TWINCORE TWINCORE Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung GmbH Geschäftsführender Direktor und Sprecher: Prof. Dr. Ulrich Kalinke Leiter Experimentelle Infektionsforschung: Prof. Dr. Ulrich Kalinke Leiter Experimentelle Virologie: Prof. Dr. Thomas Pietschmann Leiter Infektionsimmunologie: Prof. Dr. Tim Sparwasser Leiter Zell- und Gentherapie: Prof. Dr. Michael Ott Leiter Infektion und Krebs: Prof. Dr. Tim Greten Tel.: 0511/220027100 • E-Mail: [email protected] • http://www.twincore.de TWINCORE, das Translationszentrum von HZI und MHH TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung GmbH ist eine Gemeinschaftsunternehmung des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Ende 2005 wurde das Gebäude des ehemaligen Max-Planck-Instituts vom HZI erworben. Danach wurden die Räumlichkeiten renoviert, Berufungen vorgenommen und Mitarbeiter rekrutiert. Am 1. August 2008 wurde Prof. Dr. Ulrich Kalinke als geschäftsführender Direktor berufen und bereits am 29. August 2008 konnte die offizielle Einweihung von TWINCORE gefeiert werden. Seit dem 17. Oktober 2008 liegt die Eintragung der TWINCORE GmbH in das Handelsregister vor. Ziel der Neugründung von TWINCORE ist es, die herausragenden Expertisen von HZI und MHH im Bereich der Infektionsforschung in einem gemeinsamen Zentrum unter dem Gesichtspunkt der Translationsforschung zu fördern und weiterzuentwickeln. Dabei soll die „translationale Forschung“ so interpretiert werden, dass einerseits neueste Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung leichter ihren Weg zum Patienten finden und umgekehrt, dass offene Fragen aus der klinischen Praxis zur Kenntnis der Forscher gelangen. Ein wichtiger Teil der Arbeit am TWINCORE ist auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit regulatorischen Fragen im Zusammenhang mit der Genehmigung und Durchführung von klinischen Prüfungen. Insbesondere im Vorfeld früher klinischer Prüfungen treten vermehrt komplexe Fragen auf wie z.B. die Aussagekraft vorklinischer Experimente für die Sicherheit und Effizienz neuer Medikamente bei der Anwendung im Menschen. TWINCORE trägt dazu bei, dass neue Behandlungsoptionen zur Prophylaxe und Therapie von Infektionserkrankungen erarbeitet werden, und dass im Vorfeld der Erprobung neuer Ansätze im Menschen eine solide wissenschaftliche Basis zur Minimierung von Risiken erarbeitet wird. Die Forschung am TWINCORE fokussiert sich auf die Analyse von Erreger-Wirt-Interaktionen. Aus diesen Kenntnissen können sich neue Ansätze zur Inhibition von Erregern und zur Entwicklung neuer Impfstrategien ableiten. Schließlich sollen neue vorklinische Modelle erarbeitet werden. Im Folgenden sind die Forschungsschwerpunkte von TWINCORE kurz skizziert. 792 Forschungsbericht 2008 TWINCORE Forschungsprofil Analyse von Erreger-Wirt-Interaktionen Eine sehr lange Koevolution hat dazu geführt, dass in der Regel Erreger und Wirt komplexe Strategien entwickelt haben, die ein Überleben sowohl der Wirtspopulation als auch die Erregerpopulation erlauben. Auf zellulärer Ebene spielen dabei Mechanismen der intrinsischen Immunität eine Rolle. Am TWINCORE wird untersucht, welchen Einfluss solche Faktoren auf die Wirts- und Gewebespezifität von Erregern wie z.B. das Hepatitis C Virus (HCV) haben. Seit einigen Jahren ist bekannt, dass für die Induktion schützender Immunantworten neben der Erkennung von „Fremd“ auch die Vermittlung von „Gefahrensignalen“ über Mustererkennungsrezeptoren eine zentrale Rolle spielt. Die Analyse zum Einfluss der Aktivierung von Muster-Erkennungsrezeptoren auf die Ausprägung Erreger-spezifischer Immunantworten ist Gegenstand intensiver Untersuchungen. Ein weiterer Fokus ist die Untersuchung der Interaktionen zwischen der angeborenen und der erworbenen Immunität. Dabei werden sowohl akute als auch chronische Infektionsverläufe untersucht. Erreger haben verschiedene Strategien zur Unterwanderung der Wirtsimmunität entwickelt. Es werden Erreger-kodierte Faktoren gesucht, die das Immungeschehen beeinflussen können. Weiterhin wird der Einfluss regulatorischer Zellen auf Infektionsverläufe analysiert. Ein wichtiges Thema ist die Erreger-vermittelte Tumorbildung, da es insbesondere im Fall der chronischen HCV Infektion häufig zur Entwicklung eines Leberkarzinoms kommt. Neue Mechanismen zur Erreger-Inhibition Nach dem Siegeszug der Antibiotika für die Behandlung bakterieller Infektionen sind in den letzten Jahrzehnten wichtige Durchbrüche bei der Entwicklung antiviraler Substanzen gelungen. Am TWINCORE werden neue Wege zur Inhibition der Erreger-Vermehrung gesucht. In Zusammenarbeit mit dem HZI und der Universität Hannover werden Biostoffbanken nach antiviralen und antibakteriellen Substanzen durchsucht. Dafür werden neue Zellkulturmethoden eingesetzt, die es erlauben z.B. gezielt nach der Inhibitoren der HCV Vermehrung zu suchen. Ein weiterer wichtiger Fokus stellt die Suche nach Inhibitoren der bakteriellen Biofilm-Bildung dar, die insbesondere bei chronischen Infektionen auftreten kann. Auch wird nach neuen gentherapeutischen Ansätzen zur Behandlung von Infektionen gesucht. Ferner wird geprüft, ob Erreger-kodierte Immunmodulatoren potentielle Zielstrukturen für neue therapeutische Ansätze darstellen. Neue Impfstrategien In der breiten Öffentlichkeit wird die Schutzimpfung als eine der erfolgreichsten medizinischen Errungenschaften angesehen. Trotzdem gibt es immernoch zahlreiche Erkrankungen, gegen die keine Schutzimpfungen verfügbar ist. Daher werden am TWINCORE neue Impfstrategien entwickelt und u.a. Virus-ähnliche Partikel als Impfvektoren und die spezifische in vivo Beladung mit Antigen von Forschungsbericht 2008 793 TWINCORE spezialisierten „kreuzpräsentierenden“ dendritischen Zellen untersucht. Eine interessante Option stellt die Verstärkung von Immunantworten durch die Beeinflussung regulatorischer T-Zellen dar. Derzeit gibt es noch vergleichsweise wenige zugelassene Adjuvanzien zur Verstärkung von Immunantworten nach Impfung. Am TWINCORE werden neue Adjuvanzien untersucht. Auch wird der Frage nachgegangen, ob Zytokine als natürliche Adjuvanzien für gewisse Impfprotokolle geeignet sind. Ein weiterer wichtiger Fokus ist die Analyse von Mechanismen, die die Induktion lang anhaltender IgG Antworten unterstützen. Neue vorklinische Modelle Neue in der Grundlagenforschung erarbeitete therapeutische oder prophylaktische Ansätze müssen vor der Ersterprobung im Menschen umfangreichen präklinischen Tests unterzogen werden. Am TWINCORE werden neue Modelle entwickelt, die bessere Vorhersagen bezüglich der Reaktionen im Menschen erlauben sollen. Ein wichtiger Fokus unter diesem Gesichtspunkt ist die Humanisierung von Mäusen. Dabei wird einerseits daran gearbeitet, Mäuse mit menschlichen Zellen so zu behandeln, dass sich in den Tieren Komponenten des menschlichen Immunsystems entwickeln. Weiterhin werden Mausmodelle entwickelt, in denen menschliche Vorläuferzellen zur Ausbildung von Lebergewebe beitragen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die genetische Humanisierung über BAC-vermittelte Transgenese. Diese Methode erlaubt z.B. die Expression humaner Rezeptoren auch im Stroma. Weiterhin können in der menschlichen Population exprimierte allelische Formen z.B. von Muster-Erkennungsrezeptoren exprimiert werden, um deren Funktion in einem Tiermodell zu untersuchen. Ein weiterer Aspekt ist die Untersuchung von Effekten, die von den konstanten Anteilen menschlicher Antikörper vermittelt werden. Schließlich ist die Entwicklung von Methoden zur denovo-Generierung von Leberzellen aus menschlichen Vorläuferzellen ein wichtiger Fokus. Derartige Methoden können in der vorklinischen Prüfung eine wichtige Rolle spielen und können eines Tages auch zur Entwicklung neuer Therapeutika beitragen. Arbeitsgruppen 2008 arbeiteten 3 TWINCORE-Arbeitsgruppenleiter am TWINCORE. Diese Arbeitsgruppen werden von Prof. Kalinke, Prof. Pietschmann und Prof. Sparwasser geleitet. Die detaillierten Berichte aus den Arbeitsgruppen finden im weiteren Textteil. Seit dem 1. Januar 2009 ist Frau Prof. Häußler berufen, um in der Zukunft am TWINCORE translationale Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der chronischen bakteriellen Infektionen zu verstärken. Weiterhin bietet TWINCORE translationalen Forschergruppen aus MHH-Kliniken ein optimales Forschungsumfeld. Derzeit sind die Arbeitsgruppen von Prof. Ott und Prof. Greten der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie, von Prof. Manns an das TWINCORE entsandt. Die Berichte dieser Gruppen sind unter Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie aufgeführt. TWINNING-Projekte sind ein wichtiges Instrument, um einzelne Forscher aus MHH-Kliniken oder HZI-Abteilungen in die Arbeit von TWINCORE-Abteilungen zu integrieren. Derzeit gibt es am TWINCORE bereits einige solcher TWINNING-Projekte und es wird angestrebt, in der Zukunft weitere zu etablieren. 794 Forschungsbericht 2008