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DIE SEITE FÜR SENIOREN des Thuner Tagblatts, Mittwoch, 11. Januar 2012
65Plus
Redaktion: Nelly Kolb
Licht und Luft gegen
Winterdepression
|
E-Mail: [email protected]
«Energiesparmodus»
im Winter
strengungen. Das senkt den
Energieaufwand. Deshalb sind
störungsfreie Wildschutzzonen
derart wichtig. Frösche, Schlangen und andere Amphibien verharren in einer Winterstarre,
und andere Tiere legen sich mindestens ein schützendes Winterfell zu.
Gibt es auch bei Menschen eine Art Winterschlaf? Der normale Tages- oder Nachtschlaf
und der Winterschlaf sind
unterschiedliche
Vorgänge.
Aber auch beim Homo sapiens
verlangsamen sich während des
Tiefschlafs Atmung und Herztätigkeit. Ebenfalls die Körpertemperatur sinkt ab. Dieser Vorgang beschränkt sich allerdings
nicht auf den Winter.
Statt durch ein Winterfell
schützen wir uns mit sogenannt
angepasster Bekleidung vor der
Kälte. Wir mummeln uns ein –
von der Thermounterwäsche
über die dicke Daunenjacke bis
zur wärmenden Mütze.
WINTER Manchen Menschen fehlt das Licht in der
dunklen Winterzeit. Helfen
können Lichttherapie und
frische Luft.
Kurze, trübe Tage, kahle Bäume
und Sträucher, düstere Nebeltage, «Hudelwetter», menschenleere oder -arme Strassen: Das ist
das Bild, das viele Menschen vom
Winter in sich tragen. Rainer Maria Rilke formuliert es in seinem
Gedicht «Herbsttag» so: «Wer
jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr, wer jetzt allein ist, wird
es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben . . . »
Künstlich aufhellen
Zum Aufhellen der dunklen Jahreszeit haben wir uns in unseren
Breitengraden im Laufe der Zeit
einiges einfallen lassen: Wir
kommen von Weihnachten her,
dem Lichtfest per se. Immer
mehr Lichterketten in Strassen,
an Häusern und Bäumen haben
bald eine inflationäre Wirkung.
Der Zweck: Sie hellen das Dunkel
künstlich auf. Über Silvester und
Neujahr werden Partys gefeiert.
Im Januar folgen Vereinsanlässe
mit Tanz, und in den Städten
gehen rauschende Ballnächte
über die Bühne. Praktisch alle
Anlässe werden dabei in gleissendes Scheinwerferlicht getaucht.
Auch das hat eine Gegenwirkung
zur Dunkelheit.
Lichttherapie und . . .
Es gibt aber Menschen, die unter
den kurzen Tagen und der langen
Dunkelheit leiden. Viele versinken in eine Winterdepression.
Die Betroffenen sind müde, antriebs- und freudlos. Das löst
krankhaften Stress aus und hat
unter anderem auch Schlafstörungen zur Folge. Hier kann eine
Lichttherapie helfen. Gemäss
Wikipedia ist eine Lichttherapie
«ein von der wissenschaftlichen
Medizin anerkanntes Verfahren
9
Winterzeit muss nicht nur kalt, düster und deprimierend sein. Sie hat viele Facetten und schafft zauber- bis märchenhafte Stimmungen –
so etwa die Weihnachtsbeleuchtung auf der Thuner Mühlebrücke mit dem Schloss im Hintergrund.
Archiv TT/Patric Spahni
zur Behandlung verschiedener
Erkrankungen».
Während einer Therapiesitzung setzen sich Betroffene regelmässig einem intensiven Licht
aus. Es handelt sich um starkes
weisses Licht ohne UVA- und
UVB-Strahlen (nicht zu verwechseln mit Solarien). Die Speziallampen simulieren das Sonnenlicht. «Die depressive Verlaufsform, die hauptsächlich rezidivierend in den lichtarmen
Monaten November bis Februar
auftritt und als saisonal abhängige Depression bezeichnet wird,
spricht besonders gut auf Licht-
therapie an», bestätigt der Thuner Psychiater Werner Saameli.
. . . bewegen an frischer Luft
Gegen depressive Stimmungen
helfen auch Spaziergänge an der
frischen Luft – möglichst bei Tageslicht. Dieses beeinflusst den
Stoffwechsel und reguliert die
Reaktion des Körpers auf Stress.
Fachleute empfehlen mindestens 30 Minuten. Bewegen wir
uns also so oft wie möglich an der
frischen Luft! Das gilt für alle
Menschen; Kinder, Werktätige
und Rentner – auch ohne Depression.
Lotti Pfeiffer
WINTERSCHLAF Mensch
und Tier verhalten sich im
Winter nicht gleich.
«Ich schlafe wie ein Murmeltier»,
das hören wir in der kälteren Jahreszeit häufig. Das verbinden wir
mit wohliger Bettwärme, langem
Ausschlafen und Behaglichkeit.
Was aber wissen wir über diesen
Winterschlaf, den biologischen
«Energiesparmodus»? Mensch
und Tier verhalten sich in der
dunklen, kalten Winterzeit unterschiedlich. Igel, Fledermäuse,
Wiesel, Hamster, Schlafmäuse
und eben Murmeltiere drosseln
im Winter Atmung und Kreislauf
auf ein Minimum. Sie verfallen in
einen schlafähnlichen Zustand –
den Winterschlaf.
Energieaufwand senken
Ihre Körpertemperatur kann fast
auf den Gefrierpunkt absinken,
und sie brauchen in dieser Zeit
die angelegten Fettreserven auf.
Andere Tiere, wie Eichhörnchen
und Braunbären, machen keinen
eigentlichen Winterschlaf. Sie
begeben sich in eine sogenannte
Winterruhe. Der Kreislauf funktioniert normal, aber sie vermeiden möglichst körperliche An-
Helle Kleider wären besser
Ausser bei der Sportbekleidung
wählt der Mensch im Winter vor
allem kalte, an Eis und gefrorene
Seen erinnernde Farben. In
Schaufenstern und Modekatalogen finden sich meist dunkle bis
ganz schwarze Kleider. Anders
als in wärmeren Jahreszeiten, da
dominieren helle und bunte Farben. Es ist ein eigenartiges Phänomen, dass wir ausgerechnet
bei weniger Tageslicht dunkle
Farben tragen. Was spricht eigentlich dagegen, diese Jahreszeit durch freundlichere Farben
aufzuhellen? Das wäre gleichzeitig ein Beitrag zur eigenen Sicherheit, wenn wir uns nicht alle
als dunkle Gestalten fast unsichtbar machen.
Markus Pfeuti
Quelle: «Vom Schlaf der Tiere» aus:
A. Borbély, Universität Zürich: «Das
Geheimnis des Schlafs», Ausgabe
für das Internet.
UMFRAGE
Wie empfinden Sie die Winterzeit? «Sie hat auch Vorteile, man hat mehr Zeit für kulturelle Anlässe»
Renate Looff
1935, Thun
Ich geniesse im Winter vermutlich die Ruhe etwas mehr und
gehe parallel zur Natur am Abend
vielleicht auch früher ins Bett.
Die Aufstehzeit bleibt sich gleich.
Ansonsten empfinde ich keinen
grossen Unterschied zwischen
Winter und Sommer. Ich schätze
grundsätzlich jede Jahreszeit
mit ihren Eigenheiten. Spannend
ist ja die Wahrnehmung der
Veränderungen in der Natur –
auch wenn das ein «alle Jahre
wieder» ist. jsg
Hans Weibel
1943, Thun
Ich besuche im Winterhalbjahr
deutlich mehr kulturelle Veranstaltungen. Ich bin gerne
«auswärts» und sowieso eher am
Abend aktiver als am frühen
Morgen. Insofern kommen mir
längere Abende entgegen. Ich
schlafe immer etwa gleich viel
und gut. Dass Leute mit der Finsternis Mühe haben, ist nachvollziehbar, betrifft mich aber nicht.
Nur meine Akzente der Aktivitäten verschieben sich. Das erlebe ich aber als bereichernd. jsg
Joyce Hofstetter
2001, Thun
Das sind recht komische Fragen;
der Alltag verändert sich für mich
als Schülerin mit den Jahreszeiten nicht wesentlich. Ich muss
immer etwa zur gleichen Zeit
aufstehen oder abends ins Bett
gehen – obschon ich oft gerne
noch länger aufbleiben möchte.
Grosse Unterschiede zwischen
Sommer und Winter spüre ich
eigentlich nicht. Im Sommer
kann ich aber mehr draussen
spielen, und es ist warm, deshalb
liebe ich ihn. jsg
Robert
Frauchiger
1950, Thun
Im Winter fehlt mir tatsächlich
manchmal die Helligkeit der Sonne. Vor allem dann, wenn ich als
Morgenmensch noch fast bei
Nacht zur Arbeit muss und von
ihr auch wieder im Dunkeln zurückkomme. Das reut mich. Freizeitaktivitäten verschieben sich
im Winter eher nach innen, ins
Haus. Ich würde gerne ein Stück
weit dem Rhythmus der Natur
und den Jahreszeiten folgen,
aber das lässt die gesellschaftliche Organisation kaum zu. jsg
Brigitte Bögli
1964, Thun
Ich fahre meine Aktivitäten im
Winter nicht herunter. Eher im
Gegenteil, denn da gibt es viele
Konzerte, Theater, Einladungen
und anderes mehr. Die Esslust
bleibt sich immer etwa gleich.
Im Winter sind allerdings die
süssen Verlockungen grösser, da
muss ich aufpassen und mich
bremsen. Meine Schlaf- und
Wachphasen sind unabhängig
von den Jahreszeiten. Sie werden
eher von Stress und Arbeitsbelastung bestimmt. jsg
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