Ausrüstung Individuelle Behandlung Universelle Heiz- und Kühlsysteme für Mehrproduktanlagen Mehrproduktanlagen – meist BatchProzesse – erfordern häufige Verfahrens- und Rezepturänderungen. Daher sind apparative und installationstechnische Variationsmöglichkeiten unbedingt notwendig, um schnell, flexibel und ohne große Umrüstungen auf Kundenwünsche reagieren zu können. Besonderes Augenmerk gilt der Auslegung der Heiz- und Kühltechnik. N ur ein weit angelegter Temperaturbereich sowie die Möglichkeit, die einzelnen Anlagenteile individuell thermisch anzusteuern, gewährleisten Reproduzierbarkeit und eine einheitlich gute Qualität der gewünschten Produkte. Chemisch-pharmazeutische Produkte werden zum großen Teil in Rührbehältern im Batch-Verfahren hergestellt. Für die Rührkesselanlage sollte – insbesondere bei Mehrproduktanlagen – ein Heiz- und Kühlsystem vorgesehen werden, das eine nahtlose Temperaturführung über einen weiten Bereich erlaubt. Dabei sollte es ein gutes Regelverhalten zeigen sowie Möglichkeiten zu Energieeinsparungen bieten. Darüber hinaus müssen auch verschiedene andere Anlagenteile mit Heizund Kühlmöglichkeiten versehen werden. Separate Kreisläufe: Temperieren mit Köpfchen Um diese Aufgabe zu lösen, ist es sinnvoll, ein Wärmeträgerumlaufsystem mit individuellen Heiz- und Kühlkreisläufen einzusetzen. Eine Kälteanlage versorgt dabei zwei Systeme mit der Komponente Autoren: Ralf Schmidt, Proserve Industrieplanung; Bernd Thier, Ing.Büro IBT 24 Bild 1: Sekundärkreislauf für Reaktor mit Steuer- und Regelstation „kalt“: das Heiz- und Kühlsystem für den Kessel sowie ein eigenes Umlaufsystem für die peripheren Anlagenteile. Bei mehreren Reaktoren wird die Kalt-Komponente mit Hilfe zentraler Anlagen über so genannte Energieschienen eingespeist. Zur Temperaturführung der Prozesse dienen Druckflüssigkeitsumlaufsysteme, die aus primären Heiz- und Kühlkreisläufen mit den drei verschiedenen Energieschienen „heiß“, „kühl“ und „kalt“ sowie den Sekundärkreisläufen am Reaktor bestehen. Dieses System kann durch integrierte Kälte-Solekreisläufe ergänzt werden, sofern tiefere Temperaturen erforderlich sind. Als Wärme-Kälteträger wird dabei nur ein Medium benutzt, das mit N2 überlagert wird (Drucksystem). Bild 1 zeigt einen Sekundärkreislauf zur Bild 2: Kühlsystem (Kühl/Kalt) für Wasserring-Vakuumpumpenanlage Temperierung eines Reaktors (R) , der mit Hilfe einer Inlinepumpe aufgebaut wird. In den Kreislauf gelangen aus den Vorlaufschienen (heiß/kühl/kalt) Wärmeträgermedien mit konstanter Temperatur und konstantem Druck über gesteuerte Einlassventile. Die Regelung übernimmt die Temperaturkaskade (Führungs- und Folgeregler), die auch die Ausschleusung durch die jeweiligen Rücklaufschienen sicherstellt und damit eine weitgehend optimierte energetische Aufteilung gewährleistet. Dabei kann die Rücklaufsteuerung sowohl synchron geschaltet sein – das heißt Ein- und Auslassventile arbeiten im gleichen Takt – als auch durch die Temperatur des Rücklaufs gesteuert werden. Die Feinregelung zur genauen Temperaturfüh- Pharma + Food 4/2001 Ausrüstung werden weitgehend energetisch aufgeteilt und damit die enthaltene Energie wieder genutzt. Für die Destillationsaufbauten lässt sich eine Druckreduzierung erzielen. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass im Zwischenkreislauf das Wärmeträgermedium ausgetauscht werden kann. Darüber hinaus verhindert das geschlossene Kreislaufsystem mit Stickstoff-Überlagerung die Korrosion der Anlagenteile. Eine kompakte Steuer- und Regelstation sorgt für eine präzise Komponentendosierung und Feinregulierung durch das Dreiwege- Kompakt Temperiersysteme für Mehrproduktanlagen Bild 3: Sekundärkreisläufe (Kühl/Kalt) für Destillations-Aufbauten (drucklos) rung des Prozesses übernimmt das Dreiwegestellventil, das im Sekundärstrom eingebaut ist und je nach Regleranforderung periodisch Heiß-, Kühl- oder Kaltkomponenten eindosiert. Zur Kühlung der Destillationsaufbauten aus Glas oder Grafit – etwa Kondensatoren, Kühler, Kühlfallen, Vakuumeinrichtung – werden eigene Kühl-Kalt-Kreisläufe installiert, um die Apparaturen nahezu drucklos ansteuern zu können (Bild 3). Mit Hilfe der Inlinepumpen P1 und P2 sowie der Wärmeübertrager W1 und W2 werden Kühl- bzw. Kaltkreisläufe aufgebaut, die aus dem Primärsystem der Monofluidanlage gespeist werden. Auf der Sekundärseite werden die Anlagenteile der Destillationsaufbauten versorgt. Ein Membran-Ausdehnungsbehälter (B) mit einer N2-Beaufschlagung von 1,5 bar ermöglicht den nahezu drucklosen Betrieb der Anlage. Ein weiterer Vorteil dieser Anlage ist, dass verschiedene Wärmeträgermedien eingesetzt werden können. So kann zum Beispiel bei wasserunverträglichen Produkten ein neutrales Medium verwendet werden. Über die Komponentenfahrweise (kühl/ kalt) werden mit Hilfe der Steuerund Regelstation je nach Temperaturregelung Kalt- oder Kühlmedien eingefahren und entsprechend wieder ausgeschleust. Die Feinregulierung übernimmt das Dreiwegestellventil. Somit können für die verschiedenen Anlagenteile der Destillationsaufbauten unter- 26 schiedliche Temperaturen zwischen –20 °C und 40 °C gefahren werden. Bild 2 zeigt den Sekundärkreislauf des Kühlsystems für eine Wasserring-Vakuumpumpenanlage. Höhere Flexibilität durch Verzahnen der Kreisläufe Das verfahrenstechnische Konzept zur Temperaturführung der Anlagenteile einer Mehrzweckanlage sieht also die Verzahnung folgender Kreislaufsysteme vor: Reaktor (Bild 1): Sekundärkreislauf (R; P) mit den Komponenten „heiß“, „kühl“ und „kalt“; Zwischenkreisläufe (Bild 3): Sekundärkreislauf (W1; P1) „kalt“ und Sekundärkreislauf (W2; P2) „kühl“ zur Druckreduzierung und eventuellen Änderung des Wärmeträgermediums; Destillations-Aufbauten: Kühlkreislauf Kondensator mit den Komponenten „kühl“ und „kalt“, Kühlkreislauf Kühler mit den Komponenten „kühl“ und „kalt“ sowie Kühlkreislauf Kühlfalle mit der Komponente „kalt“ (Bypass); Vakuum-Anlage (Bild 2): Kühlkreislauf Wasserring-Pumpenanlage (W1; W2; V; P; B) mit den Komponenten „kühl“ und „kalt“. Mit einem solchen Heiz- und Kühlsystem wird eine individuelle Temperaturführung der einzelnen Anlagenteile nach den Erfordernissen des Prozesses erreicht. Durch die Komponentendosierung (heiß/kühl/ kalt) können weite Temperaturgrenzen abgefahren werden. Die Rücklaufströme Beim Auslegen des Temperiersystems für Mehrproduktanlagen stößt der Ingenieur immer wieder an dasselbe Problem: Die ab- oder zuzuführende Wärmemenge ist abhängig vom herzustellenden Produkt, das in solchen Anlagen häufig variieren kann. Da der Betreiber auf Kundenwünsche schnell reagieren können muss, ist auch vom Heiz- und Kühlsystem die entsprechende Flexibilität gefordert. Eine gute Lösung sind individuelle Heiz- und Kühlkreisläufe, die miteinander verzahnt werden. Dies schafft zum einen Variationsmöglichkeiten bei der Anlagenverschaltung und zum anderen die Chance, energieoptimiert zu heizen oder zu kühlen. Mit Hilfe einer ausgefeilten Steuer- und Regelungstechnik können dann Temperaturen präzise und reproduzierbar eingestellt werden, so dass die gute Qualität der Produkte diesbezüglich gewährleistet ist. Stellventil. Nach einem vorgegebenen Programm können die relevanten Prozessgrößen Temperatur, Druck und Wärmestrom von einem Rechner gesteuert werden. Da das Rohrleitungssystem einheitlich und symmetrisch aufgebaut ist, ergeben sich beim Aufbau der Anlage gute Möglichkeiten zur Typisierung und Standardisierung und damit zu einer relativ weit reichenden Vorfertigung. Weitere Infos P+F 603 Pharma + Food 4/2001