Spektrale Kodes Chris Schur NASA / ESA / STScI, Robert Williams / HDF Team Kosmische Kryptologie Um das Geschehen in entfernten Ecken des Universums zu entschlüsseln, arbeiten Astronomen wie Geheimdienstler oder Spezialisten eines kriminaltechnischen Erkennungsdienstes. >> Daniel Wolf Savin, Benjamin J. McCall und Kate Kirby W oraus bestehen interstellare Wolken? Welche Eigenschaf­ ten hat die Materie, die super­ massereiche Schwarze Löcher umgibt? Warum strahlen eiskalte Kometen ener­ giereiche Röntgenstrahlung aus? In ko­ dierter Form geben die Spektren der Ob­ jekte die Antworten auf all diese Fragen. Die Spektroskopie – also das Gewinnen und die Analyse von Spektren – ist somit das wichtigste Instrument, das uns zur Erforschung des Universums jenseits ­unseres Sonnensystems zur Verfügung steht (»Detektive des Sternenlichts«, AH Dezember 2004, S. 22). 28 Die Gesetze der Physik besagen, dass jedes Atom und jedes Molekül bei be­ stimmten charakteristischen Wellenlän­ gen Strahlung aussenden (»emittieren«) oder einfangen (»absorbieren«) kann. Astronomen verwenden ein Spektro­ meter, um das Licht eines Himmelsob­ jekts in sämtliche Wellenlängen aufzu­ fächern, aus denen es sich zusammen­ setzt – wie ein Prisma, das das Sonnen­ licht in alle Regenbogenfarben zerlegt. Die Linien, die in dem resultierenden Spektrum sichtbar werden, sind wie ein Fingerabdruck, den man zur Bestim­ mung der an den Strahlungsprozessen be­ teiligten Atome, Ionen oder Moleküle ver­ wenden kann. Doch um einen »Täter« zu überführen, muss sein Fingerabdruck bekannt sein. Seitdem Joseph Fraunhofer sich im Jahr 1814 erstmals mit dem Spektrum unserer Sonne auseinandersetzte, arbei­ ten deshalb Astronomen mit Laborphy­ sikern und Theoretikern zusammen. Nur so können sie es schaffen, die Informa­ tionen, die in kosmischen Spektren ko­ diert sind, richtig zu entschlüsseln. Diese Bemühungen haben in vielen wissen­ schaftlichen Bereichen zu Durchbrüchen geführt – wie zur Entdeckung von Heli­ ASTRONOMIE HEUTE JUNI 2007 Al Nagler Viel von dem, was wir über das Universum wissen, verdanken wir den Spektren von Sternen (links), Galaxien (Mitte) und Kometen wie C/1996 B2 Hyakutake (rechts). Um jedoch Linien in den Objektivprismenspektren eines Sternfelds (links, mit einem Kometen im Zentrum) zu identifizieren, müssen die Astronomen ihre Aufnahmen mit Laborspektren jener Atome oder Moleküle vergleichen, welche die Verursacher dieser Linien sein könnten. Ohne solche irdische Detektivarbeit wären die Muster aus Emission und Absorption, die bei der Aufspaltung des Sternlichts in seine Komponenten sichtbar werden, nicht zu entschlüsseln. um, dem Verständnis, welche Elemente im Urknall entstanden sind, und der Er­ klärung des Lebenszyklus von Sternen. Jedes astronomische Spektrum ent­ hält eine Botschaft. Um sie zu dekodie­ ren, muss man jene Atom-, Molekular-, Nuklear- und Festkörperprozesse verste­ hen, die zum Spektrum beitragen. Die Laborastrophysik ist deshalb so etwas wie der Stein von Rosetta für Astro­ nomen: ein Übersetzungsschlüssel, der die Spektren für uns lesbar macht. Die Forschung auf diesem Gebiet um­ fasst sowohl experimentelle als auch the­ oretische Arbeit – die beiden Bereiche er­ ASTRONOMIE HEUTE JUNI 2007 gänzen, bestätigen oder widerlegen ei­ nander. Die Theorie beschäftigt sich darüber hinaus mit physikalischen Situa­ tionen und Zuständen, die zu extrem sind, um sie im Labor nachzustellen. Erkennungsdienst Physik Experimente hingegen bieten die Mög­ lichkeit, durch Messungen Ergebnisse für Probleme zu erzielen, für die eine theoretische Behandlung zu kompliziert wäre. Ohne diese Arbeit »hinter den Ku­ lissen« wäre es Astronomen nicht mög­ lich, die Spektren von Sternen oder ande­ ren kosmischen Objekten zu interpretie­ ren. Ein paar Beispiele können erklären, wie das Zusammenwirken von Beobach­ tung, Experiment und Berechnung es den Forschern ermöglicht, einigen der faszinierendsten Geheimnisse des Uni­ versums auf die Spur zu kommen. r Fall 1 – Diffuse Interstellare Banden. Die Spektren der Sterne enthalten zahl­ reiche dunkle Linien, die auf Atome in der Sternatmosphäre zurückgehen. Die­ se absorbieren das Licht, das gerade auf dem Weg zu uns ist, bei speziellen Wel­ lenlängen. Im frühen 20. Jahrhundert machten die Astronomen eine erstaun­ liche Entdeckung: Manche jener Absorp­ > 29 deckt. Sie sind breiter als normale Linien und erscheinen in fotografischen Spek­ tren unscharf oder diffus. Daher werden sie auch als Diffuse Interstellare Banden (DIBs) bezeichnet. Folgebeobachtungen wiesen die Exis­ tenz hunderter DIBs nach – und ergaben außerdem, dass diese vermutlich von großen, wahrscheinlich organischen – also kohlenstoffhaltigen – Molekülen stammen. Doch wir haben immer noch nicht die geringste Ahnung, um welche kül, das für ein DIB verantwortlich sein könnte, nehmen seinen »Fingerabdruck« im Labor und prüfen, ob er mit jenem im beobachteten Spektrum übereinstimmt. Die Kriterien, nach denen die Moleküle für diese Untersuchungen ausgewählt werden, beruhen dabei auf unserem be­ schränkten Wissen über die chemischen und physikalischen Bedingungen in dif­ fusen interstellaren Wolken – und auf al­ len weiteren Informationen über das Spektrum eines bestimmten Moleküls, Trotz enormen Aufwands blieb die Suche der Wissenschaftler nach den »Banden-Mitgliedern« bis heute erfolglos Moleküle es sich handelt! Das ist sehr er­ staunlich, wenn man bedenkt, dass die meisten anderen Fragen, die die Astro­ nomen vor achtzig Jahren beschäftigt ha­ ben, schon längst beantwortet sind. Die Vorgehensweise bei der Suche nach der Lösung dieses Rätsels ist dabei eigentlich recht simpel: Die Wissen­ schaftler wählen ein bestimmtes Mole­ derer wir auf irgendeine Weise habhaft werden können. Hier korrekt zu »raten« ist nicht leicht: Bis heute waren die Wis­ senschaftler erfolglos. Das Aufinden des richtigen Moleküls erfordert außerdem, dass wir im Labor annähernd interstella­ re Bedingungen herstellen. Eine der Forschungsgruppen, die sich mit den Spektren potenzieller DIB-Kan­ die Spektren von Sternen in Feldern wie diesem Hunderte von Absorptionslinien – und manche stammen offenbar von interstellaren Wolken. Fast neunzig Jahre nach ihrer Entdeckung sind diese Diffusen Interstellaren Banden (DIBs) immer noch keinem Stoff zugeordnet. Wissenschaftler an der University of Illinois (kleines Bild, links) untersuchen das Laborspektrum von C+60, einem möglichen Trägermolekül bestimmter DIBs. Das kleine Bild rechts zeigt ein »bereinigtes« DIB-Spektrum ohne die ­zusätzlichen Absorptionslinien des Sterns oder der Erdatmosphäre. << Diffuse Interstellare Banden Sternfeld: José Fernandez García; kleine Fotos: Benjamin Mc Call, U. Illinois Spektrale Kodes > tionslinien stammen von Wolken aus Gas, die zwischen uns und den Sternen liegen. Diese diffusen interstellaren Wol­ ken haben nur ein Milliardstel von einem Milliardstel der Dichte der Erdatmo­ sphäre, doch wegen ihrer enormen Grö­ ße können sie die Masse von zehntau­ send Sonnen erreichen. Auf die spektroskopische Arbeit in den Labors aufbauend, konnten die As­ tronomen einige dieser Spektrallinien identifizieren. Sie fanden heraus, dass die Linien von Atomen wie Natrium, Kalium oder Titan und von kleinen, koh­ lenstoffhaltigen Molekülen stammten. In jüngster Vergangenheit haben Wis­ senschaftler auch größere Moleküle nachgewiesen. Angesichts solcher Fort­ schritte sollte man meinen, dass diese in­ terstellaren Wolken heute schon gut ver­ standen sind. Dem ist aber nicht so. Eine nicht unbe­ deutende Anzahl dunkler Stellen in den Spektren der Sterne konnte bis heute nicht identifiziert werden. Die ersten zwei dieser rätselhaften Linien wurden im Jahr 1919 von Mary Lea Heger am Lick Observatory in Kalifornien ent­ Erscheint ein Sternfeld röter, als es eigentlich sollte – wie bei diesem hier zwischen den Plejaden (M 45, links im großen Bild) und dem California-Nebel (NGC 1499) –, wissen die Astronomen sofort, dass sich Staub und Gas zwischen uns und den Sternen befindet. Tatsächlich zeigen 30 ASTRONOMIE HEUTE JUNI 2007 Komissar Zufall – bitte kommen! Überall auf der Welt werden ähnliche Laborexperimente mit möglichen inter­ stellaren Molekülen durchgeführt. Doch trotz des enormen Aufwands sowohl auf Seiten der Laborwissenschaftler als auch der Astronomen blieb die Suche nach den Stoffen, die DIBs erzeugen, bis heute erfolglos. r Fall 2 – Röntgenstrahlung von Kome­ ten. Einer der spannendsten Aspekte der Astronomie ist wohl die Entdeckung un­ vorhergesehener Phänomene. Ein Bei­ spiel: Seit den 1950er Jahren wissen wir, dass Kometen Klumpen aus Eis und Staub sind, die auf lang gezogenen Bah­ ASTRONOMIE HEUTE JUNI 2007 2ELATIVE)NTENSIT£T oben: Harvard-Smithsonian CfA; Diagramm: S & T, nach: Vasili Kharchenko et al., Astrophysical Journal; rechts (Hyakutake): Akira Fujii didaten beschäftigt, ist die von Benjamin McCall an der University of Illinois. Sein Team ist gegenwärtig damit beschäftigt, das Spektrum des ionisierten Moleküls C+60 zu ermitteln, das eine fußballähnliche Form hat und ein heißer Kandidat für zwei DIBs im nahen Infrarot ist. Um die­ se Ionen herzustellen, erhitzen die Wis­ senschaftler in einem Ofen neutrales Ful­ leren, C60 , in seinem festen Zustand auf 650 Grad Celsius. Es verdampft, das ent­ stehende Gas dehnt sich aus und gelangt durch eine winzige Öffnung in eine Va­ kuumkammer. Dabei kühlen die Mole­ küle auf minus 243 Grad ab, was in etwa den Temperaturen im interstellaren Weltraum entspricht. Zuvor wird das Gas durch eine Hochspannungsentla­ dung ionisiert – ähnlich wie in einer Ne­ onröhre –, und dabei entsteht C+60. McCalls Forschungsgruppe verwen­ det dann eine ausgeklügelte Technologie auf Laserbasis, die »Cavity Ringdown«Spektroskopie, um Absorptionslinien zu untersuchen: Zwei besonders gut reflek­ tierende Spiegel werden so aufeinander ausgerichtet, dass zwischen ihnen ein Hohlraum entsteht, der die potenzielle DIB-Trägersubstanz enthält – in diesem Fall C+60. Laserlicht mit regelbarer Wellenlänge wird nun von hinten durch einen der Spiegel geleitet und dann zwischen den Spiegeln hin- und hergeworfen. Dadurch legt der Laserstrahl im Hohlraum mehre­ re Kilometer innerhalb des Gases zurück. Wenn die Forscher die Wellenlänge des Lasers verändern, variiert auch der Grad, in dem das Licht vom Gas gedämpft wird, und das Absorptionsvermögen des DIB-Kandidaten wird auf diese Weise gewissermaßen »abgetastet«. / 2µNTGENEMISSION VON+OMET -C.AUGHT(ARTLEY $ATEN -ODELL / / .E %NERGIEDER0HOTONEN%LEKTRONVOLTE6 Heiße Strahlung von kalten Kometen? Wie soll es möglich sein, dass eisige Schweifsterne wie Hyakutake (großes Foto rechts) und McNaught-Hartley ­(Diagramm) hochenergetische Röntgenstrahlung aussenden? Die Erklärung liegt in Wechselwirkungen mit den schnellen Ionen des Sonnenwinds. Auf Basis dieses Mechanismus erzielen Laborastrophysiker und Theoretiker wie Vasili Kharchenko, Alex Dalgarno und Kate Kirby (oberes Foto, v. l. n. r.) eine viel versprechende Übereinstimmung zwischen dem Modell (rote Kurve) und Daten von Chandra (blaue Punkte). nen um die Sonne kurven (AH Mai 2004, S. 28). Wir können sie sehen, weil sie das Sonnenlicht reflektieren. Niemand hätte erwartet, dass derart kalte Objekte ener­ giereiche Röntgenstrahlung aussenden – denn diese ist normalerweise ein sicheres Zeichen für hohe Temperaturen. Doch genau das beobachtete ein Team um Ca­ rey Lisse von der Johns Hopkins Univer­ sity in Baltimore 1996 mit dem Satelliten Rosat beim Kometen Hyakutake (siehe Foto oben) während seines nahen Vor­ beiflugs an der Erde. Seitdem haben die Astronomen auch bei vielen anderen Schweif­sternen Röntgenstrahlung ent­ deckt. Ihr Ursprung war anfangs ein Myste­ rium. Röntgenstrahlung wird normaler­ weise von Materie geschluckt oder durchgelassen – Reflexion oder Streuung spielen so gut wie gar keine Rolle. Au­ ßerdem war die beobachtete Intensität viel zu stark, als dass sie durch reine ­direkte Reflexion der Röntgenstrahlung von der Sonne zu erklären wäre. Den Astronomen war klar, dass des Rätsels Lösung in den Spektren der Ko­ meten zu suchen war. Doch die Instru­ mente an Bord von Rosat hatten nur ge­ ringe spektrale Auflösung. Die Fingerab­ drücke, die der Satellit liefern konnte, waren für diesen Zweck einfach nicht gut genug. 1997 äußerte Tom Cravens von der University of Kansas die Vermutung, dass der Sonnenwind (AH Juli/August 2004, S. 24) etwas mit dem Phänomen zu tun haben könnte. Er besteht aus Elektro­ nen, ionisiertem Wasserstoff und Helium sowie Spuren anderer ionisierter Ele­ mente wie Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff. Der Strom kommt direkt von der Sonne. Cravens erkannte, dass jedes dieser Ionen gewissen Molekülen in der > 31 telten, wo in den Atomen die Elektronen dabei landen, mit welchen »Sprüngen« sie anschließend weiter nach innen hüp­ fen und welche Wellenlängen die resul­ tierende Röntgenstrahlung haben sollte. Satelliten-Interpol 1999 wurden die beiden Röntgen-Satel­ liten Chandra und XMM-Newton von Nasa und Esa gestartet. Diese Satelliten waren mit Spektrometern ausgestattet, deren Auflösung ausreichte, um die Fin­ gerabdrücke klar sichtbar zu machen. Mit zusätzlichem Archivmaterial vom Extreme Ultraviolet Explorer (EUV) und theoretischen Modellen konnte das Rät­ sel der Kometen schließlich gelöst wer­ den: Die Quelle ihrer Röntgenstrahlung war tatsächlich der Sonnenwind. So weit, so gut – aber da gab es immer noch auffällige Unterschiede zwischen beobachteten und errechneten Kometen­ spektren. Erklärbar wäre das mit einer Unvollständigkeit der Modelle. Trifft dies zu, könnte man die Unterschiede nutzen, um komplexere und damit ge­ nauere Modelle zu entwickeln. Doch die Ursache könnten auch Fehler im verwen­ deten atomaren Datenmate­rial sein. Eine der Forschergruppen, die sich der Herausforderung stellten, die theore­ tischen Atomdaten experimentell zu ei­ chen, war jene von Ara Chutjian am Jet Propulsion Laboratory der Nasa (JPL) in Aktive Galaktische Kerne Der Test Storage Ring am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg (b, c und d) ist das ideale Instrument, um die Zusammenstöße von Atomen in AGNs zu unter­ suchen. Um die Rekombination von Elek­ tronen bei niedrigen Energien zu studieren, werden Ionen eingeleitet (b, rechts unten) und dann im Uhrzeigersinn entlang dem 55 Meter langen Ring geführt und gebündelt. Die orangefarben lackierten Di­polmagnete biegen den Strahl, die roten Quadrupolmagnete (Foto b) fokussieren ihn. Unter dem Gerüst links im Bild findet der Einschuss des Elektronenstrahl statt. Das Chandra-Röntgenspektrum der aktiven Galaxie NGC 3783 (e) zeigt zahlreiche Absorptionslinien von ionisierten Sauerstoff-, Neon-, Magnesium- sowie Eisen­ atomen. Das beobachtete Absorptionsspek-trum (blau) wird vom Labormodell (rot) gut wiedergegeben – mit Ausnahme des Bereichs zwischen 1,5 und 1,7 Nanometern, wo das Modell noch unsicher ist. 32 a S & T, Casey B. Reed In den strahlend hellen Kernen aktiver Galaxien (a) verbergen sich supermassereiche Schwarze Löcher. Der Großteil der energiereichen Strahlung dieser AGNs (Active Galactic Nuclei) wird in entgegengesetzt gerichtete Jets gebündelt, die sowohl aus Strahlung als auch aus schnellen Teilchen bestehen. Ihre Röntgenspektren sind extrem komplex. Ein AGN ist von derartig hoher Leuchtkraft, dass er die mehrere hundert Milliarden Sterne seiner Muttergalaxie überstrahlen kann. b MPI für Kernphysik, Heidelberg Spektrale Kodes > Koma eines Kometen – etwa neutralem Wasser oder Kohlendioxid – ein Elektron entreißen könnte. Diese Elektronen wür­ den zwar von den Atomen wieder einge­ fangen, landeten jedoch zunächst auf Bahnen, die weit weg vom Atomkern lie­ gen. Aus diesen äußeren Bereichen wür­ den sie dann weiter »nach innen sprin­ gen« und dabei Röntgenphotonen aus­ senden. Bald darauf berechneten Vasili Khar­ chenko und Alex Dalgarno vom Har­ vard-Smithsonian Center for Astrophy­ sics (CfA) in Cambridge, Massachusetts, die ersten theoretischen Röntgenspekt­ ren auf der Grundlage eines solchen Son­ nenwind-Elektroneneinfangs. Sie ermit­ ASTRONOMIE HEUTE JUNI 2007 Instrument registrierte nun die Röntgen­ strahlung, die durch den Elektronen­ einfang erzeugt wurde. Die so gewon­ nenen Daten sind die Grundlage für eine Überprüfung der Theorien. Außerdem helfen sie den Astronomen dabei, die Li­ nien in den Röntgenspektren der Kome­ ten zu identifizieren. Erfolgreiche Rasterfahndung Durch Kombination theoretischer Be­ rechnungen und Labordaten konnten die Wissenschaftler Modelle erstellen, die die Röntgenspektren der Kometen recht gut erklären. Die Übereinstimmung ist noch nicht perfekt, und es gibt immer noch ei­ nige Probleme; doch die Forscher sind auf diese Art einem völlig neuen Weg, Röntgenlicht zu erzeugen, auf die Spur gekommen. So scheint der SonnenwindElektroneneinfang auch für einen Teil der energiereichen Strahlung ver­antwortlich zu sein, die von Mars, Jupiter oder der Erde selbst stammt. Der Prozess ist im Sonnensystem stärker verbreitet als ur­ sprünglich vermutet. Künftige Röntgen­ teleskope, verbesserte Rechnungen und eine größere Anzahl an Labormessungen könnten unter Umständen einmal die Untersuchung des Sonnenwinds auf Grundlage der Röntgenspek­tren der Ko­ meten ermöglichen. r Fall 3 – Aktive Galaktische Kerne. Die experimentelle Astrophysik aus dem La­ > S & T, nach: H. Netzer, Tel Aviv U. Kalifornien. Die Grundlage für ihre Experimente bildete ein Mikrowellengene­ rator ganz ähnlich jenen, die in Mikro­ wellenherden verwendet werden. Die Wissenschaftler erhitzten atomare Teil­ chen auf die typischen Temperaturen in der Sonnenatmosphäre und erhielten so Ionen, die jenen im Sonnenwind glichen. Dann beschleunigten sie diese Ionen auf die Geschwindigkeit des Sonnen­ winds: etwa dreihundert bis siebenhun­ dert Kilometer pro Sekunde. Der so er­ zeugte Strahl wurde durch eine Zelle ge­ leitet, die Wasser oder Kohlendioxid enthielt – also jene zwei Moleküle, die den Großteil aller von Kometen abdamp­ fenden Stoffe ausmachen. Ein spezielles RELATIVE)NTENSIT£T e 2µNTGENSPEKTRUMVON.'# -ESSWERTE -ODELL 7ELLENL£NGE.ANOMETER c Elektronenkühler Dipolmagnete Dipolmagnet Detektor Ionenspeicherring TSR Ionenstrahl Ionen mit der ursprünglichen Ladung bleiben auf ihrer Umlaufbahn im Ring gespeichert Elektronenstrahl Elektronenkühler d Ionenstrahl T S & H /A ASTRONOMIE HEUTE JUNI 2007 Elektron-IonRekombination Teilchenkarussell Im TSR des MPI-K rasen Eisenionen mit 100 Millionen Kilometer pro Stunde im Kreis (c). Im Elektronenkühler (d) wird der Strahl mit einer bekannten Menge an Elektronen gemischt. Rekombinieren sie mit einem Ion, fliegt dieses aus dem Ring und wird im Detektor registriert. So lässt sich die gesuchte Rekombinationsrate präzise bestimmen. > 33 Wissen Sie, welche Vorteile ein Abo hat? Präsent zur Wahl! Abonnieren >>> Sie zahlen im Inland nur € 56,– für das Jahresabonnement von ASTRONOMIE HEUTE (10 Ausgaben). Als Schüler, Student, Azubi, Wehr- oder Zivildienstleistender zahlen Sie auf Nachweis sogar nur € 50,–. >>> Unter www.astronomie-heute.de/archiv haben Sie freien Online-Zugriff auf alle Hefte im Volltext seit der Erstausgabe. >>> Für Ihre Bestellung bedanken wir uns mit einem Präsent Ihrer Wahl. Empfehlen Jahresabo spektrumdirekt. Die tägliche Wissenschaftszeitung im Internet mit über 16 000 Archivartikeln und vielen Links Sie haben uns einen neuen Abonnenten vermittelt? 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Heute omie ronom ronomie ronom Heute ie te om Heute te Heute omie Heute Heute Ast Heute Heute Ast te Astron ron omie te Ast om omie te Ast Astron Astronom Ast omie te Ast te Astron e Heu omie ie Heu Astron te Ast te omie omie Heute ie ie ie Heu Astron te Astron ie Heu Astron Astron ronom Astron te Heute ie Heu Heute omie ronomie Heu ie Heu ie Heu ro Astron Astronom Astron Astronom Heute Heu Heute stronom Astronom ronomie Heu Heute ie Heute omie om ie Heu te Ast ronom Astronom te omie Astron omie Heute ie Heute te Ast Ast omie omie omie te Ast om ronom Astron Astron ie Heu ie Heu omie Heute Heute Ast te Astron te Astron te ie Heu om Heute Astron Astron Astron Heute ie Heu ie Heute omie Astron ronom Astronom ie Heute Heute Ast Heute ie Heute Astron ie Heu ie Heu ie Heu Astron Astronom ronomie ronomie ie Heu om Heute ie Heute Heute Heute Heute Ast omie omie Astron Astronom om ronom te om te ronom Heute te omie omie omie omie te Ast ronom Astron te Astron om ie te te Ast te Astron te Astron omie ie Heu omie Heu ie Heu ie Heute te Ast Heute Ast te Astron te Ast Astron Astron Astron Astron Astronom ie Heu te Ast Astron ie Heu ie Heu ronom om Astron ronom ie Heu ie Heu Heu mie Heu ie Heute ie Heu omie Heu ie Heute Astron Astronom ie Heu te ronom Astronom Astronom ronom ronomie Heute omie Heute Heu Heute te Ast te Astron om Heute Heute Ast om ie ie ie ie te Ast Heu Ast ie ron om ron om Heu ron ron | 69126 te te Ast Spektrum Wissenschaft mbH | Slevogtstraße Ast Ast Ast3–5 omie ronom Astronom Astronom ronom ie Heu ronomderron omie Verlagsgesellschaft Astron omie ie Heu te Ast Astron Heute ie Heu omie Heu Heute Heute Heute Heute ronom te Ast Heute Heute Ast Heute Ast Heute te Ast te Ast te Astron Astronom ronomie omie Astron omie ie Heu te ronom Heute omie omie omie omie Astron ie ie te Ast te Ast ie Heu Heidelberg | Tel 06221 [email protected] ie Heu ie Heute te9126-743 omie Astron Ast| ron ronom Astron 9126-751 Ast | Fax 06221 Heu mie Heu omie Heu Heute ron ron He ron 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omie nom mie Heu mie Heu Heu ie Heu tronom Heute Heute Heute A tron >> Wir wurden beauftragt, Ihnen ASTRONOMIE HEUTE ab sofort zu liefern. Das Abonnement ist ein Geschenk von Verschenken Verschenken Sie ein Jahr Lesevergnügen! Das erste Heft des Abonnements verschicken wir mit einer Grußkarte in Ihrem Namen. Wir wünschen Ihnen viel Freude mit der Zeitschrift. Ihr Leserservice www.astronomie-heute.de Abonnieren und profitieren Sie gleich unter: Wissen aus erster Hand w w w. a s t r o n o m i e - h e u t e . d e / a b o Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH | Slevogtstraße 3–5 | 69126 Heidelberg | Tel 06221 9126-743 | Fax 06221 9126-751 [email protected] > bor hilft uns auch dabei, das Wesen Schwarzer Löcher zu verstehen. Diese Objekte gehören zu den wohl exotischs­ ten, die man kennt. Sie verbiegen die Raumzeit und erzeugen dabei jede Men­ ge Röntgenstrahlung. Teilchen werden in ihre Schwerkraftstrudel gezogen, wir­ beln auf das Loch zu und strahlen dabei energiereiche Photonen ab. Die intensive Strahlung trifft auf das umgebende Ma­ terial und entreißt den Atomen ihre Elek­ tronen – ein Gas aus freien Elektronen und Ionen entsteht. Um die unmittelbare Umgebung eines Schwarzen Lochs zu verstehen, braucht man also exaktes Wis­ sen um die Wechselwirkungen zwischen Elektronen und Ionen. Extrem massereiche Schwarze Löcher verbergen sich in den Zentren aktiver Ga­ laxien – wie Quasare oder Blazare. Diese Aktiven Galaktischen Kerne (AGNs, von: Active Galactic Nuclei, siehe Kasten auf S. 32) senden so viel und so energiereiche Strahlung aus, dass sie manchmal das Licht der Galaxien, die sie beherbergen, überstrahlen – und das sind jeweils hun­ derte Milliarden Sterne. Die Röntgen-Satelliten Chandra und XMM-Newton gewährten den Astrono­ men wichtige Einblicke in die extremen Bedingungen, die nahe den AGN-Zentren herrschen. So zeigen von beiden Satelliten aufgenommene Spektren beispielsweise mysteriöse Strukturen in den Winden, die man in der Umgebung der zentralen Schwarzen Löcher beobachtet. Doch wir können die physikalischen Eigenschaften dieser Regionen nur schwer berechnen, da wir über jene Elektron-Ion-Kollisionen, die die beobachteten Spektren erzeugen, nur wenig wissen. Neueste Röntgenbeobachtungen las­ sen darauf schließen, dass das Eisen in den AGN-Winden weniger stark ioni­ siert ist als bisher angenommen. Kom­ plexe Computermodelle sind aber unse­ re einzige Möglichkeit, auf Grundlage der AGN-Messungen das Gleichgewicht zwischen Ionisation und Rekombination zu berechnen. Dieses Gleichgewicht be­ stimmt nämlich den mittleren Ionisati­ onsgrad des Gases. Hagai Netzer von der Tel Aviv Univer­ sity hat kürzlich die Theorie vorgestellt, dass die Annahme zu niedriger Rekombi­ nationsraten des Eisens für die Unter­ schiede zwischen den Beobachtungen und den Modellen verantwortlich sein könnte. Berücksichtigte man dies in den ASTRONOMIE HEUTE JUNI 2007 Modellen, so würden sie besser mit den Beobachtungen übereinstimmen. Die meisten verwendeten Rekombi­ nationsraten gehen auf Ergebnisse quan­ tenmechanischer Rechnungen zurück. Doch mehr als achtzig Jahre nach den fundamentalen Arbeiten von Heisen­ berg, Schrödinger und Co. können theo­ retische Atomphysiker viele Kollisions­ prozesse heutzutage immer noch nicht verlässlich berechnen. Dies demonstriert eindrucksvoll die Komplexität der mo­ dernen Physik – und zeigt ebenso, wie wichtig verlässliche Messwerte aus dem Labor sind, um die theoretischen Resul­ tate zu überprüfen. Mit Hilfe von Anlagen wie dem Spei­ cherring für schwere Ionen (»Testspei­ cherring«, TSR) am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg (MPI-K) her verwendeten theoretischen Raten of­ fenbar wirklich zu niedrig sind. Die ak­ tuellen Ergebnisse aus dem Labor kön­ nen nun in die Modelle eingepflegt werden und so zu einem besseren Ver­ ständnis der Umgebung der zentralen Schwarzen Löcher beitragen. Mit jeder neuen Teleskop- und Detek­ torgeneration verbessern sich sowohl die räumliche als auch die spektrale Auflö­ sung. Schon allein deshalb muss man jene physikalischen Prozesse, die den be­ obachteten Spektren zu Grunde liegen, immer besser und genauer verstehen. Die Laborastrophysik ist ein interdiszi­ plinäres Feld, das Bereiche der Physik, Chemie und Astronomie umfasst. Sie ist die Grundlage für viele Aspekte der As­ tronomie. Leider haben Kürzungen der Fördermittel die dafür vorgesehenen Neueste Messungen vom TSR zeigen, dass die bisher verwendeten theoretischen Werte offenbar wirklich zu niedrig sind! untersuchen experimentelle Astrophysi­ ker direkt hier auf der Erde die gleiche Art von Kollisionen, wie sie in AGNs vorkommen. Die Forschung am TSR ist eine Zusamenarbeit der Gruppen um Andreas Wolf vom MPI-K, Alfred Müller von der Uni Gießen und Daniel Wolf Sa­ vin von der Columbia University, New York City. In dem TSR-Experiment (Foto S. 32 und Grafiken S. 33) wird zunächst ein Strahl negativ geladener Eisenionen beschleunigt und durch eine dünne Folie geleitet. Die Kollisionen innerhalb der Folie entreißen den Eisenatomen Elek­ tronen, wodurch ein Strahl positiv gela­ dener Eisenionen entsteht. Je mehr Elek­ tronen dabei verloren gehen, desto höher ist der Ionisationsgrad des Eisens. Der Strahl wird dann mit einer Ge­ schwindigkeit von etwa zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit in den TSR eingeleitet. An einem bestimmten Ab­ schnitt treffen die Ionen auf einen Elekt­ ronenstrahl, mit dem sie sich entlang ei­ ner Strecke von etwa eineinhalb Metern vermischen. Und genau dort passieren Zusammenstöße zwischen Elektronen und Ionen, die jenen in AGNs gleichen. Mit dem TSR können die Wissen­ schaftler nun die grundlegenden Rekom­ binationsraten für Eisen bestimmen. Jüngste Messungen zeigen, dass die bis­ Budgets drastisch eingeschränkt, und das gefährdet dringend benötigte For­ schungen auf diesem wichtigen Gebiet. Wir werden auch künftig mit immer neuen kosmischen Rätseln konfrontiert werden. Das wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass wir immer wei­ ter in den Kosmos hinaussehen – dank neuer, kostspieliger Observatorien so­ wohl auf der Erde als auch in der Erdum­ laufbahn. Doch nur durch kontinuier­ liche Investitionen in die Laborastro­ physik werden die Astronomen dafür gerüstet sein, diese Rätsel zu lösen und das bestmögliche wissenschaftliche Ver­ ständnis aus ihren Beobachtungen zu ­gewinnen. << Daniel Wolf Savin ist Physiker an der Columbia University. Er studiert die Wechselwirkungen zwischen Elektronen und Ionen in AGNs. Benjamin J. McCall ist Chemiker und Astronom an der University of Illinois. Sein Spezialgebiet ist die Erstellung laserbasierter Spektren potenzieller DIB-Träger und anderer Moleküle. Kate Kirby ist theoretische Physi­ kerin am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und untersucht die Röntgenemis­ sionen von ionisierten Plasmen. Links und Verweise zu diesem Artikel unter astronomie-heute.de/artikel/869916 35