Berichte aus dem Forschungszentrum - Juli 2002

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Deutsche
Bundesbank
Monatsbericht
Juli 2002
Berichte aus dem
Forschungszentrum
Das stabile langfristige CAPM zur
Erklärung der Querschnittsvariation von
Aktienrenditen 1)
Diskussionspapier 05/02
von Jeong-Ryeol Kim
Zentralbanken beschäftigen sich zunehmend
mit den Finanzmärkten. Das gilt nicht nur
wegen ihrer Bedeutung für die Geldpolitik,
sondern auch, weil sie für die Abschätzung
der Risiken von Finanzinstituten eine wichtige
Rolle spielen. Trotz vielfacher theoretischer
und empirischer Kritik ist und bleibt dabei das
Capital-Asset-Pricing-Modell (CAPM) eines der
beliebtesten Instrumente der Analyse auf diesem Gebiet. Es kann zur Quantifizierung des
Trade-off zwischen Risiko und erwarteter
Rendite an den Finanzmärkten dienen. Nach
diesem Modell besteht eine lineare Beziehung
zwischen der erwarteten Rendite einer Aktie
und der des Marktportfolios, die durch das so
genannte Markt-Beta zum Ausdruck kommt.
Im Einklang mit vielen Berichten aus den siebziger und achtziger Jahren über Anomalien
haben sich jedoch in der Literatur Hinweise
auf die schlechte empirische Performance des
herkömmlichen CAPM gehäuft. Zur Verbesserung der empirischen Performance des konventionellen CAPM wurden daher verschiedene Abänderungen vorgeschlagen.
In diesem Papier wird eine Modifikation des
traditionellen CAPM präsentiert, die zur Ver-
1 Das Diskussionspapier ist auf Englisch erschienen und
trägt den Titel: The stable long-run CAPM and the crosssection of expected returns, Discussion paper 05/02, Economic Research Centre of the Deutsche Bundesbank.
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besserung der empirischen Performance des
Preisrigidität, Mark-up und Dynamik
CAPM beitragen soll. Dabei wird berücksich-
der Leistungsbilanz 2)
tigt, dass die Verteilung der Renditen an
Aktienmärkten besser durch eine verallge-
Diskussionspapier 14/02
meinerte paretianische Verteilung abgebildet
von Giovanni Lombardo
werden kann als durch eine Normalverteilung. Zum anderen wird beachtet, dass aus
In dieser Studie wird gezeigt, dass der Grad
dem gemeinsamen stochastischen Trend zwi-
unvollkommenen Wettbewerbs am Güter-
schen zwei Aktienkursen zusätzlich Informa-
markt bedeutende Auswirkungen auf die
tionen über die erwartete Rendite einer Aktie
Preisanpassungsgeschwindigkeit und damit
gewonnen werden können. Dieses Modell
auf die Reaktion der Leistungsbilanz auf
kann als stabiles langfristiges CAPM (SLCAPM)
Schocks (insbesondere nominale Schocks)
bezeichnet werden.
haben kann. Bei Preisrigiditäten führt ein expansiver monetärer Schock zu einer Abwer-
Um die empirische Performance des SLCAPM
tung der Inlandswährung und verbilligt damit
zu demonstrieren, wird die Leistungsfähigkeit
inländische Güter im Vergleich zu auslän-
dieses Modells mit der von einigen bekannten
dischen. Dies hat zur Folge, dass sich die In-
alternativen CAPMs verglichen, wie zum Bei-
lands- und Auslandsnachfrage bis zu einem
spiel dem Book-to-market-CAPM von Fama
gewissen Grad auf inländische Güter verla-
und French und dem bedingten CAPM von
gert. Ob sich die Leistungsbilanz dadurch ver-
Jagannathan und Wang. Es zeigt sich, dass
bessert, hängt von der relativen Elastizität der
das SLCAPM über 60 % der Querschnittsva-
Nachfrage nach Exporten und Importen ab.
riation der Durchschnittsrenditen der Aktien
Diese Elastizitäten wiederum hängen vom
von Unternehmen, die an der New York Stock
Grad der Substituierbarkeit zwischen inländi-
Exchange und der American Stock Exchange
schen und importierten Gütern ab. Die Tatsa-
notiert werden, erklärt. Das ist mehr als die
che, dass diese Güter möglicherweise keine
alternativen Modelle, obwohl bei diesen zu-
vollkommenen
sätzlich unternehmensspezifische Variablen
nicht unbedingt, dass am inländischen Markt
Verwendung finden.
unvollkommener Wettbewerb herrscht: Es
Substitute sind, bedeutet
könnte sein, dass inländische Unternehmen
Die hier vorgeschlagene Modifikation ver-
nicht immer in der Lage sind, diese Differen-
bessert also die empirische Performance des
zierung zwischen inländischen und auslän-
CAPM und kann damit zur besseren Risiko-
dischen Gütern auszunutzen (d. h. daraus Ge-
abschätzung von Portfolios verwendet wer-
winn zu ziehen). Bei dem Wettbewerbsgrad
den.
und den Einfuhr-Ausfuhr-Elastizitäten han-
2 Das Diskussionspapier ist auf Englisch erschienen und
trägt den Titel: Price rigidity, the mark-up and the dynamics of the current account, Discussion paper 14/02, Economic Research Centre of the Deutsche Bundesbank
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delt es sich also um zwei unterschiedliche
Wenn ein Unternehmen beschließt (oder in
Konzepte. Gleichwohl zeigt die vorliegende
der Lage ist), seinen Preis anzupassen, wird es
Arbeit, dass der Wettbewerbsgrad am In-
die erhöhten Produktionskosten im Preis be-
landsmarkt die Reaktion der Leistungsbilanz
rücksichtigen. Dies zeigt also, dass der Wett-
auf Schocks beeinflussen kann.
bewerbsgrad bei im Inland erzeugten Gütern
den Grad (die Geschwindigkeit) der Preisan-
Dieser Mechanismus basiert auf der Tatsache,
passung an monetäre Schocks beeinflusst.
dass der Wettbewerbsgrad den Umfang der
Der Grad der Preisanpassung wiederum wirkt
Preisanpassungen bestimmen kann, wenn
sich auf die „Ausgabenverlagerung“ des in-
nicht alle Unternehmen gleichzeitig ihre
ternationalen Konsums und damit die Reak-
Preise anpassen. Der Umfang der Preisanpas-
tion der Leistungsbilanz auf Schocks aus.
sungen wiederum bestimmt das Ausmaß der
„Ausgabenverlagerung“ und damit die Reak-
Ob die Leistungsbilanzen in Volkswirtschaften
tion der Leistungsbilanz.
mit mehr Wettbewerb tendenziell stärker
auf Schocks (insbesondere nominale Schocks)
Im vorgestellten Modell liegt der Augenmerk
reagieren, ist eine empirische Frage. Tatsäch-
bei der Darstellung des Zusammenhangs zwi-
lich beeinflussen auch andere Faktoren die
schen Wettbewerb und Preisanpassungen auf
Beziehung zwischen Wettbewerb und Preis-
der Rolle von Zwischenprodukten. Es wird
anpassungen und damit die Leistungsbilanz.
gezeigt, dass der Wettbewerbsgrad mit der
Gleichwohl zeigt das Papier, dass die Markt-
Reaktion der Leistungsbilanz auf monetäre
struktur eines Landes (d. h. Wettbewerb und
Schocks invers korreliert ist, wenn produzierte
Preisrigiditäten) ein wichtiger Faktor ist, der
Güter als Produktionsmittel in den Produk-
beachtet werden muss, wenn man die Reak-
tionsprozess eingehen. Herrscht an den
tion der Leistungsbilanz auf Schocks analy-
Märkten unvollkommener Wettbewerb, so ist
siert.
der Anteil der Produktion, der den Produktionsfaktoren zur Verfügung steht, geringer
als bei vollkommenem Wettbewerb. Bei einer
Monetäre Indikatoren und geldpolitische
Technologie, die Vorleistungsgüter einsetzt,
Regeln im P-Stern-Modell
ist der Anteil dieser Güter an der Produktion
proportional zum Wettbewerbsgrad der Wirt-
Diskussionspapier 18/02
schaft: Je mehr Wettbewerb, desto größer
von Karl-Heinz Tödter
der Anteil. Ein größerer Anteil von Vorleistungsgütern bedeutet, dass ein größerer Teil
Dieses Papier diskutiert die Preislücke als Indi-
der in einer Volkswirtschaft vorhandenen Res-
kator für die Inflationsentwicklung, integriert
sourcen zur Produktion dieser Güter einge-
sie in ein kleines monetäres Makromodell,
setzt werden muss, und bei knappen Ressour-
das P-Stern-Modell, und untersucht verschie-
cen erhöht dies die Produktionskosten und
dene geldpolitische Strategien im Rahmen
damit den „effizienten“ Preis der Produktion.
dieses Modells.
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Beim P-Stern-Modell handelt es sich um ein
Schocks auf die reale Güternachfrage, die
Makromodell mit einem gesamtwirtschaft-
Preise oder die Geldnachfrage ausgelöst und
lichen Gütermarkt, einem Geldmarkt und
pflanzen sich dann im System fort.
einer Reaktionsfunktion für die Zinspolitik der
Notenbank. Die Inflation wird von der Preis-
In den letzten Jahren fand die Inflationssteue-
lücke bestimmt. Diese setzt sich aus der Über-
rung viel Aufmerksamkeit. Sie wurde von eini-
schussnachfrage nach Gütern und dem Über-
gen Zentralbanken (wie in Neuseeland, Groß-
schussangebot an Geld zusammen. Zinsände-
britannien und Schweden) eingeführt. Drei
rungen wirken so über zwei Transmissions-
Varianten dieser geldpolitischen Strategie un-
kanäle, den Auslastungsgrad des Produk-
terscheiden sich hinsichtlich der Informations-
tionspotenzials und die Liquiditätsversorgung.
menge, welche für die Notenbank unterstellt
Im Unterschied dazu haben neu-keynesiani-
wird. Bei der direkten Inflationssteuerung
sche Modelle nur einen Transmissionskanal,
orientiert sich die Notenbank an der jüngst
den Auslastungsgrad. Inflation ist darin ein
beobachteten Preissteigerung, während sie
realwirtschaftliches und kein monetäres Phä-
bei der Inflationsprognosesteuerung auf prog-
nomen.
nostizierte Preissteigerungen reagiert. Bei der
optimalen Inflationssteuerung wird zusätzlich
Ausgehend von einer langfristigen Geldnach-
unterstellt, dass sie die genaue Struktur des
fragefunktion werden in dem Diskussions-
Modells kennt. Die letztgenannte Strategie
papier zunächst der Geldüberhang, die Preis-
minimiert im Rahmen dieser Modellbetrach-
lücke und die nominale Geldlücke als mone-
tung zwar die Schwankungen der Inflations-
täre Indikatoren für den Inflationsdruck unter-
raten um das Inflationsziel der Notenbank, sie
sucht. Dann wird das P-Stern-Modell mit
ist jedoch mit größeren Schwankungen des
einem neu-keynesianischen Modell im Hin-
Auslastungsgrades verbunden als die anderen
blick auf Stabilität, Disinflationskosten und
genannten Alternativen.
Effizienz der Geldpolitik verglichen. Dabei
zeigt sich, dass eine stabilitätsorientierte
Manche Autoren empfehlen den Notenban-
Geldpolitik in einem P-Stern-Modell günstiger
ken, sich nicht an der Stabilisierung der Infla-
abschneidet als in einem Modell vom neu-
tion allein zu orientieren, sondern auch anti-
keynesianischen Typ.
zyklisch auf die Schwankungen des Auslastungsgrades zu reagieren, das heißt, einer
Die Analyse geldpolitischer Strategien nimmt
Taylor-Regel zu folgen. Die Bundesbank
heute in der wirtschaftswissenschaftlichen
orientierte sich dagegen am Geldmengen-
Literatur einen breiten Raum ein. Das Dis-
wachstum als Zwischenziel (Geldmengen-
kussionspapier untersucht im Rahmen des
steuerung) und die Europäische Zentralbank
P-Stern-Modells, welche geldpolitischen Stra-
verfolgt eine Zwei-Säulen-Strategie, die am
tegien geeignet sind, die Inflation und den
Geldmengenwachstum und an einer Infla-
Auslastungsgrad zu stabilisieren. Schwankun-
tionsprognose ausgerichtet ist. Wie sich zeigt,
gen dieser Variablen werden im Modell durch
führen diese drei Strategien zu geringeren
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Schwankungen des Auslastungsgrades, der
Strategien vor allem deshalb, weil sie den em-
Zinsen und des Geldmengenwachstums als
pirischen Zusammenhang zwischen der Geld-
die reine Inflationssteuerung.
menge und dem Preisniveau berücksichtigen
und die Wirkungen der Geldpolitik nicht auf
P-Stern-Modelle sind theoretisch und empi-
einen Transmissionskanal, den Zinseffekt auf
risch interessante Alternativen zu den heute
die reale Nachfrage, reduzieren. Die geeig-
verbreiteten neu-keynesianischen Modellen.
nete geldpolitische Strategie hängt dabei
Sie eignen sich zur Analyse geldpolitischer
letztlich vom Zielsystem der Notenbank ab.
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