Fragen an den Spezialisten Vol. 26 Nr. 3 2015 Frage an den Spezialisten Frage: Vincent Liberek, Thônex Antwort: Maristella Santi1) , Sebastiano A. G. Lava2) , Mario G. Bianchetti1) 1) Dipartimento di Pediatria della Svizzera Italiana 2) Universitätskinderklinik, Bern Übersetzung: Rudolf Schlaepfer, La Chaux-de-Fonds Vitamin D-Mangel beim Jugendlichen ren Kindern und Jugendlichen). Drei Massnahmen könnten diese Tatsache verbessern. Das Bestimmen von Vitamin D ist eine gängige Untersuchung geworden, insbesondere im Zusammenhang mit Müdigkeit oder depressiven Zuständen. Sind diese Indikationen relevant? Sind zudem Spiegelbestimmungen im Winter zuverlässig? Würde es nicht genügen, Vitamin D als Nahrungszusatz zu verschreiben? In der Geriatrie empfehlen gewisse Autoren Vitamin D-Zusätze zur Frakturprophylaxe ohne vorangehende Spiegelbestimmung. 1.Der Geschmack der alkoholischen Vitamin D3-Lösungen ist unbefriedigend, weshalb insbesondere für Neugeborene und Säuglinge oft die Verabreichung der öligen Lösung vorgezogen wird. 2.Kinderärzte verschreiben im Allgemeinen eine tägliche Vitamin D-Dosis. Da die Halbwertszeit dieses Vitamins 3 bis 6 Wochen beträgt, haben tägliche, wöchentliche oder monatliche Verabreichung einer entsprechenden Dosis (z. B. 600 IE/d = 4200 IE/ Woche = 18000 IE/Monat) eine beinahe identische Erhöhung des Plasmaspiegels zur Folge. 3.Nicht nur Familien, auch Pädiater sind of­ fiziellen Empfehlungen gegenüber oft skeptisch. Im Tessin, von vielen als «Sonnenstube» der Schweiz betrachtet, sind Kinderärzte überzeugte Vitamin D3-Verschreiber geworden, nachdem sie bei scheinbar gesunden Kindern ohne Risikofaktoren für einen Vitamin D-Mangel, wiederholt Vitamin D-Spiegel unter 50 nmol/l festgestellt hatten. Antwort Es ist inzwischen offensichtlich, dass Vitamin D-Mangel in der Schweiz selbst bei allem Anschein nach gesunden Kindern und Jugendlichen weitverbreitet ist. Das Bundesamt für Gesundheit empfiehlt deshalb einen Zusatz von 400 IE/d an Vitamin D3 (Cholecalciferol) während dem ersten Lebensjahr und 600 IE/d im 2. und 3. Lebensjahr. Für ältere Kinder und Jugendliche (und für Erwachsene bis 60 Jahre) wird ein Zusatz von 600 IE/d nur während den Wintermonaten, der Jahreszeit während welcher die endogene Vitamin D-Synthese ungenügend ist, empfohlen. Ein systematisches Screening des zirkulierenden Vitamin D wird nicht empfohlen. Es ist deshalb hinreichend, wie es unser Kollege vorschlägt, einen entsprechenden Zusatz zu verschreiben. Hingegen ist es sinnvoll, Vitamin D bei Personen zu dosieren, die einem Risiko ausgesetzt sind oder mit einem Vitamin D-Mangel vereinbare Zeichen aufweisen (Tabelle 1). Um die Vitamin D-Reserven beurteilen zu können, muss 25-(OH)-Vitamin D und nicht 1.25-(OH)2-Vitamin D gemessen werden. Leider wird der Vitamin D-Spiegel meist durch immunologische Methoden, von Spezialisten als wenig zuverlässig betrachtet, und nicht durch die als Goldstandard geltende Massenspektrometrie bestimmt. Die Empfehlungen des BAG werden wahrscheinlich sehr schlecht befolgt (v.a. bei älte- Wachstumsschmerzen, verschreiben. Die Bestimmung des Vitamin D-Spiegels oder, einfacher, das Verschreiben von Vitamin D, ist bei rezidivierenden Infekten, Müdigkeit oder depressiven Zuständen gängig geworden. Diese interessanten Erfahrungen sind jedoch (noch?) nicht durch entsprechende Literatur belegt. Korrespondenzadresse und Literaturanforderung [email protected] Ausgeprägter Vitamin D-Mangel kann zu schweren Knochenkrankheiten führen. Bevor es dazu kommt, können Muskel- und Skeletschmerzen auf einen Mangelzustand hinweisen. Es gibt Kinderärzte, die Vitamin D mit Erfolg Kindern mit nicht-entzündungsbedingten Muskel- und Skeletschmerzen, wie z. B. • Rachitisverdächtige klinische oder Laborzeichen • Chronische Nieren- oder Lebererkrankung • Wiederholte pathologische Frakturen • Organtransplantation • Diabetes mellitus • Tragen eines Schleiers oder spärliche Sonnenexposition, Kinder mit dunkler Haut • Autoimmunkrankheit • Malabsorptionssyndrom (z.B. entzündliche Darmerkrankung, zystische Fibrose) • Antiepileptische, Kortison- oder antiretrovirale Behandlung • Knochen- oder Muskelschmerzen (inbegriffen Wachstumsschmerzen) Tabelle 1: Situationen in welchen die 25 (OH) Vitamin D-Bestimmung sinnvoll erscheint. 34