Die Psychosomatik Der Begriff „Psychosomatik“ weist auf den Zusammenhang zwischen Körper (Soma) und Seele (Psyche) hin. Die psychosomatische Medizin untersucht den Einfluß von seelischen Faktoren bei Beschwerden und Krankheiten und baut auf den gewonnen Kenntnissen eine Therapie auf. Viele gesundheitliche Störungen werden durch bestimmte Gefühlzustände, wie Angst, Panik, Nervosität und innere Unruhe, ausgelöst. Auch Stress gehört zu diesen Auslösern. Stress ist die Reaktion des Körpers auf eine Anforderung, egal ob psychischer oder körperlicher Natur. Man unterscheidet zwischen Eustress und Distress, dass heißt zwischen positiven, angenehmen oder negativen, ungesunden Stress. Die Stressreaktion geht vom Gehirn aus und aktiviert bestimmte Hormondrüsen und deren Hormone. Die Adrenalinausschüttung erhöht den Herzschlag und die Durchblutung (Vorphase).Reicht diese Steigerung nicht aus, gibt das Nebennierenmark zusätzlich Adrenalin und Noradrenalin ab, dadurch wird die Umlaufgeschwindigkeit des Blutes, der Blutdruck und der Puls erhöht. So gelangt Sauerstoff und andere Nährstoffe schneller zu den Muskeln. Zusätzlich werden die Pupillen geweitet, Schweiß abgesondert, die Haare stellen sich auf und Glykogen und Fett wird abgebaut. Die Nebennierenrinde gibt Corticoide ab um so die Verdauungs - und Sexualfunktionen zu stoppen, denn so wird keine Energie vergeudet. Mehr rote Blutkörperchen sind im Blut und die Blutgerinnung ist verstärkt, um im Falle einer Verletzung die Wunde besser und schneller zu verschließen (Alarmphase). Hört die Einwirkung des Stressors auf, klingt die Erregung des Nervensystems und der Hormondrüsen ab. Die ausgeschütteten Hormone werden abgebaut (Erholungsphase). Grundsätzlich ist zu sagen, dass ein Leben ohne Stress den Tod bedeutet, sowohl für Tiere als auch Menschen. Stressoren können sowohl physischer als auch psychischer Natur sein, z.B.: Hitze, Kälte, Schwerstarbeit, Lärm, Krankheiten, Schmerzen, Ängste... All die oben aufgezählten Auslöser können verschiedene funktionelle Beschwerden zu Folge haben. Darunter versteht man Beschwerden, die man zwar überall im Körper verspüren kann, aber tatsächlich kein Organ erkrankt ist, z.B.: Herz - Kreislaufbeschwerden, Übelkeit, Durchfall, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen, Reizbarkeit, Angst, Schluckstörungen, Erbrechen, Bulimie, Reizblase, sexuelle Störungen.... Auslöser und Beschwerden können von Mensch zu Mensch verschieden sein. Die Einheit von Körper und Psyche ist so eng, dass es keine Belastung gibt, die sich nicht auf den Körper auswirkt. Viele psychosomatische Erkrankungen hängen oft mit der Lebensgeschichte des Patienten zusammen. So glaubt man, dass Atemstörungen eine dauerhafte Überforderungssituation ausdrücken können. Asthma bronchiale kann mit früheren Ängsten, die Mutter zu verlieren, zusammenhängen. Erbrechen steht häufig im Zusammenhang mit Ekelgefühl, Widerwillen und Protest. Es kann aber genauso mit Widerwillen gegenüber dem eigenen Sexuellem oder mit der Angst vor einer Schwangerschaft verbunden sein. Chronische Verstopfung kann als eine körperliche Protestaktion angesehen werden. Es ist entweder der Versuch etwas festzuhalten oder es handelt sich um ein angstvolles Zurückhalten. Die Fettsucht kann als das Zurückfallen in eine frühe Entwicklungsstufe der oralen Befriedigung angesehen werden. Kopfschmerzen hängen hingegen oft mit Leistungskonflikten zusammen. Ursachen sind oft die eigenen zu hohen Ansprüche und ein zu großer Ehrgeiz. Bettnässen wird genauso zu den psychosomatischen Erkrankungen gezählt, das Kind steht unter einer andauernden, spannungsreichen Gefühlserregung und kann so im Schlaf die Blasenmuskulatur nicht mehr kontrollieren. Meist hört das Bettnässen auf, wenn die Bezugsperson sich mehr um das Kind kümmert /siehe Kästchen Seite 78). Psychosomatosen Das sind Organerkrankungen, die seelisch bedingt sind. Bsp.: Magenschleimhautentzündung (Gastritis), Magen - und Zwölffingerdarmgeschwüre, Fettsucht, Bulimie, Magersucht, chronische Entzündungen von Gelenken, Migräne, Hautekzeme, Bluthochdruck, Asthma Therapiemaßnahmen In der frühkindlichen Leib - Seele - Einheit hat es sich entwickelt, dass alles Psychische zum Körperlichem wird. Durch die psychosomatische Krankheit will der Patient wieder in die Körpersprache des Kleinkindes zurück. Die Therapie versucht diese Verkörperlichung rückgängig zu machen. Dabei lernt der Patient seine empfundenen Wünsche in der Sprache zu formulieren. Je klarer er sich ausdrücken kann, desto mehr läßt er von seiner krankhaft gewordenen Körpersprache ab. Es ist sehr wichtig, dass psychosomatische Erkrankte schon frühzeitig in Behandlung kommen, da sich sonst ihre Krankheit, die auf psychosomatische Weise entstanden ist, verselbstständigt und dann nicht mehr nur mit einer Psychotherapie zu heilen ist. Die Folgen für einen nicht behandelten Betroffenen können weiters Depressionen, Isolation und Suizidversuche sein. Hypochondrie Die hypochondrische Störung gehört zu den somatoformen Störungen, das heißt, dass der Betroffene wiederholt von körperlichen Beschwerden berichtet, der Arzt jedoch keine körperliche Ursache feststellen kann. Die Möglichkeit psychischer Ursachen wird aber vom Betroffenen selbst abgelehnt. Das Leben des Patienten dreht sich häufig nur um seine Symptome und er fordert von seiner Umgebung viel Aufmerksamkeit. Es gibt keine genauen Zahlen über die Häufigkeit von Hypochondrie, doch allgemein ist festgestellt worden, dass unter den Patienten von Allgemeinärzten fast 50% hypochondrische Symptome zeigen. 3 -14% weisen das vollständige Beschwerdebild eines Hypochonder auf. Männer und Frauen sind gleichmäßig davon betroffen. Symptomatik: Anhaltende Befürchtung an einer schweren, körperlichen Erkrankung zu leiden. Schon normale körperliche Erscheinungen oder minimale somatische Veränderungen, z.B.: leicht erhöhter Puls beim Treppensteigen... werden als krankhaft eingeschätzt. Ergebnislose Untersuchungen können den Betroffenen nicht von seiner Überzeugung abbringen, sie nehmen eher an, dass sie an einer bisher unbekannten Krankheit leiden. Im Gegensatz zu anderen somatoformen Störungen, bei denen meist wechselnde Symptome in verschiedenen Körperbereichen festgestellt werden, sind die Beschwerden bei der Hypochondrie auf ein oder zwei Organe beschränkt. Bei der Hypochondrie steht die Furcht vor einer Krankheit im Vordergrund, bei anderen Störungen das körperliche Syndrom selber. Ursachen: Aus psychoanalytischer Sicht entsteht die Hypochondrie durch innere Konflikte, die durch Angst oder Schuldgefühle verursacht werden. Zur Abwehr dieser Konflikte wird die Aufmerksamkeit auf körperliche Störungen verschoben. Es ist wahrscheinlich, dass Hypochondrie durch das Zusammenspiel mehrere Faktoren entsteht, die sich gegenseitig beeinflussen. Vor dem Ausbruch der Erkrankung sind die meisten Betroffenen mit Informationen über Krankheiten in Kontakt gekommen. Personen, die an Hypochondrie erkranken, zeigen oft schon vor Krankheitsbeginn eine hohe psycho - physiologische Reaktivität, das heißt, dass sie auf Reize besonders schnell mit erhöhtem Herzschlag reagieren. Häufig standen sie vor dem Auftreten der ersten hypochondrischen Symptome stark unter Stress oder hatten eine einschneidende Veränderung in ihrem Leben. Schon allein die Wahrnehmung eines unregelmäßigen Herzschlags, von Schwindelgefühl, Verdauungsproblemen und Kopfschmerzen, die als vorübergehende Beschwerden völlig normal sind, führen zu der Annahme, dass es sich dabei um Symptome einer schweren Krankheit handelt. Hypochondrische Patienten haben eine besonders niedrige Schwelle für körperliche Reize, sie können ihren Puls leichter wahrnehmen. Die Idee krank zu sein, führt dazu, dass sie ihr körperliches Befinden genau beobachten, durch diese Hinwendung und entstehende Anspannung entsteht eine erhöhte physiologische Erregung. Hypochondrische Patienten neigen dazu alles zu „katastrophieren“, das heißt alles extrem negativ zu bewerten. Die Betroffenen befinden sich in einem Teufelskreis: Die Gewißheit krank zu sein, erhöht ihren Stress und steigert die Aufmerksamkeit für Beschwerden. Meist versuchen sie in Fachbüchern etwas über ihre Symptome herauszufinden und entdecken dabei noch mehr neue Beschwerden. Eine häufige Begleiterscheinung der Hypochondrie ist, dass viele der Betroffenen aus Angst um ihre Gesundheit sich schonen, dadurch wird aber ihre körperliche Belastbarkeit vermindert, so das sie auf kleinere Anforderungen mit Beschwerden reagieren. Zudem werden ihre Beschwerden oft durch die Aufmerksamkeit der Umwelt „belohnt“. Verlauf: Hypochondrie kann in jedem Alter beginnen, häufig tritt sie aber im frühen Erwachsenenalter das erste Mal auf. Der Krankheitsverlauf ist oft chronisch und die starke Beschäftigung mit körperlichen Beschwerden wird zu einem Persönlichkeitsmerkmal. Das Andauern der Erkrankung ist wahrscheinlich, wenn es schleichend begonnen hat und der Betroffene Vorteile genießt. Therapie: Hypochondrische Patienten begeben sich nur selten oder erst nach langen Krankheitsverlauf in psychotherapeutische Behandlung. Die Behandlung dieser Patienten ist für den Hausarzt oft eine Balanceakt: Es soll eine gründliche Untersuchung erfolgen, weil die geschilderten Symptome wirklich ein Hinweis auf eine Erkrankung sein kann. Dem Arzt ist aber schnell klar, dass die Beschwerden keinen Krankheitswert haben., doch der Patient wird diesen Befund anzweifeln und weitere Untersuchungen fordern. Läßt sich der Arzt darauf ein, bestätigt er die Vermutung des Patienten. Lehnt er die Forderung ab, wird der Betroffene wahrscheinlich den Arzt wechseln. Für den Arzt ist es deshalb wichtig zu beachten, dass der Patient tatsächlich leidet, wenn auch nicht physisch. Dem Betroffenen sollte zu einer psychotherapeutischen Behandlung geraten werden. In der Psychotherapie ist auch ein vorsichtiges Vorgehen notwendig. Der Therapeut sollte sich die Symptome schildern lassen, ohne deren Echtheit anzuzweifeln. In der Therapie soll der Umgang mit den Leiden erlernt werden, z.B.: Entspannungsverfahren wie Autogenes Training. Der Zusammenhang zwischen Stress und Beschwerden soll dem Patienten klargemacht werden. Im Laufe der Behandlung wird mit dem Betroffenen erarbeitet, wann die Symptome sich verändern und mit welchen Situationen sich vermutlich in Verbindung stehen. Anhand des Erklärungsmodells für Hypochondrie wird dem Patienten verdeutlicht, dass die Selbstbeobachtung die Steigerung der Symptomatik zu Folge hat. Zudem beschäftigt sich die Therapie mit der Neigung des Patienten alles immer negativ zu betrachten und es wird versucht positive Denkmuster zu erarbeiten. Stellt der Arzt fest, dass das Umfeld des Patienten stark in die Krankheit eingebunden ist, wird den Personen erklärt, dass sie durch starke Unterstützung und Schonung zum Bestehenbleiben der Hypochondrie beitragen.