Entwurf für ein Profilpapier pallottinischer Jugendarbeit

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Entwurf für ein Profilpapier pallottinischer Jugendarbeit
Vinzenz Pallotti engagierte sich besonders in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, denen er versuchte
ein Zuhause zu geben, in dem sie sich geborgen und angenommen fühlen konnten. Für Jugendliche, die
auf der Straße lebten, war er ein Ansprechpartner, der ihnen Orientierung– und Lebenshilfe gab. In dieser
Tradition sieht sich die pallottinische Jugendarbeit heute als Ort der Begegnung und Orientierung für junge
Menschen.
Die pallottinische Jugendarbeit richtet sich aus am pallottischen Charisma, das sich ausdrückt im
pallottinischen Gottes-, Menschen- und Kirchenbild.
Wer Jugendarbeit leistet, darf aber nicht nur auf institutionelle, politische, soziale und gesellschaftliche
Ziele hin ausgerichtet sein, sondern muss primär an den konkreten Lebenswirklichkeiten und Lebenswelten
Jugendlicher ansetzen. Erste Aufgabe muss es also sein, Jugendliche zu verstehen und sie - wie sie sind - zu
akzeptieren.
Einige Schlaglichter der Lebenswirklichkeiten von Jugendlichen heute sind:
- verschiedene Wahlmöglichkeiten in Lebensgestaltung und Lebensstil
- Herauslösung aus familiären Strukturen
- Abnehmender Bezug zu verfassten religiösen Gemeinschaften
- Erlebte Diskrepanz zwischen Idee und Wirklichkeit von Kirche
- Suchen nach Werten und Orientierung
- Geringer werdende soziale Sicherungsinstanzen
- Konsumorientierung
- Sinn für Gemeinschaft
- Wunsch und Suchen nach eigener Identität
- Suche nach Beziehung und Bezogenheit
Hierauf muss eine authentische Jugendarbeit reagieren, sie muss gemeinsam mit Jugendlichen nach Wegen
und Lösungen suchen. Hierzu gehört eine sorgfältige Analyse der jeweiligen Lebensumstände und eine
ausreichende Methodenpalette. Ziel ist nicht die Funktionabilität von Jugendlichen, vielmehr die
Hilfestellung bei ihrer je eigenen Suche.
Für ein pallottinisches Verständnis von Jugendarbeit heißt das1
1. mit Blick auf unser Gottes- und Menschenbild:
1

Groß denken von jedem Menschen

Dem anderen etwas zutrauen – Auftrag/Sendung

Nicht zuerst eigene Interessen verfolgen – der Fokus liegt auf dem Nächsten

Menschsein verstehen als Mensch für und mit anderen

Selbstloser Dienst an den jungen Menschen

Nicht Rekrutierung, sondern Motivation und Befähigung, das Leben am Weg Jesu zu orientieren

Jede Zeit und jeder Mensch muss diesen Weg neu suchen und auf neue Weise gehen

Jugendliche mit dem Anspruch Jesu konfrontieren

Glaube und Alltag in Verbindung bringen
Grundlage hierfür ist eine Sammlung von Charakteristika des pallottischen Charismas und wesentlichen Aussagen des
Beschlusses „Ziele und Aufgaben kirchlicher Jugendarbeit“ der Würzburger Synode (1975)

Abweichendes Verhalten von Jugendlichen nicht als Ausdruck von Provokation, sondern von
Sinnsuche begreifen

Dem Mangel an Wertorientierung begegnen
2. mit Blick auf unser Kirchenbild:

weg vom klerikalen Kastendenken

das MITEINANDER stärken - „Team“ von „Klerikern“, „Hauptamtlichen“ und „Laien“ (Begriffe
stehen für Professionalisierung, nicht für Wertigkeit)

Betonung der Berufung aller

Möglichkeiten schaffen, das Unbehagen an der Kirche zum Ausdruck bringen zu können –
Angebote der Kommunikation
3. mit Blick auf unser Verständnis von Gemeinschaft (Koinonia):

Angebote machen als Gemeinschaft von Glaubenden, bzw. von Menschen, die sich um den
Glauben mühen

Glaube und Gemeinschaft zusammengehörig denken

kein christliches Leben abseits von Gemeinschaft

Ökumenische Selbstverständlichkeit

wesentliche Grunderfahrungen im menschlichen Zusammenleben ermöglichen
(in Gruppen Gleichaltriger)
4. mit Blick auf unsere gesellschaftlichen Auftrag (Diakonia):

Not sehen – hingehen – lindern

Einsatz für aktuelle Randgruppen (nicht spezialisiert)

Diakonische Pastoral – Mandat für benachteiligte Menschen, wenn Restkirche das weniger im Blick
hat

eine sich missionarisch verstehenden Kirche pflegt „Gesellschaftliche Diakonie“

Es geht um eine Grundhaltung (Dienst an der Jugend = Dienst an der Gesellschaft)

Bewusstsein: Chancen der Jugendlichen wachsen mit ihren Bildungschancen

Familien sind immer weniger Ort grundlegender positiver Erfahrungen

Einsatz für Bildungschancen, gesellschaftliche Chancen (Schichtzugehörigkeit), familiäre Chancen

Solidarität mit Armen, Unterdrückten, Randgruppen – der/dem einzelnen helfen, sie/er selbst zu
werden
5. mit Blick auf unser personales Angebot:

Pallotti war inmitten der Jugend, hat mit ihnen gespielt, gebetet, hat für sie gesorgt und war für sie
da

Pallottinische Jugendarbeit begegnet auf Augenhöhe, beruht auf gegenseitiger Wertschätzung, sieht
Jugendliche als Subjekt,

gegenseitiges Lernen, Inspirieren, Begeistern (Lehrende und Lernende)

Sich immer wieder der eigenen Rückbindung (nach „oben“) bewusst werden

Menschen zusammenführen, Angebote schaffen

mehr „Hingehen“ zu den Jugendlichen (personales Angebot)

Jugendarbeit für, mit und von Jugendlichen selbst

Authentizität

Aufgaben anbieten, die einen Einsatz „lohnend“ erscheinen lassen

Jugendliche befähigen

Laien und Priester als Partner – Jugendliche als Träger der Jugendarbeit

Idee/Programm ist so viel wert, wie die Person, die sie verkörpert

Weiterbildung

Jugendarbeit = Dienst der Kirche an Jugend überhaupt, und Dienst an der Jugend der Kirche
Festzuhalten ist, dass Inhalte wichtiger sind als Strukturen. Kennzeichen pallottinischer Jugendarbeit sind
also:

das Wagnis zu einer immer neuen Überwindung vermeintlicher Grenzen, Grenzen nicht als
Hindernisse verstehen

Risiken und Krisen als Chance begreifen

sich und dem anderen etwas zutrauen

Eintreten für eine unkonventionelle Art von Seelsorge/Pastoral (Grenzgänger/Bahnbrecher)

Notwendigkeiten bezogen handeln, Verbündete suchen

Visionen entwickeln: auf Jugendliche zugehen

Überwindung der am Mainstream orientierten Denkweise von Kirche

Positionierung gegen Eventisierung in der Kirche – wo bleibt die Nachhaltigkeit?
Aus den Lebenssituationen/Lebenswirklichkeiten Jugendlicher und dem pallottinischen Auftrag ergeben
sich zusammenfassend folgende Ziele für eine pallottinische Jugendarbeit:

pallottinische Jugendarbeit ist Ort der Begegnung, der Solidarität, der Zugehörigkeit und
Beheimatung

pallottinische Jugendarbeit gibt Orientierungshilfe für die Lebensgestaltung

pallottinische Jugendarbeit unterstützt bei der Identitätsfindung

pallottinische Jugendarbeit dient der Beziehungsgestaltung (soziale Kompetenz)

pallottinische Jugendarbeit hilft, den Glauben Jesu als Orientierungspunkt für sein eigenes Leben
und als Motivation für verantwortliches Handeln in der Welt zu sehen

pallottinische Jugendarbeit ist offen für unterschiedliche Konfessionen, Kulturen und Generationen
Das gesamtkirchliche Engagement für eine Jugendarbeit, die sich nicht auf ohnehin kirchlich sozialisierte
Gruppen von Jugendlichen bezieht, schwindet. Umso mehr müssen wir als alternativer Träger
verantworteter Arbeit mit Jugendlichen hier unseren Schwerpunkt setzen. Die Option für alle
Jugendlichen, gerade auch für die, die durch das löchrige Netz unserer Gesellschaft zu fallen drohen, muss
in ihrem Interesse vorrangig sein. Sie bestimmt damit auch unsere eigene Zukunft und muss bei der
Planung unserer Arbeitsfelder Berücksichtigung finden.
Pallottinische Jugendkommission, Mai 2010
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