechnungsperiode ist häufig ein Monat und der zu übernehmende Saldo ist meist begrenzt, z.B. auf 12 Stunden. Denkbar sind jedoch auch größere Abrechnungszeiträume, wie ein Quartal oder sogar ein Jahr und eine ausgeweitete Übertragungsmöglichkeit der Gleitzeitsaldi. 3.1.1 Kernlose Gleitzeit Als weitaus innovativer als die herkömmliche Gestaltung der Gleitzeit gilt die kernlose Gleitzeit. Der gesamte Arbeitszeitrahmen wird hier zur Gleitspanne und so erfolgt eine vollständige Lösung von der starren Arbeitszeit. In solchen 8 Wildemann, Arbeitszeitmanagement S. 60, 1992, St. Gallen 11 Systemen ist theoretisch eine tägliche Arbeitszeit zwischen 0 und 10 Stunden möglich. Daher wird es auch nötig die Begrenzung des Gleitsaldos aufzuheben. Anstelle der Kernzeit tritt hier die „Funktionszeit“9. Diese bezieht sich jedoch nicht auf den einzelnen Mitarbeiter, sondern auf betriebliche Einheiten, wie Abteilungen, die innerhalb der Funktionszeit qualifiziert ansprechbar und damit funktionstüchtig zu halten sind. Um dies zu gewährleisten sind verstärkt Absprachen unter den Mitarbeitern und Gruppenarbeit nötig. Zudem korrespondiert mit der größeren Arbeitszeit-Freiheit ein höheres Maß an Verantwortung für die Mitarbeiter. 3.1.2 Vorteile der Gleitzeit Durch den Gestaltungsspielraum im Rahmen der Gleitzeit entstehen sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber zahlreiche Vorteile. Dem Arbeitnehmer ist es möglich, die Arbeitszeit besser seinen individuellen Arbeitsrhythmus und persönlichen Bedürfnissen anzupassen. Diese können in der Meidung von Verkehrsspitzen liegen oder auch darin, vor der Arbeit noch das Kind in die Schule zu bringen. Betriebliche Interessen, denen die Gleitzeit entgegenkommt, ist vor allem die Ausdehnung der Betriebszeit und der Ansprechzeit für Kunden und Geschäftspartner. Zum anderen können auch durch Gleitzeit teure Überstunden abgebaut werden, da hier tägliche Mehrarbeit nicht zuschlagspflichtig wird. 3.1.3 Nachteile der Gleitzeit Die Nachteile der Gleitzeit sind vergleichsweise gering. Diese könnten für den Arbeitnehmer in einer verringerten Überstundenzahl mit entsprechend weniger Zuschlägen und für den Arbeitgeber in den Kosten einer längeren Betriebsbereitschaft und eines höheren Organisationsaufwandes liegen. Schwierigkeiten bei der Einführung und Koordination der Gleitzeit gibt es jedoch in Verbindung mit Schichtarbeit. Hier müssten die Arbeitsplätze während der Gleitspannen doppelt besetzt werden um den reibungslosen betrieblichen Ablauf zu sichern. Eine Alternative wäre eine Absprache 9 vgl. Kutscher/Weidinger/Hoff, Flex. Arbeitzeitgestaltung S. 152, 1996, Wiesbaden 12 zwischen den Mitarbeitern der aufeinanderfolgenden Schichten, die jedoch strikt eingehalten werden müssten, was die neugewonnene Zeitautonomie auch schon wieder einschränken würde. 3.2 Teilzeit Teilzeitarbeit liegt dann vor, wenn das Volumen der vereinbarten Arbeitszeit geringer ist als die regelmäßige Arbeitszeit vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer des Betriebes10. Der Zeitraum für den Vergleich muss nicht immer die wöchentliche Arbeitszeit sein, sondern kann sich auch auf einen Monat oder ein Jahr beziehen. Die persönliche Minderarbeit wird hier freiwillig vereinbart und hat dementsprechend auch Einkommenseinbußen zur Folge. Häufig wird unter Teilzeitarbeit noch die klassische Halbtagsarbeit verstanden, bei der das Arbeitsvolumen halbiert und entweder vor- oder nachmittags geleistet wird. Es gibt jedoch auch weit flexiblere Systeme der Teilzeitarbeit. So kann zum Einem das Arbeitsvolumen nicht nur halbiert werden, sondern individuell z.B. in einer Bandbreite zwischen 20% und 90% der Normalarbeitszeit vereinbart werden. Zum Anderen kann die Teilzeit aber auch so gestaltet werden, dass zu bestimmten Zeiten voll und zu anderen Zeiten gar nicht gearbeitet wird. Das kann z.B. heißen, dass nur an drei Tage der Woche, an drei Wochen im Monat oder an neun Monaten im Jahr gearbeitet wird11. 3.2.1 Job Sharing Job Sharing bedeutet, dass sich zwei oder mehrere teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer einen Vollzeitarbeitsplatz teilen. Unter Absprache mit dem Arbeitgeber erfolgt eine weitgehende Selbstbestimmung über Lage und Dauer der individuellen Arbeitszeiten durch die Job Sharing-Partner. Die Teilung eines Vollzeitarbeitsplatzes kann in zeitlicher und/oder funktionaler Sicht erfolgen. Erfolgt die Teilung nur in zeitlicher Sicht, sind die Aufgabenprofile der Job Sharing-Partner identisch. Bei einer Teilung in funktionaler Sicht 10 11 vgl. Wildemann, Arbeitszeitmanagement S. 50, 1992, St. Gallen vgl. Gutmann, Arbeitszeitmodelle S. 44, 1999, Stuttgart 13 teilen sich die Partner verschiedene Aufgabengebiete des Arbeitsplatzes und es entstehen unterschiedliche Aufgabenprofile der Job Sharer. So können sich auch unterschiedlich qualifizierte Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz teilen. 3.2.2 Teilzeit à la carte Bei dieser Form der Teilzeitarbeit wählen die Arbeitnehmer die Dauer der Arbeitszeit und ihre Lage entsprechend ihren eigenen Wünschen nach einer vorgegebenen Auswahlbandbreite des Betriebes12. Hierzu wird die Betriebszeit in Rastereinheiten mit entsprechenden Arbeitsmodulen eingeteilt, die sich der Arbeitnehmer dann individuell zusammenstellt. Durch die unterschiedlich festgelegte Größe der Module und die Vorgaben für die Zusammenstellung dieser ergeben sich Spielräume sowohl für die Arbeitszeit- als auch für die Betriebszeitgestaltung. Durch dieses System soll ein größtmögliches Maß an Flexibilität erreicht werden, das den Interessen der Mitarbeiter und den betrieblichen Erfordernissen entspricht. Als andere Bezeichnungen für Teilzeit à la carte sind auch die Begriffe Baukastenmodell oder Bandbreitenmodell zu finden. 3.2.3 Vorteile der Teilzeitarbeit Ein Vorteil der Teilzeitarbeit für den Arbeitgeber ist die Möglichkeit der Ausweitung der Betriebszeit. Dies kann vor allem durch Kombination von Vollund Teilzeitarbeit verwirklicht werden, indem z.B. eine Teilzeitschicht der Vollzeitschicht vor- oder nachgelagert wird. Ein anderer Vorteil ist die optimale Anpassung der Personalkapazität an den Arbeitsanfall. In der betrieblichen Praxis kommt es durchaus vor, dass eine Arbeitsaufgabe nicht immer einen vollen Arbeitsplatz ausmacht, bzw. dessen Volumen übersteigt. Der Einsatz von Teilzeitarbeitskräften ist hier ein geeignetes Instrument, um dieses Teilbarkeitsproblem zu lösen. Vorteile für den Arbeitnehmer ergeben sich vor allem in den Fällen, in denen dieser aus unterschiedlichsten Gründen die Teilzeitarbeit einer Vollzeitarbeitsstelle vorzieht. Gründe hierfür können z.B. in der Kindererziehung, dem 12 vgl. Beyer, Betriebl. Arbeitszeitflexibilisierung S. 98, 1986, München 14 Wunsch nach mehr Freizeit oder in der Berücksichtigung von gesundheitlichen Erfordernissen liegen. 3.2.4 Nachteile der Teilzeitarbeit Nachteile durch die Teilzeitarbeit können vor allem dem Arbeitgeber entstehen und zwar in Form von zusätzlich verursachten Kosten. Diese Kosten entstehen durch zusätzliche Personalverwaltung und Arbeitsorganisation. Denn je mehr Mitarbeiter ein Unternehmen beschäftigt, umso mehr müssen auch verwaltet und organisiert werden. Zudem fallen vor allem beim Job Sharing zusätzliche Einarbeitungs- und Qualifizierungskosten an, da hier für einen Arbeitsplatz, den eine Person erledigen könnte, zwei Arbeitnehmer eingearbeitet werden müssen. 3.3 Zeitautonome Gruppen „Zeitautonome Arbeitsgruppen sind dadurch gekennzeichnet, dass einer Mitarbeitergruppe das Dispositionsrecht über die Arbeitzeit übertragen wird.“13 Hierbei wird Gruppenorganisation und Arbeitszeitflexibilisierung miteinander kombiniert, was zu einem größtmöglichen Maß an Flexibilität führen soll. Sinnvoll erscheint dies vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass eine Entkopplung von Arbeits- und Betriebszeit gleichzeitig eine Entkopplung von Person und Funktion mit sich bringt. Die Stärke der zeitautonomen Gruppen ist sehr unterschiedlich. Denkbar sind Kleinstgruppen von zwei Mitarbeitern, die sich in ihrer Arbeitsaufgabe ergänzen bis hin zu ganzen Betriebsabteilungen. Häufig wird den Gruppen nicht nur die Verantwortung für die Arbeitszeit, sondern auch die Ergebnisverantwortung übertragen. Dies bedeutet ein wesentlich höheres Maß an Anforderung und Verantwortung für die Arbeitnehmer, kann aber andere Flexibilitätsbarrieren wie Kernzeiten oder Besetzungsstärken ersetzten. Aufgabe der zeitautonomen Gruppen, natürlich neben ihrer eigentlichen Arbeitsaufgabe, sind die Einteilung der individuellen Arbeitszeiten in gruppeninterner Absprache nach festgelegten Ergebnisvorgaben, die eigenverant- 13 Wildemann, Arbeitszeitmanagement S. 91, 1992, St. Gallen 15 wortliche Urlaubsplanung und Reaktion auf Schwankungen im Rahmen betrieblich vereinbarter Zumutbarkeitsgrenzen sowie die Integration unterschiedlicher individueller vertraglicher Arbeitszeitdauern.14 3.3.1 Vorteile zeitautonomer Gruppen Dem Arbeitnehmer bietet das System der zeitautonomen Gruppen die Möglichkeit sowohl langfristig, als auch kurzfristig nach Gruppenabsprache sein Berufs- und Privatleben bestmöglich zu vereinbaren. Auch der Arbeitgeber profitiert von diesem System, da solche Gruppen vornehmlich ergebnisorientiert arbeiten, was zu einer größeren Effizienz in der tatsächlich geleisteten und zu bezahlenden Arbeitszeit führt. Auch eine qualifizierte Vertretung für planbare Abwesenheitszeiten, wie z.B. Urlaub ist gesichert, da dies andere Gruppenmitglieder übernehmen, die mit der zu vertretenen Arbeitsaufgabe vertraut sind. 3.4 Arbeitszeitkonten Auf sogenannten Arbeitszeitkonten werden Zeitguthaben und Zeitschulden der Arbeitnehmer verbucht, die durch die Anwendung verschiedenster Systeme der flexiblen Arbeitszeit, wie z.B. der Gleitzeit entstehen. Auf diesen Konten werden die Minus- und Plusstunden gesammelt und miteinander verrechnet. Übertragungsmöglichkeiten und Verrechnungszeiträume können beschränkt oder unbeschränkt gestaltet sein. Sehr unterschiedlich gestaltet ist auch die Verwendung entstehender größerer Zeitguthaben der Arbeitnehmer. Einige Verfahrensweisen werden im Folgenden aufgezeigt. 3.4.1 Sabbatical Sabbatical ist ein Langzeiturlaub, der durch den Ausgleich von Zeitguthaben auf Langzeitarbeitskonten oder durch reduziertes Entgelt über eine vorher definierte Periode ermöglicht wird. Die Länge des Langzeiturlaubs ist dabei variabel und kann z.B. sechs Monate oder ein Jahr betragen, hängt jedoch hauptsächlich vom Volumen des angesparten Zeitguthabens ab. 14 vgl. Kutscher/Weidinger/Hoff, Flex. Arbeitzeitgestaltung S. 26, 1996, Wiesbaden 16 Das Arbeitsverhältnis bleibt während dieser Zeit bestehen und auch das monatliche Entgelt wird je nach Vereinbarung voll oder reduziert weitergezahlt. 3.4.1.1 Vor- und Nachteile des Sabbaticals Diese Form der Arbeitszeitflexibilisierung kommt vor allem dem Arbeitnehmer entgegen. Das Sabbatical ermöglicht ihm die Verwirklichung persönlicher Ziele, die mehr Zeit als den regelmäßigen Jahresurlaub in Anspruch nehmen. Solche Ziele können z.B. Weiterbildung, Hausbau, Kindererziehung, Auslandsaufenthalte, soziale Aktivitäten oder einfach nur ein langer Urlaub sein. Für den Arbeitgeber ergibt sich zunächst das Problem der Überbrückung des Langzeiturlaubs seiner Arbeitnehmer, was aber durch eine befristete Einstellung einer Vertretung gelöst werden kann. Ein Vorteil für den Betrieb ist jedoch die Bindung des Mitarbeiters und damit der Erhalt von Betriebserfahrung und Know-how. Hätte der Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit des Langzeiturlaubs würde er zur Erreichung seiner persönlichen Ziele eventuell kündigen und nicht wieder ins Unternehmen zurückkehren. 3.4.2 Gleitender Ruhestand Werden Zeitguthaben der Arbeitnehmer auf Lebens- bzw. Langzeitarbeitskonten verbucht, so können diese auch für einen gleitenden Ruhestand, d.h. einer schrittweisen Verkürzung der Arbeitszeit vor der Verrentung bei vollen Bezügen, verwendet werden. Der Beginn der Gleitspanne kann dabei unterschiedlich festgelegt sein, z.B. ab dem 55. oder dem 60. Lebensjahr. Auch die Gestaltung der Arbeitszeitverkürzung ist in zahlreichen Formen denkbar. Diese können als eine Verkürzung der täglichen Arbeitszeit um z.B. zwei Stunden, als der Wechsel zu einer Vier-Tage-Woche oder als Arbeit an drei von vier Wochen im Monat vereinbart werden.15 Besonders innovativ ist diese Form der Arbeitszeitflexibilisierung aber erst dann, wenn auch über das 65. Lebensjahr hinaus gearbeitet werden kann. 15 vgl. Beyer, Betriebl. Arbeitszeitflexibilisierung S. 75, 1986, München 17 3.4.2.1 Vorteile des gleitenden Ruhestands Ein Vorteil des gleitenden Ruhestands ist, dass, wie der Name schon sagt, der Übergang in den Ruhestand gleitend erfolgt. Dies ermöglicht für den Arbeitnehmer eine Vorbereitung auf den künftigen Ruhestand und verhindert den sogenannten „Pensionsschock“16. Darüber hinaus wird der gleitende Ruhestand eingesetzt, um der abnehmenden Belastbarkeit und den gesundheitlichen Bedürfnissen der älteren Mitarbeiter gerecht zu werden. Für den Arbeitgeber hat der gleitende Ruhestand den Vorteil, dass er nicht von heute auf morgen einen qualifizierten Mitarbeiter mit all seinem Wissen und seiner Betriebserfahrung verliert. Die verbleibende Arbeitszeit während der gleitenden Pensionierung kann z.B. genutzt werden, um den eigenen Nachfolger intensiv einzuarbeiten, damit nach entgültiger Verrentung keine Lücke im betrieblichen Ablauf entsteht. 4. Fazit Der Einsatz einer innovativen flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit kann zu Veränderungen in betrieblichen Kostenstrukturen und zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit führen, wie auch zu positiven Auswirkungen auf Erfolgsfaktoren, Qualität und Servicegrad. Darüber hinaus eröffnen Systeme flexibler Arbeitszeit Gestaltungsspielräume für die Arbeitnehmer, um so deren Bedürfnis nach Zeitautonomie und Dispositionsfreiheit gerecht zu werden. Die zur Verfügung stehenden Systeme sind zahlreich und durch mögliche Kombinationen untereinander nahezu unüberschaubar. Für die Auswahl des Systems ist es notwendig auch die Bedürfnisse von Betrieb und Arbeitnehmer zu kennen. Dies erfordert im Vorfeld eine genaue Analyse dessen. Auch eine fortlaufende Überprüfung der Zielerreichung ist notwendig um eventuelle Abweichungen von den gesteckten Zielen frühzeitig zu erkennen und weitere Potentiale zur Optimierung zu finden. 16 Wildemann, Arbeitszeitmanagement S. 54, 1992, St. Gallen 18 Literaturverzeichnis Bellgardt, Peter (Flexible Arbeitszeitsysteme, 1987): Flexible Arbeitszeitsysteme, Heidelberg, 1987 Beyer, Dr. Dr. habil. Horst-Tilo (Betriebl. Arbeitszeitflexibilisierung, 1986): Betriebliche Arbeitszeitflexibilisierung, München, 1986 Brunz, Michael / Wolter, Gerrit (Flexible Arbeitszeit, 1988): Möglichkeiten und Chancen der flexiblen Arbeitszeit, Köln, 1988 Gutmann, Joachim (Arbeitszeitmodell, 1999): Arbeitszeitmodelle, Stuttgart, 1999 Kutscher, Jan / Weidinger, Michael / Hoff, Andreas (Flex. Arbeitszeitgestaltung, 1996): Flexible Arbeitszeitgestaltung, Wiesbaden, 1996 Wildemann, Horst (Arbeitszeitmanagement, 1992): Arbeitszeitmanagement – Einführung und Bewertung flexibler Arbeits- und Betriebszeiten, St. Gallen, 1992